Heilloser Romantiker von Pansy ================================================================================ Kapitel 25: Kapitel 25 ---------------------- Kapitel 25 „Warum gönnt ihr mir meinen Frieden nicht?“ Aufgebracht hielt Rick das Foto in seinen zittrigen Händen, das unter den Tränen in seinen Augen glänzte. Er sah darauf nicht mehr Joe und sich, sondern nur noch seine Mutter, die ihn von sich weggestoßen hat wie eine Ratte, vor der sie sich ekelte. Warum alles in der Welt konnte eine Mutter dazu überhaupt fähig sein? Nur weil er auf Männer stand und nicht auf Frauen? Das ist doch kein Grund, ihn zu ächten und sich zwei lange Jahre nicht bei ihm zu melden. /Warum nur…?/ Sein Mund öffnete und schloss sich wieder, ohne etwas von sich gegeben zu haben. Viele Fragen lagen ihm auf den Lippen, Fragen, die er schon seit Ewigkeiten seinen Eltern stellen wollte, es aber nie getan hatte. Das pure Glück, was ihn durchjagt hatte, als sich Joes Lippen auf die seinigen gelegt hatten, war die reinste Antithese zu den Gefühlen, die es aus seinem tiefsten Inneren ausgegraben hatte. Liebe und Hass lagen wahrlich sehr nah beieinander. Die Liebe zu dem blonden Geschöpf, das sein Licht verkörperte, und der Hass, den er seinen Eltern gegenüber hegte. Immer mehr Bilder tauchten in seinem Gedächtnis auf, die idyllische Szenen aus seinem vergangenen Familienleben zeigten. Bilder von Geburtstagen, von Zoobesuchen, von gemeinsamen Radtouren und von atmosphärischen Spieleabenden. Das einst sympathische Lachen seines Vaters drang wie aus dem Nichts an seine Ohren, das für ihn nun einfach nur noch verächtlich und spöttisch klang. Das Wort ’unmenschlich’ träfe es vielleicht sogar am besten. Bebend hielt sich Rick die Hände an die Ohren, wollte diesen Klang loswerden, doch er hallte ununterbrochen nach; er wollte partout nicht zum Verstummen gebracht werden. Seine Finger krallten sich krampfhaft in das dunkle Haar und er spürte plötzlich wieder das Foto, das nun zwischen Hand und Kopf eingeklemmt war. Widerwillig führte er es sich ein letztes Mal vor Augen. „Du…!“, presste er erbost hervor, brachte aber kein weiteres Wort über die Lippen, biss stattdessen auf sie. Er musste hier raus! An die Luft oder sonst wohin, das war ihm egal, Hauptsache weg. Achtlos schmiss er das Foto auf den Kühlschrank und flüchtete aus der Wohnung. Hinter sich riss er die Tür zu und das laute Knallen war einfach nur eine Genugtuung. Als die Nachtluft in sein Gesicht stob, begann er ziellos durch die Straßen zu rennen, die überall und nirgends zugleich hinführten. Bekannte Läden zogen ungeachtet an ihm vorüber, Menschen sahen ihm verwirrt nach, und das alles kümmerte ihn herzlich wenig. Er lief und lief und fühlte nach endlosen Minuten voller irrationaler Zufriedenheit, wie seine linke Seite wild stach. Doch anstatt stehen zu bleiben und seiner Lunge eine Auszeit zu gönnen, rannte er weiter und labte sich an dem Schmerz, den sein Körper erzeugte. Groben, ungehobelten Nadelstichen gleich sandte seine Brust Signale aus, denen er keine Beachtung schenken wollte. Physisches Leid war doch allemal leichter zu ertragen als psychischer und ja vielleicht konnte das eine das andere irgendwann übersteigen, so dass er sich nicht mehr an früher erinnern musste, weil er von den Leiden seines Körpers zu abgelenkt dafür war. Obwohl er all seine Kraft aufwandte, wurde er irgendwann langsamer und stützte sich alsbald keuchend mit einem Arm an einer Mauer ab. Seine Lunge brannte, seine Beine schmerzten, sein Gesicht war purpurrot, doch er dachte noch immer an das Foto. Mit Sicherheit hätte er es nun doch zerrissen, wenn er es noch in den Händen gehalten hätte. Vielleicht war er insgeheim froh darüber, dass es beschützt