Die letzten Jahre von Rejah ================================================================================ Kapitel 7: Entdeckung --------------------- So ... -^.^- Ich hoffe, ihr habt alle auf dieses Kapitel gewartet! Obwohl ... alle? ^^° Na ja, so viele lesen diese FF ja nicht (obwohl mir die Favoritenliste was anderes sagt). Ich weiß nicht, ob ihr es schon mitbekommen habt, aber ich habe aus Versehen vergessen, ein Kapitel hochzuladen. Wäre also schön, wenn ihr das noch lesen würdet, denn es klärt sicher einige Fragen ... Jedenfalls wünsche ich euch viel Spaß bei: Kapitel VI : Entdeckung “Harry?” In der Tür stand niemand anderes als Remus Lupin, welcher ihn mit vor Schock geweiteten Augen anstarrte. ‘Hallo, Professor Lupin.’ wollte er antworten, konnte jedoch nicht, da sein ehemaliger Lehrer nur eine Schrecksekunde später vortrat und ihn in die Arme zog. “Merlin, Harry, wir dachten schon, du wärst tot!” Und irgendwie war er das ja auch, dachte Alexis ironischerweise, denn Harry Potter gab es nicht mehr. Nicht wirklich. “Pro … Professor Lupin … Sie erdrücken mich …” röchelte er und sofort ließ Lupin ihn los, hatte seine Hände aber immer noch auf seinen Schultern liegen. Er hielt ihn von sich und musterte ihn kurz. “Irgendwas ist anders an dir.” stellte er fest und zog die Augenbrauen zusammen. Für einige erschreckende Momente glaubte Alexis aufgeflogen zu sein, glaubte, dass Lupin ihn erkannt haben könnte. Doch woher? Er sah aus wie immer. “Komm rein.” sagte er schließlich und trat beiseite, damit Harry ihm folgen konnte. “Ich werde die anderen holen.” “Nicht nötig!” meinte Alexis etwas lauter als beabsichtigt. Er schaute zur Seite. “I-Ich meine, ich … möchte mich erst ein wenig ausruhen.” log er rasch und klopfte sich innerlich auf die Schulter. Wenn er so tun würde, als würde er schlafen, wäre er alleine und konnte mit ein bisschen Glück das Haus nach John durchsuchen. “Aber Harry …” Lupin schien enttäuscht zu sein. “Nur kurz, damit das warten endlich ein Ende hat, ich bitte dich! Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben!” Sauer wischte Alexis die Hand weg, die immer noch auf seiner Schulter ruhte. “Ich sagte, ich möchte mich ausruhen!” Alexis’ Stimme hatte einen aggressiven Unterton angenommen, welcher den Werwolf zurückschrecken ließ. “Remus? Wer war da an der Tür?” Alexis ließ geknickt den Kopf hängen, als er die ihm wohlbekannte Frauenstimme hörte. Knirschend ging eine junge Frau die morsche Treppe hinunter, die in die oberen Stockwerke des alten Gebäudes führte und stockte, als sie ihn erkannte. “Hi Tonks.” begrüßte Harry sie tonlos. “H-Harry?” fragte auch sie, ehe sie mit einem weitem Sprung über die letzten zwei Stufen hüpfte und ihn in eine Umarmung zog. “Oh, Harry, wir dachten, du wärst tot!” Alexis konnte sich nur mit Mühe ein Augenrollen verkneifen. “Ich weiß.” meinte er stattdessen und löste sich etwas zu heftig von ihr, worauf sie ihn mit einem verwirrten Blick versah. “Ähm … hört mal, ich will mich jetzt wirklich ausruhen …” sagte er, um die Situation zu überspielen. Im Moment war es ihm egal, dass er Lupin versehentlich mit geduzt hatte. Dieser seufzte vernehmlich, dann nahm er ihn am Arm. “Okay, Harry, ich bring dich in eines der Gästezimmer.” sagte er, als würde er sich nicht gut genug in diesem Haus auskennen. Dennoch ließ er sich widerstandslos durch die Gänge führen, damit er so bald wie möglich auch wieder allein gelassen wurde. Im zweiten Stock hielten sie schließlich an einer altmodischen Tür an, die Lupin ohne viel Federlesens öffnete. “Es ist leider noch ein wenig staubig hier … Aber besser als die anderen Zimmer.” entschuldigte er sich für die offensichtliche Unordnung im Raum dahinter. “Da haben wir im Moment eine wahre Spinnenplage.” Alexis nickte nur stumm, trat durch die Tür und ließ sich auf das Bett fallen, das in einer der Ecken unter einem Fenster stand. “Soll ich dich allein lassen?” hakte Lupin nach und wieder neigte er seinen Kopf ein wenig, als Zeichen seines Einverständnisses. