Wie das Leben so spielt von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 4.1 ---------------------- Kapitel 4 Es war nach 01.00 Uhr morgens, als sie Jyri schliesslich den Wodka aus der Hand nahm. Er und Bastian hatten sich den Abend über schon fast ein Wetttrinken geliefert, welches Jyri bereits vor über einer Stunde ganz klar für sich entschieden hatte. Bastian schlief mittlerweile mehr auf dem Tisch, als dass er an ihm sass, was Jyri allerdings nicht davon abgehalten hatte, alleine weiterzubechern. Kim und Stefan hatten zwar auch einiges weggetrunken, aber nicht so viel wie die beiden anderen und waren dementsprechend noch einigermassen klar bei Verstand. Für den Halbfinnen und den vor sich hinstarrenden Dresdner ihr gegenüber war nun allerdings Zapfenstreich, hatte Swentje beschlossen. Morgen – oder besser: in ein paar Stunden – wollten sie proben und da wollte sie die beiden Helden gerne nüchtern haben. Allerdings benötigte sie noch weitere 30 Minuten, um Jyri davon zu überzeugen, dass es wirklich besser war, die Bar jetzt zu verlassen. Und im Endeffekt hatte nur die skuriele Behauptung gezogen, dass sein Schlagzeug nach ihm rufen würde und damit drohte, ihn morgen nicht auf sich spielen zu lassen, würde er nicht sofort nach Hause kommen. Es war fast schon beeindruckend, wie schnell er daraufhin auf den Beinen war und Richtung Ausgang wankte... Swentje hievte Bastian mit etwas Mühe und Hilfe von Stefan hoch, legte sich einen seiner Arme um den Hals und krallte die andere Hand in seinen Hosenbund, um ihn auf den Beinen halten zu können. Wo der übermässige Alkoholkonsum sie hier behinderte, verschaffte er ihr bei Jyri wiederum etwas Zeit, da dieser gegen ein paar Stühle torkelte und sich daraufhin erst lang und breit bei selbigen entschuldigte. Interessanterweise auf finnisch, was für einige Lacher seitens der Lokalgäste sorgte. Umständlich bugsierte sie Bastian auf den Gang hinaus und in Richtung Ausgang. Im Laufe des Abends hatte die Bar sich gefüllt und selbst jetzt war noch einiges los. Wo keine Sitzgelegenheiten mehr frei waren, lehnten die Leute an den Wänden oder standen auf den Gängen, was das Vorwärtskommen etwas erschwerte. Bei Jyri ankommend, der gerade den letzten Stuhl umständlich wieder an den Tisch zurückschob, versuchte sie ihn mit der Hüfte weiter den Gang entlang zu schieben. Da das keinen Erfolg zeigte, trat sie einen Schritt zurück und nahm den Fuss zur Hilfe. „Nun los! Beweg dich!“, meinte sie etwas unwirsch. Jyri stolperte ein paar Schritte vorwärts und fast gegen die Wand, als er die Rechtskurve in den Flur des Eingansbereiches nicht ganz hinbekam. Oh man.. Das kann ja heiter werden..., dachte Swentje, Bastian mehr neben sich herschleifend, als dass er aus eigener Kraft ging. Als sie sah, wie Jyri etwas ratlos vor der Tür stand, rief sie ihm einer Eingebung folgend zu: „Die Rechte!“ Langsam hob er die Hand und legte sie tatsächlich an die Klinke. Super! Pauschal die richtige Seite. Doppelsicht war schon was tolles... Innerlich konnte sie nur den Kopf über den übermässigen Alkoholkonsum ihrer Freunde schütteln. Sie selbst hatte vier Mischen über den Abend getrunken und das war dann auch genug gewesen. Sie spürte den Alkohol zwar, aber betrunken war sie noch lange nicht. Musste sie auch nicht sein, auch wenn es ab und an mal ganz lustig war. Sie hatte genug miterlebt, um nicht bei jeder Party oder anderen Gelegenheit dicht unterm Tisch zu enden… Sie stand nun dicht hinter Jyri und wartete, sich zur Geduld ermahnend, dass dieser endlich die Bar verliess. Der Halbfinne drückte die Tür schliesslich fast schon andächtig auf, trat einen Schritt nach draussen und schloss sie genauso andächtig wieder hinter sich. Swentje, die gerade einen Schritt durch die Tür machen wollte, blieb wie angewurzelt stehen. Die Tür rastete nur ein