Esmes Geschichte von Lesemaus (CarlislexEsme) ================================================================================ Kapitel 6: Alles ist nun anders ------------------------------- Kapitel 7 Alles ist nun anders Um zu sagen ich vertraute Carlisle war ein bisschen sehr, sehr weit hergeholt, aber ich hatte keine andere Wahl als mit ihm zu gehen, denn er konnte mir leider, musste ich mir zähneknirschend eingestehen, erklären, was mit mir im Moment passierte oder was noch mit mir passieren würde, denn das es noch lange kein Ende haben würde, wusste ich rein inuitiv jetzt schon und der Gedanke daran beängstigte mich. Diese ganze ungewisse Zukunft ängstigte mich zu Tode, mit dem einzigen Unterschied, dass ich sie zu ertragen wusste, da ich sehr gut nachfühlen konnte, wie es war kurz vor dem Tod zu stehen. Ich hatte es selbst einmal probiert, als ich mein ungeborenes Kind verloren hatte und mein ehemaliger Verlobter mich geschlagen hatte, der wahrscheinlich dachte ich wäre tot, hatte mich zumindest im ins Krankenhaus für ein paar Wochen verfrachtet. Dass ich dadurch keine wirkliche Angst mehr vor dem Tod hatte, war glaube ich wenigstens etwas verständlich. Wenn man einmal dem Tode nahe war, würde man ihm immer wieder von der Schippe springen, aber bekanntlich kam es am Ende dann richtig dick. Genau das hatte mich jetzt erwischt, nur konnte ich noch nicht wirklich für mich abschätzen, ob das gut oder schlecht war. Es kam darauf an, was noch alles auf mich zukommen würde und das würde wahrscheinlich eine ganze Menge mit einem entspannten Tässchen Tee und zwei Durchgeknallten Psychopathen sein. Erschlagen, die Arme schützend um meinen Bauch geschlungen, eine Gestik die ich schon seit frühester Kindheit machte, trottete ich neben Carlisle her, der uns sicher aus der Höhle führte, in der einzelne Tropfen zu hören waren, die von Stalaktiten herunter tropften. Mittlerweile war meine Kleidung nur noch ein einziger Haufen nasser Wäsche, die man bestimmt auswringen konnte, würde ich sie ausziehen, aber dazu würde es nicht eher kommen, bis ich in einem Zimmer alleine war, ohne einen Beobachter an der Backe, der mich im Auge behielt. Stur hielt ich den Blick gesenkt, deswegen ignorierte ich das raschelnde Geräusch neben mir, welches auf jeden Fall von dem anderen Mann stammen musste, da ich dachte das er einfach seine Kleidung spärlich versuchte zu trocknen, doch wurde ich positiv überrascht, als ein Wasserabweisender Mantel um meine schmalen Schultern gezogen wurde. Ich zuckte um der ungewohnten Berührung zusammen, zudem es noch ein ziemlich seltsames Gefühl war, den Temperaturunterschied kaum zu fühlen. Irritiert über sein Verhalten wandte ich mich dem Mann zu, zog die Jacke trotzdem automatisch enger aus reinem Reflex. Die Menschlichkeit steckte mir noch zu sehr in den Knochen, aber wenn ich näher darüber nachdachte: Wie verhielt sich eigentlich ein Vampir? Die Sagen und Legenden in den Büchern der Welt konnte ich allem Anschein nach nicht trauen, also war ich im Prinzip sogar schon gezwungen mit ihm zu gehen. Meine stumm gestellte Frage, die deutlich in meinen Augen abzulesen war, wurde übergangen oder ignoriert, die Hand zwischen meinen Schulterblättern drängte mich nach vorne weiter. Ich würde erst meine Antwort bekommen, wenn ich Zuhause bei Carlisle war. Seufzend musste ich mich geschlagen geben. Auch wenn ich stark war, und das war ich ohne Zweifel, konnte ich unter keinen Umständen einschätzen, wie viel Kraft in dem Arzt inne wohnte. Ohne Zweifel war er ein beherrschter Mann, der seine Fassaden aufrecht erhielt und nur wenig bedingt auf Streit aus war, trotzdem wusste ich nicht, wie er auf Provokationen meinerseits reagieren würde oder ob er mich sogar mit Gewalt