Die letzte Halloweenparty von chaoticgirl ================================================================================ Kapitel 1: Die letzte Halloweenparty ------------------------------------ Es ist Halloween, die Nacht der Geister und der Toten. Theodor hat sein kleines Haus schon geschmückt, überall hängen Plastikfledermäuse von der Zimmerdecke herab, künstliche Spinnweben hängen in den Ecken der Zimmer und den Türrahmen, auf jedem Fensterbrett stehen Totenköpfe – außer auf dem seines Schlafzimmers, dort steht ein großer Kürbis und grinst in die Nacht hinaus. Elektrisches Licht gibt es heute Abend nicht bei ihm, stattdessen stehen auf jedem Tisch echte Kerzen und verbreiten ihr schummriges Licht. Auf dem großen Wohnzimmertisch stehen schon Speisen und Getränke bereit, er hatte den ganzen Tag damit verbracht, grüne und gelbe Getränke zu brauen und dem Essen das Aussehen von Augäpfeln, Blut, Spinnen und abgehackten Fingern zu verleihen. Nun ist alles bereit. Schon klingelt es an der Tür. Sein bleiches, totenähnliches Gesicht verzieht sich zu einem freundlichen Lächeln, als er seine beiden Enkelsöhne mit ihren Freunden hereinbittet. „Hallo, Kevin, hallo, Sven, schön, dass ihr hier seid“, krächzt er. „Hi Opa!“, ruft Sven. „Man, Opa, du siehst klasse aus! Als wärst du tot!“, meint Kevin begeistert. „Ja, echt klasse! Danke, dass wir bei dir die Party machen dürfen, Mama und Papa wollten nicht, dass unsere vielen Freunde in unsere kleine Wohnung kommen. Außerdem muss Papa arbeiten“, sagt Sven. „Kein Problem, Knochenmann, Tod“, lacht Opa Theodor und verbeugt sich erst vor den Skelett, das Sven und dann vor dem Sensenmann inklusive Plastiksense, den Kevin darstellt. „Na dann mal rein in die gute Stube“, ruft er und Vampire, überdimensionale Fledermäuse, Hexen, Geister, sowie eine blutige Leiche treten ins Haus und bestaunen als erstes die Dekoration. „Boah!“, „Krass!“, „Einfach geil!“, ertönt hier und da. Die knapp zwanzig Gäste im Alter von dreizehn bis fünfzehn sind baff. „Ihrrr habt nicht überrrtrrrieben“, schnarrt ein bleicher Vampir, reckt vornehm seine Nase in die Luft und klopft dem Tod auf die Schulter. Kevin lacht. „Wir haben euch doch gesagt, Opa ist klasse!“, ruft Sven mit nicht zu überhörendem Stolz in der Stimme. „Und jetzt rein ins Wohnzimmer!“ Laut und fröhlich wandert die Gesellschaft durch den Flur in das nächste Zimmer, aus dem sofort wieder begeisterte Laute ertönen, als die Toten und Untoten das Mahl auf dem Tisch entdeckt hatten. Schon bald war die Party in vollem Gang, Musik dröhnte, Gelächter war zu hören und Theodor saß glücklich auf dem Sofa und beobachtete vergnügt die jungen Leute, die aßen, tranken, tanzten und ein Halloweenspiel nach dem anderen spielten. Als es gegen halb elf ging, waren die Getränke trotz eckelerregender Farben leer und Opa Theodor erhob sich, um Nachschub aus der Küche zu holen. Als er gerade den Rest gelbe und grüne Flüssigkeit aus dem Kühlschrank holte, kam ein Skelett in die Küche gestürmt. „Opa, ich wollte mich noch mal bei dir bedanken. Du bist einsame Spitze, einfach der Beste“, behauptete Sven und tat etwas, das er schon lange nicht mehr getan hatte. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und gab seinem Großvater einen Kuss auf die Wange. Dann drehte er sich auf den Fersen um und rannte, ohne sich noch mal umzudrehen zurück zu seinen Freunden ins Wohnzimmer. So sah er auch nicht die kleine Freudenträne, die seinem Opa im rechten Auge aufblitzte. Gerührt stand Theodor noch einige Augenblicke in der Küche, dann wischte er die Träne weg, nahm die Getränke und ging zurück zu den Gästen. Um viertel vor zwölf endete die Party und die Gäste samt Enkelkindern verabschiedeten sich. „Tschüss Opa!“ „Ja, tschüss, bis nächsten Samstag, da kommen wir und feiern dann deinen dreiundneunzigsten Geburtstag!“ Während Opa Theodor winkend an der Tür stand und den Kindern nachsah, hörte er, wie ein kleines Geistermädchen den Sensenmann Kevin fragte: „Was? Der ist wirklich schon dreiundneunzig Jahre alt?! Der hat sich aber gut gehalten!“ Zufrieden seufzend schloss Theodor die Tür. Dann machte er sich daran, die schon ziemlich runtergebrannten Kerzen im Haus zu löschen. Als er auf die Uhr sah, merkte er, dass er noch fünf Minuten Zeit hatte. Er ging in sein Schlafzimmer, löschte die letzte Kerze, die im Kürbiskopf leuchtete und legte sich auf sein Bett. Punkt Mitternacht öffnete sich die Tür zu seinem Zimmer und eine Kapuzengestalt trat hinein. Sie stellte sich neben das Bett und sah hinunter auf den alten Mann. „Wie war es?“, fragte Tod mit einer Stimme, die ebenso ruhig wie laut war. „Wunderschön. Das beste Halloweenfest in meinem ganzen Leben“, erwiderte Theodor. Seine Stimme war leise und schläfrig. Die Augen hatte er entspannt geschlossen. „Es ist Zeit, du musst nun zurück ins Jenseits, der Tag der Toten ist vorbei“, erinnerte ihn Tod. „Ich weiß. Danke, für dieses letzte Halloweenfest mit meinen Enkeln“, sagte Theodor. Dann öffnete er die Augen. „Wo ist eigentlich deine Sense? Vor zwei Tagen hattest du sie noch.“ „Ich brauche die Sense nur, um die Seele vom Körper zu trennen, aber du bist schon tot, deine Seele ist nicht mehr an deinen Körper gebunden.“ “Aha“, sagte Theodor und verließ seinen Körper. Seine Seele hing wie ein dünner Nebenstreifen über dem Bett mit seiner Leiche. Dann flog sie auf Tod zu und verschwand zwischen den Falten seines schwarzen Mantels. Nachdem die Seele wieder dort war, wo sie hingehörte, verließ auch der Kapuzenmann das Zimmer. Eine kleine Weile blieb das Zimmer mit der Leiche dunkel. Dann drehte sich der Kürbiskopf um, seine runden Augen, die dreieckige Nase und der gezackte Mund wurden von einem flackernden Licht erhellt. Er grinste und flüsterte: „Happy Halloween“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)