Camp Seafire von DarcAngel ================================================================================ Kapitel 10: Ginnys Schweigen ---------------------------- Wenn auch etwas verspätet, wünsche ich euch noch ein Frohes Neues Jahr und wie immer viel Spaß mit diesem Kapitel. Darc Angel 10. Ginnys Schweigen „Tut mir leid, Harry.“, lächelte Luna müde, „aber Ginny schläft schon.“ Das Mädchen war aus dem gemeinsamen Zelt heraus geklettert, als Harry um Einlass gebeten hatte, um mit Ginny zu reden. Nun nickte er schwerfällig. Die Blondine fand, dass er plötzlich um Jahre älter wirkte. Sie steckte ihre Hand in ihre Hosentasche und holte eine rote Beere heraus. Sie griff nach seiner Hand und legte die Frucht hinein. Sanft schloss sie seine Finger um das kleine Ding, bevor sie ihm wieder in die Augen blickte. „Nur Veritaserum wirkt besser.“, für einen Augenblick schienen ihre Augen klar wie Wasser, bevor sich ihr Blick verklärte, „gute Nacht, Harry.“ Dann stieg sie wieder ins Zelt und verschloss es hinter sich. Verwirrt öffnete der Schwarzhaarige seine Faust und blickte auf die kleine Frucht in seiner Hand. Die Versuchung war groß sie einfach zu zerquetschen, wer wusste schon, was das nun schon wieder für ein Ding war. Luna konnte dieses merkwürdigste Etwas einfach im Wald gepflückt haben um es zu essen oder um es sich an die Kette zu hängen, wer weiß, was sie damit geplant hatte, doch Fakt war, sie hatte es ihm geschenkt. Schließlich zuckte er die Schultern und wandte sich ab. Es hatte keinen Sinn, wenn er länger vor dem Zelt stand. Selbst als Professor besaß er nicht die Macht Ginny zu zwingen auf der Stelle mit ihm zu reden und er konnte es sich nicht leisten eine Szene zu machen. Zum Nachdenken sollte er auch nicht vor dem Zelt dreier Schülerinnen stehen bleiben, die anderen Schüler würden sich ihre Münder zerreißen. Mit hängenden Schultern kehrte er also zum Feuer zurück, an dem nur Hermine saß. Sie wollte ihn aufmunternd anlächeln, doch der Versuch misslang ihr. „Will sie dich nicht sehen?“, fragte sie leise, ebenfalls etwas besorgt. „Luna sagt, sie schläft.“ Die Brünette nickte. Wenn Madam Pomfrey bereits versucht hatte mit Ginny zu reden, war zu erwarten gewesen, dass sie jeden weiteren Versuch ebenfalls verwehren würde. „Ein weiteres Zeichen dafür, dass Madam Pomfrey Recht hat.“, schlussfolgerte sie immer noch im Flüsterton, für den Fall, dass Schüler sie belauschten. Der Jüngere ließ den Kopf hängen und die Beere zu Boden fallen. „Was ist das?“, Hermine bückte sich nach der Frucht und betrachtete sie neugierig im Feuerschein. Harry zuckte nur uninteressiert mit den Schultern. Mit zusammengekniffenen Augen musterte Hermine die Beere, schnupperte an ihr und drückte sie leicht, nichts veränderte sich, es lief nicht einmal ein Tropfen Saft heraus. „Woher hast du die? Dieses Exemplar ist in diesem Teil von Großbritannien äußerst selten.“, erklärte Hermine fachmännisch. „Luna.“, war Harrys einsilbige Antwort, er hatte nicht einmal wahrgenommen, dass er endlich einmal zwanglos mit Hermine alleine war und sie von sich aus mit ihm redete. Doch ihr Interesse an dem Geschenk konnte ihn auch nicht begeistern. Seine Gedanken kreisten um Ginny. Horrorszenarien erschienen vor seinen Augen. Männer mit verhangenen Gesichtern, die ihren Zauberstab auf ihn richteten. Voldemorts Lachen erklang in seinen Ohren. Die Härchen seiner Arme stellten sich auf. Sein glasiger Blick richtete sich auf die Flammen, die ihn innerlich zerfraßen, die Schuldgefühle. Er hatte nur an sich gedacht, an seine Sorgen und nicht auf Ginnys Gefühlslage geachtet. Ihm war klar, dass er sich durch den Krieg verändert hatte, doch er konnte doch nicht selbstlos gegen selbstsüchtig getauscht haben, das wollte er nicht glauben. „Harry?