Schattenherz - Die weißen Ritter von abgemeldet (Teil 2) ================================================================================ Kapitel 23: Rückkehr ins Dorf ----------------------------- Rückkehr ins Dorf „In fünf Tagen bei Sonnenuntergang werden die Vampire hier sein. Bis dahin müssen wir gerüstet sein. Die weißen Ritter werden sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen hier her zu kommen. Schon gar nicht, wenn sie sicher sein können, dass auch Nikolai und Alice hier auftauchen.“, erklärte Kurando. Sie hatten es ohne Erfrierungen und größere Verzögerung geschafft den Rückweg nach Unogami zu finden. Das Dorf war wieder voll Leben, doch jeder spürte, dass noch nicht alles ausgestanden war. „Wir vertrauen auf dich.“, sagte Saki und riss Karin damit aus ihren Gedanken. „Du weißt was du tust. Sag einfach wie wir dir helfen können.“ „Konntet ihr etwas über Nikolai und Alice herausfinden.“, fragte Kurando mehr an Roger als an seine Mutter gewandt. „Also diese drei Blutsteine sind sehr alt. Ich habe lange gebraucht um etwas über sie heraus zu finden. Aber schließlich habe ich doch etwas gefunden.“ „Komm zur Sache.“, unterbrach Yuri den Magier ungeduldig. „Ist ja schon gut.“, entgegnete Roger patzig und räusperte sich. „Die Steine wurden vor vielen Jahren von mächtigen Magiern erschaffen und symbolisieren Leben, Tod und den Geist. Aufgrund, dass Yuri noch atmet, vermute ich, dass er den Stein des Lebens bei sich trägt. Was Nikolai und Alice aber mit ihnen vorhaben, konnte ich noch nicht herausfinden. Allerdings habe ich einen Hinweis gefunden, wie Alice sich Yuris Kräfte geschnappt hat. Sie hat sich ein magisches Lot dafür zu nutze gemacht. Diese magischen Lote sind sehr selten und ähneln einem Pendel. Früher wurden sie dazu benutzt besessene Personen von Geistern und Dämonen zu befreien.“ „Eine Art Exorzismus.“, warf Karin ein. „Und da Yuri schon so lange mit Amon verbunden ist, hätte es ihn fast getötet.“ „Ja, so in etwa.“, stimmte Roger zu. „Wir müssen das Lot zerstören um Amon wieder frei zu lassen und ihn Yuri zurück zu geben.“ „In Ordnung, damit können wir etwas anfangen.“, sagte Kurando. „Jetzt solltet ihr euch ausruhen. Ich werde noch einige Vorbereitungen treffen.“ Yuri stand nickend auf und verschwand nach oben. Anscheinend hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden und akzeptierte Kurando als Anführer. Oder er war schlichtweg in Gedanken versunken. Karin machte ebenfalls Anstalten nach oben zu gehen, überlegte es sich aber noch einmal. „Kann ich dir vielleicht noch irgendwie helfen?“, fragte sie ihn. „Nein, du solltest dich auch lieber hinlegen.“, antwortete Kurando. „Ich komme schon allein zu Recht.“ Schweigend ging sie nach oben. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie wohl nach Yuri sehen sollte, entschied sich aber dagegen und ging in ihr Zimmer. Müde ließ sie sich auf ihr Bett fallen und schloss die Augen, aber einschlafen konnte sie noch nicht. Zu viele Dinge tobten in ihrem Kopf herum. Eigentlich hatte sie sich auf einen schönen harmonischen Sommer gefreut, aber wie immer war alles aus dem Ruder gelaufen. Zuerst Rogers gespielter Tod, dann die weißen Ritter, Alice und Nikolai und nun standen sie vor einer wahren Schlacht. Karin hoffte, dass es keine Toten geben würde, aber natürlich wusste sie es besser. Schließlich hatte sie lange genug in der Armee gedient um auf die Realität vorbereitet zu sein. Noch fünf Tage und vier Nächte, dann war es soweit und sie hatten immer noch keine Ahnung wie sie Alice und Nikolai besiegen sollten. Wo sollte das alles nur hinführen? Die nächsten vier Tage