Your Song von LumenSpei ================================================================================ Kapitel 5: My Greatest Wish... - Mein Größter Wunsch... ------------------------------------------------------- Chapter 5: My Greatest Wish... – Mein Größter Wunsch… Mit einer Pizza kehrte Taichi in sein Zimmer zurück. Im Vorbeigehen schaltete er seinen PC an. Seine Mom machte ihm nie Pizza zum Mittagessen, also war das schon eine kleine Besonderheit. Tai hing seinen trübseligen Gedanken nach und schaute nachdenklich aus dem Fenster. Die Sonne blinzelte herein und in ihren goldenen Strahlen tanzten kleine Staubteilchen. Tai ließ seine Pizza stehen und öffnete das Fenster. Von fern hörte er den Verkehr auf den Highways. Die zwitschernden Vögel waren ein ziemlich krasser Gegensatz zum Verkehrslärm, fand Tai. Er nahm seinen Füller und seinen Schreibblock und stieg aus dem Fenster aufs Dach. Dort ließ er sich auf den von der Sonne gewärmten Schindeln nieder. Eine sanfte Brise wehte um seine Nase und spielte mit seinen Haaren. Tai klemmte seinen Füller an den Block und legte diesen so neben sich, dass er nicht hinunterrutschte. Dann legte er sich ganz auf das Dach. Unter seinen Händen spürte er etwas Moos, das hier oben gewachsen war. Ohne hinzusehen tastete er es ab und versuchte dann behutsam es von den Schindeln zu lösen. Schließlich hielt Taichi ein kleines Moospölsterchen in seinen Händen. Er betrachtete es und hielt es gegen die Sonne. Das Moos schien grün zu leuchten und die Sonnenstrahlen brachen durch einige Lücken im Gewebe. Er betrachtete es noch einen Augenblick, dann warf er das Moos fort. In einem weitem Bogen segelte es durch die Luft und landete geräuschlos im Vorgarten. Tai setzte sich wieder auf und kratzte nun mit dem Fuß das Moos vom Dach, während er in den Himmel schaute. Ab und zu flogen Vögel vorbei, aber sonst war der Himmel bis auf ein paar Schleierwolken strahlend blau. Taichi nahm den Block wieder in die Hände und öffnete ihn. Die paar Zeilen, die er vorher geschrieben hatte, standen noch darin. Er seufzte, blätterte um und begann ein neues Gedicht. Dieses Mal überlegte er vorher, was er schreiben wollte. Plötzlich hörte er, dass jemand in seinem Zimmer war. Tai hörte auf zu schreiben und horchte. *Wer ist das bloß? Ein Einbrecher? Aber was macht der um diese Uhrzeit hier? Ich dachte, die brechen nur nachts ein...* Er hörte Schritte. Dann sah er, dass sich Hände auf das Fensterbrett legten. Vorsichtig stand Tai auf. Dieser Einbrecher konnte was erleben! In der Nacht hätte Tai vielleicht Muffensausen bekommen, aber am helllichten Tag war er dann doch ganz schön wagemutig. Mit einem Satz sprang Tai vor das Fenster und schrie aus Leibeskräften, dass der Einbrecher sich gefälligst verziehen sollte! Doch anstatt eines Einbrechers schrie ein Mädchen, etwa in Tais Alter, vor Schreck auf und stolperte ins Zimmer zurück. "Wer...bist du?" Verwundert blickte Tai das Mädchen an. Zwei rebellische, helle Augen sahen ihn an, als sie ihren Blick hob. Anscheinend hatte sie ihn nicht verstanden. "Wer bist du?" wiederholte Tai. Unsicher antwortete sie: "Ich heiße Mizael. Und du?" "Ich bin Taichi." Noch immer misstrauisch beobachtete Tai, wie das Mädchen sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. "Sprichst du japanisch, Mizael?" Verwundert über diese Frage sah Mizael ihn an. "Hai", antwortete sie. "Warum fragst du? Wir sind doch in Japan. Weshalb sollte ich nicht japanisch sprechen?" *Hat die noch alle Tassen im Schrank?? In Japan?! Das ist doch blöd!