Sinnlose Versprechen von Pansy ================================================================================ Kapitel 18: - 18 - ------------------ - 18 – Unschlüssig schob er sein Handy zurück in die Hosentasche. Mit einem leicht depressiven Gesichtsausdruck sah er aus einem der Fenster von Hollys Wohnzimmer. „Die Zeitungen zeigen immer noch kein Erbarmen!“, stürmte die Brünette aus der Küche über die Türschwelle und kam kurz vor Jason zum Stehen. „Ich verstehe einfach nicht, weshalb Vanrim ein solch großes Ansehen besitzt“, schüttelte sie mit dem Kopf und zerknüllte halb die Zeitung in ihrer Rechten, als sie ihre Finger zur Faust ballen wollte. „Zwar bist du nicht gerade diplomatisch gewesen, doch ein wenig mehr hätten sie schon auf deine Worte achten können. Da kann selbst ich nichts mehr ausri-“ Plötzlich brach sie ab und schaute Jason entschuldigend an. „Oh, ich… bin besser ruhig.“ Verlegen strich sie sich mit ihrer freien Hand eine Strähne hinters Ohr. „Red’ ruhig weiter. Das lenkt ab, solange ich dir nicht zuhören muss.“ Jason blickte nun wieder aus dem Fenster, nachdem er Holly kurz angesehen hatte, doch sein Blick durchbrach all die Häuserfassaden und Baumkronen. Wie Hollys Stimme rauschte auch die Umgebung an ihm vorbei. Zwei Tage lang nistete er sich bereits bei seiner Freundin gezwungenermaßen ein und hatte seit seinem Rausschmiss nichts mehr von Lance gehört. Selbst hatte er sich bei ihm auch nicht gemeldet, doch was würde der Schwarzhaarige auch erwarten? Dass er auf allen Vieren angekrochen komme und sich bei ihm entschuldige, weil er etwas auf dieser tristen Welt hatte verändern wollen? Da könne Lance warten, bis er alt und grau sein würde. Vielleicht hätte er nicht so stur sein und auf seinen Freund hören sollen. Mittlerweile glaubte er, dass ihm viele Anschuldigungen und Beleidigungen erspart geblieben wären. Der Gang in die Politik hatte genau das parat gehalten, was Lance prophezeit hatte. Nicht überall ging es so korrupt vor, doch er war geradewegs in ein Bienennest getreten. Asht-Zero hatte sich als bestechlicher entpuppt als er anzunehmen gewagt hatte. Es war schon erschreckend, wie stramm die Stadt hinter Vanrim und auch Zundersby stand. Da prallten sogar die berechtigten Vorwürfe, der Schlossherr handele illegal mit Waffen, auf eine Mauer. Abrupte Veränderungen waren noch nie im Interesse der Menschheit gelegen, aber ein wenig mehr Empfänglichkeit für sie hätte man sich schon erhoffen können. Selbst ohne den Fakt, dass Kelvin Sartaren Father Dest gewesen war, hatte Jason nur in seinen Träumen wirklich eine Chance gehabt, Bürgermeister zu werden. Die anfänglichen zwanzig Prozent, die hinter ihm gestanden hatten, waren nur aus dem Affekt heraus entsprungen, dass jemand, der so jung war wie der Blonde, den Mut hatte, sich in den Kreis der Alten zu gesellen. Doch je mehr Tage vergangen waren und sich die Ereignisse überschlagen hatten, desto mehr hat sich die primäre Euphorie in dieselbe Ablehnung verwandelt, die der Rest der Bevölkerung von Anfang an ihm gegenüber gehegt hatte. Nicht alle haben den Glauben an ihn verloren und selbst wenn, es machte keinen großen Unterschied. Falls sie ihn immer noch wählen wollten, würden sie es nicht tun. Die Angst, ihre Wahlentscheidung könne trotz des Grundsatzes der geheimen Wahl publik werden, war zu groß, als dass sie geschlossen hinter Jason stünden. Langsam verfingen sich Jasons Finger in dem Hemd über seiner Brust. Nicht nur die große Blase seines Traumes war geplatzt, er hatte im Prinzip alles verloren. Mit seinem Vater angefangen, der jahrelang die Bürger von Asht-Zero den Atem hat anhalten lassen. Dass Jason davon nichts mitbekommen hatte, bohrte immer noch eine tiefe Wunde in sein Herz. Und doch konnte er seinem Vater nicht verzeihen, dass er ihm nie etwas gesagt hatte. Kein