“, Hermine blickte ihn besorgt an, ihre Hand lag auf seinem Arm. „Entschuldige, was hast du gesagt?“, fragte er noch immer in seiner Gedankenwelt gefangen. „Diese Beere, eine Vero-Beere, kann in den falschen Händen erheblichen Schaden anrichten. Wenn man das Rezept für den richtigen Trank kennt, hat sie eine ähnliche Wirkung wie Veritaserum. Allerdings dauert die Zubereitung des Tranks nicht mal halb so lang.“ Während ihrer Erklärungen war Harry komplett aus der Gedankenwelt entkommen. Erstmals interessiert musterte er die rote Beere in Hermines Hand. 'Nur Veritaserum wirkt besser.', Lunas Kommentar machte also doch Sinn. „Beherrscht du die Zubereitung für diesen Trank?“, fragte er, ohne Hermine anzublicken. Er hatte schon von dieser Frucht gehört, und auch wenn er während seiner Zeit in der Wildnis viele Tränke gebraut und die Pflanzen der Natur besser kennen gelernt hatte, so war diese Beere doch niemals in seine Hände gefallen. Hermine legte ihren Kopf leicht schief beim Nachdenken. „Gebraut habe ich ihn noch nie, aber das Rezept ist mir bekannt.“, meinte sie schließlich und blickte ihn neugierig an. „Kannst du es mir vielleicht aufschreiben?“ „Wozu? Ich kann ihn auch zubereiten.“ Sie musterte ihn abwartend. „Es wird nicht ganz legal sein und ich will nicht, dass du womöglich deinen Job verlierst.“, gab er leise zu, seine Augen auf die Beere gerichtet, er wagte einfach nicht sie anzusehen. Lange sah sie ihn nur schweigend an und hing ihren Gedanken nach, die ihm nun nicht mehr so ganz fremd erschienen. Diese Vermutung wurde noch dadurch bestätigt, dass sie schließlich resolut erwiderte: „Lass das mal meine Sorge sein, bevor du den Trank vermanscht.“ „Mittlerweile habe ich meine Fähigkeit im Zaubertränke brauen enorm verbessert.“, versuchte er sie dennoch umzustimmen. „Das musst du mir erst beweisen, bevor ich dir das glaube.“, grinste sie, bevor sie gähnte, „ich lege mich schlafen. Das solltest du auch tun.“ Damit stand sie auf und ließ ihn allein am Feuer zurück. Guten Tag Albus, den Schülerinnen und Schülern geht es mittlerweile soweit wieder gut. Wir hatten in letzter Zeit zwei Verletzte, wobei wir den ersten Fall selber behandeln konnten, während du von Madam Pomfrey sicher schon von dem zweiten Fall erfahren hast. Der erste Unfall ereignete sich im Wasser, die Sechstklässlerin Antoinette Beaurelle aus Hufflepuff wurde beim Schwimmen von einer Wasserschlingpflanze in die Tiefe gezogen. Harry, der über dem Wasser seine Bahnen flog, sprang ihr hinterher und brachte sie sicher an Land. Außer einem Schock und zu viel verschlucktem Wasser trug sie keinen Schaden davon. Der zweite Unfall obliegt keiner natürlichen Ursache, denn eine Gruppe von Mädchen ist im Wald von einem Echsenmutanten angegriffen worden, wobei ein Mädchen stark verletzt wurde – näheres zu den Wunden kann dir Madam Pomfrey besser erklären. Harry hat den Mutanten zurückverwandelt, das Tier ist jedoch entkommen. So wissen wir leider nicht, wie diese Mutation zustande gekommen ist. Die Schüler schließen wir aus. Dem Opfer, Jasmin Lyann geht es bereits besser, auch wenn sie immer noch zur Erholung im Sanitätszelt liegt. Die Gemeinschaft wächst näher zusammen. Oft sitzen die meisten abends gemeinsam am Feuer und tanzen, singen oder erzählen Geschichten. Unter den Schülern hat es keine größeren Auseinandersetzungen gegeben. Hermine „Mir geht es wirklich gut, Harry, das habe ich dir doch jetzt schon drei Mal gesagt.