Träume von LorenorMidori ================================================================================ Kapitel 1: ----------- KAPITEL 1 Farin betrat das Studio und grüßte freundlich jeden, dem er begegnete. Ab und an blieb er auf ein Schwätzchen stehen, tauschte Neuigkeiten aus und verbreitete gute Laune. Die Aufnahmen zu einem neuen Album waren für ihn stets etwas Magisches, ein neues Baby der Band und ein weiterer Meilenstein in der Musikgeschichte. Dann konnte er all seine Sorgen vergessen, er konnte sich ganz auf das konzentrieren, was er so sehr liebte: die Musik. Er platzte innerlich schier vor Vorfreude und nahm sich vor auch die nächsten zwei bis drei Monate in vollen Zügen zu genießen. Im Proberaum angekommen, lief er zielstrebig auf den Gitarrenkoffer zu, der seine heißgeliebte Black Hawk enthielt. Liebevoll nahm er das Instrument mit dem markanten Totenkopf heraus und säuselte: „Na, meine Kleene? Haste mich vermisst? Ick dich ooch.“ Er hatte sein Equipment bereits im Vorfeld hier deponiert, da er befürchtete, bei einer spontanen Hinfahrt etwas zu vergessen – so wie etwa gewisse Schlagzeuger. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarren, als Rod González den Raum betrat, mit einem dampfenden Pappbecher in der Hand. „Hey, Jan, schön dich zu sehen! Wie geht´s dir?“ Rod stellte den Becher auf einem Verstärker ab, um Jan herzlich zu umarmen. „Allet dufte, kann nicht klagen. Und selbst? Mensch Alter, du siehst ja geil aus!“ Rod sah an sich hinab und lächelte etwas verlegen. Er hatte gerade zwei Wochen Heimatbesuch hinter sich und das Wetter dort war blendend. „Ooch, ´n bisschen Familie besuchen. Eine Cousine hatte letzte Woche Geburtstag und so. Kann mich auch grad über nix beschweren. Außer dass es in Chile dann doch etwas zu heiß war stellenweise… Dirk is´ nochmal abgezischt, ´ne?“ Farin rollte mit den Augen und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Das Drumset war bereits vollständig aufgebaut worden. Farin wies mit dem Daumen über die Schulter gerichtet darauf und sah Rodrigo fragend an. „Das war Felse. Der war doch tatsächlich heute Morgen schon hier!“ Rod zuckte die Schultern. „Der war WAT??! Hat er irgendwie krank ausjesehen oder so? Kann ich ja fast nicht glauben…“ Farin konnte sich beim besten Willen nicht erklären, weshalb der sonst chronisch zu allen Terminen zu spät kommende Bela seit heute früh im Studio war. Insgeheim hoffte er, dass das keine spontane Anwandlung war, sondern auch in Zukunft so bleiben würde. „Nee, eigentlich nicht, aber irgendwie… war er schon komisch… so ruhig. Vielleicht weil er nicht richtig ausgeschlafen hat, ich meine es muss doch einen Grund dafür geben, warum er bereits so früh hier anzutreffen war.“ Farin und Rod tauschten einen unwissenden Blick aus. „Ich hoffe, dass mit ihm alles okay ist… wirklich gesprochen hab ich jetzt auch nicht mit ihm. Ist überall herum gewuselt, aufgedreht wie noch was.“ Rod starrte an Farin vorbei an die gegenüberliegende Wand. „Ach, mach dir da mal keine Sorgen“, beschwichtigte Farin.“ Du weißt doch, wie er ist. Seine Nervosität bei Albumaufnahmen kennt fast keine Grenzen. Er hat sich all die Jahre nicht verändert…“ Rod sah zu seinem Erstaunen einen verträumten Gesichtsausdruck auf Farins Gesicht, als dessen Blick mit einem Lächeln auf den Lippen in die Ferne schweifte. Es war eigentlich nie Farins Art, seine Gefühle offen zu zeigen. Aber wenn es um Bela ging, war irgendwie immer alles anders. Sämtliche Regeln und Richtlinien verschwammen dann oder nahmen andere, teilweise bizarre Formen an. Aber Rod konnte dies verstehen. Die beiden Männer, die unterschiedlicher nicht sein konnten, waren seit fast 30 Jahren miteinander befreundet. Sie haben möglicherweise mehr Höhen und Tiefen erlebt als so manches Ehepaar, als das sie ja inoffiziell bei Fans und Crew gelten. Einmal hatte sich Rod mit einem Mitglied des Racing Teams unterhalten und erfuhr ganz andere, neue Verhaltensweisen, wenn Farin mit seinem FURT unterwegs war. Rod nannte dies scherzhaft den „Bela-Faktor“. In der Tat ist Farin viel ausgeglichener und ausgelassener, wenn sein Sparringspartner dabei ist. Aber natürlich würde Farin Urlaub das nie-niemals in der Öffentlichkeit zugeben. Natürlich wurde aus Belas angekündigten dreißig Minuten über eine Stunde. Farin empfing ihn im Proberaum mit einem recht säuerlichen Gesichtsausdruck. Zumindest Rod freute sich über Belas Rückkehr. Bela konnte sich damit herausreden, dass er versehentlich die CD verlegt hatte und zu allem Überfluss auch noch die Nachbarin mit einem Wasserschaden aufwartete, der Belas Hilfe beanspruchte. Belas Hilfsbereitschaft und Fürsorge waren in der Band schon längst legendär. Daher wurden ihm solche Eskapaden meist schnell verziehen. Es sei aber nichts Ernstes, und der Klempner sei nach weniger als einer viertel Stunde eingetroffen. Farin brauchte ihm nur kurz in die Augen zu sehen, um festzustellen, dass er log. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)