zwingen würde mit ihm zu kommen, mich sogar zu entführen, wenn es dem Wohl von ihm und Edward diente. Wer wusste schon, was passieren würde, wenn ich in die Nähe von Menschen geraten würde. Wenn ich jetzt schon alleine so extrem auf Carlisles Blut reagierte, wie reagierte ich dann auf Blut vom lebendigen Menschen, der selbst in Panik bei meinem Anblick verfiel und sein Herz nur so in seinem Brustkorb rasen ließ? Der Gedanke ängstigte mich noch mehr, als mein eigenes Wesen. Da war es vielleicht doch nicht so verkehrt mit diesem Mann zu gehen. Dem Schicksal ergebend machten wir uns auf den Weg zurück, im menschlichen Tempo, um auf Nummer sicher gehen zu können. Von weitem würde man uns dann als normale Menschen erkennen, die vom strömenden Regen bei einem angenehmen Spaziergang am Meer überrascht wurden. Über die Zeit des Spaziergangs schwiegen wir beharrlich. Ich, weil ich nicht sprechen wollte, bis auch Edward in meiner Nähe war, der mich von irgendwelchem Blödsinn abhielt. Carlisle wahrscheinlich, weil er einfach nicht wusste, wie mit mir momentan umzugehen war. Trotzdessen, dass er mir die Situation vorhin völlig logisch und ruhig erklärt hatte, war ich hyperventilierend an die Decke gegangen, wer wusste schon, wie weitere Erklärungen auf mich wirken würden. Ich war unberechenbar und es fehlte mir schlichtweg die Disziplin mich zu beherrschen, wenn ich einmal wütend war, dann stand im Umkreis von zehn Milen nichts mehr, hierbei würde ich keinen Unterschied machen. „Edward wir sind zurück.“, rief Carlisle durch den Flur, als wir durch die Haustür, die er zuvor aufgeschlossen hatte, eintraten. Innerhalb einer Sekunde stand eben genannter auch schon vor uns im T-Shirt, als hätten wir Hochsommer, obwohl nur eine spärliche Temperatur im Raum herrschte. Wieder wurde mir vor Augen gefühlt, dass unser Empfinden anders war als die des Menschen, dass machte mich traurig, auch wenn ich gesprungen war, um von dieser Welt zu gehen, diese Gestalt, in die ich hineingezwungen worden war, gefiel mir nicht. Das Klicken der geschlossenen Haustür ertönte, erwartungsvolle Blicke fühlten ich auf meinem Körper, sowohl von Edward, der seine Position vor mir eingenommen hatte sowie die des Arztes direkt hinter mir. Zögerlich streifte ich den mittlerweile vom Regen durchnässten Mantel ab und reichte ihm Carlisle, der ihn direkt an den Kleiderhacken hängte, an dem sich schon andere Kleidungsstücke befanden. „Möchtest du dir etwas trockenes anziehen, bevor wir uns ins Wohnzimmer begeben?“, wurde ich gefragte, aber ich schüttelte nur verneinend den Kopf, es war mir egal ob ich wie ein begossener Pudel auf dem Holzboden saß, ich spürte es eh nicht mehr so intensiv, als das es mich großartig stören würde. Doch bevor sich eine erdrückende Stimmung zwischen uns aufbauen konnte, verkündete Carlisle kurz angebunden, dass er sich umziehen gehen würde und verschwand genau so schnell, wie ein verschwommener Schatten, wie Edward zuvor gekommen war. Das mussten sie mir auch noch mal zeigen. Ich war zwar schon schnell, dass man mich kaum noch sah, aber so schnell noch lange nicht. Jetzt da der blonde Arzt weg war, und sei es auch nur für wenige Minuten, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich vermochte es nicht in Worte zu verfassen, aber alleine seine Gegenwart war mir unangenehm, als könnte er mich schon mit seinen Blicken töten und das, obwohl ich wusste, dass er mir nie etwas tun würde, es sei denn ich würde Edward oder jemand anderem, womöglich einem Menschen, etwas antun, denn in dieser Situation konnte ich seine Reaktionen am schlechtesten abschätzen, besonders wenn es noch Menschen waren, an die er näher gebunden war, die er täglich sah, auf den Weg zur Arbeit, im Krankenhaus oder in seinen Mittagspausen oder der umgehenden Nachbarschaft. Ein Tropfen fiel von der Spitze meines Kinns und ich sah ihm nach, wie er durch die wenigen Meter Luft flog, auf dem Boden aufprallte, seine Flüssigkeit wie ein kleiner Meteorit, der ins Wasser stürzte und Wellen auslöste, verspritzte, dass sie einen weiten Radius ergaben. „Möchtest du dich wirklich nicht umziehen?