zuhause lag, aber falls ja, dann würde er dies nicht zugeben wollen. Die Frau, die lediglich im Hintergrund zu sehen war, hatte sein Herz zerfetzt und das konnte er ihr nicht verzeihen. So sehr er immer gedacht hatte, er könne es, es ging nicht. Kraftlos sank Rick auf die Knie und landete nicht viel später auf allen vieren. Unter seinen Händen fühlte er feuchten Asphalt, dessen Kälte sich sofort unter seine Haut fraß. Kleine Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn und tropften zu Boden, glänzten dort kurz im Schein der Laternen, bis sie sich mit dem rauen Untergrund vereinigten. Rick bohrte seine Fingernägel ins harte Fundament, glaubte so, das Bild von seinen Eltern vor seinem inneren Auge zerstören zu können. Das dunkelblonde Haar seiner Mutter und der braune Bartansatz seines Vaters waren ihm einfach zuwider. Er wünschte, er hätte vergessen, wie sie zuletzt ausgesehen haben. /Schert euch zum Teufel! Ihr braucht mich nicht, dann brauch ich euch auch nicht!/ Wer weiß schon, wie viel Zeit vergangen war, bis sich Rick endlich wieder aufrappelte. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck voller Wehmut und Trauer. Halbherzig strich er seinen Pullover glatt, fuhr mit seinen Händen über das weiße Strick, als ob es nichts unbedeutenderes gäbe. Als er den Stoff unter seinen Fingern irgendwann wahrnahm, hielt er in seiner Bewegung inne. Er schluckte und sah dann an sich hinab. Viel konnte er in dem wenigen Licht, das die Laternen, die die Straße säumten, spendeten, nicht erkennen, aber es reichte aus, um ihn tief ausatmen zu lassen. Seine Miene wurde noch schwermütiger. Joe… Alles in ihm sehnte sich nach ihm, nach den starken Armen, die sich um ihn schlangen und ihm Geborgenheit vermittelten. Unbewusst begann Rick einen Fuß vor den anderen zu setzen. Erst nach etwa einem Dutzend Schritten realisierte er, dass er sich fortbewegte und nicht mehr an der Mauer stand, die durch das Grau der Nacht seelenlos gewirkt hatte. Die Häuser zogen als dunkle Schatten an ihm vorüber, deren Fenster, wenn sie denn einmal von innen beleuchtet waren, teuflischen Augen glichen, die nach ihm lechzten, als wollten sie ihn mit sich in die Hölle voller Feuer ziehen. Nur zu gut wusste er, wohin seine Füße ihn trugen, und er wehrte sich nicht dagegen. Er würde nicht klingeln, auch nicht klopfen, aber vielleicht würde ihm allein die unüberwindbare Tür reichen, um sich Joe nahe genug zu fühlen. Durch das Holz könnte er vielleicht seine Stimme vernehmen oder durch das Schlüsselloch seinen Duft einatmen? Nur ein kleiner Hauch seines Freundes würde ihm schon genügen, egal welchen Ursprunges. Plötzlich donnerte es und Rick fuhr total in sich zusammen. Ein heller Blitz erleuchtete kurz darauf den gesamten Himmel und sandte dann große schwere Tropfen vom Himmel. Eilig lief der Dunkelhaarige die letzten Meter und zog erleichtert die immer unverschlossene Eingangstüre hinter sich zu. Seufzend lehnte er sich für einen kleinen Moment gegen sie, bevor er sich aufmachte, die vielen Treppenstufen zu Joes Wohnung aufzusteigen. Mit jeder Stufe wurde sein Körper schwerer. Anscheinend wollte er der inneren Stimme Folge leisten, die immer wieder betonte, dass er hier nichts zu suchen hatte. Wie Blei fühlten sich seine Beine an und wehrten sich dagegen, erneut angewinkelt und wieder ausgestreckt zu werden. Viel länger als üblich brauchte er, bis er endlich vor der braunen Tür stand, die friedlich in ihren Angeln verweilte. Ein ungewöhnlich helles Licht legte sich für einen Sekundenbruchteil auf sie. Rick drehte sich nach rechts und steuerte mechanisch auf das Fenster zu, aus dem er unentwegt blickte. Draußen tobte ein zunehmender Wind, brachte die Bäume in Wallung und schob die