paar Zentimeter vor ihrer Nase ein und sie konnte ihren Freund durch die Glastür hindurch nur völlig perplex anstarren. Dieser schien das nicht einmal ansatzweise zu bemerken, sondern drückte nocheinmal andächtig und scheinbar hochkonzentriert gegen die Tür, als wolle er sichergehen, dass sie auch wirklich geschlossen war. Swentje klappte sprachlos die Kinnlatte hinunter. Ich glaub das jetzt nicht... Fassungslos starrte sie Jyri an, der sich nun, sichtlich zufrieden mit seinem Werk, umdrehen und gehen wollte. Swentje konnte hinter sich aufkeimendes unterdrucktes Gelächter wahrnehmen und ihr Blick verfinsterte sich zusehends. Will der mich verarschen oder was!?!? Sie spürte, wie ihr Gesicht langsam warm wurde, was definitiv nicht am Alkohol lag. Gott, konnte Jyri froh sein, dass sich gerade ein Tür zwischen ihnen befand!!! Als ob er das gehört hätte, drehte sich Jyri wiederum herum und blickte sie stirnrunzelnd an. Ja, ich bin noch drin, du Depp, schön, dass du das auch mal rallst!, dachte sie bissig. Er blinzelte kurz und lächelte sie dann so absolut dümmlich-dämlich an, dass sie spürte, wie ihr der Hals vor lauter unterdrückter Wut zuzuschwellen begann. Tief einatmend presste sie die Kiefer aufeinander und versuchte, die aufkommenden Mordgedanken zu unterdrücken. Als Jyri wieder auf sie zukam, um die Tür, die nach aussen aufging, aufzudrücken, begann ihr rechtes Auge unheilverkündend zu zucken. Haben die in Finnland irgendwas im Alkohol oder wie!?!?, dachte sie kurz vor dem Überkochen. Er leerte sein Bier und erhob sich. Es war ganz gut, wenn er mal nicht allzu spät ins Bett ging, also verabschiedete er sich und arbeitete sich über den Schoss eines Freundes hinweg zum Gang hervor. Dabei handelte er sich einen Klapps auf den Hintern ein, was er mit einem spöttisch-keckem Grinsen quittierte. Die anderen verrenkten sich immernoch die Hälse, um die junge Frau an der Tür beobachteten zu können und kamen aus dem Kichern gar nicht mehr heraus. Ja... Alkohol, du lieber Geist..., dachte er amüsiert und blickte ebenfalls zu ihr hinüber. Sie sah aus, als ob sie gleich die Tür auftreten würde, egal, ob sie diese ihrem Freund dabei ins Gesicht rammte oder nicht. Es geht mich zwar eigentlich nichts an, aber das sollte vielleicht nicht passieren..., dachte er seufzend und trat auf in den Flur hinaus. Sich schräg hinter sie stellend, klopfte er an die Scheibe. Ihr Freund unterbrach sein aussichtsloses Vorhaben, die Tür nach innen aufdrücken zu wollen, und blickte ihn überrascht an. Tuomas nutzte die Gelegenheit und drückte die Tür über ihren Kopf hinweg auf, was ihn zurücktorkeln liess. Swentje war unterdessen fast froh über das Eingreifen der Person, die somit etwas verhinderte, was ihr später bestimmt Leid getan hätte. Sie versuchte den Kopf zu drehen und einen Blick auf sie zu werfen, doch Bastians Schädel auf ihrer Schulter behinderte sie dabei. Sie sah lediglich, dass die Person ziemlich gross war, da sie die Tür über ihrem Kopf aufdrücken konnte und ihr dann aufhielt. Sie bedankte sich gepresst und schleifte Bastian mit sich auf den Fussweg. Dort drehte sie sich um, um einen Blick hinter sich zu werfen, doch sie sah lediglich ein paar lange Beine, da die Person sich durch die halb geöffnete Tür wieder nach innen gelehnt hatte und wohl einigen Gästen noch etwas zurief. Anscheinend war die Person aber männlichen Geschlechts. Weder trugen Frauen solche Schuhe, noch hatten sie solche Beine... oder zumindest steckten diese dann nicht in Hosen, sondern eher in Röcken... Und dann meist in sehr kurzen Röcken... Eine Bewegung in den Augenwinkeln liess sie den Blick abwenden und zu Jyri hinübersehen. Dieser bewegte sich stark schwankend auf dem Bürgersteig Richtung Zuhause, doch schien er einen ziemlichen Rechtsdrall zu haben, denn er kam dabei der Bordsteinkante immer