* "Hör mal. Du befindest dich in den Vereinigten Staaten von Amerika. Wie kommst du darauf in Japan zu sein?" "I...in Amerika??" Entsetzt ließ sich Mizael auf Taichis Bett fallen. "Verdammt! Ich hab mich doch verirrt! Verdammt, verdammt, verdammt!!" Langsam hielt Tai dieses Mädchen, dass so plötzlich in seinem Zimmer aufgetaucht war, tatsächlich für verrückt. Anscheinend machte sich das auf seinem Gesicht bemerkbar. Schlagartig sprang Mizael vom Bett auf und sah betreten zu Boden. Da sah sie etwas am Boden liegen und hob es auf. Es war der Briefumschlag, in dem Yamatos Brief gewesen war. Sie drehte ihn in ihren Händen um den Absender zu lesen. Ihre Augen weiteten sich. "Oh mein Gott... oh mein großer Gott..." "Was? Fehlt dir was?" "D... du? Du bist Taichi Yagami?" "Ja. Wieso?" Mizael sah vom Brief zu Tai und wieder zurück. "Das... das ist unmöglich...", flüsterte sie. Dann lächelte sie Tai an. Es war kein richtiges Lächeln. Vielmehr gewannen ihre Augen an Wärme und um ihre Lippen machte sich eine kleine Regung bemerkbar. Aber sonst sah sie aus, wie zuvor. Und Tai bekam sie auf einmal unnatürlich bekannt vor. "Kenn' ich dich irgendwoher?" "Nein, mich wahrscheinlich nicht. Aber jemanden, den ich kenne." Dabei huschte ihr Blick zu einem Poster von Matt, das zusammengefaltet auf dem Schreibtisch lag. Tai bemerkte es nicht. "Kann ich deinen Computer benutzen?" "Öh...ja klar." Tai wurde aus ihr einfach nicht schlau. Sie zog aus ihrer Hosentasche etwas, das wie ein Tamagotchi aussah und hielt es vor den Bildschirm. "Ich denke, wir sehen uns bald wieder, Taichi Yagami." Tais Augen weiteten sich. Was zum Teufel hatte dieses Mädchen vor? Sie murmelte irgendwas von einem Tor und sein Bildschirm und ihr Tamagotchi erstrahlten in so hellem Licht, dass Tai sich schützend den Arme vor sein Gesicht hielt. Dann war das Mädchen verschwunden. Und Tai hatte das Gefühl, dass das nicht die einzige Überraschung war, die ihm noch bevorstand. Lieber Yamato, ich hatte tatsächlich vor 2 Monaten einen Unfall. Ich wurde von einem Auto angefahren. Jedenfalls hat man mir das gesagt. Ich habe nämlich eine schwere Gehirnerschütterung davongetragen. Inzwischen weiß ich wieder so ziemlich alles, aber was mit Japan zu tun hat ist aus meinem Gedächtnis verschwunden. Deshalb kann ich mich auch nicht an dich erinnern. Jedenfalls glaube ich das. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, dich zu kennen. Ich weiß zwar nicht woher oder wie lange schon, aber irgendetwas sagt mir das. Ich bemühe mich inzwischen, wieder japanisch zu lernen und mich an mein Leben dort zu erinnern. Für mich denke ich, wäre es deshalb auch sehr interessant, was du den ganzen Tag so machst. So. Du wolltest etwas über meinen Tagesablauf wissen: an einem ganz normalen Durchschnittstag gehe ich in die Schule und mache Hausaufgaben, sobald ich nach Hause komme. Wenn ich dann noch Zeit habe, spiele ich Fußball. (Das ist das einzige von dem ich behaupten kann, dass ich wirklich gut darin bin.) Ansonsten... eigentlich