Sternchensuppe von Berrii ================================================================================ Kapitel 25: Jahresende ---------------------- Obwohl er die Wohnungstür hinter seiner Mutter und Laurin sorgsam verschloss, fühlte Nino sich nicht sicher. Er hegte immer mehr den Verdacht, das der Einbruch tatsächlich auf das Konto seines Stiefvaters ging. Entwickelte dieser sich zum Stalker? Warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Am nächsten Morgen fand Nino vor der Haustür eine Rose, adressiert mit einer Karte an seine Mutter. Die Handschrift war eindeutig die ihres Ex-Mannes. „So ein krankes Schwein!“, wütend warf sie die Blume direkt draußen in die Tonne, „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ Doch mit jedem Tag lag wieder eine Rose vor der Haustür. Ninos Mutter wollte es nicht zeigen, doch ihr Sohn sah es. Sie hatte Angst. Immer öfter war sie krank und ging nicht zur Arbeit. Zudem fiel es ihr schwer, Nino zur Schule gehen zu lassen. Am liebsten hätte sie ihn jeden Tag hingebracht und danach direkt wieder abgeholt. Sobald es sich einrichten ließ, tat sie es auch. „Das ist so krank!“, regte sich Laurin auf, als Nino ihm wieder einmal erzählte, das eine Rose vor der Tür lag. „Meine Mutter schläft kaum noch, ich weiß nicht wie das weitergehen soll.“, besorgt legte Nino seinen Stift ab und schaute auf seine Notizen. Sie waren unlogisch und durcheinander aufgeschrieben, vollkommen nutzlos. Er konnte sich nicht auf den Unterricht konzentrieren. Seufzend packte er seine Sachen ein, in wenigen Minuten war die Stunde und somit der Schultag eh vorbei. „Soll ich dich nach hause begleiten?“, fragte Laurin besorgt. Sein Freund schüttelte den Kopf: „Nein, sie holt mich gleich ab.“ Doch Nino wartete vergebens auf seine Mutter. „Wo ist sie?“, fragte Nino unruhig und kramte nach seinem Handy. Es war bereits eine Viertelstunde vergangen und sie kam nie zu spät. „Vielleicht hat sie viele rote Ampeln oder steckt irgendwo im Stau.“, Laurin wollte den Kleineren beruhigen und hoffte inständig, das eines der beiden Sachen der Grund für die Verspätung war. Nino rief seine Mutter an. Doch die Leitung war tot. „Oh Gott, was wenn ihr was passiert ist? Was wenn er sie sich geschnappt hat?!“, Nino wurde hysterisch und starrte hilflos auf sein Handy. Wen sollte er denn jetzt anrufen? „Warte, ich ruf meine Ma an, dann fahren wir mit ihr zu euch nach hause!“ Als sie zwanzig Minuten später bei Ninos Zuhause ankamen, wurde der Schock für ihn noch größer. Weder seine Mutter, noch das Auto waren da. „Ganz ruhig Nino, ich ruf jetzt mal eine Freundin bei der Polizei an, okay?“, schlug Laurins Mutter vor und tippte auf ihrem Handy rum, ehe sie im Wohnzimmer verschwand. „Was wenn er ihr was angetan hat?“, noch nie hatte Nino solche Angst gehabt. Ihm war schlecht, er zitterte und obwohl er fror, schwitzte er. Einen Moment später kam Laurins Mutter wieder in die Küche. Ihr Gesicht spiegelte Besorgnis: „Deiner Mutter geht’s soweit gut, das erst mal vorweg.“ Angsterfüllt sah Nino zu ihr auf: „Was ist passiert?“ „Genaueres durfte sie mir nicht sagen, aber anscheinend hatte das Auto deiner Mutter einen Defekt. Sie ist über eine rote Ampel gefahren, weil sie nicht bremsen konnte. Ein anderes Auto hat sie am Heck getroffen, insgesamt sind es nur Blechschäden, da es in einer Dreißigerzone passiert ist. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus.“ Der Schock saß tief. Stumme Tränen rannten ihm über das Gesicht. Laurin legte einen Arm um ihn: „Lass uns schnell los.“ Ninos Mutter hatte eine Platzwunde auf der Stirn und eine Gehirnerschütterung, doch auch ihr saß der Schock tief in den Knochen. Einen Tag später erfuhren sie, das jemand ihre Bremsen manipuliert hatte. Wollte ihr Ex-Mann sie tatsächlich umbringen? Schrecklich war auch die Erkenntnis, wo er das Auto beschädigt hatte, nämlich in der Tiefgarage bei ihrem Arbeitsplatz. Sie war keine drei Straßen weit gekommen, aber morgens war sie noch sicher zur Arbeit gefahren. Hilflos sah sie sich ihm gegenüber und wusste nicht, was sie tun sollte. Es gab keine Beweise, das er an ihrem Auto war und so hatte sie keine Möglichkeit, gegen ihn vorzugehen. Für die drei Tage, die seine Mutter zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben musste, blieb Nino bei Laurin. Seine Mutter hatte direkt gesagt, das sie nicht zuließe, das er alleine blieb und Ninos Mutter war sehr dankbar für ihre Hilfe. Als sie entlassen wurde, holten sie sie auch ab. Grade war sie erleichtert, das ihr nichts weiter fehlte und hoffte, das sie wenigstens ruhige Weihnachten mit ihrem Sohn verbringen konnte, als sie die Wohnung betraten. „Oh mein Gott...