In Memory von dat_Yoh-Chan (~Live goes on~) ================================================================================ Prolog: -------- Ich habe nie wieder einen Menschen wie Kyo getroffen. Er starb in meinen Armen, mit einem Lächeln auf den Lippen. Ob es etwas zu bedeuten hatte, dass er gerade mich zu sich geholt hat. In diesem Moment? Ich glaube kaum. Ich bin einfach nur nett zu ihm gewesen. Verdammtes Klischee! ~*~ Er sah in den Himmel und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Seine Gedanken kreisten auch nach den letzten Tagen noch immer um ein und dieselbe Person. Und das, obwohl sie beschlossen hatten, sich sofort wieder in die Arbeit zu werfen, um sich abzulenken. Aber ohne Sänger? Kyo wollte heiraten, doch stattdessen stand in den nächsten Tagen seine Beerdigung an. Die wusste nicht, was auf dem Grabstein stehen würde. Die Organisation hatten sie seiner Familie überlassen. Und Aya war ausgeladen worden! Es machte ihn sicher, dass nicht nur er –zwar indirekt aber immerhin- ihr die Schuld an seinem Tod gab. Er hatte natürlich sofort einen Arzt gerufen. Doch es war zu spät. Sofort hatte der Die vom Dach geschickt, damit er sich nicht unterkühlte, doch wie selbstverständlich hatte er nicht auf ihn gehört! Er zog bei dem Gedanken an den Mann die Augenbrauen zusammen! Er mochte ihn nicht, hielt ihn für ein gefühlsloses Arschloch. Dabei hatte er doch nur seinen Job gemacht. Aber das war ihm egal! Eine Hand legte sich auf seine Schulter und Die sah zu Toshiya auf. „Was machst du heute noch?“, fragte der und lächelte leicht. Sie alle hatten bemerkt, dass ihm Kyos Tod ziemlich an die Nieren ging, auch wenn sie sicher nicht den genauen Grund dafür kannten. Es war ihm egal! Doch zur Antwort zuckte er mit den Schultern. „Hab noch nichts vor.“, nuschelte er und bemerkte erst jetzt den Kloß in seinem Hals. „Du denkst wieder an ihn, oder?“, fragte Toshiya weiter und beinahe hätte Die gelacht. Natürlich nicht! Wie kann er nur darauf? Doch der Gitarrist nickte leicht. „Ich verstehe es immer noch nicht.“, fuhr der Bassist fort und seufzte tief. Die indessen hauchte seiner Zigarette das Leben aus und warf sie den Balkon hinab, als er kurz die Augen schloss. Er konnte Kyo irgendwo verstehen. Es tat weh, verletzt zu werden. Und doch hätte er sich nicht umbringen müssen. »Ich will nicht allein sein...« Der Satz hallte in seinem Kopf nach und er bekam Kopfschmerzen. Auch Toshiya bemerkte, dass der Rothaarige ihm nicht zuhörte und strich dem Rothaarigen nur noch einmal über den Rücken, bevor er wieder in den Raum zurückging. Es war kalt. Die sah ihm nach und ein tiefes Seufzen verließ seine Kehle. Sie alle versuchten ihn abzulenken mit mehr oder weniger erfolg. Er verschränkte die Arme auf dem Geländer des Balkons und sah in die Menschenmassen zu seinen Füßen. Hektisch liefen sie von A nach B und ließen sich selbst keine Zeit. Das Leben ist viel zu kurz, um es nicht wenigstens manchmal zu genießen, überlegte er. Doch plötzlich entdeckte er etwas, blinzelte und hob den Kopf wieder etwas. Diese Augen, dieser Blick. Er sah ihn an und er hätte schwören können, er hatte die gleichen Augen, denselben Ausdruck, die Sehnsucht in ihnen. „...Kyo...“, wisperte er, doch schon wandte der Andere den Blick ab und tauchte unter, um im Meer der Massen weitergetragen zu werden. ~*~ In diesem Moment habe ich mich selbst für verrückt erklärt. Wie konnte es sein. Dieser Mann! Sein Blick hatte sich direkt in mein Herz gebohrt und er erinnerte mich so sehr an Kyo. Hätte ich nicht gewusst, dass er nicht mehr lebt, hätte ich behauptet, dass er es war, trotz der kleinen Unterschiede... Kapitel 1: ----------- Es war unglaublich. Zwar war in letzter Zeit nicht viel an Schlaf zu denken, doch schon lange hatte mir ein so kurzer Augenblick nicht mehr so sehr den Schlaf geraubt. ~*~ Er hatte schon vor Stunden den Versuch aufgegeben, doch endlich Schlaf zu finden. Nun saß er hier, in seinem Wohnzimmer und zappte durch das TV-Programm. Nicht so einfach nachts halb drei einen ordentlichen Film zu finden. Porno – Anime – Werbung – wieder Porno. Einfach nichts anspruchsvolles dabei. Aber es war ohnehin egal, sah er sowieso nicht auf den Bildschirm sondern direkt durch ihn hindurch. Er schüttelte sich und bekam eine Gänsehaut. Diese Augen – unheimlich! Er sah sich um und griff nach einem Bild von ihrer Gruppe. Kyo war glücklich gewesen, als es entstand, stand vor ihnen und grinste in die Kamera. Und das, wo er aller Öffentlichkeit immer zeigen wollte, wie unnahbar er war. Dabei war er so sensibel und gefühlvoll. Doch nur seine Freunde kannten ihn so, er hatte sich nie gern geöffnet. Tränen stiegen ihn seine Augen, als er über das Bild strich und ihm klar wurde, er würde nie wieder zurückkommen, er würde nie wieder