ist mein Leben aufregend langweilig. Ich wundere mich darüber, was andere Leute so erzählen. Wenn ich da mich so ansehe... Irgendwie passiert mir nichts, über das ich groß etwas erzählen könnte. Ehrlich gesagt, scheint das aber im Moment auch keinen zu interessieren. Die meisten, die ich kenne reden entweder darüber, wessen Freundin am hübschesten ist, wo die nächste Party ist und wen sie dort abschleppen können. Na ja. Darüber wo die nächste Party ist, rede ich auch, aber das ewige Getue mit den Mädchen... Vielleicht liegt 's auch daran, dass ich, obwohl ich jetzt schon 16 bin, auf diesem Gebiet überhaupt keine Erfahrung hab. Das liegt mir anscheinend nicht. Yamato, hast du einen Wunsch? Ich meine nicht so etwas wie: "Zu Weihnachten wünsche ich mir einen neuen Fernseher" oder etwas in der Art, sondern einen tiefen, sehnlichen Herzenswunsch. Hast du so einen? Gibt es etwas, das du als dein "Ziel" bezeichnen könntest? Oder etwas, an das du die ganze Zeit denken musst? Ich glaube, dass ich durch deinen Brief einen solchen Wunsch für mich gefunden habe. Ehrlich gesagt, ist es mir jetzt etwas peinlich, das zu schreiben. Nun ja... Ich komme mir reichlich unverschämt vor. Ich möchte ein Gedicht schreiben. Ein Gedicht, das du singst. Das ist mein sehnlichster Wunsch. Jedenfalls glaube ich. Denn da ist noch etwas in mir. Noch eine große Sehnsucht, die ich mir nicht erklären kann. Aber ich weiß nicht, was es ist. Manchmal überkommt es mich so stark, dass ich an nichts anderes mehr denken kann. Wenn ich doch nur herausfinden könnte, was es ist. Weißt du es vielleicht? Ist es dir schon einmal passiert, dass du jemandem begegnet bist, der dir unnatürlich bekannt vorkommt? Als hättest du ihn schon irgendwo einmal gesehen. Mir ist es heute passiert. Ich habe einen Menschen getroffen, den ich wiedererkannte. Nur wusste ich nicht, woher. Na ja. Mir wird es schon wieder einfallen. Ich schreibe dir dann, wer es ist. Ich habe deine alten Briefe wiedergefunden. Bitte schick mir auf keinen Fall Kopien von meinen Briefen. Ich will nicht wissen, was ich dir alles für einen Kram geschrieben habe. In diesem Sinne... Liebe Grüße, Taichi P.S.: Ich habe dir ein Foto von mir beigelegt, damit du weiß, wem du überhaupt schreibst. Es ist zwar nicht besonders aktuell... aber das ist ja egal. Ich würde mich auch über eines von dir freuen. Als Yamato den Briefumschlag umdrehte, flatterte ein Foto heraus. Es drehte sich ein paar Mal, dann landete es mit der Vorderseite auf dem Boden. Mit klopfendem Herzen bückte Matt sich, hob das Bild auf und drehte es herum. Auf dem Bild war, wie nicht anders zu erwarten, Taichi. Seine Haare waren strubbeliger denn je und er grinste breit übers ganze Gesicht. Auf seinen Schultern saß ein kleines Mädchen, das fröhlich mit seiner Zuckerwatte winkte. Im Hintergrund konnte Yamato ein Riesenrad und einige Jahrmarktsbuden sehen. Matt zitterte. So sah er also nun aus. Taichi... sein Taichi... Vorsichtig strich Yamato über die Fotografie. "Taichi..." Es läutete an der Tür. "Ja? Wer ist da? Die Tür ist offen!" "Ich bin 's, Shinji." "Komm nur rein!" Schweren Herzens legte Yamato das Foto und den Brief zur Seite und wischte sich verstohlen ein paar Tränen aus den Augen. "Was gibt es denn?" Er versuchte zu lächeln. "Nun