Erden Pein von Pokerface (Kurzgeschichte zu "Wen der Himmel liebt...") ================================================================================ Erden Pein ---------- „Noyo!!“ Xay riss an seinen Elementarfesseln, als seine Geliebte vor ihm in ihrem eigenen Blut zusammenbrach. Ihre glasigen Augen blickten ihn an und sie streckte ihre Hand nach ihrem Liebsten aus, in einer letzten zärtlichen Geste, dann legten sich die Schleier des Todes auf sie. In vollkommener Unverständnis und Grauen starrte der junge Mann die immer größer werdende Blutlache an, die sich um Noyo bildete, und nichts in ihm regte sich. Der Schock saß zu tief, als dass Hass oder Wut irgendwo hätten Platz finden können, vielmehr versuchte er die volle Wahrheit zu erfassen. Sie war tot... Sie und sein Kind. Unwiderruflich und auf grausame Art und Weise aus der Welt gerissen worden. Und auf einen Schlag kam sie, die Qual, die sich schwer auf seine Seele legte, ihm alle Sinne raubte. Sein Kind! Erneut riss er an den Fesseln, die ihn an Ort und Stelle festhielten. „Xay, halt den Mund, du nervst!“ Chias eiskalte Stimme zerriss die Stille. Ein hasserfülltes Blitzen trat in seine Augen, als er die Worte von Noyos Mörderin vernahm. Doch wohin er den Blick auch wandte, er konnte sie nicht entdecken, nur ein unheilvoller Wind streifte seine Wangen und schien belustigt mit seinen Haaren zu spielen. „Mörderin!“, schrie er, sich in den Fesseln windend, und die Qual wich einem unglaublichen Hass gegenüber seiner ehemaligen Gefährtin. Wie ein Schleier legte er sich über Xay und ließ ihn für alles andere erblinden. Chia seufzte mit gespieltem Trübsinn und betrachtete herablassend Noyos Leichnam. „Noyo, Noyo, du bist für meine Pläne schon vor so langer Zeit überflüssig geworden. Ich hätte dich längst abschaffen sollen.“ Xay fletschte seine Zähne, als er sie hörte und ein wilder Ausdruck trat in seine Augen. „Tremor!“, schrie er, seine normalerweise sonore Tenorstimme schien aus den Tiefen der Erde zu kommen, und der Boden unter ihm erbebte unter seinem Hass, löste dabei die Fesseln, die ihn gefangen hielten. Mit einem Satz sprang Xay auf, um sich dann gleich wieder vor Noyo nieder zu knien. Er strich ihr behutsam die blutverklebten Haare aus dem Gesicht. „Noyo...“ Leise wisperte er ihren Namen, als ob er eine heilende Wirkung hätte und stumme Tränen rannen ihm über die Wangen. Sie hätten so glücklich werden können! Er hätte ihr ein Haus gebaut, gemeinsam hätten sie ihr Kind erzogen, in einer friedlichen Zeit, wo es weder heute, noch morgen noch heute gab. Nur das Jetzt zählte. Doch jetzt... Jetzt war sie tot. Gemeuchelt von einer einstigen Freundin- ihm kam die Galle hoch, wenn er nur daran dachte! Was konnte jemanden dazu bewegen, so etwas Abscheuliches zu tun? Wie konnte man ihm seinen einzigen Schatz berauben, seiner Hoffnung, seinem Grund zum Leben? Warum... Chia?! Ein leises Knurren entrang sich seiner Kehle, als der Gedanke in sein Bewusstsein drang und laut hallte es in seinem Kopf wider. Chia! Ihm war es egal, warum sie es getan hatte, sie hatte es getan, das genügte. Tausendfach würde sie dafür büssen, mit aller Wucht würde seine Vergeltung sie treffen, unter den Schmerzen würde er ihren Tod noch hinauszögern. Xay griff nach seinem Schwert, als sich ein Pfeil in deine linke Schulter bohrte. Schmerzerfüllt brüllte er auf, griff sich dabei an die Wunde. „Lass das Schwert in der Scheide, Freund Erde!“ Chia schwebte einen Meter über ihm in der Luft, den Bogen in der linken Hand und einen Pfeil schussbereit im Anschlag. Langsam richtete Xay sich auf, presste die Lippen fest aufeinander, um einen Schmerzensschrei zu unterdrücken, als er mit seiner Rechten den Pfeil umschloss und ihn dann mit einem Ruck heraus zog. Blut floss aus der Wunde und besudelte seine Kleidung, Xay aber achtete nicht darauf. Er ließ seinen Hass über seinen Körper herrschen und Stahl sang auf Leder, als er in einer fließenden Bewegung sein Langschwert zog. Sein linker Arm schmerzte bei jedem Atemzug, mit dem er sich hob und senkte. In einem wilden Schrei machte er seiner Pein Luft, zeitgleich erbebte die Erde erneut und Chia konnte nur konnte sich nur mit Mühe wieder fangen. Xay rannte auf sie zu und während er lief, löste sich ein Stück des Bodens, auf dem er mit einem geschickten Sprung landete und durch die Luft getragen wurde. Das Stück Erde schwebte mit Xay auf sich auf Chia zu, wich jedem Pfeil aus den sie abfeuerte. Auf eine Handbewegung der jungen Kriegers hin flogen weitere kleine Steine in die Luft. „Verrecke, du Miststück!