sein Lachen hören, seine Stimme. Er würde nie wieder mit ihm scherzen können oder einfach nur um die Häuser ziehen. Nie mehr könnte er mit ihm einen ihrer Songs einstudieren, er könnte nicht mehr streiten oder sich über sein neues Piercing beschweren. Nicht einen seiner Texte würde er mehr lesen können oder nur bei ihm sein, eine Zigarette nach der anderen rauchen. Nie wieder. Noch heute würde er beerdigt werden. Es hatte so etwas Endgültiges und es bereitete ihm Kopfschmerzen. Er war sich nicht sicher, ob er es schaffen würde, an den Sarg heranzutreten, ihn da liegen zu sehen, wenn er aussah, als würde er nur schlafen, einen makabren Scherz machen und jeden Moment aufstehen. Er sah auf die Uhr. Nur noch 7 Stunden und 23 Minuten – 443 Minuten – 26580 Sekunden. Er kam etwas zu spät, doch sie hatten auf ihn gewartet. Er hatte es geschafft, tatsächlich doch noch einmal einzuschlafen und seinen Wecker überhört. So etwas geschah ihm nie! Doch nun verbeugte er sich, entschuldigte sich höflich, ehe er seine Krawatte gerade rückte. Stumm ließ er alles über sich ergehen, las immer und immer wieder die Zeilen, die immer an den Kleinen Sänger erinnern sollten. »Sohn und Freund, geliebtes Wesen – viel zu früh von uns gegangen. Doch für immer in Erinnerung geblieben.« Ja, er hatte ihn geliebt. Und wahrscheinlich würde er es auch für immer tun. Es hatte angefangen zu regnen und alle waren gegangen. Es war bereits spät und Sterne standen am Himmel, doch er konnte sich nicht losreißen. Er wollte sich richtig verabschieden können, hatte Angst, viel zu lang nicht wieder hierher zu kommen. Es war, als würde der Himmel mit ihm weinen, Regentropfen vermischten sich mit seinen Tränen und liefen seine Wangen hinab, während er seine Hände in seinen Manteltaschen zu Fäusten ballte. Plötzlich blinzelte er, als ein kühler Windhauch ihn aufsehen ließ. Es kam ihm vor, als würde ihn jemand beobachten und seine Nackenhaare stellten sich auf. Aufmerksam sah er sich um, doch alles was er sah war, dass der Regen in Schnee übergegangen war. Melancholisch lächelnd streckte er seine Hand aus, fing wenige der weißen Flocken und beobachtete, wie sie auf seiner Hand schmolzen. Kyo hatte Schnee geliebt. „Der erste dieses Jahr...und du bist nicht mehr hier...“, flüsterte er und sah zu der frischen Erde hinab. Von einem Moment zum nächsten wallte alles in ihm auf, all die Erinnerungen strömten auf ihn ein. Vielleicht hätten sie dieses Jahr Weihnachten zusammen verbringen können. Alle 5. Oder Silvester. Vielleicht hätten sie alle wieder gemeinsam lachen können, weil Toshiyas Mütze wegen einer Wunderkerze Feuer fing oder Shinya vor einer querschießenden Rakete flüchtete. Sie hätten zusammen ihre Witze gemacht und versucht, dem anderen die Wünsche für das neue Jahr zu entlocken, während sie miteinander anstießen. Er hielt es nicht mehr aus, der Druck zwang ihn in die Knie und er krallte sich verzweifelt in den nassen Boden, hielt den Blick gesenkt. „Warum Kyo, warum? Du bist viel zu früh gegangen! Auch diese Wunde wäre geheilt, früher oder später!“, schluchzte er und biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Er nahm nicht einmal die langsamen Schritte wahr, die sich immer weiter auf ihn zu bewegten. Erst, als sich jemand neben ihn kniete und sanft eine Hand auf seiner Schulter zum ruhen brachte zuckte er erschrocken zusammen, ehe er den Blick hob. „Der Himmel weint mit dir, doch er wird nicht zurückkommen.“, sagte der Fremde leise, sah ihn ernst an, während er schützend seinen Regenschirm über sie beide hielt. Die starrte ihn an, war unfähig sich zu bewegen. Da waren sie wieder. Diese unergründlichen Augen, gerade hier! Direkt bei ihm. Als würde ihn Kyo ansehen. Zwar war der Fremde etwas größer, seine Stimme klang anders und sein Haar war nicht so blond wie das seines Sängers, doch seine Augen waren genauso schön. „Wer bist du?“, wisperte er. Es war das erste, was über seine Lippen kam. „Vielleicht bin ich ein Engel.“, sagte der Andere leise und lächelte vorsichtig, strich ihm sanft über den Rücken. „Ein Engel für dich allein, um dir die Tränen zu nehmen.“, fuhr er fort und wieder traten Tränen aus den Augen des Gitarristen. Der Fremde brauchte keine weiteren Worte, schloss ihn nur in die Arme und versuchte ihn zu beruhigen. ~*~ Er hatte sich alle Zeit der Welt genommen um bei mir zu bleiben. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, dass schließlich meine Tränen verebbten. Bis heute weiß ich nicht, wo er so plötzlich herkam, warum er mitten in der Nacht auf dem Friedhof war. Denn als ich mich beruhigt hatte lächelte er nur noch einmal auf diese einzigartige Art und Weise und verschwand. Doch nicht ohne mir einen Namen zu hinterlassen. Matsumoto Takanori ... Kapitel 2: ----------- Mir selbst ging alles zu schnell, doch alle sagten, wir bräuchten einen neuen Sänger. Ein Songschreiber wurde uns bereits zugeteilt, doch wir hatten niemanden, der den Lyrics Leben einhauchte. Ich war mir sicher, niemand konnte es, so wie Kyo es gekonnt hatte und ich wollte auch niemand anderes. Scheiß auf den Ruhm und das Geld, das war doch nicht alles was zählte! Ohne Kyo wäre Dir en Grey nie wieder dasselbe! Und doch saßen wir nun hier, einen Stapel von Unterlagen und Bewerbungen vor uns. Der Raum war nicht besonders groß, aber wenigstens hatte er die richtige Akustik für ein Casting. Ich glaube, man bemerkte, dass ich keine große Lust hatte. Immer wieder bemerkte ich Kaorus Blick auf mir, als ich gelangweilt den Bleistift in meiner Hand drehte. Hatte er Mitleid oder wollte er mich ermahnen? Ich weiß es nicht. „Tu wenigstens so, als würde dich interessieren wie es mit uns weitergeht!“, sagte er plötzlich. Er wollte mich also ermahnen, alles klar. Ich seufzte tief und setzte mich auf, wartete auf den nächsten Bewerber, der wahrscheinlich sowieso nicht gut genug sein würde. Ich fuhr mir durchs Haar und sah zur Tür. In diesem Moment setzte mein Herzschlag für einen Moment aus. ~*~ Der Kleine schüttelte sich leicht, als wäre er gerade erst von draußen gekommen. Es hatte die letzten Tage nicht mehr aufgehört zu schneien und der Schnee lag mehrere Zentimeter hoch. Verwirrt bemerkte ihr Leader den erstaunten Blick Dies und räusperte sich kurz. „Also, Takanori-san. Erzählen sie etwas über sich.“ „Nennt mich Ruki.“, sagte er und lächelte. „Machen alle so. Außerdem bin ich zum Vorsingen gekommen und nicht, um meine Lebensgeschichte zu erzählen.“, fuhr er schlagfertig fort, in einem Tonfall, dass man ihm nicht böse sein konnte. Die hatte sich noch immer nicht gefasst. Dort stand er, direkt vor ihm. Jeden Tag hatte er sich umgesehen, wollte ihn unbedingt wiedersehen. Er wusste nicht, wieso er überhaupt ein so starkes Bedürfnis danach hatte, doch noch immer hinderte es ihn daran richtig schlafen zu können. Und wieso schlug sein Herz auf einmal schneller. Er liebte doch Kyo. Kyo und niemanden sonst! Abwesend schüttelte er den Kopf, verstand sich selbst nicht mehr und bemerkte auch nicht die Blicke, die immer wieder auf ihm ruhten. Bis auf den einen. Langsam sah er auf und traf auf den Blick, der ihn schon mehrere Male gefesselt hatte, versank in dem sanften Braun. Doch Ruki lächelte nur, wandte den Blick dann wieder Kaoru zu, um mit ihm wenige einleitende Worte zu wechseln. Er hörte nicht zu, starrte den Kleinen einfach nur an, als ihn jemand aus seiner Traumwelt riss, ihn unsanft in die Seite knuffte. Er sah den Übeltäter an, blinzelte leicht. Shinya. „Reiß dich zusammen und hör auf zu sabbern!“, sagte er nur leise und sah dann wieder mit neutralem Blick zu Ruki. „Dann sing mal.“, vernahm er Kaorus ernste Stimme und tat es Shinya gleich. ~*~ Ich schluckte hart, als Kyos Lyrics über seine Lippen flogen. Seine Stimme war so sanft und ich schloss die Augen, stellte mir vor, wie Kyo vor uns stand, selbst die Augen geschlossen hatte und dieses Lied performte. Er hatte immer so traurig dabei augesehen... »kimi to futari de aruita ano koro no michi wa nakute soredemo zutto aruita, itsuka kimi to aeru no kana « Der Weg, den wir gemeinsam beschritten ist verschwunden Doch wir gehen trotzdem weiter, werde ich dich irgendwann treffen? »nadarakana oka no ue yuruyaka ni yuki ga furu todokanai to wakattemo kimi no heya ni hitotsu daisuki datta hana wo ima... « Auf der Spitze des sacht abfallenden Hügels fällt langsam der Schnee. Ich verstehe, dass ich dich nicht erreichen kann – jetzt In deinem Zimmer steht eine einsames Blume der Sorte, die du liebtest. »kyonen saigo no yuki no hi kataku kawashita yakusoku omoidaseba tokedashi tenohira kara koborete...«[1] Der letzte Schnee des letzten Jahres erinnert mich an ein unbiegsames Versprechen. Wenn ich mich daran erinnere, wie er begann zu schmelzen und von meiner Handfläche perlte... „Stopp“, unterbrach Kaoru und ich spürte seinen Blick. Ich weiß nicht, ob ihm das wirklich gereicht hatte um zuzusagen, oder ob er es wegen mir getan hatte. Denn erst jetzt, wo ich die Augen wieder öffnte bemerkte ich, wie Tränen über meine Wangen liefen. Ich biss mir auf die Unterlippe. Das durfte doch nicht wahr sein. „Entschuldigt mich!“, murmle ich und verschwinde sofort auf den anliegenden Balkon. Ich sehe auf meine Hände. Wieso zittern sie so? Wieso habe ich eine Gänsehaut? Warum faszinierte dieser Mann mich nur so? Ich lehnte mich nach vorn, hielt mich an dem Geländer fest und schloss die Augen. Ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, als sich ein Arm von hinten um mich legte, eine Hand sanft die feuchten Spuren von meinen Wangen wischte. „Weine nicht Die. Das Leben ist zu kurz, um immer nur traurig zu sein. Der Schmerz wird vergehen und jemand wird da sein, um dich zu trösten.