Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 10: Die Leiden des jungen Seth -------------------------------------- Wieso musste Jono so verdammt unschuldig und neugierig sein? Jetzt stand er da, mit einem Ständer und knallrotem Kopf und wusste nicht, was er machen sollte. Seth fühlte sich plötzlich von der Situation überfordert. ER war doch der der erfahrene, ER wollte Jono doch in Verlegenheit bringen, ER wollte doch das Spielchen spielen. Aber Jono in seiner Naivität drehte den Spieß einfach um und führte ihn vor. Es war einfach zum Verrücktwerden. Ja, es erregte ihn, von Jono so angeschaut zu werden und ein Blick in seine wunderschönen Augen sorgte dafür, dass sein ganzer Körper kribbelte. Aber etwas fehlte Seth. Die Sehnsucht, sich mit ihm vereinigen zu wollen, die alle Bedenken über Bord werfen würde. Er war doch ein Mann. Jono verfolgte Seths Minenspiel und war überrascht, wie vielfältig der Gesichtsausdruck der Menschen sein konnte. Aber er konnte nicht alles so ganz verstehen, was er zu „lesen“ bekam. Mit Gefühlen wie Trauer, Schmerz, Einsamkeit, Unsicherheit und Freude konnte er etwas anfangen. Aber Verlegenheit war ihm fremd. Er wusste nicht, dass es Dinge gab, die Menschen peinlich sein konnten. Deshalb wusste er auch nicht, dass es eben genau dieses, seine so unschuldigen Fragen, es war, dass Seth erröten ließ. „Wieso bist du eigentlich so rot?“, wollte Jono dann aber doch neugierig wissen. Musste Jono denn immer noch weiter in dieselbe Kerbe schlagen? stöhnte Seth innerlich auf. Er würde nicht drum herum kommen, Jono alles zu erklären, soviel war ihm klar. Jono würde erst Ruhe geben, bis er eine zufrieden stellende Antwort auf seine Fragen bekam. Ok, er würde erst einmal mit dem einfachsten anfangen. „Das Rot werden“, begann Seth leise, „kann geschehen, wenn einem Menschen etwas peinlich ist, oder er sich schämt.“ Schon wieder neue Worte, deren Bedeutung Jono nicht kannte. „Peinlich? Schämen? Was bedeutet das?“, wollte Jono auch sogleich wissen. „Das ist soviel wie, dass einem etwas unangenehm, sehr unangenehm, ist. Aber weniger im körperlichen, als im gefühlsmäßigen Sinne. Zum Beispiel, wenn man etwas fühlt, dass man nicht fühlen möchte, oder wenn man sich nicht sicher ist, ob man so fühlen will.“, versuchte Seth zu erklären. Jono dachte nach. Seth atmete währenddessen kräftig durch und versuchte sein Herz und seine Gefühle zu beruhigen. Er ahnte, eine oder zwei schockierende Fragen würden garantiert noch kommen. Also, fasste Jono die neuen Informationen zusammen, Seth ist rot geworden, weil er sich unangenehm fühlte. „Warum fühlst du dich unangenehm?“, fragte er besorgt. Seth holte tief Luft. „Ich fühle mich unangenehm, weil die Fragen, die du mir stellst, so persönlich sind. Du musst wissen, die Menschen reden nicht so gern über ihr Geschlecht und ihre Geschlechtlichkeit. Und auch nicht gern über das miteinander paaren. Fragen darüber sind – so – persönlich.“ Schlimmer kann es ja nicht mehr werden, er war ja schon rot bis hinter die Ohren, dachte sich Seth. „Und, willst du mir nicht sagen, was daran für dich am unangenehmsten war?“, fragte Jono verstehend. „Ich weiß nicht. Als du gefragt hast, wie man eine Erektion macht, oder als du gefragt hast, ob ich mich mit dir paaren will? Irgendwie ist beides ziemlich unangenehm.“ „Und, beantwortest du mir die Fragen?“, fragte Jono ernst. „Ehm, hab ich doch schon.“, versuchte Seth sich doch noch zu drücken. „Was ist eine Erektion?“ Jono war unerbittlich. „So nennt man es, wenn der Penis hart wird und sich aufrichtet.“ „Und wie kann ich das machen?“ Seth schluckte. ‚Und ich dachte, dass es nicht mehr peinlicher werden kann.’, dachte er. „Wenn du jemanden siehst, den du sehr magst und den du anziehend findest, dann ist es möglich, dass sein Anblick dich erregt. Es gibt aber auch noch einen anderen Weg: wenn man den Penis zärtlich streichelt, dann richtet er sich auf.