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klacken hinter dem Werwolf, dann war er allein. Seufzend betrachtete er das verblichene Karomuster der Bettdecke, die etwas zerknüllt dalag. Er überlegte, wie er die Angelegenheit am Besten anpackte. Ursprünglich hatte er vorgehabt, mit dem Tarnumhang ins Haus zu schleichen und auf diese Weise unbemerkt nach John zu suchen und ihn so mitzunehmen. Dieser Plan war jetzt, wo man ihn offiziell hier aufgenommen hatte, wohl oder übel ins Wasser gefallen. Natürlich könnte er auch jetzt unter seinen Umhang schlüpfen, doch die Gefahr, dass Lupin oder jemand anderes zwischenzeitlich nach ihm sehen wollen könnte, war zu groß. Minimal, ja, aber dennoch groß genug. Er beschloss, dass es das Beste war, wenn er eine oder vielleicht auch zwei Stunden abwartete, so tat, als ob er schliefe - ein wenig dösen konnte ja auch nicht schaden, nach all der anstrengenden Zeit, die er hinter sich hatte - und schließlich, wenn alle Einwohner des Grimmauldplatz Nummer zwölf friedlich in ihren Betten lagen und vor sich hinträumten, konnte er sich auf die Suche nach John machen. Also machte er es sich auf dem Bett bequem, verschränkte die Arme unter seinem Kopf und schloss die Augen. Und wie es das Schicksal nun mal wollte, dauerte er nicht lange, da schlief er ein. ~~~~~*~~~~~ Es klopfte laut und vernehmlich. Alexis wälzte sich müde in seinem Bett herum. “Ich komm ja gleich …” murmelte er verschlafen. Das Klopfen hörte auf, dann erklang das hässliche Geräusch einer Tür, wenn sie lange Zeit weder bewegt noch geölt worden war. “Aufstehen!” wurde er aufgefordert, doch er dachte nicht im Traum daran, Folge zu leisten. Immerhin hatte er schon seit Monaten nicht mehr so gut geschlafen, und dieses Erlebnis wollte er so schnell nicht beenden. “Lass mich … Ja … kob …” “Komm schon, Harry, alle warten auf dich!” Mit einem Ruck fuhr Alexis hoch, verhedderte sich dabei in der Decke, in welche er irgendwann in der Nacht wohl den Weg gefunden haben musste und fiel aus dem Bett. “Hey, ganz langsam!” lachte eine Stimme, dann öffnete er endlich die Augen. Derjenige, der ihn geweckt hatte, war niemand anderes als Lupin. Dieser stand im Moment vor ihm und blickte belustigt auf ihn hinunter. Dann huschte kurz ein Schatten über das Gesicht des Mannes. “Sag, wo ist deine Brille, Harry?” fragte er. Alexis schluckte. Seine Brille? Wenn er sich recht erinnerte, hatte er sie wohl in der Kneipe, die er zu Anfang aufgesucht hatte, liegen gelassen, immerhin hatte er sie nicht mehr gebraucht. “Ähm … ich … hab sie verloren.” antwortete er lahm. Remus nickte verstehend. “Wir werden dir eine neue besorgen.” bestimmte er. Alexis hielt es nicht für nötig, darauf zu antworten. Zu diesem Kauf würde es sowieso nie kommen, da er so bald wie möglich wieder von hier verschwinden wollte. Es war schon schlimm genug, dass er offensichtlich eingeschlafen und die ganze Nacht nicht mehr aufgewacht war, denn draußen schien bereits die helle Wintersonne und blendete und schmerzte ihn, wenn er zu lange nach draußen sah. Sich bewusst werdend, dass er immer noch auf dem Boden lag, löste er sich von seiner Bettdecke, stand auf und streckte sich in alle Richtungen, ehe er langsam auf das Fenster zuschritt. Ein