Sterbenswörtchen. Nicht einmal kurz bevor er im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen war. In Frieden, wenn auch in tiefer Trauer, hatte er ihm Lebewohl gesagt. Dabei hatte er sich von einem Menschen verabschiedet, den er, wie er nun wusste, nicht wirklich gekannt hatte. Neben seinem Vater hatte er eine weitere wichtige Person verloren. Seine große Liebe, wenn man sie als solche bezeichnen konnte. Immer wenn er an Lance dachte, begann sein gesamter Körper zu kribbeln. Wie gerne hätte er ihn gespürt. Er vermisste das ziemlich arrogante Auftreten des Schwarzhaarigen und das süffisante Grinsen, wenn jener ihn mit seinen dunkelblauen Augen musterte. Selbst die Kälte, die zwischen ihnen in letzter Zeit vorgeherrscht hatte, fehlte ihm. Diese Härte, mit der sie miteinander umgegangen waren, hatte ihn überaus gereizt und verletzt zugleich. Und doch war sie ein Teil von ihnen geworden. Einer, den Jason nicht einfach wieder hergeben wollte. Ihre Beziehung war vielleicht nicht die normalste auf Erden gewesen, ein wenig überhitzt, und auch ein wenig fanatisch, aber gerade diese Impulsivität hatte sie ausgemacht. Und das unermessliche Verlangen, mit der sie übereinander herfallen konnten. Ungeachtet der jungen Frau, die immer noch dicht bei ihm stand, lehnte er seine Stirn an die kühle Fensterscheibe. Dumpf hörte er, wie sie zu ihm sprach, doch er vernahm den Sinn ihrer Worte nicht. Seine ganze Welt war zusammengebrochen und glich nun einem Scherbenhaufen, den er nicht zu flicken vermochte. Verschwommen nahm er wahr, wie zwei Passanten den gegenüberliegenden Fußweg entlangliefen und allmählich zu kleinen schwarzen Punkten wurden, die irgendwann mit der Ferne eins würden. Er brauchte nicht darüber nachzudenken, was ihm noch geblieben war. Auf nichts als Lügen beruhte sein bisheriges Leben. Selbst Lance, der gerade weiß was tat, und auch Holly hatten ihm die Wahrheit verschwiegen. Beide haben gewusst, wer sein Vater gewesen war. Die Brünette mochte es nie offen zugegeben haben, aber so wie sie Lance vor ein paar Tagen in der Küche angestiert hatte, war dies auch nicht mehr notwendig. Immerhin konnte er noch eins und eins zusammenzählen. Und um seine Zukunft kümmerten sich die Medien mit Bravour. Sogar in den Landesnachrichten war eine kurze Zusammenfassung über seine aufbrausende und beleidigende Art gegeben worden. Eigentlich hätte man verstehen können, wenn Jason sich nicht mehr in der Öffentlichkeit blicken ließe. Doch wider aller Ausredversuche seitens Hollys war er am Vortag und auch heute arbeiten gewesen. Es war nicht großartig erwähnenswert, dass ständig vielsagende Blicke auf ihm geruht hatten und er von seinen Kollegen so weit wie es ging gemieden worden war. Eine kurze Unterredung mit seinem Chef hatte die brodelnde Atmosphäre in der Firma auch nicht gebessert. Vielmehr war er dazu genötigt worden, sich so unauffällig wie möglich zu benehmen. Ob dieser Forderung spürte er noch immer ein gemeines Ziehen in der Brust. An sich war seine Situation schon so absurd, dass man für sie nur ein kümmerliches Lächeln übrig hätte. Doch selbst dieses konnte er nicht auf seine Lippen zaubern. Eine warme Hand, die zärtlich über seine Wange fuhr, riss ihn für einen Moment aus seinen Gedanken. Durch die spiegelnde Fensterscheibe erhaschte er noch einen letzten Blick auf Holly, die sich Schritt für Schritt von ihm entfernte. Das leise Knarren der Tür deutete ihm an, dass sie sich in die Küche zurückzog, um ihn allein zu lassen. Das war wahrlich eine nette Geste von ihr und an sich wollte er niemanden um sich haben, doch irgendwie kam er sich jetzt noch einsamer vor. Aber selbst wenn sie weiterhin neben ihm gestanden und ihm vermutlich beruhigende Worte zugeflüstert hätte, hätte er sie nicht beachtet. Es war nur verständlich, dass sie das Weite