Die Bitte der Königin von Lea (Der Beginn einer Reise) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ruhig in dem kleinen Zimmer, welches nicht auf dessen Bewohner schließen ließ. Sanft fiel das Mondlicht durch das geöffnete Fenster und erhellte den bescheidenen Raum. Eine leichte Brise wehte herein und spielte mit den braunen Haaren einer jungen Frau, welche zum Nachthimmel hinauf sah. Angst spiegelte sich in ihren Augen, während diese verzweifelt nach einem Zeichen der Hoffnung in den Sternen suchten, doch jene schwiegen und wollten ihr Geheimnis nicht Preis geben. Ein leises Klopfen durchschnitt die Stille und ließ das edle Fräulein tief einatmen. „Tretet ein.“, sprach sie mit gefasster Stimme, während sie sich elegant umwandte. Sogleich öffnete sich die Tür ihres Schlafgemachs und ein hochgewachsener Jüngling trat herein. „Ihr habt nach mir verlangt, meine Königin?“ Seine Stimme klang freundlich und doch schwang eine ungeheure Stärke darin mit, welche jedem Respekt einflößte. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, strich er sich eine Strähne seines langen blonden Haares zurück. Seine blauen Augen legten sich forschend auf seine Königin. Diese sah ihn einige Atemzüge lang schweigend an, ehe sie das Wort ergriff: „Ja, das habe ich.“ Doch dann versagte ihr die Stimme. Sie wusste, dass er der Einzige war, dem sie ihr Geheimnis, und ihre Bitte zugleich, anvertrauen konnte, aber sie kannte auch die Gefahren, welche damit einhergingen. Ihre bernsteinfarbenen Augen schlossen sich, während sie die kühle Nachtluft tief in ihre Lungen sog. Es musste einfach geschehen! Das Wohl einer ganzen Welt würde davon abhängen, ob sie redete oder schwieg. „Fineas…“, begann sie zögerlich und öffnete ihre Lider, um den Hauptmann ihrer Leibwache anzusehen. Er war der Beste unter allen Kämpfern des Elfenheeres und seine Loyalität kannte keine Grenzen. Doch es gab etwas, ein Geheimnis, von dem niemand wusste. Tief in ihrem Inneren schlummerte ein warmes Gefühl, welches ihr Herz jedes Mal in einen wilden Galopp versetzte, wenn sie ihn erblickte. Am liebsten würde sie sich an seinen Hals werfen und ihn bitten sie nie zu verlassen, aber dies war ihr nicht möglich. Es war einer Königin nicht erlaubt solche Empfindungen zu haben. „Ich brauche Eure Hilfe.“ Der Elf zuckte innerlich, als die Königin seinen Namen aussprach. Egal, was sie von ihm verlangen würde, es musste sich um eine ernste Angelegenheit handeln, da sie ihn selten beim Namen nannte. Fineas beobachtete seine Herrin genau und bemerkte jede auch noch so kleine Bewegung ihrerseits. Etwas stimmte nicht mit ihr, dessen wurde er sich schnell bewusst. Einen Augenblick musterte er sie genau. Ihre Anspannung war leicht zu erkennen, da ihre Finger, welche sie vor der Brust ineinander verschränkt hatte, leicht zuckten. Die Miene des Elfs trübte sich etwas, während er ihre Gesichtszüge betrachtete. Ihr sonst so fröhlicher Ausdruck war verschwunden. Fineas Herz wurde schwer, als er seine Königin so sah. Er mochte ihr Lächeln, welches immer so unverwüstlich und wunderbar herzlich gewesen war. Doch dieses war kaum unter all der Trauer, die sie heimzusuchen schien, zu erkennen. Der Elf verneigte sich tief, während er antwortete: „Alles was Ihr von mir verla-.“ „Nein!“, unterbrach sie ihn und untermalte dies mit einer Geste ihrer Hand, sodass er sich wieder aufrichtete. „Ich möchte Euch dies nicht auftragen, sondern Euch darum bitten.“ Langsam und überaus elegant trat die junge Königin näher an ihren Ritter heran. Sie standen so dicht beisammen, dass sie nur ihre Hand leicht nach vorne zu strecken brauchte, um ihn zu berühren. Doch es war ihr verboten. Er war so nah und doch so unerreichbar fern. Schüchtern blickte sie hoch in seine saphirblauen Augen, welche, obgleich ihrer kühlen Farbe, überaus warm leuchteten. Ihr Puls beschleunigte sich sogleich und ein wohliges Gefühl erfüllte ihren Körper. „Genauso wie ich Euch bitte, mich bei meinem Namen zu nennen.