Das Geheimnis des Spiegel von NaBi07 ================================================================================ Kapitel 12: Die blaue Priesterin -------------------------------- Dieses Kapitel ist speziell für meine süße Blackheart_ damit sie sich nicht die Füße wund rennt, um ihre Unterschriftenaktion zu starten. Entschuldigt bitte die lange Wartezeit. XD Naja hier ist es jedenfalls. Euer nächstes Kapitel. Viel Spaß eure Hina ;) >>>>>>>>>>>>>>>>>>--------<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< Ein sanfte Brise umspielte ihr Haar und kitzelte ihre Nase. Vogelgezwitscher drang in ihr Ohr und weckte sie sanft. Langsam tauchte Nele aus ihrem Schlaf auf und genoss die Sonne, die ihr das Gesicht wärmte. Seufzend kuschelte sie sich ein wenig tiefer in ihr Bett um noch einen Moment der völligen Entspannung zu genießen. Bett? Erschrocken fuhr das Mädchen hoch. Blinzelnd blickte sie sich um. Das hier war definitiv nicht ihr Zimmer. Statt der spärlichen Möblierung stand nun ein reich verzierter Schrank ihr gegenüber an der Wand. Die Ornamente schlängelten sich um seine Türen und verliehen dem großen, edlen Möbelstück seinen ganz eigenen Charakter. Neben dem Schrank befand sich ein Bücherregal, reich bestückt mit alten Einbänden, die viel Wissen zwischen ihren Zeilen verbargen und nur darauf warteten es mit ihrem Leser zu teilen. Nele schob langsam ihr Bein unter der Decke hervor und ließ ihren Fuß behutsam auf das Bärenfell gleiten. Sie verstand die Welt nicht mehr. Eigentlich müsste sie im Dreck, neben dem Brunnen liegen. Deutlich spürte sie noch die kleinen Kieselsteinchen, die sich ihr in die Haut gegraben hatten, als sie neben dem Brunnen eingeschlafen war. Doch warum war sie hier? Und wo war dieses „Hier“? Mit einem Seufzer erhob sich das Mädchen gänzlich aus dem Bett. Sie trug immer noch das gleiche Kleid wie am Tag zuvor. Der Saum reichte bis auf den Boden und teilte seinen Schmutz mit dem erlegten Bären. Einen Fuß nach dem Anderen schlich sie voran, um sich, wie ein Jäger an seine Beute, an die Tür heran zu pirschen. Ganz langsam öffnete sie diese einen Spaltbreit und lugte in den Korridor. Nichts. Merkwürdig. Eine leise, grausame Ahnung machte sich in ihr breit? Was wäre, wenn die Alte sie verkauft hätte. Einfach so. Nein! Das durfte nicht sein und falls doch würde sich das Mädchen sich nicht einfach brav ihrem Käufer ergeben. Sie würde Kämpfen bis aufs Blut. Immerhin ist es ihr gelungen die Quelle ihrer Kraft ausfindig zu machen. Wenn es sein muss, würde sie sich an alle grausamen Dinge erinnern, die ihr bis jetzt widerfahren waren und so ihre größte Wut heraufbeschwören. Sie würde sich diese zu nutze machen und jeden umhauen, der ihr im Wege stehen sollte, um nach hause zu gelangen. Mit gestrafftem Rücken und eisernem Willen machte sie sich auf die Suche nach ihrem Gegner. Entschlossen schlich sie den langen Flur entlang bis sie an eine Treppe kam die ihr seltsam vertraut schien. Knarrend verkündete dieses instabile Ding jedem in ihrer Umgebung, dass Nele wach war und genau jetzt nach unten kam. Sie fluchte leise vor sich hin, huschte schnell barfuß die Stufen runter und versteckte sich in der nächstgelegenen Ecke vor der Tür. Das klappern von Geschirr und der Geruch von frisch Gebratenem kündete von der Betriebsamkeit in der Küche. Nele lugte vorsichtig um die Ecke und erkannte eine fleißige Gestalt die schwer beschäftigt vor dem Herd stand und das Essen überwachte. Laut knurrend machte sich ihr Bauch bemerkbar. Die Köchin drehte sich nicht um, aber ihr plötzliches Zusammenzucken zeigte, dass sie das laute Grummeln des Bauches ebenfalls gehört hatte. Wie auch nicht? Das brüllen eines Löwen wäre nichts dagegen gewesen. „Kommt ruhig rein. Das Essen ist bald fertig.