long-lost things von Panakeia (Reituki ^^) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Es war ein seltsames Gefühl, als ich am nächsten Morgen mit dem Amulett in der Hand die Wohnung verließ. Zu gern wüsste ich, was die Geschichte hinter diesem Schmuckstück war. Solche Dinge hatten mich irgendwie schon immer fasziniert, denn schließlich besaß alles seine Geschichte und seinen eigenen Wert. Was wohl hinter diesem steckte? Unwillkürlich musste ich an mein eigenes Amulett zurückdenken. Was wohl daraus geworden war? Es sah diesem so ähnlich und doch wirkte dieser Gegenstand in meiner Hand so anders. So fremd. Völlig unterschiedlich zu dem Gefühl, das ich hatte, als ich mein eigenes Amulett damals in Händen gehalten hatte. ~*~ Es war ein Geschenk von meiner Mutter zu meinem zwölften Geburtstag gewesen. Ein schlichtes, silbernes, ovales Amulett. „Damit du etwas hast, auf das du aufpassen musst“, hatte sie mir erklärt. Sie wollte, dass ich Verantwortung übernahm und lernte, auf meine Sachen Acht zu geben. Und, obwohl ich so sehr darauf Acht gab und es mir so ans Herz gewachsen war, begleitete es mich nur acht Jahre lang. Acht Jahre, die ich niemals in meinem Leben vergessen werde. Kurz nach meinem zwölften Geburtstag kam ich auf eine höhere Schule. Dort lernte ich Akira kennen. Akira war nicht sonderlich beliebt, darum färbte dies auch auf mich ab, als ich immer mehr Zeit mit ihm verbrachte. Die Leute wandten sich von mir ab, sobald ich mit Aki sprach, aber es war mir egal. Ich hatte ja ihn – Akira. Akira, der mein bester Freund wurde und Akira, mit dem ich alles zusammen durchstand. Jedes tolle Erlebnis, jede Klassenfahrt, jede verbotene Kleinigkeit, die uns mehr zusammenschweißte, aber auch jedes Nachsitzen, jede Strafe, jedes Problem. Auch das Problem der Liebe, als wir sechzehn wurden. Ich bemerkte es wohl schon ein paar Monate vor meinem sechzehnten Geburtstag, doch wollte ich es nicht wirklich wahrhaben. Verliebt. In einen Jungen! Das war so absurd. Damit hatte ich mich nie befasst. Und doch wusste ich, dass es wahr war. Dass ich es mir nicht ausreden konnte. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, wenn ich mich mit traf, schlug mein Herz schneller. Immer öfter dachte ich daran, ihn einfach zu küssen. Oder ihm meine Liebe zu gestehen. Ich war nie wirklich verliebt gewesen… ein paar Mal verknallt in ein Mädchen, doch das konnte man kaum zählen. Und trotz meiner fehlenden Erfahrung war ich mir in der Sache mit Akira sicher: Das musste Liebe sein. Wenn es das nicht Liebe war, dann würde ich sie nie erleben. Ich hatte mich verliebt. In Akira. Irgendwann zu diesem Zeitpunkt fing er an, ein seltsames Nasenband zu tragen. Ich fragte ihn danach, warum er es trug, doch er wollte mir nie eine Antwort geben. „Ist halt so.“ Damit wimmelte er mich immer ab und ich fragte irgendwann auch nicht mehr nach. Ja, es verletzte mich schon, dass er mir nicht den richtigen Grund nannte – und ich wusste, dass es einen richtigen Grund gab -, doch wenn er wollte, dann würde er ihn mir schon irgendwann erzählen. Der Tag, an dem er ihn mir mitteilte, kam. Wir waren allein bei mir zu Hause. Saßen auf der Couch und sahen uns einen Film an, während wir Pizza mit Schinken aßen. Es regnete, doch es war ziemlich warm draußen. Oktober. Seltsam, dass ich mich noch an all diese Kleinigkeiten erinnere, doch sie haben sich in mein Gedächtnis gebrannt wie Feuer. Jedenfalls war der Film zu Ende. Die Pizza aufgegessen. Wir saßen nur da und schwiegen uns an. Ich hatte es im Gefühl, dass Akira irgendetwas sagen wollte, also wartete ich. Es war eine ungewohnte Stimmung. Irgendwie erdrückend. „Du wolltest wissen, warum ich es trage“, begann er nach einiger Zeit. „Was?“ Ein wenig verwirrt starrte ich ihn an. Die Sache mit dem Nasenband war für mich mittlerweile so normal geworden, dass ich mich gar nicht mehr wirklich damit beschäftigte und es deshalb schon fast vergessen hatte. „Na das Band!