verliefen ruhig und friedlich. Kurando war meistens im Tempel Unogamis und arbeitete an seinem Schwert und an seiner Kampftechnik. Yuri hatte sich in sein Zimmer verkrochen und kam nur noch zum Essen herunter. Roger und Saki kämpften sich durch dicke Bücher und arbeitete meist bis spät in die Nacht. Karin hatte sich mit einigen Bewohnern des Dorfes angefreundet und streifte tagsüber durch den Wald der Konikus oder trainierte ihre Kräfte, wobei es ihr immer noch nicht richtig gelang die Mondkräfte zu kontrollieren. Am Morgen des entscheidenden Tages erwachte Karin bereits vor Sonnenaufgang. Sie überlegte hinunter zu gehen, aber als sie unten nichts hörte, blieb sie in ihrem Zimmer. Noch etwas benommen ging sie ins Badezimmer, schmiss ihre Kleider in eine Ecke und drehte das Badewasser auf. Nach knapp zehn Minuten war die Wanne mit warmem, dampfendem Wasser gefüllt und Karin ließ sich in den Schaum sinken. Die Wärme wirkte unheimlich entspannend und sie genoss die Ruhe. Die Sorgen und Ängste der letzten Tage fielen von ihr ab. Es gab nur noch sie und das dampfende Wasser. Plötzlich klopfte es an ihrer Zimmertür. Karin verdrehte genervt die Augen und bat den Fremden einzutreten. Wenige Sekunden später wurde die Badtür einen Spalt geöffnet und ein paar rötliche Augen musterten das Zimmer verlegen. „Entschuldige das ich störe.“, sagte Yuri. „Aber wir werden unten erwartet.“ „Ja, sofort.“, entgegnete sie frustriert. Yuri schloss wieder die Tür und sie hörte ihn nach unten gehen. Rasch kletterte sie aus der Wanne, ließ das Wasser ab und zog sich an. Roger, Saki, Kurando und Yuri saßen bereits am Tisch im Wohnzimmer und Schwiegen sich an. Nicht einmal als Karin sich setzte und sie fragend ansah, hielt es einer von ihnen nötig etwas zu sagen. Sie wartete noch einige Minuten bis sie das Wort ergriff. „Also, was ist los?“ „Die Armee der weißen Ritter ist eingetroffen.“, antwortete Kurando. „Und jetzt? Wir wussten doch das sie kommen.“ Kurando stand auf und bedeutete ihr zu folgen. Auch die anderen folgten ihnen. Er führte sie nach draußen und half ihr eine kleine Klippe hinauf zu klettern. Karin wusste, dass dahinter die Ebene von Unogami war, aber als sie ein Blick über die Felsen warf, stockte ihr der Atem. Die Ebene war fast endlos und gefüllt mit tausenden Rittern. Es waren so viele, dass an das Gras eigentlich nur noch erahnen konnte. Die gesamte Besatzung der Burg musste hier stationiert sein. Überall standen weißen Zelte, wehten weiße Fahnen und blitzten weiße Rüstungen. Sie standen einer wahren Übermacht gegenüber. „Oh, mein Gott.“, keuchte Karin erschrocken. „So kann man es auch nennen.“, fügte Kurando hinzu. „Es sind doch wesentlich mehr als gedacht.“ „Aber wir haben den Vorteil der Dämonenkräfte auf unserer Seite.“, warf Roger ein. „Zwei Dämonen gegen ein ganzes Heer? Wohl kaum!“, erwiderte Saki. Schweigend gingen sie zurück zum Haus und nahmen wieder Platz. Keiner sagte ein Wort. Der Anblick war einfach zu erschreckend gewesen. „Roger und ich haben uns noch etwas überlegt.“, erklärte Saki. „Zu zweit habt ihr keine Chance, aber ich habe eine Art Zaubertrank gefunden, der dieses Problem behebt. Er wirkt allerdings nur bei dir Karin.“ „Wieso bei mir?“, fragte sie erschrocken. „Weil nur du zwei Dämonen in dir trägst.“, antwortete Saki. „Es ist nicht gefährlich und die Wirkung hält auch nur einen Tag an.“ Die Priesterin schob ihr eine Tasse Tee zu. Karin nahm einen Schluck und sah Saki weiterhin fragend an. „Es ist eine Art Vervielfältigung. Deine Persönlichkeit wird quasi gespalten und genauso die beiden Dämonen. Also hast du auf der einen Seite den Feuerengel und auf der anderen die Mondgöttin.