Chouchou von Wolkenfee ((französisch für "Schatz/Liebling")) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- In den nächsten zwei Wochen war ich natürlich vollauf damit beschäftigt, für die Gala zu trainieren. Trotzdem blieb manchmal wenigstens noch Zeit, Mathieu zumindest im Café zu treffen. Dann war es endlich so weit und wir saßen im Flugzeug nach Japan! Ich war weite Strecken fliegen ja nun schon gewöhnt, aber Xiao Mei neben mir war ganz hibbelig. „Ich bin noch nie geflogen! Ich bin so aufgeregt! Das wird so toll!“, erklärte sie mir und ich musste grinsen. „Ganz ruhig! Alles wird gut!“ „Ich weiß! Aber… Das ist so cool!“ Sie beugte sich vor, um besser aus dem Fenster sehen zu können. „Wow, Wolken!“ Ich lachte und schüttelte den Kopf. Wolken… Irgendwann legte sich allerdings Xiao Meis Begeisterung und es trat das ein, was ich schon befürchtet hatte: Ihr wurde langweilig. „Jamie?“, fragte sie und zog das „i“ ganz lang. Ich seufzte und sah von meinem Buch auf. „Was?“ „Mir ist langweilig!“ „Lies was“, schlug ich vor. „Hab vergessen, mir was mitzunehmen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Du bist wie ein kleines Kind!“ Xiao Mei zog einen Schmollmund. „Gar nicht!“ Dieser Gesichtsausdruck bewies ja wohl alles. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Ach?“ „Na gut, vielleicht ein bisschen“, räumte sie ein. „Aber mir ist halt langweilig. Was soll ich denn machen?“ „Wie wär’s, wenn du dir den Film im Bordprogramm ansiehst?“, riet ich ihr. „Oh ja, gute Idee!“ Xiao Mei bestellte sich also Kopfhörer bei der Stewardess und ich wandte mich wieder meinem Buch zu. Brandon, der scheinbar unser Gespräch mitbekommen hatte, beugte sich von der anderen Seite des Ganges zu mir rüber. „Hey, Jamie?“ Seufzend sah ich auf. „Ja?“ „Mir ist auch ganz doll langweilig!“ Ich weiß nicht, wie er das schaffte, aber es klang gleichzeitig bettelnd und sehr ironisch. Ich grinste. „Dann sie dir auch den Film an!“ Man merkte deutlich, dass er Schwierigkeiten hatte, seinen bettelnden Gesichtsausdruck beizubehalten und nicht in Lachen auszubrechen, als er sagte: „Den find ich blöd! Was liest du denn da?“ Neugierig sah er auf mein Buch und ich erklärte ihm also kurz den Inhalt. „Das klingt ja spannend!“, stellte er fest. „Liest du mir was vor?“ „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Leicht gequält sah ich ihn an und Brandon musste schließlich doch lachen. „Nein, ich hab ein eigenes Buch mit. Hättest du das echt gemacht?“ Ich seufzte und nickte. „Ich bin einfach zu nett…“ Brandon grinste. „Scheint mir auch so. Na, dann lass ich dich mal wieder in Ruhe!“ Nach endlos langer Zeit landeten wir dann auch mal und machten uns zunächst auf den Weg ins Hotel. Da das alles von den Veranstaltern der Gala bezahlt wurde, war dieses ziemlich nobel. Staunend standen wir in der Eingangshalle. „Wow! Hier sollen wir echt wohnen?“, brachte Josy unsere Gedanken auf den Punkt und Alexia nickte euphorisch. „Klar, sind nicht unsere Kosten, also lasst es euch gut gehen! Ihr packt jetzt aus und in einer Stunde sehen wir uns hier, um die Eishalle zu begutachten!“ Brandon und ich machten uns also auf den Weg in das Zimmer, das wir teilten und kamen dabei aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Das war sowas von cool! Auch das Zimmer war der Wahnsinn. Abgesehen von dem riesigen Bett gab es einen Flachbildfernseher, einen wunderschönen Balkon und im Bad sogar einen Whirlpool. Konnte ich hier bitte einziehen? Dann fiel mir etwas ein und ich zeigte auf das Doppelbett. „Das macht dir nichts aus, oder?“ Brandon lächelte. „Nö, wieso?“ Als wir uns später in der Eishalle trafen, erklärte uns Alexia, dass wir morgen früh noch Zeit zum trainieren hatten und abends dann die Gala war. Am Tag danach war sogar noch Freizeit für uns eingeplant, sodass wir uns Tokyo ansehen konnten bevor es am Montag zurück nach Hause ging. Nachts konnte ich natürlich nicht schlafen, weil ich so aufgeregt war. Mein erster Auftritt vor so viel Publikum! Natürlich war ich auch zu Hause schon aufgetreten, aber das hier war noch mal was ganz anderes. Hoffentlich verpatzte ich es nicht! Nervös wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, bis Brandon schließlich brummte: „Meine Güte, schlaf endlich!“ Ich seufzte. „Tut mir Leid, die Aufregung…“ „Ja, schon gut.“ Brandon setzte sich auf. „Glaub mir, alles wird gut! Du bist super!“ Unsicher sah ich zu ihm auf. „Ehrlich?“ „Oh ja!