Die Tochter des Phönix von Priska ================================================================================ Kapitel 21: verborgene Talente ------------------------------ Das Kleid war umwerfend. Ich hatte mich verliebt sobald der Weinrote Vorhang beiseite geschoben worden war. Dort, auf einer altmodischen lebensgroßen Puppe, hing ein Traum in weiß und Lila, vom Schnitt her ähnelte es dem Stil von Kais Kleidung sehr. „Das ist...absolut perfekt!“ Blitzschnell stand ich neben dem Kleid und strich sanft über den Stoff. Es war Ärmellos und der blass lila Rock endete knapp über den Knien. Rechts und Links liefen von oben nach unten zwei rote Streifen entlang und um die Taille lag ein lockeres schwarzes Band das hinten zu einer Schleife zusammengebunden war. Glücklich schweigend ging ich einmal um das Meisterwerk herum und stellte mit großen Augen fest das es sogar rücken frei war, wenn man von den Schräg verlaufenden Schnüren absah. „Es freut mich wenn es dir gefällt junge Lady.“ Meinte der Mann neben mir gerade, bei unserem zweiten Treffen hatte er sich mir endlich als Rob vorgestellt. „Es ist unglaublich, woher wussten Sie das Lila meine Lieblingsfarbe ist? Und wie zum Teufel konnten Sie meinen Geschmack so gut treffen?“ Plötzlich starrte Rob ein wenig peinlich berührt auf den Boden und hustete nervös. Mit einem Seitenblick auf Kai rückte er schließlich mit der Sprache raus, auch wenn ich kaum glauben konnte was ich da hörte. „Ich muss zu meiner Schande gestehen das Master Kai den Entwurf, nun ja, ich würde sagen, zur Perfektion gebracht hat.“ Meine Gesichtszüge entgleisten doch das war mir im Moment herzlich egal. „Du hast das Entworfen Kai?“ Der angesprochene reckte arrogant den Kopf als wäre man dumm auch nur zu denken das es etwas gäbe was er nicht könnte. „Natürlich, glaubst du vielleicht es ist Zufall das es so perfekt zu dir passt?“ Sofort wurde meine Stimmung gedämpft und ich knirschte mit den Zähnen. „Und ich dachte du erinnerst dich an das meiste aus unserer Vergangenheit nicht mehr.“ „Ich muss mich nicht erinnern um zu wissen welche Klamotten du liebst, wir waren uns schon immer sehr ähnlich...“ Ich bildete mir ein einen traurigen Unterton in seiner Stimme zu vernehmen als er mich so aus seinen violetten Kristallaugen ansah, einen Moment später war ich auch schon wieder damit beschäftigt mich in meinem neuen Kleid zu bewundern. Wahrscheinlich hätte ich so noch stundenlang vor dem Spiegel gestanden doch Kai nörgelte so lang bis ich mich schließlich seufzend von ihm in die Limo schieben ließ. „Sag mal findest du das nicht ein bisschen übertrieben sogar zu einer Gartenparty in diesem protzigen Ding zu fahren?“ „....“ „Ok...wohl eher nicht.“ „Hehey! Kaihai!“ Tyson stand auf der Straße und winkte. „Idiot...“ War das einzige was mein grummeliger Freund dazu sagte. Der Wagen hielt, Kai stieg aus und Tyson klebte sofort an ihm dran wie ein Magnet. „Ich dachte schon du kommst nicht.“ „Ich bin auch nicht wegen dir hier Tyson, ich wollte Feliziti nur mal zeigen was für Idioten ihr seid.“ Wie ein echter Gentalman öffnete er meine Wagentür und half mir sogar heraus, was mich doch sehr wunderte. „Feliziti?“ Tyson betrachtete mich einmal von oben bis unten und grinste schließlich breit. „Ohhh...wow, du siehst großartig aus!“ „Sie spricht kein Japanisch.“ Kais Einwand ließ mich leise knurren. „Hör nicht auf ihn Tyson, ich spreche sehr gut Japanisch.“ Er zuckte mit den Schultern. „Selbst schuld, ich wollte dich nur davon bewahren das die dich voll labern.