Dragons 'n' Phenixs von Luzziemaus (Wenn Liebe gegen Schickal kämpft) ================================================================================ Kapitel 1: Erste Nacht in Tokyo I --------------------------------- Puh, hier ist sie also - meine erste Fanfic. Ich hoffe sie gefällt euch, leider muss ich aber sagen, das es nicht sehr schnell weitergehen wird, weil ich nicht so 'auf Befehl' schreiben kann. Zwar hab ich die Story schon komplett im Kopf, aber es wird noch ziemlich lange dauern, bis ich sie abgetippt habe. Ich wünsche euch trotzdem viel Spaß hiermit und hoffe euch wachsen die Charas genauso ans Herz wie mir. Enjoy it! Erste Nacht in Tokyo I Die Dunkelheit lastete schwer auf der Stadt, auch wenn die Menschen in ihrer Angst vor der Nacht versucht hatten, sie mit Lichtern und Leuchtreklamen zu verbannen. Doch durch das prunkvolle Geglitzer der Lichter in den nobleren Vierteln schien es, als hätte sich die Finsternis nun in die dreckigen und zwielichtigen Gegenden verkrochen und wäre dort nur noch dichter geworden, so das sie selbst das wenige Licht der dreckigen Lampen aufzusaugen versuchte. Und genau in dieser Wolke aus Finsternis stand ich nun und der Gestank von modrigen Wänden und dem undefinierbarem Rinnsal mitten auf der Straße (ehrlich gesagt wollte ich gar nicht wissen, was genau da so roch) umwaberte mich. Zum Glück war mein Magen einiges gewohnt, sonst hätte sich zu der komischen Pampe am Straßenrand noch etwas anderes hinzugesellt. Nun ja, nun stand ich in der Stadt, die niemals schlief und wusste weder ein noch aus. Ich war ein blonder, schmächtiger junger Mann Anfang 20 und hatte mir lässig eine abgewetzte schwarze Ledertasche über die Schulter geworfen. Darauf befanden sich noch zwei längliche Gegenstände, die ich in schwarzes Baumwolltuch gewickelt hatte. Eigentlich war ich nach Tokio gekommen, um bei meiner neuen Arbeit anzufangen, aber als erstes wollte ich mir eine Unterkunft suchen. Doch nach endloser Suche hatte ich mich nun anscheinend in Rotlichtviertel der Hauptstadt verlaufen, wo an jeder Ecke zwielichtige Gestalten herumlungerten. Einige von ihnen hatten mich schon gefragt, wie viel eine Nacht mit mir denn kosten würde. Mein Gott, zum Glück hatte ich die Zeit, in der ich so etwas nötig hatte schon lange hinter mir. Nun rumorte auch noch mein Magen vernehmlich und die Hand, in der ich die schwere Tasche hielt, wurde langsam aufgrund von Blutmangel taub. Außerdem war es empfindlich kalt geworden, ich sollte mich wirklich nach einem Laden umsehen, in dem ich mich zumindest aufwärmen und etwas zu essen erstehen konnte. Doch ob es so was in dieser Ecke von Tokio auch gab? Als ich orientierungslos um die nächste Ecke ging und dem Typen, der mir von hinten an den Arsch greifen wollte einen gezielten Tritt verpasst hatte, sah ich erleichtert die, teilweise kaputte, Leuchtreklame eines kleinen Clubs. ‚Pink Lady’ prangte mir in grellem rosa von der verrotteten Fassade eines Hauses entgegen, das aussah, als würde es bei der nächsten Schlägerei in seinem Inneren wie ein Kartenhaus zusammenklappen. Doch dies verunsicherte mich doch etwas, denn der Name und die rosa Neonschrift deuteten eindeutig auf eine Schwulenbar hin. Nicht das ich was gegen Homos hätte, eigentlich gehörte ich ja selbst zu der Szene, aber ich war gerade nicht in der Stimmung, mich von irgendwelchen notgeilen Pseudorockern und Tunten angaffen und abtatschen zu lassen. Doch dann begann der Wolkenbruch und mir bleib nichts anderes übrig, als mich in die Bar zu retten. Wow, der Vodka in diesem Laden war auch schon mal besser, wollte lieber nicht wissen, was der Wirt da schon wieder reingepanscht hatte. Die Nacht war wirklich wieder mal eine der langweiligsten des Jahres, keine neuen Gesichter in der ‚Pink Lady’ dabei war ich doch nur hergekommen, um mir noch kurzzeitig eine Wärmflasche für mein Bett zu besorgen. Doch die Kerle hier hatte ich entweder schon gehabt oder sie waren zum brechen hässlich. Ich saß hier also mit meinen 1,90, dem üblichem schwarzen Ledermantel und meinen verstrubbelten schwarzen Haaren und verdrehte genervt die dunkelblauen Augen, als mir schon wieder einer von hinten mit alkoholschwerem Atem: „Hey Großer, heute Nacht noch was vor?“ ins Ohr flüsterte. „Sorry, aber ich denke für dich Pickelgesicht bin ich eindeutig zu teuer!“ antwortete ich genervt. Nein, ich bin kein Stricher, aber das ist die beste Methode, solche Nervensägen loszuwerden. Und mal ganz ehrlich, ich konnte bestimmt was Besseres aufreißen als diese Hackfresse. Nicht das ich großartig auf mein Aussehen achten würde, aber ich hatte mit meinen zarten 21 Jahren noch nie einen Korb bekommen und man konnte nicht behaupten, das ich ein Spätzünder gewesen wäre. In diesem Moment spürte ich einen kalten Luftzug von der Tür her, anscheinend regnete es draußen, denn ich hörte ein leises Plätschern. Normalerweise hätte mich das kalt gelassen, doch das Gemurmel, das bis gerade eben die Geräuschkulisse beherrscht hatte, verstummte plötzlich und wurde dann durch teilweise bewunderndes und teilweise erstauntes Getuschel ersetzt. Als ich mich dadurch verwirrt umdrehte, stockte mir