“ „Oh nein, oh nein, nein, nein, nein, nein!“, sagte Karin rasch. „Kommt nicht in die Tüte. Ich werde bestimmt keinen Trank schlucken und... Nein, vergesst es!“ „Schon passiert.“, entgegnete Saki und warf einen Blick auf die Teetasse. Karin sah sie entsetzt an und ließ den Blick durch die Runde streifen. Verlegen senkten sie die Köpfe. „Ihr wusstet davon?“, fragte sie erschrocken. „Ihr Verräter, wenn...“ Sie verstummte und alles begann sich um sie zu drehen. Karin versuchte zu atmen, aber sie hatte das Gefühl ihr würde die Kehle zugedrückt. Karin versuchte auf zu stehen und kippte rücklings um. Zwei starke Arme fingen sie auf, dann wurde alles schwarz. Als sie wieder aufwachte, konnten nur wenige Minuten vergangen sein, sie lag immer noch in Kurandos Armen. Ihr ganzer Körper war taub und ein seltsames Gefühl der Leere hatte von ihr Besitz ergriffen. Langsam öffnete sie die Augen und musste gegen eine Welle des Schwindelgefühls ankämpfen. Vorsichtig richtete sie sich auf und lehnte sich gegen Kurando. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Ich weiß nicht.“, antwortete sie noch etwas benommen. Ihr Blick schweifte von Kurando zu Saki, anschließend zu Roger und zu guter letzt zu Yuri. Ein kurzer Schreckensschrei entwich ihrer Kehle als sie sah wer da neben ihr saß. Es war als würde sie in einen Spiegel blicken. Ihr gegenüber saß eine rothaarige junge Frau, die ihr wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sie lächelte frech und hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. „Wie...?“, begann Karin verwirrt. „Hallo Kleine.“, sagte ihr Ebenbild. „Auch endlich wach? Voll toll hier. So niedliche Jungs, aber der alte ist irgendwie merkwürdig.“ Karin wusste nicht was sie sagen sollte und so hielt sie es für besser zu schweigen. „Karin, das ist Karin.“, stellte Saki sie vor. „Un...unglaublich.“, stotterte die echte Karin. „Es wäre vielleicht von Vorteil, wenn wir unserer zweiten Karin einen anderen Namen geben.“, schlug Roger vor. „Karin und ihr Klon Carmen. Das hört sich doch wunderbar an.“ „Total!“, sagte Karin zynisch. „Ich glaube, dass ist unser kleinstes Problem.“, mischte sich Kurando ein. „Wir haben noch zehn Stunden bis die Vampire hier auftauchen, aber ich vermute, dass die Ritter noch vor Sonnenaufgang angreifen werden, damit wir keinen Vorteil haben. Also müssen wir sie einfach nur hinhalten bis unsere Verstärkung eintrifft.“ „Einfach nur?“, fragte Yuri ungläubig. „Ich habe gewisse Vorkehrungen getroffen, keine Sorge, aber es wird trotzdem schwierig. Wir sind nur zu dritt und die Ritter sind etwa tausendmal so viele.“, erklärte der Schwertkämpfer. „Karin hast in der Zwischenzeit die Kräfte der Mondgöttin unter Kontrolle?“ „Ehrlich gesagt, nein.“, gab sie zu. „Jedes Mal wenn ich mich zu verwandeln versucht habe, nahm ich die Gestalt des Feuerengels an. Ich kann es nicht steuern.“ „Keine Sorge.“, beruhigte Kurando sie. „Sobald der Mond am Himmel erscheint, müsste es dir gelingen. Bis dahin hältst du dich zurück. Du kannst dich jetzt nicht mehr in den Engel verwandeln, solange der Zauber anhält. Nur Carmen kann es, also bleib zurück bis es funktioniert.“ Karin nickte zustimmend. Irgendwie gefiel ihr der Gedanke nicht, dass sie sich nicht mehr verwandeln konnte. Es machte ihr Angst. „Ich werde mit euch kommen.“, mischte sich nun auch Yuri ein. „Kommt nicht in Frage.“, entgegnete Kurando. „Du hast keine Kräfte mehr.“ „Auch wenn Amon nicht mehr auf meiner Seite steht, bin ich kein armseliger Schwächling.“, sagte Yuri aufgebracht und stand herausfordernd auf. „Ich habe das Kämpfen gelernt bevor ich zu einem Dämon wurde und auch nie vergessen.