Carnivore Squadron von Limikkin ================================================================================ Kapitel 3: Startschuss ---------------------- Schweigend schritten sie nebeneinander durch den hell erleuchteten Flur des Hauptquartiers. Mit großen Augen betrachtete Kathy die Bilder an den Wänden und versuchte, so viel wie möglich zu sehen, da sie als Fleischlieferant noch nie so weit in das Gebäude vorgedrungen war. „Wahnsinn! Dass es hier so sauber ist!“ Ihre Begleiter schüttelten ungläubig die Köpfe. „Hier drinnen muss es rein und immer steril sein! Stell dir mal vor, ein schwer Verletzter kommt her und wird mit allen möglichen Viren infiziert. Immerhin ist unser Arzt auch im Hauptquartier...“ Leo versuchte seufzend, seine Schulter zu betrachten,was zu allen möglichen Verrenkungen führte. Er lief oben ohne durch die Gegend, wodurch seine Verletzung gut sichtbar war. „Ich werde ihm nachher wohl noch einen Besuch abstatten müssen...“ Malic lachte beim Anblick von Leo's schmerzverzerrtem Gesicht. „Mach kein Drama draus, so schlimm ist es bestimmt nicht! Das heilt von selber.“ Ein leises Kratzen von der Decke lenkte die Aufmerksamkeit der drei Gefährten nach oben. „Er sollte vielleicht doch kurz bei mir vorbeischauen!“ Über ihnen hing ein Werwolf an der Decke. Das Wesen hatte eine schmale Gestalt und wirkte sehr leicht. Das Fell war gepflegt, die Augen blitzten unternehmungslustig. „Seid gegrüßt, Kämpfer! Wollt ihr mich nicht lieber in mein Revier begleiten, bevor der kleine Vampir hier verblutet?“ Der Werwolf stieß sich von der Decke ab und landete nach einem gekonnten Salto vor Kathy. Er fletschte die Zähne, die in reinstem Weiß erstrahlten und knurrte: „Verschwinde, Mensch!“ Lange Zeit starrten sich die zwei Widersacher schweigend an. Die Luft im Flur begann sich elektrisch aufzuladen. Um Kathy und den Werwolf flimmerte es. Die Muskeln der beiden spannten sich an, ihre Gedanken rasten. Als der Werwolf das Mädchen am Kragen packte, trennte Malic die beiden. „Keine Toten, Duritia! Sie ist meine neue Auszubildende!“ Der Werwolf duckte sich vor ihm und grummelte. Langsam ging er zwei Schritte zurück, blickte Leo tief in die Augen: „Ich erwarte dich in meinem Operationsraum!“ Dann drehte sich der, mit einem Frauennamen angesprochene, Werwolf um und stürmte davon. Dem jungen Menschenmädchen gaben die Beine unter dem Körper nach und sie sackte in sich zusammen. „Was...war das?“ Malic grinste und ging vor dem, auf dem Boden sitzenden, Mädchen in die Hocke. „Tut mir Leid! Duritia ist manchmal ein wenig hitzköpfig. Und sie hegt einen großen Groll gegen die Menschen, die ihre Eltern umgebracht haben.“ Kurze Zeit schwieg er, bevor er fortfuhr: „Sie ist hier die einzige, die bereits als Werwolf zur Welt kam! Sie weiß nicht, wie es ist, ein normaler Mensch zu sein...“ Sanft strich er Kathy übers Haar, dann half er ihr wieder auf die Beine. „Verzeih ihr, sie kann nichts dafür!“ Obwohl das Mädchen noch zitterte, nickte sie und sah ihre Begleiter, mit einem Blick der Stärke verriet, an. „Ich würde gerne mitgehen, in ihr... Revier! Ich will mit ihr sprechen!“ Die beiden Männer sahen sie kurz entsetzt an, stimmten dann aber widerwillig zu. Geraume Zeit danach standen sie nebeneinander im Sanitätstrakt des Hauptquartiers. Wände und Decken leuchteten im reinsten Weiß, der Boden jedoch war mit blutroten Fließen belegt. In der Mitte des Gebäudeteils befand sich ein langer Gang, von dem zu beiden Seiten Türen zu unterschiedlich großen Zimmern abgingen. Die drei Gefährten folgten dem Verlauf des Flures und Kathy lugte dabei neugierig in jede offene Tür, an der sie vorbei kamen. Die meisten Räume waren leer, da gab es Behandlungszimmer wie in einer Arztpraxis, ein Wartezimmer, ein paar OP-Räume und einen Obduktionsraum. Dieser Raum war der letzte, in den das junge Menschenmädchen hinein lugte, da dort die kurz vorher gefundene Frauenleiche auf dem Tisch lag. Kathy schluckte kurz und eilte den Gang entlang, ohne noch einmal nach links oder rechts zu schauen. Gemeinsam traten das Mädchen und die Jäger in den Raum am Ende des Ganges. In der Mitte des Raumes lehnte eine Frau an einem großen Bürotisch. Sie trug ein eng anliegendes, weißes Top und einen kurzen schwarzen Rock. Ihr langes, schwarzes Haar war in einem festen Zopf gebändigt, den sie sich über den Arm gelegt hatte, damit er nicht über den Boden schleifen konnte. Ihre gelben Augen funkelten böse, als sein das Menschenmädchen erblickte. Wütend bleckte die Frau die Zähne. „Malic, bring das Menschenwesen raus! Ich ertrage ihre Anwesenheit nicht...