“ Die vertraut klingende Stimme durchbrach Neles Misstrauen vollkommen und sie machte sich eiligst dran, der Aufforderung zu folgen. Warum sollte sie auch dieses Verlockende Angebot abschlagen? Beinahe starr vor Hunger setzte sich das Mädchen an den frisch gedeckten Tisch. Jeweils zweimal Besteck, Becher und Teller standen bereit. Eine Vase voller prächtiger, frisch gepflückter, bunter Blumen verbreitete einen wohligen Duft im Raum und vermischte sich mit den Essensgerüchen. Nele zappelte unschlüssig auf ihrem Stuhl hin und her. Warum durfte sie auf einmal mit der Alten frühstücken? Und wie war sie in das Bett gekommen? Immerhin war es ihr nicht gelungen den Brunnen aufzufüllen oder? Nein. Sie erinnerte sich nicht mehr genau an den vergangen Abend, aber sicher hatte sie es nicht geschafft auch nur eine Pfütze in diesen verfluchten Brunnen zu füllen. Mit einem leisen Scheppern stellte Mariella die Pfanne auf dem Tisch ab. Ohne ein Wort zu sagen füllte sie die Teller und danach gleich die Becher. Der Geruch nach frisch gebratenem Speck und Eiern durchdrang Neles Glieder und ließen ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen. „Entschuldigt bitte das spärliche Mahl, aber leider hatte ich noch keine Zeit gefunden in das benachbarte Dorf zu fahren, um neue Vorräte zu kaufen.“ Argwöhnisch hob Nele ihren Blick vom Essen ab und betrachtete ihr gegenüber. Seit wann wurde sie mit so einem höflichen Ton angesprochen? Wenn sich Nele nicht irrte, und sie hoffte das sie es tat, denn diese Seite der alten Hexe beunruhigte sie ein wenig, dann schien die Alte sie mit Demut und Ehrfurcht zu betrachten. Ihre zuvor abgrundtief blauen Augen, die sie nur mit Misstrauen und Abneigung angeblickt hatten, strahlten ihr jetzt offen und freundlich entgegen. Skeptisch zog das Mädchen eine Augenbraue nach oben. „Wollt ihr nicht essen, Herrin?“ Geschockt riss Nele die Augen weit auf. »Herrin? Was geht den mit der ab? Hat die Heute etwa zu tief ins Glas geschaut?« „Ich verstehe eure Verwunderung. Bitte esst erst einmal, dann werde ich euch alles erklären.“ sagte sie im ruhigen und gelassenem Ton. Nele wusste nicht wie sie reagieren sollte oder was sie überhaupt darauf antworten konnte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen nahmen sich die Beiden ihr Besteck und begann zu essen. Der saftige Geschmack des Speckes zerschmolz förmlich auf Neles Zunge und das Ei schmeckte wie von Götterhand zubereitet. Erst jetzt wurde dem Mädchen bewusst, dass sie fast seit 3 Tagen keine anständige Mahlzeit mehr gehabt hatte. Nur dank ihres orangen Lichtes konnte sie ihren Hunger bis jetzt unterdrücken. Selbst diese klare Fleischbrühe der Banditen wäre ihr jetzt eine willkommene Mahlzeit gewesen. Doch dieses reichhaltige Frühstück war einfach nur perfekt. Schlingend vertilgte sie noch eine zweite Portion. Mit einem Becher Wasser spülte sie nach und wurde sich erst jetzt bewusst, dass Mariella sie die ganze Zeit beobachtet hatte. Röte schoss ihr unweigerlich ins Gesicht und Schuldbewusst blickte sie auf den Boden. „Wenn ihr die Ehre hättet mir zu folgen, Herrin?