näher. Sie überlegte kurz, ob sie ihm eine Warnung zurufen sollte, liess es dann aber bleiben und beobachtete stattdessen, wie Jyris Fuss am Kantstein abrutschte und er fast auf die Strasse fiel. Ein Teil von ihr suchte in ihrem Inneren nach etwas wie einem schlechten Gewissen... Vergebens... Selbst Schuld! Was muss er auch so viel trinken! Ihr Blick folgte Jyri, als dieser mit sehr viel Schlagseite auf die Strasse hinausstolperte. Fast schon grotesk mit den Armen rudernd, versuchte er sein Gleichgewicht wiederzufinden, was ihm nach einigem Hin- und Hergeschlenker auf der Fahrbahn sogar einigermassen gelang. Seufzend hievte sie Bastian wieder ein Stück hoch, der etwas an ihr heruntergerutscht war und folgte Jyri. Sie liess ihn besser nicht so weit vorrausgehen, wer wusste schon, auf was für Ideen er noch kommen würde... Sie registrierte nur beiläufig, wie eine Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Das Klicken des Feuerzeugs hörte sie gar nicht. Er sog den Rauch der Zigarette tief in seine Lunge und bliess ihn zu den Sternen hinaufblickend wieder aus. Der Himmel war klar, ohne Wolken... Er wandte den Kopf und blickte dem Dreiergespann hinterher. Das war heute das zweite Mal, dass er ihr über den Weg lief... oder sie ihm, je nachdem, wie man das sehen wollte... Wahrscheinlich machten sie Urlaub hier, wobei zumindest der etwas grössere Blonde finnische Wurzeln zu haben schien. Obwohl er vom Aussehen her eher schwedisch sein könnte. Sie war höchstwahrscheinlich aus Norddeutschland, sie hatte diesen leicht typischen Akzent, den er aus Hamburg kannte. Und den Dritten im Bunde hatte er zuvor noch nie gesehen, ebenso die beiden Anderen, die noch im Karhu sassen. Was ausser Frage stand, war, dass sie Metal hörten. Dass hatte ihr Kommentar am Bus gezeigt und auch, dass sie die halbe Nacht im Karhu verbracht hatten. Allerdings sahen nur der Typ an ihrer Schulter und einer der Beiden, die noch in der Bar sassen, kleidungstechnisch danach aus. Wirklich lange Haare hatte keiner von ihnen. Die längsten waren ihre, die ihr nur etwas über die Schultern fielen und grosszügig durchgestuft waren. Auch schien sie Strähnen zu haben, denn ab und zu glaubte er ein rot-kupfernes Schimmern in ihren Haaren zu erkennen. Er schob die Linke in die Hosentasche und wandte sich langsam um. In der Rechten hielt er die qualmende Zigarette. Scheinbar haben wir den gleichen Heimweg... Zumindest vorerst..., dachte er, den Blick weiterhin auf sie gerichtet, und zog an seiner Zigarette. Das rotglühende Ende wanderte wieder ein Stück weiter auf seine Finger zu, bevor er sie absetzte und den Rauch durch die Nase ausblies. Dann setzte er sich langsam in Bewegung und folgte ihnen. Er hoffte inständig, dass sie keine dieser Fans waren, die extra nach Kitee gekommen waren, nur um ihn zu sehen. Nichts gegen Fans, sie hatten Nightwish ja erst zu dem gemacht, was es heute war, aber etwas Ruhe und Frieden von dem ganzen Medientrubel wollte er ab und an schon haben... So sehr er die Fans schätzte, so anstrengend konnten sie auch sein. Bei Weitem nicht so nervtötend wie Journalisten, Reporter und andere Subjekte dieses Menschenschlags, aber manchmal... manchmal konnte es einem auch mit ihnen zu viel werden... Andererseits... wären sie wegen ihm hier, hätte sie sich heute Mittag sicherlich anders verhalten... Die gängigsten Reaktionen wären Sprachlosigkeit oder Stottern, ein fast in Ohnmacht fallen oder ein Rotanlaufen gewesen... So hatte sie nun wirklich nicht reagiert... Sie hatte auch nicht nach einem Autogramm gefragt und in der Bar hatte sie ihn auch nicht bemerkt... Er sie wiederum schon. Was daran gelegen hatte, dass sie und ihre Begleiter seinen Freunden aufgefallen waren. Nicht weiter verwunderlich, denn neue Gesichter stachen in einem kleinem Ort wie Kitee einfach aus der Menge