Meines Bruders Augen von Ezmeralda_la_Felidae (Kinder Tage) ================================================================================ Prolog: Kinder Tage ------------------- Meines Bruders Augen Meine Mutter, von der weis ich nichts. Irgendwann ging die wohl mit einem Ihrer unzähligen Männer weg. Den Vater hatten sie irgenwann eingesperrt. Warum genau wusste sie auch nicht mehr. Vielleicht war das aber auch eine der unzähligen Lügen ihrer Mutter?! -------------------------------------------------------------- »Ihr Vater (sie zog die Bezeichnung Erzeuger vor) ist ein Alkoholiker der sich auf dem Geldbeutel einer Hure, ihrer Mutter, ausruhte. Er tyrannisierte, schlug sie und nahm sich was er wollte. Ihr Zuhause war damals eine heruntergekommene Wohnung: ein Wohnzimmer, in dem sie und später auch ihr Bruder, schlief. Weiter hinten befanden sich ein Schlafzimmer sowie ein Zimmer für die Hobbys des Vaters. Und dann war da noch eine Abstellkammer: dunkel, ungemütlich und eng! Oft war sie da gewesen … Immer wenn Mutter oder Vater mal wieder meinten sie zu erziehen oder wenn ihnen das Geschreie, was durch die Erziehungsmaßnahmen zustande kam, auf die Nerven ging. Schon in jungen Jahren lernte das kleine Mädchen mit den pechschwarzen Haaren, der hellen Haut und den blauen Augen, dass der Stärkere das Sagen hat. Ob zuhause der Vater oder draußen die Gangs oder Älteren. Doch lernte sie auch wer nicht der Starke ist überlebt wenn er schneller ist. Als Sie ca. 2 Jahre alt war bekam die Mutter ein weiteres Kind. Genau wie sie und die Mutter hatte es pechschwarze Haare. Allerdings hatte der Kleine grüne Augen. Klare, lebendige grüne Augen. Sie liebte den Kleinen vom ersten Tag an und oft versank sie in seinen Augen und Wärme durchflutete sie. Was gut war, denn schon bald – obwohl sie selbst auch noch ein kleines Kind war - wurde ihr die Aufgabe zugeteilt auf den Kleinen aufzupassen ! Sie hatte dafür zu sorgen, dass er keinen störte. Er sollte nicht schreien und überhaupt sollte kein Geräusch von den Geschwistern zu hören sein. Doch war ihr das egal, es war ja ihr Bruder. Nun war sie nicht mehr allein in der Abstellkammer. Er hörte ihr zu wenn sie weinte und sie ihm. Er umarmte sie, wenn sie diese innere Kälte spürte, die sie erzittern lies wenn sie ihr wie ein Hauch über den Rücken ging. Und sie umarmte ihn, er war ihr Alles. Als sie größer wurden, waren sie meistens draußen, egal ob der Beton nass war vom Regen oder dampfte vor Hitze. Manchmal schaute sie ihm beim schlafen zu, leise, damit er nicht wach wurde. Für ihn wurde sie mutig und stellte sich so manchem Älteren. Man könnte fast sagen, dass er das Licht im Dunkeln für sie war. Er gab ihr die Kraft zum Leben und die Ruhe, den Schmerz der sie manchmal zerriss, zu ertragen. Doch dann geschah es: eines Tages war es wieder soweit. Der Vater kriegt einen seiner Ausraster und schlägt um sich. Wie eingeübt, wie angeboren, wollte sie mit ihrem Bruder fliehen – raus, weg! Doch da stürzte ihr Bruder und fing an zu weinen. „Was? Warum weinst du denn, ich gebe dir gleich einen Grund dafür.Du Bastard“, schrie der Vater ihren Bruder an. Man sah nur noch wie er wie ein Irrer, wuterfüllt mit Schaum vor dem Mund, auf den Knaben losging. Das kleine Mädchen, das eher rannte als kämpfte, packte all ihre Mut zusammen als sie die flehenden grünen Augen ihres Bruders sah: sie sprang dazwischen um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ein Schlag in den Magen riss sie zu Boden und ein darauf folgender Tritt katapultierte sie in die nächste Ecke. Von da an verschwamm der Kleinen alles vor den Augen. Schmerz, Wut, Bilder, wie ein Mann auf ihren Bruder einschlug. Bilder, Schmerz, Verzweiflung, Unbeholfenheit und Angst wurden eins. Zu einem kurzen Moment der auch Jahre hätte sein können. Dann kam die Polizei und riss den Mann, der eher wie ein wilder Stier wirkte, von dem leblosen Körper des Jungen. Sie riss sich von der Mutter los und auf allen Vieren krabbelte sie zu ihrem Bruder und nahm ihn in die Arme. Seine Augen waren kaum zu sehen weil sie so geschwollen waren. Die Haare klebten am Gesicht, mit Blut getränkt. Der Vater wurde rausgeführt und hasserfüllt schrie die Kleine ihm nach: “ Ich hasse dich und irgendwann ereilt dich das gleiche Schicksal!“ Dann war es still. Sie schaute auf den Körper ihres Bruders und es war, als würde etwas sterben, vergehen. Eisige Kälte … nichts anderes mehr fühlte sie. War sie es noch die hier war, oder war sie schon tot? Ihr Körper war irgendwie fremd, die Tränen versiegt und auf einmal wurde alles schwarz.« ----------------------------------- Ich erinnere mich noch wie ich im Krankenhaus wach wurde, in einem kalten weißen Zimmer. Die Sonne schien draußen, oder vielleicht doch nicht, es war hell. Evtl. war das Licht auch nur von den kalten Lampen. Aber ist das nicht egal … es war hell! Meine Mutter erzählte mir, dass Vater wieder ausgerastet sei, er aber ab jetzt für immer weg sei. Und dass wir umziehen würden. Nur wir Beide. Ich weiss nicht, aber irgendwie kam es mir komisch vor. Fehlte da nicht was? Bald war ich wieder zu Hause. In meiner kindlichen Art fragte ich die einzige die mir Antworten geben konnte, meine Mutter. „Mom, fehlt nicht was?“ „ Nein, mein Kind. Du hast einen heftigen Schlag abbekommen. Ruh´ dich aus! Vergiss´ die schlechten Zeiten!“ Die Sonne wärmte mich nicht. und wenn ich meine Hand unter heißes Wasser hielt, spürte ich nichts. Mir kam es vor als ob ich nur als Geist umher wandelte. Meine Mutter machte es wahnsinnig, dass es schien, als ob mir nichts mehr was bedeutete. Okay, das tat es auch nicht. Mir war es egal was oder wie etwas passierte, ob ich in der Schule Ärger bekam oder die anderen Schüler mich hänselten. Waren da überhaupt Andere? Zu Hause war ich eben irgendwie da. Wenn meine Mutter mich nicht gelegentlich zum essen gezwungen hätte, hätte ich auch das vergessen. Ich ging zu den Orten wo ich hin musste, das war alles. Den Rest der Zeit starrte ich aus dem Fenster oder an die Wände. Irgendwann ging meine Mutter und kam nicht wieder. So was wie ich war ihr wohl zuviel. Als der erste Brief vom Vermieter kam, der meiner Mutter mitteilen sollte, dass wir aus der Wohnung raus müssen weil seit 2 Monaten keine Miete gezahlt wurde wusste ich, dass ich von ihr nichts mehr hören würde. Das bedeutete mir nichts, es war eben so. Trotzdem wartete ich noch eine Woche und verließ dann die Wohnung, verließ die Betonstadt. Ich fing an mein Leben in die eigenen Hände zu nehmen! Kapitel 1: Kontakte ------------------- Mit 10 oder 11 Jahren ging ich mit meinem ersten Kunden mit. Es war eine dieser dunklen Gassen wo viele Kinder, so wie ich aufgetakelt oder im Schein der Unschuld gehüllt, standen. Von dem Geld was ich dort verdiente lebte ich eine Woche. Eine Zeitlang war mein Plan, dass ich einen Abend arbeiten würde und eine Woche davon leben könnte. Manchmal fragte mich einer dieser Männer ob ich nicht einige Zeit bei ihm wohnen wolle was ich manchmal auch tat. Ich wurde als Enkelin oder Nichte vorgestellt. Die dunkle Gasse, wie bei Rotkäppchen der dunkle gefährliche Wald, die Kids, die fast alle älter waren als ich und die Männer, die freundlich wie die Großmutter waren und später große starke Wölfe sein wollten. In Wirklichkeit waren es gebrochene armselige Menschen, die wie hungrige Hyänen das faulende Fleisch, die Mädchen anstarrten und wirklich glaubten, dass diese sie mögen