“ „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen!“ Tyson versuchte zu schlichten. „Heeey, ganz ruhig, ihr habt später noch genug Zeit euch zu streiten.“ So begann einer der schönsten Abende meines Lebens. Kai verzog sich zwar sofort in eine Ecke und spielte die beleidigte Leberwurst aber das machte mir heute nichts aus. So hatte ich wenigstens genug Zeit Tyson, Ray, Max und Kenny richtig kennenzulernen. „Du bist also das Mädchen das bei Kai wohnt.“ Ty sah mich an wie ein seltenes Tier und schüttelte schließlich den Kopf. „Wie hälltst du das bloß aus, ich würde mir nicht den ganzen Tag seine Motzerei anhören wollen.“ „Hey Max, übertreib nicht so, Kai ist schließlich kein Monster.“ „Komm schon Kenny, würdest du bei ihm wohnen wollen?“ „Ähm...naja...“ „Siehst du! Ich stell mir das schrecklich vor...“ „Ich wette er ist in Wirklichkeit total nett und tut nur immer so fies.“ Das war ein Kommentar von Max der mit einer Hähnchenkeule in der Hand hinter mich getreten war. „Woher kennt ihr euch eigentlich?“ Einen kurzen Moment lang überlegte ich ob ich das von der Abtei erzählen dürfte und sah deshalb hilfesuchend zu Kai. Der saß allerdings gerade mit geschlossenen Augen an einer Hauswand gelehnt und konzentrierte sich anscheinend darauf uns zu ignorieren, deshalb beschloss ich nur das nötigste zu erzählen. „Wir kommen beide aus Russland und haben unsere Kindheit zusammen verbracht.“ Das Schweigen das plötzlich ausbrach ließ mich ahnen das sie wussten wie Kais Kindheit ausgesehen haben musste doch ich fügte trotzdem nichts hinzu, sonst hätte ich zu viel von mir selbst erzählen müssen was niemanden etwas anging. Schon neun Uhr abends verabschiedeten wir uns von den anderen und fuhren zurück zur Villa. Tyson hatte mir zwar netterweise versprochen das ich auch bei ihm wohnen könnte wenn Kai mir zu sehr auf den Keks geht doch ich hatte dankend abgelehnt. Zuhause angekommen wünschte ich ihm noch eine gute Nacht ehe ich die Treppe hinauf zu meinem Zimmer ging und die Tür hinter mir fest verschloss. Wie jeden Abend putzte ich mir die Zähne, duschte und stellte mich schließlich vor den Spiegel der neben meinem Bett an der beige farbenen Wand lehnte. Wie durch dichten Nebel betrachtete ich mein Spiegelbild, berührte die kalte Glasplatte und schließlich rollte ohne einen ersichtlichen Grund eine einzelne Träne über meine Wange. Mit einem Mal verschwamm mein Ebenbild und an seine Stelle trat Black Dranzer, er sah genauso aus wie ich ihn in Erinnerung hatte. „Warum weinst du?“ Seine Stimme streifte mich wie ein Windhauch, so unwirklich das ich erst gar nicht antworten wollte. „Ich...hab angst.“ Sagte ich schließlich trotzdem und kam mir vor als würde ich Selbstgespräche führen. „Du hast Angst vor der Vergangenheit.“ Leise seufzend schüttelte der schwarzhaarige den Kopf und betrachtete mich mit traurigem Blick. „Ich dachte mir das, dass passiert aber du darfst niemals vergessen das du ein neues Leben anfängst. Du musst stark werden, deinen Stolz wiederfinden und kämpfen.“ „Aber vielleicht kann ich ja einfach nicht! Vielleicht will ich nicht kämpfen und dafür das Leben meiner Freunde aufs Spiel setzen! Und überhaupt, WOFÜR soll ich denn bitte kämpfen? Mein Leben bringt nichts als Unglück für alle die sich mit mir abgeben, es wäre besser wenn ich einfach aufgebe und das Schicksal entscheiden lasse!