Fond Seasons von Lina_Kudo (Zärtliche Jahreszeiten (Seiya&Usagi)) ================================================================================ Kapitel 1: Natsu Kaze - Sommerwind ---------------------------------- Kapitel 1: NATSU KAZE Sommerwind Die Sonne scheint in ihrer vollen Pracht an ihrer höchsten Stelle. Sie schickt ihre warmen, gelblichen Strahlen durch vereinzelte Stämme und Äste von riesigen Bäumen hindurch, die teilweise auf meiner blassen Haut schimmern. Es ist still um mich. Außer dem gesanglichen Vogelgezwitscher über mir, die normalerweise immer eine grenzenlose Ruhe in mir auslösen, ist nichts zu hören. Ich sitze hier, auf einer Bank unter einem prächtigen grünen Kirschbaum. Rot leuchten die bereits reifen Kirschen. Es ist nicht irgendeine Bank, auf der ich gerade sitze. Ganz gewiss nicht. Auf dieser Bank … bist du damals gesessen. Genau hier, als wir uns kennengelernt und unser erstes Gespräch geführt haben. Ich erinnere mich gerne an diesen Tag zurück, denn schon viel zu lange existierst du nur noch in meiner Erinnerung. Du hast nichts von dir zurückgelassen – nicht einmal ein richtiges Bild habe ich von dir. Nein, doch nicht – eine Kleinigkeit hast du mir doch hinterlassen: Einen Teddy-Anhänger, den ich gerade die ganze Zeit anstarre. Das ist das Einzige, was ich noch von dir habe. Ein kleines unscheinbares Symbol, jedoch mit einer für mich immensen Bedeutung. Du bist gekommen wie der Wind. So leise, unerwartet und unvorhersehbar. Genau das ist auch deine Art: spontan und willkürlich, frei und unabhängig. Wie sehr du mich mit diesem Charakter doch immer wieder fasziniert hast … Du bist einfach so anders. So anders als alle anderen hier … und einzigartig. Ich schließe meine Augen. Die frische Sommerluft streichelt sanft mein Gesicht. Ich genieße es. Ich stelle mir gerade vor, wie du so sanft mein Gesicht streichelst … Moment! Wieder diese Gedanken … Diese Gedanken, die ich nicht haben darf … Diese verbotenen Gedanken … Ich habe bereits einen Freund. Und nicht nur das: Ich habe eine vorherbestimmte große Zukunft mit ihm: Crystal Tokyo! Du gehörst nicht in dieses Bild hinein. Du hast in dieser Weltanschauung nichts verloren. Du … gehörst nicht zu meiner Zukunft … … nicht zu mir … Aber warum … spukst du dann immer noch ständig in meinen Gedanken herum? Seit nun schon drei Monaten, in denen du schon weg bist? Warum kann ich dich nicht aus meinem Kopf verbannen? Oder eher … aus meinem Herzen? Natürlich: Du bist mein Freund. Ein sehr guter Freund sogar. Und Freunde vergesse ich nie, so ein Mensch bin ich nicht. Wenn ich jemanden ins Herz geschlossen habe, dann kann sich derjenige sicher sein, dass er diesen Platz niemals verlieren wird. Jedoch ist die Art, wie ich an unsere gemeinsame Zeit zurückdenke, nicht normal. Dieser Schmerz ist schlicht und ergreifend nicht mehr normal. Es ist nicht so, wie es sein sollte, wenn man einen ganz gewöhnlichen Freund vermisst. Das hat nichts mehr mit einer rein freundschaftlichen Basis zu tun. Ich seufze tief. Was ist nur los mit mir? Ich müsste doch überglücklich sein! Mein Freund tut alles, um mich glücklich zu machen, auch wenn er viel mit seinem Studium zu tun hat. Zwar ist unsere gemeinsame Zeit deswegen recht begrenzt, doch wenn wir uns einmal treffen, dann behandelt er mich stets rücksichtsvoll, liebevoll und mit Respekt. Er liebt mich wirklich, und das aus tiefstem Herzen. Und doch … kann ich nicht glücklich sein. Ich … fühle mich in seinen Armen nicht mehr … sicher. Ich verspüre sogar Unbehagen, wenn ich in seinen Armen liege. Als würde ich mich selbst belügen. Als ob … ich nicht dorthin gehöre … Dass ich meinen Ort der Geborgenheit und des Schutzes nur bei einem anderen finden kann. Bei dir. Dieses Gefühl ist jedoch absurd. Mein Freund wird für immer an meiner Seite sein. Er ist der einzige Mann für mich. Er wird der Vater meiner einzigen Tochter sein. In der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Es darf keinen anderen außer ihn geben. So sollte es zumindest sein … So hat es uns die Zukunft vorgeschrieben. Genau so ist es richtig. Es ist der einzig richtige Weg. So und nicht anders. Ich werfe resigniert meinen Kopf zurück, sodass die Spitzen meiner langen goldenen Haare noch mehr den Boden berühren. Doch ich achte nicht weiter darauf. Warum mache ich mir überhaupt noch etwas vor? Warum rede ich mir nur solch einen Schwachsinn ein? Ich liebe Mamoru einfach nicht mehr. Inzwischen