“, kam es zögerlich über ihre Lippen. Es sollte ein Test und die mögliche Erfüllung einer ihrer Wünsche sein. Würde er ihr wirklich alles erfüllen, was sie wollte, auch wenn sie ihn nur darum bat? Und wie würde sich ihr Name anhören, wenn er aus seinem Munde kam? Fineas Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er ihre Worte vernahm. Er blickte zu ihr hinab, fand jedoch keinerlei Spott oder Trug in den Bernsteinen, welche ihm entgegen strahlten. Sollte er ihr widersprechen? „Erielle… Königin! Was ist Euer Anliegen?“, sprach er schließlich. Er hatte ihren Namen überaus sanft ausgesprochen, jedoch konnte er ihr gegenüber nicht respektlos sein. Ihr Stand zog eine unsichtbare Grenze zwischen ihr und dem Rest ihres Volkes. Niemanden war es gestattet diese zu übertreten. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinab, als er ihren Namen aussprach. Ihr Herz machte einen Freudensprung und am liebsten hätte sie dies selbst auch getan. Obwohl es eine ernste Lage war, in der sie sich befand, so schien sich doch ein großer Stein in ihrem Inneren zu lösen und ein Großteil ihrer Anspannung von ihr abzufallen. „Es geht um…“ Erielle ließ den Satz unbeendet und öffnete stattdessen ihre Hände, zwischen denen sich ein schwach leuchtender Kristall befand. Das orangefarbene Licht schien mit der Kraft, die dem Stein innewohnte, zu pulsieren. Der Ritter blickte die Kostbarkeit in den Händen der Königin einen Moment lange an, bis ihm bewusst wurde, was er da vor sich sah. Es war nicht nur irgendein Kleinod, sondern das Symbol der Macht, welche die Elfenkönigin hatte und ein Zeichen für die Lebensenergie der Elfenwelt. Wenn das Licht erlosch, dann verging die Herrscherin und auch ihre Welt. Er musste dies verhindern! Doch war er in der Lage dazu? Sein Blick wanderte wieder hinauf in das schöne Gesicht seiner Königin. „Was kann ich tun?“, wollte er von ihr wissen. Seine Stimme war ruhig, was jedoch nicht über den Aufruhr in seinem Inneren hinweg täuschen konnte. „Es gibt einen Zauber, welcher die Kraft zurück bringen kann, doch dafür werden einige Ingredienzien benötigt.“, erklärte Erielle gefasst. „Sagt mir was Ihr benötigt und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um sie Euch zu beschaffen!“ Sie konnte die Aufrichtigkeit in seinen Augen sehen. Er würde wohl alles für sie tun. Doch konnte sie dies einfach so zulassen? Die Gefahren, welche vor ihm Lagen, kosteten ihm vielleicht das Leben. Fineas sah sie auffordernd an, wollte sie jedoch nicht drängen. Ihr Zögern zeigte ihre Angst, während sie wieder ihre Finger um den Kristall schloss. Vorsichtig legte er seine Hand auf die ihren. Obwohl es verboten war die Königin zu berühren, so konnte er nicht mit ansehen wie sie sich quälte. Sachte strich er mit seinem Daumen über ihre Haut und blickte ihr die ganze Zeit über in die Augen. „Vertraut mir und verlangt von mir was Ihr wollt. Ich werde es für Euch tun.“, flüsterte der Elfenritter. Ihre Augen weiteten sich etwas als sie plötzlich seine warme Hand auf ihren Fingern spürte. Unter normalen Umständen wäre sie wohl vor ihm zurückgewichen, da dieses Vergehen sonst mit dem Tode bestraft wurde. Doch es war niemand zugegen, der sie hätte verraten können. Ein leises Seufzen entkam ihren Lippen, während sie seine sanfte Berührung genoss. „Rosenholz aus dem Wald der Dryaden, die Flamme Calderons, Zephyrs Atem, Wasser aus der Quelle des Regenbogensees, Diamantquarz aus Morion, helles Licht aus Telemari und verzehrende Schatten aus Katima“, zählte sie die