“ fragend stand die Alte von ihrem Platz auf und wartete bis Nele es ihr gleichtat. Gesättigt und neugieriger als zuvor folgte sie der Frau. Gemeinsam liefen sie durch die Tür und folgten einem dunklen Gang. Nele war bist jetzt nicht aufgefallen, dass es am Ende des Korridors zwei weitere Türen gab, die von Wandteppichen verdeckt waren. Die bekannte Tür aus massivem Holz führte hinaus ins Freie, das wusste sie bereits. Doch die Alte hob einen der Wandteppiche an und deutete Nele durch die ihr noch unbekannte Tür zu gehen. Das Sonnenlicht durchflutete den kleinen Raum dahinter und ließ ihn in einer wohligen Atmosphäre erstrahlen. Zwei lederne Sessel standen sich an einem kleinen Tisch gegenüber. Ansonsten schmückten nur noch unzählige Regale und Landkarten die Wände. In einigen dieser Regale lagen Bücher aufgestapelt, in anderen Töpfe und Krüge mit seltsamen Flüssigkeiten darin. Der Geruch nach frischen Kräutern und Arzneien durchströmte den Raum und veranlasste Nele dazu sich hier gleich wohl und entspannt zu fühlen. Die Frau zeigte auf einen der Sessel und wartete bis sich das Mädchen gesetzt hatte, bevor sie zwei Becher holte und diese mit einer honiggelben Flüssigkeit füllte. Danach ließ sie sich in dem anderen Sessel sinken und nahm sich einen der beiden Becher. Räuspernd lenkte sie Neles volle Aufmerksamkeit auf sich. „Mein Name ist Mariella. Und meine Familie dient seit Generationen den Priesterinnen des heiligen Landes.“ Verwirrt runzelte Nele die Stirn. „Und was hat das mit mir zu tun? Warum sind sie plötzlich so höflich zu mir?“ „Bitte. Ihr müsst nicht so förmlich mit mir sprechen. Ich erzähle euch von der Aufgabe meiner Familie, weil ihr meine Priesterin seit und ich eure ergebene Dienerin.“ „WAS!!“ Geschockt sprang das verwirrte Mädchen auf und blickte ungläubig auf Mariella herab. » Die ist ja vollkommen durchgeknallt.« „Wie kommen sie … äh .. wie kommst du darauf? Ich bin doch keine Priesterin!“ Lachend ließ sie ich wieder in dem Sessel fallen und griff zu ihrem Becher. »Das kann alles nur ein schlechter Witz sein!« beruhigte sie sich selbst. „Ihr kommt doch nicht von hier, oder? Ihr stammt aus einer anderen Welt.“ stellte die Frau gelassen fest. Die unfreiwillige Priesterin hingegen verschluckte sich an ihrem Getränk und hustete laut. Sie war alles andere als gelassen. Wie konnte es sein, dass diese Alte wusste woher sie kommt. Das ist doch absolut unmöglich! Es dauerte eine Weile, bis es ihr gelang wieder zur Ruhe zu kommen. Geschockt sammelte Nele ihre Gedanken. „Woher weißt du das?“ „Ihr erstrahlt in diesem besonderen Licht. Dieses Licht, das nur den Priesterinnen zu eigen ist. Und ihr verhaltet euch nicht so, wie es die Frauen aus unserer Welt tun.“ »Das muss ich erst einmal verdauen. Sie meint bestimmt das orangene Licht, dass mich immer umgibt wenn ich wütend werde. Aber wie konnte sie es sehen? Ich habe es bis jetzt immer nur dann benutzt wenn niemand in der Nähe war. « Von plötzlicher Hoffnung ergriffen straffte Nele ihren Rücken und blickte entschlossen in die dunkelblauen Augen. „Das heißt es gibt noch mehr wie mich? Ich meine noch mehr Frauen, die in eure Welt kommen? Verlassen sie eure Welt auch wieder?“ Die Anspannung im Raum konnte man beinahe mit bloßen Händen greifen. Sollte es doch noch Hoffnung für Nele geben? Gab es einen Weg für sie, um wieder nach hause zu gelangen? „Ja.“ durchschnitt die klare Stimme den Raum. „Ja, es gab viele Priesterinnen. Laut meiner Vorfahren kamen sie in regelmäßigen Abständen und lösten ihre Vorgängerin ab. Sie passierten das Tor, um selbst zur Priesterin aufzusteigen. Die Amtierende unterrichtete den Neuankömmling stets in der Macht des Lichtes und den Lehren Gottes. Wenn die Schülerin bereit war ihre Lehrerin zu ersetzt, verabschiedete sich die Ältere und machte sich auf den Weg nach hause. Die Neue amtierte dann ihrerseits wieder so lange, bis ihre Schülerin kam.“ Hocherfreut strahlte Nele ihr Gegenüber an. „Das ist ja klasse!! Bitte bring mich zu der jetzigen Priesterin damit ich mit ihr reden kann.