Blick durch die schmutzige Glasscheibe bestätigte ihm seine Vermutung: Es hatte geschneit. Der Grimmauldplatz war bedeckt von einer flockigen weißen Schicht, die sich auch sanft auf den Dächern der umliegenden Häuser niedergelegt hatte. Der Schnee wies schon einige Fußstapfen auf. Alexis schaute auf die Uhr. Kein Wunder, es war nach zehn Uhr und sicherlich waren die Bewohner der Straße schon längst aufgestanden und hatten sich auf den Weg zu ihrer Arbeit gemacht. Trotzdem war das Bild, dass sich ihm so strahlend bot, wunderschön. Eine warme Hand legte sich auf seine Schulter. “Kommst du, Harry?” fragte Lupin leise, aber bestimmend. Alexis nickte und wandte sich um, strich sich dann notdürftig seine Hose und das Hemd glatt, denn er hatte natürlich in seinen Kleidern geschlafen, die im Übrigen schon etwas angegriffen waren, dass sie beinahe den Eindruck erwecken konnten, er wollte mit Lupin in Konkurrenz stehen oder sich einige zusätzliche Sympathiepunkte abholen. Gemeinsam gingen sie wieder die zwei Treppen hinunter. Kurz vor der Küche verspannte Alexis sich ein wenig; auch wenn er es nie zugegeben hätte, innerlich grauste ihm davor, den anderen - wer auch immer da war - zu begegnen. Dann riss er sich jedoch zusammen und betrat, direkt hinter Lupin, den kleinen Raum, der sich Küche nannte. In dem kleinen, für Alexis’ Geschmack etwas zu hellem Raum saßen drei Personen: Moody, der gerade sein Auge an der Spüle putzte, Tonks, die damit beschäftigt war, ihren Haaren eine besonders schrille Farbe zu geben und Kingsley, der im Tagespropheten vertieft war. Als sie eintraten, ruhten plötzlich alle Blicke auf ihnen, besonders auf Alexis. “Harry” Kingsley war der erste, der die Stille durchbrach. “Wie geht es dir?”, fragte er neutral. Alexis wollte am liebsten gleichzeitig lachen und weinen. Wie oft wollte man ihn das noch fragen? “Ganz gut.” antwortete er abweisend, dann ließ er sich neben dem dunkelhäutigen Auror nieder. Wegkommen war wohl erst mal nicht. Es war wohl besser, wenn er wieder einmal bis zum Abend wartete, ehe er sich auf die Suche nach John machte. Moody, der sich endlich vollends umgedreht hatte und gerade sein magisches Auge mit einem flutschenden Geräusch zurück an seinen Platz brachte, besah ihn mit einem argwöhnischen Blick, den Alexis nicht deuten konnte. “Wo warst du die ganze Zeit, Junge?” fragte er unwirsch. Er musste die Antwort wissen, so viel war Alexis klar, immerhin hatten ihn Tonks und Kingsley in der Nockturngasse gesehen. Sicherlich hatten sie es im Orden erzählt. Aber vielleicht konnten sie sich auch einfach nicht vorstellen, dass er, Harry, mehrere Monate in dem schwarzmagischsten Viertel von ganz London, wenn nicht sogar von ganz Großbritannien, zugebracht hatte. Wieder einmal stellte er fest, wie wenig man ihm zutraute. “Harry?” Lupin legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihn besorgt an. Alexis verzweifelte zusehends. Er hatte diese Situation einfach gar nicht eingeplant. “Ich … Ich … ähm … weiß nicht.” stotterte er zusammen. Seine Augen huschten nervös durch die Küche. Moody und Lupin runzelten gleichzeitig verwirrt die Stirn. “Du weißt es nicht?” vergewisserte sich Letzterer noch einmal, der Druck auf seiner Schulter verstärkte sich. “J-Ja …” wimmerte Alexis; er hatte seine Chance ergriffen. “I-Ich war … auf einmal hier und … ich … weiß auch nicht …” Er senkte den Kopf, denn er hatte Angst rot zu werden oder sonst irgendein Anzeichen zu senden, dass er log. “Wie lange war ich weg?” fragte er, um seine Geschichte noch zu bestärken. “Zweieinhalb Monate. Wir haben den neunten Dezember.” antwortete Lupin