Setos Spezialität von Lazaruskind (Eine Weinprobe unter vier Augen) ================================================================================ Kapitel 2: 2 ------------ Yami musste zugeben, dass Seto ganz schön trinkfest war. Und er selbst war irgendwie auch noch nicht so richtig dicht, wie er es gern gehabt hätte. Zum Glück hatte er da noch diesen bestimmten Wein hinten im Laden stehen.. Also kam er nur wenige Minuten später mit einer kleineren Flasche wieder und ließ sich mit einem fetten Grinsen wieder auf seinem Stuhl nieder. „Guck mal, ich hab dir was mitgebracht“, sagte er vergnügt und öffnete die Flasche auch gleich. Seto beäugte jene ziemlich misstrauisch. „Sag mal, das ist doch nicht etwa dieser Billigscheiß aus dem Supermarkt?“ fragte er nach einer kurzen Musterung mit gerunzelter Stirn. Yami strahlte. „Ganz genau. Aber du weißt ja nicht wie guuut der schmeckt!“ Seto wollte etwas einwenden, doch Yami hob beschwichtigend die Hand. „Ich weiß, so Superreiche wie du trinken immer nur das Beste, aber du wirst sehen, dass auch ‚Billigzeugs’ wie du es bezeichnet hast, gut sein kann.“ Ohne auf eine Zustimmung seitens Seto zu warten, schenkte er ihm kurzerhand sein Glas voll und sich selbst ebenfalls. Dann sah er sein Gegenüber erwartungsvoll an. „Also?“ Seto blickte noch immer ziemlich skeptisch in sein Glas und schien nicht sicher zu sein, ob er das Risiko eingehen sollte, so einen Schmu zu trinken. Doch schließlich siegte die Neugier und er probierte zögerlich, nicht ohne Yami einen (aus Prinzip) finsteren Blick zu zuwerfen. Dieser beobachtete ihn, während er selbst das Zeug beinahe ganz hinunter kippte. „Hm..“ „Und, schmeckt’s?“ wollte er dann begierig wissen. „Na ja.. ja, schmeckt super“, meinte Seto widerwillig und trank sein Glas halb leer. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf Yamis Gesicht aus. „Sag ich ja.“ Nachdem sich die Gläser geleert hatten, wurde selbstverständlich noch einmal nach geschenkt und so langsam spürte Seto die Wirkung dann doch ziemlich deutlich. Alles war ein wenig schwammig und er hatte bereits leichte Koordinationsschwierigkeiten. Wenn er nach seinem Glas oder der Flasche greifen wollte und wenn er mal daneben langte, fand er das selbst so unglaublich komisch, dass er sich ein kleines Grinsen nicht mehr verkneifen konnte. Außerdem war ihm warm, um nicht zu sagen heiß. Alles wirkte irgendwie überdeutlich, seine Sinneseindrücke - Bewegungen, Stimmlagen und Emotionen. Und je länger er Yami ansah, ihn beim Reden beobachtete, desto mehr Einzelheiten fielen ihm auf. Yami hatte die Angewohnheit beim Reden den Kopf ein wenig schief zu legen und in seinen Augen war stets ein kleines Funkeln, so als würde er sich im Stillen über etwas amüsieren. Wenn er trank, hatte er den Ellenbogen auf dem Tisch aufgestützt und mit lässig gebeugtem Handgelenk hielt er den Glasstiel fest. Der dunkelrote, süßliche Wein hinterließ einen feuchten, rötlichen Film auf seinen Lippen, den er dann mit einer flüchtigen Bewegung seiner Zungenspitze beseitigte, um auch noch den letzten Tropfen zu genießen. Und besonders fielen Seto die Bewegungen seiner Hände auf, mit denen er sich immer wieder selbst an Hals, Lippen und Brust berührte, so als wäre er süchtig danach. Es faszinierte Seto, jemanden auf diese Weise zu beobachten, jedes kleinste Zucken im Gesicht, seine Körpersprache