Timeless Gay von Doomtrain ================================================================================ Kapitel 1: Geschwister und andere Schwierigkeiten ------------------------------------------------- Hallo! Ihr kennt mich noch nicht, aber was nicht ist kann ja noch werden, nicht wahr? ~_^ Das hier ist meine erste Fanfic, deswegen würde ich mich riesig über Kommentare von euch freuen! >///< Kritik, Lob, Wünsche, tobt euch aus! Ich hoffe die Story gefällt euch und jetzt will ich auch gar keine weiteren Worte verlieren und euch mal lesen lassen! Eure Doomtrain --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1.Kapitel: Geschwister und andere Schwierigkeiten Grummelnd kniff ich die Augen zusammen. Die Sonne sollte wieder verschwinden. Es durfte noch nicht Morgen sein. Ich war doch erst vor gefühlten zwei Stunden ins Bett gegangen. Dann rappelte auch noch mein Wecker, den ich gestern noch vorsichtshalber auf 11 Uhr gestellt hatte. Immer noch grummelnd versuchte ich die Augen zu öffnen. Die Sonne blendete mich sofort. Warum war ich gestern nicht früher ins Bett gegangen? Weil ich nie früh ins Bett gehe, so sehr ich es mir auch vornehme, beantwortete ich mir die Frage selbst. Mit einem Seufzen drehte ich mein Gesicht von meinem Fenster, durch das die Sonne ins Zimmer fiel, weg. Ein paar Minuten konnte ich mir, trotz plärrendem Wecker, noch gönnen. Wenig später spürte ich eine warme Hand auf meiner Schulter. Verschlafen stellte ich fest, dass mein Wecker nicht mehr klingelte. Ruckartig setzte ich mich auf. Und ließ mich sofort wieder mit einem schmerzenden Kopf fallen. Was musste sich mein dämlicher Bruder auch so ungünstig setzen? „Schön, dass du auch endlich wach bist“, hörte ich ihn sagen. „Dir auch einen schönen guten Morgen“, murmelte ich, mir die Stirn reibend. „Morgen“, lachte er, „es ist bereits früher Nachmittag. Um genauer zu sein ist es schon 14. 21 Uhr. Warst du nicht in 40 Minuten verabredet?“ Ungläubig starrte ich meinen Bruder an. Wenn er das noch wusste, musste er sich doch auch daran erinnern, dass ich zum Treffpunkt eine halbe Stunde brauchte. „Danke Arschloch“, zischte ich wütend, während ich mich aus meinem Bett befreite. „Kann ich was dafür, wenn du selbst deinen Wecker überhörst“, fragte er mich kühl. „Wenn ihr den gehört habt, hättet ihr mich ja auch wecken können.“ Ich stieg aus meinem Bett und ging auf Klamottensuche. Der Blick meines Bruders, als ich ihn ansah, gefiel mir gar nicht. „Stimmt“, grinste er, „aber ich wollte dich halt ein bisschen ärgern.“ Mittlerweile hatte ich die Sachen die ich gleich tragen wollte zusammen gesucht. Mit einem „Ach fick dich doch ins Knie“ verließ ich wütend mein Zimmer und stürmte ins Bad. Das Duschen fiel jetzt aus und eine wirklich schnelle Katzenwäsche war angesagt. Danach parfümierte ich mich und schlüpfte in meine Klamotten. Eilig verließ ich das Bad und rannte schon fast in die Küche. Meine Schwestern und meine Eltern saßen am Tisch und aßen zu Mittag. Es gab mein absolutes Leibgericht: Kartoffelknödel halb und halb, Rotkraut und Hase in Rotweinsauce. Meine Eltern konnten ja so was von fies sein. Doch dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Musste ich mir unterwegs noch was zum Frühstück holen. „Guten Morgen und tschüss bis nachher“, rief ich den Essenden zu. Damit band ich mir auch schon die Schuhe zu, die ich aus dem Regal neben der Küche geholt hatte. Unsere Haustür führte nämlich auf einen Flur von dem zuerst die Küche abging, dann das Bad und dann die restlichen Zimmer. Rasch holte ich noch meine Jacke, steckte Portmonee mit Fahrkarte und meinen Schlüssel in die Innentasche und verließ dann sofort die Wohnung. Zum Bahnhof brauchte ich nicht lange, trotzdem verkündete die Bahnhofsuhr, dass es schon Viertel vor drei war. Dann die nächste schlechte Nachricht: „Auf Grund von Bauarbeiten ist der Verkehr auf der Linie B 35 zurzeit unregelmäßig, wir bitten um ihr Verständnis. Der nächste Zug fährt voraussichtlich in 10 Minuten.“ Na toll, jetzt kam ich aber so was von garantiert zu spät. Und mein Handy hatte ich auch nicht dabei. Aber nach Hause gehen und es holen konnte ich jetzt auch nicht mehr. So stand ich am Bahnhof und wartete auf die Bahn. Nach fünf Minuten kam die gleiche Durchsage noch mal. Von der Bahn bis dahin keine Spur. Genervt sah ich nach der vierten Ansage auf die Uhr. Es war schon nach 15 Uhr. Wut stieg in mir auf. Wut auf diese verdammte sich verspätende Bahn, Wut auf meinen Bruder und auch Wut auf mich. Warum war ich denn nicht gleich aufgestanden? Dann kam Durchsage Nummer fünf. „Durch einen Personenunfall im Bahnhof Wasserfeldplatz ist der Zugverkehr bis auf weiteres nicht möglich. Ersatzverkehr wird schon eingerichtet, wir bitten diese Zustände zu entschuldigen und hoffen auf Verständnis. Vielen Dank.“ Das konnte doch echt nicht wahr sein! Frustriert verließ ich den Bahnhof. Heute hatte sich wohl alles gegen mich verschworen. Kaum kam ich aus dem Bahnhof hörte ich ein Auto hupen und ein paar Leute meinen Namen rufen. Erschrocken drehte ich mich zum Hupen und den Rufen um. „Hey, K! Hier drüben“, rief Nick. Direkt neben ihm stand Sam. Ilias drückte in seinem Auto immer noch auf die Hupe. „Was macht ihr denn hier“, fragte ich sie verwundert. „Du hörst wohl auch keine Nachrichten, oder? Das haben die doch schon angesagt, dass die Bahn wegen der Baustelle nur noch im Halbstundentakt fährt. Und als du nicht aufgetaucht bist, haben wir uns so gedacht, dass du die Bahn wohl verpasst haben musst“, erklärte Nick. „Weshalb wir dann mit Ilias Auto hierher gefahren sind, um dich abzuholen“, setzte Sam die Erklärung fort. „Mensch Ille, jetzt hör doch mal mit dem Gehupe auf, dass nervt tierisch“, schrie Nick den ältesten von uns an. Sofort hörte Ilias auf die Hupe zu betätigen. Die Leute um uns herum haben auch schon echt komisch geguckt. „Jo, Leute, ist echt cool, dass ihr hier seid. Und ich dachte, ich würde euch schon wieder versetzen“, entschuldigte ich mich. Obwohl das ja eigentlich die Schuld meines Bruders Janus war. Wenn ich nur an ihn dachte, wurde ich schon wieder wütend. „Hey Kain, alles klar bei dir? Warum ziehst du an einem so schönen Tag plötzlich so `ne Fresse“, fragte mich Ilias. „Ach nichts, schon gut. Nur Janus mal wieder.“ Das reichte meinen Freunden als Erklärung. Sie wussten wie gespannt das Verhältnis zwischen meinem Bruder und mir war. „Vergiss ihn jetzt einfach. Heute machen wir einen drauf!“ Manchmal war ich Sam echt dankbar, dass sie zu unserer Gruppe gehörte. Sie konnte einfach so ungeniert das Thema wechseln und niemand hatte ein Problem damit. Generell waren wir eigentlich ein sehr bunter Haufen. Nick war der einzig wirklich Sportliche von uns. Seit seinem 5. Lebensjahr betrieb er Karate. Doch das hielt er gerne hinterm Berg. Genauso, dass er in seinem Alter immer noch eine Zahnspange tragen musste. Dass wussten nur wir, seine Eltern und der Arzt. Nick hatte kurzes braunes Haar, blaue Augen und ein paar Sommersprossen im Gesicht. Er war in etwa genau so groß wie ich, nur wirkte er im Gegensatz zu mir schon recht erwachsen. Sam und er kannten sich schon sehr lange. Er war damit auch der einzige, der sie vor ihrem radikalen Umbruch erlebt hatte. Dazu muss man sagen, dass Sam schwarze Haare mit mindestens drei andersfarbigen breiten Strähnen trug. Laut Nick hatte sie früher langes mahagonifarbenes Haar. Das würde auch besser zu ihren braunen Augen passen, aber Mädchen und Mode sind so eine Sache, aus der ich mich lieber raushalte. Nun gut, Mode und Sam waren auch so eine Sache. Alles was sie trug war schwarz. Und es war ihr egal, ob es jetzt Sommer oder tiefster Winter war. Sie war grundsätzlich nur in langärmligen Rollis und langen Hosen anzutreffen. Doch irgendwie schien sie das nicht zu stören. Im Gegenteil. Im Sommer belächelte sie uns häufig, wenn wir drei Jungs über die Hitze klagten. Das machte dann aber unseren temperamentvollen Ilias wütend. In dieser Hinsicht war er sehr empfindlich und auch sehr schnell eingeschnappt. Ein eingeschnappter Ilias war ungemütlicher als drei Chemietests hintereinander. Häufig fragte ich mich, ob es so gut war, dass er zum Stressabbau Tae-Kwon-Doo trainierte. Aber dadurch bekam er auch seinen einzigartigen Körperbau. Gebräunte Haut und Muskeln zum dahin schmelzen. Aber nur wenn ich ein Mädchen wäre. Das Bild wurde von pechschwarzen kurzen Haaren und grauen Augen abgerundet. Ilias war ein Stück größer als wir und wirkte durch seinen Kleidungsstil häufig wie ein Türsteher. Im vollkommenen Gegenteil zu Nick, der ganz genau darauf achtete, dass er lässig und cool zugleich angezogen war. „Kain! Hör auf zu träumen und lass uns endlich fahren. Sonst sind die ganzen Mädchen schon weg, ehe wir überhaupt angekommen sind“, drängte Ille. „Mensch Ille, die Mädels laufen dir doch nicht weg. Schau dich doch nur mal an“, grinste Nick. „Neidisch“, fragte ich daraufhin Nick. „Iwo, ich hab ja Sam“, erwiderte der nur und schubste uns zu Illes dunkelblauem Mercedes. Voll. Nur mit diesem Wort konnte man die beliebteste Ecke der Stadt benennen. Überall drängelten sich die Massen. Die Cafes platzten aus allen Nähten. Nur durch Zufall hatte Ilias überhaupt einen Parkplatz gefunden. Nun waren wir auf dem Weg zum „Blue Heaven“, einer der angesagtesten Bars, die über einen eigenen künstlichen Strand und einen riesigen Pool verfügte. Hier wollten wir einen der letzten Tage unserer Sommerferien verbringen. Einfach nur abhängen und Cocktails schlürfen, vielleicht auch ein bisschen zur Musik, die hier aufgelegt wurde, tanzen. Aber mehr nicht. Naja, möglicherweise auch ein nettes Mädchen kennen lernen. Mich kotze es an, als einziger aus unserer Clique noch keine Beziehung gehabt zu haben. Nick hatte Sam und Ilias hatte erst vor wenigen Wochen seiner fünften Freundin den Laufpass gegeben. Da stand ich mit meiner Bilanz von 0 so ziemlich alleine da. Aber das sollte sich heute ändern. Vor allem, weil Nick mir während der Fahrt hierher erzählt hatte, dass Ille mich heute unbedingt mit irgendeinem Mädchen verkuppeln wollte. Daher betrat ich auch ziemlich gespannt das „Blue Heaven“. Sam hatte irgendwie noch Plätze auf der Gästeliste für heute besorgen können. Nur dank ihr konnten wir heute hier sein. Nun ja, ich machte mich mit meinen Freunden erst mal auf den Weg zum Tresen. Mal schauen, ob die Cocktails hier wirklich so gut waren, wie sie von meinen Mitschülern immer gerühmt wurden. Doch der Weg zum Tresen war beschwerlich. Trotz Gästeliste war auch das „Blue Heaven“ voll. Nach unendlich langer Zeit und extrem viel Gedrängel erreichten wir endlich die Theke. Ille bestellte für uns alle zum Anfang einen „Choconut Kiss“, schließlich musste man den Tag ja nicht gleich mit Alkohol beginnen. Fröhlich prosteten wir uns zu. Nach den Schwierigkeiten, mit denen der Tag begonnen hatte, konnte es jetzt nur besser werden. Schnell war der „Choconut Kiss“ vernichtet und ein „Rio“ wurde nachbestellt. Als auch die Gläser mit diesem Cocktail geleert waren, machten wir uns auf den Weg zum Pool. Schwimmen wollte zwar keiner von uns, aber hier draußen war auch gleichzeitig die Tanzfläche. Der DJ legte gerade irgendeinen Remix auf als wir raus kamen. „Boah, so viele geile Schnitten“, hörte ich Ille sagen. „Benimm dich aber“, scherzte Nick und Sam meinte: „Nicht, dass du nachher noch `ne Anzeige wegen sexueller Belästigung am Hals hast.