ja..." Shinji druckste herum. "Ich hab da ein Problem über das ich mit dir reden wollte..." "Setz dich erst mal. Dann können wir reden. Möchtest du etwas trinken?" Matt brachte Shinji zur Couch. "Nein danke." Ihm gegenüber ließ Yamato sich im Sessel nieder. "Also. Um was geht's?" "Na ja... bald ist doch der Ball vom Tanzkurs... Und nun... ähm..." "Du hast noch keine Partnerin?" "J...ja... also, ich meine... es gäbe schon jemanden den ich gern dorthin einladen würde, aber..." "Was aber?" *Ich hab 's doch gewusst! Shinji will mit Mizael hingehen und traut sich nicht, sie zu fragen!* "Nun ja... sie ist schon eingeladen worden." "Hat sie denn schon zugesagt?" "Weiß nicht..." "Hast du Angst, dass sie dir einen Korb gibt?" Ein zögerliches Nicken. Matt rollte mit den Augen und seufzte. "Vielleicht wartet sie ja nur darauf, dass du sie einlädst! Sonst hätte sie doch die Einladung bereits angenommen, oder?" "Meinst du...?" Ein kleiner Schimmer der Hoffnung flackerte in Shinjis Augen auf. "Ja klar! Aber wenn du sie aus lauter Schiss nicht fragst, wirst du 's nie rausfinden! Warum sitzt du eigentlich noch hier? Los! Hau ab und frag sie!" "Bist du dir wirklich sicher?" Yamato sah ihm in die Augen. "Hör zu: Wenn du zu feige bist, sie einzuladen... Soll `s ich für dich machen?" Matts Gegenüber schüttelte den Kopf. "Schön. Dann solltest du sie aber trotzdem demnächst fragen, weil der Ball bald ist. Das wird schon!" "Wenn du meinst..." "Sei doch ein bisschen optimistischer!" "Na gut. Ich geh dann wieder." "Ok." "Danke Yamato. Fürs Gespräch und so. Ich glaub wirklich, dass ich das hinkriegen könnte." Shinji stand auf und ging zur Tür. "Klar schaffst du das!" Zum Abschied hob Matt kurz die Hand, dann fiel die Tür ins Schloss. *Gott, die haben Probleme...* Er seufzte. Manchmal fragte er sich, warum es sich manche Menschen so schwer machten. Sein Blick fiel wieder auf den Brief. Noch einmal überflog er ihn. *Mein größter Wunsch...?* Er lächelte. *Kannst du es dir nicht vorstellen, Taichi? Kannst du das denn nicht?* Yamatos Gedanken begaben sich auf eine Reise. Sie überquerten den Ozean. Er ließ sie wandern, soweit sie wollten. Doch Matt wusste, wo seine Gedanken landen würden... Yamato legte sich auf seine Couch und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Ein Teil seiner Beine und seine Füße hingen in der Luft. Er schloss die Augen. Sein größter Wunsch erfüllte sich in seinem Traum. Er stand ihm gegenüber. Ihm, Taichi! Dieser blickte ihm in die Augen, als könnte er nicht glauben, wen er vor sich sah. Ganz langsam hob Tai seine Hand um ihn zu berühren, um sich zu vergewissern, dass Matt wirklich da war. Vorsichtig streckte Yamato seine Hand nach Taichi aus. Langsam näherten sich ihre Fingerspitzen, so als wäre der andere aus dünnem, zerbrechlichem Glas. Matt sah, wie sich Taichis Augen ungläubig weiteten, als sich ihre Hände behutsam trafen. Es war nicht mehr als eine unendlich sanfte und zärtliche Berührung ihrer Fingerspitzen, dennoch trieben sie Yamato die Tränen in die Augen. Wie zwei klare Gebirgsbäche liefen sie seine Wangen hinab und spiegelten das helle Licht, dass beide umgab. Tai begann ganz langsam zu lächeln. >Du bist wirklich da. Du bist es wirklich...