suchte. Ein unhörbares Seufzen entwich seiner Kehle und sein warmer Atem beschlug für den Hauch eines Momentes die Scheibe vor seinem Gesicht. Er bemühte sich angestrengt, sich doch ein Lächeln abzuringen, um eine Gefühlsregung neben der elenden Melancholie zu spüren, aber jeder Versuch, den er unternahm, scheiterte kläglich. Es war nichts zu machen. Er schaffte es einfach nicht, sein Leben zu belächeln. Denn nichts anderes würde diese Regung ausdrücken. Dichte Wolken zogen am Firmament entlang und machten den Anschein, sich bald mit lautem Grollen entladen zu wollen. Die ersten Tropfen fielen bereits gen Erde und tauchten das Bild, das Jason vor Augen hatte, in ein Netz aus seidenen Fäden, die sich immer mal wieder dicht zusammenzogen. Es wurde zunehmend dunkler und bunte Regenschirme tanzten vermehrt auf den Straßen. Unaufhaltsam vereinigten sich die schweren Gewitterwolken und erhellten die Stadt alsbald mit ihrem grandiosen Schauspiel, das ihnen schon vor dem Zeitalter der Menschheit zu eigen war. Obwohl sich das Klima veränderte, hat es Blitz und Donner schon vor Millionen von Jahren gegeben. Die Natur ließ sich nicht so einfach in die Reserve locken, sondern bewies immer von neuem ihre unheimliche Stärke. In Anbetracht der Gewalt, die sich direkt vor ihm abspielte, fühlte sich Jason noch gedemütigter. Ohnehin schon gebeutelt aufgrund jüngster Ereignisse kam er sich so unbedeutend vor. Die Natur mochte durch ihr Tosen die Welt wandeln können. Flutwellen, Überschwemmungen, Sturmschäden. Aber er? Er war nicht einmal fähig, eine Stadt zu verändern. Als er seinen Blick von der Ferne auf die Scheibe vor ihm fokussierte, sah er ein Lächeln, das fast schon geisterhaft war. Fest kniff er seine Augen zusammen und legte beide Handflächen auf das Glas. War das ein Anfang? „Von was?“, hauchte er. Es dauerte noch eine ganze Weile, ehe er sich von seinem Platz löste. Mit bedächtigen Schritten steuerte er auf die Küchentür zu, vor der er kurz stehen blieb und nur langsam eine Hand auf die Klinke legte. Ehe er sich wieder ans Fenster stellen und schwermütig hinausblicken konnte, öffnete er die Tür und trat in den hell erleuchteten Raum. Zunächst fühlte er sich geblendet ob des Halogenlichts, doch seine Augen gewöhnten sich recht schnell an das plötzliche Licht, das bis eben nur durch die gelegentlichen Blitze an sie gedrungen war. „Setz dich“, forderte Holly ihn leise auf und wies auf einen der beiden Stühle, die in der Küche vorzufinden waren. Sie machte einen ruhigen und entspannten Eindruck. An ihrer Mimik konnte er keinerlei Abneigung gegen ihn lesen. Im Grunde hatte er von ihr auch nichts anderes erwartet. Seitdem er sich ihr aufgedrängt hatte, hatte sie sich unglaublich viel Mühe gegeben, ihm nicht dumm zu kommen. Es war schon erstaunlich, wie fürsorglich ein Mensch sein konnte. Jason hatte nie in den Genuss kommen dürfen, eine Mutter zu haben, die sich aufrichtig um ihn kümmerte. Und nun erlebte er leibhaftig mit, wie viel Wärme von Frauen ausgehen konnte. Und wie viel Liebe. Gedankenverloren musterte er Hollys Gesicht. Ihre grau-grünen Augen funkelten matt in ihren Höhlen. Wallendes braunes Haar umrahmte heute die weichen Konturen von Kinn und Wangen. Er konnte nicht genau sagen, warum er nie etwas für das weibliche Geschlecht übrig hatte, wo es doch so eine Sanftmut innehatte, die die reinste Ruhe auszustrahlen vermochte. Unwissentlich stützte er einen Ellbogen auf der hohen Tischplatte vor ihm ab und bettete seinen Kopf auf seine flache Hand. „Möchtest du einen Kaffee? Oder einen Tee?“, sah sie ihn fragend an. Ihre Stirn legte sich in kleine Falten, als sie sich nach vorne beugte und versuchte, ihm in die Augen zu sehen. Bisweilen waren seine Augen zwar auf sie gerichtet gewesen, doch er hatte sie nicht wirklich angesehen. Nun blickte sie in recht lebloses Braun und musste sich beherrschen, nicht laut aufzuseufzen. „Möchtest du?