heraus und wurden meist neugierig gemustert. Darüber hinaus hatte sie wohl auch für etwas Aufmerksamkeit gesorgt, weshalb ein paar seiner Freunde immer wieder interressiert zu den Neulingen hinübergeguckt hatten. Seinen Gedanken nachhängend inhalierte er den Rauch seiner zur Hälfte aufgerauchten Zigarette und musterte das Trio weiterhin schweigend. Der Typ, den die junge Frau stützte, liess sich mehr neben ihr herschleifen, als dass er in der Lage war, selbstständig einen Fuss vor den anderen zu setzen. Er war etwas grösser als sie, was das ganze Unterfangen noch unpraktischer und für sie wohl auch unhandlicher machte, als sein Zustand es ohnehin schon tat. Der schwedisch aussehende Finne – oder Halbfinne – torkelte vor den beiden her, mal auf dem rechten, mal auf dem linken Fahrstreifen. Glück für ihn, dass hier nachts so gut wie kein Verkehr herrscht. Manchmal blieb er stehen, wie um sein Gleichgewicht wiederzufinden, ging aber fast sofort wieder weiter. Die ganze Zeit über schien sie ihn dabei im Auge zu behalten. Als sie an eine Gabelung kamen, bogen sie nach links ab und verschwanden kurz aus seinem Blickfeld. Jyri nahm den Richtungswechsel allerdings in einem zu weitläufigen Bogen und driftete immer weiter nach links. „Rechts, Jyri, nach rechts!“ Swentje beobachtete seinen Kurs mit wachsender Beunruhigung. „Jyri!“, rief sie alarmiert, als er geradewegs auf ein paar am Strassenrand geparkte Autos zusteuerte. „Mehr nach rechts!“ „Dasch mach isch doch!“, schnauzte dieser zurück, ohne allerdings auch nur im Geringsten die Richtung zu ändern. „Das andere Rechts!!!“ Jyri schnaubte. “Kannscht du disch ma ’ntschaidn?!” Er versuchte, ihr einen wütenden Blick über die Schulter zuzuwerfen, doch geriet sein Gleichgewicht dadurch völlig aus dem Ruder und er taumelte nur noch schneller in die falsche Richtung. „JYRI!!!“ Ihr Ausruf zerriss nun völlig die Stille der Nacht. Jyri versuchte vergebens, im letzten Moment doch noch die Richtung zu wechseln und das mit ganzem Körpereinsatz. Dabei wurde er jedoch nur noch schneller und prallte schliesslich mit einem dumpfen Laut frontal gegen den Kofferraum eines VW’s. Sein Keuchen hallte unwirklich in der Nacht wieder, als ihm die Luft aus den Lungen getrieben wurde. Sein Oberkörper knickte ein und er fiel mit einem weiteren dumpfen Geräusch auf Kofferraum. Dann kehrte wieder Stille ein. Swentje bedeckte mit einer Hand ihre Augen und schüttelte wortlos den Kopf. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte... Gott sei Dank und wider Erwartens schrillte keine Alarmanlage los und Jyri entleerte auch nicht seinen Magen auf der Heckscheibe des Wagens. Sie seufzte tief, als sie die Hand wieder von den Augen nahm und den Blick zum Himmel hob. „Was hab ich dir getan!?“, rief sie verzweifelt und breitete fragend den freien Arm aus. Einige Sekunden überlegte sie wirklich, welchen Gott sie wohl verärgert haben mochte, dann blickte sie wieder zu Jyri, der immernoch auf der Kofferraumklappe lag und leise vor sich hinstöhnte. Wieder seufzte sie. Sie spürte, wie Bastian sich bewegte und griff instinktiv fester zu, damit er nicht zu Boden rutschte. Doch Bastian bewegte sich mit einem leichten Ruck in genau die andere Richtung und sie musste ihren Schwerpunkt etwas verlagern, als sein Gewicht plötzlich ganz von ihrer Schulter wich. Verwirrt blickte sie zu Bastian, nur um festzustellen, dass ihn jemand von ihrer Schulter gezogen hatte und ihn nun selbst auf die gleiche Art stützte, wie sie zuvor. Nur war diese Person um einiges grösser als sie. Bastians Füsse schleiften nicht mehr auf dem Boden und sein Kopf ruhte an der Schulter der anderen Person. Einer männlichen Person... mit einer rotbraunen Lederjacke... und langen gewellten schwarzen Haaren... und grau-grünen Augen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)