könnten. Ich ging an diesem Abend das erste Mal mit, und auch wenn ich in meiner kindlichen Unschuld und Naivität geglaubt hatte alles zu wissen, so wurde ich, wie so oft, eines Besseren belehrt. Mit 13 erstach ich in Berlin einen Zuhälter im Affekt. Der wollte, dass ich für ihn anschaffe. Nun, vielleicht gibt es ja doch Schutzengel und einer wachte über mich. Natürlich musste ich Berlin erst mal verlassen. Es ist schon amüsant wie weit die Menschen mit sich selbst beschäftigt sind und wie viele Lügen sie glauben, nur um ihre Sicht der Welt nicht zu ändern. Egal was ich dem Schaffner oder sonst jemandem für eine Geschichte erzählte, meist kam ich damit durch. Es war leicht zu glauben, dass ein 12 oder 13 jähriges Kind allein mit der Bahn durch ganz Deutschland fährt weil es dann am Bahnhof von der Oma abgeholt wird, als dass man ihr die Geschichte glaubte, dass in einer Vorstadt wo jeder sein Häuschen hat, der Garten gepflegt ist und die Kinder immer ordentlich aus dem Haus gehen, dass dort in der Nachbarschaft die Frau Alkoholikerin ist die ihre Kinder schlägt und dass der Mann nur solange arbeitet, weil er schon lange sein Herz einer anderen geschenkt hat, sich aber nicht traut aus dem Bild hinaus zu treten. Mit 14 kannte ich schon die meisten großen Städte, ihr Nachtleben und wo ich die Infos herbekam die ich brauchte. Mit 15 besaß ich kleines Einzimmer-Appartement, einen gefälschten Ausweis und sogar ein Motorrad. Maria traf das erste Mal als ich gerade mal wieder spontan in Berlin war. Eigentlich wollte ich nur das Berliner Nachtleben genießen, nicht mehr. Da rennt mir plötzlich eine wildgewordene Italienerin vor mein Motorrad und beinahe hätte ich sie überrollt. Schnell hatte ich mein Bike wieder im Griff und da sah ich auch schon aus dem Augenwinkel wie zwei Machos auf uns zurannten. Wie Blitze ging es mir durch den Kopf. Eigentlich halte ich mich immer aus so was raus, aber die Gelegenheit jemandem eins auszuwischen der es auf ein Mädchen abgesehen hat, war genial. Ich war ja nur heute Abend hier und kannte zwar einige Leute, war aber selber nicht allzu bekannt, warum also nicht. So begann einer meiner interrasantesten Abende in Berlin. Ich fuhr neben die Kleine: “Na komm schon, spring auf“ schrie ich ihr zu. Sie sprang auf und klammerte sich gleich an mich. Ihre kalten Hände jagten mir einen Schauer über den Rücken. Wir fuhren los und innerlich lachte ich schon, als Schüsse bellten und Kugeln an uns vorbei flogen! Ich schaute nach hinten und sah einen Dodge Viper hinter uns herjagen, mit zwei Waffen Mündungen die uns Grüße zuriefen. Die Art Grüße, die ich nicht mochte. Ich gab Gas, “der Asphalt brannte“, und während sich mein Sprit immer mehr dem Ende näherte, zog sich die Jagt quer durch Berlin. Nach einem harten Ruck nach links rief die Kleine mir zu: „Fahr zum Nordfriedhof“ und ich bog in Richtung Süden ab. Dort kannte ich eine Bahnunterführung wo einige Gangs manchmal feierten, sodass das Schloss der Absperrung schon so gelitten hatte, dass es mir ein Leichtes sein könnte mit meinem Bike durchzubrechen. Ich musste nur bis dort hin aushalten. Ganz knapp schafften wir es und noch knapper war es bis zum Friedhof mit dem Sprit zu kommen. Dort angekommen lotste Maria mich bis zu einer Gruft und ich lies das Bike stehen. Sie schob einen Sargdeckel zur Seite und wir stiegen hinein. Ich fand das zwar etwas seltsam, trotzdem folgte ich ihr hinein. Es ging überraschend steil nach unten! Unten angekommen sah ich eine große Halle die, soweit ich sehen konnte, gemütlich ausgeschmückt war. Schwaches Licht erleuchtete einen großen Saal der rundherum mit Tüchern ausgehangen war. Unzählige Sitzkissen versprachen gemütliches Sitzen und der Rauch von vielen Räucherstäbchen lies mich ganz vergessen, dass wir unter einer Gruft waren. Plötzlich schnellte ein Arm um meinem Hals, währenddessen mein Springmesser zu dem dazu gehörigen Bauch aufsprang. „Sancho lass sie, sie hat mir gerade geholfen“, hörte ich Maria brüllen. Der junge Mexikaner mit dem krausen Kopf der zu dem Arm gehörte, ging seelenruhig weg. Ich könnte schwören, dass ich ihm mein Messer genau in den Magen gerammt und hochgezogen hatte. Was war denn hier los? „ Hey Icefire, feiere mit uns! Du hast mir gerade den Arsch gerettet und so was vergessen die Roma nicht!“, rief sie durch die Halle. Die voller Leute war, in dessen Mitte Maria stand, die unsere nächtliche Vervollgungsjagt mit einigen zulagen erzählt. Jetzt erst sah ich sie genau: schwarzes lockiges Haar, capuccinobraune Haut, ein verspieltes stolzes Funkeln in den Augen und an einem Ohr ein goldenes Kreuz. Ihren rassigen Körper bedeckte eine Bluse die etwas zu weit offen war, die enge Jeans schmiegte sich an ihre Beine und unzählige goldene Armreifen an ihren Armen ließen uns jede ihrer Bewegungen vernehmen. Um ihren Bauchnabel spielten tätowierte Rosenranken die im Bund der Hose verschwanden. Aus großen Boxen, die in allen Ecken angebracht waren, ertönte Musik und etwas zu Trinken wurde rumgereicht. Anfangs sah ich kaum jemanden etwas trinken. Es war eine seltsame athmospfhäre, unheimlich düster und doch auf eine unbeschreibliche art interrasant anregend. Als ob man mit dem Feuer spielen würde. Von da an weiß ich nichts mehr genau! Tanz, Musik, Bilder … so wirr in meinem Kopf! Wow, der Stoff muss gut gewesen sein denn er haute mich total aus den Socken. Manchmal glaubte ich Blut an den Mundwinkeln einiger der Anwesenden zu sehen, dachte aber dass es eine weitere Einbildung ist. Wenn ich jetzt so zurück denke, wird mir klar, dass eigentlich keiner etwas trank, außer mir. Irgendwann wachte ich im Park auf, mein Helm und mein Bike befanden sich neben mir. In der Hosentasche fühlte ich einen Anhänger in der Form eines Kreuzes. Mein Geld war weg, meine Waffe auch. Als Andenken des letzten Abends hatte ich einen riesengroßen Brummschädel. Einige Tage später, als ich wieder mal in Berlin war, ging ich zu dieser Gruft. Es war nichts zu finden. Keinerlei Anzeichen eines Geheimgangs. ______________________________________________ »Eines Tages hatte sie Glück im Unglück. Ein gesprächiger Freier, ein Mitarbeiter eines Politikers, gab ihr die Informationen die sie brauchte, um eben diesen Politiker zu erpressen. Es gelang ihr so in die “höhere Klasse“ zu kommen. Sie konnte bessere Preise verlangen und eine eigene Wohnung erpressen um von dem Straßendreck wegzukommen. Zu Ihrem Pech, oder soll ich Glück sagen, hatte dieser Politiker Verbindungen zu dunkeln Mächten. Eines Tages kam ein Kunde der anders war als die anderen. Sie war schon einige extravagante Spiele gewohnt, doch als dieser Mann seine Fänge entblößte wusste auch sie, dass da mehr hinter steckte als sie ahnte. Er warf sie auf das Bett und bald war sie sich sicher, dass er etwas anderes unter `härtere Gangart´ verstand als sie, vielleicht sogar unter Sex. Er musste mehr als pervers sein. Sie versuchte schnell an ihr Messer zu kommen das sie immer griffbereit hatte. Trotzdem sie sehr gut damit war, er schlug es ihr ganz leicht aus der Hand. Dann war auf ihr und mit einer Hand hielt er ihre fest und zwang sie ihm in die Augen zu sehen. „Du wirst jetzt schön brav sein, dann hast du es vielleicht schnell und schmerzlos hinter dir“, flüsterte er. Kein Ton kam von ihr. Dieser Mann schien sich über die Einfachheit dieses Auftrages zu freuen und er ließ sie bald los. Jedoch hatte er nicht damit gerechnet, dass ein einfaches Mädchen seinem Willen Paroli bieten könnte. Kaum waren ihre Hände frei, griff sie schnell hinter das Bett, fasste ihre Knarre und feuerte zweimal auf den Mann: auf den Kopf und danach auf die Hände. Sie atmete auf und überlegte wie sie die Leiche loswerden könnte als ihr ein schmerzhafter Schlag fast die Hand zertrümmerte in der sie noch die Waffe hielt! Der Mann lebte noch! Während er sie nun wieder fest unter sich fixierte sah sie erstaunt zu, wie seine Wunden sich schlossen. Er wanderte mit seinem Gesicht zu ihrem und leckte ihr hart über die Wange: „Du wirst bestimmt gut schmecken. Verabschiede dich schon mal von der Welt.