Heilloser Romantiker von Pansy ================================================================================ Kapitel 26: Kapitel 26 ---------------------- Kapitel 26 „Guten Morgen, Schlafmütze“, meinte Rick, als Joe mit noch kleinen Augen neben ihm am Küchentisch Platz nahm. „Mooor-gen“, gähnte der Größere. „Hier probier den mal.“ Eine hellgrüne Tasse mit dampfendem Inhalt wurde ihm unter die Nase geschoben. Herber Duft verbreitete sich überall. „Kräutertee?“ „Mit einer besonderen Zutat.“ „Ich vertraue dir einfach mal.“ Mit einem Grinsen beobachtete Rick, wie Joe die Tasse an seine Lippen anlegte und an ihr nippte. „Ähh, das ist doch nicht etwa Pfeffer?“ „Doch.“ „Was hat denn der in Tee zu suchen?“ „Beschwer dich nicht, sondern trink ihn, er belebt dich, was du auch nötig hast, wenn man dich so betrachtet.“ „Kaum wach und schon vorlaut.“ „Im Gegensatz zu dir bin ich schon lange auf.“ „Echt?“ Das Bett hatte sich doch die ganze Zeit kuschlig angefühlt. Hatte sein kleiner Romantiker wirklich länger nicht neben ihm gelegen? „Ja, warte hier schon seit einer Stunde auf dich.“ „Oh…“ Rick küsste ihn flüchtig auf die Wange. „War einsam ohne dich hier.“ „Warum bist du dann ohne mich aus dem Bett gekrabbelt?“ „Wollte deinen friedlichen Schlaf nicht stören.“ Einen weiteren Schluck verleibte sich Joe von dem für ihn merkwürdig schmeckenden Tee ein, von dem er aber zugeben musste, dass er seinen Körper ein wenig auf Touren brachte. Leichte Röte begann, seine Wange zu zieren, und er mied die Blicke des Kleineren. „Ich… habe das heute Nacht… wirklich so gemeint.“ Warum schlug sein Herz schon wieder so schnell? Konnte es sich denn nicht einmal wieder beruhigen? Bei seinen Exfreundinnen war er doch auch nie so nervös gewesen, warum dann bei Rick? Der Dunkelhaarige nahm eine von Joes Händen in seine, weil er kein einziges Wort über seine Lippen brachte. Und irgendwie wollte er bekunden, dass er sich darüber freute. „Also der Tee schmeckt scheußlich.“ „Ähh,.. dachte ich mir schon fast, dass du ihn nicht magst. Doch er wurde mir empfohlen und selbst finde ich ihn gar nicht mal übel. Und das mit dem Pfeffer ist eben momentan Mode, was soll’s. Immerhin hast du probiert.“ „Kennst mich doch, dass ich alle Lebensmittel koste.“ „Vor allem die, die gar nicht für dich bestimmt sind“, grinste Rick. „Nur geringfügig.“ „Weißt du noch, als du die Geburtstagstorte deiner Schwester eine Stunde vor ihrer Feier angeschnitten hast? Als sie dich mit dem Teller in der Hand gesehen hatte, hätte sie dir den Hals umgedreht, wenn eure Mutter nicht eingeschritten wäre.“ Lächelnd fuhr sich der Blonde durchs Haar. „Ich würd’s aber wieder tun.“ „Vielfraß.“ „Und? Hat’s mir geschadet?“ Auffordernd sah er Rick an, der seine Augen über den Oberkörper seines Freundes schweifen ließ. „Nö, fühlte sich in der Wanne wirklich gut an.“ Dass seine Stimme nicht ganz so fest klang wie gewollt, überspielte er geflissentlich mit einem anzüglichen Funkeln in seinen dunkelblauen Tiefen. „Seit wann bist du eigentlich dermaßen frech?“ „Rat mal.“ Joe zog eine Augenbraue nach oben und verschränkte seine Arme hinterm Kopf. „Seitdem dich Herbstregen größenwahnsinnig werden ließ?“ „Hä?“ Grinsend streckte Joe ihm die Zunge raus. „Ist noch zu früh für mich heute, da ist mir nichts besseres eingefallen.“ „Soll ich es dir verraten?“ „Tu dir keinen Zwang an.“ „So nicht.“ Lachend erhob sich Rick und stellte seine eigene Tasse ins Spülbecken. „Dir geht’s heute zu gut.“ Langsam ließ Rick seine Arme von hinten um Joe gleiten, bettete seine Hände auf seiner Brust. „Seit ich dich küssen darf“, hauchte er ihm leise ins Ohr und spürte voller Befriedigung die Gänsehaut, die den Blonden befiel. „Dann verrate du mir“, flüsterte er weiter, „seit wann du so empfindlich bist.“ Joes Hände wanderten blind über Ricks Arme bis hin zu dem anmutigen Gesicht und legte sie auf die vom Tee gewärmten Wangen. Mit seiner Rechten klopfte er sanft auf sie. „Du schuld.“ „Welch ein grammatikalisch korrekter Satz.“ „Hey, übernimm hier nicht gleich meine Rolle. Noch habe ich die Hosen an, damit du es dir gleich in dein süßes Hirn hämmerst.“ „Lag die Betonung auf ’noch’?