Let us walk to Paradise von Lost_Time ================================================================================ Kapitel 5: „Der Kuss im Traume“ ------------------------------- 5. Kapitel: „Der Kuss im Traume“ Der Kapiteltitel ist von dem Gedicht von Karoline von Günderode und wurde 1802 geschrieben. Ich hoffe ihr versteht an einigen Stellen was gemeint ist, da ich nicht wusste, wie ich es besser ausdrücken hätte können. Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel. ~Es hat ein Kuss mir Leben eingehaucht, Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten. Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten, Dass neue Wonne meine Lippe saugt. In Träume war solch Leben eingetaucht, Drum leb ich, ewig Träume zu betrachten, Kann aller andern Freuden Glanz verachten, Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.~ Der Weg schien endlos, den er und die Soldaten gingen. Wo sie ihn hinbrachten? Er wusste es nicht und traute sich auch nicht es zu erfragen. Eigentlich war es ihm sogar egal, denn er hatte eh nichts mehr zu verlieren. Ein flüchtiger Blick nach oben auf ein Schild sagte ihm, dass sie nur noch ein paar Kilometer von Bordeaux, einer relativ großen Stadt, entfernt waren. Er seufzte leise und folgte den Soldaten. Doch diese hielten kurze Zeit später an um etwas zu trinken, denn die Sonne schien mit voller Wucht auf den Planet und es war unerträglich heiß. Phillipp ließ sich ins Gras sinken und starrte den Boden an, als ob dieser ihm zeigen könnte, wie es Fabian jetzt erging. Ein Soldat kam auf ihn zu und kniete sich runter zu ihm. „Hier Junge, trink etwas das wird dir gut tun.“, sagte dieser und reichte ihm sein Wasser Behältnis. Der Braunhaarige starrte auf dieses, drehte dann aber den Kopf zur Seite. Der Soldat schien Vater zu sein, dachte Phillipp, denn er ließ nicht locker. „Du musst was trinken, Kleiner, sonst überlebst du den Marsch nicht.“, versuchte er es noch mal im Guten. `Mir doch egal ob ich sterbe.... es hat doch eh alles keinen Sinn mehr.´, dachte Phillipp. Dann verlor der Soldat die Geduld und rief einen seiner Kameraden zu sich. Dieser hielt Phillipp die freien Hände fest, da dieser schlimmes erwartete und sich begann zu wehren, während der andere Soldat ihn zum Trinken zwang. Etwas widerwillig schluckte der Braunhaarige das kühle Wasser hinunter. Erst als der Behälter leer war, ließen die Beiden ihn los. Schwer nach Luft ringend, beugte sich Phillipp über den Boden und wischte sich mit seinem Ärmel über die Lippen. „So ein naiver Junge.“ Hörte er den Soldaten sagen, während dieser zum nächsten Bach ging um seinen Wasservorrat wieder aufzustocken. Warum zwangen sie ihn zum Leben? Tat er ihnen mit seiner Todessehnsucht keinen Gefallen? Nach ein paar Minuten der Erholung standen die Soldaten auf, auch Phillipp rappelte sich langsam wieder auf und folgte ihnen weiter. Wieder gingen sie Stunden lang nur auf den einen Weg, weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Eigentlich hätte Phillipp flüchten können, denn er war weder gefesselt, noch wurde er von den Soldaten festgehalten, da er brav mit ging. Aber er sah keinen Sinn in einer Flucht, selbst wenn ihn die Soldaten nicht mehr kriegen würden, was sollte er tun? Zu Fabian? Doch wo musste er da lang laufen? Er hatte die ganze Zeit nicht auf den Weg geachtet. So ging er weiter zu dieser Stadt, in der seine Zukunft besiegelt werden sollte. Endlich sah Phillipp die ersten Häuser und bald darauf auch eine bepflasterte Straße. Lustlos, aber dennoch etwas neugierig schaute er sich, die jetzt immer größer werdenden Häuser an. Dann bogen sie in eine andere Straße ein und kurz darauf baute sich ein riesiges Haus vor ihm auf. Am Tor standen zwei Wachleute, jetzt kamen die Soldaten von Phillipp dichter zu ihm und hielten ihn zwar sanft, aber dennoch spürbar am Arm fest. Der Leutnant stellte sich kurz den beiden Wachmännern vor. „Leutnant Nalon von Arcachon, übergibt Ihnen einen jungen Entführer. Aufgrund ihrer Möglichkeiten des Strafvollzugs hier in Bordeaux übergeben wir ihn Ihnen zur Strafvollstreckung.