Die Blutfehde der Youkaifürsten von Weissquell ================================================================================ Kapitel 32: Tenmarus Tribut --------------------------- Die letzten Lichtstrahlen des Tages versinken hinter dem Gebirge und tauchen den Palastgarten erneut in schummriges Licht. Einmal mehr steht Sesshomaru neben dem kleinen Teich mit den Seerosen und sein Blick geht klar hinauf in die anbrechende Nacht. Keine Regung geht über sein ewigjunges Gesicht, doch wenn man genau hinschaut, liegen erste Anzeichen von dunklen Ringen unter den goldglänzenden Augen. Er genießt die Einsamkeit und das sanfte Rauschen der Bäume um ihn her. Es ist das Einzige, was ihm im Moment noch Ruhe verschaffen kann. Selten zuvor waren seine Gedanken derartig in Aufregung und selten zuvor war eine Situation so kompliziert und vor allem emotionsbehaftet. Vergeblich versucht Sesshomaru alle die Gefühle in ihm, unter Kontrolle zu bringen. Diese Flut an Emotionen ist einfach überwältigend! Immer wieder stellt er sich die Frage, ob das alles zu vermeiden gewesen wäre, wenn der den jungen Streuner gleich getötet hätte. Er hätte es tun sollen! Stattdessen hat er es vorgezogen, ihn zu ignorieren und den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Das hat er nun davon! Doch es hilft nicht, über verschüttete Milch zu klagen. Nun muss er mit seiner Entscheidung leben. Sesshomarus Kiefer werden hart. Wie sehr er es doch verabscheut hat, für seinen Bruder Partei zu ergreifen! All die Dinge, die er über ihn sagen musste! Dabei muss er sich eingestehen, dass sein Halbbruder sich erstaunlich gut geschlagen hat, für seine Verhältnisse. Wer hätte gedacht, dass der Bengel außer Kämpfen noch etwas anders kann! Wahrscheinlich war er der Einzige, der das leise Flüstern Myogas im Ohr seines Bruders gehört hat und das auch nur, weil er wusste, dass der Floh da war. Immerhin hat er auf ihn gehört und das Argument, ob die Verfolgung auch gerechtfertigt war, kam sogar von ihm selbst! Im Grunde war das ziemlich geschickt! Und trotzdem hat es ihn Überwindung gekostet, für seinen Bruder einzutreten, wenn er auch damit gerechnet hat, dabei mehr Widerwillen zu empfinden. Soll er es wirklich riskieren und sich für Inu Yashas Unschuld aussprechen? Keiner der anderen Fürsten wird von seiner Entscheidung abrücken und wenn keine Einigung zustande kommt, wird der Rat als gescheitert erklärt. Wenn wenigstens noch ein weiterer der Fürsten sich gegen Inu Yashas Tod ausspräche, dann würden seine Chancen in dem darauf folgenden Krieg besser stehen, doch das ist wohl nicht zu erwarten. Es ist zum verrückt werden! Im Grunde ist es gleich was er tut; Krieg wird es in jedem Fall geben! Hätte er damals gewusst, was einmal daraus werden würde, hätte er den Streuner sicher sofort getötet, höchstwahrscheinlich! In diesem Augenblick horcht der Fürst des Westens auf. Hinter sich vernimmt er kaum hörbare Schritte auf dem Gras und unwillkürlich ballt er die Hand zur Faust. Mit zögernden Schritten nähert sich Tenmaru der hochgewachsenen Gestalt am Teich, die ihm den Rücken zugewandt hat und ihn zu ignorieren scheint. Sein Herz klopft bis zum Hals und immer wieder muss er sich auf die Lippen beißen, damit sie nicht unkonntrolliert zucken. So behutsam wie möglich kommt er näher und als ihn noch etwa fünf Meter von dem Youkaifürsten trennen, sinkt er rasch auf die Knie und presst zitternd seine Stirn auf den Erdboden. Es vergeht eine ganze Weile, in der von dem weißhaarigen Youkai keine Reaktion kommt. Schließlich wagt Tenmaru, ihn anzusprechen: „Mei... mein Fürst?