Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 7: Erstes Zusammenleben ------------------------------- >Wie wär’s mit Frühstück?<, begrüßte ihn Jono, als er wieder zurückkam. „Klingt gut, aber roher Fisch ist nicht so mein Fall.“, gab Seth zu bedenken. >Wenn du Feuer brauchst, kein Problem.< Jono ließ vorsichtig eine kleine Flamme entstehen. „Dann wär ja alles geklärt,“, freute sich Seth. Gerösteter Fisch, köstlich. Schon allein die Vorstellung ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. „Nur, wie komm ich runter zum See?“ >Na, in dem du dich einfach auf meinen Rücken setzt und wir gemeinsam runter fliegen.< „Das würdest du erlauben?“, fragte Seth ungläubig nach. >Sicher, das ist am einfachsten, sichersten und am praktischsten. Sonst müsste ich ja solange auf dich warten.< Seth nahm das Angebot dankend an und so kletterte er draußen auf dem Plateau vorsichtig auf Jonos Rücken. Es war schon ein seltsames, aber tolles Gefühl auf dem Rücken des Drachen zu sitzen, fand Seth. Sein Herz schlug vor Aufregung ganz heftig, erinnerte er sich doch gerade an seinen ersten Flug. Wie es sich wohl anfühlt auf Jono zu fliegen? Bestimmt genauso toll, überlegte Seth. Und dann flog Jono los. Nicht ohne Seth vorher darauf hinzuweisen, sich auch ja gut festzuhalten. Der Flug war toll, besser als jeder Ritt auf einem Pferd. Jono flog vorsichtig, hatte er doch bisher noch nie jemanden auf seinem Rücken gehabt. Als der Wind um seine Nase strich, fühlte Seth sich unbeschwert und frei. Tief in seinem Inneren bildete sich ein Schrei, der sich alsbald lautstark seinen Weg nach draußen suchte. Kurz vor der Landung stieß Seth ein lautes und glückliches „JAAAAAH!“ heraus. Jono setzte Seth am Ufer ab und flog zum fischen. Er stillte erst einmal ausgiebig seinen Hunger, bevor er mit einem letzten Fisch zu Seth zurückkehrte. Seth hatte sich in der Zwischenzeit einen Stock gesucht, auf den er den Fisch aufspießen konnte. Als Jono mit dem Fisch kam, spießte er ihn auf und hielt ihn hoch, damit Jono ihn mit seiner Flamme rösten konnte. Als er glaubte, der Fisch wäre richtig, nahm er ihn aus dem Feuerstrahl und probierte vorsichtig. >Und, schmeckt’s?<, fragte Jono und schaute Seth interessiert dabei zu, wie er den Fisch aß. „Köstlich“, erwiderte Seth mit vollem Mund. >Wo hast du denn dein Lager?<, wollte Jono nach einiger Zeit wissen. Seth musste ein Lager haben, so lange wie er schon hier im Tal war. Jono hatte bei seinen Ausflügen außerhalb des Tals gelernt, dass die Menschen sich immer ein Lager bauten. „Mein Lager?“, fragte Seth nach. „Siehst du dort hinten die drei Bäume?“ Er zeigte etwas abwärts des Sees auf eine kleine Baumgruppe. „Daneben ist eine große Ansammlung von Büschen, die eine Senke überwuchert haben. Dort habe ich mein Lager.“ >Wenn du möchtest, können wir ja deine Sachen holen.< bot Jono vorsichtig an. „Gerne“, freute sich Seth über das Angebot des Drachens. Auch wenn sie nicht darüber geredet hatten, so war es für sie doch irgendwie selbstverständlich, dass sie von nun an gemeinsam in der Höhle leben würden. >Was hältst du davon, wenn wir deine Sachen holen, sie zur Höhle bringen und dann noch ein kleines bisschen durchs Tal fliegen?