“ „Macht euch da mal keine Sorgen. Heute ist unser lieber Kain dran. Wird Zeit, dass du endlich mal ein Mädel abbekommst.“ Damit packte mich Ille und schleifte mich mitten unter die schon Tanzenden. „Warte mal hier und amüsier dich solange, ich bin gleich wieder da“, schrie er mir schon fast ins Ohr und verschwand dann. Ich dachte mir nichts dabei und versuchte mich irgendwie einigermaßen cool im Takt der Musik zu bewegen. Die Lieder wechselten mehrmals, aber Ilias ließ sich nicht wieder blicken. Also hielt ich Ausschau nach Nick und Sam. Doch auch von denen war keine Härchen zu entdecken. Etwas einsam versuchte ich die Tanzfläche zu verlasse, wurde aber plötzlich von hinten gepackt und zurückgezogen. Überrascht entwand ich mich dem Griff und drehte mich zu demjenigen um, der mich festgehalten hatte. Mir starrten zwei dunkelbraune Augen entgegen. „Hab ich dich erschreckt? Das tut mir Leid.“ Nach ein paar Schrecksekunden erkannte ich, dass mir ein Mädchen gegenüberstand und dass es eben etwas gesagt hatte. Doch ich hatte nicht mitbekommen, dass sie mit mir gesprochen hatte. „Was ist denn“, fragte sie mich. Ich musste wohl reichlich blöd gucken, denn aus irgendeinem Grund fing sie kurz darauf an zu kichern. „Ilias hatte vollkommen Recht. Wenn man dich erschreckt guckst für einen Augenblick wie ein Fisch, der danach ein kurzes „Blubb“ von sich gibt.“ Das war also das Mädchen mit dem mich Ille verkuppeln wollte. „Hi.“ So blöd es auch war, es war das einzige, was mir spontan einfiel. Und es brachte sie noch mehr zum kichern. „Entschuldige, es ist nicht besonders höflich, wenn ich bei unseren ersten Treffen gleich über dich lache“, sagte sie und versuchte sich krampfhaft wieder einzukriegen. „Ach, und wenn wir uns länger kennen würden, dann wäre das nicht mehr unhöflich“, fragte ich sie leicht gereizt. Ich mochte etwas an diesem Mädchen ganz und gar nicht. Irgendetwas an ihr machte sie mir vollkommen unsympathisch. „Wollen wir tanzen“, fragte sie nun, als ob sie meine Frage vorher nicht gehört hatte. „Ich tanze nicht mit Mädchen deren Namen ich nicht mal kenne“, antwortete ich nur trotzig. „Wie? Hat Ilias dir denn nicht gesagt wer ich bin? Außerdem solltest du das auch so wissen“, giftete sie mich dann plötzlich an. „Sorry, ich kenn dich nicht und wenn du dich weigerst dich vorzustellen, trennen sich unsere Wege gleich wieder hier.“ Jetzt wusste ich warum sie mir so unsympathisch war, denn nun wusste ich wer sie war. Conny Daniels, die Vize Miss Watergate-High; die Vize-Schönheitskönigin meiner Highschool. Auf den ersten Blick wirkte sie sehr hübsch. Ihre dunkelbraunen Augen saßen in ihrem blässlichen Gesicht, welches von dunklen Locken umrahmt wurde. Darunter ein fast idealer Körper, nur ein Zentimeter zu wenig Brustumfang hatte die Jury damals beim Wettbewerb geurteilt. Heute trug sie ein rotes Top und einen schwarzen Flatterrock. An den Füßen im gleichen schwarz, soweit ich das beurteilen konnte, Fesselriemchensandaletten. „Schon okay“, seufzte sie, „da du mich anscheinend wirklich nicht kennst: Conny Daniels. Ich bin die amtierende Vize Miss Watergate-High.“ Ich nickte freundlich. Sie musste ja nicht wissen, dass es mir kurz vorher wieder eingefallen war. „Ich bin Kain.“ Mehr brauchte ich nicht zu sagen, denn ich war der wohl einzige Mensch in dieser Stadt der diesen Namen trug. Meinem Bruder Janus ging es da nicht besser. Ebenso meinen Schwestern Rhea und Freya. „Ich weiß.“ Da riss mich dieses Mädchen doch tatsächlich auf meinen Gedankengängen. „Ilias war nicht gerade zimperlich in seinen Beschreibungen von dir.“ „Was hat er denn so erzählt?“ Auch wenn Ille zu meinen Freunden gehörte, das ging nun wirklich zu weit. Was hatte er dieser Diva denn so alles erzählt? „Er meinte, wenn man dich erschreckt guckst du wie ein Fisch. Womit er Recht hatte, wie ich schon erleben durfte. Außerdem hat er gesagt, dass du sehr gefühlvoll bist. Zuerst dachte ich ja, er wolle mir die totale Heulsuse andrehen, aber danach siehst du bei Gott nicht aus.“ Sie quatschte noch weiter, doch ich hatte keine Lust mir noch mehr von meinem Ohr abkauen zu lassen. Und was ich nicht ahnen konnte, doch meine Rettung war schon unterwegs. „Hey Conny! Na? Alles fett im Bett“, hörte ich plötzlich Nick den Redeschwall besagter unterbrechen. Connys Gesicht lief angesichts dieser Frage puterrot an. „Oh, stimmt ja, deswegen hast du dich ja auch von Salem getrennt. Die Muskeln sind dir wohl zu schwer geworden“, stichelte Sam, die mit Nick zusammen mein Rettungskommando bildete. „Haltet doch einfach das Maul, ihr Versager. Wieso gebe ich mich überhaupt mit solchen Loosern ab?“ Mit diesen Worten und einem „Das zahl ich diesem Illias noch zurück“ verschwand sie in der Menge. „Danke Leute, das war echt knapp. Noch länger hätte ich die echt nicht ausgehalten“, bedankte ich bei Sam und Nick. „Kein Problem“, grinste Nick, „als wir erfahren haben, mit wem dich Ille verkuppeln will, sind wir dir sofort zu Hilfe geeilt.“ „Aber du solltest vorsichtig sein. Auch wenn wir mit Ille befreundet sind. Du kennst ihn, wenn er ausrastet. Und die Aktion eben hat wohl seine Chancen bei Alexa Daniels so ziemlich zunichte gemacht“, warnte mich Sam. „Ich hoffe, Ille geht unsere Freundschaft über Connys Schwester“, erwiderte ich und ich hoffte das wirklich inständig. Es war fast 21 Uhr als Ille mich zu Hause absetzte. Der Nachmittag hatte nach der Sache mit Conny nicht mehr wirklich Spaß gemacht. Ille schwieg uns nur an und zog seine typisches „steht vor Explosion“ Gesicht. Dementsprechend sah auch der Abschied aus. Nick und Sam verabschiedeten sich wie gewohnt, aus Illes Richtung hingegen wehte ein eisiger Hauch. „Tschüss“, sagte ich deshalb nur und ging zu unserer Wohnungstür. Ich holte den Schlüssel aus der Innentasche und schloss die Tür auf. In der Wohnung war es dunkel, doch die nur halbverschlossene Tür sagte, dass jemand zu hause sein musste. Ich zog meine Schuhe aus, hing meine Jacke an den Haken und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Meines war das letzte in der Zimmertürenreihe. Nach dem Bad kam eine Vorratskammer, dann das Zimmer meiner Eltern, dann Janus Domizil, das Wohn- und Fernsehzimmer, das Reich meiner Schwestern und dann endlich, nach dem Einbauschrank mit der Bettwäsche, mein Zimmer. So leise wie möglich schlich ich durch den Flur, denn noch großartig Bock nach einem eingeschnappten Ille auch noch auf einen nervenden Bruder zu treffen, hatte ich nun wirklich nicht. Plötzlich hörte ich aus der Küche ein Geräusch und mein Bruder riss seine Zimmertür auf. „Mensch Ryan, beeil dich doch mal ein bisschen, die Werbung dauert doch nicht ewig“, brüllte er, stutzte aber als er mich sah. „Na Brüderchen? Schon wieder zu hause? Hast wohl ein paar Cocktails zu viel intus“, versuchte er mal wieder einen Streit vom Zaun zu brechen. „Halts Maul Janus und kümmer dich um deinen Kram“, giftete ich nur zurück. „Oh, das riecht mir aber sehr nach Alkohol. Wenn das Mom und Dad erfahren bist du fällig.“ Wie sehr ich sein hämisches Grinsen hasste. „Erzähl ihnen doch was du willst. Von mir aus auch, dass der Papst Säckeweise Reis hortet, damit er nicht verhungern muss.“ Ich wusste, dass das unsachlich war, doch durch Janus bloßen Anblick ließ ich mich dazu hinreißen. Und dennoch, wenn ich ehrlich war konnte es mir nicht egal sein, was er unseren Eltern über mich erzählte. „Bist du immer so freundlich zu deinem Bruder“, fragte unerwartet eine Stimme hinter mir. Wahrhaft erschrocken drehte ich mich um. Im schlecht beleuchteten Flur stand ein Junge, der so in etwa das Alter meines Bruders haben durfte. „Was mischst du dich denn da ein Ryan“, fragte mein Bruder diesen Jungen in einem ziemlich aggressiven Tonfall. „Gar nicht. Ich habe dir lediglich eine Frage gestellt“, antwortete der Junge, der nach Aussage meines Bruders wohl Ryan hieß. „Ach, sei ruhig und komm. Ich will meine Zeit nicht weiter mit diesem Balg hier verbringen!“ Mein Bruder war ja so charmant. Während er sich umdrehte, drückte sich Ryan an mir vorbei und beide verschwanden in Janus Zimmer. Ziemlich gefrustet ging ich auch in mein Zimmer. Der morgige Tag konnte ja nur „besser“ werden. Kapitel 2: Des einen Freud, des anderen Leid... oder doch nicht? ---------------------------------------------------------------- Hallo, hier meldet sich das Doom wieder. Danke fürs lesen des ersten Kapitels. ^^ Hier kommt nun das zweite. Viel Spaß beim lesen. Und natürlich wie beim ersten Kapitel: tobt euch bei den Kommentaren aus. ^^ 2.Kapitel: Des einen Freud, des anderen Leid … oder doch nicht? 7 Uhr war keine Zeit, zu der ich normalerweise in den Ferien aufstehen würde, doch der heutige Tag erforderte besondere Opfer. Zum einen musste ich meinen Eltern verständlich machen, dass Janus mich anschwärzen wollte und zwar mit Fakten, die zu keinem Prozent der Wahrheit entsprachen. Zum anderen musste ich genau damit Janus zuvorkommen. Würde er zuerst mit unseren Eltern reden, dann sähe es für mich schwarz aus. Dann konnte ich mich schon Mal auf ein Leben in einem Internat einstellen, welches einen hervorragenden Ruf als Besserungsanstalt für schwer erziehbare Jugendliche hat, und wie man sich sicher denken kann, hatte ich da drauf absolut keine Lust. Also stand ich um 7.03 Uhr in Zimmer meiner Eltern. Leise schloss ich die Zimmertür und schlich auf das große Bett zu. Vorsichtig berührte ich meine Mutter am Arm. Da sie einen sehr leichten Schlaf hatte, wachte sie augenblicklich davon auf. „Kain? Was ist denn“, fragte sie mich verschlafen. „Mom, ich habe eine Bitte“, begann ich, „darf ich dich anhauchen und du sagst mir, was du riechst?“ Meine Mutter schaute irritiert ließ es aber geschehen. „Ich rieche nichts. Nur den Rest deiner Zahnpasta“, sagte sie, „warum hast du mich darum gebeten?“ „Weil Janus mir anhängen will, dass ich gestern Abend total betrunken nach Hause gekommen bin. Das stimmt aber nicht. Ich war um 21 Uhr hier. Meine Freunde können das bestätigen. Sie haben mich hier nur abgesetzt und sind dann gleich gefahren“, erzählte ich, „und ich habe wirklich nur alkoholfreie Cocktails getrunken!“ Das letzte hatte ich wohl zu laut gesagt, denn mein Vater saß plötzlich senkrecht im Bett. „Warum sollte er dir so etwas anhängen wollen“, fragte er mich ruhig. „Weil Janus mich aus irgendeinem Grund hasst“, antwortete ich. „Gut, dann werden wir sehen was und vor allem ob dein Bruder überhaupt etwas dazu sagt“, erwiderte mein Vater. Das Thema war für ihn erledigt. Bis zum Frühstück jedenfalls. Und bis zu besagter Mahlzeit hielt ich mich im Schlafzimmer meiner Eltern auf. 9.30 Uhr und damit Frühstückszeit. Mehr oder weniger ausgeschlafen erschien die Familie am Tisch. Neben meinen Eltern und mir schien auch Janus bewundernswert wach zu sein. Doch ließ er von sich nichts hören. Erst als es auf 10 Uhr zuging machte er sich bemerkbar. „Mom, Dad, ihr wisst, dass ich immer ehrlich zu euch bin, von daher kann ich mit dieser schrecklichen Sache nicht mehr hinterm Berg halten.“ Das ging ja schon mal klasse los. Er hätte echt auf ne Schule für Demagogen gehen sollen. „Was ist los“, fragte Mom unbeteiligt. „Mein Bruder“, er deutete theatralisch auf mich, „kam gestern total betrunken von dieser Party zurück! Und das um 22.30 Uhr!