“ Noch immer reagiert Sesshomaru nicht. „Bitte! Mein Fürst, darf ich das Wort an Euch richten?“, versucht der junge Streuner es erneut. Wieder schweigt der Youkaifürst. Tenmaru beschließt dies als ein 'Ja' aufzufassen. Er schluckt noch einmal schwer dann sagt er: „Mir ist klar, dass Ihr mich nicht sehen wollt...“ „Dann verschwinde!“, sagt Sesshomaru emotionslos. Tenmaru ballt die Hände zur Faust: „Das werde ich, mein Fürst! Doch ich bitte Euch, mich anzuhören!“ Sehr langsam dreht sich nun Sesshomaru zu ihm um und blickt auf ihn hinunter. „Hast du nicht schon genug Schaden angerichtet?“, fragt er. „Das war nicht meine Absicht!“, beteuert Tenmaru, „Doch ich bin entschlossen, es wieder gut zu machen, soweit mir das möglich ist!“ Schweigend mustert Sesshomaru ihn. „Erkläre mir das!“, sagt er. Nun blickt Tenmaru leicht auf. Sein Gesicht ist blass. „Ich bereue den Wirbel den ich verursacht habe. Ich habe Euch damit in eine sehr missliche Lage gebracht! Nur wegen mir wird es wahrscheinlich zum Krieg kommen. Ich verstehe nun, warum ihr mich für nutzlos haltet. Ich habe Euch schwer enttäuscht!“ Wieder beißt er sich auf die Lippen. „Und jetzt willst du mir dein Leben als Wiedergutmachung anbieten?“, fragt Sesshomaru hart, „Glaubst du, das würde jetzt noch irgendetwas ändern? Mit deinem Tod ist nun auch keinem mehr geholfen! Nachdem Fürstin Yarinuyuki einmal deiner Witterung ausgesetzt war, wird sie alles tun, um dich in die Finger zu bekommen. Dein Tod bringt mir nun eher Schaden als Nutzen. Aber vielleicht ist dir der Tod ja lieber, als ein Leben lang im Sklavenstand. Wahrscheinlich wäre es für dich eine Erlösung, wenn ich deinem Leben ein Ende setzen würde. Lieber den Tod als die Schande, ist es nicht so? Doch das werde ich nicht tun! Ich werde nicht zulassen, dass du dich aus der Verantwortung davonstiehlst.“ Tenmaru atmet einmal schwer ein und aus. Dann hebt er den Kopf und blickt den Fürsten des Westens direkt an. „Das habe ich auch gar nicht vor, mein Fürst!“ Sesshomaru hebt leicht die Brauen: „So?“ Tenmaru schluckt erneut den schweren Kloß in seinem Hals herunter, dann wird sein Blick fest: „Ich habe mich entschlossen, mich Yarinuyuki auszuliefern! Soll sie mit mir machen, was sie will! Es ist mir gleich! Aber vielleicht sieht sie dann keine Notwendigkeit mehr, Euren Bruder zu verurteilen und es muss nicht zum Krieg kommen. Ich glaube nicht, dass Arashitsume es riskieren wird, sich gleich mit zwei Reichen anzulegen.“ Sesshomarus Blick wird nun schmal: „Was führst du im Schilde? Ich glaube nicht, dass du das aus so selbstlosen Motiven tust. Du hättest mir das doch gar nicht erzählen brauchen. Also sag schon, was willst du? Warum bist du zu mir gekommen?