“ Vielleicht konnte sie ja die Priesterin davon überzeugen, dass sie selbst keine gute Schülerin abgeben würde. Natürlich würde Nele dann nach hause zurückkehren und dort nach einem Ersatz suchen und diese dann hierher schicken. Das wäre die perfekte Lösung ihres Problemes. Doch leider zerstörte Mariella diesen Plan mit nur einem Satz. „Das ist unmöglich denn seit 300 Jahren gibt es keine Priesterin mehr.“ „Nein.“ flüsterte das erschütterte Mädchen und sackte in sich zusammen. Das konnte doch nicht sein! „Warum? Wie geht das? Was ist passiert?“ fragte sie mutlos. Sie konnte es nicht Fassen. Beinahe hätte sie ihr Ziel erreichen können und nun das! Den Tränen Nahe nahm sie noch einen Schluck von der beruhigenden Flüssigkeit. Die Wärme des Getränkes breitete sich in ihrem Bauch aus und strahle bis in alle Gliedmaßen. Resigniert ließ sie sich nach hinten fallen und starrte aus dem Fenster. Trotz des Schockes konnte Nele nicht anders als den Worten von Mariella zu lauschen. „Ich habe diese Geschichte von meiner Mutter gehört. Diese kennt sie von ihrer. So geht es immer weiter bis zur letzten Dienerin der blauen Priesterin. Vor 300 Jahren soll eine besonders begabte Schülerin aufgetaucht sein. Sie war in der Lage mit der Kraft ihres blauen Lichtes Seen zu füllen, ganze Wälder zum Wachsen zu bringen, große Brände zu löschen, Hunger zu stillen. Ja sie konnte sogar schwere Krankheiten heilen. Sie war überall beliebt und nach einem halben Jahr bereits in der Lage ihre Meisterin, die grüne Priesterin, abzulösen. Fünf Jahre wanderte die Blaue durchs Land und vollbrachte ihre Wunder. Überall wo sie erschien kam das Glück und der Frieden mit ihr ins Dorf und verweilte dort. Während ihren Reisen lernte sie vier junge Männer kennen. Vier Anwärter auf ihre Liebe. Jede Priesterin suchte sich einen Gefährten, mit dem sie ihr Leben teilen wollte. Doch diese Priesterin war anders. Sie entwickelte sehr große Gefühle für alle vier Männer und konnte sich nicht entscheiden wen sie wählen sollte. Also wählte sie alle vier. Der Älteste war ein mächtiger Soldat. Geschickt im Umgang mit allen Waffen. Sein Ruf reichte bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Er schloss sich als erster der Priesterin an. Der Zweite liebte Bücher über alles. Er war ein Gelehrter des königlichen Hofes. Für die Liebe der Priesterin ließ er den Hof und seine Stellung hinter sich und blieb an ihrer Seite. Die beiden anderen waren Brüder. Ein enges Band kettete die Beiden aneinander. Der Eine deckte stets den Rücken des Anderen. Sie teilten alles miteinander. Auch ihre Liebe zur blauen Priesterin. Die vier akzeptierten, dass sie nie die Priesterin für sich alleine haben konnten. Darum schlossen sie einen Blutbund, der sie zu untrennbaren Gefährten machen sollte. Eines Tages brach im Nachbarland Krieg aus. Der dortige König beschwor die dunklen Bestien und hetzte sie auf alle seine Feinde. Auch Alisande blieb davon nicht verschont. Er wollte unsere Priesterin um jeden Preis für sich allein. Also schickte er seinen mächtigsten Trupp los um sie zu fangen. Die vier Geliebten der Priesterin konnten dies natürlich nicht zulassen und zogen in den Krieg. Der Priesterin blieb nichts anders übrig als in ihrem Tempel zu warten und zu beten. Nach sehr langer Zeit kam endlich ein Bote und brachte Nachricht von den vier Männern. Nur leider waren es nicht die Nachrichten die sie erwartet hatte. Alle vier waren Tod. Einer nach dem Anderen war auf dem Schlachtfeld gefallen. Wut packte unsere Priesterin. Unbändige Wut. Voller Hass trat sie dem feindlichen Heer entgegen und löschte es mit einem Schlag aus. Alles und jeden. Keiner