Chouchou von Wolkenfee ((französisch für "Schatz/Liebling")) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich natürlich Recht behalten. Ich hatte doch tatsächlich geträumt ein rosafarbenes Nilpferd, das einfallsreicherweise Rosetta hieß, hätte sich unsterblich in mich verliebt und würde mir überall hin folgen. Um ihm zu entkommen, hatte ich mir aus Gewürzgurken ein Floß gebastelt und war damit einen Erdbeermilchfluss runter gesegelt. Doch leider konnte das Nilpferd schwimmen und somit wachte ich auf, als es auf mein Floß sprang und ich in der Erdbeermilch versank. Was zum Teufel sollte das bedeuten? Ich sollte Emilie fragen, ob es in der Nähe einen Fluss gab, der aus Erdbeermilch bestand. Als ich ihr beim Frühstück meinen Traum, nach dem sie natürlich neugierig gefragt hatte, erzählte, lachte sie herzlich und meinte dann: „Also rosa steht für Liebe, verliebt sowieso und da Erdbeermilch auch rosa ist, diese somit auch. Das Nilpferd bedeutet, dass es jemand ist, mit dem du niemals rechnen würdest, Gewürzgurken stehen für Schwierigkeiten und das Floß heißt, sie werden überwunden. Und dass du am Ende in die Erdbeermilch fällst, nun, das ist ja klar: Du verliebst dich auch!“ Perplex sah ich sie an. Das hatte sie sich doch gerade ausgedacht, oder? Naja, obwohl, wenn ich darüber nachdachte, klang das gar nicht so schlecht. Lächelnd und mit einem irgendwie guten Gefühl machte ich mich auf dem Weg zur Eishalle. Natürlich war ich aufgeregt, immerhin würde ich gleich die besten Eisläufer Kanadas treffen, aber nachdem Emilie mir mit ihrer einzigartig fröhlichen Art Glück gewünscht hatte, ging es mir so gut, dass ich dachte, dass eigentlich kaum etwas schieflaufen konnte. Für den heutigen Tag war erstmal ein allgemeines Kennenlernen und noch kein richtiges Training angesetzt, deshalb trafen wir uns auch zuerst in einem Konferenzraum. Dass eine Eishalle so etwas hatte, erstaunte mich zwar etwas, aber gut, hier war eben alles etwas nobler als zu Hause. Als schließlich alle da waren, stand ein etwa 40-jähriger, schlanker Mann, den ich natürlich aus dem Fernsehen kannte, auf und stellte sich als „Jerome Delain“ vor, obwohl ich sicher war, dass alle Anwesenden seinen Namen kannten. Immerhin war dieser Mann Nationaltrainer gewesen. Weiterhin meinte er, wir würden uns nun am besten erstmal alle vorstellen und dann zusammen Mittagessen gehen, um uns besser kennenzulernen. Na, der Mann war mir doch gleich sympathisch. Somit nannten wir alle unsere Namen, wobei ich die ersten schon wieder vergessen hatte, als die letzten dran waren. Wir waren zwar insgesamt nur acht Leute, aber mit Namen hatte ich es noch nie so. Später beim Essen war ich dann wenigstens so weit, dass ich wusste, wie meine Sitznachbarn und das Mädchen mir gegenüber hießen. Jerome, der uns erlaubte hatte, ihn zu duzen, weil er eine freundschaftliche Atmosphäre besser fand, verabschiedete sich schließlich mit den Worten: „Also dann, wir treffen uns dann morgen zum ersten Training, macht’s gut!“ Zu Hause erwartete mich Emilie schon und fragte mich neugierig darüber aus, wie alles gelaufen war. „Ich freu mich, dass es dir gefällt!“, rief sie fröhlich und umarmte mich stürmisch, nachdem ich zu Ende erzählt hatte. Über so viel Energie konnte ich nur schmunzeln und den Kopf schütteln. Am nächsten Tag war dann also das erste richtige Training. Wir trafen uns auf der Eisfläche und Jerome verkündete: „Also, erstmal will ich euch einzeln laufen sehen, macht irgendwas, zeigt mir, was ihr könnt! Danach machen wir Paarlauf. Die Woche über kriegt ihr jeden Tag einen anderen Partner, damit ich sehen kann, wer zu wem passt. Also los, viel Spaß!“ Somit liefen wir nacheinander. Wow, die waren alle richtig gut. Aber das war ja zu erwarten gewesen. Ich war sehr nervös und hoffte, dass ich nicht viel schlechter sein würde, aber scheinbar war das nicht der Fall, den Jerome sagte, er sei mit uns allen zufrieden. Nach dem Training beschloss ich, noch in das der Eishalle angeschlossene Café zu gehen. Dort war absolut nichts los, weshalb ich mich an die Bar setzte und die Getränkekarte zu Rate zog. „Hallo! Was kann ich Ihnen bringen?