der Atem und ich hatte das Gefühl, das die Zeit für einen kurzen Augenblick stillstand, genau in dem Moment, in dem sich unsere Blicke einen Herzschlag lang begegneten. Im Eingang stand ein junger Mann, fast wirkte er noch wie ein Kind, ich schätzte ihn höchstens auf 18. Seine hellblonden Haare hingen ihm nass und strähnig ins Gesicht und seine Kleidung, bestehend aus einer braunen Wildlederhose und einer Jeansjacke, klebte an seinem fast mädchenhaft anmutenden Körper. Besonders delikat wurde die ganze Situation dadurch, dass er unter besagter Jeansjacke nur ein weißes T-Shit trug, das durch den Regen völlig durchsichtig geworden war. Wie er da stand und einen leichten Hauch von Unsicherheit und kindlicher Unschuld ausstrahlte, und gleichzeitig doch heißer aussah, als jeder Mann, dem ich je begegnet war, weckte er etwas in mir, das ich geglaubt hatte, verloren zu haben: Einen unwahrscheinliches Verlangen, ihn zu besitzen, was auch immer mit ihm geschehen sollte. Ich kannte ihn nicht, hatte ihn noch nie gesehen, doch in diesem Moment beschloss ich etwas, das mein restliches Leben verändern sollte. Ich wollte zu seinem Schatten werden, über ihn wachen wie die dunkle Wolke des Schicksals, das über uns allen schwebt. Doch die Zeit, die ich anscheinend kraft meines Willens für Sekunden festgehalten hatte, entglitt mir wieder und sein Blick riss sich von meinem los, wanderte hektisch durch den Raum, wie der eines verschreckten Rehs und nun wurde mir bewusste, das seine Augen grün waren wie ein sonnendurchfluteter Weiher. Einige der Kerle in dieser Bar begannen nun, auf ihn zuzugehen und erst jetzt erkannte ich die gefährliche Situation, derer er sich wahrscheinlich nicht bewusst war, aber die wie das berühmte Damoklesschwert direkt über seinem blonden Wuschelkopf hing. Doch da waren einige der gefährlichsten und notgeilsten Typen der Stadt bereits direkt vor ihm angekommen und begannen um seine Gunst zu buhlen. Verdammt, es wurde echt gefährlich, die ganze Bar war in Bewegung geraten, und hier traf sich alles vom angesehenen Mafiaboss bis zum feigen Hinterhofkiller. Und jeder, wirklich jeder hatte ein Auge auf den Fremden geworfen. Ich war viel zu entsetzt, um irgendwie einzugreifen, als dieser naive Jüngling sich kurz mit leicht genervtem Blick die Ganoven anhörte und sich dann mitten im Satz einfach umdrehte und an ihnen vorbeiging. Entweder er war sehr mutig oder sehr dumm, und doch konnte ich mir ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. Wieder trafen sich unsere Blicke und er warf mit einer Geste, die entweder arrogant oder cool wirken sollte, ihn in meinen Augen aber nur noch süßer machte, den Kopf zurück, um sich die Haare aus dem Gesicht zu schleudern. Die schwarze Tasche lässig über der Schulter und mit einem wachem Funkeln in den Augen meinte ich kurz ein fast zynisches Lächeln zu sehn, vielleicht eine Antwort auf mein Grinsen, doch ob als Erwiderung oder Ablehnung zu sehen, war mir nicht klar. Da griff plötzlich die erste Hand nach seiner Schulter, eine zweite legte sich an seine Talje und weitere schlossen sich um die schlanken Arme, bis sich schließlich die letzte mit einem metallischen Aufblitzen an seinem Hals wieder fand. Er hielt sofort inne und seine Mimik erstarrte, dann schloss er die Augen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, dieses Schauspiel noch eine Weile zu betrachten, doch das Messer missfiel mir, und so wollte ich schon aufstehen um ihm beizustehen, als er plötzlich zum ersten Mal seine wohlklingende Stimme erhob. „Wessen Hand auch immer das ist, er sollte es besser nicht wagen, seine Absicht zu Ende zu bringen!“ „Oh, magst du mein kleines Messer nicht! Na ja, Pech, aber ich denke damit werde ich deine weiße Haut vielleicht noch ein bisschen verzieren. Ich mach nämlich die besten Tattos in der Stadt, weißt du, ich hinterlasse gern mein Zeichen an Dingen, die mir gehören!“ „Schade dass das niemand hören wollte! Ich meinte eigentlich diese Hand!“ Und mit diesen Worten grub er die Fingernägel seiner freien Hand in den Handrücken einer Extremität, die sich zu weit in seinen Schritt vorgewagt hatte. Einer aus dem Haufen schrie auf und die Hand verschwand, worauf die anderen laut aufjohlten und dann noch näher rückten. Erstaunlich, dass ihn das Messer nicht zu stören schien. „Hey, ihr wollt doch so einem kleinen, unschuldigen Jungen wie mir nicht etwas wehtun, oder?!“ meinte er mit einem goldigem Augenaufschlag und die Kerle griffen wie zu erwarten daraufhin nur noch fester zu. „Unschuldig, habt ihr das gehört? Also Leute, wer kriegt ihn zuerst?!