<, flüsterte er. Seine Stimme erfüllte den ganzen Raum. Sie schien von überall her zu kommen. Matt hörte sie um sich herum und tief in sich drin. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl überkam ihn. Der Tränenstrom wollte nicht versiegen. Viel zu lange hatte er nicht mehr geweint... Dennoch nickte Yamato. Plötzlich spürte er Tais Hand an seiner Wange und fühlte, wie er seine Tränen wegstrich. >Ich hab mich so nach dir gesehnt, Yama...< Matt spürte, wie Taichi ihn in seine Arme zog. Dann versank er endgültig in seinem Traum. Tränen liefen über seine Wangen, als er um kurz nach 2 Uhr auf seiner Couch lag und sich sein größter Wunsch in seinen Träumen erfüllte und er dabei einschlief. Es läutete. Mizael sah von ihrem Buch auf. *Wer kommt denn ausgerechnet zu mir? Ich muss mich verhört haben...* Sie vertiefte sich wieder in ihrem Buch. Neben ihr lag auf der Couch eine große Schachtel. Mizael lächelte. Mit Yamato hatte sie dieses wunderschöne Ballkleid gekauft. Am liebsten würde sie es anziehen und den ganzen Tag darin herumlaufen. Sie fühlte sich in diesem Kleid wie eine Prinzessin. Es läutete erneut. *Anscheinend will doch jemand zu mir.* Verwundert stand sie auf und öffnete die Tür. "Ja?" "Hallo Mizael." Shinji stand vor ihrer Tür! "H...hi. Komm doch rein." "Danke." Bisher hatte sie noch nie jemand besucht! Und jetzt kam ausgerechnet Shinji zu ihr. "Die sind für dich." Shinji drückte ihr mit hochrotem Kopf einen Blumenstrauß in die Hände. "Ähm... vielen Dank. HATSCHI!" "Wirst du krank Mizael? Fehlt dir was?" "Nein, nein. Ich hab eine leichte Allergie gegenüber Blumen. HATSCHI! Ich stell sie schnell ins Wasser. Setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer. Möchtest du etwas trinken? HATSCHI!" "Nein, aber danke. Kann ich dir helfen?" Unsicher betrat Shinji Mizaels Wohnzimmer. "Nein... HATSCHI! Geht schon..." Mit Taschentüchern bewaffnet und dem Blumenstrauß kam Mizael ins Wohnzimmer. "Du spinnst, Shinji. Kaufst mir mitten im tiefsten Winter Blumen! Die kosten doch um die Jahreszeit ein Schweinegeld! Vielen Dank." Es war das erste Mal, das Shinji Mizael richtig glücklich lächeln sah. Aber es dauerte nur einen kurzen Moment an, dann war es wieder vorbei. "Nun ja... es geht." Shinji grinste nervös. Er spürte, wie schnell sein Herz schlug als er Mizael ansah. "Was willst du eigentlich bei mir?" *Er...er will doch nicht etwa...? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen... er hat sicherlich schon jemanden...* Mizael setzte sich neben Shinji auf die Couch. "Also?" "Ähm... ja... also es ist doch morgen Schulball... Und nun ja... ich ähm... ich weiß, dass dich schon jemand gefragt hat, aber ich... ich wollte trotzdem fragen... ob du... nur wenn du auch willst... eventuell mit mir..." Nervös knetete Shinji seine Finger und starrte verlegen auf seine Knie. "Ob ich mit dir auf den Ball gehe??" Shinjis Kopf ruckte. Mizael identifizierte das als ein Nicken. "Liebend gern, Shinji..." "Ehrlich?" "Ja... Aber ich weiß nicht, ob du es ernst meinst..." Mizael sah zur Decke hinauf. "Schon so viele Menschen haben mich belogen... Meine Eltern, Freunde..." "Ich belüge dich nicht." Schüchtern versuchte Shinji seinen Arm um sie zu legen. "Und warum sollte ich dir glauben? Woher weiß ich, dass du mich nicht auch belügst?" Tränen schimmerten in Mizaels Augen. Es war das allererste Mal, dass Shinji einen derartigen Gefühlsausbruch bei Mizael erlebte. "Warum solltest du mir nicht glauben? Habe ich dich je belogen? Hm?" "Shinji..." Mizael ließ sich in seine Arme sinken. Vorsichtig zog Shinji sie näher an sich heran und strich ihr über den Kopf. "Shinji? Ich freu mich auf morgen..." "Ich mich auch. Ich hol´ dich um sieben ab." "Ok." *Oh Gott… Er hat mich wirklich gefragt! Matt hatte Recht gehabt! Matt... mit wem geht er wohl zum Ball?