verschieden Gegenstände auf und machte nach jedem eine kurze Pause. „Ich kenne jedoch nicht die Orte an denen…“ Fineas hatte vorsichtig ihre Hand gedrückt, als sich Verzweiflung in ihr Gesicht legen wollte. Es machte nichts, wenn sie nicht wusste wo genau die Gegenstände zu finden waren. Er würde sie aufspüren und zu ihr bringen. „Sorgt Euch nicht länger. Ich werde sofort aufbrechen“, sprach er leise und wollte sogleich los. Diesmal war Erielle es, die die Grenzen überschritt und seine Hand ergriff, als er ihre losgelassen hatte. Sofort suchten seine Saphire ihre Bernsteine und sie blickten sich einen Moment lange schweigend an. „Könntet Ihr noch einmal…“, flüsterte sie bittend und sah ihn flehend an. Auch wenn sie ihren Wunsch nicht ausgesprochen hatte, so wusste Fineas doch was sie von ihm wollte. Einen Augenblick rang er mit sich selbst, ehe er ihr nachkam. „Erielle…“, sagte er leise und hob ihre Hand an seinen Mund, während er sich vor ihr verneigte. Er hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken, ehe er von ihr abließ und sich zurückzog. Schnellen Schrittes ging der Hauptmann der Leibwache den Flur zu seinem Zimmer hinab. Mit einem Wort der Macht öffnete er die Tür, ehe er diese erreichte und betrat das prächtig ausgemalte Gemach. Die Wände erzählten von den heldenhaften Taten seiner Vorgänger. Er wusste, dass er, selbst wenn er erfolgreich war, nicht auf einer dieser verewigt werden würde, doch dies machte ihm nichts aus. Fineas hatte etwas erhalten, von dem seine Vorgänger nie zu träumen gewagt hätten. Seine Königin hatte ihn erwählt, um ihm ihre Ängste anzuvertrauen. Auch wenn ein gefährlicher Weg vor ihm lag, so erfüllte es ihn mit Stolz, dass er seiner Angebeteten auf diese Weise helfen konnte. Er würde nicht fallen, denn er wollte sie wieder sehen. Ihre leuchtenden bernsteinfarbenen Augen. Das wallende nussbraune Haar. Ihr Gesicht, welches aussah, als wäre es aus dem feinsten Marmor geschliffen worden. Doch am allerwichtigsten war ihm ihr Lächeln, welches heller als die Sonne strahlte. Er wollte es ihr zurück geben. Eine Stunde nachdem er sein Quartier betreten hatte, verließ er dieses und machte sich auf den Weg in den Stall. Diese Reise würde er nicht alleine antreten. Ein lautes Wiehern erfüllte die Luft, als Fineas die Stallungen der Pferde betrat. Darauf folgte aufgeregtes Schnauben. Während alle anderen Tiere still in ihren Boxen standen, scharrte eines unter ihnen nervös auf dem Boden. Die Pferde der königlichen Garde waren allesamt von schlankem Wuchs und besaßen eine natürliche Eleganz, welche ihren Gang wie einen Tanz aussehen ließen. Dabei war es egal ob sie gingen, liefen oder in einer Schlacht kämpften. Ihre strahlende Erscheinung vermag jeden zu blenden. Nur ein einziges passte nicht in den gewohnten Anblick. Falathrim war im Vergleich zu seinen Geschwistern stark gebaut. Sein nachtschwarzes Fell zog sich über kräftige Muskeln, welche sich unentwegt anspannten, während Fineas sich ihm näherte. Unter den edlen Rössern wirkte Falathrim wie ein Dämon unter Engeln. „Es könnte unsere letzte Reise sein.“, sprach der Hauptmann, während er dem Hengst zur Begrüßung über die Nüstern strich. Dieser riss den Kopf in die Höhe und blähte seine Nüstern. Ein erneutes Schaben mit den Hufen zeigte seinen Unwillen noch länger zu warten. Falathrim war bereit seit er gesattelt worden war. Er fürchtete nichts und niemanden, doch würde er nur diesem einen Elf erlauben auf ihm in die Schlacht zu reiten. Ein schwaches Lächeln umspielte Fineas Lippen, während er sich auf den Rücken des riesigen Tieres schwang. Kaum da er im Sattel saß, trabte das mächtige Ross los und ließ die Stallungen hinter sich. Auf dem Hof wandte es sich zu dem großen Torbogen, durch welchen