überlebte. Noch nie hatte die Welt so viel Grausamkeit und Brutalität gesehen. Als die Priesterin ihre Rachegelüste endlich gestillt hatte, zog sie sich in die Berge zurück. Ein Jahr lang hörte man nichts mehr von ihr bis sie plötzlich wieder auftauchte. Trotz ihrer Rache konnte sie sich nicht von ihrem Hass befreien. Mit Hilfe des blauen Lichtes gelang es ihr die Herrschaft an sich zu reißen. Ganz Alisande gehörte nun ihr und sollte seiner neuen Königin huldigen. Dann tauchte eine neue Schülerin auf. Doch statt diese zu unterrichten tötete die blaue Priesterin das arme Mädchen. Sie legte einen Fluch über das Tor und versiegelte es. Niemand sollte mehr in diese Welt gelangen und ihr ihren Thron streitig machen. Die Priesterin war von ihrem Hass und ihre Einsamkeit zerfressen. Sie herrschte viele Jahre lang über Alisande und verbreitete Angst und Schrecken. Keiner war mehr sicher vor ihr. Das Volk das sie einst so sehr liebte hatte, verfluchte sie nun. Irgendwann starb sie auf natürliche Weise im hohen Alter. Das Land war unter ihrer Tyrannei zerbrochen. Die Menschen hatten vergessen zu hoffen. Nur ganz langsam erholte sich unser Volk von ihrer Schreckensherrschaft.“ Traurig blickte Mariella zu Nele. Es hatte so lange gebraucht, bis sich das Siegel endlich gelockert hatte und eine neue Schülerin in diese Welt schickte. Doch wer sollte sie Lehren? Durfte das Volk von Alisande überhaupt darauf hoffen, endlich wieder eine Priesterin zu bekommen? Nele schluckte. Diese Geschichte hatte sie zutiefst erschüttert. Langsam erinnerte sie sich wieder an die Vision die sie am Brunnen hatte. Die Frau, die ihr so ähnlich sah und ihre vier Krieger, die sie so voller Liebe angeblickt hatten. All das war also doch nicht nur ein dummer Traum gewesen, der ihrer Fantasie entsprungen war. Ja das musste die blaue Priesterin gewesen sein. Die namenlose Priesterin, die ihre Wut und ihren Zorn nicht unter Kontrolle halten konnte nachdem sie ihre vier geliebten Männer verloren hatte. Nele spürte immer noch den bitteren Nachgeschmack der Gefühle, die sich in dem blauen Licht verborgen hatten. Ihre Zunge fühlte sich leicht Taub an. Mithilfe des süßen Getränkes spülte sie alle Bitternis herunter und versuchte sich wieder auf das wesentliche zu konzentrieren. Aber warum sollte sie das auch kümmern? Alles was das Mädchen wollte war wieder nach hause zu gelangen. Doch wie sollte sie es ohne die Hilfe einer anderen Priesterin schaffen? „Weißt du wie ich wieder nach hause komme?“ Leise seufzend wandte Mariella ihren Blick ab. „Nun ja. Laut meinen Vorfahren reisten die Priesterinnen durch einen Spiegel der sich in ihrer Welt befand. Sie landeten dann bei uns immer auf dem Grab der allerersten Priesterin. Wenn sie wieder nach hause zurückkehrten verschwanden sie auch wieder durch einen Spiegel, den sie immer bei ich trugen. Das Tor.“ „Wo ist der Spiegel jetzt?“ Hoffnung keimte auf. Konnte sie es doch noch schaffen? „Ich weiß es nicht.“ antwortet Mariella wahrheitsgemäß. Doch Nele gab nicht so leicht auf. „Aber er existiert noch oder?“ „Nun ja. Es heißt dass die Spiegel mit einander verbunden wären. Wenn es einen gibt , dann gibt es auch noch den Anderen. Wenn einer zerspringt, soll der Andere auch zerspringen. Sie teilen ihr Schicksal miteinander. Da du wahrscheinlich durch den Spiegel von deiner Welt in diese gelangt bist, nehme ich an, dass unserer auch noch intakt sein müsste. “ Erleichterung durchschüttelt den jungen Körper. Sie konnte es schaffen. Alles was es dazu bedurfte, war es einen antiken, verschollenen Handspiegel zu finden. Das war doch ein Klacks! Vor lauter Vorfreude sprang Nele auf. Sie liebte es sich ein Ziel zu setzen und danach zu handeln. Denn wer ein Ziel hatte, der hat auch einen Weg den er gehen konnte und musste nicht still herum sitzen und Däumchen drehen! Denn dafür war Nele nun wirklich nicht beschaffen. Mit neuer Zuversicht überlegte sie sich wo sie mit der Suche beginnen sollte. Stirnrunzelnd blickte sie auf eine der Karten, die an der Wand hing. „Ich helfe euch.