Barbarossas Bart von Papenstiehl (Eine kuriose Geschichte mit Magik) ================================================================================ Kapitel 3: Erwachen ------------------- Leo erwacht alleine im Zimmer und erfährt etwas das ihm Angst macht... ----------- Erst Dunkelheit. Dann Licht. Ich war alleine in einem dunklen Tunnel, in dem sich ansonsten nichts außer Schwärze befand. Gestaltlose, inhaltslose Schwärze. Keine Erinnerungen. Kein Gedächtnis. Doch halt, da war noch etwas: Ein Augenpaar beobachtete ihn. Die Augen gehörten zu einem Gesicht, das eine Bandage über der Stirn hatte und ein Pflaster auf der Nase. Sein Gesicht. Das Erste was ihm einfiel und sich als kleines Licht in den dunklen Tunnel hinabsenkte, war sein Name. Im Halbschlaf nuschelte er den Namen vor sich hin: “Leooo Leecteeer.“ Langsam dämmerte er in die Realität zurück. Seine Augen waren wie zusammengeklebt und nur mit Mühe konnte er die Lider ein Stückchen auseinander ziehen. Sein Hals brannte und auf seinen Wangen spürte er Schweiß. Die Erinnerung an den Doktor kam. An das Krankenzimmer. An Freude, Verwirrung, Angst. Hatte er geträumt? Oder war das real? Sein Körper war so… müde, vor seinen Augen alles leicht neblig. Das Zimmer sah aus wie das in seiner Erinnerung: Bett, Schrank, Tisch, Fenster, Tür, Toilette. Diese Worte kamen ihm sofort in den Sinn. Also war es real. Noch verstand er es nicht, seine Gedanken flossen träge und zäh durch seinen Kopf, widerstrebten seinen Bemühungen einen klaren Zusammenhang herzustellen, oder wenigstens ein klares Ziel zu formulieren. Doch ein innerer Drang zwang ihn dazu aufzustehen. Stöhnend setzte er sich aufrecht, schob die Beine über die Bettkante. Nur seine Glieder wollten ihm nicht recht gehorchen, gaben ihm keine ordentliche Rückmeldung was sie gerade machten, waren taub. Als er sich auf seine Beine stellen wollte, gaben Sie einfach nach und er landete unsanft auf dem Boden. Dafür machte der Sturz ihn wacher. Aufmerksamer. Seine Sinne kamen ein Stück weit zurück, er spürte seine Beine wieder und der Nebel vor seinen Augen verzog sich mehr und mehr. Unter voller Konzentration strengte er sich an, rappelte sich auf und stand schließlich, gestützt an den Schrank, auf eigenen Beinen. „Ja!“ hauchte er sich selbst zu. Auch sein Mund gehorchte ihm noch nicht ganz. Schwer ging sein Atem, sein Brustkorb hob und senkte sich und mit jedem Atemzug den er nahm, befreite er sich ein Stück von der Müdigkeit, die in ihm festsaß. In seinem Kopf spürte er etwas Unangenehmes, als ob ein kleines Männchen von innen mit Gewalt gegen seine Stirn drückte. Er wusste, das es einen Begriff dafür gab, aber er viel ihm nicht ein, also nannte er es fürs Erste Unangenehmes-Gefühl-hinter-der-Stirn. Vorsichtig löste er sich vom stützenden Schrank und stellte sich ganz auf seine Beine. Obwohl sie ihm wegzuknicken drohten, riskierte er es und taumelte einige Schritte nach vorne. Das Gefühl war, als würde er auf Stelzen laufen, die ihm nicht hundertprozentig gehorchten und mal in die eine, Mal in die andere Richtung wanderten, ohne dabei einem vorgegebenen Rhythmus zu folgen. Was hatte der Doktor bloß mit ihm gemacht? Müdigkeit zog sich nach wie vor durch seinen ganzen Körper und seine Gedanken. Papenstiehl hatte ihm etwas gegeben, daran erinnerte er sich. Wahrscheinlich war es ein hm…Mittel-für-Schlaf. Am liebsten hätte er sich einfach wieder hingelegt und weiter geschlafen. Aber das konnte er nicht. Er war niemand, der sich einfach wieder hinlegte, sagte ihm eine innere Stimme. Leo wollte raus hier, so viel wusste er sicher. “Zieh dir vorher noch etwas an.