“ Mir wurde fast übel, als ich den Sprecher näher in Augenschein nahm. Er war mindestens 60 und strich mit seinen mit goldenen Ringen besteckten Gichtgriffeln am Milchweißem Hals des Jungen entlang. Jetzt reichte es mir endgültig, ich konnte doch nicht zusehen, wie diese Perverslinge dem ahnungslosem Kind Gewalt antaten. Mit einem Zug trank ich mein Glas aus und knallte es dann auf den Tresen. Sofort verstummten sie alle, keiner würde es wagen, meine Autorität hier, in meiner Bar, dem einzigem Gebiet, das ich in dieser Stadt beanspruchte, in Frage zu stellen. Der Junge nutze dies erstaunlicherweise aus. Mit einer schnellen Bewegung entledigte er sich des scharfen Butterfly-Messers, schleuderte dann die Tasche mit beiden Händen um sich und warf dabei einige, die sich nicht schnell genug außer Reichweite brachten, um. Dann warf er wieder mit einer Kopfbewegung die Haare zurück und ging auf mich zu, während er graziös über einige Bewusstlose schritt. Ich musste ihn vollkommen perplex angestarrt haben, denn er fragte mit einem arroganten und selbstbewussten Blick: „Noch nie jemanden gesehen, der sich gegen ein paar Idioten verteidigt?!“ Ich lachte laut auf, er gefiel mir immer besser. „Falls es dir nicht aufgefallen ist, eigentlich wollte ich dir gerade helfen!“ „Da wärst du der erste.“ Murmelte er und setzte sich an den Tresen. In dem Moment bemerkte ich aus den Augenwinkeln, wie ein Handlanger eines am Boden liegenden Mafiabosses nach seiner Kanone griff. Doch als er sie auf den Kleinen anlegt, griff ich reflexartig nach meinem Glas und schleuderte es ihm mit aller Kraft gegen den Kopf, woraufhin er ohnmächtig umkippte. „Ja, schaut wohl so aus!“ meinte ich lässig und bestellte mit einer Handbewegung zwei Gin. Verblüfft drehte er sich um und murmelte daraufhin etwas von: „... hätte ich merken müssen!“ Dann sah er mich an und ich schob ihm das zweite Schnapsglas zu. „Ich heiße Jack und du siehst aus als könntest du das gebrauchen.“ Widerwillig nahm er es an, trank es dann aber zu meinem Erstaunen mit einem Zug aus. „Ich heiße Chris.“ Mehr schien er mir als Antwort nicht gönnen zu wollen, denn er drehte sich mit fast gelangweiltem Blick von mir weg. Wie hypnotisiert fuhr ich mit meinem Blick an seinem schneeweißen Hals entlang, beobachtete sein markantes Profil, das er mir nun zuwandte. Neben dem Barhocker hatte er die Tasche abgestellt, seine Beine waren lässig übereinander geschlagen und er wrang sich gerade das Shirt aus. Was hatte jemand wie er, ein so vollkommener kleiner Engel in der übelsten Schwulenkneipe der Stadt verloren?! „So, Chris...“ sein Name rollte langsam aus meinem Mund, noch nie hatte ich einen schöneren gehört, langsam hob ich meine linke Hand und diese schien sich wie von selbst aus seinen sexy Arsch zu zu bewegen. Nur noch ein paar Zentimeter... „...ich denke dann schuldest du mir noch was.“ Doch kaum hatte ich das ausgesprochen, hatte ich plötzlich eine kalte Stahlklinge am Hals. Verblüfft folgte ich ihr, möglichst ohne Bewegung, mit den Augen und stellte fest, dass es ein langes japanisches Schwert, ein ‚Katana’ war und in Chris Hand endete. Da war der Kleine wohl doch nicht so wehrlos und leicht zu haben, wie ich dachte. „Sorry Großer, aber ich denke so viel schulde ich dir nicht.“ meinte er, drückte mit dem Schwert noch etwas fester zu und angelte nach meinem Gin. Verflixt, na ja, dann war die Jagt wohl eröffnet. Seufzend zog ich meine Hand zurück und sah ihm zu, wie er auch noch meinen Schnaps wie Wasser herunterschüttete. Wie lange war es her, dass ich nicht sofort das bekam, was ich wollte? Zu lange! Ein Tiger liebt seine Beute, doch am meisten liebt er die Jagt, und nun, da ich den perfekten Happen Fleisch vor mir hatte, kam es mir vor als hätte ich mich schon viel zu lange nur mit Aas zufrieden gegeben. Er zog das blanke Schwert zurück und schob es wieder in das schwarze Tuch. Sah ich da noch ein zweites davon? Mein Kätzchen schien scharfe Krallen zu haben. Aber ich hatte schon ganz andere Raubtiere gezähmt. In diesem Moment erzitterte sein süßer Körper, er musste furchtbar frieren, so wie das Wasser aus seiner Kleidung tropfte. „Na, was suchst du hier in der Stadt, Chris? Du scheinst ja hier neu zu sein.“ Ein eiskalter Blick traf mich. „Woher willst du das wissen? Und außerdem, selbst wenn, würde es dich nichts angehen!“ „Na ja, ich sehe das so Kleiner...“ oh oh, der Ausdruck gefiel ihm gar nicht, so wie sich da das Gewitter auf seinem Gesicht zusammenbraute. Dennoch warf ich einen bedeutungsschwangeren Blick auf seine Tasche. „...entweder deine Frau/Freundin hat dich rausgeschmissen, was ich aber nicht glaube, oder du hast dich hier verlaufen, weil du neu in der Stadt bist. Na, bin ich gut oder was?!“ Wieder ein strafender Blick, oh Gott, wenn das so weitergeht, dann fall ich demnächst doch noch tot um. Was war denn das für ein eingebildeter Depp. Ok, er sah echt lecker aus und war sich dessen wohl auch voll bewusst, so wie er sich hier aufführte. Auch schien er wohl eine bedeutende Persönlichkeit in dieser Stadt zu sein, da sich, seit er so offensichtliches Interesse an mir bekundet hat, keiner der anderen Perversen mir mehr als auf 3 Meter genähert hatte. Er schien also gefährlich zu sein, das war schließlich, wie ich sehr deutlich gesehen hatte, eine Gangsterkneipe, besser gesagt die Unterwelt der Homosexuellen. Und sie achteten ihn. Dabei sah er gar nicht soo stark aus, na ja, unter dem dunkelblauem Muskelshirt sah man beeindruckende Bauchmuskel und auch in der engen Lederhose, farblich perfekt zu dem nachtfarbenen Mantel passend, zeichneten sich kräftige Schenkel ab. Aber eher natürlich, wie bei einem Sportler und nicht bodybuildermäßig. Und die minimal