“ Nun senkt Tenmaru den Blick und man sieht ihm an, wie sehr er um seine Fassung ringt unter den durchdringenden, kaltgoldenen Augen des Westfürstens. Als er wieder aufblickt ist sein Gesicht leichenblass. „Ich weiß, was Ihr von mir denkt“, seine Stimme ist kaum noch ein Flüstern, „Doch ich erwarte gar nichts von Euch! Nicht mehr! Nur noch eine letzte Sache erbitte ich von Euch!“ „Und die wäre?“, Sesshomarus Stimme hat Grabeskälte. Eine schmerzliche Seelenqual liegt nun auf Tenmarus Gesicht als er sagt: „Bitte entlasst mich aus meinem Schwur!“ Sesshomarus Augen fliegen auf. „Was?“, fragt er ungläubig. „Ich habe der Fürstenfamilie des Westens ewige Treue geschworen“, sagt Tenmaru leise, „Ich habe es vielleicht nicht immer verstanden, aber es war eines der wenigen Dinge in meinem Leben, die ich mit vollem Herzen gelebt habe. Auch wenn es nicht immer leicht war, hat es mich... glücklich gemacht! Ich bedauere, dass ich Euch so wenig zu Diensten sein konnte! Ich hätte es mit Freuden getan, doch ich verstehe nun, dass das niemals passieren wird! „Wenn auch nur für diesen einen kurzen Befehl, den Ihr mir gabt, so war es mir doch eine Ehre, Euch zu dienen! Ich kenne Euch noch nicht sehr lange doch ich... schätze Euch sehr! Zu sehr, als dass ich es über mich bringen könnte, meinen Schwur, Euch gegenüber zu brechen, wenn ich im Dienste von Yarinuyuki möglicherweise dazu gezwungen bin. Deshalb bitte ich Euch: Gebt mich aus meinem Schwur frei, damit ich nicht eidbrüchig werde, wenn ich im Dienst der Nordfürstin stehe! Nur Ihr könnt das tun, denn Ihr seid das Oberhaupt Eurer Familie. Gewährt mir nur diese Bitte und dann werdet Ihr mich niemals wiedersehen!“ Er verstummt. Eine ganze Weile sagt Sesshomaru kein Wort sondern er mustert den jungen Streuner nur mit einem unergründlichen Blick. Dann sagt er: „Ist das alles, was du willst?“ Tenmaru nickt: „Ja, mein Fürst! Das ist alles!“ „Bist du dir sicher?“, kommt noch einmal die scharfe Frage. Tenmarus Lippen beben und sein Gesicht ist aschfahl. „Ja!“, haucht er tonlos. Noch immer liegt Sesshomarus Blick schwer auf ihm. Dann wendet sich der Westfürst ab. „In Ordnung! Du sollst deinen Willen haben! Hiermit entlasse ich dich aus dem Schwur, der von dir Treue zur Fürstenfamilie des Westens fordert! Tu mit deiner neuen Freiheit was du willst!“ „Danke!“, flüstert Tenmaru und dann kommt er langsam wieder auf die Füße. Schon will er sich abwenden, doch dann zögert er. Noch immer nagt da etwas an seiner Seele. „Mein Fürst?“, wagt er noch einmal vorsichtig zu fragen. „Ich bin nicht länger dein Fürst!“, kommt die ruhige Antwort. Tenmaru beißt sich schmerzhaft auf die Lippen. „Ich... ich wollte Euch nur noch warnen!“ Keine Reaktion. Mit allem verbliebenen Mut ringt er sich zu den Worte durch die ihm nur schwer über die Lippen wollen: „Arashitsume hat vor Euch zu töten!“ Zunächst herrscht Schweigen. „Hat er das gesagt?“, kommt die ungerührte Frage. Tenmaru senkt den Blick: „Nein, nicht direkt, aber ich weiß es! Er hasst Euch!“ „Das weiß ich!“, kommt die kühle Antwort, „Wenn du keine Beweise hast, erspare mir deinen Anschuldigungen!“ Wie betäubt steht Tenmaru da. Er hat es immerhin versucht. Mehr kann er nicht tun. Noch immer zögernd wendet er sich nun ab und nachdem er noch einen letzten Blick auf den Rücken des Fürsten geworfen hat, dreht er sich um und verschwindet zwischen den Bäumen. Sesshomaru hat keinen Muskel gerührt. Doch nun ballt er hart die Hand zur Faust und er bemerkt nicht einmal das Blut, dass ihm dabei über die Finger läuft. „Verdammt!