“ „Zärtlich streicheln?“ „So etwas ähnliches wie kuscheln.“ „Und wer macht das?“ „Du selbst, oder jemand anderes.“ „Jemand anderes? Würdest du das auch machen?“, fragte Jono interessiert. „Ja.“, gab Seth sich geschlagen. Jono würde doch keine Ruhe geben, bevor er nicht alles ganz genau wusste. „Und wenn man eine Erektion hat, will man sich dann paaren?“, hakte Jono wiederum nach. „Für gewöhnlich, Ja.“ „Dann willst du dich also jetzt mit mir paaren?“ Jono wollte es ganz genau wissen. Er hatte so überhaupt keine Ahnung von der menschlichen Paarung, vom Ritual, von den Gefühlen. Ob es bei den Menschen auch so ein Gefühl von innen heraus gab, ein Instinkt, dass sie die Paarung anstreben ließ? Instinkte waren praktisch, man brauchte nicht nachdenken, man handelte einfach, so wie die Natur es vorgegeben hat. Aber, wie war das bei den Menschen? In Bezug auf Seth konnte er im Augenblick nichts von dem fühlen, das dem nahe käme, was er für den kleinen Weißen fühlte. Obwohl er Seth von ganzem Herzen liebte und nicht mehr ohne ihn sein wollte. Seth wiederum wusste nicht, was er genau auf diese Frage antworten sollte. Jonos Schlussfolgerung war absolut logisch. Aber auch wenn es ihn erregte von Jono begutachtet zu werden und sich ein Kribbeln in seinem Bauch ausbreitete, wenn er in Jonos Augen schaute, das Gefühl des Begehrens fehlte. Er hatte einfach noch keine Zeit gehabt, sich mit dem menschlichen Körper Jonos auseinander zu setzen, er musste sich vielmehr dessen Fragen stellen. „Selbst wenn es im Augenblick vielleicht danach aussieht, eigentlich möchte ich mich im Moment eher nicht mit dir paaren. Ich mag es, wenn du mich so anschaust, und es erregt mich auch ungemein. (Der kleine Seth genießt einfach nur unwahrscheinlich die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird.) Aber ich begehre dich nicht, ich habe bisher nicht den Wunsch, mich mit dir zu vereinen.“ „Begehren? Ist das so was wie beim Paarungstanz? So ein inneres Verlangen, eine Hitze, die einen an nichts anderes mehr denken lässt?“, fragte Jono. „Ja, so könnte man es sagen.“ Jono nickte verstehend, auch ihm fehlte bisher das Gefühl, dass er hatte, wenn der kleine Weiße bei ihm war. Was den Weißen betraf, so war er sich sicher, was er wollte. Bei dem Braunhaarigen jedoch stand bisher die Neugier auf die andere Lebensform im Vordergrund. Aber, dieses Mund auf Mund, das hatte ihm schon sehr gefallen. „Bei diesem Mund auf Mund hast du gesagt, es wäre wie beim Paarungstanz. Kann das so ein Verlangen auslösen?“, fragte Jono nach einiger Zeit. „Ja, für gewöhnlich ist das der Hauptauslöser.“, gab Seth zur Antwort. Seths Gesichtsfarbe begann sich langsam wieder zu normalisieren. Auch wenn es ihm immer noch furchtbar peinlich war, mit Jono darüber zu reden. Zudem blieb seine Erektion die ganze Zeit über bestehen, was ihm wiederum peinlich war. Aber nur ein bisschen, freute es ihn andererseits doch auch, so im Mittelpunkt von Jonos Interesse zu stehen. „Können wir das Mund auf Mund nicht noch einmal machen?“, fragte Jono und sah Seth bittend an. Jono schien wirklich alles zu mögen, das mit Körperkontakt zu tun hatte. Aber wenn man 70 Jahre lang allein gelebt hatte, ist das wirklich verständlich, fand Seth. Seinen ‚kleinen Seth’ ignorierend, nahm er Jonos Gesicht in beide Hände und gab ihm einen zärtlichen Kuss. Irgendwann zu Vollmond würden sie miteinander schlafen, aber vorher wollte er Jono noch ein wenig mehr über die Gefühle der Menschen nahe bringen. Er wollte erst mit Jono schlafen, wenn es für sie beide der Ausdruck innigster Verbundenheit sein würde. Er hatte keine Ahnung, wie es bei Drachen war, ob sie sich nur aus Instinkt paarten oder auch aus Liebe. Aber als Mensch wollte er nur aus Liebe mit Jono schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)