東京幻想 von abgemeldet (Tokyo Illusions (Kapitel 1 - 8 korrigiert)) ================================================================================ Kapitel 1: Treffen im Supermarkt -------------------------------- Gelangweilt lag Naomi auf ihrem Futon, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und blickte an die Decke. Da ist ein Fleck, dachte sie müßig. Wie kommt der da hin? Sie gähnte und drehte sich auf die Seite, nur um den Fleck nicht weiter ansehen zu müssen. Sie wusste genau, dass sie sonst nur darüber nachdenken würde, warum er dort war. Und ihr war ebenso bewusst, dass die Antwort darauf nicht von allein kommen würde. Nach einer Weile setzte sie sich seufzend auf. Heute war Sonntag. Die Sonne schien und es war warm draußen. Eindeutig kein Tag um untätig in der Wohnung zu sitzen und nichts mit sich anfangen zu können. Die junge Frau lehnte sich an die Wand und griff nach dem Buch und der Fernbedienung, die neben ihr auf dem Boden lagen. Ein bisschen Musik zur Entspannung konnte sicher nicht schaden. Sie drückte ein paar Mal auf der Fernbedienung herum, bis sie gefunden hatte, was sie suchte, dann legte sie das Gerät neben sich. Naomi fuhr sich mit der nun freien Hand durch die schulterlangen hellbraunen Haare, als sie einen genaueren Blick auf das Buch warf. [Kyô no bungaku] Sie sah sich in dem kleinen Schlafzimmer um, in der Hoffnung, ihren Terminkalender zu entdecken. Allerdings war dieser nirgends zu sehen. Mit einem tiefen Seufzer öffnete sie schließlich das Lehrbuch, um ein wenig zu lernen, während sie darauf wartete, dass ihre Mitbewohnerin und beste Freundin vom Einkaufen zurückkam. Es dauerte allerdings nicht lange, bis sie die Stereoanlage wieder abschaltete, da sie sich bei der Musik dann doch nicht richtig konzentrieren konnte. Keine fünf Minuten später flog schließlich das Buch gegen die Wand. "Gott, das bringt doch alles nichts...", seufzte Naomi. Wer wollte schon an einem so schönen Sonntag lernen? Und das auch noch freiwillig? Die Prüfungen waren ohnehin längst vorbei, außerdem waren es nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien und morgen hatten sie wegen einer Konferenz frei. Plötzlich wurde die Wohnungstür geöffnet - eher aufgetreten - und ein recht kleines weibliches Ding betrat das Appartement, beladen mit Dutzenden Einkaufstüten. Wütend warf Luca ihre Einkäufe in eine Ecke, ließ sich auf die Tatami plumpsen, kramte verzweifelt in ihrer Handtasche und japste glücklich auf, nachdem sie die rettende Zigarette gefunden hatte. Mit zittrigen Fingern zündete sie die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Verwundert stand Naomi auf und ging ins Wohnzimmer, um ihre Freundin zu begrüßen. "Was ist denn mit dir los? Haben sie dich unterwegs überfallen?", wollte sie mit hochgezogener Augenbraue wissen, dann begann sie die Tüten aufzusammeln, um sie in die Küche zu bringen. "Überfallen?", fragte Luca theatralisch. "Überfallen... fragt sie auch noch." Sie begann wie wild ihren Kopf zu schütteln und einzelne Strähnen ihres dunklen Haars flatterten herum. "Komm mit nach Japan, hat sie gesagt." Sie machte eine dramatische Handbewegung. "Da werden wir viel Spaß haben, hat sie gesagt... lauter nette Jungs... hat sie gesagt..." Dann drehte sie sich zu Naomi um und funkelte sie an. "Von perversen alten Säcken... hat sie nix gesagt." Luca ließ sich nach hinten auf die Tatami fallen. "Sehe ich etwa so aus, als würde ich Geld von alten Säcken annehmen?", fragte sie hysterisch und deutete mit der flachen Hand auf ihre Brust. "Sehe ich echt so aus?" Naomi blieb stehen und warf einen Blick über ihre Schulter. "Wenn du immer so knappe Sachen anziehst, musst du dich nicht wundern, dass sie dich ansprechen... vielleicht haben sie dich ja von hinten mit einem dieser Ganguro Girls verwechselt?", vermutete sie und setzte ihren Weg in die Küche fort. "Außerdem bist du nicht zum ersten Mal in Japan. Du wusstest ziemlich genau, worauf du dich einlässt, wenn du mit mir kommst." Luca schaute sie mit offenem Mund an. "Mit was?", fragte sie mit hoher, zittriger Stimme. In ihrer Aufregung nahm sie an, Ganguro - oder wie auch immer es hieß - wäre eine tödliche Beleidigung, abgesehen davon hatte sie nur einen Teil von dem mitbekommen, was die Musikstudentin gesagt hatte. "Entschuldige bitte, dass ich mit dieser perfekten Figur gestraft bin... ich werde mich ab morgen verschleiern." Sie nahm wieder einen tiefen Zug von ihrer Zigarette und sah ihrer Freundin weiterhin funkelnd nach. "Ganguro Girls. Das sind geschminkte, gebräunte Mädchen, die ständig von irgendwelchen Typen angesprochen werden, ob sie nicht ihr Taschengeld aufbessern wollen", antwortete Naomi gelassen, "aber ich dachte, das wüsstest du." Wie so oft ignorierte sie den bösen Blick ihrer Freundin und begann, die Einkäufe in die Schränke einzuräumen. "Ich bin nicht braungebrannt", erwiderte Luca langsam, aber mit hysterischem Unterton. "Ich habe eine vornehme Blässe und geschminkt bin ich auch nicht... das habe ich gar nicht nötig." Die Dunkelhaarige rappelte sich auf und ging in die Küche um Naomi zu helfen. "Gehen wir heute aus? Ich brauche Ablenkung." Im Wörterbuch für Luca - normale Menschen würde es heißen: Lass uns weggehen, ich brauche 'nen Kerl zur Ablenkung. "Wir können ja vorher noch was essen gehen... Sushi?" "Das klingt gut", entgegnete die Brünette. "Ich langweile mich hier eh fast zu Tode." Irritiert sah sie eine Packung an, die sie gerade aus einer der Tüten gefischt hatte. "Haarfarbe?" Sie warf Luca einen fragenden Blick zu. "Willst du dir die Haare etwa schon wieder neu färben?" Die Designstudentin schaute sie verwirrt an. "Rote Farbe?" Sie begutachtete die Tüte genauer. "Mist!" Panisch schnappte sie sich die Haarfarbe, stopfte sie in die Tüte und griff sich diese dann, bevor sie zur Tür lief und sich gehetzt die Schuhe anzog. Nun verstand Naomi gar nichts mehr. "Was ist los? Hast du dich etwa vertan?" Sie musste sich zurückhalten, um nicht laut loszulachen. "Kann man so sagen..." Ihre Freundin kämpfte sich noch immer mit den High Heels ab. "Ich bin im Supermarkt mit so 'nem Punk zusammengestoßen... ist wahrscheinlich seine Tüte." Sie schaute Naomi genervt an. "Er ist vor irgendwelchen Mädels geflüchtet." Nun erschien ein breites Grinsen auf dem Gesicht der Brünetten. "So ist das also", meinte sie mit amüsiertem Unterton in der Stimme. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er noch da ist, oder? Soll ich lieber mitgehen?" "Das wäre lieb, bevor ich völlig ausraste", antwortete Luca grimmig. "Der Typ hat sich auch nicht entschuldigt, nur dumm geschaut." Naomi schloss die Schränke, ließ den Rest liegen und begab sich zur Tür, um ihre Chucks anzuziehen. Auf dem Weg dorthin fiel sie fast hin, weil sie auf den Saum ihrer Baggy Pants trat. "Verdammt!", murmelte sie leise. Nachdem sie es schließlich geschafft hatte, heil in ihre Schuhe zu kommen, richtete sie sich auf und zupfte ihr schwarzes bauchfreies Top zurecht, holte ihren Schlüssel vom Bord und verstaute diesen in ihrer Hosentasche. "Können wir?" "Kannst du dich nicht einmal wie ein Mädchen anziehen?", fragte Luca und musterte ihre Freundin. "Kein Wunder, dass alle denken, wir... na ja... Lass uns gehen." Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Meine Kleidung hat aber den Vorteil, dass ich nicht immer von alten Säcken angesprochen werde...", brummte sie, bevor sie die Tür öffnete und gemeinsam mit ihrer besten Freundin die Wohnung verließ. "Klar, sie halten dich ja auch für einen Typen", entgegnete Luca grummelnd. So schnell es ihr mit den 15 cm hohen Absätzen möglich war lief sie zum Supermarkt an der Ecke, dicht gefolgt von Naomi. Sie fluchte andauernd etwas vor sich hin und blieb dann vor dem Laden stehen. Sie ging in die Hocke und schnappte nach Luft. "Kannst du irgendwo einen rothaarigen Punk sehen?", fragte sie schnaufend. Die brünette Musikstudentin lachte kurz auf. "Geht es vielleicht auch etwas präziser? Ich sehe hier mindestens fünf Typen mit roten Haaren." Sie hob ihre Hand, um damit ihre Augen gegen die grelle Sonne abzuschirmen. Luca schnappte noch immer verzweifelt nach Luft. Vielleicht sollte sie aufhören zu rauchen... oder sich auch eine Zigarette anzünden? Egal. "So'n Punk-Typ... 1,80 m oder so... kurze Haare hatte der, glaub ich... so'n Army Top, keine Ahnung..." "Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen, wenn ich eine ungenaue Beschreibung haben will", murmelte Naomi. Schließlich deutete sie in Richtung der Lebensmittelregale. "War es vielleicht der?" "Höh?" Langsam richtete sich die dunkelhaarige junge Frau auf und schaute zu dem Typen, auf den Naomi zeigte. "Bingo!" Entschlossen nahm sie die Tüte wieder in die Hand und stapfte in den Supermarkt, direkt auf den Rothaarigen zu. Naomi verdrehte die Augen, bevor sie Luca folgte. Die Designstudentin blieb hinter dem Typen stehen und baute sich zu ihrer vollen Größe von 1,79 m - auf High Heels - auf und tippte ihm energisch auf die Schulter. "Sumimasen...", sagte sie genervt und wartete, bis sich der Kerl umdrehte. "Anou..." Sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. "Watashi ga aru..." Sie verdrehte die Augen. "Fuck!", rief sie plötzlich aus. "Naomi, was heißt Einkäufe?" Die Brünette konnte den verwirrten Gesichtsausdruck des Mannes durchaus nachvollziehen. "Einkäufe heißt kônyû", antwortete sie. Grübelnd betrachtete sie diesen so genannten Punk, wie Luca ihn bezeichnete. Er kam ihr irgendwie bekannt vor. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Groschen fiel. "Anou... anata ga...", stammelte sie verwirrt. "Sumimasen", sagte sie schließlich, nachdem sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, und verbeugte sich höflich. "Watashi wa Naomi desu. Douzo yoroshiku." Verwirrt schaute Luca erst zu Naomi, dann zu dem Punk. "Was soll das?", fragte sie genervt. "Kannst du ihm bitte sagen, er soll mir meine Tüte zurückgeben... kannst übrigens auch sagen, dass diese Marke die Haare angreift." Leicht nervös übersetzte die brünette Studentin, was Luca gerade gesagt hatte. Dann stieß sie ihrer Freundin den Ellbogen in die Rippen, fest genug, um ihr ein leises Quietschen zu entlocken. "Weißt du eigentlich, wer das ist?!", fragte sie eindringlich. Luca schaute sich den Typen interessiert an. Sie musterte ihn von oben bis unten und drehte sich dann zu ihrer Freundin um. "Nö... eigentlich nicht... ist mir auch egal... wer sich so anzieht, gehört eh erschossen." "Bist du verrückt?" Naomi schrie fast, sah sich erschrocken um, dann fuhr sie in gemäßigtem Tonfall fort. "Das ist der Gitarrist von Dir en grey!" Den Namen der Band sprach sie absichtlich so leise aus, dass niemand außer Luca es hören konnte. "Dann waren das vorhin sicher weibliche Fans, vor denen er geflüchtet ist." Luca schien die Geduld zu verlieren. "Okay, sag diesem Punk, dass es mich nicht interessiert, wer er ist. Ich möchte nur meine Einkäufe zurück... oder kann er was mit Tampons anfangen?" Sie funkelte Dai böse an. Naomi entschuldigte sich höflich für das Benehmen und die Ignoranz ihrer Freundin und bat ihn schließlich erneut, ihr die vertauschte Tüte auszuhändigen. Luca nahm ihre Tüte und gab dem Gitarristen seine eigene zurück. Sofort drehte sie sich auf dem Absatz um und war auf dem Weg nach draußen. Dann fiel ihr noch etwas ein. Sie drehte sich noch einmal um, verbeugte sich leicht und bedankte sich dafür, dass er ihr die Tüte zurückgegeben hatte... natürlich in bestem Japanisch. Seufzend fuhr sich Naomi durch die hellbraunen Haare. Auf Dais nun erst recht verwirrten Blick antwortete sie mit einem schüchternen Lächeln und einem Achselzucken. Andou Daisuke - Gitarrist von Dir en grey, einer ziemlich populären Rock-Band - stand irritiert da und sah der Dunkelhaarigen nach. Er hatte nicht einmal die Hälfte dessen, was sie erzählt hatte, verstanden. Das kam wohl daher, dass sie eine andere Sprache gesprochen hatte, wobei er sich da nicht ganz sicher war. Es hätte auch an der Geschwindigkeit liegen können, mit der sie gesprochen hatte. Verwirrt schaute er nun zu der anderen jungen Frau, die noch vor ihm stand. "Sono..." Er überlegte. "Sono..." Dai musste anfangen zu lachen. Er fuhr sich mit einer Hand durch die roten Haare. "Interessantes Wesen...", meinte er grinsend zu Naomi. "Wer? Meine Freundin?", fragte sie verwundert. "Durchaus." Sie erwiderte sein Grinsen, auch wenn ihres etwas unsicherer ausfiel. Schließlich begegnete man nicht jeden Tag einem berühmten Musiker. Er schüttelte lachend den Kopf, dann kramte er nach der Verpackung des Färbemittels. "Sie hätte mir ja wenigstens einen Tipp geben können...", beschwerte er sich. "Ich benutze diese Marke schon seit Jahren... und meine Haare sehen aus wie Seetang, wenn sie nass sind." Er verzog seine Lippen zu einem verlegenen Lächeln. Er verstand nicht wirklich, warum er das einer Wildfremden erzählte. "Das ist typisch für sie", entgegnete Naomi, dann packte sie ihn am Handgelenk und zog ihn zum Regal mit den Färbemitteln. Für einige Momente betrachtete sie die Packungen, dann nahm sie eine heraus und sah sich die Rückseite genau an. "Die dürfte gut sein", meinte sie. Dai schaute erst sie und dann das Mittel, das sie ihm zeigte, verwirrt an. "Danke", sagte er knapp und nahm ihr die Packung ab. "Eh... es ist natürlich etwas... na ja..." Er begann, das Mittel verlegen in den Händen zu drehen. "Was macht ihr beiden denn heute?", fragte er vorsichtig. Naomi sah ihn mit großen Augen an und war für einen Moment sprachlos, was ihr mit Sicherheit nicht gerade häufig passierte. "Ich... Wir... Also...", stotterte sie. Sie räusperte sich und straffte die Schultern. "Wir wollten heute Abend ausgehen, uns ein wenig amüsieren...", antwortete sie. "Warum?" Mittlerweile war sie so durcheinander, dass sie das letzte Wort mehr piepste als sprach. Daisuke kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Nun ja... eh... ich dachte...", stammelte er verlegen vor sich hin. "Vielleicht habt ihr ja Lust, heute was zu unternehmen... also mit mir, meinte ich jetzt." Er schaute sie fragend an. "Nur wenn ihr beide Lust habt." "Na ja..." Sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Was Luca dazu sagen würde... darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als diese einmalige Gelegenheit beim Schopf zu packen. "Klar!", meinte sie schließlich mit einem strahlenden Lächeln. Dann spielte sie verlegen mit ihren Fingern und sah ihn von unten herauf an, wobei sie die Augenbrauen hochzog. "Wann und wo sollen wir uns dann treffen?" Der rothaarige Gitarrist tippte nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen seine Lippen. "Habt ihr ein Fax-Gerät?", fragte er schließlich. Naomi sah ihn fragend an, als hätte sie ihn nicht verstanden oder wüsste nicht, was er ihr sagen wollte. "Reicht auch E-Mail?" "Handy mit GPS?" Daraufhin legte sie die Stirn in Falten. "Sicher, wir haben beide eins...", antwortete sie. Sie kramte eine Weile in ihren Hosentaschen herum, bis sie schließlich gefunden hatte, wonach sie suchte - eine Visitenkarte. Nach kurzem Zögern - schließlich war er ja ein Fremder für sie, auch wenn er ein berühmter Musiker war - reichte sie ihm die kleine Karte. Daisuke nahm ihr das Kärtchen mit beiden Händen ab, sah es sich genau an und steckte es dann in sein Portemonnaie. "Ich kann dir die Adresse zusenden, ja?!", fragte er. "Ich muss nur langsam los." Er verbeugte sich leicht, mit einem verlegenen Lächeln, dann verließ er den Supermarkt. Sprachlos sah sie dem Gitarristen nach. Nach einer Weile bemerkte sie, dass die Leute sie komisch ansahen. Im Grunde wunderte sie das nicht, schließlich stand sie gaffend in einem Supermarkt und starrte auf die Tür, als wäre ihr gerade der Leibhaftige höchstpersönlich erschienen. Sie gab sich einen Ruck und ging hinaus. Luca war mit Sicherheit schon lange zu Hause und wartete ungeduldig auf sie. Sie konnte es irgendwie noch gar nicht so richtig glauben. Sie hatte tatsächlich Dai von Dir en grey getroffen! Und er hatte sie auch noch gefragt, ob sie etwas mit ihm unternehmen wollten! "Das muss ein Traum sein...", murmelte sie, als sie vor dem Haus stehen blieb, in dem sie mit Luca wohnte. Sie zwickte sich in den Arm. "Autsch!", quietschte sie. Anscheinend träumte sie doch nicht. Aber das war... einfach unglaublich! Langsam ging sie die Treppen hoch. Mit leicht zitternden Fingern fischte sie ihre Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür zu ihrem Appartement auf. Sie ging hinein und als sie sich umsah stellte sie fest, dass Luca in der Küche beschäftigt war. Diese ließ gerade ihre ganze Aggression an einem Rettich aus, den sie in winzige Stückchen hackte. Dieser ganze Tag war doch einfach nur schlimm gewesen. Erst diese schrecklichen alten Hentai-Säcke, dann dieser rothaarige Punk, der ihre Tüte geklaut hatte... und das Allerschlimmste war... sie hatte beim Einkaufen absolut nichts gefunden. "Wo warst du so lange?", fragte sie genervt und hackte weiter mit dem riesigen Messer auf dem armen Rettich herum. "Ich habe mich noch ein wenig mit Dai unterhalten", antwortete Naomi, während sie ihre Schuhe auszog und den Schlüssel am Bord aufhängte. "Er hat uns für heute Abend eingeladen und ich nehme an, dass der Rest seiner Band auch da sein wird." "Mit wem?", fragte Luca verwirrt. Die Musikstudentin kam in die Küche. "Der Rothaarige." Die Dunkelhaarige stieß das Messer in das Schneidebrett. "Du hast..." Sie schaute ihre Freundin ungläubig an. "Das hast du nicht..." "Was hab ich nicht?", wollte Naomi wissen, als sie sich an den kleinen Bistrotisch in der Küche setzte. "Du hast zugesagt, richtig?!", fragte Luca ruhig und nahm die Küchenschürze ab. "Hätte ich etwa nein sagen sollen?" Naomi sah ihre Freundin entsetzt an. "Und mir die einmalige Gelegenheit entgehen lassen, mich mit einem berühmten Musiker zu treffen? Spinnst du?!" "Du willst doch nur hin, weil er berühmt ist", fauchte Luca sie an. "Was ist, wenn er pervers oder ein Psycho ist? Du gehst da nicht hin..." Sie drehte sich um und pfefferte den Rettich in den Mülleimer, nahm sich eine Zigarette und zündete sie an. Naomi trommelte genervt mit den Fingern auf dem Tisch herum. "Seit wann entscheidest du, was ich tun darf und was nicht?", grummelte sie. "Denkst du, bei seinem Status kann er sich etwas Krummes mit ein paar ausländischen Studentinnen erlauben?" Sie seufzte. "Wenn du dir solche Sorgen um mich machst, dann komm mit." Luca schaute ihre Freundin geschockt an und ihre Augenbraue zuckte gefährlich. "Ich soll meinen tollen, entspannenden Abend mit einem perversen psychopathischen Punk verbringen?" "Woher willst du wissen, ob er psychopathisch oder pervers ist? Du kennst ihn doch noch nicht einmal!", fuhr Naomi auf. "Außerdem habe ich sicher nicht vor, mit ihm nach Hause zu gehen oder in die Kiste zu springen oder was auch immer! Du weißt genau, dass ich selbst Musikerin werden möchte, deswegen kann ich mir das nicht entgehen lassen! Gönn mir doch einfach mal was! Wir wollten ohnehin heute ausgehen!" "Ah... und du kennst ihn, ja?", fauchte Luca. "Das habe ich nicht gesagt! Ich will doch nur nicht, dass du immer so voreilige Schlüsse ziehst!" Luca verschränkte die Arme vor der Brust. "Okay... ich werde dich begleiten... ich kann ihn