“, fragte Edward mich behutsam, als könnte ich jeden Moment in irgendeiner Art und Weise ausrasten. Ratlos hob ich meine Finger, die durch den Regen schimmernd das Flurlicht auffingen. „Ist es immer so?“, entgegnete ich leise, hauchend, da ich Angst hatte meiner Stimme zu viel Ausdruck zu verleihen, zu viel Gefühl, das mich verriet. „Was ist immer so?“, wurde ich verwundert angesehen. „Ich fühle nichts oder besser gesagt kaum etwas.“, korrigierte ich mich. Große Hände fassten nach meinen und hielten sie eng umschlungen. Mit gerunzelter Stirn sah ich zu dem jungen Mann auf, der mich um Menschenjahre weit unterragte, doch nicht so in Vampirjahren. In diesen Jahren war ich gerade mal ein Neugeborenes und er ein alter Mann. „In den ersten Wochen wird es ungewohnt für dich sein.“, bestätigte er mir, was mir einen kalten Schauer über den Rücken rieseln ließ. Es würde also so bleiben. „Aber dann wird es besser. Du spürst vielleicht keine Kälte mehr und auch die stärkste Hitze wird dir nichts ausmachen, dafür nimmst du Schmerzen schneller und stärker war als andere Lebewesen. Du kannst Schläge auf deiner Haut spüren, aber sie werden dich nicht verletzen, dass kann höchstens noch ein anderer Vampir.“, aufgebracht fiel ich ihm ins Wort. „Und was ist mit Gefühlen?“, fragte ich verstört, meine Stimme zitterte hörbar und ich versuchte mich aus seiner Umklammerung zu befreien, um mir meine widerspenstigen Haare aus dem Gesicht zu streichen, aber er ließ mich nicht. Eindringlich wurde ich angesehen, als ich es endlich geschafft hatte meine aufkeimenden Gefühle hinter einer starken Mauer zu verbergen, bevor ich noch einen völligen Burn-Out erlebte. „Gefühle wirst du stärker wahrnehmen, als du noch ein Mensch warst und du wirst dich schwer mit ihnen tun, sie zu beherrschen.“ Sanft wurde mir über die Wange gestreichelt, was bei diesem jungen Mann doch etwas verwirrend bei dem Altersunterschied war. Er berührte mich wie eine gute Freundin, keine Geliebte oder einer Person, der er solche Gefühle gegenüber brachte. „Du musst lernen sie zu kontrollieren, eher können wir dich nicht ansatzweise unter Menschen gehen lassen, dass wäre schlichtweg fahrlässig.“, zeigte mir am Ende seiner kleinen Rede sogar ein kleines Lächeln, indem er seinen rechten Mundwinkel ein wenig hochzog. „Zuerst müssen wir sie dazu bringen Blut zu trinken, Edward.“, erklang die mahnende Stimme Carlisles, der anscheinend vom Umziehen wieder zu uns gestoßen war, still dem Gespräch lauschend. „Was meinst du?“, entgegnete Edward leicht verwirrt auf diese Aussage. „So wie ich es sage. Sie hat vorhin ein wenig von mir getrunken, aber nicht genug, um auch nur bis zum nächsten Tag durchzuhalten. Guck dir ihr Gesicht genau an. Ihre Augen sind blutunterlaufen, die Haut fahl, beinahe eingefallen. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, haben wir in den nächsten Tagen einen blutrünstigen Zombie in der Wohnung, der bei jeder Gelegenheit an die Decke gehen wird, sobald irgendein Nachbar an der Tür läutet.