sanft. Er schien es ihm wirklich abzukaufen. Ängstlich blinzelte Alexis nach oben, er ahnte schon, dass Moody sich nicht so leicht belügen ließ. Er sollte Recht behalten, denn der Ex-Auror sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an; sein magisches Auge rotierte schnell durch seine Höhle. “Du weißt schon, dass man einen Gedächtnisverlust überprüfen kann?” fragte er. Alexis lief es eisig den Rücken hinunter. “Na … türlich” antwortete er lahm. “Natürlich weiß ich das.” Moody sah ihn noch einen Moment lang an, dann wandte er sich ab und verließ die Küche mit den Worten ‘Hab noch was zu erledigen’, ohne ein Zeichen gegeben zu haben, dass er seinen Worten auch nur einen Funken Glauben schenkte. Innerlich erleichtert aufatmend ließ sich Alexis sehr unelegant auf einen der weichen Sitze um den Tisch herum plumpsen. Tonks, deren Haarfarbe jetzt irgendwo zwischen magentarot und altrosa angekommen war, sah ihn mitleidig an. “Und?” fragte sie. “Wie geht es dir sonst so?” “Geht so.” brummte Alexis. Was sollte er auch sonst darauf antworten? ‘Ja, mir geht’s echt prima, aber weißt du, eigentlich bin ich nur hier, um John hier rauszuholen, ist nämlich ein guter Kumpel von mir.’ Haha. Also schwieg er sich aus. ~~~~~*~~~~~ Der Rest des Tages verging quälend langsam. Die meiste Zeit war Alexis damit beschäftigt, den Kopf auf den Armen abgelegt die Uhr in der Küche anzustarren und den Sekundenzeiger, der langsam tickend seine Runden machte, zu verfolgen. Was sollte er auch sonst machen? Raus wollte und durfte er nicht, denn obwohl er in diesem Haus wohl so sicher wie nirgends wo anders war, waren Voldemort und seine Anhänger immer noch irgendwo dort draußen. Es war einfach zu gefährlich, hatte Lupin gesagt, bevor er das Haus verlassen hatte. Gefährlich, ja. Wenn er bedachte, dass er die letzten paar Monate in weitaus heikleren Gegenden gewesen war, konnte er schon beinahe wieder lachen, wenn seine Lage nicht so ernst gewesen wäre. Er wünschte sich, dass Tonks auch endlich gehen würde, doch gleichzeitig wusste er, dass Lupin sie dazu angehalten hatte, ein wenig bei ihm zu bleiben, damit er nicht so allein war. Trotzdem saß sie jetzt nicht bei ihm, denn nachdem Alexis eine halbe Stunde keine Anstalten gemacht hatte, mit ihr ein Gespräch anzufangen, hatte sie es anscheinend vorübergehend aufgegeben und war in eines der anderen Stockwerke verschwunden. Vielleicht war sie bei John und bewachte ihn. Der Gedanke, dass der junge Werwolf ganz in der Nähe war, ja, dass sie beide vielleicht nur eine dünne Wand trennte - dieser Gedanke machte ihn verrückt und ließ die Zeit noch zähflüssiger werden. Einen kleinen Moment wünschte er sich, dass er sich nicht hierfür gemeldet hätte. Dann würde er sich wenigstens nicht so langweilen, denn Jakob und die anderen des Clans würden ihn schon zu beschäftigen wissen. Einen Bruchteil einer Sekunde später wischte er diesen Gedanken jedoch vom Tisch. Die anderen hätten es gar nicht erst bis ins Haus geschafft, so viel war klar. Also, auch wenn er sich nicht freiwillig gemeldet hätte, wäre er früher oder später trotzdem dazu aufgefordert worden. Er fragte sich jetzt schon, wie Jakob es den restlichen Mitgliedern erklären wollte, dass er, Alexis, freien Eintritt hierzu hatte. Ein Zucken durchlief seinen Körper, als ihm der Gedanke überfiel, er könnte es ihnen verraten haben. Er könnte ihnen gesagt haben, dass er Harry Potter war. Sie würden ihn sicher als Druckmittel gegenüber dem Orden benutzen. Wieso hatte Jakob das eigentlich noch nicht getan? So wichtig konnte er ihm kaum sein; klar, seine Flugkünste waren genial - so hatte es der Anführer