zu deuten. Und was Yami anging, war das eindeutig. Bei dem Gedanken schlich sich ein kleines Grinsen auf Setos Gesicht und als er mit Yamis Glas anstieß, streifte er mit den Fingern dessen Hand. Es löste ein angenehmes Kribbeln unter seiner Haut aus. Yami verstummte mitten im Satz und sah Seto überrascht an, als dieser einfach so in der Bewegung verharrte und ihn dabei nur ruhig ansah. Seine Nähe und dieser Blick reichten aus, um ihn ein kleines bisschen nervös zu machen. Seto entging das nicht, denn er konnte genau sehen, wie Yamis halbgeöffnete Lippen ganz sachte bebten und die Finger an seiner Haut ein wenig zuckten. Die amethystfarbenen Augen glänzten verführerisch im flackernden Schein der Kerzen, seine Pupillen waren geweitet und sein ganzer Körper zitterte leicht vor innerlicher Anspannung. Er wagte es nicht, sich zu bewegen oder etwas zu sagen, denn er wollte den Moment nicht zerstören. Was ging nur in Seto vor? Yami hätte es gerne gewusst. Doch der Augenblick war auch schon wieder vorbei, als Seto schließlich sein Glas an die Lippen setzte und langsam trank, ohne dabei sein Gegenüber aus den Augen zu lassen. Yami sank irgendwie in sich zusammen. Ihm fiel erst jetzt auf, dass er die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte - dafür atmete er jetzt um so schneller. Es war verrückt, diese kleine Berührung hatte ihn völlig aus der Ruhe gebracht, sodass er nicht mehr richtig klar denken konnte. Sein Blick wanderte immer wieder zu Setos großen Händen, seinen schlanken Fingern, die so graziös das Glas umschlungen hielten und Yamis Fantasie irgendwo in den unteren Bereich schickten. Dabei hatte Seto nicht einmal großartig etwas getan. „Sag mal, Yami..“ meinte dieser in jenem Moment beiläufig. „Wie teuer is der ganze Spaß hier eigentlich?“ Yami bemerkte nicht einmal das leichte Lallen in seiner Stimme, denn er achtete viel mehr auf den vibrierenden Bass und die dadurch ausgelöste, zarte Gänsehaut auf seinen Armen. „Spaß? Was n für Spaß?“ fragte er ein wenig irritiert und spielte nervös an der Weinflasche herum, da er nicht wusste, wohin sonst mit seinen Händen. Seto grinste. „Na der Spaß den wir hier haben, Kleiner.“ Yami blinzelte und hob den Blick um sein Gegenüber mit einem Anflug von Ärger zu mustern. „Ich binnich klein..“ murmelte er und schickte derweil seinen Zeigefinger an der Flaschenöffnung auf Wanderschaft. „Schön, dann halt..“ Seto beugte sich über den Tisch und setzte sein Glas plötzlich an Yamis Lippen. Dieser sah ihn überrascht an, reagierte aber automatisch und begann brav zu schlucken. „Der Spaß, den wir hier haben, Süßer..“ hauchte Seto mit einem Grinsen. Das letzte Wort betonte er besonders und beobachtete dabei ganz genau Yamis Reaktion. Der verschluckte sich fast und wollte schon den Kopf wegziehen, doch Seto ließ es nicht zu, fasste ihn kurzerhand am Hinterkopf und drückte ihn wieder näher, sodass er gezwungen war weiter zu trinken. Trotzdem lief ein kleines rotes Rinnsal Wein sein Kinn hinab, perlte über den Hals und seine Brust, was Yami erschaudern ließ. Der Blick, mit dem er Seto ansah, spiegelte eine Mischung aus Unglauben, Verwirrung und etwas wie unterdrückter Erregung, wider. Er wusste nicht, warum Seto das tat, aber eigentlich hatte sich sein Denken bereits ausgeschaltet. Und so wie Seto ihn jetzt ansah, wollte er auch gar nicht mehr denken. Seine Augen