“, vernahm ich die liebevolle Stimme, die noch eben mein Herz berührt hatte. Und auch dieses Mal konnte ich nicht anders, drehte mich zu dem Kleineren, der mich fest in einer Umarmung hielt, mir Wärme schenken wollte. Ich nahm sie an und ließ mich fallen, bemerkte nicht einmal, dass ich ihm nie meinen Namen genannt hatte. [1]Anfang von ain't afraid to die Kapitel 3: ----------- Wir verbrachten viel Zeit alle miteinander. Wie waren eine Band und mussten uns immerhin erst noch richtig aneinander gewöhnen, aufeinander abstimmen, doch es war für uns alle kein Problem. Mehr als 2 Monate waren seit Kyos Beerdigung vergangen. Ich trauerte ihm noch immer nach, hatte Angst, auch nur irgendein Detail von ihm zu vergessen. Seinen Geruch, sein Lachen, das Gefühl, ihn in der Nähe zu haben. Der Alltag kehrte jedoch zurück, es gab einiges zu tun und jedes Mal, wenn ich zu fallen drohte, wurde ich wieder aufgefangen von sanften Armen, einer ruhigen Stimme und diesem wunderbaren Blick. Er schaffte es sogar, mich wieder zum Lachen zu bringen. ~*~ „Wie kommt es eigentlich gerade zu Ruki? Ich meine, mit deinem Namen hat das ja reichlich wenig zu tun. Und das interessiert mich schon die ganze Zeit!“, redete Toshiya auf ihren neuen Sänger ein, während die Zigarette in seiner Hand immer weiter abbrannte. Auch Die sah nun auf, warf einen Blick zu ihnen und legte den Kopf schief. Sie hatten gerade Pause, aber wie er Kaoru kannte, würde die nicht mehr allzu lang dauern. Ruki lachte leicht. „Kurze Geschichte: Ich war mit ein paar von meinen Freunden abends mal einen Trinken und die waren alle vollkommen blau als ich sie nach Haus bringen musste. Und sie haben auch dementsprechend Lärm gemacht, als wir so durch die ganzen Gassen zurück sind. Ich fand es eigentlich ganz lustig, was sie so für Scheiß erzählt haben. Als ich dann angefangen hab zu lachen ging irgendwo ein Fenster auf und so ein Typ meinte nur »Ruhe hier!«, hat aber total genuschelt. Wo anders –genauer gesagt direkt über mir, meinte nur irgend eine Tusse, sie müsse ihren Wassereimer lehren und dann stand ich da wie ein begossener Pudel und meine Freunde haben sich natürlich weggeschmissen vor lachen und auf mich gezeigt und immer wieder »Ruki« gemeint, weil sie das bei dem Typen verstanden hatten. Das war also meine Taufe und seit dem werd ich den Namen nicht mehr los. Stört mich aber auch reichlich wenig.“, erzählte er sachlich und zuckte mit den Schultern. Toshiya fing natürlich sofort an zu kichern, als er sich das bildlich vorstellen musste und auch Die und Shinya grinsten. Als Kaoru das vernahm trat auch er wieder in den Raum und hob eine Augenbraue. „Was gackerst du schon wieder?“, fragte er den Bassisten und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf. „Kommt Leute, wir machen weiter.“, fuhr er fort, als der Schwarzhaarige ihn nur gespielt schmollend ansah, doch alle hörten auf ihn und standen langsam auf, nachdem die Zigaretten ihr Leben ausgehaucht hatten. Nachdenklich sah Die auf den Stummel, drehte ihn noch immer hin und her, als bereits alle den Raum verlassen hatten – dachte er. Er dachte darüber nach, ob die anderen den Blonden vielleicht schon vergessen hatten. Manchmal kam es ihm so vor. Doch er musste immer wieder an ihn denken. Wenn er die Augen schloss war er da, hatte er sie geöffnet, sah er Ruki, konnte seinen Blick nicht deuten. Manchmal sah er ihn an, als würde er direkt in seine Seele blicken können. Er fühlte sich, als würde er vieles über ihn wissen, was er gar nicht wissen konnte. Und immer wieder erinnerte er sich an ihr erstes Zusammentreffen, ihr erstes Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte. Er hatte ihn nicht gekannt und doch hatte er sich die Zeit genommen, einfach nur für ihn da zu sein, ihn zu trösten und zu halten. Das war das erste Mal gewesen, aber nicht das letzte. Er spürte plötzlich eine Hand an seinem Arm und sah auf. Wieder sah er ihn so an und wieder konnte er den Blick nicht deuten. Doch dann lächelte er vorsichtig. „Gehen wir heute Abend weg? Nur wir beide?“, fragte der Kleinere und sah ihn bittend an. Es war nicht das erste Mal, dass er fragte, doch bisher hatte Die jedes Mal abgelehnt. Die wusste nicht genau, wieso, doch dieses Mal lächelte er und nickte vorsichtig. Sie saßen sich gegenüber in einer Cocktailbar. Ruki rührte mit dem Trinkhalm immer wieder durch sein Longdrink, ließ Die dabei nicht aus den Augen. Der bemerkte es, sah jedoch nicht auf. Erst, als der Andere das Wort ergriff. „Was war es, was dich so sehr an ihm fasziniert hat, dass du dich in ihn verliebt hast, dass du ihn nicht vergessen kannst?“, fragte er leise und ernst und sein Blick blieb neugierig auf den Gitarristen geheftet. “Woher weißt du...