“ Entsetzt lauschte ich diesen Worten. Das war doch wohl nicht sein ernst? Schockiert entzog ich mich Edwards Griff, tastete mit beiden Händen über mein Gesicht. Sah ich wirklich so schlimm aus, dass ich bald eine Art Zombie sein würde? Dass ich mich nicht mehr beherrschen konnte und auf Menschen losging, sie anfiel, nur um ihr Blut zu trinken? Mein Magen drehte sich um. Ich glaub mir wurde schlecht und das mit einer so rasanten Geschwindigkeit, dass ich gleich auf die nächste Toilette rennen würde. Dann war es auch schon um mich geschehen. Ich spürte meinen Magen überreizen und etwas die Speiseröhre Raufkriechen, was stark nach altem Rost schmeckte. Ich schaffte es gerade noch herumzuwirbeln, die Treppe Hochzuhasten, die Toilettentür, oh Wunder sie war repariert worden, hinter mir zu zu knallen und mich über die Toilette zu beugen, bevor ich mich übergab, dabei von fürchterlich schmerzenden Krämpfen geschüttelt, die meine Gliedmaßen zittern ließen. Ich glaubte in meinem ganzen bisherigen Leben noch nicht so einen üblen Anfall an Mageninstabilität gehabt zu haben. Das ich dabei das ganze Blut ausspuckte, welches ich vorhin nur notdürftig und triebgesteuert von Carlisle getrunken hatte, ignorierte ich gekonnt, da mir ansonsten bestimmt noch schlechter geworden wäre. Konnte es Vampiren schlecht gehen? Eines besseren wurde ich jedenfalls bewährt. Jedenfalls hörte ich mich noch so an, als wäre ich lebendig und hätte eine fiese Magendarm-Grippe, die mich außer Gefecht setzte. „Also so überreagiert habe ich aber nicht, als du mich verwandelt hast. Ich hatte zwar meine Depressionen, aber die haben mit der Zeit auch wieder aufgehört.“, schien Edward laut zu überlegen und hätte ich nicht über der Kloschüssel gehangen, hätte ich ihm mindestens eine gehörige Kopfnuss verpasst. Ich war in einem so demütigenden Moment, er platzte unangemeldet ins Badezimmer, trotz geschlossener Tür, und hatte dann noch die Nerven mit Sprüchen um sich zu werfen. „Jeder verarbeitet sein Dasein anders Edward.“, hörte ich Carlisle mahnend sprechen. Ich vernahm leise Schritte hinter mir, die mir verdeutlichten, dass Carlisle fast direkt hinter mir stand. Wäre ich noch ein Mensch gewesen, hätten sich meine Wangen rot vor Scham gefärbt, ich fühlte mich so unbehaglich wie nie in meiner Haut. Hauchzarte Fingerkuppen fuhren über mein Kinn, zu meinen Wangen, bis hin zu meinen Schläfen und strichen meine rot gewellten Haare zurück, damit ich sie nicht aus Versehen voll kotzte. Als mein Magen aufhörte zu rebellieren, wischte ich mir den Mund mit einem Stück Toilettenpapier ab, welches mir freundlich hingehalten wurde. „Geht es wieder?“, fragte er fürsorglich, beinahe väterlich, doch ich funkelte ihn nur gereizt an, hätte er vorhin nicht so eine detaillierte Beschreibung eines bevorstehenden Ausrastens bei mir gemacht, wäre es zu diesem Magenproblem gar nicht erst gekommen. Mit wackligen Beinen erhob ich mich vom mit Kacheln ausgelegten Boden, schüttelte dabei den helfenden Arm von Carlisle ab. Ich war nicht so hilfsbedürftig wie er glaubte, ich konnte auf mich alleine aufpassen, dazu brauchte ich keine neue Glucke! Obwohl ich wackliger als sonst auf meinen Beinen stand, schaffte ich es ohne Probleme nach unten in die Wohnstube. Edward wollte mich zwar zu dem großen weißen Sofa in der Mitte des Raumes bugsieren, aber ich entwandt mich geschickt seinem Griff und setzte mich einfach an die Holz betäfelte Wand auf den Boden. Hier würden mich die zwei am meisten in Ruhe lassen, da ich durch diese Position einen günstigen Blick auf die Tür behielt und genauso wenig das halbe Wohnzimmer bei meinen nassen Sachen überschwemmen würde. Sehr wahrscheinlich hätten sie mir auch Zeit gegeben, mich irgendwo in Ruhe umzuziehen, was ich allerdings nicht wollte. Die hautengen Kleider sorgten für ein lebendiges Gefühl bei mir, wenn man es denn so umschreiben konnte, dachte ich zwischendurch sarkastisch. Aufmerksam wurde ich von den zwei anderen Personen im Raum betrachtet, was mir zugegeben jetzt schon auf den Zünder ging. „Hab ich irgendetwas im Gesicht oder warum schaut ihr mich an, als würdet ihr mit Röntgenstrahlen aus euren Augen schießen?