“ Flink wand sich Joe aus Ricks Umarmung. „Lauf!“, meinte er scherzhaft, erreichte damit aber wirklich, dass der Kleinere ein paar Schritte zurücktrat. „Ich habe wohl ins Schwarze getroffen.“ „Mein frecher, kleiner Romantiker. Komm her, dann zeige ich dir, wer hier was ins Schwarze trifft.“ Da Rick regungslos vorm Kühlschrank verweilte, trat Joe auf ihn zu, legte eine Hand um sein Kinn und hob es an. Neckisch strahlten ihn die zwei blauen Augen an, was ihn in seiner nächsten Handlung nur bestärkte. Bestimmend drückte er seine Lippen auf die von Rick und küsste ihn mit einer Intensität, die Rick unter seinen Fingern erzittern ließ. „Na überzeugt?“, fragte Joe, als er von seinem Freund wieder abgelassen hatte. „Das war fies…“, meinte der Kleinere leise mit abgewandtem Gesicht. /… und doch das Schönste auf Erden!/ „Soll ich vielleicht noch ein wenig gemeiner sein?“ Sofort errötete Rick, sah Joe aber ein klein wenig sehnsüchtig an. Dieser kehrte ihm nur den Rücken zu und nahm Anlauf, um mit einem gekonnten Sprung auf dem Sofa zu landen. „Du bleibst in deinem heißgeliebten Küchenabschnitt und machst mir was Leckeres zu essen“, meinte er beiläufig, als er nach der Fernbedienung griff. Rick hatte mit ganz anderen Worten beziehungsweise Taten gerechnet. Oder vielmehr auf sie gehofft. Zuerst krampfte sich sein Herz ein wenig zusammen, doch dann schlich sich ein sanftes Lächeln in seine Mundwinkel. Mit einem seligen Gesichtsausdruck sah er auf Joe. /Danke, dass du so bist, wie du bist!/ Was war nur mit ihm los? Was war eigentlich mit ihm geschehen? Es war kaum drei Tage her, da hatte er Rick das erste Mal geküsst und nun mimte er schon seinen Freund? Also seinen ’richtigen’ Freund? Hatte ihn der Dunkelhaarige so in seinen Bann gezogen? Gedankenverloren fuhr sich Joe durchs Haar, streifte die wenigen Haarsträhnen zurück, die ihm in der Stirn hangen. Er achtete gar nicht auf den Fernseher, der vor seinen Augen lief. Was kümmerte es ihn schon, welche sinnlose Sendung gerade lief, viel wichtiger war doch zu begreifen, was ihn dazu veranlasste, die Situation für dermaßen selbstverständlich zu halten. Allmählich fragte er sich, ob er in seinem Leben schon einmal richtig verliebt gewesen war. Da hatte es einmal ein Mädchen gegeben, das lange Zeit in seinem Herzen verweilt hatte, doch die Gefühle zu ihr waren nichts im Vergleich zu denen, die er seit vergangene Nacht spürte. Sein ganzer Körper hatte auf Rick reagiert gehabt, als dessen Fingerkuppen über seinen Bauch gestrichen hatten und genau in diesem Moment hatte er sich schweigend geschworen, den jungen Mann nie wieder loszulassen. Wie hatte er sich so etwas schwören können? /Habe ich alles stehen und liegen gelassen und ihn hierher begleitet, weil…? Nein, das ist unmöglich, das geht nicht, das kann nicht wahr sein!... Doch warum habe ich dann das alles für ihn auf mich genommen?/ ’Er ist dir schon immer wichtig’, schrie eine Stimme in ihm. /Das ist er,… das ist er… Was hätte er denn ohne seine Familie getan, wenn er nicht wenigstens EINEN Freund bei sich gehabt hätte? Ich fühlte mich für ihn verantwortlich… und nun möchte ich ihn an mich ziehen, ihn küssen und-/ Wild schüttelte sich Joe. Schon wieder diese Gier nach dem Dunkelhaarigen! War er… /… verliebt?.../ Irritiert schaute er über seine Schulter und betrachtete die Gestalt, deren Kopf gerade halb im Kühlschrank verschwunden war. Allein dieser Anblick ließ sein Herz schon bis zum Halse schlagen. /Habe ich mich wirklich total in dich verliebt?/ Joe schluckte. Mit einer Hand fasste er sich an die Brust, die sich in schnellen Zügen auf- und abbewegte. /Dass es mich einmal derart erwischt, daran hätte ich im Leben nie gedacht… und dann in dich, mein kleiner Romantiker… wo ich immer versucht habe, dir über die schwierige Zeit hinwegzuhelfen und dabei meine Augen nicht von Frauen lassen konnte…/ Mit einem Mal weiteten sich seine Augen und seine grünen Iriden funkelten wie Diamanten. /Du hast dich nicht mal gegen meinen ersten Kuss gewehrt, heißt das, dass du auch in mich…?/ „Liebst du mich?