“, schluchzend sackte sie zu Boden. Mitten im Flur stand ein riesiger Rosenstrauß, darum drapiert jede Menge angezündete Kerzen. Die Flammen wiesen darauf hin, das sie erst vor wenigen Minuten entzündet worden waren. „Ihr kommt mit zu uns. Packt ein paar Sachen, schnell.“ Weihnachten verlief alles andere als besinnlich. Ninos Mutter war ein nervliches Wrack und saß die meiste Zeit auf dem Sofa. Laurins Mutter redete viel mit ihr, doch das Problem löste sich so nicht. An Silvester jedoch schien sich etwas geändert zu haben. Sie kochten alle vier zusammen, schauten Dinner for one und lachten. Zum ersten Mal seit zwei Wochen hatte Nino das Gefühl, ganz abschalten zu können. Gegen drei Uhr lagen sie alle im Bett und Laurin nahm ihn besitzergreifend in die Arme. „Ich liebe dich.“, flüsterte er sanft und küsste den Kleineren zärtlich im Nacken. Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus und ließ Nino genüsslich seufzen. Lächelnd drehte er sich zu seinem Freund um und küsste diesen fordernd. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, das sie miteinander geschlafen hatten. All der Stress und die Angst hatten jegliche Lust verdorben. Doch nun verlangte es ihn nach Laurin. Schnell war ein heißes Zungenspiel entflochten, wobei sie sich hin und her wälzten und sich nebenbei auszogen. Ehe sich Laurin versah, küsste sich Nino an ihm runter, um ihn schließlich mit dem Mund zu verwöhnen. Es war so schwer leise zu sein, das letzte was er wollte, war das ihre Mütter etwas davon mitbekamen. Doch hin und wieder entfloh ihm ein Seufzer bei dem, was sein Freund mit ihm tat. Gemächlich küsste sich dieser schließlich wieder nach oben, um ihn wieder zu küssen. Laurin ließ seine Hände an Ninos Rücken hinunter wandern, um ihn in die richtige Position zu lenken. Er führte seine Erregung an ihn und drang vorsichtig in ihn ein. Nino keuchte ergeben in den Kuss und drückte sich ihm entgegen. Es fühlte sich so unglaublich intensiv an. Hin und wieder biss sich Nino auf die Unterlippe, um nicht laut loszustöhnen, es tat so gut, einfach den Kopf abzuschalten und sich Laurin hinzugeben. Schließlich setzte sich Nino auf seinen Schoss und nahm ihn gänzlich auf. Gierig bewegte er sich gegen dessen Erektion, hob das Becken, um sich nur wieder auf ihn sinken zu lassen. Zeitgleich begann Laurin ihn zu massieren, immer fester. Als er leise stöhnend kam und sich um Laurin zusammen zog, ergoss auch dieser sich keuchend. Sanft küsste Nino ihn und wisperte: „Ich liebe dich auch.“ Am nächsten Morgen wachte Laurin alleine in seinem Bett auf. Neugierig stand er auf und ging in die Küche, fand aber niemanden. Im Wohnzimmer traf er auf seine Mutter, die in ihrem Pyjama mit einer Tasse Tee dasaß. Als sie ihn anschaute, überkam ihn Übelkeit. „Laurin...“, gab sie mit erstickter Stimme von sich und reichte ihm eine Hand. Sie hatte eindeutig geweint. „Was ist passiert?“ Er rührte sich nicht. Ihr schossen die Tränen in die Augen. „Wo ist Nino?“ Er wurde von Sekunde zu Sekunde unruhiger. Seine Mutter stand auf und schloss ihn fest in die Arme: „Sie sind weg.“ „Was?!“, ihr Sohn versuchte sich aus ihrer Umarmung zu befreien, „Wie weg?! Wohin?!“ „Laurin... Sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen wegen ihrem Ex-Mann. Sie hat in den letzten Tagen über Freunde einige Sachen aus der Wohnung holen lassen, nur das allernötigste.“, sie sah ihm in die geweiteten Augen und legte eine Hand an seine Wange, „Sie sind untergetaucht. Ich weiß nicht wo sie sind.“ „Wie konntest du das zulassen?“, schrie er sie an. Vor Wut und Trauer rollten nun auch ihm die Tränen über die Wangen. „Ich wusste es doch nicht!“, sie hielt ihm einen Brief hin, „Ich hab den hier gefunden, als ich aufgestanden bin. Sie müssen sehr früh aufgestanden sein, wahrscheinlich wusste Nino nicht einmal davon.