aber nicht ausstehen und gehe nur deinetwegen mit!" Naomi sprang von ihrem Stuhl auf - wie ausgewechselt - und fiel ihrer Freundin um den Hals. "Danke, Schatz!", rief sie aus. "Ich werde dich auch nicht zwingen, ihn noch einmal zu sehen oder so! Es ist nur für heute!" Luca blieb erst perplex stehen, als ihre Freundin sie stürmisch umarmte, musste jedoch automatisch lächeln. "Versprochen... du wirst mich nicht dazu zwingen, ihn wieder zu sehen?!" Herausfordernd hielt sie der Brünetten den kleinen Finger hin. Naomi hakte ihren eigenen kleinen Finger ein. "Versprochen... ich werde dich nicht dazu zwingen." Sie grinste breit. "Aber das heißt nicht, dass ich dich nie wieder fragen darf, ob du mich irgendwohin begleitest." Die Dunkelhaarige hob eine Augenbraue. "Einverstanden." Unerwartet schlug ihr Gesichtsausdruck in blanke Panik um. Besorgt trat die Musikstudentin einen Schritt zurück und legte ihrer Freundin die Hände auf die Schultern. "Was ist los?" Luca schien gerade sehr angestrengt zu überlegen. "Was soll ich nur anziehen?", fiepte sie panisch. Naomi prustete vor Lachen. "Warum machst du dir deswegen überhaupt Sorgen?", fragte sie amüsiert. "Ich dachte, du kannst ihn nicht ausstehen...?" Luca band sich die langen Haare zu einem Knäuel und schaute Naomi grinsend an. "Das heißt noch lange nicht, dass ich ihm nicht zeigen kann, wie sexy ein europäisches Girl aussehen kann." Sie ging rüber ins Schlafzimmer. "Naomi? Der Punk schminkt sich aber nicht, oder?" Noch immer kichernd begab sich die Brünette zur Schlafzimmertür und lehnte sich gegen den Rahmen. "Doch...", bekam sie mühsam heraus. "Ab und zu jedenfalls... zumindest in Videos und auf Konzerten." Sie holte tief Luft. "Abgesehen davon dürfte er eine ganze Menge Mädchen gesehen haben, schließlich ist er berühmt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Groupies schon hinter ihm her waren." Ein breites Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. "Aber ich hatte nicht vor, eine von ihnen zu werden, mich interessiert er höchstens als Musiker", meinte sie schließlich, nur um ihre Freundin schon einmal zu beruhigen, bevor sie begann sich ernsthafte Sorgen zu machen. Luca wühlte im Schrank und warf immer wieder irgendwelche Kleidungsstücke nach hinten. "Einen solch schlechten Männergeschmack hätte ich dir ehrlich gesagt auch nicht zugetraut", sagte sie und begutachtete ein knappes schwarzes Kleidchen. "Sag was du willst, Dai ist sexy." Naomi begab sich zu ihrem eigenen Kleiderschrank. "Zumindest kann er es sein, wenn er sich Mühe gibt. Aber wenn ich ehrlich sein soll", fuhr sie mit einem kritischen Blick auf den Inhalt fort, "fallen mir doch einige andere ein, die schon eher mein Typ wären." Die Dunkelhaarige drehte sich zu ihr um, hielt sich ein halbtransparentes Top vor die Brust und schaute ihre Freundin fragend an. "Aha, wer denn?" "Als ob du mit den Namen etwas anfangen könntest... selbst wenn ich sie dir sagen würde..." Naomi seufzte und betrachtete ihre Mitbewohnerin skeptisch. "Soll ich dir auch gleich 'Leg mich flach' auf die Stirn schreiben?", meinte sie stirnrunzelnd. Luca verzog das Gesicht und warf das Top weg. "Ich weiß halt nicht, was du an denen findest", erklärte sie und zog an einer Lederhüfthose, die sie triumphierend Naomi zeigte. "Schon besser", kommentierte diese abwesend, während sie eingehend den Inhalt ihres Kleiderschranks inspizierte. "Außerdem sehen einige dieser Männer verdammt gut aus." "Welche Männer? Du glaubst doch nicht etwa, dass diese mutierten Weiber Männer sind?" Luca schaute in ihren Schrank und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Ich rede nicht von denen, die wie Frauen aussehen und sich auch entsprechend kleiden... sondern von den Männern an sich." Die Musikstudentin zog eine Schnute und fischte ein dunkelblaues bauchfreies Top aus ihrem Schrank. "Wie du meinst...", antwortete Luca achselzuckend, schnappte sich einige Sachen aus ihrem Schrank - einiges davon klimperte auch - und hetzte dann ins Badezimmer, gerade als etwas in Naomis Baggy Pants vibrierte. Erschrocken sprang die junge Studentin von ihrem Kleiderschrank weg. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet jetzt ihr Handy losgehen würde. Sie holte ihr Mobiltelefon aus der Hosentasche und sah nach, wer wohl etwas von ihr wollen könnte. Sie schluckte und alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. 'Hallo. Falls ihr noch Lust habt, treffen wir uns um 22 Uhr vor dem Lexington Queen. 3-13-14 Roppongi, Minato-ku. Gib es einfach im GPS ein. Jaa ne, Daisuke.' Naomi hatte das Gefühl, als würde ihr Herz einen oder auch zwei Schläge aussetzen. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie nicht wirklich daran geglaubt, tatsächlich eine Nachricht von Dai zu erhalten. Und nun, da ihre Befürchtung widerlegt war, wusste sie nicht, was sie empfinden sollte. Sollte sie erleichtert sein? Oder sich freuen? Sie war sich nicht sicher. 'Gerne', schrieb sie in ihre Antwort an den Gitarristen. 'Wir sind dann um 22 Uhr da. Jaa, Naomi.' "Luca?", rief sie in Richtung Badezimmer. "Wir werden uns um zehn mit ihm treffen!" "Um zehn?!", rief Luca panisch, öffnete die Badezimmertür und stürmte in Unterwäsche in das Schlafzimmer. Sie schnappte sich ihre Tasche mit den ganzen Nähsachen und verschwand wieder. "Wie soll ich das in sechs Stunden schaffen?" "Jetzt sag mir nicht, du brauchst sechs Stunden, um dich anzuziehen?!", meinte Naomi entgeistert. "Ich schaff das in nicht mal einer!" "Jaaaaaaaaaaaaaaaaaa, du!", rief die Designstudentin zurück und man konnte hektisches Gewusel aus dem kleinen Bad hören. Seufzend widmete sich die Brünette wieder ihrem Kleiderschrank. Sie hätte nicht gedacht, dass es so schwer sein könnte, etwas zum Anziehen zu finden. Schließlich war ja nicht gerade wenig Kleidung vorhanden. Nach einigem Überlegen entschied sie sich letztendlich für ihr neues langes, schwarzes Baumwollkleid ohne Ärmel und mit einem Schlitz an der linken Seite, der ungefähr bis zur Mitte des Oberschenkels ging. Daraufhin zog sie ihre beste Strumpfhose hervor und begab sich auf die suche nach ihren schweren schwarzen kniehohen Stiefeln. Kapitel 2: Lexington Queen - Part 1 ----------------------------------- Nach ungefähr fünfeinhalb Stunden kam Luca wieder aus dem Badezimmer heraus. "Naomi?", rief sie leise. Die Musikstudentin betrat gerade wieder ihr gemeinsames Appartement. Es hatte ihr zu lange gedauert, auf Luca warten zu müssen, daher hatte sie kurzfristig beschlossen, zum Friseur zu gehen und noch ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Luca drehte sich verwirrt um, als ihre Freundin die Wohnungstür hinter sich schloss. "Wie findest du es?", fragte sie vorsichtig. Die dunkelhaarige Studentin stand vollkommen in schwarz gekleidet da. Sie trug die gefundene schwarze Lederhüfthose, ein knappes bauchfreies und trägerloses Top, dazu Schuhe mit hohen Absätzen und einen zusammen gebastelten Gürtel, an dem verschiedene kleine Ketten, Kreuze und Krönchen baumelten. "Und dafür hast du so lange gebraucht?", meinte Naomi ungläubig, als sie ihre Mitbewohnerin betrachtete. "Aber du siehst gut aus." Sie breitete die Arme aus. "Und was ist mit mir?" Sie drehte sich einmal herum, damit Luca ihr Kleid, die schwarzen bis zu den Ellbogen reichenden Stulpen, die schwarzen hohen Schnürstiefel mit den Absätzen, ihr schwarzes Samthalsband mit dem Ankh und die kunstvoll hochgesteckte Frisur mit den Klämmerchen betrachten konnte. "Nimmst du mich so mit?" Luca musterte die Brünette von oben bis unten. "Du siehst aus wie ein Mädchen", sagte sie grinsend. "So nehme ich dich überallhin mit." "Kunststück", entgegnete Naomi. "Ich bin ja auch eigentlich eines." Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr. "Verdammt!", zischte sie. "Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät!" Fiebrig tippte sie die Adresse, die Daisuke ihr geschickt hatte, in ihrem GPS ein, damit sie auch definitiv dort ankommen würden ohne sich zu verirren. Dann packte sie ihre Freundin am Handgelenk und zog sie mit sich aus dem Appartement. Luca schaffte es gerade mal, ihre Handtasche zu schnappen und die Tür hastig abzuschließen. "Wie wäre es mit einem Taxi?", fragte sie verwirrt. "Gute Idee", erwiderte Naomi gehetzt. "Ich hoffe nur, wir bekommen schnell genug eines. Du weißt, wie sehr ich es hasse mich zu verspäten!" Luca löste sich von ihrer Freundin und ging auf die Straße, wo sie sich in einer lasziven Pose hinstellte. Schon nach wenigen Minuten hielt ein aufgemotzter BMW neben ihr. Sie lehnte sich zum Beifahrerfenster hinein, erzählte etwas und zeigte auf Naomi. Kurze Zeit später grinste sie die Musikstudentin an und winkte sie zu sich. Irritiert ging diese zu ihrer Freundin rüber. "Das soll ein Taxi sein?", fragte sie zweifelnd. "Bist du sicher, dass wir so heil und pünktlich ankommen?" Die Dunkelhaarige zwinkerte ihr verschmitzt zu, dann setzte sie sich auf den Beifahrersitz. "Klar... hast du eine bessere Idee, wie wir an ein kostenloses Taxi kommen?", fragte sie auf Deutsch. Unsicher öffnete Naomi die hintere Tür des Wagens und ließ sich auf die Rückbank fallen. "Ich verstehe dich nicht", murmelte sie ebenfalls auf Deutsch, damit ihr 'Chauffeur' sie nicht verstand. "Wenn ich mich mit einem Musiker verabrede, beschwerst du dich, weil er pervers sein könnte. Aber im Gegensatz dazu fährst du bei Fremden im Auto mit? Denkst du, dass das so viel besser ist?" Sie nahm ihr Handy aus der Hosentasche und nannte dem wartenden Fahrer die Adresse, die Daisuke ihr gegeben hatte. Luca drehte sich kurz grinsend zu ihrer Freundin um, dann begann sie angeregt mit dem Fahrer zu flirten. Naomi verdrehte die Augen und seufzte leise, als der BMW anrollte. Sie hoffte wirklich, dass sie pünktlich ankommen würden... und dass sich der Fahrer nicht irgendetwas von ihnen erhoffte... als Fahrpreis... Mit einer Vollbremsung hielt der BMW schließlich vor dem 'Lexington Queen' an. Es war 21.55 Uhr. Luca sah ihre Freundin mit ihrem typischen 'Steig jetzt besser aus'-Blick an. Naomi bedankte sich rasch bei dem Fahrer, bevor sie ausstieg und zur Beifahrertür ging, um darauf zu warten, dass die Dunkelhaarige ebenfalls ausstieg. Luca erzählte dem Fahrer irgendwas, holte ein Stück Papier aus ihrer Handtasche, kritzelte etwas darauf, dann kicherte sie wie ein kleines verschüchtertes Schulmädchen und stieg aus. "So... und wo ist der Punk?", fragte sie dann in ihrer typischen Art. "Was hast du ihm gesagt?", wollte Naomi von ihrer Freundin wissen, als sie sich nach Dai umsah. "Ich hab ihm meine Nummer gegeben und meinte, dass ich auf solche Autos stehe", antwortete Luca kichernd. "Oh, da ist er ja." Sie tippte Naomi auf die Schulter und zeigte zum Eingang. "Du hast ihm tatsächlich deine Nummer gegeben?", fragte die Brünette ungläubig, dann sah auch sie Dai am Eingang stehen. Sie lächelte und zog Luca am Handgelenk hinter sich her. "Neeeeeeeeee", erwiderte die Dunkelhaarige genervt. Sie mochte es nicht, wenn an ihr herumgezogen wurde. "Was denkst du von mir? Ich steige ja auch nicht mit jedem in die Kiste." "Es hätte mich auch sehr gewundert...", meinte Naomi. Als sie am Eingang ankamen, ließ sie Luca los und verbeugte sich höflich. "Guten Abend." Die Designstudentin schaute sie verwirrt an. War das der Kaiser, oder wieso verbeugte sie sich? Sie sah den Rothaarigen desinteressiert an und begrüßte ihn lediglich mit einem Hoi, während sie die zwei Jungs begutachtete, die bei ihm standen. Naomi grinste schief. "Das hier ist meine beste Freundin Luca", stellte sie ihre Mitbewohnerin vor. Schließlich hatte sie dies zuvor im Supermarkt versäumt. Und Luca war zu diesem Zeitpunkt nicht sehr gut gelaunt gewesen und hatte auch nicht im Traum daran gedacht, es selbst zu tun. "Und ich bin Naomi", stellte sie sich nun selbst den beiden anderen vor. Luca lächelte sanft und nickte den dreien zu. Dai erwiderte das Lächeln. "Ähm... das sind Toshi und Jun", stellte er seine beiden Freunde vor. "Wollen wir rein gehen?" "Gern", strahlte Naomi ihn an und verbeugte sich noch einmal höflich, dann folgte sie den drei Männern in den Nachtclub. Luca wollte die Brünette gerade antippen und fragen, ob diese beiden anderen Typen so wie der Rothaarige auch Musiker waren, doch bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, schnappte sich der Mann, der ihr als Toshi vorgestellt worden war, ihren Arm und zog die verwirrte Studentin hinter sich her. "Es freut mich, dass es mit heute Abend tatsächlich geklappt hat", wandte sich Naomi an Daisuke. Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen als sie sah, wie ihre Freundin von Toshiya in den Laden gezogen wurde. Sie wusste genau, dass Luca so etwas nicht mochte. Luca ließ sich von dem Bassisten auf eine der oberen Etagen ziehen, wo noch einige andere Leute saßen. Er setzte sich neben einen kleinen blond gebleichten Zwerg mit lauter Metall im Gesicht und platzierte die verwirrte junge Frau zwischen sich und dem Nadelkissen. Recht eingezwängt und eher erschrocken schaute sie zur Treppe, wo sie Naomi mit Dai und Jun entdeckte. Die junge Musikstudentin sah sich interessiert um. Sie war noch nie zuvor in einer Prominentendisco gewesen. Als sie bei Luca ankamen, begrüßte sie die anderen Musiker höflich. Luca wusste, wie wichtig dieser Abend für Naomi war, trotzdem fühlte sie sich unwohl und irgendwie beobachtet... sie mochte solche Leute nicht... sie mochte es nicht, mit Wildfremden in einer VIP-Lounge eingezwängt zu sein. Verängstigt ließ sie ihren Blick über das Gesicht des gebleichten Nadelkissens schweifen und zuckte zusammen, als er ihren Blick auffing. Sie lächelte ihm nervös zu und sah flehend in Naomis Richtung. Natürlich entging dieser Lucas hilfesuchender Blick nicht. Sie wandte sich an Dai. "Meine Freundin fühlt sich ein wenig unwohl, weil sie hier niemanden kennt", erklärte sie dem Gitarristen. "Was können wir tun, um ihr den Abend ein wenig angenehmer zu gestalten? Zumindest könnten wir es versuchen, was meinst du?" Dai zuckte kurz zusammen... eigentlich war er mit seinen Gedanken gerade ganz woanders gewesen. Er schaute Naomi an. "Natürlich...", erwiderte er langsam. "Für dich ist es aber okay?!" Die junge Frau hob die Schultern. "Ich komme schon zurecht... Ich kenne euch ja zumindest vom Sehen aus diversen Zeitschriften und Videos. Außerdem bin ich ja schließlich hier, um Kontakte zu knüpfen." Jun grinste Naomi zu und deutete auf den Platz neben sich. Die Brünette lächelte. "Siehst du? Ich sagte doch, ich komme schon zurecht", meinte sie zu Dai, bevor sie sich neben den braunhaarigen Gitarristen setzte. Dann sah sie sich kurz um, wer noch alles anwesend war. Luca begann langsam mit dem Fuß zur Musik zu wippen und bekam auch ein etwas besseres Gefühl bei der Gruppe. Als die Bedienung kam wollte sie gerade bestellen, aber der dunkelhaarige Typ zu ihrer Linken drückte ihren Arm wieder nach unten. Er winkte kurz mit der Hand und die Bedienung verschwand wieder. Schon war auch Lucas Unwohlsein wieder da. Nach kurzer Zeit kam die Kellnerin zurück und stellte einige Flaschen Alkohol und Gläser auf den gläsernen Tisch. Toshi nahm eine Flasche und füllte die Gläser von Naomi, Luca und sich, der Rest bediente sich selbst. So langsam aber sicher wurde Naomi doch ein wenig nervös. So viele berühmte Musiker und sie war mitten unter ihnen! Die junge Musikstudentin unterhielt sich gerade angeregt mit Jun, der wissen wollte, was sie beruflich machte. Sie erklärte ihm, dass sie und ihre Freundin für ein Auslandsstudium hier in Japan waren und sie auch noch eine ganze Weile hier bleiben würden, da sie ja gerade erst vor dreieinhalb Monaten angekommen waren. "Und was studierst du?", fragte der Gitarrist. Naomi spielte mit ihren Fingern. "Musik. Nebenfächer Philosophie, Literatur und Japanisch." Jun pfiff beeindruckt. "Und wo kommt ihr her?" "Aus Deutschland." Während des Gesprächs sah sie sich weiterhin um. Sie musste sich eingestehen, dass sie ein wenig enttäuscht war, dass sie zwar Kohta und Aiji von Pierrot, aber weder Kirito noch Takeo irgendwo entdecken konnte. Luca war schon bei ihrem dritten Glas und kicherte gerade vergnügt mit Toshiya, der ihr das vierte eingoss und sich selbst ebenfalls. Kyô, der recht bizarre Sänger von Dir en grey, und Dai schauten ein wenig besorgt zu den beiden rüber, die sich super zu verstehen schienen. Luca und Toshi stießen an und tranken um die Wette. Nachdem sie ausgetrunken hatten, beugte er sich leicht zu der dunkelhaarigen Studentin rüber und flüsterte ihr etwas zu, woraufhin sie ihn breit angrinste und mit ihm zusammen aufstand. "Schatz, wo willst du hin?", rief Naomi ihrer Freundin nach, als die beiden aufstanden, wobei sie ihr Gespräch mit Jun kurz unterbrach. "Tanzen", rief diese zurück und winkte ihr zu, während Toshiya sie Richtung Tanzfläche zog. Die Musikstudentin zog eine Augenbraue hoch, war aber durchaus zufrieden damit, dass ihre Freundin anscheinend doch schneller Anschluss fand als zuerst befürchtet. "Mission accomplished!", meinte sie grinsend zu Dai und wandte sich dann wieder zu Jun, um das unterbrochene Gespräch fortzusetzen. Unbemerkt von der Gruppe, in einer der hinteren Ecken auf der Etage stehend, beobachtete Kirito seine Kollegen. Es irritierte ihn, dass zwei fremde Frauen dabei waren. Und sie schienen auch noch recht jung zu sein. Vielleicht sollte er sich so langsam aber sicher zu ihnen gesellen, um herauszufinden, wen die anderen mitgebracht hatten. Luca und Toshiya kamen nach etwa einer halben Stunde wieder nach oben. Beide ließen sich auf das Sofa fallen und kicherten wie irre über irgendeinen Insider, den sie anscheinend unten erlebt hatten. Die Dunkelhaarige grinste ihrer Freundin zu, doch ihr Blick schweifte ab, als Toshi sie anstupste und sie fiel auf den rothaarigen Gitarristen. Sie lächelte Dai verlegen an und beugte sich wieder zu Toshi, wobei dieser seinen Bandkollegen ansah und nickte. Naomi strahlte ihre Freundin an. Sie freute sich, dass Luca sich so gut mit Toshiya zu verstehen schien. Schließlich stand sie auf. Sie hatte mittlerweile auch schon ihr fünftes Glas intus und so langsam aber sicher forderte die Natur ihren Tribut. "Um...", wandte sie sich verlegen an Jun. "Wo sind denn hier die Waschräume?" Der Gitarrist erklärte ihr den Weg und wandte sich an Kohta, als die junge Frau in die angegebene Richtung verschwand. Er wollte gerade etwas zu dem Bassisten sagen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um, nur um Kirito hinter dem Sofa stehen zu sehen. "Wer ist denn deine neue Freundin?", fragte der Sänger in einem desinteressierten Tonfall und setzte sich dann neben den Gitarristen. Nachdem sich Luca allmählich von einem Lachanfall erholt hatte, schaute sie sich verwirrt um, doch wo eben noch ihre Freundin gesessen hatte, war nun ein fremder Mann. Sie stutzte, stand kurz auf und setzte sich zwischen Jun und Dai. "Erm... wo ist Naomi hin?", fragte sie den dunkelhaarigen Gitarristen verwirrt. Jun sah sie fragend an. "Ach... die ist eben zum Waschraum", antwortete er, dann wandte er sich wieder an Kirito. "Sie ist nicht meine neue Freundin, Dai hat sie und ihre Freundin mitgebracht." Luca nickte Kirito verlegen zu. Irgendwie kam das Gefühl, fehl am Platz zu sein, wieder und ohne