“, murmelt er. Ohne darauf zu achten wohin ihn seine Füße tragen, läuft der junge Streuner durch die Gänge des Palastes. Niemand begegnet ihm, doch er würde es auch nicht bemerken. Alles was er will, ist, so weit wie möglich wegzukommen! Ohne es zu merken, schlägt er den Weg zum Kampfplatz ein. Er läuft was seine Lungen hergeben um den stechenden Schmerz in seiner Brust zu betäuben. Den Kampfplatz hat er nun passiert und wieder biegt er auf einen Weg in die riesige Parkanlage ein. Kalt rauscht die abendliche Luft in seinen Lungen, doch auch das reicht noch nicht aus. Schließlich bleibt er keuchend stehen. Sein Herz pocht heftig gegen seine Rippen und urplötzlich spürt er einen unaussprechlichen Druck in seiner Brust. Tief atmet er ein und dann mit einem verzweifelten Schrei, stößt er seinen Schmerz und seinen Kummer in die kühle Abendluft hinaus in der Hoffnung, dass es ihm irgendwie Erleichterung verschaffen würde. Doch der Klang dieses leidgepeinigten Geräusches hallt nur ungehört von den Felsen wieder und dann kehrt wieder Stille um ihn ein. Grenzenlose Hoffnungslosigkeit überfällt Tenmaru nun und ehe er merkt, wie ihm geschieht, knicken ihm die Knie ein und er fällt kraftlos hinab ins feuchte Gras. Mit regloser Miene blickt er hinauf in den Abendhimmel, auf dem schon die ersten Sterne erschienen sind. Sie sehen seltsam verschwommen aus, doch das wird wohl an der unstillbaren Flut aus Tränen liegen, die in stillen, heißen Bächen über sein Gesicht laufen. Über die Gedenkstätte der verstorbenen Fürsten senkt sich die Nacht. Andächtig steht der Streuner Raiuko vor den großen, schwarzen Steinen und hängt seinen Gedanken hinterher. Schon mehrere Stunden hat er auf diese Weise verbracht und dabei nicht einmal das Voranschreiten der Zeit bemerkt. Seinen Anführer hat er schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Er hat es vorgezogen, hierzubleiben und seiner gefallenen Kameraden zu gedenken. Raihone!, grollt er innerlich, diese verlauste Brut wird mit deinem Tod nicht ungeschoren davon kommen, das schwöre ich dir! Du wolltest mich beschützen, doch gleich drei von ihnen, waren einfach zu viel für dich! Wenn ich jemals die dreckige Visage von dem Köter wiedersehe, der dir das Herz herausgerissen hat, dann kann der sich auf was gefasst machen! Ich werde ihn bei lebendigem Leibe in winzig kleine Teile brechen! Dieses feige Nordpack! Halten sich für was Besseres, nur weil sie noch einem Clan angehören! Sie glauben, das gibt ihnen das Recht, uns jederzeit abschlachten zu können! Das macht mich ganz krank! Aber auch ich bin mal Soldat der Ehrengarde gewesen! Die sollen mich bloß nicht unterschätzen, das würden sie bitterlichst bereuen! Stumm steht er da und blickt auf einen der beiden kleinen, weißen Monolithen an der Seite. Ehrwürdiger Hankou-sama, was würdet Ihr heute sagen, wenn Ihr sehen würdet, wie es Euren Nachkommen ergeht; wie wenig sie noch geachtet sind? Würde Euch erneut die Wut packen? Mit Sicherheit! Ihr würdet dieses unwürdige Nordgezücht persönlich in der Luft zerreißen! Ich wünschte inniglichst, dass