gegeelten schwarzen Haare und unglaublich blaue Augen... ob er käuflich war? Ich denke er würde sicher einen guten Preis erzielen. Andererseits..... würde man einem Callboy so viel Respekt entgegenbringen und vor allem, hätte er es nötig, mit mir zu flirten? Nein, er war wohl eher ein Aufreißer, vielleicht der Bandenchef von ein paar pickligen kleinen Rambos, die sich toll fühlten, wenn sie zu fünft kleine Jungs vermöbelten. Oh Gott, jemanden mit so einem Riesen-Ego konnte ich jetzt gerade echt nicht gebrauchen. Genervt drehte ich mich weg, sollte er doch machen, was er wolle. Wenn es hier drin bloß nicht so verflucht kalt wäre, aber wenn ich jetzt die nasse Jacke auszog, würden mir die Typen hier wahrscheinlich sofort an die Wäsche wollen. Verflixt, manchmal hasste ich mich dafür, dass ich so gut aussah. Ah, seine neue Taktik war also, mich zu ignorieren. Na ja, aber ich wusste schon, wie ich mir wieder seine Aufmerksamkeit sichern konnte. „Sag mal, bist du schon irgendwo untergekommen? Ich meine, hast du schon ein Zimmer in einem Hotel?“ Mit einem resignierenden Seufzer dreht er sich um. „Du legst es echt drauf an, heute noch von mir kastriert zu werden, oder?!“ Wow, jetzt fuhr er die Krallen aus, er verstand meinen Gesprächsanfang wohl als unsittlichen Antrag. „Hey, ganz langsam, du verstehst das falsch!“ begann ich lachend, doch dann wurde ich ernst und legte eine Hand unter sein Kinn. „Glaub mir Süßer, ich kriege alles was ich will, aber das was du denkst, ist mir momentan egal. Ich will dir nur helfen. Hast du schon ein Zimmer?“ Er biss sich auf die Lippe, offensichtlich unsicher, wie weit er mir trauen konnte. Doch dann schüttelte er leicht den Kopf. Wie süß, er dachte bestimmt, dass ich seine inneren Gefühle nicht mitverfolgen konnte, dabei standen sie ihm doch nur zu deutlich ins Gesicht geschrieben. Hmm, meine schauspielerischen Fähigkeiten schienen nicht eingerostet zu sein, die Maske des unschuldigen, verlorenen Jünglings saß immer noch perfekt. Er kaufte mir tatsächlich ab, dass ich versuchte meine Gefühle vor ihm zu verbergen. Eine Doppelte Maske, die Gefühle vorspielte und diese wieder unterdrückte, perfekt angepasst an meinen viel zu jung wirkenden Körper. Bis jetzt war noch jeder darauf hereingefallen, und auch dieser Vorstadtganove schien nicht klüger zu sein. Immer noch lag seine Hand unter meinem Kopf und irgendwie war es mir nicht einmal unangenehm, ihm so direkt und tief in die emotionslosen sanftblauen Augen zu sehen. „Wenn du willst, kann ich dir ein billiges Zimmer besorgen. Und hey...“ er ließ los und lehnte sich zurück „... du brauchst vor mir keine Angst zu haben, ich habe wirklich nicht vor dir etwas anzutun, auch wenn du mir das jetzt vielleicht noch nicht glaubst. So einer bin ich nicht.“ Na ja, das glaubte ich ihm sicher noch nicht, aber so wies aussah, hatte ich hier soeben jemanden gefunden, der sich hier auskannte. Wenn ich jetzt mein Spiel noch ein wenig weiter trieb... Ich glaube ich zerschmelze, er ist so goldig. Jetzt senkt er verlegen den Blick, denkt anscheinend über seine Optionen nach. Lachend halte ich ihm meine rechte Hand hin. „Deal?“ Unsicher sah er auf, betrachtete meine Hand wie etwas gefährliches, doch dann schlägt er scheu lächelnd ein. „Deal!“ Ich behalte seine Hand gleich und ziehe ihn mit mir, nehme seine Tasche im vorbeigehen noch mit. Vollkommen erschöpft lässt er sich mitziehen, schließlich schließt er sogar seine Hand fester um meine. Er ist anders, so ganz anders als die anderen Kerle, die ich vor ihm hatte. Jeden anderen würde ich jetzt mit nach hause nehmen, würde erst nett zu ihm sein, um ihn dann später langsam zu verführen. Würde ihm meine Maske zeigen und er würde es nicht merken. Und letztendlich würde ich die Maske abnehmen und ihn eiskalt abweisen. Stets endet mein Spiel so, stets schicke ich sie weg. Genieße einen Moment die Wärme einer zwischenmenschlichen Beziehung, doch breche ab, bevor sie das Eis um mich zu schmelzen beginnt. Denn ich weiß nicht, nein, habe sogar Angst vor dem, was unter dem Eis zum Vorschein kommen könnte. Er ist anders. Bei ihm werde ich mir Zeit lassen, denn er ist so zart, dass er unter meinen üblichen Spielregeln zerbrechen könnte. Diesmal wird es anders sein. Ich folgte dem Fremden hinaus, er führte mich immer weiter, durch dunkle Gassen und über verdreckte Straßen, ließ dabei meiner Hand keine Sekunde los. Zwielichtige Gestalten kamen manchmal auf uns zu und verschwanden wieder, sobald sie ihm gewahr wurden. ‚Wer ist er, der Pate von Tokio?! So italienisch sieht er eigentlich nicht aus’ dachte ich mir grinsend. Vor einem verfallenen Gebäude blieben wir stehen und er zog mich neben sich. Wie war gleich sein Name? Ich glaube er sagte Jack. Sein freundliches Lachen war nur Fassade, das wusste ich genau, trotzdem erwiderte ich es, um nicht aus meiner Rolle zu fallen. Sollte er ruhig denken, dass ich auf ihn hereinfiel, das würde es mir nur leichter machen, ihn wieder loszuwerden. Ich sah ihn verunsichert an, tat zumindest so. „Wo sind wir? Was willst du denn hier?“ „Hier...