< Es war Jono nicht entgangen, wie sehr es Seth gefallen hatte, auf ihm zu fliegen. Die Baumgruppe war Jono bekannt, ebenso das große Gebüsch daneben, nur das eine Senke damit überwachsen war, war ihm neu. Jono staunte nicht schlecht, als er das nicht zu verachtende Lager Seths erblickte. Ja, es war ein gutes Versteck, weil es gleichzeitig blickdicht und geräumig war. Und, wie er noch erkennen konnte, es wuchsen dort sogar Beeren und Nüsse. Und es war auch nicht weit vom Wasser entfernt. Jono entschied, dass er dieses Versteck im Auge behalten sollte, hatte es doch die Anwesenheit Seths perfekt verborgen. Außerdem wäre es nicht schlecht, das Tal nach weiteren solchen Verstecken abzusuchen, nicht dass sie eines Morgens eine böse Überraschung erleben würden. (Keine Sorge, dieses Tal ist ein magisches Tal ^^) Seth packte seine Sachen zusammen, schnallte sich sein Bündel auf den Rücken und kletterte wieder auf Jonos Rücken. Der Flug zur Höhle war zwar wiederum nur kurz, aber er genoss ihn trotzdem in vollen Zügen. Er steigerte nur seine Vorfreude auf später. Neugierig beäugte Jono Seth, als er seine Sachen in der Höhle auspackte. Es war alles neu und fremd für ihn, und für die meisten Dinge hatte er auch keine Worte. Also zeigte er auf jedes Ding, fragte nach seinem Namen und nach seiner Verwendung. Als er die Pfeile sah, zuckte er zusammen, erinnerten sie ihn doch an sein letztes Zusammentreffen mit Menschen. Aber auch, dass er Seth zum ersten Mal gesehen hatte. Seth klärte ihn geduldig über alles auf, das er bei sich führte. Er freute sich über den Wissensdurst des Drachens, geht es ihm anders herum doch auch nicht anders. Sie hatten die Chance alles über ihre Verwandlungsform voneinander zu lernen. Und darüber war er froh. Und er war sich sicher, Jono würde ein genauso eifriger Lehrer sein, wie er jetzt Schüler war. Und das allerschönste an seiner Gemeinschaft mit Jono war, dass er nicht mehr verachtet und verstoßen wurde, dass er voll akzeptiert wurde. Jetzt schon und auch nach Neumond immer noch. Endlich konnte er ganz ICH sein, ohne einen Teil von sich verbergen zu müssen. Den Teil, der von den anderen abgelehnt wurde, das „Monstersein“, das sich Verwandeln. Hier würde ihn niemand mehr ein Monster nennen. Als sie mit dem einrichten Seths in der Höhle fertig waren, fragte Jono ihn, wie es denn jetzt mit einem kleinen „Aus“flug aussehen würde und Seth war sofort mit Begeisterung dabei. Als Jono mit ihm los flog, um ihm sein Tal aus der Luft zu zeigen, fühlte Seth sich wie im Rausch. Es war überwältigend, unbeschreiblich, so… befreiend für ihn (das Fliegen, nicht das Tal). Die Last der letzten Jahre wurde einfach von dem Wind, der um seinen Kopf rauschte, hinweggefegt. Alle Bitternis, alle Verzweiflung, alle Einsamkeit, alles Leid – alles fort. Und machte Platz für Frieden, Freude, Geborgenheit, Liebe und Glück. Ja, Seth war in diesem Moment absolut glücklich, und er wusste, auch Jono würde bald glücklich sein. Er freute sich schon darauf. Sie hatten soviel voneinander zu lernen. Nein, Seth sah seiner Zukunft nicht mehr düster entgegen, sie hatte sich an diesem Morgen in Licht verwandelt. Jono konnte diese überschwängliche Freude, die in Seth herrschte, beinahe körperlich spüren. Es stimmte ihn zufrieden und machte ihn auch ein Stück weit froh. Eines Tages würde er mit ihm glücklich sein können, dessen war er sicher. Doch der Verlust des Weißen war noch zu frisch, es schmerzte noch zu sehr. Aber mit Seth an seiner Seite konnte auch er wieder zuversichtlicher der Zukunft entgegenblicken, und so ließ er sich von seiner Freude anstecken. Immer übermütiger wurde sein Flug. >Halt dich gut fest.