hatten etwas Eiskaltes - zugleich aber auch Feuriges, was Yami innerlich erschaudern ließ. Er hatte das Gefühl, dass diese Hitze sich in seine Haut sengte.. Schließlich war das Glas leer und Seto setzte es vorsichtig ab, ließ Yamis Hinterkopf jedoch nicht los und zog sein Gesicht noch etwas näher zu sich heran. Seine andere Hand legte sich auf die seines Gegenübers, welche immer noch den Flaschenhals umklammert hielt und streichelte sanft über seinen Daumen. Yami konnte den Blick nur wortlos erwidern, die Lippen geöffnet und langsam wieder Atem holend. Ein warmes Kribbeln breitete sich erneut in seinem Körper aus, als Seto ihn so zärtlich berührte, gleichzeitig seinen Kopf immer noch haltend. Er wusste nicht warum, aber er fühlte sich in diesem Moment absolut sicher und genoss still schweigend den Augenblick. „Gefällt dir das etwa nich?“ fragte Seto jetzt mit seiner leisen, tiefen Stimme und Yami blinzelte wohlig, als sein warmer Atem seine Wangen berührte. „Nein.. Doch mach weiter..“ murmelte er, ein wenig neben sich stehend und neigte seinen Kopf instinktiv ein wenig näher. „Womit? Dich so zu nennen?“ grinste Seto - und ließ ihn los, was Yami mit einem unwilligen Knurren quittierte. „Hä?“ Er schwankte ein wenig, als er so plötzlich los gelassen wurde und hielt sich Hilfe suchend an der Tischkante fest. Seto hatte sich zurück gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und sah ihn abwartend, mit einem feinen Lächeln auf den Lippen, an. Er mochte es nun einmal die Oberhand zu haben - und Yami war der beste Beweis dafür, dass er sie in jeder Hinsicht haben konnte. „Warum hasdu das gemacht?“ fragte der Kleinere in diesem Moment und bemühte sich, wieder gerade auf seinem Stuhl zum Sitzen zu kommen. Seto zog eine Augenbraue hoch. „Was gemacht?“ „Aaach..“ Yami winkte ungeduldig mit der Hand. „Du willst mich.. abfüllen oder?“ behauptete er und schenkte sich seelenruhig ein weiteres Glas ein. „Warum? Du hast doch mit der ganzen Sauferei angefangen..“ erwiderte Seto mit einem hinterhältigen Grinsen und stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch ab. „Hm jaah.. da hasdu wohl Recht..“ gab Yami zu und nahm einen großzügigen Schluck. „Und außerdem..“ fügte Seto hinzu. „Welchen Grund sollte ich haben, dich besoffen zu machen, hm?“ Yami sah ihn ein wenig unsicher an, wandte den Blick jedoch gleich wieder ab. Seto machte ihn nervös, wenn er ihn die ganze Zeit so anblickte.. „Weiß nich..“ murmelte er. „Na also.“ Seto schlug die langen Beine übereinander und berührte dabei, rein zufällig, Yamis Knie. Er entschloss jedoch, dass dies ein durchaus gemütlicher Ort für seine Beine war, und so blieb er dann auch sitzen. Yami derweil wurde immer unruhiger. Setos warmes Bein an seinem machte ihn ganz kribbelig. Jene Stelle schien wahrhaftig zu brennen in Setos Nähe, so jedenfalls kam es Yami vor. Und er fragte sich, ob er der Einzige von ihnen beiden war, der sich nicht wagte, diese Nähe zu unterbrechen, gleichzeitig aber wie auf glühenden Kohlen saß. Doch das war ja noch nicht alles, was Yami zu schaffen machte, ihn mühsam seine Beherrschung zusammenraffen ließ, um nicht etwas möglicherweise sehr, sehr peinliches oder dummes zu tun. Da war auch noch der Blick, mit dem Seto ihn unablässig fixierte, und ihn nervös werden ließ. War diesem Typen überhaupt klar, dass seine Augen eine entsetzlich hypnotische