“ und er breitete die Arme aus, als läge vor uns das Paradies „... siehst du die einzige Pension um Umkreis von 2 km, in der du nicht im Schlaf abgestochen und ausgeraubt wirst.“ Lachend trat er ein und sofort kam ihm eine rundliche Schwarze entgegen, die ihn mit einem schrillen ‚JACKIE’ fest an sich quetschte. Ich grinste hämisch, als er sich mit gequältem Gesichtsausdruck von ihr losmachte. „Mum, ich habe einen Gast mitgebracht!“ sagte er tadelnd und sah auf die fröhlich lachende Frau hinab, die ihm gerade bis zum Kinn reichte. Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch. Mum?! Er hatte zwar sonnengebräunte Haut, aber schien weder wie ein Mischling noch wie ein ganz Schwarzer zu sein. ‚Adoptiert vielleicht.’ Fiel mir ein und ich beneidete ihn. Mich hatte nie jemand mitnehmen wollen. Kapitel 2: Erste Nacht in Tokio II ---------------------------------- Wow, hier jetzt schon das 2. Kapitel, eben frisch fertig geworden. Wünsch euch allen ein frohes neues Jahr und viel Erfolg und Freude 2007^^. Viel Spaß mit dieser Story: Erste Nacht in Tokyo II „Also Chris“ sagte ich lachend und drehte mich zu dem Jungen um, doch was war mit ihm?! Er stand mitten im Foyer von ‚Mum`s sweet Home’ (so nannte zumindest sie den großen heruntergekommenen Raum, in dem sich eine Ansammlung von verschiedenen alten Sesseln und der große Tresen der Rezeption befanden, der früher einmal als Bar gedient hatte, als dies noch ein Bordell war), von seinen Kleidern tropfte das Wasser auf den Teppich. Eine Hand hatte er zur Faust geballt und den Kopf hielt er soweit gesenkt, das seine schönen Augen von den Stirnfransen verdeckt wurden. Wassertropfen liefen über seine Wangen. Weinte er etwa?! „Was...“ begann ich verunsichert, doch Mum rauschte schon an mir vorbei. „Oh, wo hast du denn den aufgegabelt? Aber Kleiner, du musst doch nicht weinen!“ Doch als sie seinen Kopf hob, lächelte er einfach müde. „Ich weine doch nicht! Das sind nur Tropfen aus meinen Haaren. Danke dass Sie so nett sind, aber ich bin sehr müde. Er sagte Sie hätten ein Zimmer für mich.“ Seltsam war es schon, wie seine Stimmungen immer wechselten, aber ich sollte mich daran nicht stören. Der Blonde war so unglaublich süß und unschuldig, was Mum wohl auch dachte. “Natürlich hab ich ein Zimmer für dich, Süßer, aber das wird nicht ganz billig.“ zwinkerte sie ihm zu. „Ich zahle.“ Klärte ich sie schnell auf. Mir gefiel die Vertraulichkeit zwischen den beiden nicht, obwohl ich mir natürlich im Klaren darüber war, das Mum keine ‚Bedrohung’ für mich darstellte. Dafür erntete ich einen mehr als eindeutige Blick von ihr, der wohl etwas in Richtung ‚Das Kind?!’ bedeutete. „Das ändert natürlich alles.“ Sagte sie jedoch gutgelaunt wie immer, nachdem ich ihr mit einem kalten Blick klargemacht hatte, dass sie das nichts anging. Dies war mein Spiel und sie hatte sich nicht einzumischen. Und wie alle aus der Unterwelt kannte sie mich und was es für Konsequenzen hatte, wenn man sich mir in den Weg stellte. Stattdessen kam nun, während sie hinter ihrem Tresen herumwerkelte der Kleine auf mich zu und nahm mir sanft die Tasche aus der Hand. Ein eindeutiges Zeichen. Er wollte mich nicht mit auf das Zimmer nehmen, aber das war auch klar gewesen. Die Jagt hatte ja gerade erst begonnen. „Danke das du mir hilfst und das du das bezahlst wäre nicht nötig gewesen.“ Sagte er mit beschämt gesenktem Blick. Dann hob er sich kurz auf die Zehenspitzen, schnellte nach oben und gab mir einen kurzen Kuss auf die Backe. Dann lief er leicht kichernd hinter Mum her, die ihn bereits auf der Treppe erwartete. ‚Du spielst deine Rolle zu gut, mein Kleiner.’ Dachte ich mit finsterem Blick, der ihnen folgte, bis sie fast um die erste Kehre verschwunden waren. Dann zwang ich noch ein Lächeln auf meine Lippen und rief den beiden lauthals etwas nach. „Wir sehen uns morgen beim Frühstück!“ Sein letzter Satz hallte mir noch immer nach. „Sicher nicht! Jack!“ ich spie den Namen wie etwas widerwärtiges aus. Dabei hatte ich ihn gar nicht so empfunden. Er war ein wenig zu freundlich, ein wenig zu perfekt, um echt zu sein. Ein Mensch wie ich, ein Mensch mit einer Maske. Ein Mensch, der jemanden suchte, der sie ihm vom Gesicht riss. Doch diese Person konnte ich sicher nicht sein, dazu litt ich zu sehr unter meiner eigenen. Außerdem hatte das Schicksal etwas anderes für mich vorgesehen, etwas das wohl meine ganze Kraft fordern würde. Ich lehnte mich gegen das Glas des Spiegels und sah mir selbst tief in die leeren Augen. „Kann man dem Schicksal entkommen?“ Wie oft ich diese Frage schon gestellt hatte. Ich zog mir das nasse Hemd aus und ließ es mit einem Klatschen auf den Boden fallen. „Kann man dem Schicksal entkommen, wenn es so deutliche Zeichen hinterlassen hat?