Niemand von Toozmar ================================================================================ Kapitel 7: Zufall ----------------- Wahrscheinlich ging es Bela nie so schlecht wie diese Klatschblätter es dargestellt hatten. Denn das diese Klatschblätter gerne mal übertrieben war ihm durchaus klar, dennoch musste es Bela schon ziemlich mies gehen. Als er Bela das letzte Mal gesehen hatte, waren bestimmt Alkohol und Drogen Schuld an seinem unkoordinierten Bewegungen auf der Bühne. Schuld, dass die Songtexte nur schwer und unverständlich aus seinem Mund drangen. Eine kleine Stimme meldete sich in seinem Hinterkopf und meinte nur, dass das ja irgendwann so enden musste mit ihm. Mit einem tiefen Atemzug wurde die Stimme zum schweigen gebracht. So wollte er nicht über seinen ehemals besten Freund denken, auch wenn dies eigentlich der Wahrheit entsprach. So ging er nach Hause und versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass mit Bela alles in Ordnung war, dass er sich keine Gedanken mehr um ihn machen musste, dass er nun endlich wieder in Ruhe schlafen und leben konnte. Auf dem Weg zurück lies er sich von allem ablenken was er sah. Ein Hund, ein ausgefallener Briefkasten, ein spießiger Briefkasten, ein krummer Baum, ein Stein. Es half nichts. Die Gedanken kreisten wieder. An etwas anderes denken war scheinbar nicht möglich und so griff er direkt nach dem Hereinkommen zum Telefon. Aber nicht etwa um alle Krankenhäuser abzutelefonieren, zu fragen wo ein gewisser Bela B. lag, sich nach seinem Zustand zu erkundigen und sich vielleicht sogar wieder zu versöhnen, nein so einfach machte er es sich selbst nicht. Er wählte die Nummer von Beckmann, immerhin waren sie schon lange befreundet und hatten ebenso lange nicht mehr miteinander gesprochen. Das Beckmann in Belas Band mitspielte war dabei reiner Zufall. „Ja“, das „a“ ein bisschen lang gezogen, aber die Stimme war Farin sofort vertraut. „Jan hier“. „Hey Mann, lang nichts mehr von dir gehört. Was verschafft mir die Ehre?“, ein freundlicher Ton schwang ihm aus dem Hörer entgegen. Er war sichtlich angespannt, überlegte lange was er sagen sollte, damit er den eigentlichen Grund des Anrufs nicht verriet. „Hey, ich wollte nur mal hören wie es dir so geht…“. Beckmann fing an davon zu reden wie es ihm ging, was er gerade machte und Farin hoffte nebenher was von Bela zu erfahren. Doch Beckmann meinte nur, dass sie momentan eine kleine Pause mit der Band einlegen würden, um mal wieder ein bisschen zu relaxen. „Gelogen!“, dachte sich Farin nur, hörte weiter aufmerksam zu und suchte die passende Frage um wenigstens ein bisschen was über Bela in Erfahrung zu bringen, ohne dabei zu neugierig zu wirken. Nach ein wenig Smalltalk hatte er immer noch nichts erfahren und immer noch keine passende Frage gefunden. „Hast du nicht Lust nachher mal vorbeizukommen? Wir könnten ein bisschen was zusammen klimpern. So wie in den alten Tagen“, die Frage traf ihn völlig unvorbereitet und ehe er darüber nachdenken konnte, ob das eine so gute Idee war hörte er sich schon zustimmen. „Ja klar, dann komm ich vorbei. So um 18 Uhr?“. „Wenn das nicht zu spät für dich ist…“ „Haha, inzwischen kann ich sogar schon bis 20 Uhr aufbleiben…“. Beckmann hatte sich schon immer darüber lustig gemacht, dass Farin gerne früher ins Bett ging und nicht jede zweite Nacht durchmachte. Er nahm es mit Humor, sich aufzuregen hatte da keinen Sinn. „Dann bis nachher.“, und sobald Farin den Hörer wieder auflegte schienen tausend Stimmen aufzuschreien. „WAS IST MIT BELA?“ Das Treffen mit Beckmann verlief nicht ganz so wie er es sich erhofft hatte, aber er musste zugeben, dass er die Zeit genossen hatte. Auch wenn ständig eine Stimme "Bela?" zu fragen schien. Er war auf dem Weg zu seinem Auto, er konnte es schon sehen, als ihn jemand von hinten anpöbelte. "Einfach ignorieren", dachte er sich und setzte seine Füße nun schneller voreinander. Die Stimme wurde wütender und lauter. Bevor er sich umdrehen konnte um die Quelle ausfindig zu machen, fühlte er wie zwei Hände seinen Rücken berührten um ihm einem kräftigen Stoß zu verpassen. "Sag mal geht's noch?", doch als er sich herumdrehte um dieses Arschloch noch weiter zu beschimpfen, blieb ihm jede Beleidigung im Halse stecken. War das etwa Bela's Bandkollege? Oder war es nur wieder reiner Zufall dass dieser Mann dem Gitarristen so ähnlich sah? „Willst du ihm jetzt auch noch den Bassisten nehmen?“ „Entschuldigung, aber kennen wir uns?“ „Tu nicht so scheinheilig. Wir kennen uns, haben uns schon öfters gesehen, aber wahrscheinlich warst du immer damit beschäftigt deinen „besten“ Freund zu ignorieren.“ Das Wort „besten“ wurde sehr deutlich in Anführungsstriche gestellt. „Erstens ist er nicht mein bester Freund, nicht mehr und zweitens lass ich mich nicht auf offener Straße so anpöbeln!“, damit drehte Farin sich um, lief mit schnellen Schritten zum Auto. „Du wirst dran schuld sein wenn Bela stirbt. Du ganz allein. Denkst du, du kannst damit Leben?“ Die Worte hatten ihn noch erreicht bevor er in sein schützendes Auto steigen konnte. Auf der Heimfahrt sagte er sich immer wieder, dass es nicht so war, dass ihn keine Schuld traf. Jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich. Doch immer lauter wurde diese Stimme, welche Rodrigo recht gab. „Du bist schuld wenn Bela stirbt!“ Doch was sollte er jetzt noch machen. Bela lag wohlmöglich noch im Krankenhaus und wahrscheinlich ging es ihm noch nicht besser, sonst wäre er eben nicht so beschuldigt worden. Sollte er zu Bela fahren, alles vergessen, ihm verzeihen für all seine Dummheiten und alles würde so wie früher sein? Oder sollte er einfach damit abschließen. Endlich erkennen, dass es nicht seine Schuld war, dass Bela nicht mehr in sein Leben gehörte? Es schien als würde der Zufall ihn verfolgen, dann nun fand er sich an einer Kreuzung wieder, die Ampel rot. Schilder die ihm den Weg zeigten. Rechts führte die Straße zu einem Krankenhaus, links in Richtung Flughafen, geradeaus lag sein Haus. Welchen Weg sollte er nun nehmen? Die Ampel sprang um auf grün, er setzte den Blinker und fuhr los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)