gesagt - doch ansonsten zeichnete er sich nicht unbedingt durch überragende Fähigkeiten aus. Seufzend stieß Alexis den Atem aus und verlagerte seinen Kopf auf die andere Seite. Es war erst vier Uhr nachmittags und er saß schon seit heute morgen beinahe unbeweglich da und hatte vor sich hingedöst. Richtig schlafen konnte er nicht, da er nicht im geringsten müde war. Kein Wunder, dachte er bei sich, er hatte immerhin die ganze letzte Nacht verschlafen. Die Tür in der Eingangshalle klackte leise. War es Lupin? Dieser musste eigentlich jeden Moment zurückkommen. Seufzend schob er den Stuhl, auf dem er gesessen hatte, zurück, stand auf und streckte sich genüsslich. Er streckte den Kopf aus der Küchentür, um zu sehen, ob es sein ehemaliger Professor war, der da angekommen war. Doch die Eingangshalle war leer. Stirnrunzelnd schob er sich durch die Tür und in die Halle hinein. Er war sich sicher, ein Geräusch gehört zu haben. Nervös holte er tief Luft und hielt dann den Atem an, um angestrengt zu lauschen. Erst hörte er nichts, nichts außer das Rauschen des Blutes in seinen Ohren, doch dann konnte er knirschende Schritte im oberen Stockwerk ausmachen, die anscheinend gerade die Treppe benutzten. Schnell huschte er zum Treppengeländer, darauf bedacht, keine unnötigen Geräusche zu machen, und legte seine Finger auf das kalte Metall, welches die Holztreppe umkleidete. Unsicher lugte er nach oben. Und tatsächlich: Alle paar Sekunden konnte er einen schmutzig brauen Umhang ausmachen, der zwischen den Geländerstäben entlang strich. Als dessen Besitzer ganz oben angekommen war, schlich sich auch Alexis hinterher. Die Treppe knarrte bei jedem Schritt und hatte er sie eben noch innerlich dafür gelobt, so verfluchte er sie jetzt dafür. Nach ihm schier endlos vorkommender Zeit hatte er die ersten zwei Treppen geschafft. Er wollte gerade weiter gehen, als sich ihm die summende Stimme von Tonks näherte. Hastig wandte er sich um, konnte sie aber nicht erblicken, was hieß, dass sie sich nur in einem der Zimmer befand, die an diesen Flur angrenzten. Erleichtert stieß er wieder seinen Atem aus; er hatte gar nicht bemerkt, wie er ihn angehalten hatte und erklomm die letzte Treppe, die auf den Dachboden führte. Schon als er die letzte Stufe genommen hatte, hörte er leise flüsternde Stimmen, die sich anscheinend hastig unterhielten; jedenfalls wurden die Worte dort hinten in dem separaten Raum, aus dem sie drangen, so schnell gesprochen, dass er nicht mehr mitkam. Neugierig näherte er sich der Türe, welche zu seinem Glück nur angelehnt war. Ansonsten hätte er die Stimmen wohl gar nicht hören können. Und Öffnen wäre wohl zu auffällig gewesen, dachte er sich, während er auf Zehenspitzen näher schlich. “… hier raus!” Das war Johns Stimme! Alexis strengte sich an und versuchte, so viel wie möglich von den kläglichen Wortfetzen, die seine Ohren erreichten, in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Die zweite Stimme gehörte eindeutig Remus Lupin. Natürlich, immerhin war er hier rauf gegangen. Sie hatte einen beruhigenden Tonfall an sich, ganz so, als wollte eine Mutter ihren aufsässigen Sohn beschwichtigen. Dennoch war an der Stimme etwas anderes. Etwas Vertrautes. Alexis’ Herz schlug wild gegen seine Brust. Den Mund verziehend krallte sich seine rechte Hand in sein Hemd. Dieser Moment war mehr als ungünstig, dachte er bei sich, während er sich zusammenriss und an den Türspalt trat. Die Stimmen wurden lauter. “Noch nicht, verdammt!” Das war Lupin. “Dann mach mich wenigstens los!” Alexis stutzte. Wie kam John auf die Idee, dass einer vom Orden so etwas tun würde? Das war ja