“ Langsam drehte ich mich um, stand nun mit dem Rückseite zu dem dunklen Glas und als ich den Kopf drehte, konnte ich es auf meinem Rücken sehen. Ein Tatoo, rot, gold und schwarz. Wilde Flammen umgeben einen anmutigen Vogel mit schwanengleich gebogenen Hals und langem Schweif, der sich bis an den Bund meiner Hose und darunter noch ein gutes Stück weiter über meine Hüfte schlängelt. Doch seine Krallen sind scharf und der Schnabel wirkt hart und bedrohlich. Und in den Augen scheint ein Glitzern zu liegen, ein Schimmern als wäre das Tier lebendig, als würden die Flügel, die es fast beschützend über meinen Rücken gelegt hat, jeden Moment in der Bewegung fortfahren, in der sie eingefroren wurden. Und die Flammen, die er über meine linke Schulter speit, scheinen zu lodern und mein Fleisch zu verzehren, ebenso wie die Federn, die sich in einem einzigen Inferno selbst zu verbrennen scheinen. Früher sagte einmal jemand zu mir, der Phönix wäre mein Schutzgeist. Ich würde eher sagen er ist mein Fluch. Doch ich hatte wichtigeres zu überlegen, Dinge, die sich nicht wie dieses meinem Willen entziehen warteten darauf, dass ich ihnen meine Aufmerksamkeit zuwendete. Mich weiter ausziehend ging ich in den angrenzenden Waschraum und stieg in die etwas verkalkte, aber saubere Duschkabine. Besser als in den meisten Pensionen, in denen ich bisher meine Nächte verbracht hatte. Das Wasser war zuerst eiskalt, aber schon bald legte es sich wie eine schützende Umarmung warm auf meine Haut und ließ meinen Gedanken die Muße, sich noch einmal an die seltsamen Umstände zu erinnern, die mich aus Osaka, meiner ehemaligen Heimat, nach Tokio verschlagen hatten. Vor genau zwei Wochen war ich wie immer arbeiten gewesen - wenn man das so nennen konnte. Knapp bekleidet stand ich in einer Gasse, die zu meinen Gebiet gehörte (Die anderen Stricher nannten es abfällig das ‚Phönixnest’, jedoch nur wenn ich nicht in der Nähe war) und zählte meine Einnahmen. Genug um die nächste Woche etwas zu essen zu haben und dann noch 1000 Yen, die ich auf die Seite legen konnte. Zufrieden wollte ich mich schon auf den Weg zu meinem Unterschlupf machen, ein verwahrlostes Haus, in dem sich außer mir keine Menschenseele aufhielt (wofür ich persönlich gesorgt hatte), da kam ein Fremder auf mich zu. Keiner von meinen Stammkunden auf jeden Fall. „Guten Abend.“ Sagte er freundlich, als er vor mir stand. Mich um einen ganzen Kopf überragend und mit der dunklen Kapuze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte mochte er für manche bedrohlich wirken, doch ich war diesen Anblick gewöhnt, traf täglich solche Leute. Meisten frustrierte Ehemänner, die bei ihrem ‚kleinen Ausrutschern’ nicht erwischt werden wollten. Solche Leute verabscheute ich, so feige und verlogen. Wenn es ihre Frauen herausfänden, würden sie vermutlich jede Schuld von sich weisen. Erbärmlich! „Entschuldigen sie, aber ich möchte sie um eine Auskunft bitten.“ Unterbricht der Mann meinen Gedankengang. „Ich suche jemanden. Sein Name soll Chris sein, einen Nachnamen konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Aber er soll in ihren Kreisen auch als ‚Phe’ bekannt sein.“ Innerlich machte ich mich bereits auf alles gefasst, doch äußerlich blieb ich ruhig. Vielleicht war ich ihm nur von einem anderen Empfohlen worden.... Man sollte nicht immer das schlechteste von anderen denken... tausende dieser ‚schlauen Sprüche’ schwirrten durch meinen Kopf. Doch die Gesetze der Dunkelheit hatten mich etwas anderes gelehrt. Durch kleine Anspannungen der Muskeln, die für ein menschliches Auge nicht auszumachen waren, machte ich mich bereit, notfalls zu kämpfen. Solang der andere mich nicht unvorbereitet überraschte, hatte er keine Chance. Und rein äußerlich musste ich immer noch das Bild eines schwächlichen Strichers mit einer großen Klappe abgegeben haben. „Nie von ihm gehört, aber das hier ist mein Gebiet, und niemand wagt es, sich ohne meine Erlaubnis hier aufzuhalten!“ sagte ich hochnäsig. „ Aber...“ stotterte er, verwirrt über die schroffe Zurechtweisung, doch ich drehte mich einfach um und ging weiter meines Weges. „ Oh Michael, du hast es immer noch nicht verstanden!“ tadelte plötzlich sanft eine leicht spöttische Stimme, die sofort alle meine Alarmsysteme schrillen ließ. Und so kam es, dass die Bewegung, mit der ich mich wieder den beiden Fremden zuwendete, durch den Schreck steif und langsam war. Der andere, den ich zuvor nicht bemerkt hatte (ich verstand nicht, wo er hergekommen war, ich hätte jeden sich nähernden sofort bemerken müssen) strich ‚Michael’ sanft über den Kopf, den er traurig hängen ließ. „Verzeiht Meister“ wisperte er niedergeschlagen. Ich musste ihn diesem Moment abfällig geschnauft haben, denn der größere richtete nun seine Aufmerksamkeit auf mich. Aus trotzigen Augen blickte ich ihn feindselig an, als er mit federnden Schritten und einem auffällig netten Lächeln auf mich zuging. Ich hielt nicht viel von Leuten, die sich über andere erhoben und sich Titel wie ‚Herr’ oder ‚Meister’ geben ließen. „Hallo Chris.“ Sagte er und beugte sich zu mir hinab wie zu einem Kind. Der lange weiße Leinenmantel hing nur wenige Zentimeter über dem Boden und hatte, als er auf mich zuschritt, einige Papierfetzen aufgewirbelt, die nun wieder zu Boden sanken. Das er meinen Namen wusste quittierte ich nur mit einer herausfordern hochgezogenen Augenbraue, woraufhin er einfach zu lachen anfing! Diese Unverschämtheit konnte ich nicht dulden, doch bevor meine flache Hand ihren Platz auf seiner Wange finden konnte, hatte er sie bereits aufgehalten. Ich riss mich los und stolperte rückwärts. „Wage es nicht mich noch einmal zu berühren!