“, wiederholte sie leise, doch erntete nichts als ein kaum wahrnehmbares Kopfschütteln. Jason wollte nichts als einfach dazusitzen und sich zu fragen, warum er von Beginn an nur Interesse an Männern gezeigt hatte. Warum er immer diesen Wunsch in sich gespürt hatte, etwas in Gang setzen zu wollen. Weshalb er sich nicht aus der Politik zurückgezogen hatte, als er seine erste Niederlage erlitten hatte und sein Sieg ohnehin von Beginn an begraben worden war. Warum hatte er an etwas geglaubt, das so utopisch war? Unbemerkt sackte er in sich zusammen. Nicht einmal seine stramme Haltung hatte er sich bewahrt. Sacht schmiegten sich mit einem Mal zwei Arme um seine Brust und drückten ihn vorsichtig an einen warmen Körper, der ihm irgendwie fremd war. Sein Kopf wurde auf Hollys leicht bebenden Busen gedrückt und er schloss währenddessen seine Lider. „Ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann“, drang ihre vertraute Stimme an seine Ohren. Rhythmisch war der Herzschlag in der Brust, an die er gepresst wurde. Immer wieder hob und senkte sie sich in einem Takt, der ihm sehr genehm war. Und doch… fühlte er sich nicht wirklich wohl dabei. Je länger er so verweilte, desto schmerzlicher waren die Bilder, die sich vor seinem geistigen Auge auftaten. Alsbald sah er direkt in Lance’ dunkelblaue Iriden, die ihn boshaft anblitzten. Wenn der Schwarzhaarige ihn hier so erblicken würde… Abrupt befreite er sich aus Hollys verzweifelter Umklammerung und stand auf. Er warf ihr einen verzagten Blick zu, ehe er sich wortlos wieder aus der Küche entfernte. Fahrig fuhr er sich durchs Haar und ließ sich im Wohnzimmer auf das Sofa fallen. Bisher war er nie mit solch weiblicher Nähe konfrontiert worden und er fühlte sich ob seines Zustandes schon beinahe überfordert damit, egal wie lächerlich das für einen erwachsenen Mann klingen mochte. Er kannte es einfach nicht, von Frauen derart vertraut berührt zu werden. Und so angenehm es auch sein mochte, so war es ihm auch zuwider. Zumal es bewirkt hatte, dass er seinen Freund nun noch mehr vermisste. Er hätte nicht gedacht, dass er sich einen Menschen je so herbeisehnen konnte, aber jede Minute, die verstrich, spielte mit seiner Seele,… malträtierte sein Herz. Am Morgen auf der Arbeit hatte er noch den gefassten, durch nichts erschütterbaren jungen Mann gemimt, doch jetzt schlug die Welle der Finsternis endgültig über ihn herein. „Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe.“ So leise wie Holly gesprochen hatte, schritt sie nun auf ihn zu. Langsam ließ sie sich auf dem Couchtisch nieder und visierte die Wand oberhalb des Sofas an. „Du siehst so verletzlich aus, dass ich mich für dich verantwortlich fühle… Jason, ich… Es war nur eine Geste, um dir zu zeigen, dass ich für dich da bin.“ Der Blonde drehte sich auf die Seite und sah sie bekümmert an. „Ich…“ Seine Stimme brach ab und er räusperte sich gedämpft. „Ich sollte aufhören, mich selbst zu bemitleiden. Aber… ich vermag es gerade nicht.“ Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Manchmal müssen wir eben ein wenig trauern, damit wir danach wieder stark sein können.“ „Dabei…“ „… bist du nicht der Typ dafür“, ergänzte sie offenherzig. „Na und?“, zuckte sie mit den Schultern. „Jeder hat das Recht, sich mal ein wenig gehen zu lassen.