fast schon wie eine Eintrittskarte in die Freiheit! Es sei denn- “Sei still, Harry könnte uns hören!” Lupins Stimme war leiser geworden. Alexis’ Atem ging stoßweise, das schnelle Klopfen seines Herzens ließ ihn schwach werden und so beeilte er sich, sich von dem Raum zu entfernen und schnellstmöglich die Treppe hinunter zu kommen. In sein Zimmer schaffte er es trotzdem nicht. Nachdem er die Treppe hinter sich gelassen hatte, gaben seine Beine unter ihm nach und er fiel schmerzhaft auf die Knie. Fest kniff er die Augen zusammen, als könne er damit irgendetwas an dem Vorgang, der sich in seinem Körper abspielte, ändern, ihn stoppen oder wenigstens verlangsamen oder abschwächen. Am Rande bekam er mit, wie Tonks aus einem der Zimmer kam. “Harry?” Ihre Stimme drang nur leise zu ihm durch, gedämpft wie durch Watte. “Harry! Was ist mit dir?” Durch ihre lauten Schreie und Versuche, ihn wieder aufzurichten, musste wohl Lupin auf den Plan gerufen worden sein, jedenfalls nahm er noch gerade so wahr, wie ihn zwei starke Arme ergriffen und ihn in sein Zimmer schleppten. “Wasser …” wisperte Alexis heiser; der Anfall war schon vorbei, worüber er sich erstmal nicht wunderte, sondern Gott, oder wer auch immer dafür verantwortlich war, dankte. Sekunden später wurde ihm ein Glas an die Lippen gedrückt. Hastig würgte er das kühlende Nass hinunter, schnaufte ein paar Mal gleichzeitig erleichtert und erschöpft durch seine Nase aus. Dann wurde er sich der geschockten Blicke bewusst, die auf ihm ruhten. “Ähm …” Er wusste nicht, was er sagen sollte. Stumm, mit einem Funken Hoffnung in den Augen, die aussichtslose Bitte, ihn nicht weiter danach zu fragen, so sah er sie an. Doch es kam, wie es kommen musste. “Ist es …” Lupin stockte und räusperte sich. “Ist es das Gift?” Alexis seufzte; seine verkrampfte Hand löste sich langsam von seinem zerknüllten Hemd, fiel zu Boden. “Was sonst?” fragte er mit einer Spur von Ironie, jedoch dominiert von Resignation in der Stimme. Ein Schniefen kündigte ihm an, dass Tonks mit den Tränen kämpfte. “Oh Harry!” rief sie und warf sich in seine Arme. Reflexartig hob Harry seine Arme und umarmte sie, legte die Stirn auf ihre bebende Schulter. “Pscht … ist ja gut, Tonks, mir … mir geht es gut.” versuchte er sie zu beschwichtigen, auch wenn er damit wohl die größte Lüge seines Lebens in die Welt setzte. Jeder in diesem Raum wusste das. “Harry …” Lupin sah ihn mit einem traurigen Blick an. “Mad-Eye kommt um fünf. Er … Er wollte deine Geschichte überprüfen. Ist das für dich okay?” Okay? Natürlich war es das nicht, denn es war klar, dass Alexis dann auffliegen würde. Er musste John hier rausschaffen. Innerhalb der nächsten halben Stunde. “Ja, klar” Alexis’ Stimme hatte wieder den unschuldigen Klang angenommen, den er sich zu eigen gemacht hatte, wenn man ihn als Harry ansprach und von dem er dachte, dass er sich früher vielleicht einmal so angehört hatte. Früher - für Alexis lag diese Zeit wie Jahre zurück. ~~~~~*~~~~~ Lupin und Tonks waren in der Küche verschwunden; wahrscheinlich planten sie irgendetwas für den Orden. So gerne Alexis ihnen auch gelauscht hätte, falls es wichtig wäre, so schlecht konnte er, denn John war im Moment der wichtigere Auftrag. Leise schlich er die Treppe hoch, wie er es eben schon getan hatte. Die Stufen knarrten wieder verboten laut, doch wie durch ein Wunder schien ihn niemand zu hören, dabei hatte er gedacht, dass zumindest Lupin die Geräusche wahrnehmen musste, die er verursachte. Unbehelligt kam er im obersten Stock an, atmete einige Male tief ein und aus. Er wollte gerade die Tür öffnen, hinter der er eben die Stimmen von