“ zischte ich bedrohlich. Er machte mir keine Angst. Der Schlag hatte nur einen Bruchteil meiner Kraft enthalten, und doch hatte es mir klargemacht, dass er ein zumindest annähernd ebenbürtiger Gegner war. Also musterte ich ihn noch eindringlicher. Er war einen Kopf größer als ich und wirkte gut trainiert. Schmal und muskulös, gebaut wie ein Athlet war er und dieser Eindruck wurde durch kurze dunkelblonde Haare und wasserblaue Augen noch verstärkt. Unter dem offenen Mantel trug er einen Weinroten Rollkragenpullover und eine Jeans. Ein Mann, den man sah und gleich wieder vergas. Nicht sehr schön, nicht sehr hässlich, einfach ein Durchschnittsmensch. Und doch schien er etwas Besonderes an sich zu haben, das nur ich wahrnehmen konnte. Ich bemerkte, dass seine Muskeln ebenso unauffällig gespannt waren wie meine, dass er bereit war den letzten Rest seine Kraft im Falle eines Angriffs von einer Sekunde auf die andere freizusetzen. Auch er schien gemerkt zu haben, dass sein bisheriges Verhalten ihn nicht weiterbringen würde, denn sein zuvor noch väterlich-freundliches Gesicht verdunkelte sich leicht. „Wenn du mich nicht dazu gezwungen hättest, hätte ich dich nicht berührt.“ Stellte er dennoch immer noch ruhig klar. „Woher kennst du meinen Namen!“ forderte ich von ihm zu wissen, worauf er nur wieder zu lächeln anfing. Eins der ungeschriebenen Gesetze der Dunkelheit lautete: ‚ Sollte dein Gegner lächeln, hat er noch ein Ass (oder ein Messer) im Ärmel.’ „ So wie du gerade meine Vorbereitungen auf einen Kampf bemerkst, so habe ich auch deine erkannt.“ Erklärte er, und wieder war da dieser Tonfall, als würde er mit einem Kind sprechen. Unwillig knurrte ich. Vielleicht sollte ich ihm zeigen, dass ich ein durchaus erstzunehmender Gegner war. Doch als hätte er meine Gedanken gelesen hob er beschwichtigend die Hände und fuhr fort. „Nur Menschen wie uns ist es möglich, sich auf solche Weise auf einen Angriff vorzubereiten. Also musstest du Chris sein.“ „Menschen wie wir, pha! Was willst du damit sagen! Ich habe mit dir nichts zu schaffen!“ Doch in meinem Gehirn arbeitete es. War er etwa so wie ich? Ich dachte ich wäre der einzige... aber würde er dann von uns als ‚Menschen’ sprechen? Diesen Titel hatte ich schon vor langer Zeit abgelegt. „Vielleicht sollte ich dir erst einmal erklären, wozu Michael“ er deutete auf den hinter ihn stehenden, der unser Gespräch gespannt beobachtete. „und ich hierher gekommen sind. Meine Name ist Falco, aber du darfst mich ‚Fire’ nennen. Wir kommen aus Tokio, von einer Organisation, die sich ‚Phoenix’ nennt, und wir haben von deinen speziellen Fähigkeiten erfahren, sowie von dem Tatoo auf deinem Rücken. Stimmt es, das du es seit deiner Geburt trägst?“ „Seit ich mich erinnern kann, ja... aber die Leute im Heim sagten, das es sicher von irgendeiner Sekte dort angebracht worden ist.“ „ Aber es hat sich nicht verzogen, wie es beim Wachstum eigentlich der Fall sein müsste, oder?!“ hackte er nach. „ Na und?! Vielleicht bin ich eben so regelmäßig gewachsen, dass man das nicht erkennt. Überhaupt, was geht dich das an?!“ fauchte ich wütend. Er hatte nicht das Recht, so viel über mich zu erfahren! Er schien doch nicht so wie ich zu sein, sonst würde er diese Fragen nicht stellen. Frustriert wollte ich gehen. Eine weitere Hoffnung, doch nicht allein auf dieser Welt zu sein zerschlagen. Ich wollte nicht mehr. Wahrscheinlich kam er von so einem verrückten Wissenschaftlerverein, die in mir nur eine Anomalität sahen, die es wert war zerschnitten und untersucht zu werden. Und das alles wegen diesem blöden Tatoo, das ich doch so sehr hasste für das, was es für mich verkörperte. Ein Leben mit Hass und ewiger Einsamkeit. „Warte!“ rief er und packte mich fest an der Schulter. Wie konnte er es wagen! Ich wirbelte herum und holte schon zum Schlag aus, als ich erstaunt inne hielt. Was tat er da? Gerade hatte er seinen Mantel fallen lassen und nun... riss er den Ärmel seines Pullovers ab. Was sollte das. Da erst sah ich den leicht verschwommenen Fleck auf seiner Schulter und als ich näher trat, das es ein sehr verblasstes und unscharfes Tatoo war. Ähnlich dem, das auch ich trug. "Was soll das?" flüsterte ich verwirrt. "Auch ich trage dieses Zeichen, seit ich denken kann..... aber..... es war schon immer so schlecht...Ich habe gehört, deines soll klar zu sehen sein, als hätte es ein wahrer Künstler gestochen." Ich schwieg, konnte nicht glauben was ich sah. " Wir alle tragen dieses Zeichen." fuhr er fort, im ruhigen, beschwichtigenden Ton." Aber bei keinem ist es klar zu erkennen. Es soll angeblich über die Generationen hinweg verblasst sein, so heißt es zumindest." "Welche Generationen? Was soll das bedeuten?" warf ich ein. " Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen. Ich bin nur hier, um dir ein Angebot zu machen. Überlege es dir gut, es wird dein ganzes Leben verändern. Wir würden dich gerne in den Reihen der 'Phönixe' sehen." "Warum?" Meine alte Skepsis ist zurück, Gott sei dank. Wäre sie noch länger verschwunden gewesen, hätte das schlimme Folgen haben können. "Ich bedauere, aber mehr kann ich dir nicht sagen. Wenn du Interesse hast, komm zu uns nach Tokio. Wir werden dich dann erneut kontaktieren. Ich kann dir auf jeden Fall garantieren, das du dort unter..." er musterte mich kurz und abschätzig „zivilisierten Menschen wärst. So etwas wie hier,“ mit einer weiträumigen Bewegung, die verdreckten Mauern, den abbröckelnden Putz und vor allem meine Kleidung einschließend, deutete er um sich „ wirst du nicht mehr nötig haben.