Naomi war es noch schlimmer. Sie lehnte sich nach hinten und beobachtete zum ersten Mal die Leute um sich herum etwas genauer. Irgendwie waren es nur Männer. Sie seufzte schwer und schloss die Augen. "Alles in Ordnung?", fragte eine tiefe Stimme. Luca schreckte hoch und stieß mit der Stirn gegen die Dais. Die Musikstudentin strich ihr Kleid glatt als sie wieder zum Tisch zurück ging. Sie achtete nicht wirklich darauf, wer alles dort saß, sie hatte die Musiker ja schon zuvor begutachtet, daher fiel ihr Kirito zunächst gar nicht auf. Sie zog verwundert eine Augenbraue hoch als sie sah, dass sich sowohl Daisuke als auch Luca an die Stirn fassten. "Was ist passiert?", wollte sie wissen. Luca rieb sich die Stirn und grinste den Rothaarigen an. "Irgendwie scheinen wir dauernd aneinander zu geraten, oder?", fragte sie ihn und drehte sich zu Naomi um. "Unsere Anziehungskraft", meinte sie. "Ah ja... da sitzt übrigens irgendein Typ auf deinem Platz", erwähnte sie schließlich beiläufig, als sie sich wieder Dai zuwandte. Naomi blinzelte kurz, dann sah sie zu dem Platz neben Jun, an dem sie zuvor gesessen hatte. Sie versteifte sich und starrte den blondierten Musiker entgeistert an. Mit ihm hatte sie definitiv nicht gerechnet. Seit wann war er hier? "Anou... gomen...", stammelte sie. Kirito sah sie an und sie trat automatisch einen Schritt zurück. Sie warf Luca einen verzweifelten Blick zu, doch diese schien es gar nicht zu bemerken. In Ermangelung einer besseren Möglichkeit - schließlich konnte sie Kirito nicht einfach wegscheuchen oder so - zwängte sie sich zwischen Jun und Luca auf das Sofa und nahm schnell ihr - erneut gefülltes - Glas an sich. Während sie an ihrem Getränk nippte, bemühte sie sich, niemanden direkt anzusehen. Luca und Dai starrten sich noch immer an und grinsten breit. Sie glaubte, dass sie wahrscheinlich genauso dämlich aussah wie er. "Was ist los?", fragte die Dunkelhaarige, ohne den Blick von dem rothaarigen Gitarristen abzuwenden. Naomi rutschte etwas tiefer. "Der Typ auf meinem Platz", erwiderte sie leise. Luca musste sich unheimlich anstrengen, ihren Blick von Dai zu lösen und schaute zu Jun und Kirito. "Aha... der Neue?", fragte sie und sah den Sänger weiterhin an. "Starr ihn doch nicht so an!", wisperte Naomi kläglich. "Das fällt auf und ist außerdem unhöflich!" "Und?", fragte Luca und musterte den Blonden nun mit mehr Interesse. "Wer ist das? Soll ich dir 'ne Tüte holen?" Die junge Studentin mit den hellbraunen Haaren warf ihrer Freundin einen flehenden Blick zu. Sie beugte sich zu ihr rüber und flüsterte ihr ins Ohr. "Das ist Kirito... der Sänger von Pierrot. Ich hab dir schon mal von ihm erzählt... ich hätte zwar nicht gedacht, dass er... nun ja... du weißt, was ich meine...", murmelte sie. "Und wofür sollte ich eine Tüte brauchen?", setzte sie verwundert nach. "Falls du gleich hyperventilierst", antwortete Luca und schaute ihre Freundin ernst an. "Naomi... du weißt, ich hab dich unglaublich lieb... aber du bist kindisch." Ruckartig setzte Naomi sich auf und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Ich bin nicht kindisch!", erwiderte sie entrüstet. "Süße, er ist nur ein Mensch... kein Halbgott oder so was...", entgegnete die Dunkelhaarige. "Rede doch einfach mit ihm." "Ich weiß, dass er nur ein Mensch ist...", brummte Naomi. "Aber was für einer... hast du eine Ahnung, wie nervös ich bin?!" Sie strich sich eine Strähne aus der Stirn. "Ich meine... er ist... wie soll ich sagen? Umwerfend?" Luca verdrehte die Augen und lehnte sich dann über Naomi in Kiritos Richtung. "Hi... entschuldige, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt", erklärte sie lächelnd. "Ich heiße Luca und das ist meine beste Freundin Naomi." Der blonde Sänger nickte ihr stumm zu. Er sah die beiden eine Weile schweigend an. "Kirito", antwortete er schließlich. Er betrachtete zunächst Luca genauer, dann schien er das Interesse zu verlieren und sah Naomi an, die nervös auf ihrer Unterlippe herumkaute und sich mit zitternden Fingern an ihrem Glas festhielt. "Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte er ruhig. Die junge Frau zuckte erschrocken zusammen und sah Kirito mit großen Augen an. "Ja", murmelte sie leise, dann warf sie Luca einen vorwurfsvollen Blick zu. Diese strahlte sie einfach nur an und widmete sich wieder Dai, um ihre ersten Eindrücke voneinander zu diskutieren, wobei der Gitarrist nicht besonders gut abschnitt. Kirito sah Naomi noch für einen Moment an, dann stieß er seinen Ellbogen in Juns Rippen, damit dieser aufstand. Der Gitarrist sah den Sänger kurz verwirrt an, kam dieser stummen Aufforderung aber schließlich nach. Nun, da niemand mehr zwischen ihnen saß, konnten sie sich in Ruhe unterhalten. Theoretisch jedenfalls, wäre Naomi nicht so verdammt nervös. Kaum war der Gitarrist aufgestanden, versteifte sie sich. Mit einem Zug leerte sie ihr Glas und füllte es schnell wieder auf. Normalerweise hasste sie es, so viel Alkohol zu trinken, vor allem so schnell. Aber im Moment sah sie keine andere Möglichkeit, um ihre Nervosität irgendwie in den Griff zu bekommen. Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. "Warum bist du so nervös? Ich beiße dich schon nicht", meinte er und lehnte sich gemächlich zurück. "Nervös?", gab Naomi leise zurück. "Ich bin doch nicht nervös!" "Nein, überhaupt nicht", sagte Luca beiläufig und grinste breit. Naomi warf ihr einen missbilligenden Blick zu, dann wandte sie sich wieder an Kirito. "Na gut... ein bisschen vielleicht", räumte sie ein. "Ich war noch nie in einer Prominentendisco und schon gar nicht mit so vielen Musikern." Der blonde Sänger legte seine Arme auf die Lehne des Sofas und sah die brünette Studentin an, ohne dass man ihm ansehen konnte, was er dachte. "Du musst nicht nervös sein", meinte er schließlich. "Wir sind nur Menschen." "Ich weiß", erwiderte Naomi. "Aber es ist... wie soll ich sagen... ich weiß es auch nicht..." Sie seufzte, wobei sie Lucas Hab ich es nicht gesagt?-Blick geflissentlich ignorierte. "Ich bin halt noch nie zuvor einer Berühmtheit begegnet. Natürlich macht mich das ein wenig nervös." "Wie kommt es eigentlich, dass ihr hier seid?", wollte Kirito dann von ihr wissen. Naomi sah ihn irritiert an. "Dai hat uns eingeladen, nachdem er heute im Supermarkt mit meiner Freundin aneinander geraten ist", antwortete sie. Kyô sprang plötzlich auf und schaute Luca und Dai vernichtend an. "Was habt ihr da gerade gesagt?!", fauchte er. Daisuke grinste breit und stupste die Dunkelhaarige an. Sie warf dem kleinen blonden Sänger einen ernsten Blick zu. "Nur dass du soooooooooo niedlich aussiehst." Kyô blinzelte verwirrt. Sie hatte es tatsächlich gesagt - das Wort, das er am meisten hasste: niedlich. "Niedlich?", wiederholte er in einem ziemlich bedrohlichen Tonfall. "Ich bin nicht niedlich..." Dai grinste noch breiter. "Eigentlich schon", gab er zu und kramte in seiner Tasche. "Hier, schau mal." Er holte seine Digicam heraus und zeigte Luca etwas, woraufhin sie 'kawaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii' japste. "Wenn du schläfst, siehst du ja noch viel niedlicher aus, Kyô-chan!" Naomi sah von einem zum anderen. Sie hatte zwar nicht alles mitbekommen, aber sie glaubte, den Zusammenhang einigermaßen zu verstehen. "Ich hab dir doch schon immer gesagt, dass der kleine Giftzwerg niedlich ist", meinte sie auf Deutsch zu Luca. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. "Siehst du, Kyô-chan... selbst Naomi sagt, dass du ein niedlicher kleiner Giftzwerg bist", erklärte die Dunkelhaarige unschuldig lächelnd. Das war eindeutig zu viel für den Sänger. Mit einem Sprung war er auf dem Sofa und stürzte sich auf Luca und Dai. "OI!", rief Naomi und packte den Blonden am Kragen, um ihn von ihrer Freundin weg zu ziehen. "Lass gefälligst meine Freundin in Ruhe!" Kyô fauchte sie böse an. "Das ist eine Sache zwischen mir und den beiden hier!" Luca und Dai kugelten sich vor Lachen und nutzten die Gelegenheit, um sich von dem Zwerg loszumachen. "Wenn es meine Freundin betrifft, geht es mich auch etwas an", erwiderte die Musikstudentin bestimmt und hielt Kyô noch immer am Kragen fest. Der Rothaarige schnappte sich die lachende Luca und zerrte sie in die Menge. "Danke für die Ablenkung, Naomi!", rief er der Brünetten zu. "Viel Spaß mit unserem zuckersüßen Kleinen!" Jun hielt sich vor Lachen den Bauch und auch die anderen amüsierten sich köstlich über diese Szene. Nur Kirito sah sich dieses Schauspiel ausdruckslos an. "Ablenkung?" Verwirrt ließ Naomi den Sänger nun doch los, woraufhin er sich direkt auf sie stürzte. "Soll das heißen, das war geplant?!", beschwerte sie sich, wobei sie Kyô mit einem Arm auf Abstand hielt. "Nicht wirklich", rief Luca ihr zu und zerrte kurz an Dais Arm, damit er stehen blieb. Sie wollte sich diese Szene bis zum Ende ansehen. "Brauchst du Hilfe?", ertönte eine weiche und doch leicht kratzige Stimme hinter Naomi. Sie wandte sich um und sah, dass Kirito mittlerweile aufgestanden war. Ohne eine Antwort abzuwarten packte er den Sänger von Dir en grey am Arm und zog ihn von der Musikstudentin weg. "Haben dir deine Eltern keine Manieren beigebracht?", fragte er den erheblich kleineren Mann. "Man schlägt keine Frauen!" Kyô zappelte wie wild, doch Kirito war eindeutig im Vorteil. Allerdings interessierte ihn das eher weniger. Die anderen, die um sie herum standen oder saßen, hatten begonnen zu jubeln und zu pfeifen. Naomi stand wie angewurzelt da und sah die beiden blondierten Sänger an. Sie hatte leichte Schwierigkeiten zu begreifen, dass Kirito ihr gerade geholfen hatte. Dai ließ Luca los und ging auf die beiden zu. "Jungs, das reicht", sagte er bestimmt und befreite Kyô aus Kiritos Griff. "Kirito... seit wann sind wir so... humorlos?", fragte Daisuke und schubste Kyô auf das Sofa. Der Gitarrist stellte sich vor den Sänger Pierrots und schaute ihn ernst an. "Du weißt, dass er nur Spaß macht." Kirito erwiderte den Blick des rothaarigen Gitarristen unbeeindruckt, auch wenn dieser ein wenig größer war als er selbst. "Trotzdem war das nicht nötig, oder? Er sollte mit seinen Späßen ein wenig vorsichtiger sein." "Naomi, hat er dir wehgetan?", fragte Dai und schaute immer noch auf Kirito herunter. Naomi wusste im ersten Moment gar nicht, was sie sagen sollte. "Nein, ich denke nicht", antwortete sie schließlich, noch immer fassungslos. Sie sah die beiden Musiker mit großen Augen an. Noch immer versuchte sie zu verarbeiten, dass sich der Sänger von Pierrot für sie eingesetzt hatte. Und das, obwohl er sie eigentlich gar nicht kannte. "Siehst du, Kiri...", sagte der Gitarrist und schaute Kirito in die Augen. Die Musikstudentin schaffte es schließlich doch, diesen 'Schock' zu überwinden, richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und warf Kyô einen vorwurfsvollen Blick zu. "Trotzdem mag ich es nicht, wenn jemand meine Freundin angreift", murrte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, um ihren Standpunkt noch ein wenig deutlicher zu machen. Luca ging zu ihr rüber. "Hey, Leute... mir ist nix passiert... dir ist nix passiert... Kyô ist nix passiert", stellte sie sachlich fest. "Obwohl... er hat mir einen Fingernagel abgebrochen." Sie schaute den kleinen blonden Sänger schmollend an. "Und deinetwegen sind meine Haare im Arsch", grummelte Kyô Luca an und zupfte an seinen blonden Strähnen. Kirito wandte den Blick noch immer nicht von dem Gitarristen ab. "Ich habe nicht gesagt, dass er sie verletzt hat... er soll halt nur vorsichtiger sein", erwiderte er. "Du übertreibst... wie immer... Kirito", entgegnete Dai und ließ den Blick weiterhin auf dem blondierten Sänger ruhen. Naomi trat nervös von einem Fuß auf den anderen. "Seid ihr da bald fertig?" Irgendwie fühlte sie sich gerade ein wenig unwohl. Sie hoffte sehr, dass die beiden sich nicht ernsthaft streiten würden. Schon mal gar nicht ihretwegen und wegen einer solchen Lappalie. Die Designstudentin grinste Kyô zu und setzte sich neben ihn. "Na, was ist? Wollen wir Schwesternschaft trinken?", fragte sie den Sänger. "Du meinst Brüderschaft", entgegnete der Blonde grinsend. "Schwesternschaft?", fragte Naomi amüsiert, dann ging sie zu Kirito und Dai, die sich noch immer anstarrten. "Hey, ihr könnt aufhören." "Na ja, wir sehen doch fast alle wie süße Schwestern aus, oder?", erklärte Luca und wuschelte durch Kyôs Haare, woraufhin er versuchte, in ihren Arm zu beißen. "Ja... Kirito... du kannst aufhören", sagte Dai knapp und ein fieses Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Naomi legte die Stirn in Falten und warf mit einem verzweifelten Seufzer ihre Arme hoch. "Männer", murmelte sie auf Deutsch und setzte sich zu ihrer besten Freundin. Luca kippte den Wodka, den Kyô ihr eingeschenkt hatte, in einem Zug hinunter, stand auf und ging auf die beiden Männer zu. "Entweder... ihr fangt endlich an", sagte sie, "oder wir sind alle wieder lieb und du", meinte die junge Frau und zeigte auf Dai, "hältst dein Versprechen von vorhin." Die Brünette warf ihr einen verwirrten Blick zu. "Was für ein Versprechen?", wollte sie von ihrer Freundin wissen, bevor sie ebenfalls ein Glas Wodka hinunterstürzte. "Er wollte mir was zeigen", sagte die Designstudentin und stupste Dai in die Rippen, der den Blick noch immer auf Kirito fixiert hielt. Naomi sah sie perplex an. "Ich dachte, du kannst ihn nicht ausstehen?", fragte sie auf Deutsch. "Was so ein paar Gläser Alkohol aus einem Menschen machen können", antwortete Luca in derselben Sprache. "Manchmal bist du wirklich komisch", meinte Naomi kopfschüttelnd. "Was meinst du? Wie lange mag es dauern, bis sich die beiden einen Heiratsantrag machen?" Langsam aber sicher zeigte der Alkohol auch bei ihr seine Wirkung und sie grinste breit. "Keine Ahnung." Luca ging von den beiden Musikern weg und setzte sich wieder zu Naomi. "Aber die scheinen sich echt lieb zu haben." "Könnte man meinen", erwiderte die Brünette und legte Luca einen Arm um die Schultern. Die Designstudentin lehnte ihren Kopf gegen die Schulter ihrer Freundin. "Die sind komisch." "Klar", meinte Naomi fröhlich. "Erstens sind es Männer und zweitens ticken Japaner eh ganz anders als wir Europäer." Luca grinste breit. "Yo... außer Kyô... der ist zu niedlich für 'nen Kerl", sagte sie auf Japanisch und grinste den Sänger an, der sich in der Zwischenzeit zu Toshiya gesetzt hatte. "Fängst du schon wieder an?", fragte er herausfordernd. Naomi rümpfte grinsend die Nase. "Verstehst du jetzt, warum ich diese Musiker so interessant finde?", fragte sie ihre Freundin. Luca nickte stumm und winkte Kyô zu ihnen herüber. "Kyô... komm schon, die hübschen Mädchen sitzen hier." "Sei froh, dass Shinya nicht da ist, der wäre jetzt beleidigt", meinte dieser, schnappte sich zwei Flaschen und fläzte sich zwischen die Studentinnen. "Okay, Schwestern... Wetttrinken? Oder seid ihr zu feige?" "Wer ist hier feige?", fragte Naomi mit drohendem Unterton. "Einen Zwerg wie dich schlage ich doch allemal!" "Hohoh...", raunte Kyô. "Das sind ja Töne... Barbie, was ist mit dir?" Er schaute Luca hoch erhobenen Hauptes an, als Naomi entschlossen mit ihren Fingergelenken knackte. "Na, dann wollen wir mal...", murmelte sie. Luca streckte beide Arme in die Höhe. "Yo... wer als Letzter ausgetrunken hat, muss was ausziehen", sagte sie kichernd. Toshiya und Kohta sahen sich breit grinsend an. "Wir machen auch mit", erklärte Toshi und setzte sich auf die Sofalehne. "Na wunderbar... natürlich sind wir die beiden einzigen Mädels... rat mal, wer mehr Spaß haben wird...", grummelte Naomi mit hochgezogener Augenbraue. "Na... ich!", erwiderte Luca und zwinkerte den Jungs zu. "Das werden wir ja sehen!", entgegnete Kohta und schenkte jedem ein Longdrinkglas ein. Naomi holte ihre Packung Zigaretten aus ihrer Handtasche und zündete eine Zigarette an, die sie Luca reichte, bevor sie sich selbst eine eigene ansteckte. Luca nahm ihr die Zigarette ab, doch wurde ihr diese von Kyô geklaut. Sie stürzte sich auf den kleinen Sänger und Toshi entkam nur knapp einem Brandloch. "Her damit, Häschen", rief die Dunkelhaarige und verrenkte sich nach der Zigarette. "Iiiiiiiiiiiiiihhhh... willst du etwa meinen Sabber ablutschen?", grinste Naomi und streckte dem Blonden die Zunge raus. Kyô richtete sich plötzlich auf und Luca fiel zusammen mit Toshiya auf den Boden. "Sabber?", fragte er Naomi und schaute die Zigarette an. "Hmm, lecker." Er leckte über den Filter. Naomi verzog angewidert das Gesicht und reichte Luca ihre Zigarette. "Ich glaube, deine willst du jetzt nicht mehr", meinte sie stirnrunzelnd und zündete sich erneut eine an, bevor sie Kohta und Toshiya ebenfalls je eine anbot. Die dunkelhaarige Studentin rappelte sich langsam hoch und nahm die Zigarette dankbar an. "Wisst ihr was, bei uns in Deutschland gibt es eine tolle Werbung", meinte sie grinsend. "Kirito würde sie gefallen." "Und zwar?", fragten Naomi und Kohta gleichzeitig, woraufhin sie sich kurz verwirrt ansahen und dann anfingen zu lachen. Luca grinste verschmitzt in Kiritos Richtung. "Na die: Kiri... Kiri... Kiri...", summte sie. "Baka", murmelte Naomi leise. "Das ist Werbung für Käse." Dai zuckte mit den Schultern. "Der Klügere gibt nach." Er ging zu der wuselnden und kichernden Bande und setzte sich zu Luca, so dass sie auf seinen Schoß rutschte. "Aber sie ist soooooooooo süß" erklärte diese fröhlich und stupste Dais Nase an. "Gehst ja ran", meinte sie. Nun begab sich auch Kirito zum mittlerweile voll besetzten Sofa. Naomi verdrehte seufzend die Augen - das war mal wieder typisch Luca - und stand auf. "Ich komme sofort wieder, ich muss nur kurz zum Waschraum." Kaum war die junge Frau verschwunden, nahm Kirito auch schon ihren Platz ein. "Ich komme mit", rief Luca und stand ruckartig auf. "Na?" Kohta stieß Dai breit grinsend an. "Läuft da etwa was mit der hübschen Gaijin?" "Vielleicht...", antwortete der Gitarrist. "Eifersüchtig?" "Nur neugierig... ich finde die andere ehrlich gesagt ein wenig interessanter." Er kicherte kurz. "Obwohl ich ja eher glaube, dass sie genau das Richtige für Onii wäre...", wandte er sich glucksend an seinen älteren Bruder, der ihm nur einen vernichtenden Blick zuwarf, was der Bassist als versteckte Zustimmung wertete. Dai grinste breit. "Bist du sicher, dass dein Bruder überhaupt auf Frauen steht, Kohta?" "Ziemlich sogar", entgegnete der blonde Bassist, "auch wenn er immer behauptet, schwul zu sein." "Kohta!", brummte Kirito warnend. "Na... dann weiß ich ja, warum du mich so angestarrt hast..." Dai fuhr sich verführerisch durch die Haare. "Glaub ja nicht, dass mich das in irgendeiner Weise anspricht", murmelte der Sänger und wandte den Blick genervt von dem Rothaarigen ab. Kohta grinste. "Aber vielleicht könnte ich ja drauf stehen", hauchte er und spielte mit einer Strähne von Dais Haaren, welcher sich zu ihm umdrehte. "Grr..." Dai machte eine typische Katzenbewegung nach. "Nicht hier, Süßer." Der Bassist schmollte. "Aber Schatzi", winselte er. "Und was ist mit mir?", fragte Toshiya plötzlich, setzte sich zu dem blonden Sänger Pierrots und zwinkerte ihm lasziv zu. Kirito schnaubte verächtlich. "Bist du eine Frau?" Toshi schaute ihn mit großen Augen an. "Öhm... eigentlich... ja." "Das bezweifle ich aber... und wie ein Mann siehst du eigentlich auch nicht wirklich aus", erwiderte Kirito und schob Toshiya von sich weg. "Ich bevorzuge richtige Männer oder Frauen." "Du hast ja heute eine Laune", stellte Toshiya fest und drückte sich ins Sofa. Kirito zog eine Augenbraue hoch. "Was für eine Laune habe ich denn, deiner Meinung nach?" "Keine gute?", meinte der dunkelhaarige Bassist. "Kannst du auch mal Spaß haben?" Kohta lachte laut auf. "Onii? Spaß haben? Der geht doch zum Lachen in den Keller", grinste er Toshiya an. "Aber nur weil er nicht auf dich steht, heißt das noch lange nichts." Dai schnappte sich Kohtas Arm und zerrte ihn auf seinen Schoß. "Doch hier?", flüsterte er in dessen Ohr und strich ihm durch die blonden Haare. "Uh...", gurrte der Bassist. "Vor all den Leuten?" "Vor allen Leuten", erwiderte Daisuke. "Und was sagt deine Freundin dazu?", wollte Kohta wissen. "Ah... was denkst du, wieso die beiden auf die Toilette verschwunden sind?", fragte der Rothaarige grinsend und zeigte in Richtung der Waschräume. "Zum Pinkeln?", schlug Kyô grummelnd vor. "Im Rudel?", fragte Kohta zweifelnd. Dai verzog das Gesicht zu einer Grimasse. "Du bist schon wie Kirito." Toshi lachte. "Nein, Mann... die wollen einfach nur ein bisschen Spaß haben." Kyô brummte vor sich hin. "Wozu... die wohnen doch eh zusammen, oder nicht?" Kapitel 3: Lexington Queen - Part 2 ----------------------------------- Naomi seufzte und trocknete ihre Hände ab, dann lehnte sie sich gegen die angenehm kühlen Kacheln. Irgendwie fühlte sie sich ein wenig überhitzt, aber das lag wahrscheinlich nur an dem Alkohol. "Brauchst du noch lange?", fragte sie Luca. "Nee... nur der Gürtel will nicht so wie ich." Luca nieste plötzlich. "Gesundheit!" "Danke..." Nun musste auch die Brünette niesen. Luca öffnete die Tür und trat neben Naomi an das Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. "Gesundheit!" "Danke... kann es sein, dass wer über uns redet?" Luca nieste erneut. Genervt schaute sie an die Decke. "Möglich... und... Kirito... hm?!" "Was ist mit Kirito?", fragte Naomi und wurde leicht rot. Sie ärgerte sich ein wenig darüber, dass es so offensichtlich zu sein schien, dass sie eine Schwäche für den Sänger hatte. Allerdings war Luca auch ihre beste Freundin, natürlich fiel ihr so etwas auf. Sie hoffte nur, dass es niemand sonst bemerkt hatte. Da sie nicht wusste, was sie auf die indirekte Frage antworten sollte, versuchte sie das Thema zu wechseln. "Was ist denn mit Dai und dir?" "Ah nöx...", erwiderte Luca und stutzte, weil Naomi Dai erwähnte. "Was soll denn sein?" "Dafür, dass du ihn nicht ausstehen kannst, schmeißt du dich ganz schön an ihn ran", gab Naomi breit grinsend zurück. Sie war froh, dass ihre Freundin auf den Themenwechsel eingegangen war. "Ich schmeiße mich nicht ran... ich benehme mich ganz normal." Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Klar..." "Und was soll dieses Kirito nervös anhimmeln?" "Ich hab ihn nicht angehimmelt!", erwiderte die Brünette grimmig. Also hatte es doch nicht funktioniert, ihre Freundin auf andere Gedanken zu bringen. "Überhaupt nicht. Sag mal, was weißt du so über diesen Dai?", fragte Luca gleichgültig und richtete ihr Make-up. Naomi war irritiert. Wieso wechselte die Dunkelhaarige jetzt plötzlich das Thema? Das tat sie doch sonst nie, wenn sie etwas von ihr wissen wollte. Aber im Grunde konnte ihr das nur recht sein. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte ihren Kopf gegen die Kacheln. "Er steht auf Autos...", meinte sie langsam. "Er trinkt gern Alkohol und Fruchtsäfte..." Nun musste sie ernsthaft darüber nachdenken, was sie über ihn gelesen hatte. "Er hat vier Geschwister und trägt Kontaktlinsen, weil er kurzsichtig ist... und er betrachtet es als Kompliment, wenn man ihm sagt, dass er grausam aussieht." Luca hob eine Augenbraue. "Grausam?", fragte sie verwirrt. "Hab ich so gelesen." "Wie grausam? Böse grausam oder schlechter Geschmack grausam?" Naomi schüttelte seufzend den Kopf. "Keine Ahnung." Sie warf ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu. "Frag ihn doch selbst. Ich weiß ja nicht mal, ob das alles stimmt, was in den Zeitschriften und Magazinen so über ihn geschrieben wird." Luca zuckte mit den Schultern. "Ist ja auch egal... Er wollte mir heute seinen Lieblingsplatz zeigen", erwähnte sie dann beiläufig, als sie den Kajal nachzog. Die Musikstudentin grinste breit. "Na, das lässt doch tief blicken." "Wie meinst du das?", fragte die Designstudentin und legte Mascara auf. "Es sieht so aus, als würde unser guter Daisuke auf dich stehen." Luca fiel der Mascara aus der Hand. "Was? Du spinnst." Sie bückte sich, um das kleine Fläschchen aufzuheben. "Aber Kiri... Kiri... Kiri... scheint ja auch auf dich zu stehen." "Na, das bildest du dir jetzt aber ein." "Ah wirklich...", meinte Luca. "Ich werde ihn fragen." Mit diesen Worten lief sie aus dem Waschraum. "Miststück!", fluchte Naomi laut und folgte ihrer Freundin so schnell sie konnte, schaffte es aber leider nicht sie einzuholen. "Das wirst du nicht tun!", schrie sie Luca auf Deutsch hinterher. "Verhindere es doch", rief diese zurück und huschte die Treppe zur VIP-Lounge hoch. Die junge Musikstudentin hetzte hinter ihrer besten Freundin her, wobei sie mehrfach stolperte. Der Alkohol war wohl doch keine so gute Idee gewesen, jedenfalls nicht in dieser Menge. Als sie schließlich bei dem Tisch ankamen, wo die Männer saßen und fröhlich herumalberten, stolperte Naomi erneut und fiel diesmal hin - mitten auf das Sofa. Benommen setzte sie sich auf und wunderte sich darüber, dass sich das Sofa so unerwartet... knochig anfühlte... vorher war es eindeutig weicher gewesen. Sie sah sich um und keuchte erschrocken auf. "Tut mir Leid!", murmelte sie hastig und stand schnell wieder auf. Sie stammelte verlegen eine Entschuldigung vor sich hin und spielte nervös mit ihren Fingern. Luca schaute ihre Freundin und die Person an, auf der diese gelandet war. Verschmitzt grinste sie über Kiritos geschockten Gesichtsausdruck, der allerdings nach wenigen Sekunden eher Verwirrung ausdrückte. Dann sah sie zu Dai und Kohta, die wie ein verliebtes Pärchen auf dem Sofa kuschelten. "So ist das also", sagte sie zu dem Blonden und funkelte ihn schmollend an. Kirito sah Naomi irritiert an und warf dann einen kurzen Blick auf Dai und seinen Bruder. "Deine Freundin ist zurück", bemerkte er trocken, dann wandte er sich wieder an die Brünette. "Ist schon in Ordnung." "Wessen Freundin?", fragte Luca Kirito herausfordernd. "Seine", erwiderte er und deutete auf Dai. "Echt... Naomi, das wusste ich ja gar nicht." Luca schüttelte den Kopf. "Du bist mir 'ne Freundin... und dabei wollte ich soooooooo nett zu dir sein!" "Bitte?!", rief Naomi entgeistert aus. "Ich bin nicht seine Freundin!" "Wer dann?" "Du?", schlug Jun glucksend vor, wofür er einen vernichtenden Blick von ihr erntete. "So viele Frauen sind hier schließlich nicht", mischte sich Kyô grummelnd ein. "Wirklich?" "Ich bin wirklich nicht seine Freundin", beteuerte Naomi. Wenn sie ehrlich sein sollte, verstand sie gerade nicht wirklich, worum es hier gerade genau ging. Es schien recht offensichtlich zu sein, dass Dai Interesse an Luca hatte, wobei nicht sicher war, wie diese zu ihm stand. Sie selbst hatte jedoch kaum ein Wort mit dem Rothaarigen gewechselt, wie konnte Luca dann von ihr denken, dass sie seine Freundin sein könnte? Außerdem gefiel ihr Kirito ohnehin viel besser... "Ich stehe aber auf Frauen", sagte Luca trocken. "Also kann ich es auch nicht sein." Naomi verschluckte sich fast und Jun grinste breit. "Tja, Hengst... Pech gehabt, huh...", grinste Kyô in seiner Ecke. "Wen nennst du hier Hengst?", wollte Toshiya von ihm wissen. "Na, Kirito bestimmt nicht", antwortete Dai. "Das wäre ja auch noch schöner", murmelte Kirito vor sich hin. Kohta sah von Kyô zu Kirito und zurück. "Du meinst Dai?" "Wen sonst?" Der kleine blonde Sänger von Dir en grey warf verzweifelt die Arme in die Luft. "Warum versteht mich nie jemand?" "Ich hab dich verstanden", entgegnete Dai. "Wenn du dich klar artikulieren würdest, könnte das vielleicht helfen", bemerkte Naomi trocken und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei sie Luca einen misstrauischen Blick zuwarf. Diese sah sie mit großen Augen an. "Naomi... Schatz... ich...", stotterte sie. "Was?" "Ich wollte es dir schon so lange sagen... und jetzt..." Sie ging auf ihre Freundin zu. Naomi trat vorsichtig ein paar Schritte zurück, wobei sie über Kiritos Füße stolperte und diesmal recht unsanft auf dem Boden landete. Luca beugte sich über sie. "Naomi... es ist mir wichtig und ich würde sterben, wenn du es nicht verstehst..." Sie schaute die Musikstudentin ernst an und strich ihr vorsichtig durch die Haare. Naomi rieb sich den Hinterkopf und setzte sich vorsichtig auf, um nicht mit ihrer Freundin zusammenzustoßen. "Was soll ich verstehen?", brummte sie und nahm dankbar die Hand an, die Kirito ihr reichte, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Die Dunkelhaarige rappelte sich schnell auf, legte eine Hand auf Naomis Schulter und kam ihr so nah, dass ihre Nasen sich berührten. "Naomi... ich... du..." "Bist du betrunken?" Die Jungs sahen fasziniert zu. Würde es eine Liebeserklärung werden? Kirito war der einzige, dem es egal zu sein schien. Während den anderen die Aufregung eindeutig anzusehen war, betrachtete er das Ganze regungslos. "Nein... Schatz..." Luca küsste ihre Freundin auf die Stirn. "Du hast Asche in den Haaren." Sie grinste breit und schnappte sich eine Zigarette aus der Tasche. "Ist schon klar", sagte Kohta und zog Luca zu Dai und sich, so dass sie praktisch auf beiden lag. Naomi sah die Dunkelhaarige entgeistert an. "Und dafür machst du so ein Theater?!" "Dein verwirrtes Gesicht war zu herrlich", freute sich Luca und gab ihre Zigarette an Kohta weiter. Die Brünette sah Luca funkelnd an. "Jag mir nie wieder einen solchen Schrecken ein!" "Homophobie?", fragte die Designstudentin und nahm ihre Zigarette von Dai zurück. Naomi holte tief Luft. "Nein, das solltest du aber wissen... genauso wie du wissen solltest, dass ich auf..." Sie stockte kurz. "... Männer stehe...", endete sie schließlich langsam. "Ich weiß... deswegen bist du ja auch gerannt wie 'ne Irre." "Untersteh dich!", fuhr Naomi auf, das Gejubel der anderen ignorierend. "Ja!", mischte sich Jun ein. "Warum hattest du es eigentlich so eilig?" Luca drehte sich zu Dai um und flüsterte ihm etwas zu, woraufhin er nickte und Kohta von seinem Schoß schubste. "Also... das war so..." "Luca!", grummelte Naomi drohend. Sie knirschte mit den Zähnen. "Ich werde dich ewig hassen!" Dai schnappte sich seine Tasche, stand auf und legte Luca eine Hand auf die Schulter. "Aber das kann auch warten", meinte diese und schaute zu dem Rothaarigen hoch. "Hättest du mir das wirklich zugetraut?", fragte sie dann auf Deutsch. Daisuke wandte sich der Gruppe zu. "Wir gehen jetzt, gute Nacht." "Wenn du getrunken hast, ist dir vieles zuzutrauen", antwortete Naomi mürrisch. "Wer geht? Wohin?", fragte Kohta verwirrt. "Nicht so was, Süße." Luca zwinkerte ihr zu. "Du kommst bestimmt gut nach Hause." "Luca und ich", antwortete Dai und reichte Toshi und Kyô die Hand. Naomi starrte ihre Freundin ungläubig an. "Da läuft also nichts?", meinte sie, immer noch auf Deutsch. "Und mich lässt du hier einfach allein." "Nö... wir gehen uns ausnüchtern und einen Kaffee trinken", sagte Luca verschmitzt. "Davon mal abgesehen... du bist ja gar nicht allein." "Ja... aber...", protestierte Naomi. "Luca!" Luca und Daisuke verabschiedeten sich von allen und gingen die Treppe hinunter. "Nette Heimfahrt!", rief Luca ihrer Freundin auf Deutsch zu. Naomi stand da, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte der Designstudentin fassungslos nach. "Mach dir keine Sorgen", meinte Toshiya beruhigend zu der Brünetten. "Dai wird ihr schon nichts antun. Und wir dir auch nicht." Sie sah ihn unsicher an. "Darum mache ich mir ja auch keine Sorgen. Aber jetzt muss ich als Frau allein nach Hause..." Sie trat von einem Fuß auf den anderen. Zwar wusste sie, dass Tokyo um einiges sicherer war als ihre Heimatstadt, aber dennoch machte es sie immer noch extrem nervös, wenn sie nachts allein nach Hause musste. "Ach was...", entgegnete Kohta. "Mein Bruder wird dich schon fahren." "Was?!", fragten Naomi und Kirito gleichzeitig. Der Sänger grinste böse. "Na warte... ich glaube, morgen bekomme ich doch noch mein Lieblingsessen...", murmelte er. Kohta schluckte schwer. "Ich verlass mich auf dich", meinte er trotz allem und klopfte Kirito auf die Schulter, bevor er sich schnell auf den Weg zum Waschraum machte. Stunden später - ehrlich gesagt wusste niemand so genau, wie spät es war, weil sie nicht darauf geachtet hatten - verabschiedete sich Toshiya als Letzter von Kirito, Kohta und Naomi. Kyô war schon kurz nach Dai und Luca gegangen, wobei sich Jun und Aiji irgendwann klammheimlich aus dem Staub gemacht haben mussten, da ihre Abwesenheit erst recht spät im Laufe des Abends aufgefallen war. Naomi sah auf ihre Uhr. "Verdammt! So spät schon?", schimpfte sie. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war, während sie sich mit den Musikern unterhalten hatte. "Wenn Luca schon zu Hause ist, bringt sie mich um!" Hastig stand sie auf. Kohta leerte sein Glas. "Dann bringen wir dich jetzt nach Hause", meinte er. Der Sänger sah ihn fragend an, doch dann nickte er. "Okay." Die beiden Brüder standen ebenfalls auf und gingen mit Naomi nach draußen. Kaum standen sie vor der Tür, zündete sich der Bassist eine Zigarette an. "Auch?", fragte er, bevor er der Studentin die Schachtel vor die Nase hielt. Sie nickte. "Danke", murmelte sie, nahm eine heraus und ließ sich von Kirito Feuer geben. "Mein Auto steht dort hinten", meinte der Sänger und ging zu dem Parkplatz, während die beiden anderen ihm folgten. Kohta warf Naomi einen verstohlenen Blick zu und grinste. Bevor sie die Gelegenheit hatte, in den Wagen zu steigen, machte er es sich schnell auf der Rückbank bequem, schloss die Augen und begann fast sofort zu schnarchen. Die junge Studentin blinzelte ihn ungläubig an, doch dann zuckte sie mit den Schultern und setzte sich auf den Beifahrersitz. Ihr blieb schließlich auch nichts anderes übrig. "Mach dir nichts draus, der ist immer so", sagte Kirito, als er den Motor startete und sein Auto aus der Parklücke bugsierte. "Auch ohne Alkohol?" Der Sänger nickte. "Ich kenne keinen Menschen, der so viel schläft wie Kohta... mit Ausnahme von Kyô vielleicht noch", grinste er. Die junge Frau lachte. "Dafür sieht Kyô bei Weitem nicht so verschlafen aus wie dein Bruder." "Das stimmt wohl", gab er amüsiert zurück. "Wo muss ich jetzt überhaupt hin?" "Oh..." Naomi nannte ihm die Adresse und der Blonde gab sie in seinem Navigationssystem ein. Die Studentin staunte nicht schlecht, als sie es sich ansah. "Das ist ja mal ein cooles Teil! Das war bestimmt teuer", meinte sie. Er sah sie kurz an, bevor er wieder auf die Straße achtete. "Es geht so... aber die anderen haben mich ganz schön beneidet, als sie es gesehen haben." Er grinste breit. "Aha?" Sie grinste ebenfalls. "Wir sind also ein kleiner Angeber, ja?" "Wenn du dir etwas Neues kaufst, zeigst du es Luca doch auch, oder?" Sie nickte. "Klar, wieso sollte ich nicht? Schließlich ist sie meine beste Freundin!" Die Unterhaltung ging noch eine Weile so weiter. Die beiden wussten allerdings nicht, dass Kohta durchaus wach war und sein Schnarchen nur geschauspielert. Kirito war so daran gewöhnt, dass sein Bruder ständig schlief, dass er gar nicht darauf achtete. Als sie schließlich vor dem Haus hielten, in dem Naomi mit Luca wohnte, setzte sich der Bassist gähnend auf und streckte sich. "Sind wir schon da?" "Nein, wir sind am Tokyo Tower", gab Kirito trocken zurück. "Natürlich sind wir da, was dachtest du denn?" Die junge Studentin lächelte. "Danke, dass ihr mich gefahren habt", meinte sie und wollte aussteigen. "Kein Problem", antwortete Kirito und Kohta legte eine Hand auf ihre Schulter. "Was ist?", wollte sie wissen. Der blonde Bassist stieg aus und öffnete die Beifahrertür, damit Naomi aussteigen konnte. "Wir bringen dich natürlich noch bis nach oben." "Huh?", entfuhr es seinem Bruder. "Wozu?" "Wer weiß, was so alles passieren kann? Sie ist schließlich eine junge Frau und da sollte man immer vorsichtig sein. Was ist, wenn da noch irgendwo jemand rumlungert? Außerdem gehört es sich so." Die Musikstudentin lachte. "Wo soll sich denn da jemand verstecken?" Der Bassist antwortete nicht auf ihre Frage, sondern sah Kirito ernst an, bis dieser seufzte und den Motor ausstellte. "Okay", murmelte er. Er stieg aus und schloss den Wagen ab. Kohta ging als Letzter, als sie die Treppe hochgingen, daher sahen weder Kirito noch Naomi, dass sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht abzeichnete. Oben vor der Wohnungstür wartete er, bis Naomi aufgeschlossen hatte, dann schob er sie und seinen Bruder in das kleine Appartement. "Was...", begann die Brünette, doch der Bassist legte ihr einen Finger auf die Lippen, schließlich wollte er niemanden im Haus wecken. "Habt ihr grünen Tee?", fragte er, bevor er leise die Tür hinter sich schloss. Naomi blinzelte ihn an und wollte etwas darauf erwidern, doch sie wusste nicht genau, was sie sagen sollte. Schließlich nickte sie. "Aber seid leise", bat sie die beiden Musiker. Sie schlich zum Schlafzimmer und lugte hinein, doch beide Futons waren unbenutzt. Das bedeutete, dass Luca noch nicht zu Hause war. Naomi zog eine Augenbraue hoch. Dafür, dass sie Dai nicht leiden konnte, war die Dunkelhaarige verdammt lang mit ihm unterwegs. Dann ging Naomi in die Küche um Tee zu machen. Kohta und Kirito setzten sich im Wohnzimmer auf das Sofa, nachdem sie an der Tür die Schuhe ausgezogen hatten, und sahen sich um. "Und ihr seid wirklich nur Studentinnen?", fragte der Bassist erstaunt, als er die Regale, den Schrank und alles weitere dort betrachtete. "Sind wir", antwortete Naomi aus der Küche, dann kam sie heraus und brachte ein großes Tablett mit, das sie auf dem Tisch abstellte. "Ich hoffe, er ist genießbar. Ich kann so was nicht besonders gut", gestand sie schüchtern. "Was ist denn so schwer daran, Tee zu machen?", wunderte sich Kohta und nahm sich die Freiheit, ihnen allen Tee einzuschenken. Um die junge Frau nicht weiter in Verlegenheit zu bringen beschloss er, das Thema zu wechseln. "Wie könnt ihr euch als Studentinnen solche Möbel leisten?" Sie sah ihn stirnrunzelnd an. "Das haben wir alles aus Deutschland mitgebracht", murmelte sie, ohne weiter auf das Thema einzugehen. Kohta wollte es auch nicht weiter vertiefen, da er merkte, dass es ihr nicht wirklich angenehm war, daher nahm er seinen Terminplaner aus der Tasche und blätterte kurz darin herum. "Schon mal auf einem Pierrot-Konzert gewesen?", fragte er schließlich. Die Studentin stutzte. "Nein, bisher noch nicht. Wir sind ja noch nicht sehr lange hier... und vorher hatte ich leider keine Gelegenheit dazu und Luca interessiert sich ohnehin nicht für die Musik." Sie zuckte mit den Schultern. Der Bassist schob die Unterlippe vor und blätterte weiter. "Aber du willst schon hin?" Anscheinend hatte er gerade gefunden, wonach er suchte. "Klar!", fiepte sie leise. "Aber ich muss ja warten, bis es