<, erinnerte er Seth und dann begann er mit den ersten vorsichtigen Sturzflügen und engen Kurven, kurzum, er begann wie ein junger Drache herumzutollen. Dem Weißen hatte er stolz sein Tal gezeigt, aber jetzt holte die Freude zu leben ihn einfach ein. Und alles nur, weil Seths überschäumende Freude auf ihn übersprang. So glücklich und ausgelassen waren sie schon lange nicht mehr und dies tat ihren gepeinigten Seelen mehr als nur gut. Zu Sonnenuntergang gönnten sie sich wieder eine ausführliche Mahlzeit aus Fisch und Seth sich noch ein paar Beeren, bevor sie sich wieder in die Höhle zurückzogen. Jono legte sich auf sein Lager, Seth holte seine Decke und lehnte sich an Jonos rechte Flanke. Nach einigem hin und her Geruckel fanden die Beiden eine für sie angenehme Position. Eine angenehm wohlige Stimmung machte sich in der Höhle breit. Nachdenklich schaute Seth zu Jono. ‚Hallo, da bist du ja.’, dieser Satz ging Seth nicht aus dem Kopf. „Darf ich dich was fragen?“ unterbrach Seth die friedliche Stille. >Ja, was denn?< „Als ich dich aus dem See geholt hatte, …warum hast du als erstes zu mir gesagt: ‚Hallo, da bist du ja!’?“ >Das hab ich als erstes zu dir gesagt?<, fragte Jono erstaunt zurück. „Ja,“, nickte Seth, „ich muss die ganze Zeit daran denken.“ >Ich weiß nicht, aber es hat vielleicht damit zu tun, dass ich dich seit dem letzten Vollmond gesucht habe.< „DU hast mich gesucht?“ ungläubig blickt Seth zu Jono. >Ja.< „Warum?“ >Letzten Vollmond, als ich verwandelt war, hatte ich mich am Tag zuvor schwer verletzt. Ich hatte mir Kräuter gesucht und einen Wundverband gemacht und ruhte mich ein wenig auf dem Plateau aus. Ich wollte mir die Mondspiegelung im See ansehen, als ich auf einmal eine Bewegung am Ufer wahrnahm. Ein Mensch kam aus dem Wald, setzte sich ans Ufer und schaute die ganze Zeit nur ins Wasser. Ich wollte wissen, wer das ist, aber meine Schmerzen zwangen mich auf mein Lager zurück. Als ich endlich wieder gesund war, machte ich mich zwar sofort auf die Suche, doch ich konnte keine Spur von ihm finden, von dir finden. Bis ich in der Höhle neben dir aufgewacht bin. Tut mir leid, aber ich kann mich an den letzten Vollmond überhaupt nicht erinnern.< „Das tut mir leid.“ >Aber jetzt weiß ich ja, warum ich dich nicht finden konnte, du warst wirklich gut versteckt.< musste Jono anerkennend zugeben. „Und es ist schön, dass du mich gesucht hast.“, kuschelte Seth sich gleich noch dichter an Jono und war schon nach einiger Zeit eingeschlafen. Liebevoll wachte Jono über Seths Schlaf, bis auch er in einen kurzen tiefen Schlaf fiel. Die nächsten Tage vergingen immer nach dem gleichen Schema: Nach dem gemeinsamen Frühstück unten am See flogen sie ein Paar Runden durchs Tal. Mittags ruhten sie sich am Ufer oder oben vor der Höhle aus und führten viele Gespräche. Meistens war es so, dass Jono ganz viele Fragen über Menschen stellte und Seth sie so gut wie möglich beantwortete. Manchmal stellte auch Seth ein paar Fragen über Drachen und Jono beantwortete sie. Hin und wieder zogen sie auch Vergleiche zwischen den Drachen und den Menschen. Doch manchmal blickte Jono ganz traurig, und auch wenn Seth den Grund dafür ganz genau kannte, so sprach er Jono nicht darauf an. Er hatte sich vorgenommen ihn nicht auf den Weißen anzusprechen, wenn Jono nicht davon anfing. So vergingen die Tage und es näherte sich der nächste Neumond. Seth spürte, wie immer, den nahenden Wechsel, und freute sich wie ein kleines Kind auf Jonos überraschtes Gesicht, wenn er als weißer Blauaugendrache morgen früh neben ihm lag. ---------- Hallo, soraya-solan! Vielen Dank für deine lieben Kommis, ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich hier ein wenig gerafft habe, aber ich wollte so gern den Neumond erreichen. Doch die Gespräche wird es schon noch geben, denn ich stelle es mir auch ganz lustig vor, wenn sie hin und wieder gewaltig aneinander vorbeireden. LG risuma Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)