“, erklärte ihm die Rothaarige genervt. Die beiden standen am Ufer des Sees, dessen merkwürdigen Ton sie gar nicht wahrnahmen. Aufgrund des Wetters hätte man annehmen müssen, dass die Wasseroberfläche grau und undurchsichtig ist, doch sie war klar und bei genauerem Hinsehen hatte man das Gefühl, dass ein Leuchten von ihr ausging. „Ich mache mir doch nur Sorgen um dich.“, verteidigte er sich und streckte seine Hand leicht in Richtung ihres Gesichts aus, „und du siehst nun einmal blass aus.“ „Um diese Jahreszeit bin ich eben blasser, so ergeht es den meisten Menschen mit roten Haaren, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.“, warf sie ihm bissig an den Kopf und fügte noch hinzu, „außerdem harkst du doch nur nach, weil die Pomfrey dich auf den Gedanken gebracht hat?!“ Das saß, schuldig sah er zu Boden. Ginny nutzte die Situation um sich wegzudrehen und ihn alleine stehen zu lassen. Irritiert blickte er ihr nach. Sie konnte ihm erzählen, was sie wollte, ihr Verhalten verriet sie. Selbst wenn sie einen schlechten Tag hatte, zickte sie ihn nicht so an, sie war einfach nicht der Typ dazu. Doch er hatte sie verletzt, oder enttäuscht, denn es war ihm nicht von allein aufgefallen, dass sie Sorgen hatte, und sitzengelassen hatte er sie auch, er war unentschuldigt abends nicht mehr zu ihren Treffen gekommen. Andererseits ließ ihr Dickkopf nicht zu etwas preiszugeben, wenn sie sich in den Kopf gesetzt hatte, es zu verheimlichen. Nur warum sollte sie ihm vorenthalten, wenn sie sich nicht wohl fühlte? Irgendwas stimmte da überhaupt nicht und er musste der Ursache auf den Grund gehen. Er fühlte sich nicht nur dazu verpflichtet, weil er ihr Lehrer war, da schwangen noch so viele Gründe mehr mit: Ron, ihre Hilfe und ihr Schweigen beim Kampf mit dem Mutanten, eigentlich hatte sie ihm schon unzählige Male zur Seite gestanden, und schlussendlich sie selber. An diesem Abend stand Harry alleine am See, an dem Platz, an dem er sich zuvor so oft mit Ginny getroffen hatte. Er wusste, sie würde nicht kommen, doch er hatte sie auch nicht darum gebeten. Ruhe und Zeit zum Nachdenken war das, was er brauchte. Der Wind fuhr ihm durch die Haare und ein Kälteschock ließ ihn zusammenfahren. So zog er seinen Schal enger um den Hals und vergrub die Hände anschließend tief in seinen Jackentaschen. Es war eine tiefschwarze Nacht, kein Stern am Firmament und doch lag die Landschaft in einem seltsamen Glanz. Harry fühlte wie er in den Bann dieses Lichtes gezogen wurde, seine Augen waren auf das Wasser gerichtet und irgendwann hörte er ein Knistern. Langsam ging er direkt ans Wasser und kniete sich an das Ufer. Ganz leise vernahm er das Feuer. Nur Wärme spürte er keine. Er tauchte seinen Finger in das Wasser. 