* "Shinji? Mit wem geht eigentlich Yamato zum Ball?" "Weiß nicht... wie kommst du darauf?" Mizael befreite sich aus Shinjis Armen. "Nun ja... Er hat mir sehr geholfen. Ohne ihn würde ich wahrscheinlich nicht mit dir zum Ball gehen. Deshalb. Er tut mir so leid. Er wartet noch immer darauf, dass er seinen Taichi wiedersieht und denkt, dass es unmöglich ist ihn zu treffen." "Wie meinst du das? Denkst du, es gibt einen Weg diesen Taichi hierher zu bekommen? Aber das ist doch unmöglich! Wie willst du das anstellen?" "Das lass Mal meine Sorge sein. Denkst du, Matt würde sich freuen, wenn Taichi morgen zum Ball kommt?" Ungläubig sah Shinji in ihre Augen. *Was hat sie denn vor? Wie will sie diesen Taichi bis morgen von Amerika hierher bringen?* "Nun ja... ich denke er würde ausflippen vor Freude. Ich denke, es ist das, was er sich am meisten wünscht. Glaubst du nicht auch?" "Ja genau. Ähm... Hast du was dagegen, wenn wir morgen mit Taichi Yagami aus Amerika zum Schulball gehen?" Lieber Taichi, ich habe über deine Frage nachgedacht. Also über meinen größten Wunsch. Ich musste gar nicht lange überlegen, was es ist. Ich wünsche mir ein Wiedersehen mit der Person, die mir am meisten bedeutet. Das ist meine große Sehnsucht. Und so eine ist es wirklich. Es ist mir unmöglich, die Person wiederzutreffen. Sie hat mich längst vergessen. Wenn ich diesem Menschen auf der Straße begegnen würde, würde er mich vermutlich erkennen. Aber er würde sich nicht an das erinnern, was wir gemeinsam erlebt und gefühlt hatten. Deshalb ist es unmöglich. Glaub mir, ich grüble jede Nacht darüber nach, mir meinen Wunsch zu erfüllen. Aber wie ich es auch drehe und wende... es ist und bleibt unmöglich. Wenn ich früher den Mut gehabt hätte, den ersten Schritt zu tun, wäre es vielleicht möglich gewesen. Aber ich war zu feige dazu. Und jetzt ist es vorbei. Versprich mir, Tai, dass du niemals feige davonlaufen wirst, wie ich es getan habe. Bitte versprich es mir! Schick mir dein Gedicht sobald es fertig ist. Ich brenne förmlich darauf, ein Lied dazu zu schreiben. Irgendwie hab ich es im Gefühl, dass es wunderbar werden wird! Ich hab mich total über dein Foto gefreut. Ich werde es neben mein Bett stellen und beim Einschlafen an dich denken. Deine Augen strahlen so viel Wärme und Gefühl aus, dass man sich darin verlieren könnte. Ich habe in den Umschlag ein Bild von mir hineingelegt. Es ist ein reines Privatbild. Keines von denen, die in den Illustrierten sind. Meine Freunde haben es geschossen. Sie haben sich hinterrücks angeschlichen. Das Bild ist mir ein bisschen peinlich, aber es ist das aktuellste, das ich im Moment habe. Hmm... du wolltest etwas zu meinem Tagesablauf wissen... das ist ziemlich kompliziert, weil es bei mir eigentlich keine "normalen" Tage gibt. Also eigentlich geh ich