Wirkung besaßen und Yami glauben machten, in ihnen genau die gleichen Fantasien zu sehen, die sich gerade in seinem eigenen Kopf abspielten? Überhaupt, Seto verursachte, dass er sich wie unter Dauerstrom fühlte. Vielleicht sollte er das nächste Mal nicht mehr soviel Alkohol trinken, der ihn mal wieder Dinge sehen und denken ließ, die gänzlich seiner Gedankenwelt entsprangen? Oder lag es am Ende gar nicht daran? Verflucht, wo war nur seine Selbstsicherheit? Er hatte Seto doch aus der Reverse locken wollen - und jetzt hatte er die Kontrolle verloren.. „Was denkst du?“ Yami schreckte auf, als er die Worte seines aufmerksamen Gegenübers vernahm und beeilte sich, seine Gedanken zu ordnen. Es kostete ihn Mühe, Setos Frage einen Sinn abzugewinnen und so strich er sich zuerst nervös durchs Haar, wobei er zum ersten Mal beunruhigt die Schweißperlen auf seiner Stirn registrierte, bevor er ihm eine Antwort gab. „Ich.. nichts besonderes eigentlich..“, murmelte er, um einen ruhigen Tonfall bemüht, und wich Setos Blick aus, ließ ihn statt dessen über den Tisch und die Überreste ihrer Weinprobe streifen. Innerlich war er sich im Klaren darüber, dass er sein Gesicht vor Seto verlieren würde, wenn er ihm jetzt so hilflos stotternd entgegnete. Er musste gelassen bleiben, den Eindruck erwecken, er sei noch der Selbe, der vor gut zwei Stunden seinen letzten Kunden mit seinem untrüblichen Grinsen empfangen hatte. Zu Anfang hatte er gedacht, es könne interessant werden, Seto mit versteckten Andeutungen ein wenig aufzutauen, ein wenig mit ihm zu spielen und ihm irgendwie zu verstehen zu geben, dass er ihm gegenüber nicht abgeneigt war - nein, ganz und gar nicht abgeneigt.. Doch offensichtlich war er zu weit gegangen. Beziehungsweise Seto war es. Aber wie hätte Yami auch wissen sollen, dass er so eine Wirkung auf ihn haben könnte? Bei diesem durchaus erfreulichen Gedanken, schlich sich ein süffisantes Lächeln auf seine Züge, trotz seines momentanen gedanklichen Zwiespalts. Es gefiel ihm, dass Seto ihm so offensichtlich und nachdrücklich näher kommen wollte, ihm seine ganze Aufmerksamkeit schenkte und versuchte ihn zu betören - denn das war ganz eindeutig seine Absicht. Anders konnte Yami sein Verhalten jedenfalls nicht deuten. Ja, es gefiel ihm. Es war ein aufregendes kleines Spiel, berauschend auf eine Art und Weise, die wohl nicht nur dem Alkohol zu verdanken war- und Yami liebte es zu spielen. Er brauchte die Spannung, den Kick, die erregende Gänsehaut, die er bei der Gewissheit verspürte, dass nichts gewiss war, dass sich das Blatt wenden konnte, sobald einer von ihnen am Zug war. Doch nun, da Seto die Oberhand hatte, obgleich es für den Moment erregend sein mochte, verlangte es ihn nach Abwechslung. So hob er nun den Kopf, blickte hoch und lächelte Seto aus halbgesenkten Lidern an, wobei er sich wieder etwas vorbeugte und das Glas mit einem leisen Klirren auf dem Tisch abstellte. Seto erwiderte seinen Blick aus vor leichtem Spott zusammen gezogenen Brauen mit seinen kalt blickenden Augen. „Tatsächlich?“, antwortete er mit einiger Verspätung, nachdem er Yami die ganze Zeit über ausgiebig gemustert hatte. Seine Stimme klang betont gelassen und ein wenig distanziert, wie Yami bemerkte. „Glaubst du mir nicht?“ antwortete der nun mit einem unschuldigen Augenaufschlag, was Seto ein kleines Lachen entrang. „Allerdings, du lügst.