'Nein, es ist eiskalt.', stellte er fest, als würde ihn die Tatsache verwundern. Dennoch dieses Phänomen hatte er noch nie erlebt. Er nahm sich vor am nächsten Abend wieder zu kommen und abzuwarten. Doch erst einmal setzte er sich wieder auf den umgefallenen Baumstamm und ließ seinen Blick ins Nichts gleiten. Plötzlich war er in einem festlich arrangierten, großen Ballsaal. Walzermusik ertönte von irgendwo und unzählige Paare drehten sich tanzend in Schwarz-Weiß um ihn herum. Ein roter Schopf tauchte einige Meter weiter auf, doch als er versuchte ihn in der Menge der Tanzpaare wieder zu finden, war er verschwunden. Luna tanzte mit einem gesichtslosen Mann an ihm vorbei, sah ihn jedoch nicht. Blickte sie durch ihn durch? Er rief ihren Namen, doch sie war schon wieder außer Reichweite gewirbelt worden von ihrem Tanzpartner. Langsam drehte er sich um seine Achse, für Sekundenbruchteile glaubte er irgendwo ein ihm bekanntes Gesicht zu sehen, doch wenn er versuchte es zu fixieren, verschwand es in der gesichtslosen Menge. Plötzlich stand Hermine direkt vor ihm. Sie trug ein wunderschönes nachtblaues Ballkleid und knickste vor ihm. Er verbeugte sich vor ihr, wie es ein Gentleman tat. Doch als er wieder aufblickte, war sie verschwunden und an ihrer Stelle knickste Ginny in einem dunkelgrünen Kleid. Er fiel in die Knie, um sie weiterhin anschauen zu können, da blickte sie über ihn hinweg, sodass Harry seinen Kopf nach hinten wandte und in ein vertrautes Gesicht blickte. Ginny legte ihre Hand in die des Blonden und tanzte mit ihm davon. Der Schwarzhaarige starrte ihnen entsetzt hinterher, doch auch sie verlor er. Alles drehte sich um ihn herum, die Farben verschwammen und dann war alles schwarz. Schwerfällig öffnete er seine Augen und blinzelte. Die Landschaft wirkte unwirklich, da sie in einen hellen Glanz gelegt war. 'Träume ich?' Er fasste sich an den Kopf, mit dem er auf den Boden gefallen war, und ertastete ganz eindeutig eine Beule. 'Nein, aber ich muss eingeschlafen sein.', dachte er, während er sich langsam aufrichtete, 'ich weiß nur noch, dass ich auf einem Ball war. Nur was ist passiert? Ich kann mich nicht erinnern.' Er schüttelte den Kopf, versuchte seine Gedanken zu sammeln, den Traum nochmal aufleben zu lassen, doch es gelang ihm nicht. Er gähnte. Aufgrund der Müdigkeit entschied er ins Zelt zurückzukehren, es war zu gefährlich noch einmal in der Kälte einzuschlafen. Aus dem Augenwinkel nahm der Schwarzhaarige wahr, wie Hermine sich einen Weg zu Ginny bahnte. Innerlich wusste er, dass es zwecklos war, Ginny würde der Professorin nichts erzählen, genauso wenig wie ihm. Andererseits würde so ein Gespräch vielleicht auch Hermine etwas auftauen, selbst wenn die Rothaarige sich wie eine Furie benahm. Er grinste leicht und wandte sich dem See zu. Heute würde er Ginny nicht fragen. Irgendwie zog der See ihn an, auch wenn bei Tageslicht nichts Ungewöhnliches festzustellen war. Er glänzte leicht, wenn sich ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke traute und ins Wasser traf. Leichte Wellen wurden von dem Wind getrieben und der Boden des Gewässers war nicht zu sehen. Vorsichtig lugte er zu seinen Schülern, fühlte sich denn keiner von ihnen zu dem See hingezogen. Ein paar saßen in der Pause am Wasser und quatschten, andere hatten dem See den Rücken zugewandt oder waren sogar im Wald. Er konnte nichts Auffälliges feststellen und doch schien etwas Aufregendes in der Luft zu liegen, wenn nicht sogar etwas Magisches. Es war, als wenn ihn der See rufen würde und Harry folgte auch an diesem Abend seinem Ruf. Er fand sich erneut auf dem Baumstamm ein, blieb jedoch nicht lange sitzen, sondern beugte sich ans Wasser und beobachtete dieses seltsame Phänomen. Schwarze Magie fühlte er jedoch keine, was ihn irgendwie verwunderte, schließlich wäre das die einzig plausible Erklärung für ihn gewesen. Genau wie am Abend zuvor hatte sich die tagsüber so reale Landschaft in eine in silbernes Licht getauchte Märchenwelt verwandelt und so seltsam es klang, aber das Licht kam aus dem See und doch schien seine Quelle nicht definierbar zu sein. 