ich Eurem Andenken einmal Ehre machen kann! In diesem Moment vernimmt Raiuko ein Geräusch über sich und alarmiert schaut er hinauf zu den zerklüffteten Felsen. Irgendetwas, oder irgendjemand stürzt gerade von dort auf ihn hinab. Schon ist Raiuko bereit zum Sprung; auf seine Reflexe ist Verlass. Doch urplötzlich reißt er die Augen auf und im letzten Moment entscheidet er sich doch anders und statt auszuweichen, streckt er nun die Arme aus, um die herabstürzende Gestalt vor einem heftigen und sicherlich schmerzhaften Aufprall zu bewahren. Mit kräftigen Armen fängt er ihren Sturz ab und behutsam lässt er die Person zu Boden sinken. „Kossoridoku!“, ruft er irritiert aus, „Was zum Teufel machst du denn hier?“ Heftig keuchend setzt sich der Streuner aus dem Westreich nun auf. Sein Gesicht ist bleich und seine Augen haben eine etwas wässrige Farbe. Mit etwas Mühe stützt er sich auf seine Arme. „Raiuko!“, meint er schwach, „Also habe ich mich doch nicht getäuscht.“ Fassungslos starrt der zierliche Ostyoukai ihn an: „Wie kommst du denn hierher?“, nun fällt sein Blick auf einen großen, dunklen Fleck an der Seite seines Kimonos, „Ist das Blut? Wer hat dich denn so zugerichtet? Du siehst je echt beschissen aus!“ Der hagere Westyoukai lächelt schwach: „Dreimal darfst du raten! Diese elenden Kita-aitsu haben mich in die Finger bekommen!“ Vorsichtig lüftet er die linke Hälfte seines Kimonos und entblößt eine große, klaffende Wunde die aber bereits aufgehört hat zu bluten. „Sie haben mich ziemlich fertig gemacht, doch dann nahmen sie zum Glück an, dass sie mich erledigt hatten“, schildert Kossoridoku, „Nachdem sie dann abgezogen waren, bin ich leise weggeschlichen. Ich hab euch dann gesucht, aber erst eben hab ich durch reinen Zufall deine Witterung aufgeschnappt. Sind die anderen auch hier? Hat jemand überlebt?“ Raiuko beißt die Zähne zusammen. „Yaeba und Tenmaru sind auch hier, aber die Kita-aitsu... haben Raihone umgebracht!“ Betroffen nickt der Westyoukai: „Das tut mir leid! Und was aus den anderen geworden ist, weißt du nicht?“ Verbissen schüttelt Raiuko den Kopf : „Nein, seit wir im Schlepptau von diesem Hanyou hängen, habe ich keinen von den anderen mehr gesehen?“ „Was für ein Hanyou?“, fragt Kossoridoku verwundert. „Richtig, das kannst du ja nicht wissen!“, meint Raiuko, „Du wirst es nicht glauben, aber gerade in diesem Augenblick wird dem Halbbruder von deinem ehemaligen Fürsten der Prozess gemacht!“ Erstaunt blickt Kossoridoku auf: „Inu Yasha-ouji ist hier? Was hat das denn zu bedeuten?“ Raiuko seufzt. „Das ist eine lange Geschichte! Ich erzähl sie dir nachher. Erstmal sollten wir Yaeba suchen und ihm sagen, dass du auch noch lebst“, mit einem Blick auf die Verletzungen seines Kameraden, „so gerade noch!“ Mit kräftigem Griff zieht der schmächtige Ostyoukai seinen Kameraden auf die Füße. „Ich kann es noch gar nicht fassen, dass du uns ausgerechnet hier gefunden hast. Dir ist schon klar, wo du dich befindest, oder?“ Ahnungslos blickt Kossoridoku ihn an: „Nein, wo denn?“ Raiuko verdreht die Augen: „Ist das zu fassen? Du dringst in die Schlossanlage des Ostfürsten ein und merkst es noch nicht einmal!