Tickets gibt und die Tourdaten sind soweit ich weiß auch noch nicht bekannt." "Uns schon", grinste Kohta. Er hielt ihr den Terminplaner unter die Nase. "Meint ihr, dass ihr an dem Abend Zeit habt?" Naomi stand auf und holte ihren eigenen Timer um nachzusehen. "Ich auf jeden Fall... Luca... keine Ahnung, aber wahrscheinlich schon." "Gut, dann werden wir zwei Tickets für euch reservieren lassen." Kirito sah seinen Bruder an, doch da sich Naomi so sehr darüber freute, nickte er nur. "Wirklich?", quietschte sie begeistert. "Das ist... also..." Sie räusperte sich. "Danke." Der blonde Bassist grinste, dann sah er erst seinen Bruder, und schließlich die Studentin an. "So, ihr zwei Hübschen. Jetzt ist es Zeit, ins Bett zu gehen." Die beiden schauten ihn verwirrt an und standen dann auf. "Alles klar", seufzte Naomi. "Dann kommt mal gut nach Hause und noch mal danke fürs Fahren", meinte sie. Allerdings antwortete Kohta nicht darauf und bevor der Sänger etwas sagen konnte, packte er sowohl Kirito als auch Naomi am Arm und schob sie in Richtung Schlafzimmer. "Was machst du da?", verlangte Kirito zu wissen. "Euch schlafen schicken", war die schlichte Antwort und Kohta ließ Naomi kurz los, um die Schlafzimmertür aufzumachen. Dann schob er die beiden hinein und schloss die Tür wieder, wobei er die Rufe und das Klopfen vollkommen ignorierte. "Lass uns raus!", rief Kirito und schlug gegen die Tür. "Bist du bescheuert?", zischte die Studentin. "Lass unsere Tür ganz!" Als Kohta sie nach einer Weile noch immer nicht aus dem Raum lassen wollte, seufzte sie. "Und was machen wir jetzt?" Der Sänger fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Ich finde, wir sollten schlafen gehen. Viel bleibt uns sonst nicht übrig. Ich bezweifle, dass es was bringt, wenn wir einfach nur warten, bis er uns hier raus lässt." Die junge Frau sah unsicher zu ihrem Futon. "Aber nicht zusammen", beschloss sie kurzerhand. Das würde sie definitiv nicht überleben. Sie stand ja ohnehin schon die ganze Zeit kurz davor durchzudrehen, weil der Sänger in ihrer Nähe war. Wenn sie jetzt noch mit ihm zusammen auf einem Futon schlafen müsste... nicht auszudenken! Abgesehen davon würde Luca ihn dafür wahrscheinlich erschlagen. "Du kannst auf meinem Futon schlafen, ich nehme dann den von Luca. Wenn du ihren benutzt, bringt sie uns um." Sie sah ihn fragend an. Als er schließlich nickte, setzte sie sich, zog ihre Stiefel aus und legte sich hin. "Gute Nacht", murmelte sie mürrisch. Sie wusste, dass Kirito nichts dafür konnte - ihr Groll richtete sich eher gegen seinen Bruder. Diese aufgezwungene Situation gefiel ihr nicht im Geringsten. Die Studentin drehte sich auf die Seite und schloss die Augen, daher merkte sie nicht, dass Kirito sie noch eine Weile ansah, bevor er sich hinlegte und dann einschlief. Kapitel 4: The Morning After ^^ ------------------------------- Völlig übermüdet schloss Luca die Tür zu ihrem Appartement auf. Der rothaarige Gitarrist lehnte sich gegen den Türrahmen und schaute sie an. "Also... gute Nacht?", fragte er grinsend. Die Dunkelhaarige lächelte ihm zu. "Scheint so." Sie öffnete die Tür ein wenig und schaute Dai an. "Also, du hast ja meine Nummer", sagte der Rothaarige und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. "Ja...", antwortete sie verlegen. "Ich geh dann mal rein, Naomi macht sich sicher Sorgen." Daisuke nickte ihr zu und tätschelte ihren Kopf. "Bis dann." Völlig verwirrt tapste Luca in die verdunkelte Wohnung. Naomi schien noch zu schlafen, da die Vorhänge zugezogen waren. Die Dunkelhaarige warf ihre Tasche in eine Ecke und schleppte sich zum Schlafzimmer. Plötzlich stolperte sie und begann laut zu schreien. Wenige Sekunden später wurde die Tür aufgetreten und Daisuke stand mitten im Wohnzimmer. "Was ist?", fragte er besorgt und ging auf Luca zu. Die Designstudentin deutete auf den leblosen Körper am Boden. "Ich glaube, er ist... tot!", rief sie Dai zu und schaute Kohta entsetzt an. Der Gitarrist zog eine Augenbraue hoch und ging zu dem am Boden liegenden Kohta. Vorsichtig stupste er ihn mit dem Fuß an. Der Bassist von Pierrot gab einige Grunzlaute von sich und rollte sich auf die Seite. "Nö... der lebt noch...", sagte Dai und schaute angeekelt auf den Körper. Er stieg darüber hinweg und half Luca hoch. "Mein Ritter", grinste sie ihn an und sah dann zur Tür. "Die ist wohl hin." Neugierig betrachtete sie Kohta genauer... er lag direkt vor ihrem Schlafzimmer... wieso eigentlich? Ihre Augen weiteten sich und Luca stand mit offenem Mund vor der Tür. "Das hat sie nicht getan", flüsterte sie leise und mehr zu sich selbst, bevor sie die Schlafzimmertür aufstieß. Der Rothaarige folgte ihr und lugte in den Raum. Luca stapfte zu Naomis Futon und riss die Decke weg. Sie blieb mit offenem Mund stehen und schaute auf den schlafenden Kirito. Verwirrt drehte sie sich zu Dai um. "Die haben... auf verschiedenen Futons geschlafen..." "Er ist halt so", antwortete Daisuke achselzuckend. "Schon klar, kein Hengst... hm?!", fragte Luca mit hochgezogener Augenbraue, warf genervt die Decke über Kiritos Körper und ging dann aus dem Schlafzimmer. "Und was nun?", fragte Dai verschmitzt. Luca sah ihn fragend an. "Kalt duschen?" Naomi murmelte etwas vor sich hin und drehte sich auf Lucas Futon um. Dummerweise lag sie genau am Rand und mit einem lauten - und vor allem schmerzhaften - Krachen stieß sie sich den Kopf an dem kleinen Nachtschränkchen an, das daneben stand. "Ah... Mist...", murmelte sie benommen und öffnete ihr linkes Auge einen Spalt. Sie konnte nichts erkennen, alles war verschwommen. Verschlafen rieb sich die Musikstudentin die Augen und blinzelte ein paar Mal. Es brachte rein gar nichts. Sie konnte die Augen einfach nicht offen halten. "Schatz?", rief sie. Sie schnupperte kurz. Es roch nach Essen. "Schatz?!", rief sie noch ein mal, nun etwas lauter. Dai steckte den Kopf zur Tür herein. "Ja, Engel?!" Naomi fuhr erschrocken zusammen und stieß diesmal mit dem Ellbogen gegen das Nachtschränkchen. Sie hatte nicht damit gerechnet, von jemand anderem außer Luca eine Antwort zu erhalten. Was um alles in der Welt machte ein Mann in ihrer Wohnung? "Aber Schatz, heute morgen warst du anders drauf", schmollte der Gitarrist, als sie sich den Ellbogen rieb und das Gesicht verzog. "Frühstück?" "Verschwinde", ertönte ein männliches Murmeln von dem anderen Futon. Die Musikstudentin zuckte wieder zusammen, doch diesmal blieb sie glücklicherweise verschont. Sie nahm ihre Hand vom Ellbogen und sah verwundert auf. Zwei Männer in ihrer Wohnung? Was zum Geier war nur passiert?! Als sie Daisuke in der Tür stehen sah, fiel es ihr schlagartig wieder ein. Ihr Kopf fuhr ruckartig herum, allerdings konnte man nicht erkennen, wer auf dem Futon lag, da nur ein paar blonde Strähnen zu sehen waren. Erleichtert seufzte sie auf, als ihr bewusst wurde, dass Kirito tatsächlich allein auf ihrem Futon lag. "Du hast übrigens auch anders reagiert", warf Dai dem Sänger vor. "Gar nichts habe ich", grummelte Kirito mürrisch und wedelte unwillig mit der Hand, damit sich der Rothaarige endlich verzog und ihn in Ruhe ließ. Nun steckte auch Luca den Kopf zur Tür herein, dann ging sie ins Schlafzimmer und zog die Vorhänge auf. Es war mittlerweile halb drei durch. "Entweder steht ihr jetzt auf, oder... ihr werdet verhungern! Kiri, Naomi, geht aber bitte erst duschen." Sie drehte sich um und ging mit Dai aus dem Zimmer. "Nicht zusammen", hängte sie noch dran. "Keine Sorge, das hatte ich nicht vor!", rief Naomi ihrer Freundin hinterher. "Was denkt die sich eigentlich, ich geh doch eh jeden Morgen duschen...", grummelte sie dann, als sie aufstand und an sich herabsah. Sie trug noch immer das Kleid vom Vorabend. Leise murmelte sie etwas vor sich hin, holte eine weiße Leinenhose, eine hellgrüne Bluse, Socken und Unterwäsche aus ihrem Schrank, dann marschierte sie grummelnd ins Bad. Genervt ging Luca nach einer Weile wieder ins Schlafzimmer. "Kirito, willst du nicht endlich aufstehen?", fragte sie gereizt. "Wer bist du und was willst du?", kam die miesepetrige Antwort. "Es ist bereits Nachmittag." "Das ist keine Antwort auf meine Frage." "Die Göttin Amaterasu, die dir gleich in den Hintern treten wird." Kirito schnaubte verächtlich, hob aber leicht den Kopf und sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. "Als ob." "Ich will nicht meckern... aber es ist bereits 15 Uhr und nach dem Terminplaner, den Kohta hier vergessen hat, habt ihr heute ein Interview um genau 16 Uhr!", sagte sie gleichgültig. "Aber bitte, schlaf dich nur aus!" "Verdammt!", fluchte Kirito. "Seit wann ist er weg?" "Seit etwa 20 Minuten." Sofort sprang der Sänger auf und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Dieser Mistkerl! Warum hat er mich nicht geweckt?" "Na ja... weil er aufgewacht und sofort aufgebrochen ist... vielleicht hat er vergessen, dass du auf Naomis Futon liegst." "Von wegen!", schimpfte der Blonde. "Er hat uns doch erst hier eingesperrt!" Fluchend machte er sich auf die Suche nach seinen Schuhen. "Die liegen vorne", kommentierte Luca knapp und zeigte mit dem Finger nach draußen. "Danke", murmelte Kirito leise und drängte sich schnell an ihr vorbei. "Bitte... und auf dem Tisch liegt ein Bentou für dich." In diesem Moment kam Naomi - fertig angezogen - aus dem Bad und stieß mit dem Sänger zusammen, woraufhin sie beide auf dem Boden landeten. "Das ist mal wieder mein Glück", beschwerte sich die junge Frau und stand wieder auf. Sie warf einen undefinierbaren Blick auf Kirito und reichte ihm dann eine Hand, um ihm aufzuhelfen. Dai versuchte unterdessen, die Tür zu reparieren. "Ich will nicht stören", begann Luca, "aber du verlierst Zeit, Kirito." Sie reichte ihm das selbst gemachte Bentou und Kohtas Terminplaner. "Danke", meinte der Sänger, nahm das Bentou und den Planer, zog seine Schuhe an und hastete so schnell wie möglich aus der Wohnung, wobei er Dai fast umwarf. "Sorry!", rief er über seine Schulter, dann war er weg. "Schon klar", rief ihm der Gitarrist hinterher, dann machte er die Tür zu und wieder auf. Er sah Luca an und grinste. "Bin ein toller Hausmann, hmm?" Verwirrt sah Naomi dem Blonden nach. "Was war das...?" "Ein Kirito", antwortete die Designstudentin. "Spezies: Schlafmütze." Dann wandte sie sich an Daisuke. "Hast du toll gemacht." "Dass das Kirito war, habe ich auch gesehen", entgegnete die Brünette pikiert, bevor sie Luca und Dai in die Küche folgte. "Aber was sollte das?" "Was?" "Die Flucht?" "Dai, du kannst übrigens schon anfangen zu essen." Luca legte Naomi etwas Gemüse auf einen Teller. "Oh... das! Er verpasst vielleicht einen Interview-Termin", sagte sie knapp und setzte sich zu Dai an das Tischchen. Naomi sah erst Luca an, dann Daisuke... dann schließlich auf ihren Teller. Irgendwie verstand sie gerade gar nichts mehr und das war ihrem Gesicht durchaus anzusehen. "Los, stell Fragen und ich antworte knapp und präzise", schlug die Dunkelhaarige vor. "Warum musste Dai die Tür reparieren?", wollte die Musikstudentin wissen. "Weil er sie aufgetreten hat." Luca nahm sich etwas Gemüse vom Teller und lächelte Dai zu. "Und warum hat er das getan?" "Weil ich geschrieen habe." "Erklärung. Bitte." "Ich bin über den scheinbar toten Kohta gestolpert und habe geschrieen... Daisuke hat die Tür aufgetreten, weil er dachte, es wäre etwas passiert." Luca stopfte sich etwas Reis in den Mund und füllte dann Dais Schale auf. Naomi starrte ihre Freundin nur wortlos an. "Iss... bevor es kalt wird", sagte die Dunkelhaarige grinsend. "Wie kommt es eigentlich, dass er hier ist?", fragte Naomi verwundert. "Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden?" Diesmal sprach sie auf Deutsch mit ihrer Freundin. In ihrer Verwirrung fiel ihr das nicht einmal auf. Luca seufzte. "Entschuldige bitte kurz", sagte sie zu dem Gitarristen und widmete sich dann der Musikstudentin. "Er hat mich nach Hause gebracht", antwortete sie schließlich. "Aha...", murmelte Naomi knapp. Die Designstudentin lächelte, stand auf und holte Multivitaminsaft aus dem Kühlschrank, den sie an alle verteilte. "Danke", meinte Naomi und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte. "Mir ist schwindelig", grummelte sie dann. "Nicht dafür", antwortete die Dunkelhaarige und griff in eine Schublade. "Hier." Dankend nahm die Brünette die Tablette entgegen. Luca schaute die beiden nacheinander an. "Noch Hunger?", fragte sie und goss Dai wieder Saft nach. "Reis ist noch genug da und Gemüse auch." "Nein, danke...", murmelte Naomi. "Mir ist eh schon übel..." Als würde der Gitarrist die beiden jungen Frauen schon länger kennen, duckte er sich reflexartig und versuchte, ein Reiskorn auf dem Tisch zu fixieren. "Dir ist schlecht...?", fragte Luca langsam und legte ihre Stäbchen auf die Schale. "Niemand zwingt dich, mein Essen zu essen." Seufzend verdrehte Naomi die Augen. "Jetzt komm mir nicht wieder so, du weißt genau, dass ich dein Essen mag." "Aber dir ist übel...", entgegnete Luca kühl. Dai stand unterdessen auf und sammelte die Essschalen und Stäbchen ein. Die Musikstudentin fuhr sich mit einer Hand durch die hellbraunen Haare. "Natürlich, aber das hat doch mit deinem Essen nichts zu tun!" "Sondern?" Luca reichte dem Gitarristen ihr Glas. "Liegt es am Alkohol?" "Woran sonst?" "Dann trink das nächste Mal nicht so viel", fauchte Luca, stand auf und nahm Dai das Geschirr ab. Der Gitarrist schaute flehend zu Naomi und setzte sich an den Tisch. "Gott, du kannst einem echt den Tag versüßen", grummelte Naomi düster und verzog sich ins Schlafzimmer, wo sie die Tür laut hinter sich zuwarf. Luca stellte das Geschirr in das Spülbecken und setzte sich grummelnd an den Tisch. "Alles... okay?", fragte Daisuke vorsichtig. Man konnte ja nie wissen, wie sie reagieren würde. Die dunkelhaarige Studentin lehnte sich nach vorn über den Tisch und vergrub die Hände in den langen Haaren. "Ja...", seufzte sie. "Ich mache mir doch nur Sorgen... ich weiß, dass ich oft überreagiere..." Daisuke zog eine Augenbraue hoch. Das hörte sich ganz nach einem Eingeständnis an. Wahrscheinlich recht selten bei Luca. Der Rothaarige stand auf und hockte sich neben die Studentin. "Ich muss auch langsam los, bevor Kaoru mich umbringt." Er schaute nervös auf die Uhr. "Sehen wir uns heute Abend?" Luca sah ihn verwirrt an. "Heute?" "Also, heute ist ein Fest, das Tanabata in Hiratsuka, und ich dachte, wir könnten da hingehen?!" Die junge Frau blinzelte ihn verdutzt an. "Nach dem ganzen Theater willst du noch mit mir ausgehen?!" Er lächelte verschmitzt. "Ich denke ja. Wir könnten Naomi auch mitnehmen." Die Studentin grinste. "Ist okay. Holst du uns ab?" "Um acht?" Luca nickte lächelnd. Der Gitarrist wuschelte ihr durch die Haare und ging. Kapitel 5: Das verlorene Handy ------------------------------ Kohta warf einen Blick auf die Uhr, als er vor der geschlossenen Tür des Make Rooms stehen blieb. Es war zehn nach drei. Zum Glück war er pünktlich. Er wollte gerade die Tür öffnen, als diese von innen aufgerissen wurde und ein leicht angesäuerter Jun vor ihm stand. "Kohta!", brummte der Gitarrist mürrisch. "Wo um alles in der Welt hast du gesteckt?" Er sah sich kurz im Flur um. "Und wo ist Kirito?" "Eh?", entgegnete der Bassist irritiert. "Ist Onii etwa noch nicht da?" Dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Er hatte seinen Bruder vergessen! "Erm... eh...", stammelte er. "Also, das war so..." "Komm erst mal rein." Jun trat beiseite, um den Blonden vorbei zu lassen. "Oi!", rief Aiji aus einer der hintersten Ecken des Raumes. "Auch endlich da?" Takeo, der neben ihm saß, zog missbilligend eine Augenbraue hoch. Kohta nickte bloß und marschierte direkt auf den Wasserkocher zu, der auf einem Tisch neben Aiji und dem Schlagzeuger stand. "Onii müsste auch gleich kommen." "Was heißt hier 'müsste'? Wo ist er?", wollte Takeo von dem Bassisten wissen. "Noch bei Naomi, schätze ich." "Naomi?", fragte Jun irritiert. "Wer ist... ah!" Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Die süße Musikstudentin von gestern! Ich wusste doch gleich, dass er auf sie steht!" Er kicherte verhalten. Takeo sah die beiden verständnislos an. "Wer ist Naomi?" "Ein ganz süßes Mädel", antwortete der Gitarrist, dann zwinkerte er Kohta zu. "Kohta und ich wären sicherlich auch nicht so ganz abgeneigt. Aber ihre Freundin ist auch nett. Ein ziemlich heißer Feger. Die beiden würden dir bestimmt auch gefallen." Der Schlagzeuger zog eine Augenbraue hoch. Zu dumm, dass er am Vorabend nicht mit den anderen im 'Lexington Queen' gewesen war. Anscheinend hatte er eine ganze Menge verpasst. "Na, dann erzählt mal was!" "So viel gibt es da auch nicht zu erzählen", druckste Kohta herum. Seufzend setzte er sich auf einen Stuhl. Jun grinste breit. "Also...", begann er theatralisch. "Die beiden kommen aus Deutschland und sind seit März für ein Auslandsstudium hier in Japan. Sie sind beide so um die 1,60 m groß... schlank... sehr hübsch. Naomi hat hellbraune Haare, grüne Augen und studiert Musik. Luca hat lange schwarze Haare und blaue Augen. Sie studiert Design." "Aha..." Takeo glaubte nicht, dass das alles war. "Und was noch? Was ist passiert? Wie habt ihr die beiden kennen gelernt?" "Dai hat sie mit angeschleppt, keine Ahnung, wo er sie aufgegabelt hatte", erwiderte Jun grübelnd. "Allem Anschein nach hat sich Luca anfangs ein wenig unwohl gefühlt, aber das hat sich recht schnell gegeben. Ich habe mich mit Naomi unterhalten, bis Kirito mit weggescheucht hat. Die beiden sind unheimlich süß und vor allem Naomi scheint ziemlich tollpatschig zu sein." Aiji nickte zustimmend. "Erinnert mich ein wenig an Kiricho", meinte er grinsend. "Abgesehen davon, dass es fast eine Schlägerei gegeben hätte", warf Kohta amüsiert ein. "Erst wollte sich Kyô auf Luca und Daisuke stürzen, Naomi hat sich eingemischt und bevor der Kleine ernsthaft auf sie losgehen konnte, ist Onii dazwischen gegangen." Der Schlagzeuger seufzte und sah die anderen neidisch an. "Wirklich schade, dass ich gestern nicht mit konnte. So wie es aussieht, habe ich sehr viel verpasst." Aiji schlug ihm aufmunternd auf die Schulter. "Ah was... du lernst die beiden schon noch kennen." In diesem Moment wurde die Tür schwungvoll geöffnet und Kirito stürmte herein. "Uh oh...", gluckste Jun. "Da konnte sich jemand aber nur schwer trennen, wie mir scheint." Der Sänger warf ihm einen düsteren Blick zu, dann ging er auf seinen Bruder zu und drückte ihm seinen Terminplaner in die Finger. "Hier, den hast du bei Luca und Naomi vergessen." Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Der Bassist blinzelte und legte den Timer dann neben sich. "Und", meinte er schmunzelnd, "wie war es mit Naomi?" "Wie war was mit Naomi?", gab der Sänger düster zurück. "Nachdem du uns im Schlafzimmer eingesperrt hattest, haben wir getrennt geschlafen." "Du hast die beiden im..." Aiji sah Kohta entsetzt an, dann schlug er dem Bassisten anerkennend auf die Schulter. "Alle Achtung, du traust dich echt was...", grinste er. Kohta seufzte. "Ja, aber ich muss da ja auch mal ein bisschen nachhelfen, oder? Ich meine, sonst bleibt Onii ja noch lange allein..." "Ist das vielleicht meine Entscheidung?", entgegnete Kirito grimmig. "Außerdem kenne ich Naomi so gut wie gar nicht." "Dann lernst du sie eben kennen", stellte Jun sachlich fest, als wäre es das Normalste der Welt. "Aber ich würde sagen, dass die Presse erst mal nichts davon erfährt. Ansonsten hat die Ärmste ja bald keine Ruhe mehr." Jemand klopfte an die Tür und rief ihnen zu, dass sie sich beeilen sollten, weil die Reporterin in wenigen Minuten ankommen würde. "Wir reden später darüber", drohte Kirito und verließ den Raum vor den anderen, die ihm teils verwundert, teils grinsend nachsahen. Die Musikstudentin zog ein langes Gesicht, als sie die Küche mit einer großen Tasche beladen wieder betrat. "Hast du noch irgendwas, das gewaschen werden muss?", fragte sie mürrisch. Luca schaute verträumt in die Luft. "Öhm... klar, immer", antwortete sie sanft. "Gehst du waschen?" "Würde ich sonst fragen?", gab Naomi schnippisch zurück und ließ die Tasche auf den Boden fallen. "Gib mir die Sachen einfach, dann wasche ich für dich mit." Die Dunkelhaarige stand auf. "Ich komme mit", erklärte sie, "so kann man dich ja nicht auf die armen kleinen Japaner loslassen." "Brauche ich neuerdings einen Wachhund, um Wäsche zu waschen?", wunderte sich die Brünette grummelnd, widersprach aber nicht weiter, sondern ging noch einmal ins Schlafzimmer. "Also, was musst du gewaschen haben?", fragte sie laut, sich nach einer weiteren Tasche umsehend. Sie blinzelte verwirrt, als ihr etwas auffiel, das neben ihrem Nachttisch lag. "Ah... ich stopf mein Zeug schon selbst irgendwo rein." Luca betrat das winzige Schlafzimmer und schaute Naomi an, die auf etwas starrte. "Was los?" Die Musikstudentin ließ sich auf die Knie fallen und kroch langsam zum Nachttischchen. Das sah verdächtig nach... Shit! "Kirito hat sein Handy hier vergessen...", murmelte sie. "Muss ihm wohl aus der Tasche gefallen sein oder so." Luca sah ihre Freundin breit grinsend an. "Er wird schon einen Tag ohne das Ding auskommen." Dann stupste sie die Brünette an. "Sieh es von der positiven Seite." Naomi hob das Handy auf und steckte es in ihre Tasche. Sie würde es ihm zurückgeben müssen. Schließlich brauchte er es sicher. "Inwiefern?", wollte sie von Luca wissen. "Was hab ich davon, wenn er sein Handy hier vergisst?" "Na, du wirst ihn wieder sehen", antwortete die Dunkelhaarige mit einem süffisanten Lächeln. "Vielleicht heute Abend? Auf dem Fest?" "Welches Fest?" Luca stopfte irgendwelche Unterwäsche in eine kleine Hello-Kitty-Tasche. "Tanabata... mit Sterne gucken und so weiter." "Wer sagt, dass ich da hingehen werde? Oder dass er da sein wird?", fragte Naomi mürrisch und holte das Handy wieder aus ihrer Tasche, um es auf den Nachttisch zu legen. Es würde ihr sicher nichts bringen, wenn sie es jetzt mit sich herumschleppte und im Endeffekt selbst auch noch verlor. "Na ja... weil ich Dai zugesagt habe und du ihn ja anrufen könntest...?" Luca schnüffelte an einem Top und drückte es in das kleine Täschchen. "Du könntest Kohta anrufen und nach Kirito fragen." Die Musikstudentin drehte sich zu ihrer Freundin um, mit halb missbilligendem, halb ungläubigem Blick. "Du meinst, ich soll einfach sein Handy benutzen?" "Er ist bestimmt sehr gefragt und braucht als berühmter Künstler sein Handy", entgegnete Luca ruhig und überlegte, wie sie einen Rock in der Tasche verstauen könnte. "Du würdest ihm einen Gefallen tun... ich meine, er ist ganz schön ditschig, oder?!" Naomi zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. Was solche Dinge anging, wollte sie generell lieber nichts sagen, schließlich war sie selbst nicht besser. Nicht umsonst hatte ihr Luca diverse Spitznamen in dieser Richtung gegeben, wobei 'Ditsch' noch das harmloseste war. "Okay", räumte sie schließlich ein. "Aber erst, wenn wir vom Waschen zurück sind." Luca schnappte sich eine größere Tasche - vielleicht um etwa 10 cm breiter als die jetzige - und stopfte Rock und Hello-Kitty-Tasche hinein. "Aber was ist, wenn er es ganz ganz ganz gaaaaaaaaaanz dringend braucht?", fragte sie und freute sich über ihren Einfallsreichtum mit den Taschen. "Ich meine, er kann uns ja auch nicht erreichen..." "Wenn er intelligent ist, kann er ja auch auf seinem Handy anrufen", brummte die brünette Studentin. "Außerdem weiß er doch, wo wir wohnen." Als sie Lucas Blick sah, seufzte sie. "Ja, ist ja schon gut..." "Wir reden hier von Kirito, oder?", fragte Luca grinsend. "Willst du damit sagen, dass er nicht intelligent ist?", entgegnete Naomi, als sie sich auf ihren Futon setzte und das Handy wieder an sich nahm. "Vielleicht hat er nur einfach noch nicht bemerkt, dass sein Handy nicht da ist." "Ich glaube, er ist ein Schussel", sagte Luca und setzte sich zu ihrer Freundin. Sie nahm Naomi das Handy ab und suchte nach Kohtas Nummer. Die Musikstudentin sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. "Was machst du da?", verlangte sie von Luca zu wissen und versuchte, das Handy zurückzubekommen." Luca drückte im richtigen Moment auf die Taste und gab der Brünetten das Handy. "Starthilfe!" Naomi sah ihre Freundin verwirrt an, hielt sich das kleine Mobiltelefon dann jedoch ans Ohr und zuckte fast erschrocken zusammen, als Kohta antwortete. "Ah... Kohta-kun... hier ist Naomi...", meinte sie mit leicht zittriger Stimme. "Ja... von gestern Abend... was? Oh... Kirito hat sein Handy bei uns vergessen... wir fahren heute Abend zum Tanabata in Hiratsuka, können wir uns dann da treffen, damit ich ihm sein Telefon geben kann?" Sie hörte ihm eine Weile zu und ihr Gesicht wurde zusehends länger. "Da?", fragte sie entgeistert. Wieder lauschte sie seinen Worten, dann nickte sie schließlich, ohne sich dafür zu interessieren, dass er das gar nicht sehen konnte. "Na gut... aber... ja... ist ja okay... bis später." Seufzend beendete sie das Gespräch, warf das Handy auf ihr Kopfkissen und ließ sich nach hinten fallen. Luca schaute ihre Freundin fragend an. "Und? Was hat der kleine Kohta gesagt?" "Er will, dass wir uns dort am Hoshi-Matsuri-Baum treffen...", murmelte Naomi tonlos und verbarg ihr Gesicht in den Händen. "Ist doch schön", sagte Luca grinsend und stand auf. "Aber jetzt gehen wir waschen." "In Ordnung... aber was soll daran schön sein?" Naomi rappelte sich auf und holte ihre Tasche aus der Küche, bevor sie sich zur Tür begab, um ihre Schuhe anzuziehen. "Na ja... du siehst Kirito wieder", meinte die Dunkelhaarige schmunzelnd, schnappte sich ihre eigene Tasche und verließ die Wohnung. Die brünette Studentin verdrehte die Augen und folgte ihrer Freundin. "Kann ich den nicht auch woanders wieder sehen? Ich ahne sowieso schon, wie das enden wird...", murmelte sie. "Kohta wird wieder die ganze Zeit über Match-Maker spielen wollen und mit unserer Tollpatschigkeit schlagen wir uns wahrscheinlich halb die Köpfe ein." Sie schüttelte den Kopf. "Dass ich ihn sehen werde, ist ja klar... schließlich muss ich ihm sein Handy zurückgeben. Aber warum muss es ausgerechnet dort sein?" "Keine Ahnung... passt wahrscheinlich", antwortete Luca. "Für Kohta sicher..." Naomi verzog das Gesicht. "Das heißt aber noch lange nicht, dass ich das gut finden muss, oder?" "Wie du meinst... also hab ich freie Bahn bei Kirito?" "Was?!" "Also hab ich freie Bahn, oder?", fragte Luca ernst. "Ich finde ihn ganz niedlich." Naomi blieb stehen und funkelte ihre Freundin an. Am Vorabend hatte es nicht den Anschein gehabt, als hätte Luca etwas für den blonden Sänger übrig. "Niedlich?! Das ist nicht dein Ernst." "Doch." Die brünette Studentin blinzelte ein paar Mal, dann ging sie ruckartig und hoch erhobenen Hauptes weiter. "Mach doch, was du willst..." "Okay..." Luca lächelte nicht und blieb ernst. "Du könntest mir aber ein paar Tipps geben." Naomi fuhr herum und sah Luca mit hochgezogener Augenbraue an. "Und warum sollte ich das tun?", schnaubte sie. "Finde doch selbst heraus, was du wissen musst!" "Aber du weißt doch so viel über ihn", sagte die Dunkelhaarige schmollend. "Ich dachte, du bist meine Freundin." "Und was hat das jetzt damit zu tun?", zischte Naomi. "Woher soll ich wissen, ob das alles stimmt, was ich gelesen habe?" Sie fuchtelte mit der freien Hand über ihrem Kopf herum. "Außerdem dachte ich, du hättest was mit Dai!" Wütend drehte sie sich um und ging weiter. "Höh... Daisuke?", fragte Luca verwirrt. "Nö, wir sind nur Freunde... glaube ich... ich meine, ich kenne ihn erst seht heute Morgen einigermaßen... aber ich meine, Kirito... der ist heiß!" Sie folgte ihrer Freundin. "Also, hilfst du mir?" "Ich bin nicht für deine Männergeschichten zuständig!", brummte die Musikstudentin und ging noch etwas schneller. Gott, ich bin so dämlich!, dachte sie wutschnaubend. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie wusste nicht, ob es aus Wut oder einem anderen Grund war. Eigentlich war es ihr egal. Sie beschleunigte ihre Schritte erneut, da sie nicht wollte, dass Luca es sah. "Wieso bist du denn jetzt so zickig?", fragte Luca genervt. "Du willst doch nichts von ihm, oder?!" Sie lief ihrer Freundin nun fast hinterher. "Habe ich das gesagt?" "Na, ich dachte, wenn du es nicht magst, dass Kohta versucht, eurem Glück nachzuhelfen, ist es dir egal." Luca hielt sich die Seite. Sie war es nicht gewohnt, so viel zu laufen und auch noch so schnell. Naomi blieb ruckartig stehen, mit dem Ergebnis, dass Luca mit ihr zusammenstieß. "Ich habe nicht gesagt, dass es mir egal ist! Aber muss ich deswegen mit seinen Methoden einverstanden sein? Ich meine... er hat uns im Schlafzimmer eingesperrt! Das ist doch keine Art... außerdem... Kirito mag mich wahrscheinlich nicht einmal!" Mittlerweile schrie Naomi fast und nun war es ihr egal, dass ihr eine Träne die Wange hinunterlief und Luca es sehen konnte. Luca hielt sich die Stirn und schaute ihre Freundin lächelnd an. "Glaubst du wirklich, Kirito ist der Typ Mensch, der sich mit Leuten, die er nicht mag, unterhält und dann auch noch auf ihrem Futon schläft? Ganz zu schweigen davon, dass er fast da geblieben wäre, wenn er den Termin nicht gehabt hätte." Sie strich Naomi die Träne von der Wange. Die Brünette schluchzte leise auf. "Woher soll ich das wissen? Ich kenne ich doch nicht mal!" "Und heute ist die beste Gelegenheit, ihn kennen zu lernen, oder glaubst du, so was kommt vom zu Hause herumsitzen und dem Nachdenken Was wäre wenn?" Luca nahm ihre Freundin in den Arm. "Dachtest du, ich meine es ernst... das mit Kirito?" Die junge Frau klammerte sich förmlich an Luca fest und nickte. "Baka...", meinte Luca. "Ich weiß, dass du mir 'ne Menge zutraust... aber so was... böses Naomi." Sie wuschelte ihr durch die hellbraunen Haare. "So, jetzt hörst du aber mit dem Geheule auf... sonst hast du ganz zugeschwollene Augen... und das ist nicht sehr erotisch..." Sie machte sich ein wenig von ihrer Freundin los und reichte ihr ein Taschentuch. "Was sollen denn die Jungs von mir denken... dass ich ein Despot bin und dich zum Heulen bringe?" "Danke...", murmelte Naomi leise und nahm das Taschentuch entgegen, um ihre Tränen wegzuwischen. "Ich weiß nicht... was da gerade in mich gefahren ist... tut mir Leid." "Ganz einfach: Du bist in Kirito verknallt und ich war grad mehr oder weniger in deinem Revier", sagte Luca munter und schaute die Musikstudentin an. "Verknallt würde ich nicht gerade sagen... ich weiß nicht, das kann ich erst sagen, wenn ich ihn besser kenne... falls..." "Kein Falls... schon mal was von Optimismus gehört?" Naomi putzte sich die Nase und stopfte das Taschentuch achtlos in ihre Hosentasche. Sie musste fast lachen. "Optimismus?", fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. "Was ist das? Kann man das essen?" "Ja... am besten schmeckt es mit einem Schuss Glücklich sein." Luca schnappte sich das Handgelenk ihrer Freundin und zog sie hinter sich her. "Wir sollten uns beeilen, Dai kommt gegen acht." Kohta zuckte schuldbewusst zusammen, als sein Handy klingelte. Er murmelte eine Entschuldigung und lief schnell aus dem Raum, wobei er versuchte, die vorwurfsvollen Blicke der anderen zu ignorieren. Draußen nahm er das Gespräch entgegen, ohne auf die Nummer im Display zu achten. "Ja, bitte?!" Es war Naomi. Er wunderte sich darüber, woher sie seine Handynummer kannte. Als sie ihm schließlich erklärte, dass sein Bruder sein Telefon bei ihr vergessen hatte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Klar können wir uns beim Tanabata treffen!", kicherte er. "Am besten an einem Ort, wo man sich nicht so schnell verpasst… wie wäre es mit dem Hoshi-Matsuri-Baum?" Er lauschte ihrer Antwort, die weniger begeistert klang als er gehofft hatte, aber das war ihm gerade egal. "Genau da", meinte er. "Oder fällt dir etwas anderes ein? Wenn ich jetzt sage, wir treffen uns am Soba-Stand, finden wir uns nie, weißt du wie viele es da gibt? Der Baum ist wirklich die beste Möglichkeit." Sie unterhielten sich noch einen kurzen Moment, dann verabschiedete er sich von ihr, weil er ja eigentlich noch zu tun hatte. Mit einem breiten Grinsen stellte er sein Handy dann auf lautlos und steckte es in die Hosentasche. Das war mal wieder typisch für seinen Bruder, sein Handy zu verlieren. Und dann noch bei Naomi… so ein Zufall. Vermutlich war Kirito noch nicht einmal aufgefallen, dass er es nicht mehr hatte. Der Bassist lachte leise vor sich hin, als er den Raum wieder betrat und sich bei den anderen für die Unterbrechung entschuldigte. Also, heute abend auf dem Tanabata… das war wirklich passend. Zwar wusste er, dass Onii nicht sehr begeistert davon war, dass er ihn irgendwie mit der Studentin zusammen bringen wollte, aber das hielt ihn natürlich nicht davon ab. Dafür machte es ihm einfach zu viel Spaß! Außerdem wusste er, dass sein Bruder etwas für die junge Frau übrig hatte, auch wenn er das nicht zugeben wollte. Kohta seufzte und versuchte, sich auf das Interview zu konzentrieren, was gar nicht so einfach war. Er würde irgendwie versuchen müssen, Kirito dazu zu überreden, dass er mit zum Tanabata kam. Im Notfall würde er ihn einfach dorthin schleifen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Kapitel 6: Auf nach Hiratsuka ----------------------------- Naomi drehte sich vor dem Spiegel hin und her, zog eine Augenbraue hoch und betrachtete argwöhnisch ihr eigenes Abbild. "Steht mir das?", fragte sie Luca unsicher, welche gerade damit beschäftigt war, ihren Obi zu binden. Luca grinste. "Und wie! Ist ja auch auf dich zugeschnitten." Die Designstudentin richtete den Obi sorgfältig, band Naomi die vier dünnen Ledergürtel quer über den Obi, zog den Yukata etwas zurecht, so dass man die Schultern der Brünetten gut sehen konnte, und verzierte ihn mit einigen Kettchen. Die Ärmel waren halb zerfetzt und das ganze Outfit wirkte wie aus einem coolen japanischen Musikvideo oder der Gothic & Lolita Bible. "Ist das nicht etwas zu... aufreizend?", fragte Naomi zweifelnd. Die Dunkelhaarige schaute ihre Freundin an. "Okay, nur noch die Haare und die Strapse." Ruckartig drehte Naomi den Kopf zu Luca. "Strapse?!" "Ja, Strapse... und zwar zerrissene..." Sie wuselte gerade an Naomis Kopf herum und steckte ihr die Haare mit unzähligen Spangen und Geisha-Haarschmuck hoch. "Die Leute sollen doch meine Outfits sehen", sagte sie ernst. "Ah ja..." Die Studentin hüpfte von dem kleinen Hocker. "Dein Make-up." "Auch noch!" Die Brünette sah ihn den Spiegel und zog eine Grimasse. "Irgendwie sehe ich aus wie eine Geisha... meinst du nicht?" Luca verzog das Gesicht. "Wenn du meinst... ich ziehe es dir ja schon wieder aus." Naomi drehte sich noch einmal im Kreis und sah an sich herab. "Ich bin es halt nur nicht gewohnt, so viel Haut zu zeigen, das ist alles. Darf ich denn wenigstens etwas mitnehmen, das ich drüber ziehen kann?" "Nein, das macht alles kaputt." Naomi seufzte. "Hauptsache, man sieht nicht allzu viel von dem, was man eigentlich nicht sehen soll." "Tut man nicht... außerdem stehen japanische Männer auf genau das..." Sie begann, ein zartes Kettchen um Naomis Hals zu hängen, das ihren Nacken herunterfiel. Die junge Brünette rümpfte die Nase. "Na, dann bin ich ja mal gespannt, was die anderen davon halten..." "Entweder finden sie dich toll... oder sie bieten dir Geld für na ja... zwielichtige Leistungen..." Naomi blinzelte. "Ich glaube, ich will es lieber nicht so genau wissen." "Keine Sorge, meins ist auch nicht besser." Luca hielt ihrer Freundin einen hellblauen Yukata hin. "Hilfst du mir?" Mit einem Nicken nahm die Musikstudentin das Kleidungsstück an sich. "Ist der auch so kaputt?" Naomi begann ihrer Freundin beim Anziehen und Zurechtmachen zu helfen. "Nein...", entgegnete die Dunkelhaarige. "Deiner ist ja eher der Goth/Punk-Yukata... mit einem Spinnennetz-Muster und in Schwarz. Meiner hat eher ein anderes Motto... viele Tribals, Ketten und so." "Halt mal...", meinte Naomi zu Luca als sie den Obi binden wollte. "Du meinst also, ich falle mehr in die Goth- und Punk-Kategorie, ja?" Sie band eine elegante Schleife und trat zurück, um ihr Werk zu begutachten. "In welche fällst du dann?" "Mit dem Ding ja." Luca überlegte kurz. "Ich bin dann mehr der bitchy Hip-Hop-Typ." Naomi grinste breit. "Wenn man uns sonst sieht, sollte man das gar nicht meinen", sagte sie und legte den Kopf ein wenig schief. "Rollentausch, oder wie?" "So ungefähr." Luca grinste. "Machst du bitte noch diese Kettchen an dem Obi fest?" "Klar." Die Dunkelhaarige überlegte einen Moment. "Obwohl... ich bin ja eigentlich nicht Goth... aber bitchy trifft schon auf dich zu." Sie streckte Naomi die Zunge raus. "Was willst du mir damit sagen?", murmelte die Musikstudentin, als sie gerade eine Kette an dem Obi befestigte. "Nöx", antwortete Luca grinsend. "Schon klar", brummte die Brünette, dann fiel ihr etwas ein. "Warte mal eben kurz, bitte." Schnell lief sie aus dem Raum. "Als ob ich mich gerade bewegen könnte", seufzte Luca und verdrehte die Augen. Nach wenigen Momenten kam die junge Musikstudentin zurück, beide Arme hinter dem Rücken, und stellte sich grinsend vor ihre Freundin. "Mach die Augen zu." Luca hob eine Augenbraue. "Okay... aber ich traue dir nicht." Sie schloss langsam die Augen und stand angespannt auf ihrem Hocker. Naomi achtete gar nicht auf den letzten Kommentar, sondern stellte sich einfach auf die Zehenspitzen, legte beide Arme um Lucas Hals und hakte den Verschluss einer Kette ein. Sie zupfte ein wenig daran, so dass sie richtig hing, dann trat sie einen Schritt zurück. "Jetzt darfst du die Augen wieder aufmachen." Luca schaute ihre Freundin verständnislos an und sah dann auf das Kettchen, an dem ein Anhänger mit dem Kanji für Freundschaft hing. "Womit habe ich das verdient?", fragte sie verwirrt. "Ist schon Weihnachten?" Naomi lachte auf. "Otanjoubi omedetou gozaimasu!", meinte sie dann und umarmte Luca vorsichtig, um ihr Outfit nicht direkt wieder zu ruinieren. "Nach dem ganzen Theater gestern und heute hätte ich das fast vergessen." Luca starrte nun verwirrt in die Luft. "Was vergessen?" Ihr schien tatsächlich etwas zu entgehen. Die Musikstudentin verdrehte die Augen und stupste ihre Freundin in die Seite. "Jetzt sag nicht, du hast deinen eigenen Geburtstag vergessen?", meinte sie ungläubig. "Geburtstag..." Luca überlegte und man konnte den Lärm in ihrem Kopf fast hören. "Ich habe Geburtstag?", fragte sie irritiert. Dann fiel endlich der Groschen. "Ich habe tatsächlich GEBURTSTAG!!!!!" Glücklich fiel sie ihrer Freundin um den Hals, so dass beide auf dem Boden landeten. "Arigatou!", fiepte Luca und begann Naomi zu knuffen. "Hai... doumo...", ächzte die Brünette, "aber erstens erwürgst du mich gleich, zweitens ruinierst du gerade unsere Outfits." Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Aber wenn du schon deinen Geburtstag heute vergessen hast, dann hättest du mich morgen sicher auch vergessen", schmollte sie. "Ah... die Outfits sind egal... und ich hätte dich nicht vergessen... mein Handy sollte mich heute um Mitternacht daran erinnern", erwiderte die Dunkelhaarige keck. "Also doch." Naomi schob ihre Unterlippe noch etwas weiter vor. "Komm, lass uns zusehen, dass wir fertig werden, damit Dai gleich nicht so lange auf uns warten muss." Gerade in diesem Augenblick klingelte es an der Tür. Naomi schnappte entsetzt nach Luft und stieß Luca von sich herunter. "Verdammt!", fluchte sie. "So viel dazu." Sie versuchte ihren Yukata flüchtig wieder zurechtzurücken und lief schnell zur Wohnungstür. Die junge Brünette öffnete die Tür einen Spalt und sah Daisuke davor stehen. "Hey...", meinte sie. "Du bist früh dran." Dai schaute auf die Uhr. "Ich bin pünktlich", antwortete er verwirrt. "Seid ihr fertig?" "Noch nicht ganz", gab Naomi zu und ließ Dai hereinkommen. "Es dauert aber nicht mehr lang." Mit diesen Worten kehrte sie ins Schlafzimmer zurück. "Los, wir sollten uns beeilen." Luca hatte bereits ihren Yukata zurechtgezupft und tapste ihrer Freundin entgegen. "Yo, Dai", begrüßte sie den Rothaarigen. "Hi", antwortete er und schaute die beiden jungen Frauen an. "Was habt ihr da an?", fragte er verwirrt und musterte die beiden von oben bis unten. "Wonach sieht es denn aus?", gab Naomi zurück, während sie schnell ihren Yukata in Ordnung brachte und noch ein wenig Make-up auflegte. "Nach Kostümen aus einem unserer Videos oder Shows..." Er grinste. "Oder nach Kyôs Klamotten." Naomi warf Luca einen vielsagenden Blick zu. "Kyô, huh?" "Höh... was ist mit dem Zwerg?", fragte Luca irritiert. "Ich sehe aus wie er", meinte Naomi stirnrunzelnd. Sie drehte sich um und betrachtete sich kurz im Spiegel. "Okay, eher nicht. Gut." "Jo, du bist größer als er", lachte der Gitarrist. Die junge Frau funkelte ihn an. "Soll das heißen, ich sehe aus wie Kyô?" "Nein, nicht wirklich...", meinte der Rothaarige. "Ich denke, er ist hübscher." Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Vorausgesetzt man steht auf Männer." "Ja, aber ich stehe eher auf Frauen", erwiderte der Musiker grinsend. "So, Mädels. Wollen wir? Wobei ich mich vielleicht umziehen sollte..." "Das kannst du gleich hier tun, wir haben noch ein paar Müllsäcke übrig." Die Musikstudentin stopfte schnell alles, was sie brauchen würde, in ihre Handtasche - natürlich auch Kiritos Handy - und schlüpfte in ihre Zori. Luca stand da und schaute ihre Freundin eine Weile nachdenklich an. "Du meinst, sie sieht aus wie ein kleines seltsames Nadelkissen?", wollte sie von Daisuke wissen. Der Rothaarige zuckte leicht zusammen. "Ano... ano..." Er grinste. "Iie?", sagte er lieb und schaute Luca unschuldig an. "Naomi, ich glaube, wir gehen doch alleine zu diesem Tanabata oder wie auch immer Fest. Andô-san scheint unsere Gesellschaft ja nicht sehr zu schätzen." Der Gitarrist starrte die Dunkelhaarige mit offenem Mund an und sah dann hilfesuchend zu Naomi. Die allerdings hob nur die Schultern. "Okay, Schatz. Was meinst du, wie lange wir mit der Bahn brauchen, bis wir in Hiratsuka sind?" "Ich würde sagen, schon gut zwei Stunden. Sagst du Kohta Bescheid?", fragte Luca und zupfte an ihren Ärmeln. "Vielleicht können sie uns ja dort vom Bahnhof abholen." Naomi nickte und öffnete ihre Handtasche und Kiritos Mobiltelefon herauszuholen. Dai starrte von einer zur anderen. "Kohta?", fragte er plötzlich. "Wieso Kohta?" "Du musst einfach nur anrufen und sagen, dass Dai gemein war... vielleicht unternimmt Kirito dann was dagegen." Die Brünette musste grinsen. "Das tut er bestimmt." "Kohta?" Der Rothaarige verstand die Welt nicht mehr. "Und... Kirito?" "Ja", meinte Naomi. "Soll ich es dir aufmalen?" "Im Gegensatz zu Andô-san ist er ja wenigstens ein Gentleman... bedenke, wie er reagiert hat, als Kyô dich angegriffen hat", erklärte Luca. "Stimmt", erwiderte die Musikstudentin. "Und Kohta freut sich sicher auch." "Ja, stimmt... Kohta ist auch ein ganz Netter." Der Gitarrist packte beide Studentinnen an den Handgelenken und ging mit ihnen raus. "Wir fahren jetzt", sagte er ernst und schob sie zu seinem Wagen. "Andô-san, das nennt man Entführung. Soll ich das der Presse melden?", erklärte Luca altklug und schaute ihn entsetzt an. "Das ist eine gute Idee", stimmte Naomi zu, die Kiritos Handy schon längst zur Hand hatte. "Steck das weg", zischte Dai die Brünette an, nachdem er die Beifahrertür geöffnet und Luca mehr oder minder hineingeworfen hatte. Er ging um das Auto herum, öffnete die Hintertür und schaute Naomi herausfordernd an. "Oi!", rief die Musikstudentin aus. "Behandelt man so eine Frau?" Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Was ist eigentlich mit dir los? Austeilen kannst du, aber einstecken nicht?" Luca schob ihren Kopf aus dem Fenster. "ich glaube, wir haben seinen wunden Punkt erwischt...", meinte sie. "Kirito." Dai zuckte zusammen und lächelte sanft. "Naomi-san, wärst du so liebenswürdig und würdest mir die Ehre erweisen, in mein Auto einzusteigen, damit wir alle zusammen zu dem eigentlich nett geplanten Ausflug fahren können?" "Versprichst du auch, dass du dich uns gegenüber anständig verhältst?" Seine Augen funkelten leicht und er sah sie sanft an. "Aber natürlich, als wärt ihr meine Schwestern." "Luca, was sagst du?" Die Dunkelhaarige schaute verwirrt. "Schwestern? Also, wenn ich deine Schwester bin..." Sie grinste fies. "Onii-chan... wollen wir endlich los?!" Der Rothaarige seufzte. "Ja, wir wollen und du bekommst einen riesigen Lolli." Naomi nickte und stieg nun endlich ein, nachdem ihre beste Freundin einverstanden war. Das Handy, das sie noch immer in der Hand hatte, legte sie neben sich auf die Rückbank. "Onii-chan, du bist aber ein Hentai." Der Gitarrist begann zu lachen. "Schon gut... ich hab's ja verstanden." "Ihr spinnt doch beide!", brummte die Brünette und schnallte sich an. Luca drehte sich zu ihrer Freundin um und grinste. "Tut mir Leid, aber einige Vorlagen kann ich einfach nicht ignorieren." "Wieso tut dir das Leid? Ich weiß doch eh, dass du spinnst", erwiderte Naomi schmunzelnd. "Aber deswegen passen wir ja so gut zusammen", warf Dai ein, fuhr los und schaltete das Radio an. Luca blinzelte perplex. "Was...?" Sie lächelte. "Schon okay..." Naomi seufzte und umklammerte ihre Handtasche. "Wie lange brauchen wir ungefähr bis Hiratsuka?" "Etwa anderthalb Stunden." Dai schaltete auf einen anderen Radiosender um. "Ich hasse diesen Song." Er klickte Kiritos Stimme weg, welche durch eine typische japanische Mädchenstimme ersetzt wurde. "Und ich hasse dich", grummelte Naomi. "Das war mein Lieblingslied!" "Naomi-chan, hast du was gesagt?", fragte er unschuldig. "Nenn mich nicht Naomi-chan. Was hast du überhaupt gegen Kirito?" "Nichts Wirksames, was mich nicht ins Gefängnis bringen würde. Luca drehte sich zu ihrer Freundin um. "Was los?", fragte sie auf Deutsch. "Ich find den grad ganz fürchterlich doof", antwortete die Brünette in derselben Sprache. "Hätten wir nicht doch lieber mit dem Zug fahren können?" "Klar, und 170 Minuten im Zug hocken?" "Dir ist es lieber, wenn er mich auf die Palme bringt?" "Ihr seid beide süß", sagte Luca strahlend und drehte sich wieder nach vorne. "Der da", meinte Naomi und deutete auf Dai, "ist kein bisschen süß." "Daisuke... ich würde mir den Song von Kirito gerne anhören, nur so zum Vergleich, wer von euch besser ist", erklärte die Dunkelhaarige lieb und schaltete wieder um. Dann drehte sie sich zurück zu ihrer Freundin. "Zitat Naomi: Dai ist scharf. Zitat Ende." "Was?" Der Rothaarige brummte etwas vor sich hin und ließ die Pierrot-Musik laufen. "Das waren deine Worte." Dann schaute Luca Dai mit großen Augen an. "Arigatou!" "Wann habe ich das gesagt?" Der Gitarrist grummelte und beschleunigte sein Auto. "Gestern... als ich über ihn hergezogen bin und meinte, er sieht schrecklich aus." Daisuke drehte sich langsam zu ihr. "Du hast was gesagt?" Die dunkelhaarige Studentin hatte gar nicht bemerkt, dass sie nun wieder auf Japanisch sprach. Sie schaute dem Rothaarigen in die Augen. "Na ja... öhm... da mochte ich dich noch nicht, Dai", versuchte sie, sich herauszureden und funkelte Naomi an. "Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?", fragte die Brünette. Dai drehte sich wieder zur Straße hin und grinste. "Wirst ja langsam zu meiner Traumfrau." Luca zuckte zusammen, schaute ihre Freundin an und drehte sich nach vorne, ohne die beiden noch einmal anzusehen. Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Wäre ich doch nur zu Hause geblieben...", murmelte sie fast unhörbar. Kapitel 7: Tanabata ------------------- Als sie endlich ankamen, schickte Naomi ein stummes Stoßgebet zum Himmel, dass sie die Fahrt heil überstanden hatte. Sie hoffte nur, dass sich die Rückfahrt anders gestalten würde, notfalls würde sie den Zug nehmen. Noch einmal würde sie sich eine solche Szene wie vorhin mit Dai nicht antun, jedenfalls nicht freiwillig. "Sei mir nicht böse, Schatz", meinte sie auf Deutsch zu Luca. "Aber noch mal muss ich das nicht haben, wenn es sein muss, fahre ich später mit dem Zug zurück." "Du bist doch nur sauer, weil er Kiri anscheinend nicht mag", antwortete diese und grinste Dai zu. "Das hat damit nichts zu tun. Ich denke eher, dass er mich nicht mag." "Das stimmt nicht... er mag dich." Luca drehte sich zu Dai um. "Sag mal, magst du Naomi?" Der Rothaarige stutzte kurz. "Klar, wieso sollte ich nicht?" Luca wandte sich wieder zu ihrer Freundin, lächelte und sah sie mit ihrem typischen Siehst du-Blick an. "Weil du dich nicht so benimmst", giftete Naomi ihn an. Dai schaute sie an. "Wann habe ich mich so benommen?", fragte er ruhig. "Die ganze Zeit, seit du bei uns angekommen bist?" "Was?" Er schaute sie verständnislos an. "Bitte genauer... du hast dich ja wohl aufgeführt wie eine kleine Furie." "Furie", wiederholte Naomi stirnrunzelnd. "Ist klar." Luca hielt sich die Stirn und schüttelte den Kopf, bevor sie einen letzten Blick auf die beiden warf und unbemerkt zum Baum ging. "Ja. Ich war doch höflich", entgegnete der Rothaarige. "Ich weiß gar nicht, was du hast." "Klar. Indem du mich beleidigst." "Wann habe ich dich beleidigt?" Er zündete sich eine Zigarette an und bot Naomi ebenfalls eine an. "Weil ja Kyô so viel hübscher ist und ich weiß nicht mehr genau, was noch alles!", schimpfte sie, blinzelte kurz verwirrt und nahm dann die Zigarette an. "Arigatou", murmelte sie verblüfft. "Gerne." Er gab ihr Feuer. "Man, wenn du mir das auch noch abnimmst, weiß ich auch nicht." Er schüttelte den Kopf. "War doch nur 'n Joke." Naomi seufzte. "Ist gut... ich hab vielleicht ein wenig überreagiert... tut mir Leid. Friede?" Sie streckte ihm die rechte Hand entgegen. "Friede", sagte er grinsend und nahm ihre Hand. "Also Luca, können wir los?", sagte er glücklich und drehte sich um, wo die junge Frau bis eben noch gestanden hatte. "Du... Naomi?" "Ja?" Die Studentin sah sich um und stellte ebenfalls fest, dass Luca nicht mehr bei ihnen war. "Wo ist sie?" Sie zuckte mit den Schultern und sah sich weiterhin um. "Vielleicht ist sie schon vorgegangen?" "Möglich." Er blinzelte verwirrt. "Wollen wir dann auch mal?" "Okay." "Sag mal, Naomi", fragte er und zog an seiner Zigarette. "Was erzählt dir Luca so von mir?" "Hm?" Die junge Frau sah ihn verwundert an. "Gar nichts, warum?" "Oh... nur so." Er verzog seine Lippen zu einem Schmollmund. "Und wie gefällt dir Tokyo so?" "Tokyo ist toll", antwortete sie begeistert. "Obwohl ich noch nicht so wirklich viel gesehen habe, da wir ja erst seit drei Monaten hier sind und meist entweder in der Uni sind oder lernen." "Ah so..." Er überlegte und schaute zu den Ständen. "Hast du Hunger?" "Sollen wir nicht lieber erst mal sehen, wo Luca ist?" "Öhm... klar", erwiderte er und ging weiter. "Wir wollten uns ja schließlich an dem Hoshi-Matsuri-Baum treffen, auch wenn das nicht meine Idee war", fuhr sie fort. "Ja... genau." "Was ist los, hat dir irgendwas die Sprache verschlagen?", fragte Naomi leicht amüsiert. "Wieso?", fragte Daisuke verwundert. "Weil du gerade nicht sehr gesprächig bist", antwortete sie. "Sie spricht echt nicht von mir?", sprudelte es aus ihm heraus. Die Brünette schüttelte den Kopf. "Nein... aber das wundert mich nicht, das macht sie nur sehr selten." "Sprechen?" Er starrte sie an. "Sie redet doch meist ohne Punkt und Komma." Naomi lachte kurz auf. "Ich weiß", sagte sie. "Ich meinte auch, dass sie nur sehr selten über Männer spricht, vorausgesetzt sie lernt mal einen kennen." "Oh... wirklich? Kommt das oft vor?" Er hielt an einem Stand und kaufte Udon für sie beide. Sie zog eine Augenbraue hoch und sah ihn an. "Glaubst du im Ernst, wenn sie so gut wie nie was von irgendwelchen Männern erzählt, dass ich dann weiß, ob es viele sind oder nicht?" "Oh... ja, stimmt...", stellte er fest und schob sich etwas von dem Udon in den Mund, nachdem er Naomi ihre Portion gereicht hatte. "Danke." Sie warf ihm einen abschätzenden Blick zu. "Du scheinst ja echt einiges für sie übrig zu haben." "Für wen?" Naomi hatte ihn gerade mal wieder aus seinen Gedanken gerissen. "Über wen sprechen wir denn gerade?", entgegnete die junge Frau grinsend. "Ah... du meinst Luca... äh... na ja, ich denke, wir sind Freunde... oder hat sie was anderes gesagt?" Er schaute sie hoffnungsvoll an. Naomi schüttelte den Kopf. "Ihr kennt euch aber auch gerade mal einen Tag lang...", meinte sie nachdenklich. "Sie ist nicht der Typ Mensch, der direkt eine Beziehung mit Leuten eingeht, die sie nicht kennt." "Denkst du, ich?", fragte er sie wirsch. "Das habe ich gar nicht behauptet!", fuhr sie ihn an. "Wenn du meine Meinung nicht hören willst, dann frag gar nicht erst!" "Gomen", sagte er kleinlaut. "Also, Tokyo... schön hier, nicht?" "Das stimmt, aber das Thema hatten wir schon." Naomi seufzte. Irgendwie war mit dem Gitarristen nicht wirklich was anzufangen, wenn er so in Gedanken versunken war. Was um alles in der Welt hatte Luca mit ihm angestellt? Luca wartete schon seit ungefähr einer halben Stunde an dem Hoshi-Matsuri-Baum. Sie hatte auch schon fleißig einen kleinen Zettel mit ihrem Wunsch an einen Ast des Baumes gebunden. Wenn sie Glück hatte, würde er auch ganz bestimmt in Erfüllung gehen. Gerade als sie etwas abseits gehen wollte, kam ihr Kohta entgegen und grinste breit. "Hey, Sweetie", grüßte er sie und sah sich kurz um. "Wo hast du deine Schwester gelassen?" "Meine Schwester? Kohta, bin ich irgendwie auf deinen Kopf gefallen?", fragte sie verwundert. "Nein...", antwortete er verwirrt. "Warum?" "Weil Naomi meine Freundin ist und nicht meine Schwester." Sie grinste. "Und hast du auch einen Wunsch an das Brautpaar geschickt?" "Denkst du, das weiß ich nicht?", entgegnete der Blonde pikiert. "Natürlich weiß ich, dass sie deine Freundin ist, aber ihr benehmt euch irgendwie so als wärt ihr Schwestern. Und welches Brautpaar meinst du, bitte?" "Vega und ihr Prinz... baka... das Hoshi Matsuri... heute?" Sie lächelte ihn an. "Oder an was denkst du? Wie war das Interview... hat Kirito es noch geschafft?" "Ja, so grad noch", grinste Kohta sie an. "Zwar war er bei dem Interview ziemlich professionell, wie immer, aber danach war er auch ziemlich schnell wieder weg. Hat mal wieder irgendwas vor sich hin gemurmelt... wie jedes Mal, wenn ihn etwas stresst." "Aha... apropos verpeiltes Kirito." Sie schaute an Kohta vorbei. "Wo steckt der Herzensbrecher?" "Sucht verzweifelt sein Handy", erwiderte der Blonde kichernd. "Natürlich habe ich ihm nicht gesagt, wer es hat. Es sollte eine Überraschung sein." "Kohta... ist Kirito überhaupt hier?", fragte sie ernst. In diesem Moment konnten sie einen lauten Fluch hören. Kohta grinste. "Ist er." Die Dunkelhaarige atmete tief ein. "Du bist gemein", schmollte sie den Bassisten an. "Warum?", wollte er wissen und sah sie irritiert an. "Weil ich dachte, du hättest Kirito nicht mitgebracht..." Sie schaute zu dem Typen, der gerade geflucht hatte. "Und wie kommst du darauf, dass ich ihn nicht mitgebracht haben könnte?" "Weil du meintest, er sucht sein Handy und wäre nach dem Interview abgehauen... Kohta... mich verwirrt doch alles so schnell", sagte sie immer noch schmollend. "Das kannst du nicht mit mir machen... ich bin zu alt dafür..." Nun kam Kirito zu ihnen herüber, noch immer irgendwelche Flüche vor sich hin murmelnd. Seinen Bruder ignorierte er völlig. Er sah Luca verwundert an. "Nanu? Kenne ich dich nicht...?", fragte er sie. "Gottchen, du bist doch nicht alt!" Kohta zog die Stirn kraus. "Ja, ich habe dich heute Mittag aus meinem Schlafzimmer geworfen", entgegnete sie zu Kirito, dann drehte sie sich zu Kohta um. "Ich bin 23, wenn das nicht alt ist..." "Wenn du das alt nennst, dann frag mal meinen Bruder", entgegnete der Bassist, nahm dann aber sofort sicheren Abstand zu dem Sänger, der ihn wütend anfunkelte. "Hmm... Kirito ist doch nicht älter als..." Sie musterte ihn und überlegte, ob sie gemein oder nett sein sollte. "25?" Sie hatte sich für nett entschieden... schließlich ging es hier in erster Linie auch um Naomis Zukunft. Kohta lachte laut auf. "Der war gut!", meinte er kichernd. "Mein Bruder ist älter als ich... und ich bin schon älter als 25." "Oi!", hörten sie plötzlich Naomis Stimme rufen. Luca machte große Augen. "Echt?" Dann drehte sie sich in die Richtung, aus der Naomis Stimme gekommen war. "Hey!", rief sie grinsend. "Ihr habt euch also nicht umgebracht?" "Warum hast du nicht gewartet?", beschwerte sich die Brünette, als sie endlich bei ihnen ankam. "Und wie du siehst, leben wir beide noch." Sie zog ihren Yukata zurecht, der beim Laufen ein wenig verrutscht war, und bemerkte dann Kohta und Kirito. Luca lächelte lieb. "Konnichi wa", grüßte Naomi höflich. Dann fischte sie in ihrer Handtasche herum. Nach ein paar Sekunden wurde sie kreidebleich. "Verdammt!", fluchte sie, stellte die Tasche auf den Boden, ging in die Hocke und suchte weiter, wobei sie diesmal recht methodisch vorging und den Inhalt um sich herum auf dem Boden verteilte. Luca grinste. "Naomi, hast du was verloren?" "Ich... ich...", stotterte die junge Frau. "Verdammt!" "Das ist nicht dein Ernst, oder?", meinte Luca panisch und hockte sich neben ihre Freundin. Nun war es ihr zu dumm und sie packte ihre Tasche und schüttete den restlichen Inhalt auf den Boden. "Weißt du, wo ich es zuletzt hatte?" Naomi war den Tränen nah. Das konnte doch nicht wahr sein! Wie konnte ihr nur so etwas passieren?! "Was sucht ihr denn?", wollte Kirito wissen und hockte sich zu den beiden Studentinnen, um ihnen beim Suchen zu helfen. Kohta stand nur da und sah sie ungläubig an. "Ähm...", begann Luca. "Na ja... ähm... Kohta?" "Was denn?", kam die Reaktion von dem blonden Bassisten. "Kohta... du Judas", zischte sie ihn leise an. "Oh Gott... nein...", schluchzte Naomi plötzlich los. "Wie kann mir so etwas passieren?" "Ja, schrecklich, dass du dein Armband verloren hast." Luca schrie fast und schnappte sich ihre Freundin. "Lass