“, fing er an, doch Ruki schüttelte den Kopf. „Das tut nichts zur Sache. Beantwortest du meine Frage?“ Eigentlich wollte Die nicht. Es ging ihn doch nicht an. Doch irgendetwas brachte ihn dazu, es doch zu tun. Vielleicht war es die Ausstrahlung des Sängers, er wusste es nicht. „Es war alles an ihm. Seine Art, sein Aussehen, seine Stimme. Einfach alles. Er war ein wunderbarer Mensch, den ich nie verlieren wollte. Ich wusste, ich könnte ihn nie ganz für mich haben, aber so lang keiner etwas ahnte und er glücklich war, war mir das egal. Er hat sich nach außen immer wie der harte Macker gegeben, dem keiner was kann, aber eigentlich war er ganz anders. Vor allem hat er viel und gern gelacht. Er hatte ein wunderbares Lachen. Und er hatte wunderbare Augen. Sie waren so dunkel und doch so schön. Sein Blick hatte etwas geheimnisvolles und einsames. Wenn man ihm in die Augen gesehen hat, ist man darin ertrunken. Irgendwann war es für mich zu spät. Ich konnte mich einfach nicht mehr retten, weil er mich so sehr gefangen genommen hatte. Und ich habe jede Minute mit ihm genossen...“ Die erzählte den ganzen Abend, trank kaum, und Ruki hörte ihm zu. Es war unglaublich, doch es tat gut, dass er sich endlich einmal alles von der Seele reden konnte. Es erleichterte ihn und jedes mal, wenn Tränen in seine Augen stiegen, legte ihm der Kleine vorsichtig die Hand auf seine, drückte sie ermutigend, als wolle er sagen, dass es nicht schlimm ist. Als wäre es normal, sich in einen Mann zu verlieben, in einen seiner besten Freunde. Als wäre es normal, auch als Mann noch Monate nach dem Abschied um ihn zu trauern, zu weinen. Es half ihm, dass einfach jemand bei ihm war, der ihn nicht verurteilte. Es wurde spät in dieser Nacht und Die brachte Ruki nach Haus. Es war nicht weit und er hatte seinen Wagen bei ihm geparkt, deswegen liefen sie ruhig nebeneinander her. Der Sänger hatte noch einige Gläser mehr getrunken. Nicht so viel, doch die frische Nachtluft ließ ihn torkeln, sodass Die ihn leicht stützte. Und er konnte nicht leugnen, dass er seine Nähe nicht genoss, seinen Geruch nicht mochte. Und vor allem nicht seine Augen. Er hatte aufgehört, sie mit Kyos zu vergleichen, auch wenn sie ihn immer wieder an den Blonden erinnerten. Doch so tat es weniger weh. Leise stiegen sie die Treppen zu der Wohnung des Kleineren in der Innenstadt hinauf. Die lief hinter ihm, so könnte er ihn halten, wenn er fallen sollte. Doch es geschah nichts. Umso besser! Als Ruki seine Tür aufschloss und eintrat, warf er Die noch einen Blick zu. Es schien, als würde er ihn auffordern wollen. Eine stumme Bitte, dass er noch nicht ging, doch Die wandte den Blick ab, wollte bereits die erste Stufe hinab nehmen, als ihn jemand am Handgelenk zurückhielt. „Geh noch nicht.“, flüsterte der Kleine und der Gitarrist drehte sich zu ihm, sah hinab und fing den bittenden Blick, der ihn schlucken ließ. Was würde passieren, wenn er bleiben würde? Wieso sah Ruki ihn so sehnsüchtig an? Doch er konnte nicht weiter nachdenken, als er eine Hand in seinem Nacken spürte, zu dem Kleineren hinabgezogen wurde und sich fremde Lippen sanft auf seine legten. Er sträubte sich nicht dagegen, doch er erwiderte auch nicht, war vollkommen verwirrt. Was sollte er tun? Gefiel es ihm? Störte es ihn? Was sollte er denken? Warum tat er das? Nur weil er getrunken hatte? Doch auch dieses Mal wurden seine Gedanken unterbrochen, als der Kuss vertieft wurde, er neugierige Finger auf seinem Körper fühlte, der Sänger ihn vorsichtig in seine Wohnung dirigierte und die Tür hinter ihm leise schloss. Erst jetzt machte er sich von dem Braunhaarigen los, sah ihn fragend an, bemerkte nicht, dass er selbst rot geworden war. Dieser Blick, wieso musste er ihn so ansehen. So bittend, flehend. „Bitte, wir können es morgen früh vergessen, aber bitte gib mir die Chance, dir zu zeigen, dass du geliebt wirst.“, flüsterte der Kleine und strich sanft über seine Brust. Die sah ihn stumm an, ließ ihn gewähren, bis er schließlich resignierte, auf das Spiel des Sängers einging und schließlich nur noch fühlte, dass er das Richtige tat. ~*~ In dieser Nacht starb ich in seinen Armen und wurde wiedergeboren. Ich bereue nicht eine Sekunde... Kapitel 4: ----------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte lag er neben mir, tief eingekuschelt in seine Decke. Vorsichtig strich ich ihm einige Strähnen zurück, beobachtete ihn nur. Mein Herz schlug schneller, als ich mich nicht zuletzt an die vergangene Nacht erinnere. Wollte er wirklich das, was letzte Nacht geschehen war? Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen und auch, wenn er ungesund blass war und es mir selbst einen Stich versetzte zog ich mich an und ging. Ich hatte nicht bemerkt, dass er ebenfalls wach war und mir traurig nachsah, bevor er in Tränen ausbrach. Ich habe meinen Engel zum Weinen gebracht. ~*~ „Wo bleibt er nur? Die Probe hat schon vor über einer halben Stunde angefangen und er war noch nie zu spät.“, jammerte Kaoru. Er war einfach zu pinibel, was solche Kleinigkeiten anging und bisher war auf Ruki immer verlass gewesen. Doch Toshiya wunk nur ab. „Reg ich nicht auf, Kao, er ist doch noch nicht lang bei uns. Vielleicht kommt das öfter vor und er hat sich bisher einfach nur sehr viel Mühe gegeben!“, sagte er gelassen, doch der Leader stemmte die Hände in die Hüften. „Dann soll er sich gefälligst auch weiter Mühe geben!“ Keiner bemerkte, dass Die ihrer Unterhaltung nicht folgte. Gedankenverloren strich er über die Saiten seiner Gitarre, sah zu Boden. Ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper, als er an den kleinen Sänger dachte, setzte sich in seinem Bauch fest und löste von dort eine Gänsehaut aus. Was sollte das? Was passierte mit ihm? Was hatte Ruki nur in ihm ausgelöst? Er kannte ihn doch kaum. Doch er war immer für ihn dagewesen, hatte sich um ihn gekümmert und ihm ein Lächeln geschenkt, wenn er selbst nicht dazu in der Lage war. Und er hatte es geschafft, seine Tränen zu trocknen, hatte ihm geholfen, alles zu überstehen, auch wenn er es noch immer nicht verstand. Aber musste er das überhaupt? Es änderte nichts und es wäre nicht das erste Mal, dass er Ruki nicht ganz durchschaute. Etwas hartes traf ihn am Kopf und erst als er, sich den Hinterkopf reibend, aufsah, bemerkte er, dass alle Blicke im Raum ihm galten. Shinya sah ihn auffordernd an und als er sich umsah bemerkte er, dass das Wurfgeschoss wohl einer seiner Drumsticks gewesen sein musste. Er sammelte ihn ein und ging dann hinüber zu den Anderen. „Was ist los?“, fragte er dann unwissend und reichte dem jungen Drummer sein Eigentum, bemerkte, wie Kaoru die Augen verdrehte. „Wir haben gefragt, ob du vielleicht was mitbekommen hast, ob Ruki krank ist oder so?“, frage er und klang irgendwie genervt. Hatte er das etwa schon einmal gefragt? Und Die konnte ihnen schlecht sagen, dass ihr Sänger recht blass gewesen war, als er am Morgen seine Wohnung verlassen hatte! Also schüttelte er den Kopf. „Gestern Abend ging es ihm ganz gut. Vielleicht hat er einfach nen Kater oder verpennt oder so.“, erzählte er und zuckte mit den Schultern. Verblüfft sah Toshiya ihn an. „Ihr habt euch gestern Abend gesehen und uns nicht mitgenommen? Wie gemein“; schmollte er, doch Die fing an zu grinsen. „Musst doch nicht eifersüchtig werden! Ich nehme ihn dir schon nicht weg!“, sagte er und zwinkerte frech, ehe ihm seine Worte bewusst wurden. Erst, als er seinen Satz beendet hatte, war ihm klar, was er gerade von sich gegeben hatte und eine peinliche Stille trat ein, in der Toshiyas Schmollmund nur noch größer wurde und Die inständig hoffte, dass er nicht rot wurde. „Ruft ihn doch einfach an.“, warf Shinya ein und rettete somit die Situation. „Okay, wer hat seine Nummer?“, fragte Kaoru daraufhin und sah erwartungsvoll von einem zum anderen. Doch keiner rührte sich und erst jetzt wurde ihnen klar, wie wenig sie über den kleinen Mann bisher wussten. Ein Seufzen verließ die Kehle des Leaders. „Weiß wenigstens jemand wo er wohnt?“ Wieder herrschte Stille und Die sah verstohlen zwischen seinen Kollegen hin und her. Als sich nach einigen Sekunden –es schien wie Minuten oder Stunden- keiner etwas sagte, räusperte er sich leise. „Ja ich weiß es.“ Das Klingeln konnte man bis in das Treppenhaus des Hochhauses hören, doch es geschah nichts. Erst nach mehrmaligem Wiederholen wurde die Tür langsam aufgezogen und ein verschlafener Sänger öffnete ihnen, gehüllt in einen Bademantel. „Hey.“, sagte er leise, seine Stimme war kratzig und seine Augen und Wangen gerötet. Die sah ihn an, schluckte einmal und wandte den Blick wieder ab, versuchte nicht darüber nachzudenken, dass es schien, als hätte der Kleine geweint. Wieso hätte er es tun sollen? Weil er gegangen war, ihn allein gelassen hatte? Hatte er ihn verletzt? Er wollte ihm nicht weh tun. Hatte er es doch getan? Es wäre das letzte, was er vorgehabt hätte! „Gomen dass ich nicht gekommen bin heute.“, fing ihr Neuzugang leise an, sah die Bandmitglieder, welche alle mitgekommen waren, nacheinander an, bis sein Blick auf Die hängen blieb. „Kater und so.“, fuhr er fort und strich sich durchs Haar, als er sich an den Türrahmen lehnte. Die bemerkte, dass er ihn noch immer ansah, doch er wollte nicht aufsehen, wusste, er würde sich in dem Blick verlieren und sich schuldig fühlen. „Wollte anrufen, aber dann ist mir aufgefallen, dass ich eure Nummern gar nicht habe.“, sagte er und lachte leise. Irgendwie klang es aufgesetzt. „Aber wenn ihr schon mal da seid, dann kommt doch rein, ich mach euch Kaffee.