“ Der Leutnant knallte die Hacken zusammen und nahm Haltung an, währenddessen wurde Phillipp durch seine zwei Soldaten vor gebracht und den Wachmännern übergeben. Dann nahmen alle Soldaten nochmals Haltung an und verabschiedeten sich somit. Von den Wachmännern wurde Phillipp grober gepackt, obwohl er auch so brav mitgegangen wäre. Sie sperrten ihn zu erst in eine Zelle ohne Fenster. Nur etwas Stroh lag dort, in das sich der Braunhaarige sofort hinein kuschelte um zu vergessen. Eine ganze Weile geschah nichts, alles war still, ab und zu piepste eine kleine Maus auf oder rannte über die kalten, harten Steine. Dann wurde knarrend eine Tür aufgestoßen und Phillipp richtet sich langsam und etwas müde auf. Zwei Soldaten, diesmal allerdings in einer anderen Kleiderfarbe, als die aus Arcachon, und eine art Richter standen vor seiner Zellentür. „Name?“, fragte der Richter ähnliche Mann mit kalter Stimme. „Phillipp.“, sagte der Braunhaarige leise und sah betretend zu Boden. „Weiter?“ „Ich habe keine Nachnamen.“ „Hm.“, murrte der Mann etwas ärgerlich und strich etwas auf seinen Papier durch. Der Braunhaarige seufzte kaum hörbar für die Anderen. Jetzt war es also soweit, jetzt bekam er die Strafe für seine Hilfe. Ob er sie überleben würde? „Phillipp, Ihnen wird zur Last gelegt, einen Jungen entführt zu haben und dessen Vater der Misshandlung beschuldigt zu haben, obwohl dies in keinen Punkt ersichtlich war. Gestehen Sie diese Taten?“, fragte er kalt und schaute auf ihn herab. „Ja.“, sagte Phillipp deutlich und ohne zu zögern. „Gut.“, grinste der Höhergestellte freudig, „Zur Strafe, der eben aufgezählten Taten, werden Ihnen hundert Peitschenhiebe gegeben, allerdings ohne freien Rücken.“ Phillipp stockte der Atem. Hundert Peitschenhiebe? Das würde er unmöglich überleben. Doch eine kleine Überlebenschance hatte er, die Peitschenhiebe würden nicht von Anfang an auf den nackten Rücken treffen. „Die Strafe wird auf der Stelle vollzogen.“, sagte der Mann und der schadenfrohe Unterton war deutlich aus seiner Stimme zu hören. Die zwei Soldaten schlossen die Zellentür auf und packten Phillipp am Arm, dann wurde er in einen Strafvollstreckungsraum gebracht, der mehr Ähnlichkeit mit einer Folterkammer hatte. Er war nicht der Einzige hier, viele erwachsene Männer und Frauen waren ebenfalls grade dabei ihre Strafe zu erhalten. Ihre Peiniger und auch sie hielten inne, als Phillipp, ein 14-jähriger Junge, den Raum betrat und sich auf seine Strafe vorbereitete. In einigen Frauengesichtern sah er blankes Entsetzen und viel Mitleid mit ihm. Dann holte einer der Soldaten eine Peitsche hervor und schlug damit auf den Rücken des Braunhaarigen. Ein grauenvoller Schmerz durchzuckte den Körper des Jungen. Ein kurzer Aufschrei befreite sich aus der Kehle des Braunhaarigen, doch dann fasste er sich wieder. „1...“, zählte Phillipp die Peitschenhiebe mit, wie es Gesetz war. Nach 1 ½ Stunden hatte es Phillipp endlich überstanden und wurde von den Männern wieder aus dem Raum heraus gebracht. Es war schon spät geworden und draußen war die Dunkelheit der Nacht über die Stadt gekommen, aber er hatte ihren Respekt, den Respekt von allen hatte er bekommen. Auch wenn es keiner sagte oder zeigte. Phillipp sah es ihnen an. Während einige Erwachsene in diesem Raum, vor Schmerzen ohnmächtig geworden waren und mit kalten Wasser wieder aufgeweckt wurden und dann von vorne anfangen mussten zu zählen, hatte er alle hundert Schläge ohne Ohnmacht ertragen. Schwer nach Luft ringend und am ganzen Rücken blutend, wurde er in das kalte Verließ gebracht. Gnadenlos wurde in eine Zelle hinein geworfen und prallte mit den Kopf gegen die harte Steinwand. In diesem Moment wurde um Phillipp alles schwarz und er kämpfte stark gegen die Bewusstlosigkeit an, dann sah er Fabian vor sich. Der Braunhaarige erkannte jetzt den Grund, warum er all dies hatte ertragen können, es war die Liebe zu dem Kleinen gewesen, die ihm die Kraft dazu gegeben hatte. Doch dann wurde es erneut alles schwarz um ihn und Fabian verschwand aus seinen Gedanken, tief sank er in die mächtige, ihn ergreifende Bewusstlosigkeit. Während Phillipp bewusstlos in der Kerkerecke lag, kam eine Gestalt aus dem Schatten der anderen Seite von der Zelle hervor und beugte sich über ihn. ~Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen, Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen Und mich verzehren seiner Sonnen Gluten. Drum birg dich Aug’ dem Glanze ird’ scher Sonnen! Hüll dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen Und heilt den Schmerz, wie Lethes* kühle Fluten.~ *Lethe: Fluss der Unterwelt im griech. Mythos, woraus die Seelen Vergessen trinken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)