“ „Das stimmt doch gar nicht“, schrie ich ihn an. „Außerdem habe ich heute morgen, als ich ihn wecken wollte, diese Bierflaschen unter seinem Bett gefunden“, fuhr er ungerührt fort und hielt zwei leere Bierflaschen einer billigen Marke hoch, die er extra dafür unter seinem Stuhl geparkt hatte. „Also das ist doch nun mehr als armselig. Mom, Dad, was er erzählt stimmt überhaupt nicht“, verteidigte ich mich. „Die Beweislast ist ziemlich erdrückend“, sagte Dad mehr so am Rande und Janus Grinsen verriet, dass er sich schon als Sieger sah und mich gedanklich schon in die Besserungsanstalt abgeschoben hatte. „Hast du Kains Freunde gestern noch gesehen“, fragte Mom nach. „Aber natürlich“, bestätigte Janus, „sie haben sich ja noch lautstark und lallend von einander verabschiedet.“ Mir klappte die Kinnlade runter. Wie konnte er so etwas behaupten? „So wie ich das sehe, scheinst du dir da vollkommen sicher sein“, sagte Dad in einem ziemlich eisigen Tonfall und Janus Grinsen erfror. „Nöt nöt nööööt.“ Was Besseres fiel meinen Schwestern auch nicht ein. Da meldeten sie sich schon mal zu Wort und dann brachten sie nur so etwas. „Was soll das? Dad? Was willst du mir damit sagen?“ Ich sah die Unsicherheit in Janus Augen und aus irgendeinem Grund freute ich mich nicht wirklich. „Damit, junger Mann, will ich sagen, dass wir schon eine entsprechende Gegendarstellung zu deiner Geschichte gehört haben, die ich selbstverständlich auf ihre Richtigkeit überprüft habe. Das Resultat ist nun, dass du dir die Chance nach Nephelion zu gehen gründlichst verbaut hast. Und ich möchte nicht wirklich wissen, wie viel Mist du uns schon erzählt hast, nur um deinen Bruder schlecht dastehen zu lassen.“ Wow, das war hart. Jedenfalls für Janus. „Außerdem hattest du doch gestern Abend noch Herrenbesuch“, warf Freya unauffällig dazwischen. Mit der Folge einer unnatürlichen Stille. „Janus“, fragte Mom, „bist du etwa auch noch schwul?“ Dazu muss gesagt werden, dass es für meine Mutter nichts Schlimmeres gab, als schwule Männer. „Was? Nein! Natürlich nicht“, verteidigte sich Janus erfolglos, denn Mom fügte sofort hintendran: „Dafür dass du uns angelogen hast und dafür, dass du Herrenbesuch hattest, von dem ich nichts wusste, wirst du an Stelle von Kain nach Camp Desmotrion gehen. Vielleicht lernst du dort Dinge fürs Leben, die ich vergeblich versucht habe dir zu vermitteln.“ „Aber Mom! Das kannst du nicht tun!“ „Doch, kann sie. Und Kain, da wir den Platz an der Nephelion schon bezahlt haben, wirst du dort hingehen. Ich will von keinem von euch beiden irgendwelche Widerworte hören. In drei Tagen sind eure Koffer fertig gepackt.“ Thema beendet. Die nächsten drei Tage durfte kein Wort darüber verloren werden. Rhea und Freya sahen mich mitleidig an. Janus hingegen wollte mich am liebsten mit seinen Blicken aufspießen. Das war das schlimmste Frühstück das ich jemals erlebt hatte. Noch zwei Tage und die Schule ging wieder los. Naja, würde sie, wenn ich nicht im letzten Moment die Schule gewechselt hätte. Meine Freunde hatte ich seit dem Tag im Blue Heaven nicht mehr gesehen. Von daher war ich wirklich glücklich als Sam mich am Abend auf meinem Handy anrief. Froh darüber, sie zu hören und gleichzeitig betrübt darüber, wie ich ihr erklären sollte, dass ich die Schule gewechselt hatte, nahm ich ab. „Hi Sam, was liegt an“, fragte ich überschwänglich in das Telefon. „An mir liegt nichts“, antwortete sie, „nur Nick liegt mit einer gebrochenen und vier verstauchten Rippen, einer lädierten Nase und diversen blauen Flecken und Quetschungen im Krankenhaus.“ Nach mehreren Schocksekunden brüllte ich ihr ein: „Wie ist das passiert?“ entgegen. Sie schwieg. Dann, nach schier unendlich langer Zeit antwortete sie. „Ilias war gestern bei Nick, während ich auch dort war. Er war ziemlich schlecht gelaunt. Nick und er haben angefangen zu streiten. Irgendwie ist die Situation dann eskaliert und Ilias hat auf Nick eingeschlagen. Glücklicherweise ist Nicks Vater wenig später nach Hause gekommen. Er hat Ilias von Nick weggezerrt und ihn festgehalten, während ich den Notarzt gerufen habe.“ Dann schwieg sie wieder. „Sam? Gibt es noch etwas das du mir sagen möchtest?“ „Nein. Doch. … Es wäre besser, wenn du dich in der Schule ne Weile nicht blicken lassen würdest. Ilias hat mit dir auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Jedenfalls hat es das so gesagt, als er Nicks Vater entwischt ist.“ „Mach dir darüber mal keine Sorgen“, antwortete ich traurig. „Wie soll ich das verstehen?“ Sam klang verwirrt. Ich konnte es ihr nicht verübeln. „Weißt du“, fing ich an, „Janus wollte mich am Tag nach unserem Ausflug ins „Blue Heaven“ mal wieder vor meinen Eltern als schwer erziehbar darstellen. Ich bin ihm zuvorgekommen. Von daher muss er jetzt in dieses Camp oder auch Internat. Nenn es wie du willst. Aber ich muss dafür nach Nephelion, weil Mom und Dad den Platz dort schon bezahlt haben. Von daher gehe ich im neuen Schuljahr nicht mehr auf die Watergate-High.“ „So ein Glück.“ Die Fröhlichkeit in ihren Worten war beängstigend. „Sam“, rief ich daher entsetzt. „Oh. Sorry. Ich wollte damit sagen, dass es ein Glück ist, weil ich dann nicht mehr befürchten muss, dass ein weiterer Freund wegen Ilias im Krankenhaus landet. … … … Aber du weißt schon, dass Nephelion eine reine Jungenschule ist und die Quote der Schwulen bei mindestens 25% liegt? Die Dunkelzahl liegt wohl noch sehr viel höher.“ „Sam! Hör auf mit dem Mist. Du weißt, dass meine Mutter Schwule nicht ausstehen kann.“ „Deswegen sage ich es dir ja.“ „Okay. Hör mal, tschuldige, dass ich jetzt so rasant das Thema wechsle, aber in welchem Krankenhaus liegt denn Nick? Ich will mich wenigstens noch von ihm verabschieden, ehe ich in dieses Internat umziehe.“ „Oh, klar. Äh warte“, sie kramte nach irgendwas, denn ein vorher nicht da gewesenes Rascheln drang an mein Ohr, „jetzt hab ich es. Hast du was zum schreiben?“ Rasch griff ich nach einem losen Blatt und einem Stift. „Schieß los“, forderte ich sie auf. Mitternacht und an Schlaf nicht zu denken. Wenn ich Sam vorhin richtig verstanden hatte, war das, was Ilias Nick angetan hatte nur sein Warm Up gewesen. Und mir stand wohl noch Schlimmeres bevor. Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her. Schließlich griff ich nach der Schnur meiner Nachttischlampe und knipste diese an. Freiherr von Windstein-Krankenhaus, Zimmer 134, zweiter Stock im linken Flügel hatte Sam mir diktiert. Ich hoffte, dass das Krankenhaus morgen, obwohl ja Samstag war, Besuchszeiten hatte. Oh man, hätte Ilias doch bloß nie versucht mich mit dieser Diva zu verkuppeln, dann hätte ich wahrscheinlich `nen schwereren aber ungefährlicheren Abschied vor mir. Irgendwann machte ich mir keine Gedanken mehr über Ilias oder den baldigen Abschied. Doch dafür klingelte mein Wecker umso brutaler. Wie konnte man bloß an einem Samstagmorgen schon „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ spielen? Memo an mich: unbedingt den Radiosender wechseln. Zweite Memo an mich: Wecker am Wochenende nicht auf 7 Uhr morgens stellen! Dritte Memo an mich: unbedingt was gegen die jetzt wohl vorhandenen Augenringe tun. Grummelnd stand ich auf. Jetzt hatte ich wenigstens Zeit im Internet nach den Besuchzeiten vom Krankenhaus zu suchen. Denn ginge ich jetzt noch mal schlafen, würden mich meine Eltern garantiert um 10 Uhr wieder wecken und dann wäre ich vermutlich noch müder als ich es jetzt schon war. Dad hatte mal irgendwas von Tiefschlafphase erzählt. Naja, das war jetzt auch egal. Seufzend schaltete ich meinen PC ein. Aber dadurch, dass das Janus alter PC war dauerte das Hochfahren entsprechend und leise war das Teil auch nicht. Nun gut, ich war froh überhaupt einen PC zu haben. War früher ziemlich uncool, der einzige JUNGE ohne PC zu sein. Aber genug davon. Der PC hatte sich endlich hochgefahren und das Internet war zur Nutzung bereit. Ich startete eine der Suchmaschinen, die das Netz anbot und siehe da, keine fünf Minuten später hatte ich doch tatsächlich die Besuchszeiten des Krankenhauses auf meinem Bildschirm flackern. Hätte mir einer gesagt, dass das Freiherr von Windstein-Krankenhaus das größte der Stadt war, hätte ich mir den im Netz angebotenen Lageplan noch ausgedruckt. Aber nein, ich musste ja davon ausgehen, dass ich mich auch so zu Recht finden würde. Nun stand ich hier am Haupttor vor einem leeren Pförtnerhäuschen und guckte dumm aus der Wäsche. Ich blickte auf den Zettel, auf den ich geschrieben hatte, wo ich hin musste. Der linke Flügel durfte ja nicht so schwer zu finden sein, redete ich mir ein und marschierte los. Eine halbe Stunde später, nachdem ich mich immer links gehalten hatte fand ich mich plötzlich im rechten Flügel wieder. Vollkommen verwirrt lief ich zum hier angesiedelten Informationshäuschen. Wenigstens war hier jemand. „Entschuldigung“, sprach ich die Person im Häuschen an, „können sie mir sagen, wie ich zum linken Flügel komme?“ „Na, da beste hier aba ma janz falsch, Jungchen.“ Erschrocken riss ich die Augen auf. Die Person im Häuschen entpuppte sich als ältere rundliche Dame, mit karottenroten lockigen Haaren und Sommersprossen. Gekrönt wurde das Bild von einer Bluse, die die Karos eines Schottenrockes aufwies, aber gleichzeitig aus jedem älteren Western stammen könnte. Ungeachtet meiner Reaktion sprach die Dame weiter. „Also, du jehst erstmal bis zu der Lindenallee, dat Wegelchen mit de viele Bäume, zurück und den zu de große Springbrunn. Uf den jehst du zu, bis du zu die Kreisverkehr kommst. Denn lofste die Eschenweg hoch und schwupp di wupp stehst de vor de linke Flüjel. Allet klärchen? Jut, ick hab jetz nämlich Mittag. Tschö.“ Die Dame griff nach dem Rollo über ihrem Fenster und zog ihn nach unten. In schrecklich bunten Lettern strahlten mir die Wörter: „Vorübergehend geschlossen“ entgegen. Naja, das passte wenigstens zur Person im Häuschen. Außerdem hatte ich jetzt ja die Information, die ich haben wollte. Somit machte ich mich auf den Weg; in der Hoffnung, dass ich alles behalten und richtig gedeutet hatte, bei diesem furchtbaren Akzent. Endlich! Nach nur zwanzig Minuten hatte ich endlich den linken Flügel gefunden; und war nur zwei Mal in die falsche Richtung gelaufen. Woher sollte ich denn auch wissen, welchen von den beiden Springbrunnen die Dame gemeint hatte? Nun gut, dass war jetzt schon Schnee von gestern, denn ich stand endlich vor dem Infohäuschen des linken Flügels. Es war zwar keiner dort, doch ein freundliches Schild sagte mir, was in diesem Fall zu tun war. Daher schlug ich drei Mal sanft auf das Klingelchen, welches mich stark an eine Klingel von einer Hotelrezeption oder gar an die Klingel beim Halli Galli erinnerte. „Joa, nu sein se man ich so unjeduldich, ne? Imma langsam mit de jungsche Ponys.“ Wo zur Hölle war ich hier gelandet? War das der Wettstreit der Informationshäuschen „Wer hat den schlechteren Akzent“? „Na Jüngelsche, wie is dir zu helfe“, fragte mich ein drahtiger Mann, meiner Schätzung nach mittleren Alters, der fast in seiner Haarpracht am Kopf unterging. Die aufgehellten matschblonden Haare fielen ihm so ins Gesicht, dass ich mit nicht sicher war, ob der Mann noch einen Bart trug oder ob es sich NUR um sein Kopfhaar handelte. „Ich suche Zimmer 134, im zweiten Stock des linken Flügels“, antwortete ich ihm, schließlich wusste ich nicht ob es im rechten Flügel auch ein Zimmer mit der Nummer 134 gab. „134“, murmelte der Mann vor sich hin, „ah, des Zimmer mit de arme Jüngelsche, wat is von de Lastwajen überrollt worden.