“, schrie er und warf die Hand nach vorne, sodass die Steine auf Chia zuflogen. Sie sah Xay jedoch nur herablassend an, entblößte mit einem bösartigen Lächeln ihre weißen Zähne und mit einem gelassenen Nicken ihrerseits beschwor sie einen Wirbelsturm vor ihr. Er wehte heftig und lenkte die Steine von der Herrin des Windes ab. Xay ließ es Steine auf sie hageln, doch sie wehrte immer und immer wieder ab, aber das lenkte sie so weit ab, dass der junge Mann näher an sie dringen konnte. Er warf sein Schwert über den Kopf und ließ es hinab schnellen, Chia aber legte ihre Hände flach aufeinander. Dann öffnete sie die Hände in einer weiten Bewegung und erschuf so einen Windschild zwischen ihren Handflächen, der das Schwert abgleiten ließ. In einem weiten Bogen flog der Meter Stahl aus der Hand des Nachtmahrs und kam klirrend auf dem Boden auf. Entwaffnet stand Xay vor Chia und hob mit einem Wink weitere Felsbrocken aus der Erde, doch die Windkriegerin hob beschwörend die Hände. „Lass es, Xay. Du bist am Ende deiner Kräfte, während ich nur so vor Energie strotze. Wenn du so weiter machst, wirst du sterben.“ Der Nachtmahr furchte die Stirn. Hatte er tatsächlich Besorgnis in ihrer Stimme gehört? Langsam senkte er den Stein unter seinen Füssen und er sah sie eine Sekunde an, bevor er ihr ins Gesicht spie. „Hure!“, schrie er dabei. „Ich werde heute sterben, aber dich werde ich mit in die Hölle nehmen.“ Angewidert wischte Chia den Speichel aus ihrem Gesicht, die Augen vor Zorn verengt, und sie wich ein wenig vor ihm zurück. „So, ich werde mit dir gehen? Und wie stellst du dir das vor, elendiger Wicht?!“ Blut troff Xay aus dem Mundwinkel, als er ein heftiges Husten unterdrückte, dann aber grinste er hämisch, seine blutverschmierten Zähne boten einen schauerlichen Anblick. „Wind“, sagte er erstaunlich gefasst, seine Stimme aber fegte laut wie ein Donner über Chia hinweg. „Du hast den Tod des Wassers zu verschulden und diesen niederträchtigen Mord wirst du büssen. Ich, Erde, werde dafür Sorgen, dass du bezahlst und durch meine Hand wirst du Gerechtigkeit erfahren.“ Er hob eine Hand über seinen Kopf und seine offene Handfläche zeigte auf die Decke. „Sühne!“, schrie Xay, ballte die Hand zu einer Faust, so, als ob er einen Stein mit ihr zermalmen würde, und mit einem gewaltigen Krachen löste sich ein Brocken Beton aus der Decke. Hart kam er auf Chias Kopf auf und sie taumelte eine Sekunde, den Mund in einem Schreckensschrei weit geöffnet, der ihr aber in der Kehle stecken blieb, als der Brocken sie mit seiner vollen Wucht traf. Leblos fiel sie dem Boden entgegen und das widerliche Knacken von Knochen, die brachen, vermischte sich mit dem dumpfen Geräusch des Aufpralls, erzeugte so eine grauenvolle Symphonie. Langsam senkte sich der Stein, auf dem Xay stand, und schließlich landete er auf dem Boden. Der junge Krieger seufzte erleichtert, tat einen Schritt, wankte stark und fiel ebenfalls zu Boden. Seine Hand auf die tiefe Schusswunde gepresst, stöhnte er schmerzerfüllt und versuchte er vergeblich sich aufzurichten. Sein Atem ging nur stoßweise und in einem erneuten, unterdrückten Hustenanfall quoll Blut aus seinem Mund. Xay keuchte laut und drehte sich mit letzter Kraft auf den Rücken. Es war egal, was jetzt geschah, er hatte getan, was er hatte tun müssen und er fühlte kein bisschen Reue. Vielmehr schwang mit den Schmerzen und dem Verlust ein Gefühl von euphorischer Ekstase mit. „Für dich, Noyo...“, wisperte er. „Tochter des Wassers.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)