“ flüsterte er ihr mit höhnischer Stimme ins Ohr. "Du wist bestimmt gut schmecken." wiederholte er wie in Trance. Er wanderte weiter, kam an ihrem Hals an und es durchfuhren sie unbekannte Gefühle als er anfing zu trinken. Sie merkte kaum noch wie sie schwächer wurde und in der Leere zu verschwinden drohte. Da kam mit einem mal jemand herein. Sie sah nicht wer es war, erkannte ihn nicht. Er riss den sabbernden Burschen von ihr runter und schmiss ihn aus dem Fenster. Und brachte zu Ende was der eine angefangen hatte! Als sie tot in seinen Armen lag, zumindest glaubte er das, war er aus irgendeinem Grund fasziniert von diesem Wesen. Ein leichtes Stöhnen vor Schwäche war zu hören. Wie sie sich ans Leben klammerte! Er legte sie wieder auf das Bett, nahm das runtergefallene Messer, schnitt tief an seinem Handgelenk entlang und gab ihr von seinem Blut. Sie schluckte es. Warum nur? Wer weiß!? Vielleicht wusste er selber nicht mal warum. Er zog noch alle Vorhänge zu, dann verschwand er. Lies sie dort liegen. « ______________________________________________ Mit ca. 19 Jahren kam eines Tages ein seltsamer Kunde, ich weiß nicht was geschah. Aber ich weiß noch, dass sich nach diesem Abend mein ganzen Leben änderte. Kapitel 2: Verwandlung ---------------------- Er gab mir die Macht die ich brauchte um weiter zu kommen. Doch bis ich verstehen sollte was ich für eine Macht geschenkt bekommen habe und was für einen Preis ich dafür zahlen sollte, dauerte es noch lange. Bis ich endlich wusste wie ich diese Macht nutzen konnte musste ich noch einen langen Weg zurück legen. Ich wachte zur nächsten Abenddämmerung auf, alles war schwer und ich verspürte Durst der größer war als alles was ich mir je vorgestellt hatte. Ich zog die Vorhänge zurück und wollte rausschauen, doch kaum berührte einer der letzten Sonnenstrahlen meine Haut empfand ich einen Schmerz, so stark und echt, wie ich lange nichts mehr empfunden habe. Meine Haut fing an Blasen zu schlagen, gewissermaßen zu verbrennen. Vor Schmerzen schrie ich auf und sprang vom Fenster weg. Zorn stieg in mir an und immer noch war da dieser gewaltige Durst. Am Waschbecken versuchte ich die Verbrennungen mit Wasser abzukühlen und trank auch etwas davon .Doch egal wie viel ich trank, mein Durst wurde nicht weniger. Mir wurde sogar nach kurzer Zeit schlecht und ich erbrach alles - mit einem guten Teil an Blut! Ich spürte Verzweiflung. Langsam krochen Stimmen des Wahnsinns in meine Gedanken. Ich schaute in den Spiegel und sah das kleine Mädchen das vor so langer Zeit auch schon hilflos in der Ecke gesessen hatte. Die Gewissheit diese Situation schon so oft erlebt zu haben, nichts tun zu können und hilflos im eigenen Körper gefangen zu sein, machte sich in mir breit. Der Wunsch endlich schlafen und sterben zu können, endlich Ruhe zu haben. Dieser Wunsch war so tief in mir verankert und schon Teil von mir. Wie der Mond zum Himmel gehört. Zu diesem Zeitpunkt ich wusste noch nicht, dass ich schon tot war. Aus dieser Verzweiflung geboren, zwischen all den Stimmen die mir wie schon früher sagten ich sei ein Nichts und ich könnte nichts ändern, alles sei verloren wie schon so Vieles, rief eine Stimme : Nein! Im Spiegel schaute ich mir tief in die blauen Augen und es mir kam vor als würden mich noch Andere anschauen, mir zurufen stark zu sein, mich aufmuntern und mir Stärke geben. Angetrieben von einer Energie die ich nicht kannte, gehetzt von einem Verlangen das ich noch nie verspürt hatte, rannte ich hinaus in den Abend. Nicht lange und ich sah im Park eine junge Frau. Schon von weitem hörte ich ihren Herzschlag - der erregte mich sehr. Sie hatte sich an den Strauchrosen geschnitten, der Geruch ihres Blutes vernebelte meinen Verstand. Ohne nachzudenken war ich bei ihr und meine Fänge vergruben sich in ihren weichen Hals. Ja! Endlich wurde mein Durst gelöscht, endlich kehrte Ruhe in mir ein. Ich ließ die Frau liegen während ich den Abend in diesem Park verbrachte, in die Nacht starrte. Kurz vor Sonnenaufgang ging ich instinktiv wieder nach Hause. Ich verfiel Tagsüber in so was wie einen tiefen Schlaf. In den Tiefen der Schwärze meines Schlafes sah ich immer wieder, wie grüne Augen mich anschauten, mal flehten oder mir Ruhe gaben. Wozu gehören diese Augen, warum kamen sie mir so bekannt vor? Und warum kamen sie jetzt so oft in meine Träume und geben mir Ruhe und Kraft? Manchmal wache ich auf mit Zorn auf nachdem ich wieder diese Augen sah und manchmal so ausgeruht, als wäre ich eine ganz normale Jugendliche. In diese Art von Tagesablauf verfiel ich für einige Zeit. Es kam mir vor als spürte ich mehr als Früher, dass Etwas in mir geöffnet wurde, was lange verschlossen gewesen war. Als ich später erfuhr dass ich tot sei musste ich grinsen. Lebendig habe ich weniger vom Leben wahrgenommen als in der Zeit, als ich starb und nun tot auf Erden wandle. In der Welt der Lebenden tot sein, um in der Welt der Toten zu leben. Amüsant! Irgendwann traf ich Anastasia. Sie überraschte mich bei einem meiner, nun etwas eleganter und gekonnter gewordenen Streifzüge durch die Nächte, auf der Suche nach frischem Blut. Es war eine verregnete Nach, der Wind peitschte einem wild ins Gesicht und ich war froh, überhaupt einen Menschen draußen gefunden zu haben. Da packte mich, kurz bevor ich wieder mal im Rausch des Durstes zuviel getrunken hätte, etwas von hinten und riss mich mit großer Kraft von meinem Opfer weg. Als die erste Überraschung verflogen war, war ich gleich der nächsten ausgesetzt, denn ich sah zum ersten Mal Anastasia: eine akkurat gerade stehende Frau von höchstens 30 Jahren. Die blonden Haare streng zu einem Knoten nach hinten gebunden und durch die Brille schauten mich ihre klaren, grünen Augen an. Der Rock dieser Frau wäre vielleicht im 18./19. Jahrhundert „in“ gewesen. Trotzdem strahlte sie nichts aus, was sie fehl am Platz erscheinen lies oder zum lachen anregte. Mit den in weißen Handschuhen gekleideten Händen ihren Regenschirm festhaltend schaute sie auf mich. Nach einem langen Blick, mit dem sie meine Augen fixiert hatte, machte Anastasia mir ein Angebot was wahrlich schwer abzulehnen war. Sie schlug mir vor, sie als Mentorin anzuerkennen wofür lediglich, ab dem Moment wo ich Geld einnehmen würde, ich ihr für 100 Jahre den zehnten Teil meiner Einnahmen abgeben müsste. Auch sollte ich ihr gelegentlich für einige dienste zur Hand gehen. Sie würde mich dafür einige Fähigkeiten lehren, mich in die Geheimnisse dieser Gesellschaft, die sich, wie ich nun erfuhr, Vampire nennt, einführen. So stark wie sie mich die ganze Zeit mit ihrem Blick fixierte schien mir das einzig Richtige zu sein ihr zu folgen. Doch da machte sich etwas wie Rebellion in mir breit. Vampire? 