“ Brandon nickte lächelnd. „Glaub mir, du kannst das. Und die Leute werden dich lieben!“ Irgendwie wurde ich gleich viel ruhiger, wenn ich in Brandons warme Augen sah. „Danke!“ Kopfschüttelnd ließ er sich wieder in die Kissen sinken. „Schon gut. Träum was Schönes!“ Und tatsächlich, obwohl er eigentlich nichts Besonderes gemacht hatte, fühlte ich mich viel besser und konnte auch endlich einschlafen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, bemerkte ich als erstes einen warmen Körper neben mir und die sanfte Umarmung, in der ich gehalten wurde. Lächelnd ließ ich meine Augen noch geschlossen. Es war definitiv zu lange her, dass ich neben jemanden aufgewacht war. Dann fiel mir jedoch ein, dass es Brandon war, mit dem ich da kuschelte, und schlug schnell meine Augen auf, um mich aus der Umarmung zu befreien, was jedoch gar nicht so einfach war. Brandon träumte offensichtlich von jemandem, denn er lächelte im Schlaf und wollte mich partout nicht loslassen. Also musste ich ihn wohl oder übel wecken, was mir schließlich sogar gelang. „Morgen!“, grüßte er verschlafen und bemerkte dann auch unsere Lage. Mit einem „Hubs, sorry!“ ließ er mich los und meinte dann grinsend: „Da haben wir wohl beide von jemandem geträumt, was?“ Ich lachte und war erleichtert, dass er das so locker nahm. „Scheint so.“ Nach einer verpatzten Generalprobe und einem Tag, an dem alle nur wie aufgescheuchte Hühner durch die Gegend gelaufen waren, war es dann endlich so weit: Unser großer Auftritt stand bevor! Aufgeregt standen Xiao Mei und ich an der Bande und beobachteten einen perfekten Lauf von Josy und Brandon. Xiao Mei nahm meine Hand. „Meinst du, wir können da mithalten?“ Skeptisch sah ich sie an. „Weiß nicht. Sie sind schon sehr gut. Aber wir geben unser Bestes, nicht wahr?“ Sie nickte und umarmte mich. „Wir schaffen das!“ Unter Applaus verließen Brandon und Josy das Eis und wir beglückwünschten sie überschwänglich, bevor wir uns für unseren Lauf bereit machten. Dann standen wir in der Mitte der Eisfläche, die Musik begann und alle Aufregung war vergessen. Ich war völlig in meinem Element und erst. Als ich den Applaus der Zuschauer hörte, erwachte ich wieder und strahlte Xiao Mei an. „Wir haben es geschafft!“ Sie nickte enthusiastisch und strahlte genauso. „Wir sind super!“ Das musste natürlich gefeiert werden und so saßen wir noch bis spät in die Nacht mit Alexia in einer Cocktailbar. Am nächsten Tag konnten wir zum Glück ausschlafen, bevor wir dann die Stadt unsicher machten. Tokyo war toll. Okay, es war groß, es war laut, es war überfüllt. Wie ich also schon sagte: Es war toll! Nach ausgiebigem Shopping beschlossen wir, dass es eins gab, was man unbedingt in Japan machen musste: Karaoke! Blieb nur ein Problem: Wie erklärten wir der nett lächelnden Frau hinterm Tresen, was wir wollten. Brandon sah Xiao Mei an. „Los, erklär ihr, was wir wollen!“ Xiao Mei runzelte die Stirn. „Ich kann kein japanisch!“ „Du bist doch Japanerin“, widersprach Brandon, aber Xiao Mei schüttelte den Kopf. „Ich bin Chinesin!“ „Ist doch das gleiche!“, hielt Brandon an seiner Überzeugung fest und bevor das hier in einen Streit ausartete, ging ich seufzend zum Tresen. „Konnichiwa!“ Gut, damit hatte es sich mit meinem japanisch. Ich zeigte also auf meine Truppe und streckte vier Finger in die Höhe. Die Frau nickte immer noch lächelnd und zeigte auf eine Uhr an der Wand. Ich hielt also zwei Finger hoch und hoffte, dass sie verstand, dass ich zwei Stunden meinte. Wieder nickte sie und bedeutete uns, ihr zu folgen. Anerkennend sah Brandon mich an. „Großartig, Jamie!“ Ich lachte. „Danke. Und das ganz ohne Worte!“ Obwohl, etwas konnte ich dann doch noch. „Arigatou!“, sagte ich zu der Frau und sie verbeugte sich lachend. Ich glaube, sie fand uns amüsant. Aber egal, wir konnten jetzt unseren Spaß mit Karaoke und vor allem der Bedienung der Maschine haben, denn die war natürlich komplett auf japanisch. Glücklicherweise fanden wir aber die Rubrik „English Songs“ und es wurde ein sehr gelungener Nachmittag, vor allem, als wir feststellten, warum sich Brandon so vehement weigerte, etwas zu singen. Als wir ihn nämlich doch so weit hatten, kam heraus: Er konnte es absolut nicht! Doch leider verging die Zeit natürlich viel zu schnell und da wir uns die Nacht noch in einer Disko um die Ohren geschlagen hatten, standen wir am nächsten Morgen völlig übermüdet am Flughafen. Nun, wenigstens würde Xiao Mei mich nicht nerven, sondern schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)