“ Zuletzt schwang unverhohlene Abscheu in seiner Stimme mit. Dann streckte er mir einen einfachen weißen Papierumschlag hin und sah mich auffordernd an. „Was soll ich damit?“ „Das ist genug Geld für ein Ticket nach Tokio.“ In diesem Moment riss mir der Geduldsfaden. Innerhalb einer Sekunde stand ich vor ihm und packte das Papier so heftig, das er zusammenzuckte. Dann riss ich den Fetzen Papier und den daraus hervorquellenden Inhalt genüsslich in kleine Fetzen. Zuletzt warf ich sie auf den Boden und zermalmte sie unter meinem Stiefel. Höhnisch blickte ich ihn dann an, während er immer noch fassungslos auf die grünen Schnipsel im Staub unter meinen Füßen starrte. Nach diesem kurzen Moment, in dem ich meinen Erfolg genoss, packte ich ihn am Kragen und presste ihn gegen die nächste Hauswand, auch wenn er größer war als ich, ich wusste, das er mir nicht mehr gefährlich werden konnte, schließlich wollte er etwas von mir. Mein Gesicht war dem seinem ganz nah. „ Hör mir jetzt gute zu!“ zischte ich fast lautlos in sein Ohr. „Seit ich 13 bin lebe ich auf der Straße, und doch habe ich noch nie ein Verbrechen begangen. Ich habe gehungert, wenn es sein musste und ich habe härter gearbeitet, als du es je in deinem Leben tun wirst. Und nur, weil der ‚Beruf’, den ich momentan ausübe, nicht deinen gehobenen Ansprüchen gerecht wird, so verdiene ich doch Geld und tue nichts unrechtes. Ich biete eine Ware an und es gibt Leute, die sie mir abnehmen, doch das bedeutet nicht, dass man mich so wie ich bin kaufen könnte! Und jetzt pack deinen Schoßhund da hinten ein und verschwinde, ich werde über euer Angebot nachdenken und dann werdet ihr schon sehn, was passiert. Mehr wirst du nicht von mir bekommen! Aber auch nicht weniger.“ Dann stieß ich ihn mit einem harten Ruck von mir und er landete in ein paar scheppernden Mülltonnen. Nun ging ich gemessenen Schrittes an seinem ungläubig dastehenden Gehilfen vorbei und verschwand in den Schatten. Im nachhinein musste ich zugeben, dass mich diese Begegnung mehr aus der Ruhe gebracht hatte, als ich mir hatte anmerken lassen. Tagelang hatte ich danach auf der dreckigen Matratze in meinem Unterschlupf gehockt und ins Leere gestarrt. Es war nicht das Geld oder das komfortable Leben gewesen, das mich lockte. Natürlich hatte ich eben diese Gründe gewesen, die ich mir immer wieder vorgehalten hatte, doch darum ging es nicht, nicht wirklich. ‚Menschen wie wir’ hatte er gesagt… Und auch wenn ich daran gezweifelt hatte, das er so war wie ich – was wenn ich mich irrte? Wenn dort Wesen wie ich waren? Die wie ich Probleme gehabt hatten, sich in dieser Welt zurechtzufinden, die meine Ängste und Sorgen, meine Einsamkeit nur zu gut nachempfinden konnten… Was wenn ich hier eine, nein, die einzige Chance verpasste, die mir das Leben gab? Hieß es nicht, jeder Mensch bekommt nur eine Chance, glücklich zu werden? Und wenn ich sie einfach so gehen ließ, was dann? Weiter dieses Leben führen, zwischen Angst, Hass, Abscheu und Verachtung - Das konnte ich nicht mehr, das wollte ich auch noch nie. Und das schlimmste war, das dies alles Gefühle waren, die ich nicht etwa von meiner Umwelt entgegengebracht bekam- natürlich auch das- doch vor allem empfand ich so mir selbst gegenüber. Angst vor dem, zu was ich mittlerweile geworden war, so brutal, so abweisend, nur damit mir niemand zu nahe kam, nur damit ich nicht verletzt wurde….. und selbst niemanden verletzte. Hass, Selbsthass, für das was ich war, für das was ich nie sein würde. Abscheu, weil ich ’dreckig’ war, weil ich den Job als Stricher selbst erniedrigend und widerwärtig empfand. Aber was hatte ich für eine Wahl, kriminell wollte ich nicht werden und eine Ausbildung hatte ich nicht. Auch war ich zu stolz um betteln zu gehen. Und die Verachtung, die war wohl die schlimmste. Weil ich ein erbärmliches Leben führte. Weil ich im Selbstmitleid versank. Weil ich zu feige war um etwas gegen all dies zu tun, um endlich mein Leben zum Besseren hin zu ändern. Weil ich schwach war, zu schwach um ich selbst zu sein, zu schwach um mir meine Träume zu leben, zu schwach um den Kreis des Schicksals zu durchbrechen, der mich gefangen hielt. Wütend schlug ich gegen die Fliesen und der Schmerz befreite mich von den Erinnerungen. „Hör auf mit diesem Geflenne!“ zischte ich dem Spiegel zu als ich die dusche wieder verlassen hatte. „Ich bin nicht schwach! Ich bin stark! Ich brauche niemanden, ich komme allein zurecht!“ Es war richtig gewesen, hierher zu kommen. Ich musste dieses erbärmliche Dasein in Osaka hinter mir lassen und versuchen von vorne anzufangen. Auch wenn nun meine Zukunft ungewiss war, besser als das dahinsiechen in diesem Drecksloch war es allemal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)