“ Laurin entriss ihr den Brief, in dem in knappen Zeilen nur das stand, was sie ihm schon gesagt hatte. Außerdem bedankte sich Ninos Mutter für die Hilfe und entschuldigte sich. Doch was brachte ihm das? Wie sollte er Nino wiederfinden? Würde er ihn überhaupt jemals wiedersehen? „Scheiße!“, Laurin warf den Brief wütend in die Ecke und stürmte in sein Zimmer, um sich anzuziehen. Er schnappte sich sein Skateboard und verließ auch schon das Haus, um zu Nino zu fahren. Als er bei der Wohnung ankam, öffnete ihm niemand. Er ging um den Block herum in den Garten und sah zum Wohnzimmer hinein. Alles stand noch so da, wie er es kannte. Erst beim zweiten Blick bemerkte er, das einige Fotos fehlten, die vorher aufgestellt waren. Er ging weiter zu Ninos Fenster. Sein Bett war ungemacht, einige Klamotten lagen auf dem Boden. Auch hier fehlten einige Fotos und andere kleine Gegenstände, von denen Laurin wusste, das sie Nino viel bedeuteten. Mit gebrochenem Herzen rutschte Laurin an der Hauswand hinunter und starrte auf den gefrorenen Boden. Langsam kroch die Kälte in seine Glieder. Noch vor wenigen Stunden hatten sie miteinander geschlafen, sich gesagt, das sie sich liebten. Und nun war er fort. Vielleicht für immer. Ein leises Rascheln holte ihn aus seinen Gedanken und er sah auf. Da stand seine Mutter vor ihm, beugte sich vor ihn nieder und schloss ihn wieder fest in die Arme. Sie sagte nichts, zog ihn dann langsam mit sich hoch und führte ihn weg vom Haus. In der Schule fiel im neuen Jahr sofort auf, das Nino fehlte. Als Anne und Kathrina den Klassenraum mit heiterer Miene betraten und ihr Blick auf Laurin fiel, verstummte ihr fröhliches Gespräch. Doch bis zum Schulschluss wollte er ihnen nicht sagen, was ihn bedrückte. Erst dachten die beiden Mädchen, das die beiden einen ganz hässlichen Streit hatten. Als die letzte Stunde vorüber war und das Klassenzimmer sich leerte, blieben sie zusammen mit Lukas zurück, der ebenfalls wissen wollte, was da im Argen lag. Doch auf das was kam, waren sie nicht gefasst. Die Mädchen brachen in Tränen aus, sie konnten nicht glauben, das sie Nino nie wieder sehen würden. Laurin saß wie ein Häufchen Elend da und wusste nicht weiter. Lukas legte ihm schließlich eine Hand auf die Schulter und sagte mit fester Stimme: „Komm, wir gehen trinken.“ Und das taten sie. Laurin hätte nie gedacht, das Lukas ihm solch eine Hilfe sein könnte. Sie gingen zu Kim, wo sie sich die Kante gaben. Noch nie hatte Laurin so viel getrunken. Schließlich beendete Kim das Besäufnis, bevor er zu viel trank und beförderte Laurin auf das ausgezogene Sofa. Er hatte immer wieder beim Trinken geweint, geklagt, geflucht. Und Lukas hatte sich alles angehört. Viel zu sagen hatte er nicht, doch es gab auch nichts, was Laurins Schmerz hätte lindern können. Der Alkohol betäubte ihn lediglich. Es war schwer zu ertragen, an manchen Tagen hatte Laurin keinen Antrieb, um aufzustehen. Es fühlte sich an, als wenn man ihm eine Hälfte des Herzens rausgerissen und gestohlen hätte. Wo war Nino wohl? Ging es ihm gut? Was tat er? Vermisste er ihn auch? Es kam kein Lebenszeichen von ihm. Seine Handynummer war tot, sein Facebookprofil gelöscht. Laurin hatte keine Chance, ihn zu erreichen. Der Januar verging, ebenso der Februar. Es kam der März, April, Frühling. Keine Nachricht von seinem Freund. Immer wieder die selben Fragen, wo er war. Hin und wieder war er an der Wohnung vorbei gegangen und hatte hinein geschaut. Doch Ende März wurde sie von einen Tag auf den anderen ausgeräumt und Anfang April zogen bereits neue Mieter ein. Es gab keine Spur. Als der Sommer kam und somit die Ferien, sah sich Laurin einer Entscheidung gegenüber. Ein halbes Jahr lang hielt ihr Glück. Seine erste Liebe. Sein erster fester Freund. Doch die Chance, ihn je wiederzusehen, war gleich Null. Er konnte noch ewig weiter auf verlorenem Posten warten, oder er würde weiterleben. Ohne Nino. Es tat ihm sehr weh, doch er ging diesen Schritt. Mit Beginn der Sommerferien packte er alles, was er an Erinnerungsstücken von Nino hatte, in eine Kiste und verbannte sie ganz oben in seinem Kleiderschrank. Ab diesem Tage, so beschloss er, war er wieder Single und würde das Leben wieder auf sich zukommen lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)