100 Jahre? War diese Frau vielleicht verrückt, solange kann man doch nicht leben. Und doch, schließlich ernährte ich mich seit geraumer Zeit abendlich von Blut und mied das Sonnenlicht. Auch zum Arzt war ich nicht gegangen. All dies hätte mir schon längst sagen können was mit mir los war, doch ich hatte die Augen vor der Wahrheit verschlossen. Ich war festgefahren in den abendlichen Wiederholungen, auch jeder Tag war gleich. Ich hatte nichts daran geändert sondern mich in die Geborgenheit und Sicherheit der Wiederholung geflüchtet. Doch nun hatten mich diese grünen Augen in ihren Bann gezogen. Trotzdem wand ich mich ab um zu gehen. „Willst du im Ernst diesen Weg einschlagen“, fragte sie mich ruhig und sachlich. Ich drehte mich um und sah sie herausfordernd an. Der Regen peitschte immer heftiger, meine langen schwarzen Haare wirbelten nur so um meinen Kopf. Und sie, sie stand da wie eine Statue, als würde der Wind sie vollkommen ignorieren. „Warum sollte ich diesen Weg denn nicht gehen? Weil es euch nicht passt?“, giftete ich sie trotzig an. Ruhig und doch mit fester Stimme gab sie zurück: „Nein, sondern weil er falsch ist.“ Dann wandte sie sich zum Gehen um, Wind und Regen hörten auf und ich, ich folgte ihr. Ich weiß nicht wie lange wir liefen ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Irgendwann hatte ich zwar aufgeholt, ging aber doch schweigend hinter ihr. Nach einiger Zeit verfiel ich in einen gewissen Trott des Laufens. Das Wetter hatte sich beruhigt, nur noch der nasse Boden verriet, dass es vor Kurzem geregnet haben musste. An einem großen Tor blieben wir stehen. Anastasia zog an einer Schnur und wir warteten. Die Zeit verging und das Gezwitscher der Vögel kündigte den baldigen Morgen an. Doch Anastasia wartete. Ich ging zum Tor und wollte es öffnen, endlich reingehen. Das Tor war nicht verschlossen, doch als ich hindurch gehen wollte hörte ich hinter mir Anastasias Stimme: „Schließ es und warte! Das ist nicht deine Aufgabe!“ „Aber …“ ohne zu Wort gekommen zu sein, hatte sie mir mit einer Handbewegung zu verstehen gegeben, dass es nicht mehr zu sagen gab. Was blieb mir anderes übrig als zu warten. Mit meiner Entscheidung ihr zu folgen hatte ich sie als meine Mentorin anerkannt und ich wusste, dass sie nun das letzte Wort hatte. Auch wenn es nicht so wäre, diese Frau hatte eine Ausstrahlung wo man lieber nicht gegen agierte. Also wartete ich, zwar unruhig, aber ich wartete. Nach weiteren unendlich lange dauernden Sekunden, die mir wie Stunden vorkamen, kam ein Mann mittleren Alters zum Tor und öffnete es. Er verneigte sich tief: „Verzeiht, My Lady, dass ihr so lange warten musstet“, sprach er leise und klar. Sie schritt an ihm vorbei und ich folgte ihr sofort. Das Wissen, dass die Sonne gleich aufgehen würde, beschleunigte meine Schritte, aber sobald ich sie überholen wollte hielt sie mich auf: „ Erstens, renne nicht! Lass die dich nicht hetzen. Zweitens, kontrolliere den Zorn und das Feuer das gerade in dir aufsteigt und gehe ruhig weiter.“ Ich begriff, dass der Unterricht begonnen hatte. So versuchte ich meinen Zorn zu bezwingen und mich mit der Beschaffenheit dieses Gartens abzulenken. Ich sah klare Linien, die Hecken bestanden entweder aus interessanten Figuren oder aus geraden klaren Abgrenzungen. Die Wiese war superordentlich gemäht und in der Nähe stand ein kleiner Vogelbrunnen. Es sollte Jahre dauern bis ich dieses Gelände wieder verlassen sollte. Es sollten Jahres des Lernens, des Beherrschens werden. Mal lachend und dann wieder schreiend vor Schmerzen Mal fast an der Verzweiflung erstickend und schon glaubend, dass die süßen Stimmen des Zweifels, die den Wahnsinn ankündigten, einem gut Freund sind, nur um von ihnen wieder verlacht und im Stich gelassen zu werden. Immer wieder den Zorn ausbrechen spüren und ohne Kontrolle durch die Gänge zu rasen und hinterher zu weinen um diejenigen, die mir nicht schnell genug aus den Weg gingen und jetzt für immer weg sind. Und doch sollten es auch die schönsten Jahre werden … und auch die Zeit in der ich eine der größten Mächte erhalten sollte: Wissen! Wir waren nun vor einem großen alten Haus zum Stehen gekommen. Die dicken Steinmauern wirkten bedrohlich einengend auf mich und verschiedene Arten von seltsamen Fratzen sahen auf uns hinunter als wir eintraten. „Schau sie nicht zu lange an, das mögen sie nicht!“ warnte Anastasia mich. „Wer?“, fragte ich sie und wand, ihre Antwort ahnend, gleich den Blick von den Fratzen ab. „Die Gargüllen, sie schützen dieses Haus. Aber sie mögen es nicht angegafft zu werden.“ meinte sie sehr sachlich. Die große schöne Eingangstür war nun geöffnet und ich ging hinter Anastasia hinein … und betrat eine für mich völlig andere Welt. Kapitel 3: Remis ---------------- Ich wollte hier ein vielen dank an meine Beta-Leserin yukari sagen, ohne die vieles meines geschriebenen nicht lesbar wäre. Und ich danke für die Kommentare und freu mich auf neue. Cya ---------------------------------------------------------------------------------- Ich ahnte nicht wie weit die Abgründe eines Seins gehen können, obwohl ich wusste was geschehen kann wenn man die Kontrolle über sich verliert war mir nie bekannt gewesen wie schön dies Sein kann und wie bitter der Nachgeschmack ist wenn man mit eigenen Augen ein Feld der Verwüstung sieht. Anastasia war eine gute Lehrerin und Mentorin und ich würde sogar sagen, dass wir Freundinnen wurden. Doch war sie auch kalt und hart in dem was sie lehrte. Ich werde nie ihre Grundregel vergessen die lautete: „Hab erstmal Macht über dich selbst“. Wie oft sie mich bis aufs Blut reizte nur um mir später die toten Kadaver zu zeigen, die die mit im Raum gewesen sind, nur weil ich mich selbst nicht halten konnte. Wie auch! Nie habe ich Halt kennen gelernt, immer nur versuchte ich zu überleben, und jetzt sollte ich mir selbst Halt geben... „Wenn du dich sicher fühlst, in dir und in deiner Umgebung, wirst du dich besser kontrollieren können.“ sagte sie einmal zu mir während ich hinausrennen wollte, hinaus in die Sonne weil ich nicht ertragen konnte was ich getan hatte. Seltsam, in der Zeit in der ich noch `normal´ gelebt hatte, hatte ich weitaus weniger empfunden als jetzt. Oft saß ich oben auf dem Dach im Mondschein während alles zu schlafen schien. Der wunderschöne Garten mit seinen Vogelbrunnen, den ordentlich gestutzten Hecken … alles war auf eine düstere Art wunderschön und geheimnisvoll. Ich lauschte der Melodie des Windes und wenn es regnete genoss ich das reinigende Wasser auf meiner Haut. Ich konnte Stundenlang dort oben verweilen, ohne mich zu bewegen, sodass die Diener des Hauses mich manchmal für eine der Statuen hielten. Immer noch verfolgten mich diese Augen, schrieen mich an, riefen mich, trösteten mich und ließen mir keine Ruhe. Und warum wurde ich zu dem gemacht was ich bin? Erfuhr ich doch bei Anastasia, dass Vampire sich meist Ihre Kinder, so wie sie die neu zu Erschaffenen nennen, lange beobachten und gut auswählen um sie dann später selbst auszubilden. Und wer oder was war die Stimme die mich manchmal in meinen Träumen und auch am Tage heimsuchte? Die Zeit verging schnell aber körperlich alterte ich nicht und auch in meinem Umfeld blieb alles wie es war. So, als ob die Zeit angehalten worden war. Nur an der unterschiedlichen Länge der Nächte merkte ich manchmal, dass die Zeit weiter zu laufen schien. Anastasia lehrte mich nicht nur meine Schwäche, diese alles vernichtende Wut, zu kontrollieren, sie begann bald auch