“ Kurando sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. Es hatte fast den Anschein, als würden sie einen lautlosen Kampf austragen. Yuri gewann ihn. „Na gut.“, stimmte er zu und holte ein Schwert aus einem dunklen großen Schrank. „Nimm es, du weißt ja damit umzugehen.“ Das Schwert war schwerer als Gedacht, so dass Yuri sich zusammen reißen musste um es nicht fallen zu lassen. Aber Kurando entging keinesfalls der verwunderte Blick von Yuri und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Yuri funkelte ihn nur wütend an und inspizierte das Schwert. Es war alt und schwer. Mehr konnte er eigentlich auch nicht dazu sagen, schließlich war er kein Experte dafür. Normalerweise kämpfte er mit Fäusten und nicht mit Klingen, aber was war da schon so anders. „Brauchst du ein paar Nachhilfestunden?“, fragte sein Cousin lächelnd. „Du siehst etwas verunsichert aus.“ „Das denkst auch nur du.“, antwortete Yuri. „Was ist an einem Schwertkampf denn bitte so schwierig. Mit einem etwas zu groß geratenen Messer kann ja wohl jeder umgehen.“ Kurandos Bewegung kam so schnell, dass Yuri sie fast nicht wahr nahm und noch bevor er sich versah, zeigte Kurandos Schwertspitze auf seine Kehle. „Bist du dir da sicher?“, fragte er grinsend. „Aber na klar.“, antwortete Yuri und holte zum Schlag aus. Saki schrie erschrocken auf und Carmen klatschte fröhlich in die Hände. Aber Yuris Angriff kam Kurando nicht einmal nahe. Blitzschnell parierte er Yuris Schlag und wich gleichzeitig aus. Noch in der gleichen Bewegung fegte er Yuri von den Füßen. Dieser schlug hart auf dem Holzboden auf und verzerrte gequält das Gesicht. „Aufhören!“, rief Karin und trat zwischen die beiden. „Wenn ihr euch jetzt die Köpfe einschlagt, dann können wir uns gleich ergeben. Ihr solltet besseres zutun haben, als eure Rivalitäten auszutragen.“ „Du hast Recht.“, sagte Kurando schuldbewusst und steckte sein Schwert wieder ein. „Roger muss noch dafür sorgen, dass wir es überhaupt mit Nikolai und Alice aufnehmen können.“ „Ich habe dir doch schon das Problem geschildert.“, erwiderte der Magier. „Keiner von euch kann es mit ihnen aufnehmen, weil keiner von euch durch einen Zauber wieder zum Leben erweckt wurde.“ „Aber du könntest diesen Zauber anwenden?“, hakte Kurando nach. „Ja, natürlich.“, antwortete Roger empört, als hätte man gerade an seiner Ehre gezweifelt. „Es ist schwierig, aber ich bin einer der wenigen Magier, die diese Kunst beherrschen. Nicht umsonst habe ich solange Zauberbücher studiert und an Erfindungen getüftelt.“ „Na, dann ist ja gut.“, entgegnete Kurando lächelnd und zog einen Dolch au einem seiner Ärmel. Karin wollte ihn noch aufhalten, doch ihre Reaktion kam zu langsam. Der Dolch sauste herunter und bohrte sich in sein Herz. Völlig fassungslos starrten sie den Schwertkämpfer an, der noch einige Sekunden stehen blieb, dann sank er hinunter auf die Knie. Yuri fing ihn auf und half ihm sich zu setzten. „Dann fang mal an alter Magier.“, keuchte Kurando. Roger war viel zu überrascht zu reagieren und erstarrte erst wieder als Saki ihn am Arm packte und schüttelte. „Hilf ihm verdammt noch mal!“, schrie sie ihn an. Der Magier verschwand nach oben und Karin ging neben Kurando in die Hocke. „Warum hast du das getan?“, fragte sie schluchzend. „Wir... wir hatten nicht mehr genügend Zeit für Diskussionen und ich bin der Einzige von uns, der noch wirklich... na ja... lebendig ist.“, antwortete er stockend. Seine Atemzüge wurden immer kürzer und Karin spürte wie er sich langsam zu verkrampfen begann. Ihnen blieb nicht mehr genügend Zeit. „Aber du hättest uns vorwarnen können, dann hätte Roger den Trank schon fertig und...