“, sagte die Stimme in seinem Kopf. Und sie hatte Recht. Was immer ihn da draußen erwartete, dass Nachthemd das er trug war höchstwahrscheinlich nicht dazu geeignet, um dem entgegenzutreten. Seine Hose lag direkt neben ihm über einem Stuhl. Natürlich hatte er sie sicher schon einmal an gehabt, aber er konnte sich weder daran erinnern, noch wusste er wie man eine Hose überhaupt anzog. Weiterhin an den Schrank gelehnt, schlüpfte er ungelenk in ein Bein und dann in das andere. Es ging ganz automatisch, denn obwohl sie noch müde waren, wussten Muskeln und Glieder genau was zu tun war, welche Bewegungen ausgeführt werden mussten, um in die Hose zu kommen, ohne dass er darüber nachdenken musste. Doch als er dann begann zu überlegen, wie man den Reißverschluss und Knopf oben zumachte und nach Lösungen in dem dunklen Tunnel suchte, klappte es nicht mehr. Erfolglos fummelten seine Hände an dem Verschluss herum. „Denken Stopp!“ sagte er sich laut. Natürlich dachte er nun nur noch mehr darüber nach. Doch da der Mechanismus hinter Reißverschluss und Knopf leicht durchschaubar war, schaffte er es schließlich und alles war da, wo es hinsollte. „JA!“ rief er reflexartig und wieder kam das Gefühl der Freude, das in seinem Bauch prickelte. Doch das nächste Hindernis kam sogleich in Form von Schuhen. Noch bevor seine Hände die Schuhbändel berührt hatten, begann sein Gedankengang zu stocken und er fragte sich vergebens wie man es anstellte, sie zu binden. Ein Seufzer entwich seinem Mund und bevor er lange nachdachte, stopfte er die Bändel einfach seitlich in die abgelaufenen Dinger, um sich der nächsten Aufgabe zuzuwenden: er brauchte auch etwas für seinen Oberkörper. Leider konnte er das Fußball-Trikot von Leopold Lechmann nirgends entdecken. Der Doktor musste es mitgenommen haben. Ein Blick in das kleine Bad förderte jedoch ein Oranges, weiches und hm…flauschiges Kleidungsstück zu Tage, welches die Länge eines Mantels hatte und das man vorne mit einer Art Seil zubinden konnte. Zwar viel ihm der Name dafür nicht ein, aber das war egal, solange es warm gab. Nun war er bereit für die Welt da draußen (Noch hatte er keine richtige Vorstellung davon, was ihn ‚da draußen’ erwartete). Leo drückte die Türklinke hinunter. Verschlossen! Richtig, der Doktor hatte abgeschlossen, daran erinnerte er sich. Erinnerung… wenn er doch nur mehr davon hätte und wüsste, was hier mit ihm vorging. Ohne die Hand von der Klinke zu nehmen, drehte er sich wieder um Richtung Zimmer. Da waren Stimmen. Fetzen und Töne von Wörtern die er nicht kannte kamen von draußen, von vor der Tür. Ihr Klang und Ihre Bedeutung klangen fremd für ihn. Die eine gehörte einem Mann. Sie klang hoch und ungleichmäßig. Schwang hin und her, als wüsste sie nicht, welche Tonlage sie einschlagen wollte. Es war Doktor Papenstiehl. Die andere gehörte einer Frau, aber es war nicht Rosi. Sie klang scharf und so schneidend als wollte sie etwas zertrennen. Die Beiden Stimmen kamen nun der Tür näher. Leo hörte Schritte und verstand ein paar Wörter, zuerst von der Frau: „…sofort …reag… … Risiko… zu groß… Gefahr … Sicherheit …ich …fahren …eliminieren.“ Angestrengt lauschte Leo mit dem Ohr an der Tür und machte zwischendrin die fipsig wirkende Stimme Papenstiehls aus: „…Spektor … bitte … müssen warten.“ Der Doktor schien ständig nach Luft zu schnappen, denn seine Worte überschlugen sich fast, so schnell redete er. Die Schritte kamen der Tür derweil immer näher und die Stimmen wurden lauter, auch die des Doktors.: „…können… nicht zurückschicken …wissen nicht woher kommt… was wenn…“ „Paperlapp Papenstiehl!“ schnitt ihn die Frau ab. Die Schritte waren nun direkt hinter der Tür angekommen. „Kein unnötiges Geschwätz! Öffnen Sie die Türe Doktor!“ verlangte die Frau, „Ich werde die Löschung unverzüglich durchführen, es gibt keine andere Möglichkeit!“ Was war eine Löschung? Leos Herz machte einen Sprung in seiner Brust, als er die schroffe Aufforderung der Frau hörte und ohne es kontrollieren zu können, wich er einige Schritte zurück. Ein zögerliches „Äh… Nein, das mache ich nicht!