mich in Form und Umgang zu schulen, sowie auch mein Allgemeinwissen, alles was ich in der Schule hätte lernen müssen, soziale Umgangsregeln und all die kleinen Sachen die mich niemand anderer vorher gelehrt oder die ich mir auf der Straße selbst beigebrachte. Mal war sie wie eine geduldige Mutter, dann wieder so hart wie ein Ausbilder bei der Bundeswehr. Mein Trotz war ihr nicht gerade eine Hilfe, hatte ich doch immer nur gelernt wann, wie und was ich wollte. Und nun sollte ich mich an Regeln und Pläne halten, und an Pünktlichkeit in jeglicher Hinsicht. Ich verstand oft den Sinn nicht wozu das alles, hatte ich doch alle Zeit der Welt – oder nicht? Aber das Schönste waren unsere abendlichen Schachpartien, manchmal schweigend und oft plaudernd, die auch heute noch zu unserer liebsten Beschäftigung gehören wenn wir uns treffen. In diesem wunderschönen Salon, wo man ein Feuer knistern hörte und wo diese schweren gemütlichen Ohrensessel standen in denen wir immer saßen. Neben uns stand, meist auf kleinen Tischchen, ein Blutcognac, der von Ihrem Guhl Victor, einem großen Mann mit kurzen blonden Haaren und stechend blauen Augen, gemixt wurde. An solch einem Abend, wo ich meiner Ansicht nach den richtigen Moment erwischte ohne die Stimmung in ein Ungleichgewicht zu bringen, wie Anastasia es immer ausdrückte, deutete ich eine Idee, die schon seit längerem in meinem Kopf rumorte, an. Ich zog zur Ablenkung meinen Läufer in ihren gesicherten Bereich und bedrohte ihre Dame und fing dann an zu sprechen: »Ich will mir einen lukrativen Beruf suchen, einen bei dem es allerdings nicht auffällt dass ich schon `länger dabei bin´. Ich will eine neue Herausforderung und eine gewisse Macht erreichen. « Sie zog jetzt ihre Dame aus dem Gefahrengebiet, keine Antwort gab sie. Ihre Haltung war wie immer akkurat, wie die einer Adelsdame. Ich war nun an der Reihe mit ziehen, ich grübelte angestrengt und verkniff mir sie zu fragen ob sie mich verstanden hatte oder nicht. Manchmal ist Ruhe und Geduld der beste Weg zum Ziel! Also zwang ich mich dazu, nicht gerade eine meiner Stärken, aber ich wusste dass sie mit mir spielte oder mich testete. Es war ein Spiel der Macht, wer lies zuerst die Neugierde durch die Maske des Seins blitzen. Bin ich es die ihre Antwort und Meinung hören will. Ist sie es die erfahren möchte was ich vorhabe, wenn es sie überhaupt interessieren sollte. Wenn sie mich überhaupt gehört hatte! Manchmal ist sie so in einem guten Spiel versunken, dass sie kaum etwas wahr nimmt von dem was um sie herum passiert. Das Feuer knisterte leise im Kamin, Violinentöne untermalten das Spiel und beide schauten wir konzentriert auf das Schachbrett. »Solltest du? « kam es fragend von ihr. Die Stimmung war eigentlich angenehm, doch etwas lag in der Luft. »War das eine Frage oder eine Aussage? Wer sagt, dass du musst? Willst du? Und was willst du? « Innerlich lächelte ich, wobei ich versuchte weiterhin konzentriert zu spielen. Diesmal blieb ich ruhig und lies sie zappeln. Oft hat ja der, der fragt das Gespräch in der Hand und führt. Doch wenn dies dem Gegenüber auffällt kann er versuchen dieses an sich zu reißen und genau so ein Duell schien dies zu werden. Wer wird führen? »Du hast mal gesagt man kann alles lernen. Man braucht nur den Willen, die Zeit und die Möglichkeit dazu. « Ihre Figuren gewannen die Oberhand, hatte ich mich doch zu sehr ablenken lassen. Draußen hatte es zu regnen begonnen. Eine Strähne viel mir ins Gesicht, ich nippte an meinem Blutcognac wonach ich mir dann die Selbige aus dem Gesicht strich. Nun war ich am Zug, mit sicherer Hand zog ich meinen Turm aus der Falle von Anastasia. Danach liess ich mich rücklings in den Sessel gleiten, schlug die Beine übereinander und schaute sie offen an. Es war Remis, nach dem nun letzten Zug für Anastasia war die Partie als unendschieden ausgegangen. Auch sie setzte sich auf. »Was möchtest du? « »Nun, ich habe eine Vorstellung von dem was ich aufbauen möchte, doch es ist noch nicht spruchreif. Außerdem soll man die Zukunft nicht binden, sie muss frei und anpassungsfähig sein. Was ich will ist die Möglichkeit zu lernen. Dir wird bestimmt aufgefallen sein, dass ich mich schon länger mit einigen Untergrundstrukturen befasst habe, sowie anderen Kleinigkeiten. Ich brauche Wissen über Nah- und Fernwaffen sowie Unterricht in diversen Kampftechniken. Außerdem geschichtliches Wissen und mehr über unsere Gesellschaft, nicht um in ihr zu überleben, sondern genug um in ihr bewusst agieren zu können. Dann brauche ich auch ein gewisses Startkapital. Der Wille ist da. Zeit ist auch vorhanden. Mir fehlt nur noch die Möglichkeit und genau um diese bitte ich dich. « Sie trank von ihrem Blutcognac: » Du hättest gewinnen können! « Darauf war ich nicht vorbereitet, so ein Themawechsel! Kein nein, kein ja, was war los?? Oder testete sie mich nur wieder?! Ich versuchte wieder ruhig zu bleiben, merkte, wie diese Wut in mir aufschäumte, der Makel des Clans zu dem ich nun gehöre. Aber ich bezwang sie und entschied mich erst mal mitzuspielen. » Du auch, es ist ein Spiel, jeder hätte gewinnen können. « gab ich neutral zur Antwort, wobei versuchte meine Ungeduld aus der Stimmer zu nehmen. Ruhe, Schweigen. Der Regen prasselte immer noch gegen das Fenster, das Feuer knisterte weiter und die Musik spielte, doch sie blieb ruhig und fing langsam an das Schachbrett wegzuräumen. Während ich schwer mit meiner Ungeduld zu kämpfen hatte. Dann plötzlich, nach meiner Meinung Stunden später, doch waren es nur Minuten gewesen, sprach sie mich wieder an. »10 Jahre. Du sollst die Ausbildung erhalten, du sollst ein gewisses Maß an Wissen erhalten und dann werde ich dir in 10 Jahren ein kleine Summe zur Verfügung stellen damit du die ersten Monate was hast, die ich auf dein Schuldenkonto schreiben werde. 2 später wirst du eine E-Mail erhalten mit Kontodaten wo du anfangen wirst die Schulden abzuzahlen, sowie den 10ten Teil deiner Einnahmen mir überweist. Und du wirst in 10 Jahren dieses Haus verlassen. « Mit diesen Worten lies sie mich im Salon alleine. Und ich wusste nicht ganz recht ob ich was gewonnen oder verloren hatte. „Remis“. Kapitel 4: Anfang ----------------- Zehn Jahre später Wir hatten am Tag vorher noch Schach gespielt. Es war ein ruhiger Abend und das Feuer knisterte im Kamin während Victor uns wie immer Blutcognac brachte, wir spielten und sprachen über die letzten Tage als wäre dies ein ganz normaler Abend, in einem Leben das so abstrakt war, jedoch für mich inzwischen normal. Am nächsten Abend wachte ich in einem leeren Haus auf. Ich spürte etwas und ein Gefühl, das mir alles erklärte, erwachte in mir. Das Haus war leer, ausgestorben, wie tot. Das Glas mit Blut, mein Frühstück - wie ich es noch, an menschlichen zeiten hängend, nannte stand auf dem Nachtisch. Mein Instinkt sagte mir, dass es mein letztes sein würde. Ich trank es bis auf den letzten Tropfen aus, wischte das klamme Gefühl beiseite, schimpfte es Lüge und ging hinunter. Doch es sprach die Wahrheit, aber ich leugnete es mit aller Kraft und verschloss die Augen. Das Haus war wirklich leer, alle Fenster verschlossen. Nicht das es hier je laut gewesen wäre, aber ich merkte wie ich mich in den letzten Jahren an die Gesichter gewöhnt hatte, wie z. B. an den leichten Duft von Lavendel den Anastasia zu trägen pflegte oder meine Lehrer, mit denen ich mich so oft gestritten hatte. Ich ging in das Lesezimmer wo ich so