“, fragte mich jemand und ich sah auf, direkt in die faszinierendsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte. Sie waren dunkelblau, fast schwarz, wie ein sternenklarer Winterhimmel, und genauso funkelten sie auch. „Ähm“, machte ich ziemlich unintelligent und hätte mich ohrfeigen können. „Eine heiße Schokolade bitte!“ „Kommt sofort!“ Der Kellner lächelte und ging zur Küche um meine Bestellung aufzugeben. Ich starrte ihm wie hypnotisiert hinterher. Dunkelbraune leicht gelockte Haare, die unglaublich weich aussahen, fielen ihm sanft auf die Schultern. Er war schlank, trotzdem ließen sich unter dem schwarzen Hemd Muskeln erahnen. Und dann dieser Hintern… „Musst du gleich jedem halbwegs gutaussehenden Kerl hinterher starren?“, meldete sich meine nervige innere Stimme zu Wort. „Tu ich gar nicht! Nur den besonders tollen Exemplaren!“, hielt ich dagegen. Denn das war dieser Kellner allemal. Als er sich jedoch umdrehte, vertiefte ich mich schnell wieder in die Karte. Schließlich würde es wahrscheinlich nicht so einen guten Eindruck hinterlassen, wenn ich hier anfangen würde, zu sabbern. „Bitte schön!“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und blickte schon wieder in diese unglaublichen Augen. Mann, die waren bestimmt waffenscheinpflichtig! „Ich hab dich hier noch nie gesehen. Wo kommst du her?“, fragte er. „Ähm…“ Ich war immer noch hypnotisiert. „Komm schon, sag was!“, feuerte mich meine innere Stimme an. „Ich ähm bin vor zwei Tagen angekommen. Ich komme aus Deutschland.“ Gott, er musste mich ja für völlig bescheuert oder zumindest etwas zurückgeblieben halten. Doch zu meinem Überraschen ergriff er nicht die Flucht, sondern lächelte. „Spannend. Und was verschlägt dich nach Kanada?“ Sein Lächeln hatte mich noch mehr aus der Bahn geworfen, obwohl ich gedacht hatte, dass das eigentlich nicht mehr möglich war. „Ähm, eislaufen“, erwiderte ich mit einiger Verspätung und sah schnell wieder nach unten. Mir war klar, dass ich knallrot war. Was war das denn auch für eine dämliche Antwort? Konnte ich keine vollständigen Sätze mehr bilden? Okay, im Moment tatsächlich wirklich nicht, aber vielleicht konnte ich noch was retten, wenn ich ihn einfach nicht ansah. „Also, ich hab die Chance bekommen, von Jerome Delain trainiert zu werden und sowas kann man ja nicht ablehnen“, erklärte ich. Wow, funktionierte tatsächlich. „Oh, Glückwunsch. Dann viel Spaß und viel Glück!“, wünschte er mir und ich machte den Fehler, ihn wieder anzusehen. Scheinbar war ihm mein Zustand geistiger Verwirrung aufgefallen, denn er grinste, was mich noch etwas mehr aus dem Konzept brachte. Als er dann jedoch auch noch sagte: „Du bist süß, wenn du rot wirst!“, und dann in Richtung Küche verschwand, war ich völlig geplättet. Hatte ich das gerade richtig verstanden? Ich musste schnellstens an die frische Luft, also legte ich etwas Geld auf den Tresen und verließ das Café fast fluchtartig. Draußen atmete ich erstmal tief durch. Was war das denn gewesen? Hatte er das wirklich gesagt? Und auch so gemeint? Ich..das…wow! Ich war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen und schwebte wie auf Wolken mit einem sicher absolut dämlichen Lächeln auf dem Gesicht nach Hause. Unterwegs kam mir aber dann doch noch ein Gedanke: War er mein Nilpferd? Nein, das wäre zu einfach, oder? Überhaupt, vielleicht war das nur ein Witz gewesen? Ich seufzte. Dann fiel mir auf, dass ich nichtmal seinen Namen kannte. Na, den musste ich aber auf jeden Fall noch rausfinden! -------------------------------------------------------- Übrigens sprechen natürlich alle französisch, aber erstens bin ich so gut dann doch nicht, zweitens möchte ich ja, dass es jeder versteht, und drittens fände ich es ziemlich seltsam, die wörtliche Rede auf französisch und den Rest auf deutsch zu schreiben. Wollte ich nur mal gesagt haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)