auch zur Schule und mache nachmittags Hausaufgaben, wenn ich nicht Bandprobe habe. Durch die ganzen Konzerte und so weiter treffe ich mich zweimal die Woche mit Leuten aus der Schule um den Stoff nachzuholen. Im Moment mache ich dann von der Schule aus sogar einen Tanzkurs! Ich hab mich doch tatsächlich dazu überreden lassen! Aber ich glaube, dass das Mädchen eine schlechte Wahl mit mir getroffen hat. Gerade mal, dass ich mir ihren Namen merken kann. Ich habe das Gefühl, dass ich sie ausnutze. Meinst du, ob ich ihr dafür einen Blumenstrauß schenken soll? Wann hast du in Amerika eigentlich Ferien? Nur mal so eine Frage. Ich habe seit heute Ferien. Wenn man das als Ferien bezeichnen könnte. Gerade mal eine Woche hab ich frei. Alles andere wird Bandprobe und Nachlernen. Nun ja, ich hör auf damit. Sicherlich langweilt dich das. Weißt du, dass ich die ganze Zeit so weiterschreiben könnte? Der Brief wird wieder ewig lang... Ich genieße es richtig, dir zu schreiben. Es tut gut, einfach mal jemandem zu erzählen. Geht’s dir genauso? Ich rede sonst recht wenig mit den Leuten um mich herum. Ich habe das Gefühl, ich langweile sie. Langweile ich dich?? Wenn ja, sag 's bitte, sonst komme ich mir blöd vor. Du kannst mir auch alles schreiben, was du willst. Ich werde alle deine Briefe lesen und beantworten. Versprochen! Ich kenne das nämlich. Wenn niemand einem zuhört und man nicht weiß, wohin mit den ganzen Worten in einem drin. Ich denke, dass das mein Problem früher war. Ich bin richtig jähzornig gewesen. Gott sei Dank ist das nun vorbei. Ich glaube, der Brief ist jetzt schon lang genug. Also, tschüß, Yamato Tai saß mit unterschlagenen Beinen auf seinem Bett und las Yamatos Brief. Mitten in der Nacht war Taichi aufgewacht und hatte den Brief nun wohl zum x ten Mal gelesen. *Irgendwie trostlos...* Als Tai zum Fenster blickte, sah er sein Spiegelbild, dass sich durchscheinende über die nächtliche Welt legte. Er seufzte. Irgendwas musste sich ändern. So konnte es nicht weiter gehen. Er wusste zwar nicht so genau, was zu ändern war, aber die derzeitige Situation machte Taichi irgendwie fertig. *Vielleicht hätte ich doch mit Mom, Dad und Kari auf 's Land fahren sollen, anstatt hier Trübsal zu blasen... Aber jetzt ist es auch nicht mehr zu ändern.* Taichi betrachte erneut das Bild von Yamato. *Er kommt mir so verdammt bekannt vor... ARGH!!! Es raubt mir noch den letzten Nerv!!* Taichi raufte sich die Haare. Er saß nun schon insgesamt 2 geschlagene Stunden vor diesem Foto und ihm fiel einfach nicht ein, warum ihm Yamato darauf so verdammt bekannt vorkam. Überhaupt glaubte er, die Situation auf der Fotographie schon einmal erlebt hatte. Matt saß an einem Keyboard und spielte. An und für sich nichts besonderes, aber so wie er dort saß und seine Finger die Tasten berührten, glaubte Taichi fast die Musik zu hören, die Yamato spielte. Auf Matts Gesicht lag ein entspannter Gesichtsausdruck und seine Lippen umspielte ein verträumtes Lächeln. *Wieso nur?? Es ist zum Verrücktwerden!* Taichi kannte diese Szene doch! Nur woher? Frustriert strecke Taichi sich auf seinem Bett aus. Sein Blick huschte zur Leuchtanzeige seines Weckers. Die aggressiv rot leuchtenden Ziffern sagten ihm, dass es schon nach 3 Uhr war. Tai seufzte. *Dann denke ich morgen weiter drüber nach.