oft zu spät zum Unterricht kam, doch diesmal war ich zu früh. Langsam kroch die Hoffnung hoch meinen Lehrer doch hier anzutreffen. Ich lenkte mich mit der Vorstellung ab wie er wohl erstaunt schauen würde wenn ich zu früh da wäre. Ich klopfte an die Tür, nichts. Die Zeit spielte mir wieder einen Streich und schien zu kriechen. Dann, ich hörte etwas, irgendwo klirrte es leicht. Ich klammerte mich an den Gedanken das es von ihm käme und trat, jede Höflichkeit vergessend ein. Dieser Raum ist von der Tür an länglich und ein Meter nach rechts ist eine Wand an der wie überall hier große Bücherregale stehen. Der ganze Raum ist voll mit Bücherregalen in denen Bücher und Schriftrollen aus den unterschiedlichsten zeiten stehen und liegen. Genau gegenüber von mir, und somit auch der Tür, gibt es fünf große Doppelfenster vor de-nen jeweils ein großer Tisch mit sechs Stühlen stehen. Jedes Fenster wird durch ein Bücher-regal von dem anderen getrennt wobei die Bücherregale von der einen Wand bis zur gegenüberliegenden Wand reichen. In ihrer Mitte ist jeweils eine türgroße Öffnung, was den An-schien erweckt, es wären fünf einzelne Räume. Nichts, ich schaute mich um nach irgendetwas, aber mir war doch lieber irgendwer, der die Geräusche gemacht hatte. Da wieder… dieses Klirren. Langsam schritt ich durch die einzel-nen Abschnitte und wünschte mir meine Gleichgültigkeit vergangener Tage herbei. Als ich beim dritten Fenster ankam sah das, was dieses Klirren verursacht hatte. Ein leichtes Grinsen formte meine Mundwinkel, zwar war ich enttäuscht, aber trotzdem musste ich über mich selbst schmunzeln. Ein Fenster war noch offen gewesen und der Wind lies ein Windspiel klirren. »Wie dumm du nur bist«, rügte ich mich damals selbst. Ich kannte dieses Windspiel, hatte ich es doch selbst einst aufgehängt weil mir die Ruhe des Hauses den letzten Nerv raubte, damals. Doch meine Hoffnung darauf, dass mein Gefühl mich täuschte, ich es nicht wahr haben wollte, dass etwas nicht stimmte, hatte mich nicht erkennen lassen woher dieses kla-re Klirren kam. Meine Energie hatte ich darauf verwand Indizien zu finden die mein Gefühl widerlegten und hatte mich selbst geblendet. Dieses klare Klirren konnte gar nicht von Herrn Schuller kommen, diesem jungen und doch etwas steifen Herrn Schuller. Ich hatte ihn immer mit Mr. Vogel aus der TV-Serie „Gargoyls“ verglichen. Er war streng, stets gefasst und höflich, immer sehr höflich. Er besaß diese Ruhe und Höf-lichkeit, die mich oft bis aufs Blut reizte, obwohl ich zugeben muss dass ich mir diese später selbst aneignete. Draußen war die Nacht klar und doch kein Stern am Himmel, der Mond schien hell und lies den Garten fremd und fern wirken. Ich schloss die Augen und versuchte zu akzeptieren, dass es ist wie ist. Das etwas nicht stimmte, dass etwas endete oder begann, dass das wage Gefühl recht hatte, wonach sich heute alles ändern sollte! Es lag förmlich in der Luft. Ruhig ging ich in mein Schlafgemach zurück, denn wenn ich irgendwo Infos finden wollte, sollte ich dort anfangen zu suchen, wo ich blind, um das „ist“ nicht zu sehen, aufgebrochen war. Auf dem Nachtisch neben meinem Bett, dort wo auch das leere Glas stand lag ein Brief, in alter Manier gefaltet und mit dem Siegel von Anastasia versehen. Ich setzte mich ruhig auf den Bettrand, nahm den Brief in die Hände und schaute Ihn nur an. Dann besann ich mich, dass jetzt nichts zu tun gar nichts bringen würde, und dass momentan sowieso nichts zu ändern ist. Also lehnte ich mich an das Kopfende meines Bettes, schlug die Beine übereinander und öffnete den Brief, während die große Uhr unten im Foyer, der Eingangshalle, zwölf mal zur Mitternacht schlug. ><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><>< Meine liebe Zoe, Du hast in unserer gemeinsame Zeit viel gelernt. Erinnerst Du dich noch? Vor 10 Jahre hat-test Du mich um Hilfe gebeten um einen neuen Abschnitt in deiner Zeit zu betreten. Nun sind 10 Jahre vergangen. Würdest du bitte die Schublade deines Nachtisches öffnen, Du wirst 1000 DM in bar finden sowie eine Kreditkarte mit der dazugehörigen Pin-Nr. Ein Ausweis, Sozialversicherungsnr, ein kurzer Lebenslauf findest du dort auch. Außerdem den Schlüssel zu einem Postfach. Über dieses werde ich Dich von nun kontaktieren und in genau 2 Jahren wirst Du, zu genau dieser Zeit die die Uhr jetzt schlägt, dort einen weiteren Brief finden. In dem wirst Du unter Anderem die Anweisungen finden in welchen Raten Du deine Schulden abzahlen wirst und auf welchem Weg dieses geschieht. In der Eingangshalle steht ein silberner Koffer, darin sind Blutkonserven für 14 Tage verstaut. Nun verlasse diesen Ort. Verbrenne diesen Brief und geh ohne dich umzudrehen. Die Zoe, die meine Schülerin ist, wird nie wieder kommen. Auf Wiedersehen. A. R. ><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><>< Ich ließ den Brief sinken. „Sie lies den Brief sinken. Ruhig sah sie aus, gefasst, kühl ohne Bewegung. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein und ich lies dieses Gemälde auf mich wirken. Fasziniert von diesem Wesen - ruhig stand sie auf, nicht langsam, nicht schnell. Im Einklang der Ruhe verbrannte sie den Brief, lies ihn elegant auf den Bronzeteller der in der Mitte des Nachtisches stand gleiten, öffnete die Schublade und holte die in dem Brief beschriebenen Sachen hervor. Sie trug eine enge blaue Jeans mit weitem Schlag, ein schwarzer Rollkragenpullover schmiegte sich an ihren Oberkörper und ihre langen schwarzen Haare hingen glatt herunter, königs- und eisblaue Strähnen stachen heraus. Nun zog sie ihre USA-Jeansjacke über und nahm die Umschläge in die Hand, sie öffnete sie noch nicht, steckte sie nur in die Jacke. Danach ging sie ruhig hinunter, nahm den Koffer am Griff und verlies so ruhig und still das Haus durch die große Eingangstür wie sie es einst betreten hatte. Sie ging durch den großen Garten, immer weiter und weiter, kam an das große Tor und ver-lies das Grundstück. Kein einziges Mal hatte sie zurück geschaut. Ich verließ das Gebäude ohne mich umzudrehen. Nachdem ich den Brief gelesen hatte war da ein kurzer Knall gewesen, dann Ruhe. Da war nichts mehr. Nur diese Leere, ich kam mir vor als wäre das nicht ich. „Nicht ist von Ewigkeit“ kam mir der Satz von Anastasia in Erinnerung. Jetzt war sie gegan-gen. „Diese Zoe, die meine Schülerin ist, wird nie wieder kommen“ wiederholte sich der Satz, die letzten Zeilen, immer wieder in meinem Kopf. Ich hörte das Tor knarren, hörte wie es wieder ins Schloss viel. Mir war als würde ein Band gelöst, kurz kam ich mir hier fremd, völlig fehl am Platze und unsicher vor. Doch dann diese Augen und ein Verlangen. Mit festem Schritt ging ich weiter und betrat meinen Weg. … Ohne Ziel lief ich Schritt für Schritt vorwärts und verfiel langsam in einen gleichmäßigen Trott, auch wenn die Welt um mich mir nicht real, eher wie ein Folge von Bildern vorkam, als wäre um mich herum eine Leinwand, ich stünde still und der Projektor ließe durch Licht und Schatten die Bilder an mir vorbeiziehen. Trotzdem nahm ich die Geräusche wahr und den Geruch von nassem Laub und später, als dieser nachließ und Platz machte für den Geruch von nassem Asphalt. Es hatte kurz nach dem Verlassen des Grundstücks zu regnen begonnen, ich spürte es auf meiner Haut. Mein Zeitgefühl, das sich in den letzten Jahren gut entwickelt hatte, sagte mir dass die Sonne bald aufgehen würde und ich mir bald eine Unterkunft