großen schweren Wolken weiter, die immer wieder lauten Krach erzeugten als würden die Götter wütend aufstampfen. Gewitter waren wirklich etwas herrisches und damit auch etwas einzigartiges. Wie in Trance verfolgte Rick das Schauspiel der Natur und sah irgendwann hinab gen Straße, die gerade das Licht der Laternen einbüßte, es aber hundertfach vom Himmel zurückbekam. Keine Seele hatte sich mehr auf ihr verirrt, alle schienen glücklich zuhause bei ihren Familien zu sein. Verdrisslich legte sich Rick eine Hand auf die Brust und spürte den traurigen Takt seines Herzens. Mit gesenktem Kopf schlurfte er zurück zu Joes Tür und starrte sie an. Mit Tränen in den Augen wandte er sich nach einer ganzen Weile wieder von ihr ab und ging langsam die Treppen wieder hinunter. Er drückte die Klinke der Haustüre und zog sie auf. Sofort fielen ihm Regentropfen ins Gesicht und nässten ebenso seine Kleidung und den Boden des Gebäudes. Ohne weiteres Zögern trat er hinaus ins Gemisch aus Wind und Regen, aus Donner und Blitz. Mit halb geschlossenen Lidern trabte er durch die Nacht, entfernte sich immer weiter von dem Ort der Zuflucht. Eine undefinierbare Silhouette hastete an ihm vorüber und war schon halb aus seinem Blickfeld verschwunden, bis sie abrupt stehen blieb. Unsicher näherte sie sich Rick, der sich dabei überhaupt nicht behaglich fühlte. /Geh weg, ich habe dir nichts getan…!/ Rick stolperte über seine eigenen Füße und wäre rücklings auf dem Boden gelandet, wenn ihn ein starker Arm nicht davor bewahrt hätte. „Lass mich los!“, wollte Rick schreien, doch schon das erste Wort blieb ihm im Halse stecken. In nicht enden wollende grüne Tiefen blickte er, die funkelten wie Diamanten. Sein Herz zog sich zusammen und er begann zu schluchzen. Alle Emotionen auf einmal wollten oberste Priorität haben und so überschlugen sich Trauer, Glück, Wut und Freude. „Nicht weinen.“ Die Stimme war so sanft und dann legte sich auch noch eine behutsame Hand auf seine Wange. Das war zu viel. Rick konnte nicht mehr. Energisch fiel er seinem Freund um den Hals und krallte sich verzweifelt an ihm fest. Er fühlte, wie seine Umarmung erwidert wurde und vertraute Finger durch sein Haar strichen. Das ließ ihn noch mehr an dem anderen festklammern. „Alles wird gut“, flüsterte Joe, traute sich nicht lauter zu sprechen aus Angst, er könne dem Kleineren damit Furcht einflößen. Der Regen prasselte unaufhaltsam auf sie herab und durchdrang innerhalb kürzester Zeit die schützende Kleidung, legte sich kalt und unangenehm auf die Haut. Rick zitterte in den Armen des Größeren und verbarg sein aschfahles Gesicht in dessen Nacken. Joe spürte die heißen Tränen, wie sie an seinem Hals hinabrannen und bemerkte seine eigenen, wie sie sich in seine Augen stahlen. Sein Magen schürte sich wie von einem unsichtbaren Faden gezogen zusammen und er hielt Rick fest, vermochte ihn kein Stück von sich wegzudrücken. Was bereitete seinem kleinen Romantiker nur solchen Kummer? Sanft fuhr er mit einer Hand unter Ricks Pullover, ertappte sich selbst erst dabei, als sich bei Rick unter das Schluchzen ein leises Stöhnen mischte. Erschrocken verharrte er und ließ seine Rechte ruhig auf der warmen Haut des Kleineren liegen, hin- und hergerissen zwischen Rückzug und Währen. Die Sekunden verstrichen und ließen ihn gnadenlos in seiner Starre verweilen. In ihm spielten die Gefühle Verstecken, eines suchte das andere und doch gab sich keines preis. Entgegen aller Erwartungen liefen ihm nun selbst kleine Perlen an den Wangen hinab. Wo er doch schon des Öfteren Rick weinen gesehen hatte, hatte er es selbst nie getan… Langsam kroch seine Hand weiter an Ricks Rücken empor und schmiegte sich voller Verlangen an die weiche Haut des anderen. Voller