'Wo kommt es her? Was ist es?' Eine Kältewelle überrannte ihn, als er einen Finger in das eisigkalte Wasser tauchte. Plötzlich kam ihm die Erscheinung eines Patronus in den Kopf, doch kein Zauberer konnte einen Patronus mit einer solchen dauerhaften Energie erschaffen. Dennoch suchte er die Umgebung nach Lebewesen ab, doch alles lag still und schien zu schlafen. Selbst der See, dessen Oberfläche keine einzige Krümmung aufwies. Er erinnerte sich, dass er am vorigen Abend noch glaubte, dass der Glanz eines Feuers die Landschaft bedeckte, dazu bot das silberne Licht heute einen krassen Gegensatz. Noch nie hatte er von einem silbernen Feuer gehört. Sollte er Professor Dumbledore um Rat fragen oder gar Hermine oder konnte er warten, bis er dieses Phänomen selber in Hogwarts umfassender Bibliothek nachschlagen konnte? Geduld war eine Tugend, die er mit den Jahren erlernt hatte, vor allem im letzten Jahr, aber die Neugier reizte ihn. Ein Knacken riss ihn aus den Gedanken. Er sprang herum, den Zauberstab in der Hand. Seine Augen zu Schlitzen verengt. Kampfbereit. Etwas, das diese Atmosphäre zerstörte, konnte nicht guter Dinge sein. Erneut knackte es im Unterholz, doch selber Harrys geschulte Augen erkannten nichts in dem seltsam blendenden silbernen Licht. „Wer ist da?“, verlangte er mit selbstsicherer Stimme zu wissen. Das Knacken wurde lauter, es raschelte und keuchte. Einen passenden Fluch auf den Lippen streckte der Schwarzhaarige seine Waffe in die Richtung der Störung. Doch er konnte nur wenige Meter in den Wald blicken und sah nur schemenhafte Baumstämme im Licht verschwimmen. Er hatte die Lippen schon zum Fluchen geöffnet, als er rotes Haar aufblitzen sah und den Fluch vergaß. Wenige Sekunden später brach Ginny aus dem Wald hervor. Wie bei ihrem letzten Treffen an diesem Ort war ihre Haut im Gesicht aufgerissen, nur diesmal fand er nicht nur eine Wunde, sondern unzählige Risse und Blut lief aus manchen ihr Kinn hinunter. Ihre Pupillen waren geweitet, ihre Kleidung mit Dreck beschmiert, ihr Atem rasselte, doch sie blickte ihn an und Erleichterung und so etwas wie Hoffnung glänzte in ihren Augen. „Harry.“, krächzte sie. Mit nur drei Schritten war er bei ihr. „Harry, ich bin entkommen.“ „Wem bist du entkommen, Ginny? Was ist passiert?“, fragte er vorsichtig. Doch sie antwortete nicht mehr, sondern verdrehte die Augen und brach zusammen. Geschickt fing er sie auf. Gewissenhaft ertastete er ihren Puls, schwach aber nicht gefährlich. Erleichtert hob er sie hoch, auf den ersten Blick schien sie keine inneren Verletzungen zu haben. Kurz richtete er seinen Zauberstab zum See zurück, bevor er höchst angespannt und jederzeit kampfbereit mit Ginny auf dem Arm sich leise einen Weg durch den Wald bahnte. Er spürte Augen auf ihm, fremde Augen. Doch mit einer Verletzten in seiner Obhut forderte er keinen Kampf heraus, erst wenn sie in Sicherheit war, würde er sich dem Feind stellen, wenn dieser solange wartete. Die Haare an seinen Armen standen zu Berge, die in seinem Nacken sorgten für Schauer, wenn nur ein leichter Windstoß sie bewegte, und plötzlich hatte das silberne Licht nichts Märchenhaftes mehr an sich, es verschleierte die Landschaft, bot Verstecke und spielte mit seiner Wahrnehmung. Für einen Kampf war dieser Ort im Moment äußerst gefährlich und heimtükisch. Es war lange her, dass ihn ein Gefühl, der Angst ähnlich, durchströmte und er wusste, dass es seine eigene Schuld war, dass er sich selbst schwächte. 