“ Stille. Der Spiegel zeigte wie immer mein Spiegelbild und ich kam mir reichlich dumm vor wie ich so völlig aufgelöst ein lebloses Ding anbrüllte. Niedergeschlagen kroch ich unter die Bettdecke, schloss die Augen und ließ mich in einen Traum aus Blut, Gewalt und Verzweiflung fallen. Schon fünf Uhr Morgens stand ich vor dem Haus und versuchte mich so gut es ging auf meinen Blade zu konzentrieren. Ich konnte nicht sagen warum aber Blacks Worte hatten Wirkung gezeigt, egal ob er nun nur eine Einbildung war oder nicht. Die eisige Luft sorgte dafür das mein Atem zu kleinen Dampfwolken wurde und ich war froh mir noch einen warmen, braunen Wintermantel geholt zu haben. Mit aller Kraft zog ich an der Reißleine. Sie schnellte zurück, der Blade landete mit einer Halsbrecherischen Geschwindigkeit auf dem Boden und wirbelte einen Haufen Erde auf. „LOS! Black Dranzer!“ Sofort zischte er davon und ich rannte voll konzentriert hinterher bis ich das Gefühl hatte ihn wieder völlig unter Kontrolle zu haben. „Attacke.“ Mein Blick traf einen Stein, ich holte aus, konzentrierte alle meine Kraft auf den Blade und ballte meine Hand zu einer festen Faust. Der Blade raste los, traf auf den Stein und schaffte es immerhin ein paar Splitter abzuschlagen. Dann federte er jedoch zurück und wurde immer langsamer bis er vollends zum stillstand kam. Frustriert hockte ich mich neben ihn und nahm ihn in die Hand. Er schien nicht beschädigt zu sein, was allerdings kein Wunder war bei so einem leichten Angriff. Ich seufzte tief, erhob mich wieder und startete ihn erneut. Diesmal brauchte es allerdings keinen Stein um ihn aus der Balance zu bringen denn dafür sorgte schon ein blauer Blade der mit voller Wucht auf ihn knallte und gegen einen Baum feuerte. „KAI! Verdammt, was sollte das?“ Er stand direkt hinter mir und sah mich mit so einem kalten, herablassenden Blick an das ich mal wieder das Gefühl hatte ihm eine Scheuern zu müssen damit er auf den Boden der Tatsachen zurückkam, ich meine, Himmel noch mal, er war kein Gott! Er sah das anscheinend anders denn ohne einen Ton zu sagen ging er an mir vorbei, streckte seine rechte Hand aus und sah völlig unbeeindruckt zu wie Dranzer in seine Hand sprang. So ein Angeber... „isumitil'na...“ Völlig überrumpelt von dem plötzlichen Sprachwechsel brauchte ich eine Weile um zu schalten denn normalerweise redeten wir hier japanisch und nicht russisch. „Erstaunlich? Was ist erstaunlich?“ Knurrte ich dann doch wütend und sah ihn finster an. „Wie du anscheinend das bladen verlernt hast.“ „Ich habe es nicht verlernt!“ „Doch, hast du.“ Er hatte recht, das wusste ich genau aber anstatt es zuzugeben zog ich es vor schmollend den Blick von ihm abzuwenden. „Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?“ Er sah mich eine Weile schweigend an bis er schließlich zu Blacky ging, ihn aufhob und mir vor die Nase hielt. „Noch mal ganz von vorn anfangen.“ Das war der Start eines sehr langen, anstrengenden Tages und zu meinem Leidwesen führte sich Kai mal wieder auf wie der absolute König der Welt. „Kontrolliere den Blade.“ „Tu ich doch!“ „Nein, tust du nicht.“ Ich stand vor meinem sich drehenden Blade, hatte die Hand nach vorn ausgestreckt und starrte wütend auf das kreiselnde etwas. „Du konzentrierst dich nicht genug.“ Mit einem zischenden Geräusch zog ich die Hand zurück und wollte gerade abdampfen als er mich plötzlich am Arm packte und dafür sorgte das ich mich nicht von der Stelle bewegen konnte. Ich zerrte zwar wie verrückt aber es schien als müsste er sich nicht mal sonderlich anstrengen um mich festzuhalten, was mich ziemlich wurmte. Deshalb fiel es ihm auch nicht schwer meinen Arm wieder in die richtige Position zu bringen. Diesmal blieb er allerdings dicht hinter mir stehen, hielt seine Hand über meine sodass sie sich ganz leicht berührten und war mir nun so nah das mir von einem zum nächsten Augenblick extrem heiß wurde. „Black Dranzer.