“ Ich erschrak. Was sollte denn das nun wieder heißen. Doch ungerührt fuhr der Mann fort: „Ach ne, det war de Nummer 341. Für de Nummer 134 nimmste den Ufzuch in de zweite Stock, jehst dann nach rechts und schon haste de Türsche gfunde.“ Ich bedankte mich schnell und lief zu den Aufzügen. Noch mehr schlechte Akzente konnte ich beim besten Willen nicht mehr ertragen. Mit dem ersten Aufzug, der im Erdgeschoss hielt, fuhr ich in den zweiten Stock. Wendete, wie der Mann an der Info mir das gesagt hatte nach rechts und stand tatsächlich vor dem Zimmer mit der Nummer 134. Zaghaft klopfte ich an die Tür. Ein schwaches „Herein“ ließ mich die Tür öffnen und einen ersten Blick auf den Patienten werfen. „Ich seh scheiße aus, was Alter“, fragte mich Nick näselnd. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte betrachtete ich ihn eingehender. „Hast jedenfalls schon mal besser ausgesehen“, antwortete ich ihm. Nick lag mit eingegipster Nase und mehreren Verbänden um den Oberkörper gewickelt im Krankenhausbett. „Ilias hat aber auch zugeschlagen. Dagegen sind die Wrestler im Fernsehen die reinsten Waschlappen“, witzelte Nick, wobei er immer wieder scharf Luft einzog. „Kacke, selbst das Lachen tut weh. Aber hey, lassen wir das Gerede von mir. Du siehst wie es um mich steht, von daher reden wir lieber von dir. Sam hat erzählt, dass du auf dieses schnieke Internat gehst wo eigentlich dein Bruder hingehen sollte?“ „Nun, weißt du“, ich druckste ein wenig herum, „es ist ja nicht meine Schuld, dass Janus so einen Mist baut. Auch wenn es mir seitdem ständig in die Schuhe schiebt und mich am liebsten mit seinen Blicken aufspießen würde.“ „Alter, dass ist deine Chance! Ilias will dich am liebsten kalt machen, weil du ihm die Chancen bei Connys Schwester Alexa zunichte gemacht hast. Dieses Internat ist zurzeit das Beste was dir passieren konnte!“ Ich lächelte. Nick schaffte es immer an der Situation etwas Positives zu sehen, egal wie schlecht es ihm selbst ging. „So Alter, da du dich schon an einem Samstag zu mir ans Krankenbett gequält hast musst du jetzt natürlich auch bleiben. Sam kommt auch demnächst noch rum und dann feiern wir ne richtig nette Abschiedsparty. Wag es ja nicht vorher zu gehen!!" Nick grinste und hätte mich am liebsten wohl auch noch in die Seite geknufft, was aber im anbetracht seines Zustandes leider nicht ging. Sam schneite wirklich wenig später herein, bepackt mit Kuchen aus dem Supermarkt, Softdrinks und drei kleinen Partyhütchen. Die beiden waren echte Freunde. Sonntagmittag, meine Koffer standen gepackt in unserem Familienauto, Freya, Janus und Rhea quetschten sich in dieser Reihenfolge auf die Rückbank. Ich saß mit meinem Rucksack, der gefüllt war mit meinem MP3-Player, diversen Cd’s, Schreibutensilien, Blöcken, einer Fotokamera, Briefmarken und meinem Lieblingsplüschtier, auf der mittleren Bank am Fenster. Dad schloss eben noch den Kofferraum, während Mom es sich schon auf dem Beifahrersitz bequem gemacht hatte. „Muss noch mal einer aufs Klo“, fragte Mom. „Schreit doch nicht alle hier“, scherzte sie, als sich keiner meldete. Zur gleichen Zeit war Dad auch eingestiegen. „Wir fahren jetzt circa fünf Stunden, wenn alles gut geht und uns kein Stau in die Quere kommt. Wir werden keine Pause machen, von daher nehmt die Frage eurer Mutter ernst“, sagte er streng, doch selbst darauf kam keine Meldung. „So wie ich das sehe, können wir somit losfahren“, schlussfolgerte er daraus und ließ den Motor an. Urplötzlich stellte sich bei mir Muffensausen ein. Ich wollte nicht weg, auch wenn das hieß eine gehörige Tracht Prügel von Ilias zu bekommen. Mom machte es auch nicht besser in dem sie sagte: „Kain, jetzt verlässt du uns für fünf lange Jahre. Ich hoffe du, wirst uns nicht vergessen und viele neue Freunde finden.“ Ich antwortete ihr nicht. Zu stark war das Gefühl der Traurigkeit darüber die gewohnte Umgebung, die Freunde und die Familie zu verlassen. Selbst meinen fiesen Bruder fing ich jetzt schon an zu vermissen. Beim Blick aus dem Fenster sah ich wie die letzten Häuser der Stadt an uns vorbeizogen und wir schließlich auf die Autobahn fuhren. Nun gab es wirklich kein Zurück mehr. Kapitel 3: Ein neuer Anfang --------------------------- Hallo, das Doom ist mal wieder zum schwafeln da. Danke an alle die sich tapfer durch Kapitel 1 und 2 geackert haben. ^^ Hier kommt nun Kapitel 3. Neue Charaktere tauche auf und ich hoffe es wird nicht auf irgendeine Art verwirrend. Wenn doch, könnt ihr ja ein Kommi darüber dalassen und sonst gilt wieder: tobt euch aus bei den Kommentaren. Sagt was euch gefällt und was nicht. Änderungsvorschläge nehme ich gerne entgegen. Aber nun Ende der Quasselei und viel Spaß beim lesen. ^^ 3.Kapitel: Ein neuer Anfang Die Autofahrt dauerte nun schon sieben Stunden. Kurz nach der Stadtgrenze hatte es mit Baustellen angefangen und endete dann in einem Stau nach dem anderen. Von der Strecke hatte wir nach Dads Aussage nicht mal die Hälfte geschafft. Wenn das so weiterging, würden wir nicht vor Mitternacht in Nephelion ankommen. Es kam mir so vor, als ob die Stadt mich nicht gehen lassen wollte. Ich wusste, dass es dumm war an so etwas zu glauben, doch es half mir das übermäßige Heimweh, das ich empfand wenigstens ein kleines bisschen zu reduzieren. Ich fragte mich, was Nick und Sam in diesem Augenblick machten und auch was Ilias zurzeit tat. Wie er wohl reagieren würde, wenn er mich morgen nicht würde finden können und er dann erfuhr, dass ich die Schule gewechselt hatte? Ob er mich für einen Feigling hielt, der sich vor den Hürden des Lebens drückte? Verübeln konnte ich es ihm nicht. In seiner Position würde ich vermutlich genauso denken. Doch gleichzeitig konnte ich ihm auch nicht verzeihen. Dafür, dass er Nick einfach zusammengeschlagen hatte, nur weil er mal an ein Mädchen nicht rangekommen war. Zumal ich auch nicht verstehen konnte, wie er sich für die Schwester von Conny Daniels interessieren konnte. Das Mädchen war eine Hungerharke ohne gleichen, vollkommen blass, wenn nicht sogar kalkweiß und ihre Locken, die die gleiche Farbe hatten, wie die von Conny, machten sie zu einem Menschen, dem man eher nachsagen würde, dass er eine schwere Krankheit ausbrütete, als jung und vital zu sein. „Kain, tu es deinen Geschwistern gleich und schlaf ein wenig“, riss mich Mom aus meinen Gedanken, „es wird voraussichtlich noch etwas länger dauern.“ Liebevoll lächelte sie mich an. Ich nickte nur schwach, kramte mein Plüschtier, einen sehr alten und abgegriffenen Teddy, aus meinem Rucksack und legte mich so gut es ging auf die Bank, den Teddy fest an mich gedrückt. Noch einmal blickte ich aus dem Fenster. Die Sonne überließ so langsam dem Mond die Vorherrschaft und die ersten Sterne waren im Osten zu sehen. Es war ein wunderschöner Kontrast zum rot der untergehenden Sonne. Ich lächelte traurig, ehe ich mich dem Himmel abwandte und die Augen schloss. Mom hatte Recht, ein wenig Schlaf würde mir sicher helfen. Dies war mein letzter Gedanke, ehe ich ins Reich der Träume hinüber glitt. Ein leichtes Rütteln holte mich aus meiner erholsamen Ruhe. „Hey kleiner Bruder, Mom hat gesagt, dass wir da sind“, hörte ich Freya sagen. Ich brummelte ein „Schon?“ und wollte nicht wirklich aufstehen. Doch meine Schwester war in dieser Hinsicht unerbittlich. So sah ich mich gezwungen, nach einem herzhaften Gähnen, meinen Teddy zurück in den Rucksack zu tun und mich wieder richtig hinzusetzen. Dad schien gerade so etwas wie eine von Laternen schlecht beleuchtete Auffahrt hinaufzufahren. Kurze Zeit später hielten wir vor einem mächtigen Gebäude. Mein Vater stellte den Automotor ab und ließ uns aussteigen. Sofort wurden wir von einem älteren Herren in Empfang genommen. „Familie Allaster nehme ich an? Ich hoffe sie hatten eine angenehme Anreise“, sagte der Mann überschwänglich. „Ja, total angenehm“, hörte ich Janus grummeln. Der Mann musste ihn wohl gehört haben, denn er schritt zielsicher auf ihn zu. „Und sie sind sicher der junge Mann, der ab morgen, äh heute, ich vergaß wie spät es schon ist, diese renommierte Einrichtung besuchen wird?“ „Nein, das ist er nicht“, schaltete meine Mutter sich ein, „Janus wird eine andere Schule besuchen. Mein anderer Sohn, Kain wird ab heute einer ihrer Schüler sein.“ Damit schob sie mich in Richtung des Mannes. Dieser betrachtete mich kurz im schwachen Licht der Laternen und zog die Stirn kraus. „Nun ja, ist auch nicht so wichtig.“ Das nannte man wohl Hass auf den ersten Blick. „Würden sie mir bitte folgen“, forderte er uns auf, „und vergessen sie das Gepäck des Jungen nicht.“ Ach, jetzt hieß es nicht mehr „Junger Mann“, sondern einfach „Junge“. Trotzdem folgten wir dem Herren. Meine Schwestern, meine Eltern und ich trugen jeweils einen meiner Koffer. Auch dieser Umstand wurde von dem Herren missbilligend hingenommen. Nachdem wir durch eine pompöse Eingangshalle gegangen waren, stiegen wir über breite Treppen in den dritten Stock hinauf. Wir liefen an mehreren Türen vorbei, bis der Herr schließlich eine für mich wohl geeignete Tür gefunden hatte. „Hier wird das Zimmer ihres Jungen sein“, er schaute mich von oben herab an, „es wäre ratsam, wenn er sich gleich die Zimmernummer merken würde. Wir wollen ja nicht, dass der Junge sich in unserer renommierten Einrichtung verläuft.“ Danke, er mich auch. Was hatte der Typ bloß gegen mich? „Ich muss sie nun bitte zu gehen, der Schulalltag beginnt hier sehr früh, außerdem haben ihre restlichen Kinder heute sicher auch ihren ersten Schultag. Von daher halte ich es für angebracht, dass sie ihre Jungen hier verabschieden.“ Ein „Haut ab, wir wollen euch hier nicht“ wäre genauso verständlich gewesen. Doch das ziemte sich für diese Schule wohl nicht. Wenigstens ließ er noch zu, dass meine Schwestern und meine Eltern meine Koffer in meinem neuen Zimmer abstellten. Dann drückte mich meine Familie und wünschte mir Glück. Alle bis auf Janus. Er gab mir nur ein „Hoffentlich baust du so viel Mist, dass sie dich bald hochkant wieder rauswerfen“ mit auf den Weg. Der Mann begleitete meine Familie zu den Treppen. Ich winkte ihnen leicht hinterher, wandte mich dann aber ab und ging in mein neues Zimmer. Wo der Lichtschalter zu finden war, hatte uns der Mann freundlicherweise gezeigt. Ich schaute mich in meinem neuen Reich um. Das Zimmer war kleiner als mein altes zu Hause. Neben einem Bett besaß es nur noch einen Kleiderschrank, einen Schreibtisch und eine Kommode. Als ob ich es nicht geahnt hätte, dass fünf Koffer maßlos übertrieben waren. Seufzend öffnete ich einem nach dem anderen auf der Suche nach meinem Kulturbeutel und meinem Schlafanzug. Glücklicherweise befand sich das Gesuchte schon im zweiten Koffer. Doch dann fiel mir ein, dass der Mann uns nichts außer meinem Zimmer gezeigt hatte. Ich hatte keine Ahnung wo sich auf diesem Flur ein Waschraum geschweige denn eine Toilette befand. Na prima. Der Typ hasste mich und ich musste aufs Klo. „Entschuldigung? Störe ich“, fragte mich plötzlich jemand hinter mir, „die Tür war offen und es brennt noch Licht. Du musst neu hier sein.