suchen sollte. Ich ent-sann mich wie hektisch, ja schon panisch ich damals in solch einer Situation gewesen war, jetzt blieb ich ruhig und kühl. Ich befand mich nun in einer Straße mit mehreren alten Gebäuden an deren Ende ich eine Haltestelle bemerkte. Einige Autos fuhren an mir vorbei die ich noch nie vorher gesehen hatte, wie sie sich verändert hatten. So lange war ich fort gewesen, hatte still gestanden in dem Haus das mich soviel gelehrt hatte. Nun nahm ich auch den leichten Geruch von Urin an der Haltestelle wahr und sah zur Seite. Aha, eine Unterführung, „Es gibt Sachen, die ändern sich wohl nie“, schoss es mir durch den Kopf. Ich schaute auf den Plan, »Hamburg! « las ich verwundert, mir war es unerklärlich wie ich hier gelandet war. Aber ich wusste ja, dass es Sachen gibt , dessen Erklärung man nie oder erst spät herausfindet und an dieser Aussage mich haltend schob ich den Gedanken beiseite. Aus dem Plan erfuhr ich, dass kein Bus mehr kommen würde und hielt ein Taxi an. Immer noch schien nur der Mond - kein Stern am Himmel - die Welt war schwarzweiß und sehr klar. Ich verstaute mein Gepäck im Kofferraum des Wagens und überlegte: in Deutsch-land gibt es keine Party oder Vergnügungsmeile die ich nicht kenne, also wo findet man besser als in St. Pauli was ich suchte. „St. Pauli bitte“, wies ich freundlich den Taxifahrer an als ich endlich hinten im Wagen saß. Der Fahrer räusperte sich kurz, schaute mich mit leicht verschlafenden und doch väterlichen Augen an, während ich seinen Blick mit kühlem Blick erwiderte. „Das ist eine...“, setzte er an, aber ich unterbrach ihn ruhig: „St. Pauli“ wiederholte ich, „zu einem Hotel bitte.“ Er schnaufte kurz, aber startete dann endlich den Wagen und wir fuhren los, durch leer wirkende Straßen, nur das unterschiedliche Einfallen des Lichtes was von den in gleichmäßigen Abständen stehenden Laternen kam, brachte etwas Abwechslung. Es wurde alles zu einer dieser alten Schwarzweiß-Krimi- Atmosphären. Als wir in St. Pauli ankamen waren es nur noch Minuten bis zum Sonnenaufgang. Langsam musste ich mich doch etwas um Ruhe bemühen. Dem Taxifahrer bezahlte ich seinen Lohn und gab ihm etwas Trinkgeld. Er hatte mich zu einem mittleren Motel/Hotel gebracht in dem man die Zimmer stundenweise mieten konnte, aber auch tageweise war möglich. Es sah etwas heruntergekommen aus aber noch nicht komplett eine Ruine und auf dem Namensschild des Hotels lass ich: ‚zur ruhigen Stunde’. Um das Schild herum leuchteten die Lampen unregelmäßig, einige waren wohl defekt. Zeitungen, etwas Müll und Unrat lagen auf dem Bürgersteig vor dem Haus. Niemand hier, nur ich. Aber jetzt hörte ich ein Geräusch hinter mir, ein leichtes Husten. Erst war nichts zu sehen als ich mich umdrehte, aber als ich genauer hinsah lugten ein paar sehr zerschlissene Schuhe aus einer Ecke heraus. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich ohne Schirm da stand, inzwischen komplett durchnässt. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass eine junge Frau auch hier draußen stand, um diese Uhr-zeit und an diesem Ort, in ganz normaler Kleidung, wie ich, mitten im Regen. Mir wurde damals plötzlich die Absurdität dieses Bildes bewusst während ich in das Gebäu-de ging. Kaum eingetreten, hörte ich schon wie sich Zwei unterhielten. „Komm schon! Es regnet in Strömen und es ist kalt! Hey, drück doch noch mal ein Auge zu. Ich zahl es dir später, komm schon!“ Eine Gestalt in engen Jeans mit Löchern, unter der dicken Jacke ein Pullover mit Kapuze und mit ausgelatschten Turnschuhen, stand vor ihr. Das Gesicht konnte sie nicht erkennen, aber anhand der Stimme und der Größe musste es ein Junge, so zwischen 15-17 Jahren, sein. „Verschwinde, du kannst machen was du willst, ohne Moos nichts los. Und wenn du bei drei nicht draußen bist, kann ich ja mal die Bullen...“, antwortet der etwas dickere Mann der hinter einer alten Holztheke von der das Furnier abblätterte, deren Platte einige Verewigungen mit Edding, Taschenmesser und Kaugummi aufwiesen, so wie einen überfüllten gusseisernen Aschenbecher, festgeschraubt . Und obwohl alles so anders war als der Villa von der ich gerade kam und alles schmutzig war, bekam ich ein heimatliches Gefühl. Mir, die hier bestimmt etwas fehl am Platze wirkte. Der Junge ging nicht auf die Drohung des alten Mannes ein, schaute ihn weiter direkt an, während er mit dieser einen Tonlage, die ich nur zu gut kannte, weiterbettelte. Auch seinen Blick konnte ich mir gut vorstellen. Der Mann, der sehr fettige Haare hatte und ein T-Shirt trug unter dem der dicke behaarte Bauch rausschaute, blickte den Jungen lüstern aber ab-wertend an. „Verschwinde, du bist...“ Da unterbrach ich ihn. Mir wurde dieses altbekannte Spiel zu bunt, außerdem würde die Sonne bald aufgehen und dann sollte ich nicht mehr hier stehen. Ich räusperte mich kurz und fragte kühl: „Wenn ihr eure Diskussion beenden könntet, würde ich gerne wissen, ob noch ein Zimmer für 2 Tage oder mehr frei ist.“ Er versuchte wieder den Jungen los zu werden doch der lies sich nicht abwimmeln, draußen regnete es in Strömen und ich weiß nicht was mich dazu bewegte, vielleicht der kommende Morgen, ich unterbrach wiederum die Diskussion. „Pass auf, ein Zimmer für erstmal 2 Nächte und für ihn ein Zimmer für diese Nacht. Ich will nicht gestört werden. Ich möchte es jetzt sofort. Und ich zahle bar im Voraus. Noch Fragen?“ forderte ich jetzt sehr bestimmt und sachlich. Der fetthaarige Kerl schaute verwundert, doch als ich ihm das Geld hinlegte gab er mir, so-wie dem Jungen, den jeweiligen Schlüssel. „Ich würde das nicht tun, so was spricht sich schnell rum und schwuppdiwupp haben Sie alle Schmarotzer des Viertels am Bein!“ meinte er mich auf klären zu müssen. Ich ignorierte ihn, nahm meine Sachen in die Hand und ging die Treppe hoch. Den Jungen ignorierte ich und betrat mein Zimmer. Es war ein schäbiges Zimmer mit einer weiß-braun-gelben 70er Jahre Tapete, einfaches vergilbtes Bettzeug und einem spärlichen Schrank der auch so manche ‚Verzierung’ aufwies. Ein Waschbecken und zu meinem Glück, wie es solche Etablissement oft an sich haben, ein kleines Fenster gehörten noch zu der Ausstattung. Die Decke reichte aus um dieses sicher zu versiegeln und schaffte es so knapp vor meinem Schlaf den Raum abzudunkeln. Da der Boden bestimmt keinen Unterschied in Punkto Sau-berkeit des Bettes machte, nahm ich zur Sicherheit unter dem Bett Platz. Am nächsten Abend unternahm ich einen kleinen Spaziergang durch das Viertel und in einem Internetcafé begann mit der Suche nach einer geeigneten Wohnung. Sie sollte zentral liegen und weit oben, für eine gute Aussticht, oder am Besten direkt an der Reeperbahn. Mindestens 4-Zimmer wollte ich und eine Parkmöglichkeit für das Motorrad das ich mir kau-fen wollte. Natürlich war im Internet mal wieder kaum was zu finden. Außerdem musste ich mich dem Prinzen noch vorstellen. Also druckte ich einige Flyer mit meiner Wohnungsvorstellung und Handynummer aus und verteilte dann quer im Viertel. Das Handy hatte ich in irgendeinem kleinen Laden günstig erstanden. Als ich kurz vor Sonnenaufgang wieder in das Hotel kam war dieser dicke Pförtner wieder da und als ich an ihm vorbei ging, rief er mir nach: „Hey Lady, das hat jemand für sie hinter-lassen.