“ Verwundert musterte Nele die Frau. „Warum?“ „Das habe ich euch doch erklärt. Meine Familie lebt für seine Herrin. Und die seit ihr.“ Elegant verbeugte sich Mariella vor ihrer Priesterin. Auch sie würde nicht aufgeben. Denn die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt. Feuer loderte in der Ferne. Dicke kräftige Rauchschwaden wanderten in den Himmel und verdeckten die Sonne. Der Wind gab sein bestes den Rauch zu vertreiben, aber seine Mühen blieben vergebens. Der dicke Qualm verbreitete sich wie eine Krankheit und brachte Dunkelheit und Verzweiflung über das Dorf. Die Menschen, die dort einst glücklich lebten rannten schreiend und Hilfe suchend durch die Gegend. Doch keiner würde kommen um ihnen zu Helfen. Ein Junge stürzte über die Leiche eines anderen Kindes. Er rappelte sich auf und rannte vor lauter Entsetzen in die entgegengesetzte Richtung. All das Treiben interessierte den stillen Beobachter nicht. Er wandte seinen Blick abermals in Richtung des Waldes. Von seinem Beobachtungsposten aus konnte er die Baumkronen gut überblicken. Seine geschärften Sinne halfen ihm den Geruch des Lagers aufzunehmen. Doch irgendetwas stimmte nicht. Etwas fehlte. Genau. Ihr Geruch fehlte. Endlich kam Chris auf den Grund, weshalb er die ganze Zeit nervös zurück blickte, anstatt sich auf den Kampf zu konzentrieren. Diese kleine Kratzbürste hatte es anscheinend gewagt wieder einmal abzuhauen. Na warte! Wenn Chris sie erst gefunden hatte, dann würde er ihr kräftig die Leviten lesen und ihr zeigen, wer das Sagen hatte. Wie konnte es dieses Weib wagen, sich einfach still und heimlich davon zu machen? Vor allem dann, wenn er gewillt war sie als seine Frau zu akzeptieren. „Hey, kleiner Bruder! Komm.“ David hatte ihn schon die ganze Zeit im Auge behalten und sich gewundert, warum sein Bruder zum Lager sah und er einfach keine Ruhe finden konnte. Irgendetwas schlimmes schien passiert zu sein. Dies beunruhigte den normalerweise gelassenen Anführer sehr und verspürte nur noch den Drang zurück zu kehren und nach dem Rechten zu sehen. Chris ignorierte ihn auch dieses Mal. Immer machte dieser Bengel was er wollte. Nie konnte er auf seinen älteren Bruder hören. David wusste nicht, was er noch machen sollte, um an Chris heran zu kommen. Man konnte beim besten Willen nicht sagen, was in ihm vorging. „Komm endlich da runter! Oder wir werden ohne dich zurück gehen!“ Endlich schien er die Aufmerksamkeit des Kleinen zu erlangen. Mit einem Satz landete er vor seinen Füßen. Der geflochtener Zopf wippte im Wind, genauso wie sein langer schwarzer Mantel und zusammen mit dem riesigen Schwert auf dem Rücken wirkte Chris nicht mal annähernd wie ein harmloser Siebzehnjähriger, sondern eher wie ein Berserker kurz vor dem Angriff. „Wurde aber auch Zeit.“ grummelt der jüngere dem Anderen entgegen. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er wie sein Bruder sich langsam Richtung Pferde schleppte. Warum musste dieser Sturkopf auch unbedingt persönlich mitkommen. Nach dem Kampf mit dem Wasserdämon, von dem ihm David erzählt hatte, hätte er sich eigentlich noch länger ausruhen müssen und im Lager bleiben sollen. Aber nein dieser elende Dummkopf musste ja wieder mal seinen Dickschädel durchsetzen und mitkommen. Chris wollte sich nicht länger mit der Truppe abgeben, sondern lieber seine eigenen Ziele verfolgen. Darum wandte er sich mit einem gemurmelten: „Ich geh schon mal vor.