“ Ich drehte mich um. Vor mir stand ein Junge in meinem Alter, mit blonden schulterlangen Haaren und grau-grünen Augen, der einen blauen Schlafanzug mit kleinen Schäfchen drauf trug. Da fühlte ich mich mit meinem Teddy schon mal nicht mehr so allein. „Du störst nicht. Und ja, ich bin neu hier. Gerade eben erst angekommen. Ich heiße übrigens Kain“, antwortete ich dem Jungen auf seine Fragen und stellte mich gleichzeitig vor. „Mist, dabei wollte ich mich doch zuerst vorstellen“, lachte der Junge, „ich bin Alexander. Alexander Cardell um genau zu sein. Und um deine Frage gleich zu beantworten. Ja, meinem Vater gehört Cardell Industries. Ich hoffe aber, dass du mich deshalb nicht für einen verwöhnten und versnobten Kerl hältst.“ Er lachte wieder. Irgendwie mochte ich sein Lachen. Es war warm und freundlich, genau wie das Lachen von Nick und Sam. Plötzlich schlug meine Freude über eine neue Bekanntschaft wieder in Trauer um. Das merkte Alexander auch. „Hey, guck nicht so traurig. Glaub mir, der Abschied von seiner Familie fällt jedem Neuen, der hier herkommt, schwer. Außerdem, wenn du jetzt schon trauerst, wird dich das Heimweh erst recht fertig machen. Also, Kopf hoch. Auf jeden Regentag folgt erfahrungsgemäß auch wieder ein Tag, an dem die Sonne scheint.“ Er grinste und ich blickte verlegen auf meinen Kulturbeutel. Da fiel mir mein ursprüngliches Anliegen wieder ein. „Kann ich dich mal was fragen?“ Er nickte. „Wo ist hier der Waschraum beziehungsweise das Klo?“ „Hat dir das der alte Thopson nicht gesagt“, fragte Alexander mich erstaunt. Ich schüttelte den Kopf und antwortete: „Irgendwie scheint der mich nicht leiden zu können.“ „Vielleicht weil deine Ankunft ihn vom schlafen abgehalten hat. Aber das sollte uns zu dieser Stunde nicht weiter interessieren. Komm, ich zeig dir die Toiletten und den Waschraum.“ Alexander hatte mir, nachdem er mir das Wichtigste auf dem Stockwerk gezeigt hatte, auch noch gleich mit versprochen, dass er mich am Morgen abholen und wir gemeinsam zur Einführungszeremonie für alle Schüler gehen würden. Genau dies taten wir jetzt. Um uns herum liefen andere Schüler, alle noch in ziviler Kleidung. Die Schuluniformen sollten wir erst nach der Einführung bekommen, so Alexander. Und wir würden von dieser einen kompletten Satz Sommer-, Winter- und Festuniformen erhalten. Die Aula lag direkt hinter der großen Eingangshalle, was mir heute Nacht nicht aufgefallen war. Im Gegensatz zur Eingangshalle war die Aula auch eher klein und schlicht. Sie bot für circa 150 Menschen Platz. Eigentlich zu viel Platz für die Schüler- und Lehrerschaft von Nephelion, doch aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund war der Saal hoffnungslos überfüllt. Wenigstens hatten Alexander und ich noch Plätze auf Stühlen gefunden. Ein lauter Pfiff ließ alle Anwesenden verstummen. „Der Herr Direktor wird nun einige Worte an euch richten. Nehmt sie euch zu Herzen und ihr werdet ein friedliches Jahr haben“, sagte der Mann von heute Nacht, der laut Alexander Thopson hieß, durch ein Mikrofon, „und nun begrüßt alle unseren hochgeschätzten Direktor, Alfred Schneider!“ Damit trat Thopson vom Mikrofon zurück und überließ es einem sehr alten Herrn, der wahrlich schon kahl auf dem Kopf war und sehr gebückt ging. Mehr konnte ich von ihm nicht sehen. Dann begann das Männlein auch schon mit seiner Rede. „Liebe Schüler und liebe Neuhinzugekommene, ich begrüße euch zu diesem Schuljahr. Für die Älteren wird es jetzt sicher etwas langweilig, doch die Sitte gebietet es, dass ich die Hausordnung mit samt allen ihren Änderungen verlese. Vielleicht wird dem ein oder anderen dadurch eine vergessene Regel wieder ins Gedächtnis gerufen. Zum ersten, da dies eine reine Jungenschule ist, sind öffentliche Zuneigungsbekundungen bitte so weit es geht zu unterlassen. Verlegt diese bitte auf eure Zimmer. Zum zweiten sind Paare an dieser Schule nicht zu diskriminieren. Schließlich wollen wir euch ja auch Toleranz beibringen. So, das waren die wichtigsten Regeln, die anderen, die auch an jeder anderen Schule üblich sind, werde ich jetzt verlesen. Kein Kaugummikauen im Unterricht und auch sonst nicht im Schulgebäude, rauchen ist nur im eigens dafür errichteten Raucherhäuschen gestattet. Wir alle erinnern uns an den verheerenden Miniwaldbrandt von vor zwei Jahren. Dann, ach ja, schwatzen im Unterricht ist nur erlaubt, wenn man dazu aufgefordert wird oder es sich um eine Diskussionsstunde handelt. … … … … … … … … … So meine lieben Schüler, das wäre es. Eure Schuluniformen holt ihr euch gleich hier vorne ab. Alle sind auf der Liste von Herrn Thopson alphabetisch aufgelistet und nicht nach Klassen. Wenn ihr euren Namen hört, kommt bitte nach vorne und holt euch eure Uniformen ab. Danach verlasst ihr bitte die Aula und geht auf eure Zimmer. Die Lehrer werden euch dann, sobald die letzte Uniform ausgeteilt ist, eure Stundenpläne bringen. Daher bleibt auch bitte auf euren Zimmern. Ich wünsche euch ein schönes Jahr.“ Damit trat der Direktor vom Mikrofon zurück und Thopson begann damit die Liste der Schüler zu verlesen. „Abigail, Marcel.“ „Adez, Nicolai.“ „Aitrim, Jonas.“ „Allaster, Kain.“ Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich der vierte auf der Liste sein würde. Rasch stand ich auf und drängelte mich nach vorne zum Mikrofon durch. Thopson reichte mir meinen Stapel mit Uniformen, allesamt in einem Blau-Silber gehalten. Dann verlas er auch schon den nächsten Namen und ich drängelte mich zur Tür durch. Jetzt hieß es nur noch unbeschadet in mein Zimmer zu kommen, was in anbetracht von 15 Uniformen nicht so leicht war. Von wegen Kleidung würde nichts wiegen. Schon im zweiten Stock war ich außer Puste. Gut, dass es nur noch ein Stockwerk und ein Flur waren. Im dritten Stock holte mich Alexander unerwartet ein. „Sag mal“, fing er an, „warum hast du denn nicht den Aufzug genommen und bist den ganzen Weg gelaufen?“ „Es gibt einen Aufzug?!? Wieso hast du mir das denn vorhin nicht gesagt“, fauchte ich ihn fassungslos an. „Hab ich in dem Augenblick wohl vergessen“, grinst er schief an seinem eigenen Uniformenstapel vorbei, „sorry, okay? War wirklich nicht meine Absicht.“ Ich seufzte. Hätte mich ja eigentlich auch selbst mal erkundigen können. „Zeigst du mir, sobald wir unsere Stundenpläne haben, wo der Aufzug ist?“, fragte ich ihn deshalb zur Versöhnung. „Klar, mach ich doch gerne!“ Damit verabschiedete er sich von mir, da sein Zimmer weiter vorne auf dem Flur lag. Ich lief den Rest des Weges und war froh, als ich endlich vor meiner Zimmertür zum Stehen kam. Heute Morgen hatte ich sie mir extra eingeprägt, da ich Herrn Thopson keinen Anlass geben wollte mich noch mehr zu hassen. Ich hörte schon ein „So etwas passiert halt nur den Schlechtesten, Junge. Ein guter Beweis dafür, dass du nicht hierher gehörst“ in meinen Ohren. Angewidert schüttelte ich den Kopf. Nicht auch noch Gedanken an diesen komischen Typen verschwenden, schalt ich mich. Vorsichtig, damit auch ja keine von den Uniformen hinunterfiel, drückte ich mit dem Ellenbogen die Türklinke nach unten. Ich rutschte ein paar Mal ab, schaffte es dann aber doch ohne Verluste in mein Zimmer zu gelangen. Die Uniformen legte ich auf meinem Bett ab und betrachtete sie genauer. Jeweils sechs Uniformen waren für den Sommer und denn Winter, die restlichen drei für schulinterne Feiern. Die für den Sommer besaßen blau-silberne Hemden mit kurzen Ärmeln und schwarzen Hosen, die für den Winter langärmlige schwarze Hemden und dickere blau-silberne Hosen; die für die Feiern waren einheitlich blau-silbern mit diversen Verzierungen an den langärmligen Hemden und Stickereien an den Hosenbeinen. Die Schule ließ sich ihre Uniformen echt was kosten. Aber, wie Thopson das wohl ausdrücken würde, diese renommierte Einrichtung brauchte gut angezogene und gepflegte Schüler, sonst wäre sie bald nicht mehr so renommiert. Ich kicherte leise. Dann nahm ich die Uniformen und hing sie in den Kleiderschrank, wobei mir wieder bewusst wurde, dass ich die letzten zwei Koffer noch gar nicht ausgeräumt hatte. Würde ich wohl auch in nächster Zeit nicht tun, denn mit den Uniformen war der Schrank nun übervoll. Ob Mom wohl gedacht hatte, dass wir hier keine Kleidung bekommen würden? War ja auch egal, jetzt hieß es erstmal auf den Lehrer und den Stundenplan warten. Was ich wohl für Fächer haben würde? Schließlich hatte sich nur Janus damit auseinander gesetzt. War ja auch eigentlich seine Traumschule. Daher stempelte ich diese Gedanken kurzer Hand als unnütz ab und fand mich damit ab, mich wohl oder übel überraschen zu lassen. Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später hielt ich meinen Stundenplan in Händen und auch die Aufforderung mich für mindestens einen Club zu entscheiden. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und verglich die Zeiten meiner Stunden mit denen der Clubs. Toll, irgendwelche Sportclubs fielen schon mal flach, da sie morgens zwischen 8 und 10 Uhr stattfanden und ich jeden Tag um diese Uhrzeit meinen ersten Block hatte. Auf kochen und gärtnern hatte ich keine Lust. Künstlerisch war ich auch nicht der Begabteste. Nun ja, das Schreiben lag mir ein wenig. Jedenfalls hatten das immer meine Lehrer gesagt. Also guckte ich nach einem Club, der sich genau damit beschäftigte. Und tatsächlich, es gab einen der sich kreatives Schreiben nannte und auch gleichzeitig die Redaktion der Schulzeitung bildete. Der war doch was. Just in dem Moment platzte Alexander in mein Zimmer. „Hast du dich schon für einen Club entschieden?“, platze er sofort heraus. Ich nickte bestätigend und antwortete: „Ich werde mich wohl bei der Schulzeitung bewerben.“ „Wirklich? Wow, das wird sicher ein harter Job. Ich wollte mich, ach nein, vergiss es, ist auch so schon peinlich genug.“ Fragend schaute ich ihn an. Was konnte denn schon peinlich an diesen Clubs sein? Gut, kochen und gärtnern vielleicht, aber so sah mir Alexander nun wirklich nicht aus. „Nun sag schon“, bat ich ihn deshalb. „Aber lach nicht!“ Dann zögerte er etwas bis er weiter sprach und ich versprochen hatte unter keinen Umständen zu lachen. „Ich wollte mich dem Musikclub für klassische Musik anschließen. Weißt du, ich spiele seit meinem fünften Lebensjahr Cello und ich dachte ein Orchester könnte meinen Fähigkeiten vielleicht förderlich sein.“ Er wurde unsicher. „Warum guckst du so? ich wusste doch, dass das peinlich ist! Warum hab ich dir das erzählt?“ Sah ich da etwa Tränen in seinen Augen? Sofort versuchte ich ihn zu beschwichtigen. „Das ist nicht peinlich. Ich finde es toll, dass du so ein Durchhaltevermögen hast. Ich sollte mit sieben anfangen Flöte zu lernen, aber meine Eltern gaben es schnell auf. Sowohl sie als auch mein Lehrer sahen ein, dass ich total unmusikalisch war“, lächelte ich. „Wirklich?