“ Und schon waren seine neuen Kollegen auf dem Weg in seine kleinen vier Wände. Nur Die nicht. Er sah noch immer nicht auf, doch er bemerkte, dass er allein auf dem Flur stand, hörte die Schritte, deren Geräusche von den Wänden abperlten und viel lauter erschienen, bis sie schließlich verstummten. Eine Hand hob sich, legte sich sanft unter das Kinn des Rothaarigen, hob es an, sodass er Ruki ansehen musste. „Du bist nicht über ihn hinweg, nicht wahr? Aber ich werde auf dich warten und immer für dich da sein, egal was war und sein wird.“, flüsterte der und lächelte sanft, ehe er mit der zweiten Hand sacht durch das seidige Rot fuhr und ihm einen langen Blick schenkte. Und dieses Mal war es Die, der die Arme beschützend um den Jüngeren schloss. ~*~ Erst in diesem Moment wurde mir klar, wie erst er es meinte, wie sehr ich ihm vertrauen konnte und wollte. Für ihn war das alles kein Spiel, genauso wie es für mich keines war. Und ich war ihm dankbar dafür... Kapitel 5: ----------- Erst jetzt bemerkte ich die kleinen Gesten mir gegenüber. Die undurchsichtigen Blicke, sein Interesse, sein Lächeln, das auf diese Weise nur ich geschenkt bekam. ~*~ Es war einer ihrer gemeinsamen Abende. Sie hatten es endlich geschafft, ihre neue Single war fertig gestellt und würde in den nächsten Tagen auf den Markt kommen. Sie war anders und doch fügte sich Rukis Stimme perfekt in das Gesamtkonzept der Band, genauso wie er sich eingelebt hatte. Mittlerweile war er so weit, dass er die 4 Jungs nicht mehr nur als Kollegen, sondern auch als Freunde betrachtete, auch wenn er sich nur etwa 5 Monate kannte. Aber er hatte fast täglich mit ihnen zu tun und sie waren ihm ans Herz gewachsen, so wie er ihnen. Wenn er sich vorstellen musste, er würde sie längere Zeit nicht sehen, würde er es schon verkraften, aber es wäre ein komisches Gefühl gewesen. Vor allem bei Die. Was würde sein, wenn er den Rotschopf nicht mehr sehen würde, könnte. Er hatte sich so sehr an seine Anwesenheit gewöhnt – mehr als das. Nun saß er ihm gegenüber, leerte ein Bierglas nach dem anderen und sah sich immer wieder im Club um. Suchte er sich eine Begleitung für die Nacht? Er würde mit ihm gehen, jede einzelne. Aber er hatte ohnehin das Gefühl, der Gitarrist vermied es, ihm in die Augen zu sehen. War es wegen Kyo? Weil er an ihn denken musste, wenn er ihn ansah? Schon seit längerem hatte er vor, sich sein Haar ganz zu blondieren, so wie er es vor einigen Jahren schon hatte, doch er hatte Angst vor den Reaktionen. Vor allem vor Dies. Er senkte den Blick, sah auf sein eigenes Getränk hinab. Er hatte ihm versprochen zu warten. Doch er hatte das Gefühl, der Größere wollte immer weniger mit ihm zu tun haben. Doch trotzdem versuchte er auch weiter für ihn da zu sein. Er wusste nicht, dass der seine Bemühungen sehr zu schätzen wusste, jeden Moment mit ihm genoss. Doch was wollte er? Jedes Mal, wenn er ihren neuen Sänger ansah, seinen Blick suchte, ihn anlächelte und sich dieses warme Gefühl in ihm breit machte, fühlte er sich, als würde er Kyo verraten. Aber wieso eigentlich? Er konnte ihn nicht vergessen, wollte es auch nicht. Doch er war nie mit ihm zusammen gewesen. Er war sich sicher, Kyo hätte seine Gefühle nie so erwidert. Und trotzdem. Dieses Lächeln, welches er ihm zum Abschied geschenkt hatte. Er konnte es nicht vergessen. Es war, als hätte er ihm so Lebe wohl gesagt, sich bei ihm bedankt. Es ließ ihm einfach keine Ruhe. So lang schon nicht. Er leerte sein Glas und stellte es auf dem Tisch vor sich ab, wandte seinen Blick zu dem Braunhaarigen. Irgendwie sah er traurig aus. Es konnte doch nicht ewig so weitergehen! Vorsichtig streckte er seine Hand aus, strich dem Kleinen sanft über die Wange, der leicht zusammenzuckte, als er die zaghafte Berührung bemerkte. Nur langsam sah er auf und Die wurde wieder von diesem Gefühl geflutet, Wärme strömte von seinen Fingerspitzen durch seinen ganzen Körper und er wusste nicht mehr, was er tun sollte, als er diesen endlos traurigen und sehnsüchtigen Blick bemerkte. Er hatte ihn schon einmal gesehen, in ebenso wundervollen braunen Kristallen, die einem jedes Geheimnis direkt aus der Seele entlockten. Es war kurz, bevor der Glanz in ihnen erlosch. So etwas sollte nie wieder passieren. Der Mensch, zu dem dieser Blick gehörte war ihm so unendlich wichtig geworden, ohne dass er es bemerkt hatte. Er hatte ihn getröstet, ihn aus einem tiefen Loch herausgeholt, viel schneller, als es sonst jemand geschafft hatte. Er wusste nicht, wie er das geschafft hatte, doch er war sich sicher, dass er ihn nie wieder verlieren wollte. Sein Blick zog ihn magisch an, er beugte sich vorsichtig nach vorn zu dem kleinen Sänger, während in dessen Augen einen fragenden Ausdruck annahmen. „He~y!...Ups!”, ertönte Toshiyas laute Stimme direkt neben ihnen und ließ seine Bandmitglieder zusammenzucken, während er selbst sich neben ihnen auf den Stuhl fallen ließ. „Stör ich?