“ Bevor der angesprochene Werwolf reagieren konnte, trat Kathy an ihm vorbei und musterte die Ärztin, die so aufreizend in der Mitte des Zimmers stand, kalt von Kopf bis Fuß. Duritia legte den Kopf auf die Seite und sah dem Mädchen in die eisblauen Augen. Eisblaue Augen? Die Werwölfin dachte daran, wie sie das Mädchen am Kragen gepackt und sich über das tiefe Blau ihrer Augen gewundert hatte. War sie einem Trugbild auferlegen gewesen? Oder hatte sie sich etwa geirrt? Sie stieß sich von dem Tisch ab und ging auf Malic's neuen Schützling zu. Diese blieb trotzig vor dem Werwolf stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Malic legte ihr eine Hand auf die Schulter und lachte die Ärztin freundlich an. „Duritia, wenn du ihr etwas tust, kann ich für nichts garantieren!“ Die Angesprochene blieb stehen. Nach einem Moment des Schweigens fuhr der Werwolf fort. „Sie steht unter dem Schutz der Chefin!“ Zur selben Zeit fand in den Gewölben unter der Stadt ein geheimes Treffen statt. Eine kleine Gruppe elitärer Vampire war dabei, einen Widerstand aufzubauen. Sie konnten nicht verstehen, warum die Werwölfe versuchten, ihnen das frische Blut der Menschen zu versagen und warum sie die Blutsauger jagten. Ihr Anführer war ein Jahrhunderte alter Vampir, der das Zeitalter der Inquisition knapp überlebt hatte. Sein Körper war ständig verhüllt, nur seine schwarzen Augen mit der weißen Pupille waren zu erkennen. Bei diesem Treffen stand er hoch erhoben über den anderen Vampiren. Ihm zur Seite standen die Oberhäupter der sechs erhabensten Clans, mit denen er zunächst alleine Pläne erdacht hatte, bevor er weitere Mitglieder seiner Rasse hinzu zog. Als seine tiefe Stimme erklang, wurde es in dem großen, weitläufigen Raum schlagartig still. Seine Worte schallten von den Wänden wider und wurden durch die Akustik verstärkt. „Brüder! Immer wieder fallen Angehörige unserer Clans den Wölfen zum Opfer. Wir werden bestraft, obwohl wir nur Nahrung zu uns nehmen. Wir wollen LEBEN!“ Kurz schwieg der Vampir, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen und sie wirken zu lassen. „Brüder! Wie viele von uns haben schon einen Bruder oder eine Schwester verloren, eine Tochter oder einen Sohn? Wer hat noch kein Familienmitglied verloren? Oder soll ich besser fragen, wer noch keine einzige geliebte Person verloren hat?“ Ein zustimmendes Murren ging durch den Raum. Einige der anwesenden Untoten klatschten, andere jubelten Beifall. Nach wenigen Minuten breitete sich wieder Ruhe aus. Man wartete darauf, dass der Älteste seine Rede beendete. „Wir sind heute hier zusammengekommen, um von nun an gemeinsam gegen die Ungerechtigkeiten vorzugehen. Wir, die Ältesten, haben uns etwas ausgedacht, wie wir die Jagdhunde beseitigen können. Wir wissen, dass unter euch viele gute Krieger sind, die es mit den Werwölfen aufnehmen können. Die besten Krieger bilden die weniger guten aus, tagsüber geht ihr auf die Jagd, da vermuten es die Wölfe es am wenigsten. Und geht niemals alleine!“ Während er sprach, gestikulierte der Älteste wild mit den Armen. Seine vielen Armreife klimperten laut und seine blinden Augen fixierten einen Punkt am anderen Ende des Raumes. Nach einiger Zeit erklärte er das Vorhaben der Oberhäupter, vergab Aufgaben und Rollen und zog sich schließlich mit den anderen Anführern der einzelnen Gruppen zu einer Besprechung zurück. Sie beratschlagten über ihr weiteres Vorgehen. Als sie ihre Besprechungen beendet hatten, drehte sich der blinde Anführer der Vampire, von einem Diener geleitet, um und schickte sich an, den Raum zu verlassen. Ein junger Truppenführer erhob sich und folgte ihm. „Master Ugur!“ Der Blinde verlangsamte seinen Schritt. „Auf ein Wort, Master Ugur!“ Der junge Vampir stellte sich neben den Verhüllten und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ugur nickte kurz. „Ich werde dem nachgehen!