“ Er schien mir nicht zu glauben. „Wirklich“, bestätigte ich es daher. Ein erstaunlich süßes Lächeln zeigte sich daraufhin auf seinem Gesicht. „Danke“, flüsterte er, „bis morgen“. Dann drehte er sich um und verließ mein Zimmer. Ich lehnte mich in meinen Stuhl zurück. Alexander schien mir zu trauen. Die perfekte Grundlage für eine erste Freundschaft in dieser fremden Umgebung. Eine Freundschaft die mich hoffentlich vergessen ließ, was mich zurzeit zu Hause erwartete. Ich seufzte. Es war mein ehemaliges zu Hause, denn für die nächsten fünf Jahre würde dieses Internat mein Heim sein. Ich seufzte noch einmal und harrte dann der Dinge die mich noch ereilen würden. Früher oder später. Kapitel 4: Zwischen Pinseln und Druckerschwärze ----------------------------------------------- Hallo miteinander. Das Doomtrain begrüßt die fleißigen Leser zum vierten Kapitel. Vorneweg sei gesagt, der Titel passt nicht ganz, aber mir ist bis jetzt leider auch noch kein neuer eingefallen. >< Wer Vorschläge hat, kann sie gerne per ENS zusenden oder per Kommentar dalassen. ^^ Andere Kommentare können aber auch gerne dagelassen werden. ^^ So, genug geschwafelt... ah, halt! Wichtig! Mein Beta ist derzeit leider nicht da, das heißt Kapitel 5 könnte sich verzögern. Tut mir schon im voraus Leid. >< Nun aber viel Spaß mit Kapitel 4. ^^ 4. Kapitel: Zwischen Pinseln und Druckerschwärze 6 Uhr, Dunkelheit und „Antonia“, was wollte ich mehr? Dass der Radiosender andere Musik spielte zum Beispiel? Oder dass das Frühstück erst um 9 Uhr stattfand und nicht um 7 Uhr? Vielleicht wäre auch eine andere Himmelsfarbe als grau ganz nett. Doch ich sah ein, dass dies alles nicht in meiner Macht lag und ich mich dem Willen des Universums fügen musste. Müde stand ich auf, nahm meinen Kulturbeutel zur Hand und verließ das Zimmer Richtung Waschsaal. Dort angekommen traf ich auf ein paar andere Schüler, die, wie ich wohl auch, nicht sonderlich wach aussahen. Still suchte ich mir ein Waschbecken und zog mein Pyjamaoberteil aus. Aus meinem Kulturbeutel, der auf dem Rand des Beckens stand, kramte ich einen Waschlappen und etwas Seife. Ich drehte den Wasserhahn auf und quiekte leise, als das kalte Wasser meine Hand berührte. Unsicher blickte ich mich um, aber keiner der Anderen hatte es wohl mitbekommen. Beruhigt hielt ich meinen Waschlappen in das Wasser, um mir gleich darauf mit ihm das Gesicht zu waschen. Die Kälte tat sofort ihren Dienst und ich spürte, wie ich mit einem Mal wach wurde. Ich hielt den Waschlappen wiederholt unter den Hahn, ehe ich ihn dann einschäumte. Leicht hob ich meinen linken Arm um mich besser waschen zu können, als ein „Seht euch dieses Baby an“, an meine Ohren drang. Doch ich gab nichts darauf und wusch mich in aller Ruhe weiter. Nachdem ich das erledigt hatte, putzte ich mir noch die Zähne, packte meinen Beutel, inklusive Pyjamaoberteil, zusammen wollte den Waschsaal verlassen. „Wohin so schnell, Baby?“ Da war die Stimme wieder und ich war mir fast sicher, dass ich sowohl Anlass der ersten als auch der zweiten Äußerung war. Dann packte mich eine kräftige Hand an meiner Schulter und wirbelte mich herum. Vor mir stand ein circa zwei Meter großer Bursche, der wahrscheinlich in einem Fitnessstudio aufgewachsen war. Er trug nur schwarze Shorts, ansonsten war er unbekleidet. Seine Haare waren kurz geschnitten, aber nicht alle. In einen Ballen Haare war ich hineingefallen, als er mich so unsanft umgedreht hatte. Sowohl an seinen Arme, als auch an seinen Beine uns seiner Brust wuchsen die Haare, die er auf dem Kopf nicht hatte. Im Kopf hatte er wohl auch nichts, denn seine nächste Frage war hohler als hohl. „Na? Hast du dir von deiner Freundin das Wachs geborgt, damit du dich auch ja von uns behaarten Affen unterscheidest?“ Ich verstand zuerst nicht, doch dann dämmerte es mir, dass er auf meine Körperbehaarung, die im Gegensatz zu seiner recht spärlich ausfiel, anspielte. „Tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen, aber das ist bei mir so veranlagt. Außerdem würde ich jetzt gerne in mein Zimmer zurückgehen, damit ich das Frühstück nicht versäume.“ Ich hoffte es hatte stärker geklungen als ich mich in Wirklichkeit fühlte. Der Typ flößte mir mit seiner Gestalt gehörigen Respekt ein. Und auch Angst. Meine Vernunft schrie, dass ich den Typen ja nicht provozieren sollte, wenn ich meinen ersten Schultag heil überleben wollte. Der Riese war wirklich so dumm, wie er aussah. „Veranlagt? Was ist das? Ich hab ne Anlage zu Hause stehen. Aber da sind keine Menschen drin, nur CD’s“, wunderte er sich. „Bist du dir da ganz sicher“, fragte ich nach. Möglicherweise konnte ich ihn so dazu bringen mich endlich loszulassen. Das tat er auch tatsächlich. Dafür schnappte er sich den nächst Besten, hob ihn hoch und schüttelte ihn, während er ihn fragte: „Sind in meiner Anlage kleine Menschen? Los, spuck’s aus!“ Und der arme Tropf spuckte. Womöglich sein gesamtes restliches Abendessen von gestern ins Gesicht des Riesen. Erschrocken ließ dieser ihn wieder auf den Boden sinken, während ich zusah, dass ich da weg kam. Sollte der Riese seine Wut an jemand anderem auslassen, solange ich es nicht war; oder Alexander. Der begegnete mir nämlich auf dem Rückweg. „An deiner Stelle würde ich den Waschsaal jetzt noch meiden. So ein großer Typ hat einen anderen Schüler so durchgeschüttelt, dass dieser seinen restlichen Mageninhalt auf ihm verteilt hat“, sagte ich, einen Würgereiz nur knapp unterdrückend. Alexander ging es ähnlich, wie ich seinem angeekelten Gesicht entnehmen konnte. „Dann frag ich mal meinen Cousin, ob ich mich ausnahmsweise mal bei ihm frischmachen kann. Weißt du, er ist nämlich zwei Jahrgänge über uns. Also auch zwei Stockwerke“, sagte er und verschwand. „Wir sehen uns dann beim Frühstück“, rief ich ihm noch halbherzig hinterher, ehe ich den Weg zu meinem Zimmer fortsetzte, um mich fertig zu machen. 6.55 Uhr und eine schier endlose Schlange vor der Essenausgabe. Von Alexander war kein Körnchen zu entdecken und die Reihe wurde hinter mir immer länger. Da konnte man wohl nichts machen. Die Sekunden verstrichen und die eigentlichen fünf Minuten wurden zu einer Ewigkeit. Selbst als es dann 7 Uhr war setzte sich die Schlange nur sehr langsam in Bewegung. Endlich, nach einer guten Viertelstunde kam ich dann endlich dran. „Hey, Junge, wo ist dein Tablett“, fragte mich die Küchenfrau nicht grade freundlich und ich erbleichte. Tatsächlich hatte ich mir keines der ausliegenden Tabletts genommen. „Nich nur blöd sondern auch noch stumm. Dann mach wenigstens den Weg für die frei, die etwas heller als du sind.“ Ohnmächtig vor Scham räumte ich das Feld und setzte mich an einen noch freien Tisch. Niedergeschlagen hockte ich nun da und verfluchte meine eigene Dummheit. Der Tag war doch jetzt schon gelaufen. Zuerst der Typ im Waschsaal, jetzt kein Frühstück und ein acht-Stunden-Tag der mir noch bevorstand. Seufzend blickte die schier endlose Schlange von Schülern an, die sich mit Tablett angestellt hatten. Wenn ich mir jetzt noch eines holen würde, wäre die Frühstückszeit längst zu Ende ehe ich noch mal die Küchenfrau erreicht hatte. Mein Magen gab ein hungriges Grummeln von sich. Gleichzeitig klopfte jemand neben mir auf den Tisch. Überrascht und leicht bedröpelt blickte ich auf. Mein erster Blick fiel auf ein vollgeladenes Tablett. Der zweite auf ein freundlich lächelndes Gesicht. „Du siehst hungrig aus, darf ich mich setzen?“ Ich nickte und bedeute ihm, sich zu setzen. „Hi, ich bin Cal, zweiter Jahrgang“, stellte er sich vor, „und mir ist letztes Jahr genau dasselbe passiert. Du kannst mir glauben, die Küchenfrau damals war noch gemeiner. Jetzt macht sie aber den Kiosk, weil ihr da angeblich nicht mehr so viele dumm kommen können. Wer’s glaubt wird selig.“ Er grinste, doch mein Blick klebte wieder auf dem vollen Tablett. Er folgte meinem Blick und grinste noch stärker. Dann schob er das Tablett direkt vor meine Nase. „Hier, bedien dich. Aber erst verrätst du mir deinen Namen.“ „Ich bin Kain, freut mich dich kennen zu lernen“, antwortete ich, während ich mir das erste Brötchen mit Salami vom Tablett grapschte. „Kain? Dann musst du Alexander kennen. Sein Cousin und ich sind nämlich befreundet“, sagte er und griff dann selbst nach einem Brötchen. „Ich dachte, Alexanders Cousin wäre im dritten Jahr“, würgte ich zwischen zwei bissen hervor. „Ist er auch, aber wir waren damals auf derselben Schule, ehe wir gewechselt haben, daher kenne ich ihn. Und wenn man vom Teufel spricht, kommt er auch angelatscht.“ Er deutete mit seinem angebissenen Brötchen auf zwei Gestalten, die sich unserem Tisch näherten. Es waren Alexander und ein junger Mann, den ich nicht kannte. Gut, Cal hatte ich bis vor fünf Minuten auch noch nicht gekannt, aber das lassen wir jetzt mal beiseite. „Ist das dein Freund Alex“, fragte der fremde Mann Alexander. „Ja, das ist Kain“, erwiderte der sofort. „Hey ihr zwei, wollt ihr euch nicht setzen? Im Stehen isst es sich so schlecht und ich denke, dass Kain und ich schmal genug sind, damit ihr auch noch hier an den Tisch passt“, mischte sich Cal grinsend in das entstehende Gespräch ein. Alexanders Cousin schnaubte verächtlich und setzte sich Cal gegenüber, während Alexander es sich mir gegenüber gemütlich machte. „Das ist übrigens mein Cousin Niel“, stellte Alexander den Fremden vor, „er und Cal sind früher auf dieselbe Schule gegangen.“ „Weiß er schon“, meinte Cal daraufhin nur und blickte genervt in Alexanders Richtung. „Sei nicht so unfreundlich zu Alex. Woher soll er denn wissen, was du dem Jungen schon erzählt hast und was nicht? Außerdem verdirbst du einem so die gesamte Tagesstimmung“, antwortete Niel scharf. „Du und deine Stimmungen! Weißt du eigentlich wie sehr mir die am Arsch vorbei gehen?“ „Cal, das ist schlecht für deinen inneren Frieden.“ „Ach fick mich doch!“ „Gerne.“ Urplötzlich wurde es still an den Tischen um uns herum. „Könntet ihr beiden bitte eure Bettgeschichten auch genau dort besprechen?“ Ein junger Mann mit ziemlich grimmigem Gesicht stand von einem der umliegenden Tische auf und kam auf uns zu. „Reiß bloß dein Maul nicht so auf, Lancelot. Schülersprecher hin oder her. Unsere Gesprächsthemen gehen dich nämlich einen feuchten Kehricht an!“ „Cal, bitte“, versuchte Niel die Situation zu entschärfen. „Nix is! Wenn der Typ Stress haben will, kann er den von mir aus haben!“ Gesagt, getan. Cal war von seinem Sitzplatz aufgesprungen und stand nun mit erhobenen Fäusten Lancelot, dem Schülersprecher, gegenüber. Wenn ich das alles richtig mitbekommen hatte. „Du willst hier und jetzt eine Schlägerei anfangen? Du bist wirklich nicht grade sehr intelligent Cal. Aber vielleicht erhöhen ja ein paar Schläge auf deinen Hinterkopf dein Denkvermögen?“ Damit hob auch der Schülersprecher seine Fäuste. „Bist ja doch keine so große Memme, wie ich immer gedacht hab“, provozierte Cal sein Gegenüber. „Und du bist wirklich viel dümmer als ich immer gedacht hatte.“ Da schien Cal wohl der Kragen zu platzen, denn im nächsten Moment landete seine rechte Faust in Lancelots linker Gesichtshälfte. „Du bist definitiv dümmer als alles was mir bisher begegnet ist.“ Cals linke Faust machte es sich in Lancelots rechter Gesichtshälfte gemütlich. „Und zuschlagen tust du wie ein Mädchen.“ Damit holte der Schülersprecher aus und donnerte Cal seine rechte Faust kraftvoll in den Bauch. Dieser krümmte sich vor Schmerzen und rang nach Luft. Mühevoll rappelte er sich wieder auf und versuchte sich wieder am Angriff, doch sein Gegner kam ihm zuvor und eine weitere gezielte Rechte schickte Cal zurück auf den Boden. Aber wie es schien nicht auf den der Tatsachen. Erneut rappelte er sich auf, doch ehe die beiden Kämpfenden wieder aufeinander losgehen konnten, beendete ein kleiner, aber dennoch bulliger Mann die Auseinandersetzung. „Wie oft habe ich euch schon gesagt, ihr sollt euch nicht schlagen? Ich denke für Menschen eures Alters häufig genug. Von daher werdet ihr auch die nächsten drei Wochen Strafarbeiten erledigen. Sollte es zu noch mehreren Vorfälle dieser Art kommen, werden der Direktor und ich über geeignete Maßnahmen beraten und sie auch durchsetzen“, tobte der Zwerg-Bulle und verwies Lancelot und Cal auf die Krankenstation, wo sie ihre Verletzungen behandeln lassen sollten. „Wer war denn das“, fragte ich Alexander leise. Der zuckte ahnungslos mit den Schultern. „ Das war Herr Boldòr, der Leiter der Bibliothek. Er ist aber auch gleichzeitig Thopsons Stellvertreter und somit die Nummer Drei hier an der Schule“, klärte Niel uns dann auf, ehe er sich den immer noch wütenden Cal griff und diesen aus der Mensa zerrte. Der Schülersprecher schaute den beiden kurz hinterher, dann kam er zu uns. „Nehmt euch bessere Beispiele, wenn ihr hier überleben wollt.