“ Verblüfft reißt Kossoridoku die Augen auf: „Ist das dein Ernst? Das hier ist der Ostpalast? Das habe ich gar nicht gemerkt, mir war im Grunde alles recht, um meine Verfolger abzuschütteln und darum bin ich einfach so schnell, wie mir noch möglich war, über den nächsten Gipfel geklettert. Dich hab ich dann nur durch Zufall bemerkt.“ Raiuko ist hellhörig geworden. „Was für Verfolger?“ „Na, die Kita-aitsu!“, meint der Westyoukai unverblümt, „In dieser Gegend wimmelt es nur so von ihnen! Offenbar hat Yarinuyuki ihr gesamtes Heer mitgebracht. Sie lagern draußen vor den Felsen.“ Raiuko reißt die Augen auf: „Was?“ „Ja“, meint Kossoridoku, „Jede Menge kleine Grüppchen. Jetzt weiß ich auch, wovon sie gesprochen haben, als ich vorbeigeschlichen bin. Sie haben sich damit gebrüstet, einen von uns erledigt zu haben. Nannten ihn einen winselnden Schwächling!“ Nun schaut der Westyoukai zu seinem Kameraden hinüber und stutzt. Raiuko steht da wie zur Salzsäule erstarrt. Sie Fäuste sind geballt und seine Augen leuchten in einem gefährlichen Violett. Wütend fletscht er die Zähne. „Das haben sie gesagt, ja? Die elenden Bastarde, die meinen Bruder getötet haben, lagern hier in der Nähe des Ostschlosses und wagen es dann noch solche Reden zu schwingen? Die mach ich alle!“ Tödliche Entschlossenheit zeichnet das Gesicht des zierlichen Streuners und noch ehe Kossoridoku reagieren kann, ist der wütende Ostyoukai wie von der Sehne geschossen, losgesprungen und mit nur wenigen Sätzen hat er schon den Gipfel der Felsen erreicht und verschwindet aus seinem Blickfeld. Wortlos schaut Kossoridoku ihm nach. Dann auf einmal wendet er den Kopf. Hinter ihm ist gerade jemand aufgetaucht. „Kossoridoku! Du hier?“ „Yaeba!“, meint der Westyoukai nun, „Ja, ich hab es gerade noch bis hierher geschafft!“ Der Anführer der Streuner wirft einen Blick hinauf zu den Felsen. „War das gerade Raiuko? Ich hab ihn schon die ganze Zeit gesucht. Wo will er denn hin?“ Der Westyoukai zuckt mit den Achseln: „Vermutlich seinen Bruder rächen, jetzt wo die Kita-aitsu direkt hinter den Felsen lagern.“ Zunächst blickt in Yaeba nur ungläubig an, doch dann verfinstert sich seine Miene. „Oh nein, verdammt!“, brummt er, „Dieser Idiot!“ Verständnislos schaut Kossoridoku ihn an: „Gibt es da ein Problem? Wir können doch froh sein, wenn er ein paar von denen mit ins Jenseits nimmt.“ „Halt die Klappe! Du hast keine Ahnung!“, schimpft Yaeba, „Das könnte ein echtes Problem werden. Ich muss ihn sofort zurückholen, ehe er noch alles verdirbt!“ „Worum geht es eigentlich?“, fragt Kossoridoku irritiert. „Keine Zeit jetzt dafür!“, meint Yaeba unwirsch, „Ich muss ihn schnell einholen. Du gehst am besten runter zum Palast! Folge einfach meiner Witterung, dann findest du auch das Quartier wo Tenmaru und die anderen untergebracht sind. Er soll dir alles erklären! Und sag auf keinen Fall ein Wort darüber zu Inu Yasha, bis ich wieder da bin!“ Mit diesen Worten stößt sich der kräftige Streuner ab und kurz darauf ist auch er hinter den Felsen verschwunden. Eine kleine Weile blickt der Streuner aus dem Westen ihm noch hinterher, doch dann wendet er sich ab und mit etwas weniger eleganten Schritten als gewöhnlich folgt er dem gepflasterten Weg hinab zu den Palastgebäuden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)