sie das Schloss für ungewisse Zeit verlassen würden. Erielle hatte sich mit einem Seufzen wieder dem Fenster zugewandt, als der Hauptmann das Zimmer verlassen hatte. Erneut blickte sie zum Sternenhimmel hinauf, welcher langsam heller wurde. Zögerlich zeigten sich schließlich die ersten Sonnenstrahlen am Horizont und kündigten den nahenden Tag an. Die lang gestreckten Wolken wurden in ein zartes Rosa getaucht, welches bald an Intensität zulegte. Ein Stern nach dem anderen legte sich in den Schlaf, um erst nach Einbruch der Dämmerung wieder aufwachen. Die Königin schickte ein Gebet hinaus in die Welt, sie möge ihrem Hauptmann nichts zu leide tun. Obwohl sie Vertrauen in seine Fähigkeiten hatte, so konnte sie nicht die Angst aus ihrem Herzen verbannen. Laute Hufschläge rissen sie aus ihren Gedanken und ihr Blick wanderte hinunter auf den Hof. Der riesige schwarze Hengst trabte mit einer kraftvollen Eleganz zum Schlosstor und auf seinem Rücken saß der stolze Ritter, welcher es schaffte nur durch seine bloße Anwesenheit Sturm und Ruhe zugleich in ihr hervor zu rufen. Erielle hoffte, er würde sich ein letztes Mal zu ihr umdrehen, damit sie sein Gesicht noch einmal Mal betrachten konnte. Doch Fineas hielt unentwegt auf das Portal zu und durchritt dieses schließlich hoch zu Ross. Trauer, Angst und Hoffnung begannen um die Vorherrschaft in dem Herzen der Königin zu kämpfen. Doch niemand von ihnen erlangte den Sieg. Der Elfenritter spürte den Blick auf seinem Rücken und konnte erahnen, wer ihn da beobachtete, doch er wandte sich nicht um. Auch wenn er nicht glaubte, dass es Unglück brachte, wenn man sich umdrehte bevor man in eine Schlacht ritt, so wollte er es doch nicht riskieren. Götter und Geister sollten in solch schweren Zeiten nicht noch weiter erzürnt werden. Jedes Unheil, das er verhindern konnte, wollte er abwenden. Fineas kniff die Augen zusammen, als er auf Falathrim den Torbogen passierte und auf der anderen Seite die ersten Sonnenstrahlen in sein Gesicht fielen. Er tätschelte dem Hengst den Hals, während dieser sich trabend über die Brücke bewegte. Die Hufschläge hallten von der niederen Mauer wieder und klangen, in der noch andauernden Stille der Nacht, viel lauter als sie es eigentlich waren. Am Ende der Brücke hielt der Rappe an und stellte sich quer über die Straße. Der Blick seiner dunklen Augen schweifte über die dicken Schutzmauern des Palastes, ehe er diesen wieder nach vorne richtete und mit einem Schnauben los schritt. Fineas hatte sich nicht umgewandt, sondern lediglich die Hand zum Abschied erhoben. Er wusste nicht ob die Soldaten auf ihren Wachposten seine Geste erwiderten, es kümmerte ihn aber auch nicht. Sein Blick legte sich auf die Sonne, als ihr warmes Licht auf eine Hälfte seines Gesichtes fiel. Mühsam schob sie sich hinter einer Hügelgruppe hervor und ließ ihre Strahlen auf das Land unter sich fallen. Schon bald darauf erreichten die beiden Gefährten die erste Wegzweigung. Kurz verweilte der Hengst ruhig an einem Platz, ehe er den Kopf in den Nacken warf und mit einen Schnauben stieg. Falathrim brauchte keine Worte oder Gesten, um zu wissen wohin sein Reiter wollte. Noch im Stand wandte er der Sonne den Rücken zu und galoppierte los. Die Erde vibrierte unter den mächtigen Hufen und lauter Donner rollte über das Land, während sie über dieses preschten. Fineas Blick lag nun auf dem Weg vor ihnen. Er war weit und unbekannt. Niemand wusste, was sie alles auf ihrer Reise erwarten würde, doch er hatte keine Angst. Es gab kein Zurück und keine Niederlage. Er würde diese Mission erfüllen, egal wen oder was er dafür in die Knie zwingen musste. Er musste siegreich sein. Für seine Königin. Für Erielle. The End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)