ist mir das klar geworden. Ich habe lange gebraucht, um mir das einzugestehen, und nun habe ich es endlich geschafft. Ehrlich zu mir selbst zu sein. Doch was hilft mir das? Jetzt, wo du weg bist … und das wahrscheinlich für immer … Ist das die Ironie des Schicksals? Tränen sammeln sich in meinen Augen. Wieder muss ich weinen. So wie schon so oft in den letzten Monaten. So oft und immer wegen den gleichen Gründen. Dass du mir schrecklich fehlst. Dass der Gedanke, dass ich ohne dich weiterleben muss, einfach unerträglich ist, und es genauso unerträglich ist, eine Zukunft mit einem Mann teilen zu müssen, den ich gewiss nicht liebe. Warum kann das nicht einfach alles ein böser Traum sein? Lass mich erwachen und dabei direkt in deine strahlend blauen Augen blicken, die mich voller Liebe ansehen. Ein heftiger Windstoß. Meine zwei Odangos flattern mit einem Ruck plötzlich vor mein Gesicht. Ich reiße erschrocken meine Augen auf. Dieser Windzug … ist ganz bestimmt kein normaler gewesen. Es hat bestimmt eine Bedeutung gehabt. Hat mich … aufgeweckt? Hast du etwa tatsächlich meine Bitte erhört? Sofort springe ich auf, sehe hektisch in alle Richtungen und … erblicke dich. Zwischen den zwei Kirschbäumen, die sich hinter der Bank befinden, stehst du. Gelassen lehnst du dich an einen der kräftigen Baumstämme. Deine Hände hast du lässig in den Hosentaschen vergraben und trägst den schwarzen Anzug, den du früher so oft getragen hast. Dein glänzendes schwarzes Haar stets zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden und ein verschmitztes Grinsen auf deinen schmalen Lippen stehst du vor mir. Deine tiefen blauen Augen, die an die Weiten des rauschenden klaren Ozeans erinnern, sehen mich mit einem unergründlichen Blick an. Ich kann ihn nicht eindeutig zuordnen – ist es Freude, Leid, Schmerz … oder Liebe? »Seiya …«, hauche ich tonlos und sehe dich nur entgeistert an. Fassungslosigkeit, Überraschung und Verwirrung ist in meiner Mimik zu erkennen. Lächelnd bewegst du dich auf mich zu, zerstörst jedoch keinen Moment lang den Blickkontakt zwischen uns. »Also ein bisschen mehr Freude hätte ich bei unserem ersten Aufeinandertreffen nach drei Monaten schon erwartet, Schätzchen!«, ertönt deine neckende Stimme. Du kommst direkt vor mir zum Stehen und blickst mich mit deinen wundervollen Augen grinsend an. »Was ma-« Ich konnte meine Frage nicht zu Ende stellen, da unterbrichst du mich schon mit einer sanften Handbewegung. »Ich … Ich habe es nicht mehr ausgehalten … ohne dich. Aber hab keine Angst: Ich habe nicht vor, dir und Mamoru im Weg zu stehen. Ich möchte nur in deiner Nähe sein – und es reicht mir, als guter Freund bei dir sein zu dürfen.« Die erste Träne verlässt mein rechtes Auge. Du liebst mich, und trotzdem willst du es ertragen, mich tagtäglich an der Seite eines anderen Mannes zu sehen, nur um in meiner Nähe sein zu können? Bist du verrückt geworden? Oder … ist das wahre Liebe, von der wir alle träumen? Nach der wir uns alle sehnen? »Aber Seiya …«, melde ich mich schluchzend zu Wort, doch wieder hältst du mich mit einem sanften, aber bestimmten Kopfschütteln auf. »Es macht mir nichts aus … ehrlich nicht.« Ich sehe dir tief in die Augen. Immer mehr Tränen bahnen sich den Weg zu meinen Wangen hinunter. Diese Verzweiflung in ihnen … Deine Augen verraten mir, dass du mich gerade anlügst. Es macht dir gewaltig etwas aus. Warum? Warum tust du dir das an? Liebst du mich etwa so sehr? … Deine Augen beantworten mir auch diese ungestellte Frage. Ja … Ja, das tust du. Definitiv. Du hebst deinen Arm kurz, zögerst, und lässt ihn wieder fallen. Ich erkenne, wie schwer es dir fällt, meine Tränen nicht trocknen zu können. Mich nicht berühren zu dürfen. Ich sehe, wie sehr du leidest … Und in deinen Augen sehe ich auch, wie sehr ich leide. Ich muss nicht mehr sagen. Jedes weitere Wort wäre überflüssig. Ich werfe mich einfach nur in deine Arme. In die Arme, in die ich eigentlich hingehöre. Zu dem Ort, nach dem sich mein Herz insgeheim in Wahrheit schon immer gesehnt hat. Zumindest für diesen Moment … möchte ich frei sein … Du bist zurück in mein Leben getreten … wie der Wind. Leise, überraschend und unvorhersehbar. Genau wie damals. Mit dir fühle ich mich so frei wie der Wind … Du bist mein Wind … Doch egal, wie geräuschlos und still eine sanfte Brise kommt – mit der Zeit zieht es jedes Mal einen Orkan mit sich … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)