“ Hatte er eben laut gesprochen? Was war nur mit ihm los? Ja er war direkt, aber in solchem Ausmaß? Rick schlug mit dem Kopf an die harte Schranktür an, wovon kleine Sterne vor seinen Augen das Tanzbein schwangen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb er sich die Beule und schluckte anschließend schwer, als er sich der Frage richtig bewusst wurde. Seine Knie fühlten sich wie Wackelpudding an und er hatte wirklich Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Die Frage stand im Raum und bedarf einer Antwort. Die Liebe zwei Jahre gefühlt zu haben erschien ihm nun viel harmloser als jemals gedacht. Gefühle konnten geheim sein und vor allem unausgesprochen. „Was möchtest du hören?“, erwiderte er leise und fixierte unerwartet ruhig seinen Freund. /Was ich hören möchte?.../ Es schienen endlose Minuten zu vergehen, in denen sie sich anschauten. /Dein Gesicht sieht so ausdruckslos aus… Habe ich mich etwa getäuscht?/ „I-ich weiß selbst nicht, was ich mir von dieser Frage versprochen habe.“ Joes Stimme festige sich mit jedem Wort und am Ende hatte sich seine Verwirrtheit in Ernst verwandelt. „Dann bekommst du auch keine Antwort.“ Flink drehte sich Rick um hundertachtzig Grad, damit Joe die Enttäuschung in seinen Gesichtszügen nicht sehen konnte. Warum hatte er denn nicht ehrlich geantwortet? Warum hatte er ihm nicht sagen können, dass er ihn liebte? /Deine Stimme klang so kalt. Hast du dich heute Nacht nicht gewehrt, weil du dich einsam fühltest?/ Allein der Gedanke ließ Joes Atem aussetzen. Nach ein paar Sekunden fing er laut an zu keuchen und holte sich in zu hastigen Zügen den zuvor verwehrten Sauerstoff zurück. Er verschluckte sich und begann zu husten, nur kurz, aber es reichte, dass seine Kehle brannte. Wortlos stand er auf und ging ein paar Schritte, stand nun direkt neben Rick, der ihn keines Blickes würdigte. Er biss die Zähne zusammen und goss sich Wasser in ein Glas, mit dem er gleich wieder vor dem Fernseher verschwand, der immer noch aller ungeachtet irgendeine Sendung über Tiefseetaucher zeigte. Innerlich wütete er vor Zorn. Zorn über ihn selbst. Wie hatte er das nur fragen können? Konnte man denn in wenig mehr als achtundvierzig Stunden sagen, dass man einen liebte? Ja, vielleicht fühlte er so, mag sein, doch selbiges konnte er doch nicht von Rick erwarten. /Hast du meine Küsse nur erwidert, weil du mich als besten Freund nicht verlieren möchtest?/ Die Gedanken kreisten in seinem Kopf. Ständig tauchten derart unkontrollierte Fragen in ihm auf, die ihn um den Verstand bringen wollten. Wo war nur seine Selbstbeherrschung und –kontrolle geblieben? Während sich Ricks Finger in dem harten Holz der Küchenplatte verkrampften, kniff er fest die Augen zu und versuchte nicht daran zu denken, dass Joe nur wenige Meter von ihm entfernt saß und ihn wohl nun verachtete. Es war doch nur eine Frage gewesen,… eine, die er mit einem überzeugten ’Ja!’ hätte beantworten können. Um Himmels Willen, warum hatte er es dann nicht gesagt? Er fühlte sich wie ein Vollidiot. Wäre es denn wirklich so schwer gewesen zu nicken oder dieses kleine bestätigende Wörtchen zu hauchen? „Es tut mir leid…“ „Was?“ Joe fuhr herum. „…Schwamm drüber!“ „Aber-“ „Ich will kein Wort von irgendeiner Entschuldigung hören, meine Frage war leichtfertig. Vergiss sie einfach!“ „Aber ich-“ „Stop Rick!“ Hastig sprang Joe auf und stürmte auf den Dunkelhaarigen zu, presste ihm eine Hand auf den Mund. „Ich meine es ernst, vergiss es!“ „…“ „Wenn ich meine Hand jetzt wegnehme, mag ich kein Wort mehr davon hören, okay?“ Mit undefinierbarem Blick nickte Rick gezwungenermaßen. „Ich sehe das als Versprechen an.“ Langsam nahm Joe den Druck vom Dunkelhaarigen, der wie irgendwie einseitig vereinbart stumm blieb. „Komm wir gehen einkaufen, das, was da liegt reicht doch nie und nimmer.“ Kritisch beäugte Joe die liebevoll belegten Brote und griff nach einem. „Das gilt als Wegzehrung. Schau nicht so verlegen, sondern zieh dir was Ordentliches an.“ Er zupfte an Ricks Pyjama. „Damit nehme ich dich nicht mit.“ Wie in einem Traum schlurfte Rick an seinem Freund vorbei und kam erst dann wieder zu klarem Verstand, als er sich im Schlafzimmer wiederfand. /Ich… verstehe gar nichts mehr…/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)