“ Er beugte sich vor und sah seinem Gegenüber eindringlich in die Augen. „Dein Gesicht verrät dich.“ Schnell überlegte Yami, dachte darüber nach, was er jetzt sagen sollte und brachte es schließlich nach einer Weile fertig, ein feines Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. „Und was sagt es dir? Mein Gesicht..“ Seto fing eine von Yamis Händen ein und streckte die offene Handfläche, indem er begann, die Finger auf und ab zu streichen, den Kopf ein wenig schief haltend, und eingehend die über die Handinnenflächen verlaufenen Linien betrachtete. „Nun..“ Er blickte nach oben in Yamis Gesicht und lächelte, mit einem verführerischen Funkeln in den Augen. „Es sagt mir, dass du gerade verdammt schmutzige Gedanken hast.“ Yamis Augen weiteten sich unwillkürlich und er zog seine Hand, wie aus einem Reflex heraus zurück, gerade so, als hätte er auf eine heiße Herdplatte gefasst, und begegnete den eindringlich blickenden Achaten, mühsam darauf bedacht, jegliches verräterisches Gefühl aus seinem Blick zu verbannen. „Schwachsinn!“ entfuhr es ihm, schärfer als eigentlich beabsichtigt. Seto beobachtete ihn genau, schien ihm mit seinen undurchdringlichen Augen geradewegs in die Seele zu blicken. Dann lehnte er sich langsam zurück gegen die Stuhllehne und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein überlegender Ausdruck huschte über seine Züge und im nächsten Atemzug begann er leise zu lachen. Gleichzeitig schüttelte er sanft den Kopf, als amüsierte er sich in Gedanken über einen gelungenen Scherz. „Oh Yami, Yami..“ Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. Du weißt ja gar nicht, wie anziehend deine mühsam unterdrückte Erregung auf mich wirkt. Doch er sprach es nicht aus, weder das, noch jegliche andere Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen. Bei den meisten hätte Yami vielleicht augenblicklich das Weite gesucht, wenn er gewusst hätte, was in Seto vorging. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es wäre interessant, das heraus zu finden, überlegte Seto versonnen. Und weil er gerade so schön in Schwung war, beschloss er, noch ein wenig weiter zu gehen. Geschmeidig richtete er sich wieder auf und stützte seinen Ellenbogen an der Tischkante ab. Seine rechte Hand umfasste den Flaschenhals des noch kaum angerührten Burgunders, glitt, scheinbar zufällig verspielt daran auf und ab und umkreiste die Öffnung mit Zeigefinger und Daumen. „Ich seh’ dir doch an, dass du total ausgehungert bist. Ausgehungert nach einer ganz bestimmten Sache..“ Yami brachte kein Wort über die Lippen. Meinte Seto etwa das, was er meinte, was Seto meinte? Oder war das wieder nur so eine kleine Spielerei, um ihn bloßzustellen? Er wusste es nicht zu sagen, doch er konnte nicht verhindern, dass es ihm heiß und kalt den Rücken hinunterlief. Wie konnte er nur sein, dass das bloße, raue Wispern und ein paar lässige Handbewegungen seines Kunden ausreichten, um ihm die Sprache und den Atem zu verschlagen? Ganz zu schweigen von dem erregenden Kribbeln auf seiner Haut. Seto lächelte wissend, während Yami nur ungläubig und wie festgenagelt (ou ou, immer diese Zweideutigkeiten) auf seine provozierende Hand starrte, die in seiner Fantasie keinen Flaschenhals, sondern etwas viel besseres umschlossen hielt. Woher zum Teufel wusste dieser Kerl nur, wie man ihn scharf machen konnte? Zugegeben, Yami