“ Ich ging zu ihm, nahm einen Brief entgegen und bezahlte mein Zimmer für den Rest der Woche. Dann ging ich nach oben. Irgendwie nervte mich dieser Kerl, allein schon dass er atmete. Oben betrachtete ich den Brief. Ein Siegel ohne Zeichen war darauf und auch dieser Brief war auf die alte Art gefaltet. Das Siegel war ungebrochen, besser für den Dicken. Ich warf mich aufs Bett. Bald fiel mir auf, dass ich schon den zweiten Tag die gleiche Kleidung anhatte. Ich entschied trotzdem, erst Einkaufen zu gehen wenn ich eine Wohnung hatte. Wie bei Anastasia damals, lehnte ich mich ans Kopfende und las. Morgen Abend, 22 Uhr in der Brücke 5, Kuppel, treffen "Hamonia". Das war es, mehr stand da nicht, doch wusste ich gleich was es bedeutete und dass ich die-se Einladung nicht ablehnen konnte. Denn es war Elysiums Nacht! Es war meine Pflicht mich vorzustellen, sonst würden sie den Sehnenschall oder die Geisel auf mich ansetzen. In der Nacht hatten mich wieder diese Augen gequält, ich fand kaum Ruhe. Es war, als ob sie mich riefen. Ich wachte erschöpft auf weil ich in meiner Ruhe gestört war und deshalb immer halbwach. Eine Person sagte etwas und die Person mit diesen Augen, bat um Hilfe. Dann verschwand sie. Ich konnte mich nicht bewegen, war an das Bett gefesselt. Nur mein Verstand hatte mich bei Sinnen gehalten. Mein Verstand, der mir fest versicherte dass alles nur Einbildung war und mir mein Geist einen Streich spielte. Als ich auf mein Handy sah, da hatte sich doch glatt schon jemand auf meine Anzeige ge-meldet. Es ging um eine Wohnung an der Reeperbahn, über dem „Eros“ und neben einem rosafarbenen Haus. Ich rief sofort zurück und machte ein Treffen für den kommenden Abend aus und erwähnte kurz, dass ich auf Grund meiner Arbeitszeiten nicht früher Zeit hätte. Ich nahm mir etwas Blut aus dem Koffer und trank während ich darüber nachdachte, wo der Haken war, es lief zurzeit so reibungslos. Es war erst 20.00 Uhr und ich ging raus, stromerte schon mal durch die verschiedenen Viertel der Stadt. Genau auf die Zeichen achtend um dahin zu kommen wo hin ich wollte. Auf die Strasse, den nackten Boden von ihr, wo der Schein zwar vieles überspielt doch die Ränge klar zu sehen waren. Der Schein, der nur für die Kunden war. Doch den wollte ich nicht, ich wollte die abschreckenden Tatsachen in denen ich früher gelebt hatte, aus denen ich früher so oft geflohen war. Wo Gewalt sowie der Schrecken regiert. Dabei viel mir auf, dass es viele Läden die ich von Früher kannte nicht mehr gab, der Besitzer sich geändert hatte oder einen anderen Namen hatte. Wie lange war ich in dem Haus von Anastasia ge-wesen. Egal wie lange, es muss lange genug gewesen sein dass ich kaum jemanden erkannte und mich auch niemand. In einer alten heruntergekommen Kneipe wo die meisten Huren besoffen oder einfach schon abgeschossen waren, man sah die blauen Flecke an den Fingern und Armen. Sie waren mager, die Augen eingefallen und glanzlos, in ihrer eigenen Welt gefangen liefen sie wie Puppen falsch lächelnd herum. Sie klebten an den Männern um sich den nächsten Druck holen zu können und ihren Zuhälter zufrieden zu stellen. Einige waren bestimmt so tief drin in dieser ihrer Welt, dass sie ihn irgendwie liebten und wirklich glaubten er liebe sie auch. Sie brauchten die Droge die nur er hatte, denn ohne sie könnten sie diese Welt nicht aufrechterhalten und ohne diese Welt könnten sie nicht leben. Dort sah ich einen alten Mann, er war zwischen 50-70 und sportlich gebaut, für sein Alter bestimmt noch sehr kräftig, er schaute mich länger an als ich mich an die Bar gesetzt hatte. Nun ja, in diesem Etablissement taten dies viele. Die Ersten hatte ich von Anfang in ihre Schranken verwiesen was mir vor dem Rest Ruhe verschaffte. Er kam nun zu mir rüber, ich stellte mich auf Ärger ein, er bestellte einen doppelten Whisky mit Baileys und schob ihn zu mir rüber. Ich verstand nicht ganz. Er schaut mich wieder an und ein Schleier ging über sein Gesicht, als ob er an etwas dachte. „Zoe“, kam es über seine Lippen. Da viel es mir wie Schuppen von den Augen, es war Jürgen. Er war damals Zuhälter gewe-sen, hatte mich aber aus irgendeinem Grund immer in Ruhe gelassen. Ihm hatte damals diese Bar gehört. Bei einer Party, wo ich wieder mal verschiedenes geschluckt hatte, kam ich auf die Idee diese Whiskey-Baileys Mischung zu trinken und seitdem war es mein Stammgegränk wenn ich mal in Hamburg war. Damals war er zwischen 30 und 40 gewesen, das wusste ich nie so genau und ich hatte nicht gefragt. Nun schaute ich ihn kühl an. „Nein, ich heiße Sandy“ gab ich zurück. „Was ist denn das für ein Name?! Na egal, dann muss ich dich verwechselt haben. Obwohl ich mir sehr sicher war “Mit diesen Worten schob er mir das Glas hin. Ich hielt ihn kurz fest “ Wer ist diese Zoe?“ wollte ich wissen während ich ihn anlächelte, mit diesem Lächeln, mit dem ich früher Steine erweichen konnte. Er drehte sich um und ich schaute ihn genau an. Sein damals strohblonder Lockenkopf war jetzt grau und er war fast kahl. Er trug wie damals ein Hemd mit einer ledernen Weste dar-über und die alten goldenen Ringe. Das Gesicht war jetzt faltig und die Augen nicht mehr so arrogant, das volle Leben funkelnd, sondern alt und stumpf, ein Bart ließ ihn noch älter wir-ken. Eine Lederhose hatte er an und es hatte sich über die Jahre ein kleiner Bauch gebildet der über den Hosenbund ragte. Die ersten Knöpfe des Hemdes waren offen und die graue Brustbehaarung war zu sehen. Er schaut mich eindringlich an: „Eine alte Bekannte. Doch du hast recht, du kannst es nicht sein, auch wenn du ihr aufs Haar gleichst. Sie müsste viel älter sein.“ Als ich schwieg sprach er wie mit sich selbst weiter, so wie er es früher manchmal gemacht hatte. Bei ihm konnte ich oft übernachten, ich hatte immer ein extra Bett, frisch bezogen, und manchmal setzte er sich auf den Bettrand und sprach einfach so vor sich hin, redete von früher, von seiner oder anderen Kindheiten - ich wusste nie genau von wem er sprach - es störte mich nicht und ich hörte schweigend zu. Oft war seine Stimme dabei traurig. Dann stand er meistens auf und ging. Ich habe nie nachgefragt, es war als wären sie nie da gewe-sen. Auch mir stiegen jetzt Erinnerungen an ein fremdes Leben in den Kopf. „Sie war abgebrüht, berechnend und kalt. Doch mit ihrem Lächeln kam sie fast immer durch. Egal was sich zutrug, sie blieb immer ruhig, als sei sie nicht da, abwesend. Sie hatte oft etwas von einer Statue, still und ruhig und sie konnte schweigen. Sie lies sich nie etwas ge-fallen, das hat ihr bestimmt so manchen blauen Fleck eingebracht. Doch das schien ihr immer egal, manchmal hat sie gefeiert und es übertrieben als wolle sie testen wann ihr Körper endlich aufgeben würde. Sie war früher regelmäßig einmal im Jahr da. Doch dann auf einmal verschwand sie, ich vermute, dass die Straße sie verschlungen hat. Aber ich wünsche ihr, dass sie von ihr weggekommen ist.“ Abrupt stand er nach diesen Worten auf, schmiss einen Typen raus und verschwand mit einem jungen Mädchen in einem Hinterzimmer. Er ist wohl immer noch der Boss hier. Gut zu wissen, ging es mir durch den Kopf nachdem ich den Drink getrunken hatte und das Glas umgedreht hinstellte. Vorher überlegte ich ob ich das tun sollte, doch dann entschied ich mich dafür und ging. Mir gingen noch einige Schritte lang einige alte Erinnerungen durch den Kopf, mein altes Leben. Vielleicht komme ich öfter her, überlegte ich, ich brauchte einen Draht in das Netz der Strasse. Doch jetzt wartete erstmal Elysium auf mich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)