Überwältigung schloss er die Augen und gebot seinem Zeugnis von Anteilnahme Einhalt. „Wir sollten aus dem Regen gehen“, hauchte er dem Kleineren entgegen. Rick machte keine Anstalten, sich von ihm zu lösen, schlang seine Arme vielmehr noch fester um ihn, wenn dies überhaupt möglich war. Vorerst gab sich Joe geschlagen und streichelte mit seiner Rechten weiterhin unter dem weißen durchnässten Strick seinen Freund, der leise Laute von sich gab, die ihm einen wohligen Schauer bescherten. Er lehnte seinen Kopf an den des Dunkelhaarigen und sog den Duft von Shampoo und Eu de Toilette in sich auf. Immer tiefer vergrub er sein Gesicht in dem braunen Haar. Die plötzliche Schwere in seinen Armen ließ Joe auffahren. „Rick?“, fragte er halb benommen, halb besorgt. Keine Antwort. Eilig nahm er seine Hand unter Ricks Pulli hervor, um ihn besser abstützen zu können. Mit aller Kraft hob er den Kleineren hoch und bettete ihn so vorsichtig wie möglich auf seine Arme. Mit zusammengebissenen Zähnen setzte er einen Fuß von den anderen, wollte keinesfalls in Kauf nehmen, dass sein ohnmächtiger Freund herunterfiel oder er mit ihm zusammen stürzte. /Du warst sicherlich bei mir, bevor wir hier zufällig aufeinander trafen. Doch ich begreife nicht, weshalb du solchen Kummer auf deinem Gesicht trägst… Veranlasst durch… mich?/ In Joe pochte es. Konnte er denn wirklich der Grund für den Zustand seines Freundes sein? Nein, das wollte er nicht wahrhaben. Das war unmöglich. Aber was wusste er schon, was in den wenigen Stunden alles passiert war. Mit schmerzhaft schlagender Brust trug er Rick nach Hause und legte ihn so nass wie er war auf sein Bett. Liebevoll zog er die Decke über ihn und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. Bevor er sich von der Gestalt, die ihm den Atem raubte, abwandte, um heißes Wasser in die Badewanne einzulassen, strich er ihr noch einmal zärtlich durchs Haar. Beruhigend lauschte er dem Rauschen des Wassers, wie es stetig in das Keramik floss. Er ließ eine Hand in die Wanne gleiten und fuhr sie durch das heiße Nass, genoss die Wärme, die seine Haut durchflutete. Mit der Linken griff er nach einer cremefarbenen Flasche und kippte ein wenig orangene Flüssigkeit auf den Grund des kleinen Sees, der sich mittlerweile gebildet hatte. Es dauerte nicht lange, bis sich viele kleine Seifenblasen auf der Oberfläche tummelten und in wilder Manier Türmchen bauen spielten. Der Duft von Pfirsich erfüllte alsbald das ganze Bad, roch verlockend frisch und fruchtig. Joe hätte sich gern selbst in die Wanne fallen lassen, denn auch ihn hatte der Regen durchnässt, doch er gewährte seinem besten Freund den Vortritt. Leise begab er sich zurück ins Schlafzimmer, das gleich nebenan war, und setzte sich neben Rick aufs Bett. Zögerlich beugte er sich über ihn und berührte mit seiner Nase die blasse Wange, die viel zu kalt war, um noch als gewöhnliche Temperatur durchzugehen. „Rick?“ Der Kleinere rührte sich noch immer nicht, was Joe die aufkeimende Unruhe nicht nahm. Er schwankte zwischen dem Rufen eines Arztes und der heißen Badewanne. Da er die Zeit als knapp bemaß, hievte er sich erneut seinen Freund auf die Arme und trug ihn zur Wanne, die nun fast randvoll gefüllt war. Nach und nach ließ er Rick hineingleiten und hoffte immer stärker, dass die Wärme ihn aus dem Schlummer erwachen ließ, der sich einfach über ihn gelegt hatte. Als er endlich ein Seufzen aus dem Mund des Dunkelhaarigen vernehmen durfte, atmete er erleichtert auf. Er tauchte mit einer Hand ins Wasser, um sie wenig später über das Gesicht von Rick gleiten zu lassen. Verwirrt schauten ihn zwei dunkelblaue Augen an. „Du bist bei mir“, sagte Joe gleich, um aus der Unklarheit Verständnis werden zu lassen. „K-komm rein.