“ „Glaubst du etwa Saki hätte es zugelassen?“, unterbrach Yuri sie. „Sie ist eine Mutter. Vernunft und Logik hätten sie wahrscheinlich nicht umgestimmt. Sie hätte nie zugelassen, dass ihm etwas zustößt. Und jetzt beruhig dich wieder. Ich habe mit Roger gewisse Abreden getroffen.“ „Was?“, schrie Saki auf. „Dieser alte Magier wusste davon?“ „Nein.“, antwortete Kurando an Yuris Stelle. „Ich habe es mit Yuri verabredet und er hat Roger schon einmal darauf vorbereitet. Er wusste nicht, dass ich das Opfer bin.“ Polternde Schritte drangen an ihr Ohr. „Ich habe ihn.“, rief Roger schon von weitem. „Ich wusste doch, dass ihr beiden etwas im Schilde führt. Ja ja, wenn Lausbuben sich zusammenschließen verstehen sie sich immer. Auch wenn sie sonst die verbittertsten Feinde sind.“ Der Magier bückte sich zu Kurando hinunter und flößte ihm etwas von einer bläulichen übel riechenden Flüssigkeit ein. „Das schmeckt widerlich.“, sagte der Schwertkämpfer und verzog angewidert das Gesicht. „Geschieht dir Recht.“, entgegnete Roger und besah sich seine Wunde. Dann setzte er sich neben ihn und wartete ab. Die Stille war fast unerträglich und Kurando wurde von Sekunde zu Sekunde schwächer. Saki lief unruhig hin und her. „Jetzt hilf ihm doch.“, flehte sie Roger an. „Das kann ich nicht.“, erwiderte er. „Er muss erst sterben bevor der Trank wirkt.“ Weitere Minuten vergingen. Es war ein grausamer Anblick. Obwohl der Schwertkämpfer so litt, konnten oder besser gesagt durften sie ihm nicht helfen. „Jetzt zieht nicht so lange Gesichter.“, flüsterte Kurando und versuchte dabei zu lächeln. Seine Stimme wurde immer schwächer und Karin konnte buchstäblich sehen wie auch sein Körper selbst an Kraft verlor. Mit jedem Tropfen Blut, das aus der Wunde floss, näherte er sich dem Tod. Ein letzter Atemzug, dann sackte er in sich zusammen. „Schnell wir müssen den Dolch herausziehen, sonst kann die Wunde nicht heilen und er verblutet uns doch noch.“, rief Roger hastig. „Diese Aufgabe übernehme ich liebend gerne.“, gab Yuri zu und zog noch im gleichen Moment den Dolch heraus. „Gut und ihr beiden geht jetzt nach den Rittern sehen. Wir dürfen sie nicht aus den Augen lassen.“, befahl ihnen der alte Magier. Karin wollte etwas erwidern, doch Yuri hielt sie rasch zurück. Schweigend folgte sie ihm nach draußen. Kaum hatten sie das Dorf verlassen, packte sie ihm am Arm und verpasste ihm mit der anderen Hand eine schallende Ohrfeige. „Für was war die denn?“, fragte er verwundert. „Du hast von Kurandos Plan gewusst und es nicht für nötig gehalten ihn davon abzuhalten.“, schrie sie ihn an. „Er hätte dabei draufgehen können.“ „Um genau zu sein, ist er dabei draufgegangen.“, erwiderte Yuri. „Mach dich nicht auch noch über mich lustig.“, warnte sie ihn und stapfte wütend davon. Gemeinsam kletterten sie die kleine Felsformation nach oben und spähten über die Ebene. Das Bild hatte sich kaum geändert. Überall weiße Rüstungen und Zelte und Karin glaubte sogar den alten Mann aus der Burg zu sehen, war sich aber nicht sicher. Sie versuchte in der Menge einen Feldherrn auszumachen, aber auch dieser Versuch trug keine Früchte. Es waren einfach zu viele. Von den Vampiren war noch keine Spur zu sehen, aber das musste nichts heißen. Vielleicht hielten sie sich irgendwo bereit und warteten schon auf den Sonnenuntergang. „He, der Typ da scheint das Sagen zu haben.“, raunte Yuri ihr zu. Karin folgte seinem Blick. Ein Mann in einer besonders aufwändigen Rüstung mit rotem Umhang saß auf einem weißen Pferd und rief den Soldaten Befehle zu. „Der kommt mir bekannt vor.