Lupin und John gehört hatte, da fiel ihm etwas Wichtiges ein. “Hostis fallo” wisperte er, damit John nichts hörte. Die Illusion legte sich wieder über seinen Körper. Dann drückte er die Klinke hinunter; die Tür war unverschlossen. Hinter ihr verbarg sich ein kleines, dunkles Zimmer, in dessen Mitte eine zusammengesunkene Figur lag, gefesselt mit silbrigen Fesseln. John sah auf, als Alexis einen Schritt vortrat und die Fesseln löste. “Alexis!” rief er leise aus. “Komm” Er wollte keine Zeit verlieren; bald würde Mad-Eye hier auftauchen. John ergriff seinen Arm, schaute ihn durchdringend an. “Auf welcher Seite bist du?” fragte er. Alexis zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. “Auf deiner natürlich!” antwortete er. “Wie bist du-” setzte der Junge dann an, doch er unterbrach ihn wieder. “Später” sagte er, obwohl er wusste, dass es dieses ‘später’ nie geben würde. John schien sich entschieden zu haben, vorerst zu schweigen, denn er sagte nichts mehr, sondern stand unter gedämpften ächzenden Lauten auf, streckte und dehnte sich ein wenig, um seine Arme und Beine wieder zum Leben zu erwecken. “Hör zu.” Er legte einen Arm um Johns Schulter. “Wir müssen ganz leise sein, unten in der Küche sind zwei Auroren. Wenn die uns erwischen, haben wir ein Problem.” John nickte, als wisse er das alles schon seit langem. Alexis ließ ihm den Vortritt. “Pass auf, die Treppe knirscht.” John antwortete nicht. Sein Blick war starr auf das untere Ende der Treppe gerichtet. Wo Tonks stand. ~~~~~*~~~~~ “Wieso ist er nicht schon längst wieder hier?” murmelte Richard vor sich hin. Ismael, der das mitbekommen hatte, brummte. “Sei doch endlich mal still, Idiot. Jakob vertraut ihm und damit ist alles gesagt, klar?” Richard verlagerte das Gewicht seines Kopfes in die andere Hand. “Und wenn Jakob von einer Brücke springt, springst du dann auch?” fragte er in neutralem Ton. Ismael knurrte leise, aber vernehmlich. “Das ist was völlig anderes! Ich vertraue ihm, er vertraut uns.” Er sah ihn von der Seite her an. “Aber wenn du dich weiterhin wie ein tollwütiger Affe benimmst, setzt du das alles aufs Spiel.” Richard strich sich eine Strähne seines blondes Haares zurück. “Spielst du damit auf etwas Bestimmtes an?” fragte er mit gepresster Stimme. Ismael lächelte. “Natürlich tu ich das. - Hey, Jakob ist stark, auch wenn du und einige andere manchmal nicht den Eindruck haben. Immerhin hat er mich damals besiegt, und das will schon was heißen. Aber ich bin nicht so eingeschnappt wie du und ertrage meine Niederlage!” Er verschränkte die Arme. “Mir geht es nicht darum, zu siegen, sondern darum, dass unser Clan - unsere Organisation - den Besten als Anführer hat. Und der Beste ist nun mal Jakob.” Richard schwieg, nachdem Ismael seine kleine Rede beendet hatte; er schien nicht zu wissen, wie er darauf antworten sollte, schien zu wissen, dass er verloren hatte. “Ich mach mir Sorgen um John.” sagte der Blonde schließlich leise. Ismael sagte nichts darauf und für kurze Zeit hatte Richard das Gefühl, er hatte ihn nicht gehört. Die Männer saßen nur nebeneinander, beide in ihren Gedanken versunken, friedlich, als hätten sie sich nicht gerade gestritten oder als hätte Ismael ihn nicht gerade belehrt, ihm gezeigt, dass er nicht nur Jakob körperlich, sondern Ismael auch noch geistig unterlegen war. Richard kam sich dumm vor. Natürlich hatte der andere Recht, natürlich ging es nicht um ihn, um Jakob, um John, um sonst irgendwen. Es ging nur um die Organisation, um das Gleichgewicht zwischen den Welten, das sie erreichen wollten. Um nichts anderes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)