“ Jetzt sah auch er mich an. „Ach, das. Ähm… ja?“ Er verunsicherte mich. Warum war es so ernst? Warum kam er plötzlich mit diesem Thema? Schließlich hatte ich ihn schon lange nicht mehr danach gefragt. Und wieso sah er mir so durchdringend an? „Ich wollte, dass sie sich eher gegen mich wenden. Dass sie ihre Aufmerksam mehr mir zuwenden.“ Ich blinzelte kurz. Was redete er da? War Akira so egozentrisch, dass er unbedingt im Mittelpunkt stehen wollte? Ich verstand es nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben, verstand ich ihn nicht. „Dass sie dich nicht so beachten, wenn… wenn sie rausbekommen, dass… dass wir…“ Er brach ab. Sprach nicht weiter. Unsicherheit durchdrängte seinen Blick, als er ihn abwandte. Und plötzlich wusste ich genau, was er sagen wollte. Er fühlte es auch. Und er wusste, dass ich ebenso fühlte. „Du wolltest, dass sie nur über dich reden, weil du dann sowieso… anders bist und dass sie mich in Ruhe lassen?“, fragte ich nach einiger Zeit ungläubig nach. Akira nickte. Ich schwieg. „Taka… du… du merkst es doch auch, oder? Ich rede mir das nicht nur ein?!“ In mir zog sich alles zusammen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir wirklich irgendwann darüber reden würden. Dachte, dass alles so weitergeht. Freunde, nichts weiter. Aber das Blatt hatte sich gewendet. Ich hatte seine Zuneigung mir gegenüber immer als Freundschaft abgetan, obwohl ich doch merkte, dass es nicht nur Freundschaft sein konnte. Freundschaft war nicht so intensiv. So anders. Nach einer endlos langen Zeit nickte ich. „Ja. Ich merk es auch.“ „Und…“ Akira sprach weiter. Mich wieder musternd. „Meinst du wir schaffen das?“ Ohne nachzudenken nickte ich erneut. Ich hatte schon zuvor viel zu oft darüber nachgedacht. Obwohl ich es doch nie wahr haben wollte, hatte ich darüber nachgedacht. „Ja, ich glaube schon“, antwortete ich leise. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als mir bewusst wurde, was hier gerade passierte. Das war kein gewöhnliches Gespräch unter Freunden. Wir gestanden uns hier gerade unsere Liebe! Beste Freunde, die sich ineinander verliebten. Eigentlich nichts Ungewöhnliches und doch so anders als es normal war. Wir waren Jungs. Wir wollten unseren Spaß. Unbeschwert. Dennoch konnten wir nicht dagegen ankämpfen. Warum auch? Gefühle sollte man nicht bekämpfen. Sich ihnen stellen – das war der einzig richtige Weg. Und diesen Weg hatten wir in dem Augenblick gewählt. „Taka, du… verarscht mich doch nicht, oder?“ Akira schien so verunsichert. So völlig entgegengesetzt zu seinem normalen Charakter. Dies war ein Thema, das ihn wirklich mitnehmen musste, sonst würde er sich nicht so offen geben. So verletzlich. Und als mir das klar wurde, bemerkte ich dieses Gefühl, das sich in mir ausbreitete. Ein Gefühl, das meinen Verstand aussetzen ließ und mich dazu veranlasste, mich zu ihm hinüberzubeugen. Eigentlich war er es immer, der mich in den Arm nahm, mich beschützte. Diesmal hatte ich aber das Bedürfnis ihn zu trösten. Ihm zu zeigen, dass ich es ehrlich meinte. Seine Lippen waren genau so wie ich es mir hunderte Male vorgestellt hatte. Mein Herz setzte aus, als sich seine Lippen begannen gegen meine zu bewegen. So völlig gleich. Als hätten wir es schon unzählige Male getan. Als wäre es uns bestimmt. Es war ein befreiendes Gefühl und ich ließ mich fallen. Schlang meinen Arm um seine Schulter und zog ihn an mich. Ich wollte ihm nah sein. Ihn festhalten und nie mehr gehen lassen. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr ich mich nach Akira sehnte. Sicher, ich war mir meiner Liebe schon zuvor bewusst gewesen, doch dieser eine Augenblick verstärkte alles. All meine Wünsche und all mein Verlangen. Ich wollte nur noch diesen einen Menschen. Nur widerwillig löste ich den Kuss, jedoch nicht die Umarmung, die mit der Zeit entstanden war. Mein Gesicht vergrub ich an seinem Hals und sog seinen Duft ein. Einen Duft, den ich nie wieder vergessen wollte. „Nein, ich verarsch dich nicht“, flüsterte ich. Die Monate vergingen. Unsere Beziehung wurde öffentlich. Manche reagierten gelassen darauf, manche hatten in uns Opfer gefunden, die es zu verhöhnen galt. Doch es war uns egal. Wir hatten immer alles gemeinsam durchgestanden. So auch das. Und was waren auch die Momente des Hohns, wenn wir so viel mehr schöne Momente teilten? Mit unserer Beziehung ließ sich einfach alles ausgleichen. Akira war der Mensch, den man wohl Seelenverwandten nennt. Die wahrscheinlich glücklichste Zeit meines Lebens verbrachte ich also in der Beziehung zu ihm. Nichts konnte uns trennen. Auch nicht unsere Eltern, die anfangs nicht sehr angetan von der Sache waren. Doch auch sie gewöhnten sich irgendwann daran und ließen uns tun, was wir tun wollten. Bis zu dem Moment, in dem mir meine Eltern eröffneten, ich solle im Ausland studieren. Natürlich war ich dagegen! Wollte hier bleiben. Bei Akira. Und dennoch… es kam so, dass ich ging. So schwer mir die Entscheidung auch fiel, meine Eltern versprachen mir, alle Studiengebühren, alle Wohnungs- und Nahrungskosten zu zahlen, sollte ich ins Ausland gehen. Und sie öffneten mir die Augen, dass ich wirklich bessere Berufschancen haben würde. Sicher, letztendlich war es immer noch meine Entscheidung, doch ich kam zu dem Entschluss, dass ich ja wiederkommen würde. Ein Studium dauerte nicht ewig. Ich würde Akira wiedersehen – keine Frage. „Aki? Ich ziehe weg“, meinte ich eines Abends vor dem Fernseher. Er starrte mich nur an. Wollte es nicht glauben. „Wann? Warum?“ Sofort war alle Aufmerksam auf mich gerichtet. „Ich werde im Ausland studieren. Aber… ich komme zurück! Versprochen!“, warf ich gleich darauf ein. Es tat mir weh. In diesem Moment dachte ich sogar darüber nach, alle Pläne über den Haufen zu werfen und doch hier zu bleiben. Hier bei der Person, die ich liebte. Hier, wo ich glücklich war. Was hatte mich eigentlich dazu geritten, wegziehen zu wollen? Eine lange Pause trat ein, in der mich Akira näher an sich zog. „Und… wann kommst du wieder?“ Anscheinend hatte er den ersten Schock überwunden. Ich war froh, dass er es akzeptierte und keine große Szene daraus machte. Es war mir so schon schwer genug gefallen. „Ich weiß nicht. Zwei Semester muss ich dort studieren und dann…“ Hilflos schüttelte ich den Kopf. „Ich weiß nicht. Aber Aki… Ich liebe dich. Egal, was passiert und wie lange ich weg bin.“ Er nickte nur, schloss die Augen und küsste mich. „Ich liebe dich auch“, hauchte er schließlich. Doch irgendetwas in seiner Stimme sagte mir, dass etwas nicht in Ordnung war. „Aber…“, fuhr er fort und ich wünschte, er würde es nicht sagen. Egal, was kam. Ein „aber“ war nie gut und so auch diesmal. „Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Eine Fernbeziehung, meine ich.“ Ich schluckte. „Du willst… mit mir Schluss machen?“ Nein! Das durfte er nicht. Das würde ich nicht überleben. Ja, eine Fernbeziehung war nicht das Wahre, doch wenn es jetzt und hier endete, dann würde ich mir ewig Vorwürfe machen! „Nenn es nicht so.“ Er drückte mir einen erneuten Kuss auf. „Sag nicht solche Sachen, bitte.“ Seine Stimme war so liebevoll. So, als hätte er mir eben nicht eröffnet, mich zu verlassen. Im Grunde verließen wir uns nämlich damit beide. Ich verließ ihn physisch und er verließ mich psychisch. Mühsam löste ich mich aus seiner Umarmung und setzte mich auf, um ihn anzusehen. Ich war aufgebracht. Mit einem Mal. Wie sollte ich es denn sonst nennen? Er konnte nicht mit einer Fernbeziehung leben, also stellte er mich vor die Wahl: Entweder blieb ich oder ich ging und er machte Schluss. „Aki… Tu das nicht…“ „Ich will nicht mit dir Schluss machen. Ich liebe dich! Aber… nennen wir es… eine Pause. Nur bis du wieder da bist. Lass uns sehen, was in dieser Zeit passiert.