'Du brauchst dich nicht länger abzukapseln, du kannst Schwäche zeigen, es ist keiner mehr da, der daraus einen Strick ziehen würde.', hallten Remus Worte in seinem Kopf wieder und doch fühlte Harry sich nicht wohl. Er senkte seinen Blick auf die zarte Person in seinen Armen, ihr blasses Gesicht. Er drückte sie leicht an sich. Remus hatte Recht. Außerdem war Ginny es wert, sie hatte Licht in sein Leben gebracht. Der Wind wehte ihren Duft in seine Nase. Wer immer es war, der diesem reinen Geschöpf etwas antat, würde dafür büßen müssen, dafür würde er sorgen. Eine riesige Last fiel von seinen Schultern, als er wenigen Minuten später ihr Lager erreichte. Kein Schüler war zu sehen und so trug er sie schnellen Schrittes zu seinem Zelt, nicht nur weil das Sanitätszelt noch immer belegt war. Aus dem Augenwinkel sah er, wie jemand am Lagerfeuer wachte, ein kurzer Blick genügte um Hermine zu erkennen. Vorsichtig legte er Ginny auf sein Lager und deckte sie zu. Noch einmal kontrollierte er ihren Puls, unverändert. Beinahe zärtlich strich er ihr über die verletzte Wange. Wut loderte in ihm auf. Leise kletterte er aus dem Zelt und wäre fast gegen Hermine geprallt, die draußen auf ihn wartete. „Was ist passiert?“, fragte sie aufgeregt, aber leise, „als ich deinen Patronus über den See kommen sah, wäre mir fast das Herz stehen geblieben. Deine Nachricht war auch nicht sonderlich ausgiebig. Ich solle dafür sorgen, dass alle Schüler in ihre Zelte gehen und meinen Zauberstab bereit halten.“ Sie warf einen schockierten Blick auf Ginny. „Pass auf sie auf, bitte.“, bat er sie und wandte sich ab. Verwirrt blinzelte die Brünette, bevor sie ihm hinterher rannte. Kurz vor dem Waldrand erreichte sie ihn. Sie stoppte ihn an der Schulter und drehte ihn zu sich. Sein Gesichtsausdruck erschreckte sie. Unendliche Wut, Trauer, Hass und Entschlossenheit. Was hatte all das zu bedeuten? „Harry, bitte, was ist los?“, sie griff nach seinen Händen, die eiskalt waren, und hielt sie in ihren gefangen. Er musterte ihre Hände, seine Züge wurden etwas weicher. „Ich weiß es nicht, Hermine. Sie ist mir bewusstlos in die Arme gefallen. Das einzige, was sie vorher noch gesagt hat, war „Harry, ich bin entkommen.“ Ich weiß nicht, was passiert ist. Doch ich bin mir sicher, dass derjenige noch im Wald ist.“, berichtete er und erneut loderten seine Augen vor Wut auf. „Du weißt, wer es war?“, fragte sie vorsichtig und sah ihm direkt in die Augen. Einen Augenblick erwiderte er den Blick, blickte in ihre besorgten braunen Augen. Hatte sie Angst um ihn? Das konnte nicht sein, sie sorgte sich sicher um Ginny. „Du erinnerst dich, was er deiner Freundin in Durmstrang angetan hat...“, war das einzige, was er darauf erwiderte. Sanft löste er seine Hände und drehte ihr den Rücken zu. „Ich glaube nicht, dass er hierher kommt, aber pass auf sie auf.“, damit ging er sicheren Schrittes in den Wald. „Sei bitte vorsichtig, Harry.“, sagte Hermine leise und blickte ihm nach, wie er im silbernen Dunkel verschwand. Sein Atem war im Einklang mit seinem Herzschlag, sehr schnell. Dieser Adrenalinkick, es gab nichts Schöneres. Er fühlte seinen Körper, sein Können, seine Macht. Seine Finger fuhren über die raue Rinde des Baumes. Er fühlte, wie seine Haut aufriss, der Duft des Blutes, seines reinen Blutes, stieg ihm in die Nase. 