“ von Papenstiehl drang durch die Tür. „WEGLAUFEN!" rief Leo ein Impuls aus der unbewussten Tiefe seiner Gedanken zu. Seine Augen streiften das Fenster gegenüber der Türe. Durch das Fenster konnte er fliehen! Das Wort Aufregung blitze vor Leo auf. Es ließ ihn nervös werden und sorgte dafür, dass sein Herz wild hämmerte, machte ihn wacher und konzentrierter. Er nahm die Umgebung zum ersten Mal wieder richtig klar und deutlich war. Sein Atem ging schneller, fast im Sekundentakt schnaufte er ein und aus. Die Stimmen vor der Tür plapperten nun wild durcheinander und Leo konnte nichts mehr deutlich verstehen. „ICH MUSS LEISE SEIN, SONST BEMERKEN SIE MICH“ sagte die Stimme in seinem Kopf. Also stützte er sich an die Wand und bewegte sich Schritt für Schritt, so leise es ihm möglich war, von der Tür weg. „Öffnen Sie sofort die Türe!“ die Stimme der Frau wurde wieder verständlich, klang selbst durch die Tür so laut und nah, als stünde sie direkt neben ihm. Leo lief es kalt den Rücken hinunter. „NEIN! Ich bin verpflichtet, meine Patienten zu beschützen. Wenn wir jetzt sein Gedächtnis noch einmal löschen, riskieren wir irreparable Schäden. Es kann passieren, dass sein Gehirn so stark beschädigt wird, dass er sich nie wieder erinnern kann. Sein ganzes Leben lang nicht.“ Leo war am Bett angekommen, die Angst und Aufregung in ihm wuchs. „ICH BRAUCHE DIE DINGE DIE ICH BEI MIR HATTE, SONST HABE ICH KEINEN HINWEIS WER ICH BIN.“ sagte die Stimme in seinem Kopf. Er musste sich die Sachen auf dem Tisch neben dem Bett so schnell er konnte holen. „Kann und könnte gehören nicht zu meinen Aufgaben Doktor! Mich interessieren nur die Fakten und das ist der Schutz der Bevölkerung vor Leuten wie ihm.“ Leo griff sich das Bild der jungen Frau, das Geld, die Kaugummipackung, den zerknüllten Zettel und die anderen Dinge. Seine Hände waren vor Aufregung zittrig und ungeschickt, ließen vor lauter Eile fast den Stift herunterfallen. Bloß keine Geräusche machen! Hastig stopfte er die Dinge in die Taschen des Bademantels und ging die letzten Schritte zum Fenster, immer darauf bedacht, das seine Schuhe beim auftreten nicht den geringsten Laut von sich gaben. Draußen keifte indes die Frau weiter, ihre Stimme immer schneller und höher: „Das Protokoll schreibt genau vor, was in so einem Fall zu tun ist, Doktor, Sie wissen es selbst: Löschung und Rückführung! Da gibt es keine Ausnahmen! Löschung und Rückführung! Machen Sie endlich die Tür auf!“ Mit einem großen Schritt erreichte Leo das Fenster. War es ein Fehler gewesen, Zeit mit dem holen der Gegenstände zu vergeuden? Aber es war alles was er hatte, die einzigen Hinweise auf seine Identität, er brauchte sie, ohne sie war er …Nichts. Durch einen Blick aus dem Fenster stelle er fest, dass sich dort draußen ein Hinterhof befand, so wie ein armlanger Absatz direkt unter dem Fenster, von dem aus es ein halbes Stockwerk weit nach unten ging. So tief sollte er springen können. Plötzlich wurde die Türklinke heruntergedrückt, jemand rüttelte heftig daran und ein lautes Klappern ertönte im Raum. Für eine quälend lange Sekunde stand die Zeit scheinbar still. Leos Blickfeld verengte sich völlig auf das kleine silbrige Ding, das die Tür öffnen konnte und als einzige Barriere zwischen ihm, sowie der Frau und dem Doktor stand, die mit ihm eine ‚Löschung’ durchführen wollten. Blut pulsierte durch Leos Körper, pumpte mit aller Kraft durch seine Adern und ließ sein Herz noch schneller schlagen. Er konnte sich auf nichts anderes als die gerade heruntergedrückte Türklinke konzentrieren, sein Atem stoppte und ihr Bild brannte sich in seine Augen. Mehrmals klackerte der Griff von oben nach unten. Die Stimmen vor der Tür redeten wild durcheinander, ohne dass etwas zu verstehen war. Die Klinke stand auf einmal wieder still. Leo riss sich nur mit Mühe von dem Anblick los. Das war eindeutig zu viel für ihn, er musste SOFORT hier raus. Aber wie öffnete man ein Fenster? Den Türgriff hatte er reflexartig benutzt, aber beim Fenster begann er über die Funktionsweise nachzudenken und je mehr er das tat, desto unsicherer wurde er, wie es ging. Abermals schnitt die Stimme der Frau durch die Tür: „Das wird Konsequenzen für Sie haben, Papenstiehl! Ich werde diese Tür mit Gewalt…“ Leo schwitzte immer stärker und rüttelte am Griff des Fensters. „HALT!