“, zischte ich aufgebracht. Während Carlisles Gesichtsausdruck vollkommen neutral blieb, zog Edward eine elegant geschwungene Augenbraue hoch, die fast in seinem Haaransatz verschwand. „Wir wollten dich nicht belästigen, falls du das meinst.“, fing Carlisle an zu sprechen und seine Stimmlage war so angenehm einlullend, dass man einen starken Widerstand aufbauen musste, um nicht jeden Moment einzuschlafen. Hatte ich vorher schon mal angemerkt, dass er für seine Stimme einen Waffenschein brauchte? Wenn nicht, dann habt ihr jetzt die Bestätigung dafür. „Was soll das werden?“, fragte ich gezwungen ruhig. „Wollt ihr jetzt alles schön reden, nur damit ich euch nicht an die Decke oder noch besser an eure Hälse springe?!“ Einen Moment blieb es still, als müssten sich die beiden von meiner Kampfansage erholen, aber danach war schon nichts mehr von ihrer Unsicherheit, falls sie diese überhaupt verspüren konnten, nichts mehr zu sehen oder zu hören. „Wir sind nicht vorsichtiger zu der, Esme, als ich es damals zu Edward war, als ich ihn verwandelt habe. Junge Vampire, besonders Neugeborene, so wie du einer bist, neigen schnell dazu auszurasten und sich und andere in Gefahr zu bringen, um das zu vermeiden, wollen wir dir dein Wesen auf die behutsamere Art und Weise beibringen.“ Hörte der Kerl sich überhaupt selbst mal reden? Er redete mit mir, als wäre ich ein kleines Kind, zu doof um etwas zu checken, zu jung um etwas zu verstehen. Entweder lag das wirklich an dem männlichen Geschlecht, dass sie Frauen für unzurechnungsfähig hielten oder es war ein verbreitertes Gerücht, was rumerzählt wurde. Eins davon traf in diesem Fall zu. „Dann möchte ich dich einmal sehen, Carlisle.“, ich spuckte seinen Namen beinahe vor Verachtung aus, was seine Maske doch kurz zum Wackeln brachte. „Wenn du nach einem normalen Mittagsschlaf aufwachst und plötzlich feststellen musst, dass du etwas anderes bist, als das, was du vor deinem Schlaf warst. Entschuldige, wenn das für mich ein etwas größerer Schock war!“, fauchte ich ungehalten, nahe an dem Grad, an dem ich mich noch beherrschen konnte. Um die nervösen Zuckungen meiner Hände unter Kontrolle zu bringen, die anscheinend schon im Geiste dabei waren Carlisle und Edward zu erwürgen, legte ich eben diese um meine Knie, damit ich meine Beine an meinen Körper ziehen konnte. So bat ich weniger Angriffsfläche und konnte mich mehr verteidigen, auf die seelische Basis, die wohl bei mir allein am heutigen Tag einen gewaltigen Knacks verpasst bekommen hatte, bezogen. „Wie ich dir bereits vorhin gesagt habe, verarbeitet jeder sein Dasein anders.“, belehrte er mich. „Ich hatte auch mit meiner Wandlung zu kämpfen, jeder unserer Art hat das schon durchgemacht.“ Mit diesem Satz offenbarte er mir eines, was ich bis dahin gar nicht bedacht hatte: auch er hatte mit den Qualen vor und nach der Umwandlung zu kämpfen gehabt, nicht nur Edward und ich. Resignierend sah ich ihn an, die ganze Wut auf einmal verraucht. Plötzlich kam ich mir so egoistisch vor, so selbstsüchtig. Ich hatte nie auch nur im Entferntesten Sinne daran gedacht, dass ihm die Entscheidung mich zu verwandeln genauso schwer gefallen war, wie vielleicht damals bei Edward. Ich sollte mich in diesem Fall wohl geschmeichelt fühlen, aber dann drängte sich mir die Frage auf, warum ich es war, die er ausgesucht hatte. Es hätte auch jedes andere Mädchen oder Frau sein können, aber nein, auf mich ist seine Wahl gefallen. Hatte ich ihm nur eine günstige Gelegenheit geboten, weil ich sowieso schon kurz vor dem Ableben gestanden hatte? Oder war es doch ein völlig anderer Grund, den ich momentan noch nicht zu ergründen wusste? „Wieso hast du ausgerechnet mich verwandelt?