“ Mein Herz zog sich zusammen. Wenn man einen Menschen bedingungslos liebte, dann machte man keine „Pausen“! Wir hatten doch alle Probleme auch sonst immer gemeinsam durchstanden. Wieso sollten wir dieses jetzt plötzlich alleine bewältigen? Ich verstand es einfach nicht. „Warum? Warum können wir nicht so weitermachen?“ „Taka… Mach es nicht schwerer als es ist… bitte.“ „Ich will nicht, dass du mich vor diese Wahl stellst.“ Tränen sammelten sich in meinen Augen, aber ich wollte nicht weinen. Ich wusste ja nicht mal, was es für Tränen waren, die sich plötzlich einen Weg über meine Wangen bahnten. Enttäuschung? Angst? Verlust? „Ich stell dich nicht vor eine Wahl. Du hast sie schon getroffen. Und wenn du wiederkommst, dann machen wir weiter wie früher. Als wärst du gar nicht weg gewesen, ja?“ Eine weitere lange Pause trat ein. Als wäre ich nicht weggewesen… „Ja…“ Die letzten zwei Monate vergingen viel zu schnell. Unsere weitere Beziehung verlief irgendwie seltsam. Unsere Liebe war genau so stark wie vor unserem Gespräch, doch es schien fast so als hätten wir schon damit abgeschlossen. Als würden wir uns schon darauf einstellen, dass ich bald weg war. Dass wir uns nicht mehr sehen konnten. Dass wir ohne einander auskommen mussten. Als würden wir schon jetzt in ständigem Gedanken daran leben, damit es später nicht mehr so wehtat. Ein seltsames Gefühl. Eines, von dem ich nicht gewusst hatte, dass es überhaupt existierte. Alles war plötzlich so anders, obwohl wir doch noch genau so fühlten wir früher. Am Tag meiner Abreise kam er zu mir nach Hause. „Gib mir irgendwas, was du liebst“, forderte er plötzlich, noch bevor er über der Türschwelle war. Verwirrt sah ich ihn an. Etwas, das ich liebte? „Komm erstmal rein.“ In meinem Zimmer setzten wir uns auf mein Bett und ich gab ihm endlich eine Antwort. „Du bist alles, was ich liebe.“ Ja, es klang kitschig. Und ja, ich war mir dessen durchaus bewusst, doch wieso sollte ich meine Gefühle und Gedanken vor ihm verstecken? Er kanntest mich schließlich sowieso in- und auswendig. „Gib mir etwas, das ich dir wiedergeben kann, wenn du zurückkommst.“ Seine Augen fixierten meine. Ließen keine Widerrede zu. Ich überlegte einen Moment, ehe ich meine Kette abnahm und seine Hand nahm, um sie hineinzulegen. Er wusste, wie sehr ich an diesem Schmuckstück hing. Und er legte es sich mit einem Lächeln um den Hals, bevor er sich zu mir hinüberbeugte und mich in einen langen Kuss verwickelte. „Ich will nicht, dass du gehst“, flüsterte er mit trauriger Stimme anschließend in mein Ohr. Es hörte sich so ehrlich an. So aufrichtig. So, als hättest er mir seit langem mal wieder seine Gefühle unverhüllt und ehrlich gestanden. Und es schwangen so viele unterschiedliche Emotionen mit. Angst, Liebe, Sehnsucht, Trauer. Ich nahm ihn in den Arm und ließ ihn lange nicht mehr los. „Es tut mir so Leid…“ Alles tat mir Leid. Dass ich mich so entschieden hatte. Dass ich ihn allein ließ. Dass ich unsere Beziehung, die doch eigentlich so perfekt gewesen war, aufs Spiel setzte. „Es muss dir nicht Leid tun. Du kommst wieder, nicht wahr? Und dann wird alles wie früher.“ Wie früher… ~*~ Gedankenverloren starrte ich auf das silberne Amulett in meinen Händen, das nicht mir gehörte. Wie früher. Nichts war mehr geworden wie früher. Es waren nur kindische Wunschvorstellungen gewesen. Nichts weiter. Ein naiver Traum. ______________________________ Sou, das war das zweite Kapitel. Mit dem nächsten is die ff wahrscheinlich abgeschlossen ^^ Ich würd mich hier wirklich sehr über reviews freuen, weil ich diesmal irgendwie gar nich einschätzen kann, ob mir das kapitel gelungen is >___< Irgendwie fehlts so bisschen an Gefühl, aber andererseits.. ach.. xD" Also ne Rückmeldung wär jedenfalls super! ^___^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)