* Er gähnte und kuschelte sich in seine Bettdecke. Gerade als er ins Schlummerland glitt, hörte er, wie sein PC komische Geräusche von sich gab. Eigentlich waren sie gar nicht komisch. Es war das ganz normale Summen und brummen, das er von sich gab, wenn er hinaufgefahren wurde. Aber Taichi konnte sich nicht daran erinnern, dass er ihn eingeschaltet hätte! Der Bildschirm flammte hell und blendend auf und sein Licht tauchte Tais Zimmer in kaltes weißes Licht. Plötzlich erschien im Bildschirm eine kleine Gestalt, die auf ihn zukam und dabei immer größer zu werden schien. Tai kniff seine Augen zusammen um besser sehen zu können. *Das bilde ich mir sicher nur alles ein. So etwas ist doch unmöglich!* Das Licht der Gestalt wurde schwächer und verlosch schließlich ganz. Das seltsame Mädchen erschien wieder. "Hallo Taichi" "H...hi... was machst du denn hier? Und das mitten in der Nacht!" Erstaunt blickte das Mädchen durch das Fenster nach draußen. "Shit! Ich hab den Zeitunterschied ganz vergessen! Das passiert auch immer mir!" Ärgerlich drehte sie sich zum PC um. "Daran muss ich das nächste Mal unbedingt denken!" "Ähm... entschuldige, aber, was zum Geier machst du mitten in der Nacht in meinem Zimmer?? Und wer bist du überhaupt?" Taichi tippte sie an der Schulter an. Etwas verwirrt drehte sie sich um. "Oh... ähm... ich bin ähm... Mizael! Und ich will mich bei jemandem revanchieren, der mir sehr, sehr viel geholfen hat." Taichi hob misstrauisch eine Augenbraue. "Und was hat das bitteschön mit mir zu tun?" "Einfach alles! Weil du der größte Wunsch dieses Menschen bist. Er denkt, dass es unmöglich ist, seinen Wunsch zu erfüllen." "Unmöglich? Aber warum?" "Weil, weil... ach, einfach wegen allem! Aber jetzt, jetzt habe ich die Gelegenheit ihm seinen Wunsch zu erfüllen." Mizael lächelte. Taichi traute ihr nicht so ganz über den Weg. Was wollte dieses Mädchen mitten in der Nacht von ihm? Um was handelte es sich bei diesem "größten Wunsch"?? Und um wen ging es denn überhaupt? "Was bedeutet das eigentlich alles?" "Du wirst es schon noch verstehen, Taichi. Ich komme morgen um dieselbe Zeit wieder. Hast du einen Anzug??" "Häh?" Taichi runzelte die Stirn. Wieso brauchte er jetzt plötzlich einen Anzug? Was war denn eigentlich los? Irgendwie fühlte er sich über den Tisch gezogen. "Ob du einen Anzug hast!" Eindringlich sah Mizael ihn an. Tai wusste, dass sie alles daran setzen würde, ihren Plan in die Tat umzusetzen. "Ähm ja. Hab ich." "Schön. Ich werde kommen und dich abholen. Ich muss jetzt gehen. Bis morgen Nacht! Um die gleiche Zeit wie jetzt!" Sie murmelte wieder irgendwas und der Bildschirm hüllte sie in sein weißes Licht. "Und wohin gehen wir dann?" Taichi konnte ihr entferntes "Auf einen Ball!" vernehmen, dann war alles wieder still. Nur der laufende PC zeugte noch davon, was soeben geschehen war. Taichi konnte es kaum glauben. *Unfassbar! Was wollte die von mir? Mizael? Irgendwoher ist mir dieser Name bekannt...Wer könnte dieser jemand sein, dem sie einen Wunsch erfüllen will??* Er zog die Decke über sich und grübelte über das Erlebte nach. Fragen nach dem was, wer und warum quälten ihn. Dennoch schlief er nach kurzer Zeit mit einer unbestimmten Ahnung ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)