“ Sagte er und verließ ebenfalls die Mensa. „Sehr freundlicher Kerl“, meinte Alexander leicht sauer, „soll er sich doch an die eigene Nase fassen und ein besseres Beispiel abgeben.“ Ich hingegen nickte nur und biss in das Brötchen, welches ich die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. Die erste Stunde und ein sehr suspekter Klassenlehrer. Hätte ich gewusst was mich erwartet, hätte ich mich von dem Affen von heute morgen mit Freuden verprügeln lassen. Welcher vernünftige erwachsene Mann trug denn bitte in aller Öffentlichkeit ein rosa Hemd, eine schwarze Hose und dazu ebenfalls rosafarbene Stilettos? Das ganze Outfit biss sich furchtbar mit den schwarz-grün-roten Haaren. Nicht mal die Freude über Alexanders Entschluss, sich neben mich zu setzen, konnte den Ekel, den der Anblick des Lehrers hervorrief, überdecken. Anderen erging es wohl ähnlich, denn beim Umhergucken erblickte ich fast ausschließlich kalkweiße Gesichter. „Guten Morgen, meine Süßen. Willkommen in Nephelion, einem der besten Internate der Welt. Um nicht zu sagen DEM Besten“, sprach der Lehrer und ich wusste schon jetzt, dass ich den niemals ernst nehmen konnte. „Mein Name ist übrigens Roseja, aber wenn ihr wollt könnt ihr mich „Titi“ nennen. Das tun die meisten hier“, fuhr die schrecklichste Ausgeburt der Modehölle fort. Minutenlang war es still in der Klasse, dann hob ein Junge zögerlich die Hand. „Ja“, flötete das Monster, „was möchtest du?“ „Herr Roseja? Können sie vielleicht weniger verstörende Kleidung tragen? Ich glaube, wenn ich mich hier so umsehe, dass ich für alle Schüler spreche“, sagte der Junge schüchtern. „Verstörend? Wer? Ich“, fragte das Monster erstaunt. Der Junge nickte. „Na wenn das so ist“, das Monster lächelte, „vergesst es! Das ist das erste woran ihr euch hier gewöhnen müsst. Noch eher als an das Heimweh, welches euch noch heimsuchen wird.“ Wenn es vorher schon still war, dann war es jetzt noch stiller. Ich hatte das Gefühl als könnte ich das Gras wachsen hören. Das eben noch strahlende Modemonster hatte nun einen ersten und strengen Gesichtsausdruck. Es fehlte bloß noch der Rohrstock in seiner Hand. „Gut, da wir uns verstehen, werde ich jetzt alles weitere für euch interessante Ansagen. Die Zeiten für die Mahlzeiten wisst ihr schon, doch die Zeiten der Clubs, für die ihr euch entscheiden solltet, wisst ihr noch nicht. Ich hoffe, ihr habt euch alle entschieden. Ich werde euch jetzt einzeln aufrufen und ihr kommt zu mir nach vorne und werdet mir euren Clubwusch verkünden. Dann werde ich euch die Tagungstermine des Clubs sagen und ihr werdet beim nächsten Termin dort vorstellig. Da die meisten Clubs aber auch schon so vorausschauend waren, finden die meisten heute statt. Also beeilt euch. Wer ist denn der erste auf meiner Liste? Ah, Allaster, Kain. Komm bitte zu mir.“ Na toll, ich war der Erste. Langsam erhob ich mich und ging auf Herrn Roseja zu. War wirklich schwer ihn nicht ständig Monster zu nennen. „Also? Welchem Club möchtest du beitreten“, fragte Herr Roseja mich. „Ich würde gerne der Schulzeitung beitreten“, antwortete ich fest. „Der Schulzeitung?“ Er musterte mich. „Hast du dir da nicht ein wenig zu viel vorgenommen?“ „Nein“, erwiderte ich. „Na schön. Gleich nach der Stunde solltest du dich dann in der Redaktion einfinden. Julian wird darüber entscheiden, ob du beitreten darfst oder nicht. Die Redaktion liegt im Nebenhaus 7. Verlauf dich auf dem Weg dahin nicht. Und um dir noch einen Tipp zu geben, geh jetzt schon mal los, sonst schaffst du es nicht rechtzeitig.“ Damit war ich wohl entlassen und so ging ich an meinen Platz zurück. „Was hat er gesagt“, wisperte Alexander mir zu. „Ich soll zum Nebenhaus 7 gehen“, flüsterte ich zurück. Alexander riss die Augen auf. „Nebenhaus 7? Das ist fast eine Stunde Fußmarsch von hier entfernt. Du solltest jetzt gehen, wenn du es noch schaffen willst.“ „Genau das hat das Modemonster auch gesagt.“ „Dann halt dich besser dran. Er ist schon länger an der Schule und kennt die Wege. Dieses eine Mal solltest du auf ihn hören.“ „Ich geh ja schon. Wir sehen uns später.“ Ich packte meine Sachen und verließ den Raum. Aber plötzlich stand ich vor der großen Frage: Wo lag dieses Nebenhaus 7? Eineinhalb Stunden später stand ich dann endlich vor dem Gebäude meiner Begierde. Das Durchfragen hatte wirklich etwas gebracht. Zweimal war ich ein wenig vom Weg abgekommen, doch das war egal in Anbetracht der Tatsache, dass ich endlich angekommen war. Zögerlich drückte ich gegen die Tür des Hauses und stellte fest, dass sie nicht verschlossen war. Ich trat hindurch und stand wenig später in einer kleinen Druckerei. „Du bist wohl der Neue. Titi hat uns schon berichtet, dass einer auf dem Weg zu uns ist.“ Ich blickte an einer alten Treppe, die sich an der Wand entlang schlängelte und scheinbar in Obergeschoss führte, empor. Ganz oben stand ein Mann mit Brille in einer seltsamen Uniform. „Ich bin Julian, der Leiter der Schulzeitung“, stellte er sich vor, „und ich erwarte viel von denen, die diesem Club beitreten wollen. Du hast diese Woche Zeit Probeartikel zu schreiben. Gefallen sie mir, wirst du offizielles Clubmitglied. Wenn nicht solltest du dich gleich an einen weiteren Club wenden. Die Artikel wird immer jemand von der Schulzeitung bei dir abholen, du musst also nicht immer herkommen. Du kannst jetzt gehen, den ersten Artikel erwarte ich morgen.“ Verdattert stand ich da. Der Typ wollte nicht mal meinen Namen wissen und er war einfach so abgehauen. Hieß das jetzt, dass ich eineinhalb Stunden für dieses Minigespräch gelaufen war? Und dass ich genau dieselbe Zeit für den Rückweg brauchen würde? Richtig genervt verließ ich die Druckerei wieder und machte mich auf in Richtung Haupthaus. Nach einem Viertel der Strecke hielt ein silberner Porsche neben mir. Es war Julian. „Komm, ich fahr dich zurück“, sagte er. Ich nahm an. Kapitel 5: Mut wird doch belohnt ... Ist er aber auch des Rätsels Lösung...? ---------------------------------------------------------------------------- Kapitel 5 und das pünktlich. Kaum zu fassen. Oo Naja, was beschwer ich mich? ... Äh, ja... Text vergessen... ^^ Ah! Erinnerung! Hallo mal wieder. ^_^ Hier schreibt wie üblich das Doom und das lässt auch alles wie üblich. Kommis, immer gerne mit Kritik, Lob und Anmerkungen. Tobt euch aus. Mich schockt nichts. ^^ Zum Kapitel: Es ist kurz, leider. Denn ursprünglich waren Kapitel 5 und 6 mal eins. Aber nachdem das riesig und unüberschaubar wurde habe ich schweren Herzens das Kapitel-Trennmesser zu Hand genommen und es in zwei Teil geteilt. Na gut, soviel dazu. Ich wünsch euch viel Spaß beim lesen. ^^ 5. Kapitel: Mut wird doch belohnt … ist er aber auch des Rätsels Lösung… ? Es war mittlerweile Freitag. Drei Artikel hatte ich schon abgegeben. Drei Artikel waren abgelehnt worden. Zu langweilig, wissen wir schon oder zu ungenau. Das hatte ich mir anhören müssen. Gleichzeitig hatte ich erfahren, dass der Schülersprecher Korrektur las und mit dem schien ich wohl kein sonderlich gutes Verhältnis zu haben. Ich hatte ihm vor drei Tagen in der Cafeteria nichts getan und doch legte er mir Steine groß wie Findlinge in den Weg. Alexander erging es wohl ähnlich, obwohl er beim Test für den Musikclub hervorragend abgeschnitten hatte. „Ich muss mich überwiegend um die Sauberkeit der Instrumente kümmern, aber die Clubmitglieder lassen mich sie nicht mal berühren. So als hätte ich nur im Sinn sie zu zerstören“, hatte er geklagt und dabei ausgesehen, wie ein Welpe im Regen, dessen Mutter verschwunden war. Er hatte sogar Niel gebeten, etwas gegen diese Zustände zu unternehmen, doch der meinte nur, dass, wenn der Schülersprecher seine Finger in Spiel hatte, selbst er nichts ausrichten könne. Cal regte sich, mal wieder beim Essen, tierisch darüber auf und bekam postwendend von besagtem Schülersprecher eins auf den Deckel. Aus seinen drei Wochen Strafarbeit waren mittlerweile acht geworden, doch auch Lancelot hatte bluten müssen. Da er vor allem für die neuen Schüler ein schlechtes Beispiel gebe, müsse er auch härter bestraft werden, urteilte Herr Boldór und hatte ihm zusätzlich zu den drei Wochen noch zehn weitere aufgebrummt. Irgendwie war seine Laune also gerechtfertigt. Trotzdem musste er sie nicht an uns auslassen. Obwohl mir das durchaus bewusst war, konnte ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend doch nicht verhindern, als mein vierter Artikel abgeholt wurde. „Der ist aber kurz ausgefallen“, sagte das mir unbekannte Clubmitglied der Schulzeitung und bedachte mich mit einem traurigen Blick. „Tschuldigung, dass es derzeit keine interessanten Themen gibt“, giftete ich jedoch zurück. „Jedes Thema ist interessant, man muss es nur gut zu verkaufen wissen“, erwiderte das Clubmitglied und ging mit einem beleidigten Gesichtsausdruck davon. Trotzig ließ ich mich auf mein Bett fallen. Im Grunde genommen hatte der Typ Recht. Alles konnte interessant sein, wenn man es nur gut verkaufte. Da kam mir eine Idee. Dass das vielleicht eine Schnapsidee, war wurde mir viel zu spät klar. Nämlich als ich in hohem Bogen aus dem Büro des Schülersprechers flog. Nachdem ich unsanft auf dem Flur gelandet war, wurde ich auch gleich grob zurück auf meine Füße gerissen. „Hey du Wurm, wag es nicht noch mal dem werten Schülersprecher solche Fragen zu stellen oder du frühstückst demnächst bei den Fischen.“ „Lass ihn runter Jerome, sonst hast du noch ein Verfahren wegen Körperverletzung am Hals und du weißt was Herr Boldór gesagt hat, oder etwa nicht?“ Der Typ, der allem Anschein nach Jerome hieß, ließ mich nach dieser Rüge fast schon zu vorsichtig los und klopfte mir zu allem Überfluss auch noch den Dreck von der Uniform. Der Andere, den ich bis dahin nicht gesehen hatte, trat nun ebenfalls aus dem Büro zu uns auf den Flur hinaus. „Entschuldige die Unannehmlichkeiten, allerdings waren die Fragen und deine Neugier nicht im Interesse des werten Schülersprechers. Doch da du noch neu hier bist, soll es dieses Mal keine Konsequenzen für dich haben“, lächelte er. „Das soll keine Konsequenzen haben? Was sollte er mir denn noch mehr antun, als er es eh schon tut“, fragte ich giftig, „schließlich sorgt der ‚werte Schülersprecher’ ja schon dafür, dass ich keinem Club beitreten kann.“ Ha, dass schienen diese beiden Hampel nicht zu wissen. Jedenfalls schloss ich das aus ihren verwunderten Gesichtern. „Ach, du bist der Junge, der dieses Jahr die rote Karte gezogen hat. Zusammen mit dieser blonden Heulbarbie.“ Okay, jetzt wurde das Lächeln von dem Typen unangenehm. „Was soll das heißen, dass ich die rote Karte gezogen hab? Und was hat das mit Alexander zu tun?