“, fragte ich flüsternd, dass selbst ich es kaum verstand, aber die zusammengezogenen Augenbrauen verrieten mir, dass seine gut geschulten Ohren alles verstanden hatten. Mit neutraler Miene betrachtete ich ihn, äußerlich ruhig, unnahbar, wartete innerlich jedoch gespannt auf eine Antwort. Mit einer fahrigen Bewegung fuhr er sich durchs Haar, atmete hörbar aus, obwohl er nicht darauf angewiesen war Luft holen zu müssen. „Edward macht gerade eine schwierige Phase durch und koppelt sich von allem und jeden ab. Ich bin da keine Ausnahme. Ich brauchte jemand, den ich mit ins Vertrauen ziehen konnte und der ihm ein bisschen die fehlende Mutter ersetzte, vielleicht auch die Schwester.“ Verblüfft zog ich die Augenbrauen hoch. Was bitte war das denn für ein banaler Grund, schon fast lächerlich! Entrüstet stemmte ich mich hoch und tigerte im Raum auf und ab. Meine Gedanken überschlugen sich bei so viel Lächerlichkeit. Das war kein Grund, sondern eine Ausrede, nichts weiter! Wütend fuhr ich zu den Beiden herum, beobachtete eine Sekunde das gebannte Mienenspiel der beiden Männer, die ein stummes Gefecht auszufechten schienen. Die Hände in die Hüften gestemmt, polterte ich mit einer lauten Stimme in die schlimmste Schimpftirade durch, die selbst mir in den Ohren klingelte. „Das ist kein Grund Carlisle!“, fuhr ich ihn an. „Weder ist Edward mein Sohn, noch wird er es je sein! Du hattest nicht das Recht mich in einen Vampir zu wandeln, was hast du dir überhaupt gedacht?! Du kannst nicht einfach über das Leben anderer Leute bestimmen! Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass ich sterben wollte, dass ich nicht ohne Grund im Krankenhaus war?!“, schrie ich ihn am Ende schon an, weil ich so außer mir war, dass es schon keine Worte mehr dafür gab. Ich war ungewollt ins Leben zurückgeholt worden, unwiderruflich und damit stürzten wieder die schwarzen Gedanken über mich herein, die mich auch schon im Krankenhaus heimgesucht hatten, wenn ich denn mal soweit bei Bewusstsein war, um über mein Leben nachzudenken. Bestürzt, ja beinahe schon entsetzt, wurde ich angesehen, allerdings von beiden. „Esme ein Leben ist wichtig, etwas kostbares, dass wirft man nicht einfach leichtfertig weg!“, hob Carlisle die Stimmlage an, aber eher so, als würde ein Vater mit einer Tochter sprechen, die kurz davor war etwas dummes zu tun. Nicht von Erwachsener zu Erwachsenem. „Hör auf mich wie ein kleines Kind zu behandeln!“, schnauzte ich ihn an. „Ihr beide tut so, als könnte ich keinen einzigen rationalen Gedanken mehr fassen. Ich habe mich dafür entschieden gehabt zu sterben!“ Nun schaltete sich Edward ein, der zuvor stumm unserem Gespräch gefolgt war. Er stand auf, kam zielstrebig auf mich zu und packte mich hart an den Oberarmen, dass ich glaubte sie würden zerbrechen. Eindringlich sah er mich an, schien seine Augen in meine zu bohren, in dem lächerlichen Versuch mich damit von meiner Überzeugung abzubringen. „Esme hör mir zu!“, befahl er mir streng, mit einer Stärke in der Stimme, die ich ihm so gar nicht zugetraut hätte. Er kam mir von Anfang an eher als der stillere rüber. Widerstandslos schaute ich ihm in seine Seelenspiegel, die dunkler geworden waren. Hatte ich hier nun den Vampir vor mir, der in Edward schlummerte oder den Menschen, den ich heute kennenlernen durfte? „Das Leben ist etwas kostbares, ich musste das schon in früheren Jahren meines Lebens erfahren. Carlisle wandelte mich, als ich gerade einmal siebzehn Jahre alt war und im Sterben an der spanischen Grippe lag. Ich hätte mir lieber gewünscht am leben zu bleiben, aber Gott hatte einen anderen Plan mit mir und mittlerweile bin ich froh so weiter leben zu können, auch wenn es von der Natur des Menschen abneigt. Ich bin froh hier zu sein, mit Carlisle, mit dir, selbst mit unserer übernervigen Nachbarin, die einen jedes Mal eine Blase ans Ohr quatscht!