“, fragte er und kicherte, wie er es immer tat, wenn er zu viel getrunken hatte und auch Dies böser Blick ließ ihn nicht verstummen. „Ja tust du!“, bekräftigte der Rothaarige, doch der Bassist zuckte nur mit den Schultern. „Sorry, ich bleib trotzdem sitzen, wenn ich stehe dreht sich alles so – Whui~!“, lallte er und ließ seinen Zeigefinger verdeutlichend kreisen, bevor er laut loslachte und sich nach hinten lehnte. „Ey Kao, komm mal her! Unser Big Red ist auf Männer umgestiegen!“, rief er zu dem Leadgitarristen herüber, der nicht unweit von ihnen an der Bar stand und sie nun aufmerksam musterte. Unwillkürlich schoss dem Objekt ihres Gespräches ein Satz durch den Kopf, den er einmal in einem dieser Kramladen gesehen hatte. »When you go me on the Nerven I will put you in the Gulli and tu the Deckel druff, so that you ever come back to the Tageslicht.« Doch nach lachen war ihm nicht zumute. Denn am liebsten hätte er sich zu dem Schwarzhaarigen herübergebeugt und ihm den Hals umgedreht, nur damit er endlich die Klappe hielt. Sein Blick wandte sich an Ruki, der Toshiya nur entgeistert ansah bevor er zu dem rothaarigen Gitarristen herübersah. Die sah genau, dass er nicht verstand, was gerade geschah, dass er nicht wusste, was er denken sollte. Schnell schloss er die Augen und verließ den stickigen Raum. Er beobachtete, wie der Kleine sich an die Mauer zurücklehnte, den Kopf zurücklegte und in den Himmel sah, während er sich eine Zigarette anzündete. Ein Kloß bildete sich in Dies Hals. Hatte Ruki nicht aufgehört zu rauchen? Langsam ging er auf ihn zu, ließ den Blick nicht von dem zierlichen Körper. „Wenn es dir nur um die Nacht geht, dann geh bitte wieder.“, hörte er die leise Stimme und stockte. Er hatte nicht das Gefühl gehabt, dass er ihn gesehen hatte. Doch er setzte seinen Weg fort, stellte sich direkt vor den Kleineren. „Das ist es nicht was ich will.“, erwiderte er, suchte den Blick des Braunhaarigen, ehe er ihm vorsichtig durch die Haare strich. Einen Moment schloss der die Augen, lehnte sich gegen die liebevolle Berührung, bevor er sie wieder öffnete und Die den Wunsch nach Blickkontakt gewährte. „Was willst du dann?“, fragte er leise und nahm nervös einen Zug von der Zigarette. Irrte er sich, oder zitterte die Hand des Sängers wirklich? „Taka-chan, du hast etwas in mir ausgelöst, von dem ich gedacht hatte, dass es nie wieder jemand schafft. Du hast es geschafft, dass ich nicht mehr immer an Kyo denke. Stattdessen denke ich immer mehr an dich. Du hast dich so sehr um mein Herz bemüht. Wieso sollte ich meinen Engel nicht fliegen lassen?“, flüsterte Die, traute sich nicht, lauter zu sprechen. Es dauerte einen Moment, bevor Ruki sacht lächelte und seine Zigarette ausdrückte, dann wieder aufsah. Ein Moment, in dem sich sein Herzschlag unangenehm beschleunigte. „Danke.“, war die leise Antwort und der Sänger legte sanft die Arme um den Nacken des Größeren, der sich vorsichtig zu ihm herabbeugte und ihm einen sanften Kuss raubte. ~*~ Als Toshiya sich an diesem Abend einmischte hatte ich Angst, ihn für immer verloren zu haben. Umso glücklicher war ich, dass es nicht so war... Epilog: -------- Ich sehe neben mich und muss lächeln. Seit einigen Wochen läuft alles glatt und weißt du was? Ich bin glücklich. Ich streiche durch dein Haar, du bist neben mir auf der Couch eingeschlafen und lehnst dich an mich. Ich seufze leise. Natürlich, ich denke immer noch oft an Kyo, doch du bist da und lenkst mich ab, bringst mich immer wieder zum Lachen und bist mir nicht böse. Dafür liebe ich dich. Du bist nicht wie er, das weiß ich und du kannst auch nicht Kyos Platz in meinem Herzen ersetzen, doch ich habe dir eine eigene Ecke eingerichtet. Nur für dich. Du sollst kein Ersatz sein und du bist genauso einzigartig und wunderbar, wenn auch auf deine Art. Ich bin so dankbar, dass wir uns getroffen haben, auch wenn ich die Umstände nicht begreifen kann. Aber ich habe aufgehört, darüber nachzudenken, wie mich erst deine Augen, dann der Rest an dir mich gefesselt haben. Ich ziehe meine Hand vorsichtig zurück, als du dich leicht bewegst. Habe ich dich geweckt? Du blinzelst verschlafen zur Antwort und siehst zu mir auf, lächelst leicht bevor du dich streckst und mir einen Kuss auf die Wange hauchst. „Lass uns ins Bett gehen.“, flüsterst du und ich nicke, folge dir dann ins Schlafzimmer, schließe dich sanft in meine Arme und du siehst mich überrascht an, lächelst. Es gibt da etwas, was ich dir noch nie gesagt habe, bisher immer nur die Gelegenheit verpasst. „Danke dass es dich gibt mein Engel...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)