“ Duritia schnaubte. „Unter dem Schutz der Chefin also. Sie wird auch immer unvorsichtiger... Ich werde das Mädchen beobachten!“ Dann winkte sie Leo zu sich heran und untersuchte skeptisch seine Wunde. Der Junge zuckte zusammen, als sie ihm den Daumen in die Wunde an der Schulter drückte. „Na toll! Wenn du wenigstens die Konstitution wie ein Werwolf hättest!“ Sie grummelte, schob den Vampir aus dem Raum und brachte ihn in ein Behandlungszimmer. Kathy und Malic folgten ihr. Im Operationsraum angekommen, zwang die Ärztin ihren Patienten, sich auf den Bauch auf die Liege zu legen. Widerwillig ließ Leo sich nieder. Kathy setzte sich auf einen Stuhl in einer Ecke, Malic stellte sich neben Duritia und legte Leo eine Hand auf den Rücken. Duritia öffnete einen Schrank und legte ihr Werkzeug auf den Tisch neben der Operationsfläche. „Festhalten“, sagte sie kalt zu Malic, woraufhin dieser den Druck auf Leo's Rücken verstärkte. Leo atmete tief ein und schloss die Augen. Die Ärztin nahm eine Spraydose und sprühte dem Vampir den Inhalt auf die Wunde. Daraufhin krallte dieser seine Hände um die Kanten der Liege, spannte seine Rückenmuskulatur an und schrie. Seine Eckzähne verlängerten sich, Blut tropfte aus seinen Augen und sein Gesicht verzog sich vor Schmerz. „Fester!“ Malic legte nun auch seine zweite Hand auf den Rücken des, sich wehrenden, Patienten und drückte ihn zurück auf die Liege. Nun begann Duritia, einen Faden durch das Öhr einer Nadel zu ziehen und setzte die Nadel dann an der aufgerissenen Haut an. Aus der Ecke, in der das Menschenmädchen saß, erklang ein erstickter Schrei. „Ohne Betäubung? Das...das...“ Duritia schnaubte und funkelte das Mädchen böse an. „Es wäre besser gewesen, du wärst draußen geblieben!“ Sie stach die Nadel durch das Fleisch und zog sie am anderen Ende der Wunde wieder heraus. Dann zog sie den Faden fest. Der junge Vampir schrie erneut auf. „Bei einem Vampir wirken keine Betäubungsmittel!“ Als Kathy das hörte, schluckte sie schwer und wandte den Blick ab. Die Ärztin setzte erneut an und stieß die Nadel ins Fleisch. Von ihren Fingern tropfte das Blut, es rann über den Rücken des Vampirs und färbte den ehemals weißen Faden rot. Die Schreie des Jungen erfüllten den Raum. Duritia wiederholte die Stiche so lange, bis sie die ganze Wunde geschlossen hatte und band dann den Faden fest. Leo stöhnte erleichtert auf, als Malic schließlich die Hände von seinem Rücken nahm. Trotz der wiedergewonnenen Freiheit blieb der Vampir noch einige Zeit liegen. Während die Werwölfin die Nadel und ihre Hände reinigte, stand Kathy langsam auf und näherte sich der Raummitte. „Was...was war das für ein Zeug, dass du auf seine Wunde gesprüht hast?...Desinfektionsmittel?“ Duritia sah sie zunächst streng an, schüttelte dann aber lächelnd den Kopf. „Nein! Vampire brauchen kein Desinfektionsmitte. Im Gegensatz zu Werwölfen und Menschen haben Viren und Keime bei ihnen keine Chance.“ Sie grinste, als sie die Nadel zurück in die Schublade legte. „Das Mittel bewirkt, dass sich die Wunde schließt, ohne eine Narbe zurückzulassen. Allerdings ist er ziemlich schmerzhaft!“ Während sich die beiden Frauen unterhielten, schimpfte Malic seinen Schützling über seine Unvorsichtigkeit aus. „Mann, Leo! Eigentlich müsste ich dich jetzt bestrafen! Zu deinem Glück tut das Mittel so weh, das müsste Strafe genug sein!“ Duritia und Kathy lachten, als sie seine Worte vernahmen. „Malic, pass auf, dass Leo sich in den nächsten zehn Minuten nicht bewegt!“ Als Malic der Ärztin das Versprechen gegeben hatte, verließ sie den Raum, gefolgt von dem Menschenmädchen. Irritiert guckte Duritia Kathy an. „Was willst du?“ Verschüchtert blieb das Mädchen stehen. „Kannst du...mich...“ Sie stockte kurz, atmete tief ein und vollendete ihre Bitte. „Kannst du mich in deinen Künsten unterrichten?“ Die harten Gesichtszüge der Ärztin wurden sanft und freundlich. „Das kann ich gerne tun, aber du musst mir etwas versprechen! Erstens darfst du es niemandem erzählen, zweitens darfst du es nur im höchsten Notfall anwenden und drittens sind wir offiziell Feinde!“ Kathy stimmte zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)