wusste recht wenig über Setos Privatleben, doch insgeheim hatte er ihn immer als prüden Snob angesehen. Offensichtlich hatte er da falsch gelegen. So, wie Seto sich verhielt, die Blicke, die er ihm zuwarf, da konnte von Prüderie keine Rede sein! Yami zitterte innerlich vor Anspannung, Vorfreude, Erwartung. Unwillkürlich beugte er sich näher an den Tisch, riss seinen Blick nun mühevoll von Setos Hand los, und ließ ihn langsam hinauf zu seinem Gesicht wandern. „Du hältst dich wohl für ganz schlau, oder?“ erwiderte er mit gesenkter Stimme, berechnend. Mit dem Zeigefinger verwischte Seto einige Tropfen des köstlichen Rotweins auf dem dunklen Glas, die daran herunter gelaufen waren und schob ihn dann zwischen die Lippen, um sich die Flüssigkeit auf der Zunge zergehen zu lassen. Dann ließ er die Hand sinken und schenkte Yami erneut seine Aufmerksamkeit. „Mhm, allerdings, das tu ich..“ Sein Gegenüber schwieg, wusste nicht, was er darauf erwidern sollte und wandte schließlich das Gesicht ab, während er irgendetwas unverständliches nuschelte. „Was hast du gesagt?“ Fingerkuppen, die langsam seinen Hals entlang streichelten. Yami atmete erschrocken aus, als er das elektrisierende Gefühl auf seiner Haut spürte. Ein schönes Gefühl. Langsam hob er den Kopf zur Seite hin. Die Hand wanderte in zarten, verspielten Bewegungen der Finger weiter abwärts. Er nahm wahr, dass Seto sich ihm mit der geschmeidigen und zugleich raubtierartigen Eleganz eines Katers näherte. Sein Daumen zeichnete zart die Konturen von Yamis Lippen nach. Er beobachtete sein Gegenüber genau, achtete auf seinen Gesichtsausdruck, das Zucken seiner Hände und seinen unruhigen Atem - wie der eines verschreckten Tieres. „Ich.. nichts..“, hauchte Yami leise und senkte die Augenlider bis auf einen Spalt. „Gut..“ Das nächste, was er spürte, waren Setos weiche Lippen, noch feucht vom Wein, die sich an seinen Hals drückten. Eine Hand fasste ihn an der Schulter und hielt ihn fest, während die andere sein Gesicht seitlich nach oben drückte. Und das Gefühl hörte nicht auf, wurde im Gegenteil immer noch eindringlicher, berauschender. Setos weiche, feste Lippen wanderten in hauchzarten Berührungen und zärtlichen Liebkosungen seine Haut entlang, schienen jeden Zentimeter erforschen zu wollen und verursachten, dass sich die Härchen auf Yamis Armen, auf Grund des warmen, feuchten Atems, aufrichteten. Auch die Hände, welche ihn sanft aber mit bestimmter Dominanz festhielten, lösten ein kribbeliges Wohlgefühl in seinem ganzen Körper aus - er fühlte sich so sicher, so umsorgt und glücklich. Gleichzeitig aber hatte er das Gefühl, als würde er gerade elektrisch aufgeladen. Er hielt es kaum aus, so ruhig dazusitzen und bloß geschehen zu lassen. Er fühlte sich aufgepuscht, angeheizt und er zitterte vor innerlicher Anspannung. Doch Seto schien es nicht dabei belassen zu wollen. Yami spürte, wie Seto die Lippen öffnete, seine Zunge feucht und kühl über dieselbe Stelle, die er eben noch geküsst hatte, leckte, nur um sich gleich darauf mit Lippen und Zunge an ihr festzusaugen. Yami erschauderte. Wie ein Stromschlag erschien es ihm, der angefangen am Hals, durch seinen Körper, bis in die Lenden hinunter jagte. Leise keuchte er auf und hob sich unwillkürlich Seto noch weiter entgegen, um mehr von diesem Gefühl zu bekommen. Und Seto gab es ihm. Der Griff seiner Hände