Blau - oder Vivlest bei der Vernissage von Pego ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es gab Zeiten, da hätte Viv durchaus auf das Fürstensein verzichten können. Was hatte man schon davon? Nun ja, Macht, Ansehen, Reichtum, Feinde, aber auch etwa, was Lutes Repräsentationspflichten nannte und die konnten einem das Ganze ganz schön vermiesen. Jetzt war es mal wieder soweit. Auf Anraten seines Buchhaltermagiers hatte er sich finanziell am Aufbau des neuen Museums beteiligt. Gut für's Image und von der Steuer absetzen konnte man das auch noch. Aber das bedeutete doch nicht automatisch, das er auch zur offiziellen Eröffnung gehen mußte. Nun die Einladung lag hier und in ihr wurde er als "Sponsor" erwähnt. Blödes Wort. Seine Vorfahren nannten das noch Mäzen. Fand er irgendwie vornehmer. Nun da war wohl nichts zu machen. Safi redet von nix anderes mehr. Öffentliche Veranstaltungen bedeutete für sie ein neues Kleid, sie konnte sich doch nicht in ihren alten Fetzen zeigen. Im Gegensatz dazu zeigten Frey und Lutes keine besonders große Begeisterung, aber schließlich war es Lutes der immer von PR und Imagepflege sprach und deshalb konnte der sich jetzt schlecht davor drücken. Mitgefangen, mitgehangen. Und meistens ließ Frey seinen Kumpel net im Stich. Die Sache war also geklärt. Am Abend der Eröffnung war Vivlest ganz gut drauf. Wenn diese Gemütsstimmung auf den Fürsten von Karanest überhaupt mal zutrifft. Gut, Irian hatte sich mit irgendwelchen unaufschiebbaren Verwaltungsarbeiten rausgeredet, aber der Rest der Mannschaft stand sozusagen Gewehr bei Fuß. Frey und Lutes fummelten zwar ein wenig unbehaglich am Kragen ihrer Gala-Ausgehuniform herum, aber im Gegensatz dazu strahlte Safi in ihrem neuen Glanz. Die PR würde ein großer Erfolg werden, solange Viv nicht an den Preis dieses Fummels dachte. Die Museumseröffnung war ein Erfolg. Nun ja fast. Selbstverständlich war alles erschienen, was Rang und Namen hatte in Ansedom. Und es gab Champagner, wäh, Viv konnte da Gesöff nicht ausstehen. Er nahm sich trotzdem ein Glas und wanderte durch die Ausstellung. Viv mochte gute Bilder. In der Galerie auf Karanest gab es ja einige schöne Porträts. Viv mochte die Impressionisten, Franz Marc und Eva Widermann. Er traute sich also schon zu, ein paar fachmännische Kommentare abzugeben. Vor einem riesengroßen Bild standen sie dann. Schon von der Ferne zu erkennen. Sogenannte Kunstkritiker. Oder solche, die wenigstens den Anschein erwecken wollten, es zu sein. Neugierig trat Viv näher, um das Bild zu betrachten. Er hatte noch nicht mal einen Blick drauf werfen können, als sie ihn schon am Haken hatten. "Fühürst", flötete eine große Dürre mit lilagefärbten Haaren. "Wir würden gerne Eure Meinung zu diesem ganz besonderen Werk hören?" Mit diesen Worten wurde Viv vorwärts geschubst und stand vor dem Gemälde. Und nur seine langjährige Erfahrung auf dem Schlachtfeld bewahrte ihn davor, wie ein Trottel mit offenem Mund davor zu stehen. "Ist es nicht bezauhaubernd?" zwitscherte eine kleine pummelige Blondine, die viel zu schwer für ihre Pfennig, Pardon Centabsätze war. "So, so Elementar!" Elementar? "Und diese Pinselführung verrät den wahren Meister," machte sich jetzt auch der Kleine mit der Gelehrtenbrille bemerkbar. Viv mußte schlucken. Er konnte an diesem ganzen Werk nicht einen Pinselstrich erkennen und so wie die ihn anguckten, mußte er jetzt wohl auch seinen Senf dazugeben. Aber wer die langen und langweiligen Sitzung der Ratsversammlung durchstand, den konnte so schnell nichts erschüttern. "Ein Werk, das die Kreativität und das Einfühlungsvermögen des Meisters vollständig veranschaulicht." behauptete er deshalb dreist. "Oh," die Lilagefärbte verdrehte die Augen. "Eine so einfühlsame Auslegung der Gefühle des Meisters von so einem kraftvollen Mann," himmelte sie ihn an. Vivlest lächelte unverbindlich und schob sie und die ganze Gruppe in Richtung des nächsten Gemäldes. Dann drehte er sich nochmals um und betrachtete kopfschüttelnd das Werk. Plötzlich merkte Viv, dass jemand neben ihn getreten war. Aus den Augenwinkeln raus linste er rüber und stellte fest, dass es sich bei dem jemand um seinen Erzfeind Fandres von Yhm handelte. Gequält schloß Viv die Augen. Der würde jetzt bestimmt einen Spruch über die Ausdruckskraft und den markanten Farbauftrag des Meisters loslassen. Aber Fandres enttäuschte ihn. Enttäuschte ihn positiv. Denn er betrachtete "das Werk" genauso kopfschüttelnd wie Vivlest. Fandres, sonst mit allen diplomatischen Wassern gewaschen, machte sich nicht mal die Mühe, Vivlest vorzuspielen, dass ihm das Bild gefallen würde. Etwas verunsichert stellte Viv fest, dass dies hier wohl einer der überaus seltenen Fälle war, wo er und Fandres einer Meinung waren. Normalerweise wäre es ihm unangenehm gewesen, nicht zu sagen peinlich. Aber in diesem speziellen Fall! Es könnte nicht besser sein, denn niemand verstand es so gut wie Fandres und da sprach die eigene Erfahrung, jemandem unangenehme Fragen zu stellen. Wer immer für den Kauf dieses "Werkes" verantwortlich war, sollte sich schon mal warm anziehen, denn Fandres von Yhm würde ihm demnächst ganz gewaltig auf die Füße treten. Vivlest grinste Fandres freundschaftlich an. Er zeigte mit seinem fast noch vollen Glas auf Fandres ebenfalls noch kaum berührtes Champagnerglas und meinte gutgelaunt "wie wär's mit einem Bier?" In ungewohnter weil seltener Eintracht marschierten die Herren von Karanest und von Yhm in Richtung Bar, um ihre Nerven mit einem schönen kalten Kristallweizen zu beruhigen. Danach wanderten sie einträchtig, Dank eines ohne große Worte, speziell für diesen Abend ausgehandelten Waffenstillstandes (es kommt schließlich nicht jeden Tag vor, dass man feststellt, dass der Gegner den gleichen Kunstgeschmack hat), durch das Museum und bewunderten die alten Meister, die zum Glück zahlreich versammelt waren. Während also diese beiden gut aufgehoben sind, können wir mal einen Blick auf "das Werk" werfen. Es ist ein großes Gemälde. Etwa 2 x 3 Meter, hochformatig aufgehängt. Es hat keinen Rahmen, der würde hier nur stören. Unter dem Bild hängt noch ein kleines Schild. Es nennt Künstler und Name des Werkes. Der Künstler ist Bruno von der Knorreiche, er signiert alles mit einem großen "B". Und der Name des Werkes? BLAU! Und das war es auch. Einfach ein blaues Stück Leinwand und sonst nichts. Die Charas sind, wen wunderts, alle © Boudicca/VampirIlias, bloß Irian ist © ViperII Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)