“ ab und preschte in den Wald. Alleine war er sowieso schneller und je schneller er war, desto eher kam er wieder in den Genuss dieser herrlichen, sanften und zugleich verführerischen Lippen dieser Kratzbürste. Mit großen Sprüngen kam er gut voran. Die Bäume rauschten nur so an ihm vorbei und aller Vogelgesang erstarb. Wie immer, wenn er unterwegs war. Sie mochten seine innere Bestie einfach nicht. Es dauerte nicht lange und er kam im Lager der Banditen an. Sofort machte er sich an die Spurensuche. Mithilfe seiner feinen Nase war es eigentlich für ihn ihn ein leichtes Neles Duft aufzuspüren und ihn zu verfolgen. Doch dieses Mal war er kaum noch auszumachen, was darauf hindeutete, dass sie bereits vor mehr als einem Tagen abgehauen sein musste. Verärgert runzelte er die Stirn und blickte sich im Lager um. Keiner seiner Kameraden traute sich ihm offen ins Gesicht zu sehen. Sie wussten eben genau, was ihnen Blühte, wenn er den Schuldigen ausfindig machen würde. „Du bist wieder da?“ flötete es von hinten fröhlich in sein Ohr. Wütend drehte sich Chris zu Moe um und knurrte ihr entgegen. „Wo ist sie?“ Moe wusste, dass es nicht leicht werden würde mit Chris über Neles verschwinden zu sprechen. Immerhin war sie ja schuld daran, dass diese Fremde abhauen konnte. Die anderen im Lager hatten die junge Frau bereits zurecht gewiesen, doch ließ sie sich davon nicht erschüttern. Auch Chris gegenüber gab sie sich keine Blöße und legte ihr unerschütterliches Selbstvertrauen an den Tag. „Weg.“ „WO IST SIE?“ „Du kannst mich so laut anbrüllen wie du willst. Ich weiß es trotzdem nicht. Sie ist einfach abgehauen. Akzeptiere es und vergiss sie.!“ Chris traute seinen Ohren kaum. Er solle akzeptieren, dass sein Weib einfach so abgehauen ist? Nie im leben! „Ich frage dich noch einmal Moe: Wo … ist … sie?“ „Ich sage es dir noch einmal Chris: Ich … weiß … es … nicht!“ Wütend funkelten sich die beiden Kontrahenten an. „Warum regst du dich eigentlich so auf?“ „Das geht dich nichts an!“ Fauchend und schnaufend drehte sich der Junge um und lief im Lager im Kreis. Hochkonzentriert verfolgte er die Spur von seiner Beute und marschierte dabei im Kreis herum. Moe war ihm auf den Versen. Sie verstand es einfach nicht, warum Chris dermaßen an diesem Weib hing. Was hatte Nele, was sie nicht hatte? „Komm schon Chris. Lass es sein. Du kannst sie nicht mehr finden. Ich habe ihre Spuren verwischt!“ Ungläubig runzelt er die Stirn. Moe hatte leider recht. Sie war die beste wenn es darum ging Fährten zu finden oder sie zu verwischen. Verflucht. Hochrot vor Zorn wandte er sich von ihr ab und strafte sie mit Missachtung. Er verstand ja warum Moe ihm dauernd Steine in den Weg legen musste. Normalerweise war es ihm auch egal, was dieses Miststück mit den Weibern anstellte, die David ins Lager brachte. Aber dieses Mal war sie zu weit gegangen. Mehrmals noch ging er der Fährte nach, doch leider führte diese ihn nur immer wieder zu dieser vorlauten Banditin. Am Ende musste Chris sich geschlagen geben, er setzte sich ans Lagerfeuer und überlegte, wo sich Nele versteckt haben könnte. Doch beim besten Willen, ihm wollte kein Ort einfallen zudem sie hätte hingehen können. Hatte sie nicht selbst gesagt, dass sie nicht wusste wie sie sie nach hause kommen sollte. Er musste also warten bis seine Kratzbürste sich von alleine zeigte und er sie dann wieder einfangen konnte. Wie nervtötend! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)