verstärkte sich und er drückte sein Gesicht fester in Yamis Halsbeuge, hauchte seinen Atem gegen dessen Haut und biss sanft zu. Dann wieder saugte er sich an einer besonders empfindlichen Stelle fest, nur um dann provozierend federleichte Küsse darauf zu setzen, die Yamis aufs Äußerste gereizte Nervensystem in ein pures Feuerwerk des Sinnlichen verwandelten. Er wusste kaum, wohin mit sich. Das Kribbeln unter seiner Haut machte ihn unruhig und er verspürte den verzweifelten Drang, seinem Gönner noch näher zu kommen, seine Haut ganz warm und fest an der eigenen zu spüren, seine Hände bestimmend und doch zärtlich auf seinem Körper.. Irgendwo am Rande seines Bewusstseins wurde ihm plötzlich klar, was hier gerade passierte. Seto hatte ihn praktisch in der Hand und war nahe daran, ihn ohne viel Federlesens zu vernaschen, wie einen schmackhaften Eisbecher mit Sahnehäubchen. Und obwohl seine Verführungstaktik, seine Küsse und Berührungen Yami ziemlich anmachten und er die Gefühle in den höchsten Sphären genoss, meldete sich da in ihm auf einmal ein leiser Widerstand. Warum sollte ausgerechnet er das Bonbon sein? Warum sollte ausgerechnet er hier um mehr Streicheleinheiten und letztendlich um Erlösung winseln? Ja, es gefiel ihm, was Seto mit ihm machte, es fühlte sich verdammt schön an. Aber der Gute war ihm jetzt entschieden zu dominant. Außerdem hatte er ihn eben vor den Kopf gestoßen, als er ihn so plötzlich los- und verwirrt auf seinem Stuhl sitzen gelassen hatte. Und Yami mochte es nicht, wenn man ihn bloßstellte. So legte er nun seine Hand auf Setos Brust und übte leichten Druck aus, um ihn ein wenig von sich zu schieben. Gleichzeitig senkte er den Kopf und registrierte mit einer Mischung aus Zufriedenheit und innerlichem Bedauern, wie Seto seine Liebkosungen abrupt beendete und sich etwas zurück zog. Ein kleines Lächeln kräuselte Yamis Lippen, als er mit der anderen Hand nach der Weinflasche griff und sie wie eine Schutzmauer vor sein Gesicht hob. „Noch ein Glas voll, Master Kaiba?“ Er musste sich beherrschen, um nicht in Gelächter auszubrechen. Oh, Rache ist so süß, dachte er mit seinem untrüblich spitzbübischen Lächeln. Es geschah ja selten, dass er die Gelegenheit besaß, den großen Kaiba ein wenig aus dem Gleichgewicht, und seiner starren Art zu bringen. Zwar vermisste er nun die zärtlichen Zuwendungen, doch insgeheim war er sich sicher, dass er Seto dazu kriegen würde, ihn demnächst noch einmal auf diese Weise zu verwöhnen. Nun, oder vielleicht auch auf die ein oder andere Art.. Es dauerte einige Sekunden, bis Seto sich wieder gefasst hatte. In seinem Blick las Yami Überraschung und auch eine leichte Wut. Eine deutliche Frage stand in seinen Augen - und wenn Yami sich nicht täuschte, auch ein kleines bisschen Verunsicherung. Dachte er vielleicht, es habe ihm nicht gefallen? Oh, und wenn schon. Vielleicht ein Grund für ihn, sich noch mehr ins Zeug zu legen. Es konnte ja sein, dass er Yamis Lust am Spiel bemerkt hatte und darauf nun einging. Seto jedenfalls überwand seine Scham augenblicklich und war im nächsten Moment wieder das unbeschriebene Blatt, ohne jeglichen Gefühlsausdruck. Nur seine Augen waren ein wenig schmaler als vorher und seine Stimme klang dunkel, als er erwiderte: „Ich würde gerne noch etwas von diesem köstlich Bordeaux probieren..“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)