“ Ricks Stimme war kaum ein Flüstern und doch jagte sie Joe einen Schauer über den Rücken. Kraftlos, und dennoch sehr bestimmend, zogen die Hände des anderen an seinem Hemd. Er schluckte, wollte das Trocken seiner Kehle besänftigen, doch es war vergebens. Krächzend entkam seinem Mund ein „Aber“, wurde aber sogleich von weichen Lippen abgewehrt. Die sanfte Berührung hielt Sekunde um Sekunde an und mit jedem Moment entschwand jedweder Widerstand in ihm. Sein Körper horchte immer weniger seinem Verstand und ehe er sich versah lag er neben Rick im Wasser. Ihre Münder umschlossen sich unablässig und er spürte eine Hand, die gewiss nicht seine eigene war, wie sie sich unter sein Hemd stahl und über seinen Bauchnabel in kreisenden Bewegungen fuhr. Atemlos wich er zurück, sah mit hochroten Wangen Rick an, dessen verlangender Blick seinen Verstand endgültig aussetzen ließ. Ungehindert ließ er zu, wie sein Hemd geöffnet wurde und wie sich Ricks Lippenpaar auf seine Brust legte. Als die Zunge seines Freundes begann, seine Brustwarze zu umspielen, entfuhr ihm ein Stöhnen, das das Entsteifen seines Körpers zur Folge hatte. Wie in Trance glitten seine Hände unter Ricks Pullover und zogen ihn rücksichtsvoll über dessen Kopf. Leidenschaftlich sahen sie sich nun an und als Joe dem Blick nicht mehr standhalten konnte, drückte er den Kleineren zurück und presste sanft seine Lippen auf dessen, spürte wie sich ihre nackten Oberkörper dabei trafen und verlor sich in dem ewig zu sein scheinenden Kuss, der ihre Berührung begleitete. Alles um sie herum schien zu vibrieren, die Luft, das Wasser, jedes noch so kleine Molekül. Wohlig schmiegte sich die warme Flüssigkeit an ihre Körper, benetzte ihre erhitzte Haut. Feiner Dampf umspielte ihre Lippen, die den jeweils anderen begehrten, bildete einen seichten Film und mischte sich mit dem Schweiß der Erregung. Die Sekunden dehnten sich zu Minuten, so voller Lust und Hingabe. Joe gab sich seinen Gefühlen hin; in ihm kreiste nur noch eine Person: Rick… er wollte jedes noch so winzige Detail von ihm in sich aufsaugen. Mit seiner Zungenspitze ertastete er ganz vorsichtig Ricks Schlüsselbein, erst das eine und nach einem genießerischen Seufzen das andere. Er fühlte die Hände des anderen, wie sie seinen Kopf ergriffen, sich in seinen Haaren verfingen und ihn ein wenig tiefer drückten. Widerstandslos leistete er dem unausgesprochenen Befehl Folge und streifte nun mit seiner Wange Ricks wohldefinierten Bauch. Die Hüfte des Kleineren hob sich für einen Moment und senkte sich im nächsten wieder, presste sich zurück an die Wanne. „Ahhh…“ Unter dem leisen Ausruf legte sich ein Grinsen in die Mundwinkel des Größeren, mit denen er sanft über den Bauch des anderen fuhr. Was tat er hier eigentlich? Wie konnte er einen Mann derart berühren und dabei nichts als Wonne empfinden? - Lust? - - Leidenschaft? - - LIEBE? - … vermutlich alles in sich vereinigt… … vielleicht das eine mehr als das andere… … im Grunde war es doch vollkommen gleichgültig… Rick lächelte, Joe lächelte und ihre Münder fanden sich zu einem weiteren lang anwährenden Kuss. „Klebt deine Hose auch so an dir?“ Eine Frage, die Joe völlig irritierte. Mitten in der Berührung Ricks Bauchnabels hielt er inne und hob seinen Kopf an, um in die blauen Augen sehen zu können, die nicht weniger glänzten als die roten Wangen unter ihnen. Mit einem Mal ließ er sich neben den Kleineren ins Wasser zurückfallen und legte einen Arm um Ricks Hüfte. „Du bist süß, weißt du das?“ „Bin ich gar nicht.“ „Na und ob.“ „Nein.“ „Doch.“ Stumm drückte Rick seine Lippen auf Joes Wange und führte sie anschließend an sein Ohr. „DU bist süß.