“ Seine Stimme zitterte vor unterdrückten Gefühlen. Anscheinend hatte ich etwas zu Tage gebracht, was er ansonsten selten hervorholte. Verletzbarkeit. Dazu ein „aber“ anzusetzen kam ich überhaupt nicht. Er unterbrach mich, bevor ich auch nur Anstalten machen konnte, den Mund zu öffnen. „Sei froh für jeden Tag, den dir Gott auf dieser Erde schenkt, es könnte dein letzter sein.“ Sein Griff lockerte sich, sodass ich wieder auf eigenen Beinen stehen konnte. Edwards Gesicht war so verzerrt, ich konnte seinen Schmerz beinahe schon körperlich fühlen. Was hatte er durchgemacht, dass er in dieser Gestalt solche Worte benutzte? Ich hatte einmal von der spanischen Grippe gehört: eine fürchterliche Grippe, die am Anfang des 19. Jahrhunderts das Leben von Millionen gefordert hatte. Eine fürchterliche Seuche, die über die Erde gerast war und jedes Leben vernichtet hatte, was ihr unter die Finger gekommen war. Zärtlich berührte Edward meine Wange und ich konnte nicht anders, als seinem Blick zu begegnen, den er mir zuwarf. „Ich habe auch lange gebraucht es zu akzeptieren.“, gab er zu. Seine Stimme vibrierte förmlich, hallte im ganzen Wohnzimmer wieder. „Aber mittlerweile bin ich Carlisle dankbar, dass er mich gebissen hat. Meine ganze Familie ist damals an der Grippe gestorben, ich bin der einzige, der sozusagen „überlebt“ hat. Carlisle gab mir ein neues Zuhause und jetzt möchte er dir diese Möglichkeit auch bieten. Weis ihn nicht ab. Wir haben alle schreckliche Dinge durchmachen müssen und wir wissen mehr von deiner Vergangenheit, als du zu glauben scheinst.“ Sprachlos starrte ich ihn an, wusste nicht, was ich daraufhin erwidern sollte. Sie wussten etwas aus meiner Vergangenheit? Mit dem Baby hatte ich niemanden davon erzählt, nie, auch nur irgendeiner Menschenseele, gerade damit es unter Verschluss blieb und man nicht beschloss mich in die Klapse zu bringen. „Was wisst ihr über mich?“, wisperte ich, meine Stimme versagte beinahe zur Gänze und im Gegensatz zu Edwards und Carlisle hörte sie sich wie ein Raspel an, krächzend, rau, nicht wie flüssiger Honig, der einem angenehm die Kehle runter ran. „Genug Edward.“, besänftigte Carlisle den jungen Vampir. „Wir haben andere Prioritäten.“ Edwards Miene verzog sich missbilligend, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen. „Wie du meinst Carlisle.“, sagte er, dann ging er merkwürdiger Weise in die Küche. Um ehrlich zu sein, hatte ich nun wirklich keinen Appetit auf irgendetwas, ich wollte Antworten! Schon kurze Zeit später kam Edward wieder und stellte eine Plastikflasche auf den Wohnzimmertisch, direkt zwischen dem Arzt und mich, die mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. Eine wage Ahnung beschlich mich, die mir kalt den Rücken runter lief, aber gleichzeitig dafür sorgte, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief. „Was ist das?“, fragte ich zittriger Stimme, trat vorsichtshalber schon einen Schritt zurück, prallte dabei aber gegen einen Rücken, der meinen Rückweg versperrte. Carlisle hatte sich durch seine enorme Geschwindigkeit hinter mich gebracht, um mich an Ort und Stelle zu halten. „Blut.“ So, dass war mein neues Kapi von Esme und Carlisle^^ Ich weiß, ich bin ganz schön spät dran, aber ich hatte so viel zu tun, dass ich einfach zu nichts gekommen bin>-< Zudem hatte ich bei dieser Geschichte mit einer Schreibblockade zu tun, aber die ist jetzt Gott sei Dank endlich weg und ich kann nach Lust und Laune weiterschreiben^^ Dann wünsche ich euch weiterhin viel Spaß bei Mexx^^ Lesemaus Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)