“ Flüsterte er dann plötzlich und tatsächlich flog der Blade in meine Hand. „Wa...“ Entrüstet starrte ich auf das glänzende Metall. „Warum hörst du auf ihn Blacky!? Du kannst ihn ja noch nicht mal leiden.“ „Das hat damit nichts zu tun, ich hab schlicht und ergreifend mehr trainiert als du.“ Mit diesen Worten nahm er wieder Abstand zu mir und ich begann sofort zu frieren. „Wenn das so ist...trainier mich!“ „Gut.“ „Wirklich?“ Ich konnte es gar nicht recht glauben. „Ja, unter einer Bedingung.“ Ich stöhnte entsetzt. „Wusste ich es doch!“ „Du wirst aufhören im Selbstmitleid zu baden und endlich wieder anfangen ernsthaft ans gewinnen zu denken.“ „...ok, einverstanden.“ Ich lächelte, das erste Mal seit langem. „Danke.“ „Bedank dich nicht zu früh, ich werde dich nicht in Watte packen Prinzesschen.“ Trotzdem fühlte ich mich plötzlich in die Vergangenheit versetzt und kam nicht drumherum mich an alte Trainingstage zu erinnern bei denen wir immer ziemlich viel Spaß gehabt haben. Leider sah der Rest des Tages dann doch etwas anders aus. „los, los, los! Du rennst ja noch langsamer als damals!“ „Rrrrrh!“ „Hast du was gesagt?“ „...nein.“ „Sehr gut, dann leg doch endlich mal nen Zahn zu oder soll ich hier noch ne Stunde neben dir hergehen?“ Ja, ihr habt richtig gehört. Seit einer Stunde ließ er mich immer und immer wieder um die Villa herumrennen und jetzt beschwerte er sich auch noch das ich zu langsam laufen würde! Das schlimmste daran war allerdings das er die ganze Zeit neben mir herlief und noch nicht mal die kleinsten Müdigkeitserscheinungen zeigte. „Kai...ich kann nicht mehr...“ Hechelte ich schon fünfzehn Minuten später. Ich schwitzte wie ein Schwein, sah bestimmt schrecklich aus und hatte das Gefühl das sich mein Körper langsam in Gummi verwandelte. „Du meinst das nicht wirklich ernst oder?“ Er sah so ungläubig aus das ich sofort begann an mir selbst zu zweifeln, war ich denn wirklich so schlecht geworden? Er seufzte. „Gut, das reicht für heute, aber wir haben eine Menge Arbeit vor uns.“ Die untergehende Sonne strahlte ihr rot-goldenes Licht auf uns herab und im letzten Licht sah ich einen kurzen Moment lang Dranzer, der mir ein aufmunterndes Lächeln zuwarf. Trotzdem war ich niedergeschlagen als ich mit Kai an der großen Tafel im Wohnzimmer Abendbrot aß. Schweigend hingen wir unseren eigenen Gedanken nach bis Kai plötzlich zu mir sprach. „Mach dir keine Sorgen, du schaffst das schon.“ War ich jetzt vollkommen irre oder versuchte er mich tatsächlich gerade zu motivieren? „Ähm...danke.“ „Ich mach dir einen Vorschlag, wenn du es schaffst mich zu besiegen kriegst du ein Geschenk bei dem ich mir zu 99 Prozent sicher bin das es dir sehr gefallen dürfte.“ „Ist das dein Ernst?“ „Natürlich! Habe ich jemals etwas gesagt was ich nicht ernst gemeint habe?“ Ich musste tatsächlich einen Moment nachdenken, schüttelte dann aber den Kopf. „Abgesehen von ein paar ironischen Bemerkungen nicht.“ Er stand auf und verschwand die Treppe hinauf. Ein paar Minuten lang hing ich noch meinen Gedanken nach und versuchte den Muskelkater der bereits jetzt einzusetzen schien zu ignorieren doch dann folgte ich ihm und schlief sofort tief und fest. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)