“ „Das ist halt das Schicksal der Frischlinge. Die beiden, die dem werten Schülersprecher als erstes negativ auffallen, kriegen die rote Karte. Und damit einen erschwerten Eintritt in das hiesige Schulleben.“ Jetzt grinste dieser Jerome auch noch. Hatten die heute Tag des ekligen Grinsens oder bekamen die beiden das auf Grund eines Gesichtsmuskelkaters nicht mehr weg? „Aber dass du dich trotz roter Karte hergetraut hast, sollte meiner Meinung nach belohnt werden.“ Jup, zumindest der Typ dessen Namen ich nicht kannte litt unter Muskelkrämpfen, denn er verzog sein Gesicht nach dem Gesagten zu einem noch widerwärtigeren Grinsen als er eh schon drauf hatte. Das mussten Schmerzen sein, wenn sie Menschen so entstellen konnten. „Ach ja? Wie soll diese Belohnung denn aussehen? Ein Obstkorb und nur gute Zensuren in allen Fächern“, fragte ich gehässig. „Nein, so viel ist dieser Mut nun auch nicht wert. Aber du und dein kleiner Freund werdet in den Clubs aufgenommen werden. Allerdings mit der Auflage, dass ich eure Visagen einen ganzen Monat nicht mehr zu Gesicht bekomme.“ Wann hatte der werte Herr Lancelot sich denn entschlossen, nach seinem leichten Wutausbruch doch das Büro zu verlassen und sich neben die Gesichtsmuskelkrampfer zu stellen? „Da das geklärt wäre und ich hoffe, dass du dich an die Bedingung hältst, würde ich es nun bevorzugen, wenn du mir zeigen würdest wie ernst dir das ganze ist.“ Ein typischer Fall der langen Rede und des kurzen Sinnes. Hier übersetzt: Hau ab! Das ließ ich mir auch nicht zweimal sagen. Bloß weg von diesem aufbrausenden Schülersprecher und seinen zwei Botoxgrinsern. Im Endeffekt muss ich sagen, dass es vielleicht doch keine Schnapsidee war den Schülersprecher aushorchen zu wollen, schließlich waren die Auflagen für mich und Alexander damit aufgehoben. Einen Artikel hatte ich trotzdem noch nicht. Seufzend lief ich durchs Schulgebäude. Dem Schülersprecher einen Monat lang nicht unter die Augen zu kommen war zudem fast ein Ding der Unmöglichkeit, jedenfalls solange Cal mit uns morgens frühstückte. Warum musste der Junge sich auch immer mit Lancelot anlegen? Hatten die beiden was miteinander und konnten sich ihre Wut nicht fürs Schlafzimmer aufheben? Nein, wohl eher nicht. Diese beiden Grinsebacken mussten meine geistige Vorstellungskraft sehr stark mit ihrem Aussehen beeinflusst haben, dass ich überhaupt auf solche abstrusen Gedanken kam. Am besten zog ich mich für heute in mein Zimmer zurück und schrieb irgendeine Kurzgeschichte oder so etwas in der Art, dann kam mein Hirn auch wieder auf den rechten Weg. Aber vorher sollte ich mit Alexander sprechen. Den interessierte die Aufhebung der roten Karte garantiert auch. Es war schon Abend, das Essen würde innerhalb der nächsten 20 Minuten serviert werden und ich wandelte ohne wirklichen Hunger durch die Flure des Wohnheims. Seit ich vom Schülersprecher zurückgekommen war, hatte ich Alexander nirgendwo aufspüren können. Normalerweise, durch dreitägige Erfahrung normal, war er lange vor dem Abendessen in seinem Zimmer und sinnierte über die Ungerechtigkeit des Lebens. Heute jedoch nicht. Lustlos schlug ich einen Weg in Richtung Treppe ein, als mich etwas von hinten ansprang und zu Boden riss. „Kain. Kain, hör mal. Es ist so toll. Der Club…. Ich bin endlich vollwertiges Mitglied. Die anderen haben sich sogar für ihr Verhalten entschuldigt. Kannst du dir das vorstellen?“ Die Stimme gehörte eindeutig zu Alexander. Grummelnd versuchte ich mich auf den Rücken zu drehen, was sich allerdings als schwierig erwies, da ein blonder Junge namens Alexander offenbar Gefallen daran gefunden hatte darauf sitzen zu bleiben. „Alexander, geh von mir runter“, knurrte ich daher in den Boden. Verstanden zu haben schien er es, da er keine zwei Sekunden später tatsächlich meinen Rücken verließ. „Das tut mir Leid, aber ich war so froh und ich dachte du würdest dich vielleicht auch freuen und, und, und…… hmpf.“ Aha, also Hand auf den Mund legen brachte auch die stärkste Quasselstrippe zu schweigen. Mittlerweile stand ich wieder, denn so auf dem Boden rumzuliegen war doch mehr als unangenehm und uncool. „Alexander, wenn ich meine Hand jetzt wegnehme, wirst du mir dann alles, was du mir eben sagen wolltest, in vollständigen Sätzen, verständlich und nicht im Kolibritempo erzählen“, fragte ich leicht gereizt. Ein Nicken als Antwort. Ich seufzte und nahm meine Hand weg. „Also, Kain, du weißt doch, dass ich mich bisher nur um die Instrumente kümmern sollte, aber ich das nicht tun konnte, weil die Orchestermitglieder mich nicht an ihre Schätze gelassen haben? Heute aber… ich ging hin und wurde mit offenen Armen empfangen! Der Clubchef hat mir sogar mein Cello und die Noten der aktuell anstehenden Stücke gegeben. Dann haben wir geprobt und danach haben sich alle Clubmitglieder bei mir entschuldigt, dass sie so gemein waren, aber das sei ja alles nur auf Order des Schülersprechers passiert. Doch sie seien froh mich jetzt dabei zu haben.“ Uah, dieses strahlende Gesicht war zu leuchtend. Hatten die dem Jungen beim Orchester ’ne Glühbirne in den Kopf geschraubt? „Das ist ja prima“, antwortete ich deshalb etwas von ihm abgewandt. „Ja, nicht wahr“, erwiderte er freudig, „aber eine Sache liegt mir dann doch noch auf dem Herzen.“ Ich stutzte und fragte, was es denn wäre, was ihn beschäftigte. „Bitte hör auf mich Alexander zu nennen“, sagte er daraufhin. Ich stutzte noch mehr. Wie sollte ich ihn denn dann nennen? ‚Heulbarbie’ ganz sicher nicht, schließlich wollte ich mich nicht auf das Niveau dieser Botoxgrinser hinab lassen. „Wie soll ich dich dann nennen“, fragte ich ihn daher leicht irritiert. „Alex. Das reicht vollkommen. Außerdem klingt das dann nicht so alt.“ Verlegen begann er mit dem linken Fuß Kreise auf dem Boden zu ziehen. Na wenn es weiter nichts war. „Okay, der gnädige Herr wünscht Alex genannt zu werden, dann werde ich mich ab heute daran halten“, grinste ich und stellte mit leichter Genugtuung fest, dass mein Gegenüber immer schneller Kreise zog. „Warum gehen wir nicht zum Abendessen? Ich muss eh noch etwas mit Cal besprechen“, schlug ich daher vor. Nicht, dass nachher noch irgendein Geheimdienst gerufen wurde wegen seltsamer Kreise im Boden. Alex nickte glücklich und so machten wir uns auf den Weg zum Speisesaal. Es war mal wieder voll. Wie bei jedem Essen. Doch abends kam immer noch ein besonderer Duft hinzu. Der Club für Kosmetik war daran schuld. Und ehe jemand fragt, ja so einen Club gab es wirklich und ihr Vorsitzender war, wie auch nicht anders zu erwarten, Herr Roseja. Jedenfalls ließ dieser Club den Speisesaal jeden Abend aufs Neue duften. Egal ob die Düfte nun angenehm war oder nicht. Schließlich könnte man so herausfinden, welche Gerüche denn die meisten Liebhaber fanden. Dazu lagen jeden Abend, auf jedem Tisch, Fragebögen zu der an diesem Tag vorgeführten Duftkreation aus. Alex und ich bearbeiteten jeder gerade einen dieser herumliegenden Bögen, als sich Niel und Cal zu uns an den Tisch setzten. „Boah, dieser Mief. Ich hatte ja geglaubt das von gestern wäre nicht mehr zu übertreffen gewesen, aber dieser Tuckenclub beweist immer aufs Neue, dass es doch möglich ist“, grummelte Cal als er sich neben mir niederließ. „Also ich finde es richt gar nicht so schlecht. Auf alle Fälle besser als das von vorgestern“, erwiderte Alex und atmete zum Beweis sehr tief ein. „Es entspricht der Stimmung heute“, sagte Niel nur rätselhaft dazu, „der Duft verkörpert Wandel.“ „Wandel? Was für einen Wandel?“ Cal schien es nicht zu mögen, wenn Niel so redete und das obwohl sich die beiden schon so lange kannten. „Oh, ein Wandel? Bei mir und Kain gab es heute einen positive Wandel.“ Memo an mich: Alex dieses Strahlen abgewöhnen. „In welcher Art zeigte sich dieser Wandel?“, fragte Niel interessiert. „Wir sind endlich in unsere Clubs aufgenommen worden! Na ja, zumindest ich. Kain, hat der Chef der Schülerzeitung schon zu dir etwas gesagt?“ „Nein, leider noch nicht. Vermutlich wird das auch nichts mehr. Ich hab für morgen keinen Artikel zu Stande gebracht. Das einzige, was ich heute geschrieben hab, war eine Kurzgeschichte.“ Ich seufzte, denn eine Kurzgeschichte war wohl kaum etwas, was man in einer Zeitung veröffentlichen konnte. „Reich diese Geschichte doch versuchsweise ein. Du darfst nämlich nicht vergessen, dass die Schülerzeitung eigentlich der Club für kreatives Schreiben ist“, warf Niel ein und erinnerte mich daran, warum ich diesen Club eigentlich gewählt hatte. Doch genau da fiel mir ein warum ich noch mit Cal reden wollte. „Cal, darf ich dir mal eine Frage stellen?“ Ein neutraler Anfang, keine Misstrauen erweckenden Worte. „Klar, warum nicht“, antwortete er sofort und grinste. „Warum ist der Schülersprecher immer auf Streit aus, wenn ihr euch trefft.“ Oh, verdammt, falsche Frage. Niels Gesicht machte mir Angst, während Cals hingegen nur unterschwellige Trauer widerspiegelte. „Das ist eine lange Geschichte und nichts, was ein Erstjahr wie dich zu interessieren hat“, sagte Niel nur in einem eisigen Tonfall und wollte damit das Thema scheinbar ad acta legen. „Das Dumme ist nur, dass es nicht nur mich, sondern auch Alex zu interessieren hat. Das Versprechen, dass wir beide nicht mehr unangenehm auffallen, war die einzige Möglichkeit den Rote-Karte-Status aufzuheben, in den uns die Schlägerei vom allerersten Frühstück gebracht hatte“, versuchte ich die Angelegenheit zu erklären. „Hat er etwa schon wieder damit angefangen“, fragte mich Cal überraschend. „Was meinst du mit ‚damit wieder angefangen’“, fragte nun ich. „Letztes Jahr, als ich neu hierher kam, war auch gleichzeitig der jüngste Sohn von Bekannten meiner Familie hier aufgenommen worden. Da wir beide uns schon länger kannten und ich Niel noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, beschlossen wir die erste Zeit nur unter uns zu bleiben. Das wurde uns eines Morgens bei Frühstück zum Verhängnis. Meinem Freund ist versehentlich das Tablett aus der Hand gerutscht und das blöderweise genau in die Richtung des Schülersprechers. Der war verständlicherweise nicht sehr erfreut darüber, dass schon am frühen Morgen ein Glas Orangensaft und ein Marmeladenbrötchen den Rücken seiner Uniform zierten. … Fast eine Woche später musste mein Freund die Schule verlassen. … Und obwohl er mir geraten hatte mich ruhig zu verhalten habe ich dem Schülersprecher keine zwei Tage später so eine gelangt, dass sein Unterkiefer einen leichten Bruch erlitt. Danach haben wir beide von Thopson so eine Rüge kassiert, dass selbst ein Jahr Nachsitzen besser gewesen wäre. Aber wenigstens wurde Lancelot verboten noch mal so etwas durchzuziehen, wie er es bei meinem Freund getan hatte. Daher war ich so erstaunt, als du es angesprochen hast. Aber ich denke auch, ich weiß was du sagen wolltest. … Ich verspreche hiermit, dass ich mich für den Rest des Jahres nicht mehr mit Lancelot anlegen werde, egal wie sehr er mich provoziert.“ Trotz der Geschichte, die er eben erzählt hatte erntete Cal für seine letzte Aussage nur einen skeptischen Blick von Niel. „Na gut, ich werde versuchen mich so lange wie möglich zu beherrschen“, räumte Cal ein und biss, scheinbar um zu zeigen, dass er es ernst meinte, in ein Kassler-Senf-Brötchen. Angeekelt kaute er auf dem Bissen herum. „Er hasst Senf“, sagte Niel nur erklärend, ehe er sich erbarmte und Cal das Brötchen aus der Hand nahm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)