“ Erneut blickte Jason tranceartig auf Lance, der ihm mit einem spöttischen Funkeln in den Augen den Rücken zuwandte und davon schritt. Obgleich jeder Gedanke an den Schwarzhaarigen weh tat, verstand er, weshalb er zwei Tage zuvor vor die Tür gesetzt worden war. Er hatte es regelrecht herausgefordert, rausgeschmissen zu werden. Die ganze Zeit über hatte er gewusst, dass das keine leere Drohung sein würde, und doch hatte er Lance immer wieder die Stirn geboten und ihn aufs Äußerste gereizt. Keinen Gedanken hatte er daran verschwendet, der seltsam fordernden Bitte seitens Lance’ nachzukommen und die Politik Politik sein zu lassen. Er hatte den Grund für Lance’ Verhalten nie wirklich tiefgründig hinterfragt. Hatte sein Freund nicht gewollt, dass er von dem zweiten Gesicht seines Vaters erfuhr? Aber woher hatte es Lance gewusst? Plötzlich zog sich Jasons Herz ganz fies zusammen. Gehörte Lance etwa der FA an? Waren sie sich gar nicht zufällig damals in dem Club begegnet? War sogar das ein abgekartetes Spiel gewesen? „Jason?“, richtete Holly seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Weißt du mehr über Father’s Addendum?“, brach seine Frage an den Wänden, die in ihrem Widerhall zu dröhnen schien. Verdutzt weiteten sich ihre Augen und etwas verunsichert schüttelte sie ihr Haupt. „Nicht wirklich. Nur die Tatsache, dass es diese Anhänger gegeben hat und wohl noch immer gibt, wie die zwei Männer beweisen, denen du begegnet bist. Aber…“ „Aber?“, hakte er forsch nach. Er richtete sich ein wenig auf und strich sich übers Gesicht, um sich der Schwere, die auch seine Augen nicht verschont hatte, zu entledigen. „Ich glaube, dass sie sich selten auf offener Straße als die FA outen. Deine öffentliche Präsenz muss sie erneut zusammengetrommelt haben. Mit dem Tod deines Vaters sind auch sie mehr oder minder im Untergrund verschwunden, sahen das Vorhaben von Kelvin als… ja, als erledigt an.“ „Und nun meinen sie, ich führe sein Werk fort und haben sich mir deshalb gezeigt?“ Das war alles so surreal. Er plötzlich im Mittelpunkt einer Anhängerschaft, die ihm bis dato unbekannt gewesen war. Aber selbst wenn, welchen Platz nahm Lance darin ein? „Zumindest würde das Sinn ergeben. Findest du nicht?“ Es nicht besser wissend hob sie die Hände und deutete ihm an, dass sie dieses Mal tatsächlich nicht mehr wusste als er. Jason legte sich wieder zurück und dachte nach. Irgendwie passte Lance weder in die Rolle des treuen Verfechters seines Vaters noch auf den konträren Posten des eiskalten Verräters, der mit Tyrone gemeinsame Sache machte. „Und Lance?“, hauchte er in die vom Gewitter abgekühlte Luft des Zimmers. Er hörte, wie Holly die Beine übereinanderschlug. „Lance ist ein Idiot, weil er dich einfach vor die Tür gesetzt hat.“ „Und ich mich dadurch dir aufgedrängt habe… Aber das meine ich nicht. Wie ist er in diese verfahrene Situation involviert?“ „Ich verstehe dich nicht.“ Sollte Holly wirklich ebenso ahnungslos wie er selbst sein? „Gehört er zur FA oder steht er hinter Zundersby?“ Er konnte das Thema einfach nicht ruhen lassen und suchte Hollys Blick auf, den er dann streng erwiderte. „Von der Seite habe ich das noch nie betrachtet…“, strich sie sich übers Kinn. Auf der Unterlippe kauend setzte sich Jason auf und überzeugte sich davon, dass Holly wirklich keinen blassen Schimmer davon hatte, was Lance dazu bewogen hatte, ihn von Beginn an zu torpedieren. Da sie weder nervös noch hibbelig wirkte, glaubte er ihr. „Dann muss ich ihn selbst fragen“, meinte er bestimmt. Entschlossen verlagerte er sein Gewicht auf seine Füße und blickte gen Fenster. Es regnete noch immer in Strömen und ein Blitz tauchte den Himmel ab und an in ein grelles Licht. „Jetzt?“, entwich es überrascht Hollys Mund. „Vielleicht ist mein Zustand momentan nicht gerade der beste, aber ich kann das nicht auf die lange Bank schieben.“ Immerhin brauchte er die Wahrheit, um mit diesem Kapitel seines Lebens abschließen zu können. Entschlossen griff er sich seine Jacke, die an einem Haken neben der Tür hing, und wandte sich ein noch mal seiner Freundin zu. „Rechne heute Nacht nicht mit mir.“ Mit diesen Worten ging er und achtete nicht mehr auf das, was die Brünette ihm noch mitteilen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)