“ Eine dritte Stimme kam draußen hinzu. Sie gehörte einem Mann und klang viel schwächer als die anderen Beiden, gerade noch hörbar für Leo. Der Mann musste sich weiter entfernt befinden. Der Doktor und die Frau verstummten und Schritte tippelten von der Tür weg. Stimmen redeten durcheinander und Leo konnte nur Bruchstücke hören, während er die Gelegenheit nutzte und panisch an dem Fenstergriff zerrte. Ziehen? Drehen? Wie ging es? Und mit welchem Kraftaufwand, ohne gehört zu werden? „...wurde gerufen … klarer Fall…“ sagte die dritte Stimme, die zwar nur schwach, aber noch am deutlichsten von den Dreien zu hören war. „…Ermittlungen mussen fortgefuhrt werden. Wir mussen wissen, was… vorgefallen… ohne seine Erinnerungen nicht… brauchen …hochste Brisanz… herausfinden wie Link aktiviert… obwohl Schlafer ist.“ Das Fenster kippte abrupt in die Schräge und gab ein lautes, gut hörbares Knarren von sich, welches man sicher auch durch die Tür noch hören konnte. Leo erschrak. Ein ruckartiges Zucken durchfuhr seinen Körper von den Füßen bis zum Kopf und die Härchen auf seinen Armen stellten sich merkbar auf. Gleichzeitig war es draußen still geworden. Er hielt die Luft an, traute sich nicht, ein- oder auszuatmen, aus Angst sich dadurch bemerkbar zu machen. „Was war das?“ schnitt die Stimme der Frau durch die Stille und kam wieder näher. Trotz der Dämpfung durch die Tür hatte sie immer noch diese hörbare Schärfe, als wollte sie jemanden mit Ihren Worten verletzen. „Machen Sie sofort auf!“ Die Türklinke wurde abermals heruntergedrückt und wieder fixierten Leos Augen die Klinke. Für einen kurzen, schrecklichen Moment nahm er nur noch das silbrige Ding war, wie es herunter gedrückt wurde und die Tür sich öffnete. Doch sein Verstand setzte sofort wieder ein: „Sie ist abgeschlossen. Ich habe mindestens noch solange Zeit, wie sie zum aufschließen benötigen.“ Wie zur Bestätigung hörte er ein gebelltes „Zuruck!“ der Dritten Stimme. Die nächsten Wortschnipsel verhallten unter schnellen Schritten, die sich von der Tür entfernten, bis sie kaum noch hörbar waren. Die Lähmung ließ nach und Leo entspannte sich wieder. Mit zittrigen Händen und möglichst leise schloss er das Fenster, denn durch den gekippten Spalt konnte er nicht nach draußen. Vorsichtig drehte und zog er weiter an dem Griff. „…möglich das zu wenig… gegeben“ kamen Wortbrösel der Stimme des Doktors. durch die Tür „...sehr aufgeregt und Kaffee…“ Dann redete wieder der dritte Mann, konstant und ohne eine Pause zu machen, aber nahezu unverständlich für Leo. Seine Stimme klang anders als die des Doktors und der Frau, so… ruhig. Aber da war noch etwas. Sie klang, als spreche er eine andere Sprache. Nein, als spreche er unsere Sprache, aber auf eine andere Weise. Es gab ein Wort dafür, aber Leo hatte jetzt wichtigeres zu tun, als danach zu suchen. Endlich gab das Fenster nach und schwenkte mit einem leisen knarren nach innen. Frische Luft von draußen schlug Leo entgegen, streifte über seine Wangen und den Verband auf seinem Kopf. Das Wort Freiheit drückte sich in seine Gedanken. Sein Herz pochte wieder schneller unter seiner Brust. Ohne zu zögern kletterte Leo durch das Fenster auf den Absatz davor hinaus. „…jetzt hinein und ihn aufwecken…“ ereichte in diesem Moment von hinten seine Ohren. Zwar wusste nicht ob er aus dieser Höhe gefahrlos springen konnte, aber ihm blieb nichts anderes übrig, als es auszuprobieren. Leo hielt die Luft an und sprang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)