“ Joe schob ihn sachte von sich weg. „Sag’ das noch einmal und ich küsse dich nie wieder“, meinte er aber mit einem breiten Grinsen, das dennoch ein wenig Ernsthaftigkeit in sich trug. „Mhh, darf ich dich dann niedlich nennen?“ Gleich darauf spürte der Dunkelhaarige zwei Finger, die in seine Seite knufften. „Goldig?“ Er lachte. „Pass auf, was du sagst.“ „Entzückend?“ Joe wand sich auf ihn und hielt seine Hände mit seinen eigenen fest, drückte sie von innen an die Wanne. „Noch solch ein verherrlichendes Wort von dir und ich tauche dich unter.“ „Zauberhaft“, meinte Rick und lächelte neckisch. „Du hast es nicht anders gewollt.“ Tatsächlich drückte er den Kleineren unter Wasser, gab ihm aber nach wenigen Sekunden schon den nötigen Sauerstoff zum Atmen, indem er seinen Mund auf Ricks legte und hinein blies. Kleine Bläschen stiegen auf, vereinigten sich auf der Wasseroberfläche, bis einzelne von ihnen zerplatzten. Laut keuchend tauchten sie wieder auf und blieben eng umschlungen nebeneinander tatenlos liegen. Das Streicheln ihrer Hände an dem Kopf des einen oder an dem Bauch des anderen war nun die einzige Bewegung, die sie noch ausübten. „Ich hoffe, du hast nicht wegen mir gelitten“, meinte Joe irgendwann mit halb geschlossenen Augen. Ricks Kopf auf der Brust des Größeren drehte sich leicht hin und her. „Du bist für mich kein Grund zum Leiden.“ War es das, was Joe hören wollte? Wäre es ihm vielleicht doch lieber gewesen, dass er es gewesen wäre? Denn falls ja, dann hätte er alles wieder gut machen können. Doch so hatte er immer noch keine Ahnung, was Rick in Ohnmacht versetzen ließ. „Magst du darüber reden?“ „Ich weiß nicht.“ Besinnlich streifte er ein paar dunkle Haarsträhnen aus dem Gesicht des Kleineren. „Wenn du es irgendwann möchtest, dann bin ich für dich da.“ „Das weiß ich doch“, Rick hielt inne und sah kurz in die grünen Tiefen, die ihn verträumt anblickten. „Darum wollte ich ja vorhin zu dir.“ Er bettete seinen Kopf wieder auf Joes Brust und fuhr mit seiner Hand über die feinen Muskelpartien dessen Bauches. Stumm genoss Joe die weichen Finger des anderen. Er wollte Rick nicht drängen, denn er kannte ihn seit einer Ewigkeit und vermochte mit Recht zu sagen, dass er ihm bald mehr erzählen würde. Draußen von beiden unbemerkt schoben sich die Gewitterwolken weiter und sandten nur noch ganz vereinzelt Regentropfen gen Boden. Ab und an grollte der Himmel in seinen letzten Zügen und erleuchtete die Stadt unter sich nur noch aus weiter Ferne. Fast alle Lichter waren erloschen, das im Badezimmer von Joe war mitunter das einzige, was noch zu dieser Stunde brannte. „Meine…“ Rick stockte. Konnte er wirklich ’Meine Liebe zu dir’ sagen? „Unser Kuss hat irgendwie die Erinnerungen an meine Eltern zurück ins Gedächtnis gerufen…“ … … „Deine Finger müssen sich nicht verkrampfen, denn du bist wirklich schuldlos. Ich habe mir wohl immer vorgemacht, ich sei über die ganze Situation hinweg…“ „D-das tut mir-“ „Sshhh, das muss dir nicht leid tun. Du tust doch alles für mich… wirklich alles. Wer liegt denn nun neben mir hier in der Wanne? Du! Meine Eltern haben mich… Du kennst die Geschichte ja.“ „Hey, spüre ich da wieder heiße Perlen auf meinem Bauch? Sieh mich mal an.“ Zögerlich gehorchte Rick. „Wenn einer weinen muss, dann sind es deine Eltern und nicht du. Sie meiden das wertvollste Geschöpf dieser Welt und wissen nicht, was dich wirklich ausmacht.“ Unter Tränen schmiegte sich Rick wieder an Joe, der ihn fest drückte. /Ich kann nicht mehr zusehen, wie sie dein Herz zerstören…!/ „Die Vergangenheit ist vergangen, daran kannst du nichts mehr ändern… Nun steht dir die Zukunft bevor und ich hoffe… mit mir.“ „Ist das… dein Ernst?“, hauchte Rick erstickt auf Joes Körper. „Ja… ist es.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)