'Komm nur.' Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Seine Augen waren im silbernen Nebel nicht zu erkennen. Harry schlich durch die Dunkelheit, seine Sinne tasteten die Umgebung ab. Sein Alarmsystem stand auf feuerrot. Sein Herz schlug kräftig in seiner Brust, während er versuchte irgendwelche Spuren im Wald zu finden. Er entschloss sich zum Treffpunkt zurückzukehren und dort mit der Suche zu beginnen zu beginnen. Kalte Luft flutete seine Lungen. 'Ich spüre deine Wut. Du konntest deine Gefühle noch nie zügeln. Du bist selbst Schuld, wenn du sie so offen zeigst. Du machst es mir leicht, so leicht.' Er leckte sich über die schmalen Lippen. 'Soll ich dir sagen, wie sie schmeckt.' Beinahe wäre ein Lachen seiner Kehle entwichen, doch es blieb bei einem Grinsen. Er hatte sich immer unter Kontrolle. Es war nicht zu übersehen, wo Ginny durchs das Unterholz gestolpert war. Selbst in dem seltenen Licht fand er ihre Haare, die seltsamerweise silbern glänzten, und entdeckte die platt getrampelten Äste. Sie war nicht über den normalen Weg gekommen. Dieser Weg war eindeutig der Weg einer Flucht. Denn selbst wenn sie nicht von ihm gelernt hätte, sich lautlos und möglichst unauffällig zu bewegen, wäre sie niemals ohne Grund durch Büsche geklettert. Das Blut rauschte durch seinen Kopf, durch seine Ohren. Es war ein bekanntes Gefühl, dennoch wünschte er, es wäre nicht wiedergekommen. Blutrausch. Er schloss die Augen für den Bruchteil einer Sekunde. Seine Hand hatte sich hart um seinen Zauberstab geschlossen. Eine Hand voll Flüche lag ihm auf der Zunge, bereit abgefeuert zu werden und ihr Ziel zu treffen. Sanft strich er mit seinem Zeigefinger über die dicke, raue Rinde des Baumes, als würde er etwas nachzeichnen. Ein Grinsen lag auf seinem Gesicht, seine Augen lagen im Dunkeln. Der Wind blähte seinen schwarzen Mantel auf, ließ ihn gespenstisch flattern und rascheln. Da - es hatte ganz in seiner Nähe geraschelt. Harry hielt den Atem an und verharrte auf der Stelle, jede Bewegung würde ihn verraten. Seine Augen versuchten den Nebel zu durchdringen, doch es schien ihm nicht vergönnt. Er bebte vor Zorn. Mit einem errichteten Schild trat er aus seinem Versteck und schritt langsam durch den Nebel. Er blickte nach allen Seite, nichts. Doch die Fußabdrücke in der feuchten Erde verrieten die Anwesenheit eines Menschen. Er hörte sein eigenes Herz pochen, seine Lunge schmerzte, doch er nahm nichts von all dem wahr. Immer weiter durchdrang er den Nebel, doch nichts rührte sich, kein Tier der Nacht, kein Windstoß. Ein Baum tauchte aus dem Nebel auf, wie ein Riese, groß und breit erhob er sich plötzlich vor dem Schwarzhaarigen. Er war bald am Ziel, er spürte es genau. Sicheren Schrittes trat er auf den Baum zu, legte seine Handfläche auf die dicke, raue Rinde des Baumes und fühlte sich plötzlich wieder mit der Natur verbunden. Jeden Augenblick würde er ihm gegenüberstehen. Leise und langsam schritt er um den Baum, eine Hand immer an der Rinde. Sein Herz zerschlug ihm beinahe die Rippen. Jedes Geräusch von ihm erschien ihm laut wie ein Gewitter. Seine Anwesenheit hatte er längst verraten. Als er den Baum komplett umrundet hatte, blieb er irritiert stehen. Ganz langsam legte er seinen Kopf in den Nacken und blickte in die Krone, doch auch dort war niemand zu sehen. Er war allein. „Hast du ihn gefunden?“, begrüßte Hermine ihn, sie saß vor seinem Zelt, den Zauberstab in der Hand und rieb sich die Hände. Er schüttelte frustriert den Kopf. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, so stand sie auf und legte ihre Hand auf seinen Arm. „Ginny schläft ruhig.“ Er nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte. „Er wird seine Strafe bekommen.“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Dafür werde ich sorgen.“, brachte er brüchig über die Lippen. Wieder blickte sie ihn besorgt an, doch er achtete nicht darauf. „Geh schlafen, Hermine, ich werde über sie wachen.“ Sie nickte ergiebig und ging. Leise betrat er sein Zelt und setzte sich neben die reglose Gestalt. Ihre Haut war auch im sanften Licht des Zauberstab weiß wie Elfenbein, doch wenigstens war sie nicht kalt, wie er bei der Berührung ihrer Haut feststellte. Sachte strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Lider zuckten leicht. „Schlaf Ginny, schlaf dich gesund. Ich passe auf dich auf, die ganze Nacht.“, flüsterte er ihr zu. Der Hauch eines Lächelns zog sich auf ihre Lippen und ihr Atem beruhigte sich wieder. Er lächelte, doch seine Augen waren voller Trauer. Minutenlang beobachtete er sie, bevor er nach Pergament und Tinte griff. Es war an der Zeit, er spürte es mehr denn je, und so schrieb er anfangs noch unsicher: An Ron.... Gute Nacht Albus, es handelt sich bei diesem Brief nicht wieder um ein doppeltes Protokoll, denn ich weiß sehr wohl, dass Hermine dir bereits eins zukommen lassen hat. In diesem Brief geht es nicht um Hermine oder mich, sondern um einen dringenden Fall, der deine Unterstützung benötigt. Es hat heute schon wieder einen Angriff gegeben – wenn du denkst, dass ich noch unter den Folgen des Krieges leider oder glaubst ich halluziniere aufgrund der späten Stunde, wird Hermine dir bestätigen, dass ich die Wahrheit schreibe. Ginny ist heute Abend im Wald angegriffen worden. Da alle Schüler eine Minute nach dem Angriff in ihren Zelten waren, wie Hermine mir versichert, der Angriffsort tief im Wald liegt, kann es keiner von ihnen gewesen sein. Ich habe Fußabdrücke gefunden, menschliche. Beweise habe ich keine, doch es kann nur einer gewesen sein, das musst du akzeptieren. Albus, du kannst nicht immer in das Gute im Menschen glauben, bei manchen Menschen ist es längst erloschen. Ich bitte dich uns zu helfen, ihn zu überführen. Doch wir werden es auch ohne deine Hilfe schaffen. Ich habe schon eine Idee. Um noch einmal auf Ginny zurückzukommen, sie ist mir ohnmächtig in die Arme gefallen im Wald. Doch zuvor hat sie noch gesagt, dass sie entkommen ist. Ihr Puls geht regelmäßig und ihre Arme und ihr Gesicht sind von Kratzern und Wunden überzogen. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Sie schläft nun, ich werde sie persönlich bewachen, doch ich glaube nicht, dass ihr Schänder diese Nacht wiederkommt. Ich habe ihn im Wald gesucht, nachdem sie in Sicherheit war, doch er war bereits verschwunden. Morgen wissen wir mehr, ich werde dir Bericht erstatten. Du brauchst auch ihrer Familie nicht schreiben. Wie du sicher schon entdeckt hast, bringt Hedwig drei Briefe. Einer ist für Remus und einer für Ron. Ich bitte dich, den für Ron mit einer Schuleule weiterzuschicken und Hedwig mit Remus Brief loszuschicken. Ron würde Hewdigs Nachrichten nicht lesen und außerdem möchte ich, dass beide Briefe möglichst schnell ihr Ziel erreichen. Danke. Ich halte Stellung. Harry PS: Was hat es mit dem See hier auf sich? Er beginnt nachts silbern zu glänzen. Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)