“, sagte Karin. „Hat er nicht den Angriff auf uns im Blutmoor geleitet? Wie war noch gleich sein Name?“ „Keine Ahnung, so etwas merk ich mir doch nicht.“, antwortete Yuri. „Wichtiger ist wie wir mit ihnen fertig werden. Es sind definitiv viele und sie sind stark. Selbst mit der Hilfe der Vampire dürfte es ein heikles Unterfangen werden, es mit ihnen aufzunehmen.“ „Wir müssen den alten Mann ausfindig machen. Wenn wir ihn in unsere Gewalt bringen, dann geben sie vielleicht auf.“, schlug Karin vor. „Kannst du etwas verstehen von dem was sie sagen?“, fragte Yuri. „Nicht wirklich. Es ist zu laut.“, antwortete Karin. „Also, ich konnte es als Dämon.“ „Angeber.“, murmelte sie vor sich hin und ignorierte seine Beleidigungen. Selbst mit den Fähigkeiten eines Dämons hätte sie wahrscheinlich nichts gehört. Der Tumult, den die vielen Ritter verursachten war einfach zu laut. Außerdem hatte sie die Kräfte der Mondgöttin immer noch nicht unter Kontrolle, was das Ganze noch schwieriger machte. Sie hoffte inständig, dass Kurando mit seiner Einschätzung Recht behielt. Hoffentlich half ihr der Mond dabei die Kräfte zu kontrollieren. „Warte, ich glaube ich kann etwas verstehen.“, sagte Karin und legte den Kopf schief. „Sie greifen eine Stunde vor Sonnenaufgang an. Oder so in etwa.“ „Sehr genaue Angaben, Miss König.“, lobte Yuri sie zynisch. „Du kannst es ja auch nicht besser.“, giftete sie zurück. Yuri kroch vorsichtig wieder zurück und streckte sich genüsslich. „Wir sollten wieder zurück zu den anderen gehen. Mehr bekommen wir jetzt sowieso nicht heraus. Außerdem wartet dein Zwilling Carmen bestimmt schon auf dich.“, fügte er grinsend hinzu. Karin verzog genervt das Gesicht und folgte ihm. Als sie zurück zum Haus der Priesterin kamen, saßen Roger und sie immer noch im Wohnzimmer und tranken Tee. Von Kurando war nur eine riesige Blutlache zurück geblieben. Auch von Carmen war keine Spur zu sehen. Wo steckten die Beiden bloß? „Und tut sich etwas?“, fragte Roger neugierig. „Nein, ich glaube sie wollen etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang angreifen, aber sicher bin ich mir nicht. Außerdem sieht alles noch recht unorganisiert aus.“, erklärte Karin. „Ich schätze wir haben vorerst noch unsere Ruhe.“ „Trotzdem sollten wir nicht unvorsichtig werden.“, warf Kurando ein, der gerade die Treppe herunter kam. „Sie könnten ihren Plan jederzeit ändern und dann müssen wir vorbereitet sein.“ Er hatte sich umgezogen, so dass von dem Blut und seiner Wunde nichts mehr zu sehen war. Im Schlepptau hatte er Carmen, die fröhlich umher sprang und sang. Das Ding konnte doch nicht wirklich eine Art Klon von ihr sein. Jetzt mal im ernst. Es benahm sich wie ein Hüpfball auf Drogen und nicht wie eine erwachsene Frau. Nun ja, vorerst konnte sie nichts daran ändern. Carmen würde wohl noch eine Weile unter ihnen Weilen. „Dir geht es wieder gut?“, fragte sie Kurando etwas zweifelnd. „Ja, alles bestens.“, antwortete er beruhigend und strich ihr über die Wange. „Es zwickt ein wenig, aber irgendwie fühle ich mich wie neu geboren.“ „Bist du im Prinzip auch.“, sagte Yuri grinsend. „Was machen wir denn jetzt?“, fragte Carmen missmutig. „Mir ist langweilig!“ „Dann geh spielen.“, giftete Karin sie an. Yuri warf ihr einen verwirrten Blick zu und lächelte fröhlich. Sie versuchte das dämliche Grinsen zu ignorieren und drehte sich schließlich um. „Wir sollten uns bereithalten und die Ritter beobachten.“, schlug Kurando vor. „Es dürfte nicht mehr lange dauern bis sie angreifen. Wahrscheinlich werden sie noch vor Sonnenaufgang angreifen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)