uns das Ding suchen gehen." "Was mach ich jetzt nur?", schniefte Naomi, als sie ihrer Freundin stolpernd folgte. "Wir gehen jetzt zu Dais Auto und schauen, ob es da irgendwo ist", antwortete Luca und hetzte zu dem Rothaarigen, der ruhig in einer Ecke stand. "Daisuke... kann ich deinen Autoschlüssel haben?", fragte sie leicht panisch. "Wieso?", fragte er ruhig. "Na, wegen Naomis Armband", antwortete sie hastig. "Sie hängt dran." Der Rothaarige grinste. "Klar." Er zog den Autoschlüssel aus seiner Hose und gab ihn Luca. "Ah ja, wollt ihr das Handy, das Naomi im Auto hat liegen lassen, auch haben?", flüsterte er ihr ins Ohr. Die dunkelhaarige Studentin schaute ihn erschrocken an. "Du hast es?" "Ja", entgegnete er leise und sein Grinsen wurde breiter. "Was bekomme ich dafür?" "Dai", fiepte Luca laut und starrte ihn entsetzt an. Naomi blinzelte irritiert und wischte sich eine Träne weg. "Was ist los?", schniefte sie. Nun kam Kohta zu ihnen herüber. Er hatte es mit Mühe geschafft, seinen Bruder davon zu überzeugen, sich erst einmal herauszuhalten. "Was habt ihr?", wollte er wissen. "Er hat es...", flüsterte Luca. "Hat was?", fragten Naomi und Kohta gleichzeitig. "Kiritos Handy...", flüsterte sie noch leiser. "Das ist nicht dein Ernst", meinte der Bassist dann sah er den rothaarigen Gitarristen an. "Du hast es wirklich?" Er zog eine Augenbraue hoch. "Manchmal bist du echt doof, weißt du das?" "Hey... ich hab nur gehört, dass sie nach einem Armband suchen", verteidigte sich Daisuke. "Und warum hast du ihnen das Handy nicht längst gegeben? Du wusstest doch, dass Naomi es dabei hatte, oder nicht?", zischte Kohta. Er stellte sich neben Naomi und legte ihr beruhigend einen Arm um die Schultern. "Abgesehen davon gehört das Handy meinem Bruder, es wäre besser, wenn du es zurückgibst." Dai reichte Naomi das Handy, so dass Kirito es nicht sehen konnte, und stapfte davon. Irgendwie waren heute alle seltsam und so reizbar. Immer noch ein wenig schniefend nahm die Brünette das Mobiltelefon an sich und drückte es an ihre Brust. Dies war mal wieder einer der Momente, in denen sie Daisuke irgendwie... doof fand. "Komm", meinte Kohta. "Lass uns deine Sachen wieder einsammeln, bevor davon auch noch etwas wegkommt." Luca schaute Dai verwirrt hinterher. "Vielleicht sollte ich ihn zurückholen", meinte sie. "Tu das", murmelte Naomi. "Ich such meine Sachen wieder zusammen. Wir warten dann hier auf euch, ja?" "Ja..." Sie drehte sich zu Naomi um. "Ich glaube, er war wirklich nur verpeilt." Dann lief sie die Treppe hinunter, Dai hinterher. Sie unterhielten sich eine kurze Zeit, wobei der Rothaarige immer wieder grummelnd nach oben zu den anderen schaute, dann nickte er und ging mit ihr zusammen wieder hoch. Derweil gingen Kohta und Naomi zurück zu der Stelle, wo sie ihre Tasche entleert hatte. Kirito wartete dort auf sie und reichte Naomi ihre Handtasche. "Hier... ich habe alles wieder eingepackt. Ich wollte nicht, dass du noch etwas verlierst", meinte er zu ihr, ohne das Handy zu sehen, das sie noch immer fest umklammert hielt. Die brünette Studentin sah ihn verwundert an. "Danke", murmelte sie und nahm ihre Handtasche entgegen. "Ich hab auch... was..." Mit diesen Worten drückte sie ihm sein Mobiltelefon in die Hand. "Du hast es bei uns verloren. Ich schätze, es ist dir aus der Tasche gefallen." Dai ging auf Naomi zu. "Gomen", sagte er kleinlaut. "Ich dachte wirklich, dass es ein Armband war, das du gesucht hast." Die junge Frau wandte sich zu ihm um. "Ist schon okay", meinte sie. "Aber wegen eines Armbands wäre ich sicher nicht so in Panik geraten." "Weiß ich doch nicht... vielleicht war es dir wichtig... man, Frauen und Schmuck halt." Er lächelte verlegen. Kirito blinzelte. "Mein... wo hast du mein Keitai gefunden?" "Vergessen wir das", meinte Naomi zu Dai. "Es lag bei meinem Nachttisch", wandte sie sich dann an Kirito. "Ich bin gerettet!", murmelte der Sänger erleichtert und schenkte Naomi eines seiner seltenen Lächeln. Daisuke nickte stumm und ging zu Luca, die sich bei ihm einhakte. "So... was machen wir nun, Jungs?", fragte sie fröhlich, als ob nichts gewesen wäre. Kirito verstaute sein Handy in einer Tasche, dann sah er Naomi an. "Du siehst... toll aus", meinte er schüchtern. Kohta stimmte ihm lautstark zu und klopfte ihm auf die Schulter. "Ne? Das hab ich mir auch schon gedacht", grinste er seinen Bruder an. "So, ihr zwei Hübschen, dann wünsche ihr euch mal viel Spaß. Und euch auch", rief er Dai und Luca schließlich zu. "Höh? Kohta, du gehst?", fragte Luca erstaunt. Der blonde Bassist nickte eifrig. "Klar!", meinte er. "Mission Handy ist erfüllt, jetzt werde ich ja nicht mehr gebraucht, oder?" "Was denn, du wusstest davon?", fragte Kirito irritiert. "Logo... das war doch der Grund, warum ich dich hierher geschleift habe... unter anderem", grinste Kohta. "Naomi hat mich von deinem Handy aus angerufen und wir haben uns dann hier verabredet, damit du es zurückbekommst und deine Süße auch wieder siehst. Du dachtest doch nicht ernsthaft, dass ich sonst mit dir hierher gefahren wäre?" Luca kicherte. "Kohta... aber du kannst uns doch nicht alleine lassen", sagte sie lächelnd. "Wer soll denn sonst den Anstandswauwau spielen, wenn du nicht da bist?" "Mein Bruder? Der ist dafür besser geeignet als ich." "Vergiss es", mischte sich Kirito ein. "Du fährst nicht mit meinem Auto nach Hause und lässt mich hier!" Daisuke sah die anderen panisch an. "Hey, Kohta... lass uns was trinken gehen... als erstes." Die Vorstellung, Kirito in seinem Auto... nein... dann lieber Selbstmord. Kohta seufzte. "Wenn alle einverstanden sind, gern." Luca grinste. "Klar!" "Können wir dann los?", wollte Kirito wissen. "Noch nicht", behauptete sein jüngerer Bruder. Er ging auf Kirito zu und zerrte so lange an ihm herum, bis er zufrieden war. Dann packte er Naomi am Handgelenk und zog sie zu sich, um sie neben den Sänger zu stellen. Er nahm Kiritos Arm und legte ihn um Naomis Schultern. Im ersten Moment waren beide zu verblüfft, um darauf zu reagieren. "So, perfekt!", meinte Kohta schließlich. "Jetzt können wir gehen!" Luca und Dai lachten. "So was nennt sich Anstandswauwau!" "Nein", widersprach die junge Musikstudentin. "Ich habe meinen Wunsch noch nicht an den Baum geheftet." "Ich hab nicht behauptet, dass ich einer bin", entgegnete Kohta und sah erst Luca, dann Naomi verwundert an. "Dann mach schnell, damit wir los können." Schnell lief sie zum Baum, schrieb ihren Wunsch auf und heftete ihn an den Baum. Es dauerte nicht lange, bis sie wieder zurückkam. Kohta wiederholte seine Prozedur mit Kirito und Naomi, bis er schließlich zufrieden grinste. "Und wehe, du lässt sie los!", drohte er seinem großen Bruder. "So ein hübsches Mädchen kann schnell verloren gehen, pass besser gut auf sie auf!" Naomi schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. "Luca, was habe ich dir heute Mittag noch gesagt?", meinte sie auffordernd zu ihrer Freundin. Luca grinste in sich hinein. Es schien ja alles toll zu laufen... im Moment jedenfalls. "Ich soll meine Wäsche waschen?", fragte sie die Brünette verwirrt. "Ich soll dich nicht füttern... oder das, als wir zum Waschcenter gingen?" "Wie, du sollst sie nicht füttern?", fragte Kohta irritiert. "Was sind denn das für Marotten? Ist Naomi jetzt dein Haustier?" "Als wir zum Waschcenter gingen", antwortete Naomi und verdrehte die Augen. "Lass ihn doch, er hat so viel Freude daran", lächelte Luca ihrer Freundin zu. "Nein, Kohta... sie ist nicht mein Haustier. Aber ich habe Angst, dass sie irgendwann nur noch aus Haut und Knochen bestehen könnte." "Als ob du dir deswegen Sorgen machen müsstest", entgegnete Naomi lachend. "Also, gehen wir erst was trinken, oder kaufen wir uns was und schauen den Sternen zu, während wir trinken?" Luca stellte sich zwischen Kohta und Dai und hakte sich bei beiden ein. Kirito hatte noch immer seinen Arm um Naomi gelegt, nicht, weil sein Bruder es ihm gesagt hatte, sondern weil er dachte, dass Kohta nicht ganz Unrecht hatte. "Ich würde sagen, wir gehen direkt was trinken", meinte Kohta. "Gott, bist du langweilig", bemerkte Naomi. "Ich möchte mich lieber erst einmal hier umsehen und vielleicht etwas kaufen. Ich bin schließlich zum ersten Mal hier!" "Alles klar", entgegnete Kohta. "Luca, Naomi und Kirito gehen einkaufen, Dai und ich gehen was trinken." Kirito zog eine Augenbraue hoch. "Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?" Luca funkelte Kohta an. "Was haltet ihr davon: Wir drei gehen trinken und die beiden gehen einkaufen?", fragte sie Kohta und Dai. "Was soll das?", verlangte Naomi zu wissen. "Nichts, ich habe nur Durst", gab Luca zurück. "Haben wir uns jetzt hier verabredet, damit wir getrennt den Abend verbringen?" Dai schnappte sich Lucas Hand. "Nein, deswegen gehen wir alle gemeinsam." "Um...", meinte Naomi verwirrt. "Dai?" "Ja?" Er schaute sie verwundert an. Eigentlich war er der Meinung gewesen, dass Naomi immer noch sauer auf ihn war und ihn komplett ignorieren würde. Die junge Studentin winkte ihn zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er legte die Stirn in Falten und trat einen Schritt zurück. Sie zog ihn wieder zu sich und flüsterte weiter. "Okay?", meinte sie schließlich. Der Gitarrist schaute Naomi mit halboffenem Mund an. Sein Blick schweifte zu Luca, dann zu Kohta und Kirito. Er nickte Naomi zu und beugte sich zu ihr. "Ich mache das auf meine Art, okay?", fragte er leise. "Das werde ich ganz dir überlassen", grinste sie den rothaarigen Gitarristen an. Kohta und Kirito sahen sie beide neugierig an, doch die junge Frau achtete gar nicht darauf, sondern ging einfach los, wobei Kiritos Arm von ihrer Schulter rutschte, da er stehen blieb. "Können wir jetzt endlich los?", fragte Naomi ungeduldig. "Ich möchte schließlich auch etwas von dem Fest sehen, wenn wir schon mal hier sind. Möglichst noch, bevor es vorbei ist." Dai grinste, schnappte sich wieder Lucas Hand und ging mit ihr zu Naomi, der er seine freie Hand auf den Kopf legte und leicht patschte. "Kirito... die ist ganz schön flott", kommentierte er. "Hat Kohta nicht gesagt, du sollst auf sie aufpassen?" "Lass das", murmelte Naomi und zog den Kopf ein. "Ich mag das nicht, außerdem kann ich ganz gut selbst auf mich aufpassen." "So entkommt sie dir noch", grinste er weiter und ignorierte ihren Einwand. Der blonde Sänger zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts, sondern folgte Naomi. "Kommt ihr?", meinte er dann schließlich, als er neben ihr stehen blieb. "Klar", japste Luca vergnügt. Kirito warf Kohta einen düsteren Blick zu, dann reichte er Naomi seinen Arm. Sie blinzelte ihn kurz an und hakte sich bei ihm ein. "So, Mädels... wo wollt ihr als erstes hin?", fragte Dai. "Eigentlich gibt es hier nur reichlich zu Essen und zu Trinken und bissel Krimskrams." "Also genau das Richtige für uns", entgegnete Naomi. "Das Essen oder der Krimskrams?", fragte er lachend. "Beides", gab die Musikstudentin belustigt zurück. "Das gefällt mir." Er lachte und zog Luca etwas zu sich. "Dann lass uns einfach die Straße runter." "Okay." Naomi wollte sich gerade in Bewegung setzen, als sie eine Hand auf ihrem Rücken spürte, die sie vorwärts schob. "Wenn wir hier noch lange stehen bleiben, dann dauert es nicht mehr lange, bis ich verdurstet und verhungert bin", murmelte Kohta, nahm dann seine Hände weg und ging dann neben Naomi und seinem Bruder weiter. Kapitel 8: Happy Birthday ------------------------- Das Grüppchen schlängelte sich zwischen den vielen Menschen hindurch. In erster Linie waren es junge Mädchen oder Pärchen. Nachdem sich die beiden Studentinnen ausgiebig ausgetobt und auch ihre Portemonnaies etwas erleichtert hatten, beschlossen sie, sich Kohta zuliebe irgendwo hinzusetzen und etwas zu essen, doch vor allem etwas zu trinken. Es war immer noch brütend heiß und obwohl es schon nach elf war, wollte die Hitze nicht nachlassen. Naomi wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn, als sie an einem der vielen Stände stehen blieb. "Soba?", wandte sie sich fragend an die anderen. Luca legte den Kopf zur Seite und überlegte. "Was Warmes... bei dem Wetter?" Kirito nickte und Kohta grinste sie an. "Egal, ich will jetzt einfach etwas essen!", meinte er. "Tja, bin wohl überstimmt", sagte sie verdrossen und setzte sich auf einen Hocker neben dem rothaarigen Gitarristen. Naomi folgte den beiden und zog sowohl Kirito als auch Kohta hinter sich her. Natürlich setzte sie sich neben ihre beste Freundin, Kirito setzte sich neben die Brünette, auf seiner anderen Seite Kohta. "Fünf mal Soba, bitte", bestellte der Bassist sofort. Er wollte nicht noch länger als nötig auf sein Essen warten, und wie es Naomi ging, wollte er sich gar nicht erst vorstellen. Als sie ihr bestelltes Essen bekamen, zückte der Blonde sein Portemonnaie und bezahlte für sie alle. Naomi wollte gerade protestieren, aber er unterbrach sie. "Ich lasse keine Frau selbst bezahlen, du bist eingeladen." Er warf Luca einen Blick zu. "Und du natürlich auch." Kirito zog eine Augenbraue hoch. Luca lächelte den Bassisten dankend an und nickte. "Die nächste Runde geht dann an Onii oder Dai", entschied Kohta kurzentschlossen. Der Rothaarige grinste. "Auf mich." "Danke", antwortete Naomi verwundert, wollte sich aber nicht beschweren, sie wusste genau, dass sie gegen diesen Sturkopf ohnehin nicht ankommen würde. "Was wollt ihr trinken?", fragte der Gitarrist. "Kohta... Bier?" Er grinste dem Blonden zu. "Was ist mit euch?", wandte er sich an Kirito und die beiden jungen Frauen. "Ich nehme auch ein Bier", überlegte Luca. "Ich habe noch nie japanisches probiert." Naomi nickte zustimmend. Kirito überlegte kurz. Er wusste, dass die Auswahl an einem Soba-Stand nicht gerade die größte war, also nickte er ebenfalls. Daisuke legte die Stirn in Falten, sagte aber nichts dazu und bestellte fünf Bier. Er hoffte nur, dass es Kirito nicht umhauen würde. Nach wenigen Minuten bekamen sie schließlich auch ihre bestellten Getränke. Dai winkte ab, als Kirito sein Portemonnaie herausholen wollte. "Ich hab doch gesagt, die nächste Runde geht an mich", meinte der rothaarige Gitarrist. "Auf uns alle und unser Geburtstagskind ganz besonders", sagte er grinsend und hob sein Glas, um den anderen zuzuprosten. In diesem Moment fiel Luca vor Schreck von ihrem Hocker. Nicht, weil Dai irgendetwas von Geburtstag erzählte. In ihrem Kimono begann ihr Handy zu vibrieren. Verwirrt griff sie in den Stoff und wühlte nach dem kleinen Gerät. Gott, fühlte sich das unangenehm an. Sie griff energisch in den Obi und zog triumphierend das Mobiltelefon heraus, atmete tief durch, rappelte sich auf und fiel ihrer Freundin um den Hals. "Happy Birthday, Sweetie!" Nun kippte Naomi fast vom Hocker, als ihre Freundin sie stürmisch umarmte. "Arigatou", meinte sie mit den Armen rudernd, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Die drei Männer sahen sich verwirrt an. "Ich dachte, Luca hätte Geburtstag?", wunderte sich Dai und kratzte sich am Hinterkopf. Luca und Naomi lachten. "Hatte sie bis vor ein paar Minuten", meinte die Brünette grinsend. "Ja, am siebten... und jetzt ist ja schon der achte, da hat meine süße Maus Geburtstag", fuhr Luca fort. Hektisch begann sie in ihrem Obi zu wühlen und fischte einen Umschlag heraus, den sie Naomi feierlich und mit einer Verbeugung überreichte. Die Musikstudentin blinzelte irritiert und nahm den Umschlag mit beiden Händen entgegen. "Ah... arigatou...", murmelte sie. Luca starrte sie mit großen Augen an und wartete nervös. Naomi öffnete den Umschlag vorsichtig und holte eine Grußkarte heraus. Als sie diese aufschlug, quietschte sie vor Vergnügen und Überraschung. "Haaaaaaaaaaa...", rief sie aus. "Hontou ni arigatou!" Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Kohta verzog das Gesicht. "Das ist unfair", beschwerte er sich. "Hättet ihr uns nicht vorher sagen können, dass ihr Geburtstag habt? Jetzt stehen wir dumm da, weil wir nichts für euch haben..." "Was ist es?", fragte Dai neugierig, als Naomi noch immer vor sich hin stammelte und quietschte. Kirito hatte es da wesentlich einfacher als der Gitarrist. Er lehnte sich zu der Brünetten herüber, so dass er in die Karte sehen konnte, und pfiff durch die Zähne. Luca lächelte schüchtern. "Leute, es sind nur ein paar Eintrittskarten." "Aber was für welche...", wisperte Naomi. "Na, das lohnt sich doch mal... das könnten wir gar nicht überbieten", meinte Kirito. "Was sind das denn für Karten?", wollte Kohta wissen und lehnte sich an seinem Bruder vorbei zu Naomi. Daisuke machte es ihnen nach und schaute auf die Karten. Luca machte sich ganz klein. Ihr war das tierisch unangenehm. Eigentlich dachte sie, dass sich Kirito über sie lustig machte. "Du bist gemein!", murmelte Kohta schließlich. "Wie sollen wir denn ein besseres Geschenk finden?" Luca stammelte. "Jungs, es sind nur Tickets..." "Ja, aber für das hide-Museum!", entgegnete Kohta mit großen Augen. "Selbst ich war noch nie da! Und noch für Disneyland Tokyo... und das für ganze zwei Tage! Du musst die Kleine hier ja echt gern haben...", meinte er und tätschelte Naomis Kopf, welchen sie von ihm abwandte, damit er aufhörte. Genervt setzte sich die Dunkelhaarige wieder an die Theke und bestellte ein Bier. "Ist ja gut..." Sie dachte wirklich, dass sie sie auf den Arm nehmen wollten. Naomi bemerkte, dass ihre Freundin leicht gekränkt war. "Es ist ein tolles Geschenk. Danke, Schatz!", meinte sie ernst. "Gerne", gab die Dunkelhaarige lächelnd zurück. "Jetzt haben wir trotzdem ein Problem", gab Kohta zu bedenken. "Und zwar?", fragte Luca verwirrt. "Wir Männer brauchen immer noch Geschenke für euch!" Sie lachte vergnügt und grinste Naomi zu. Sie hoffte, dass ihre Freundin etwas dagegen unternehmen würde. Sie konnten doch keine Geschenke von ihnen annehmen! Kirito schwieg die ganze Zeit über, da er angestrengt darüber nachdachte, was er den beiden jungen Frauen schenken könnte. Das Gesicht des rothaarigen Gitarristen sah dem von Kirito nicht ganz unähnlich. Er hatte jetzt zwei Probleme. Ein Geschenk für Naomi und eines für Luca. Kohta seufzte. "Und wehe, eine von euch kommt jetzt auf die Idee zu sagen, dass wir euch nichts schenken sollen. Als ob ich mich zum Affen machen würde, weil ich einer Frau nichts zum Geburtstag schenke!" Naomi hatte gerade den Mund geöffnet, weil sie etwas sagen sollte, schloss ihn dann aber wieder, denn sie hatte eigentlich genau das anbringen wollen. Luca hob eine Augenbraue. "Ich habe einen Vorschlag", erklärte sie und sah die Musiker an. "Und zwar?", wollte der Bassist wissen. Der Sänger zuckte fast unmerklich zusammen, da Luca ihn gerade aus seinen Gedanken gerissen hatte. "Für heute... wenigstens für ein paar Stunden... vergesst ihr, dass wir Geburtstag haben oder hatten, okay?" "Warum?" "Ihr könnt später noch überlegen... lasst uns jetzt einfach den Abend genießen, okay?!" Sie schaute Kirito und Dai an. Der Bassist würde wahrscheinlich eh protestieren. Naomi lächelte. Das war wohl die beste Idee. "Aber...", setzte Kohta an, wurde aber von seinem großen Bruder unterbrochen. "Lass gut sein... oder würde dir jetzt innerhalb der nächsten paar Minuten etwas einfallen? Schließlich kennen wir die beiden kaum. Wir können wirklich später noch darüber nachdenken." Luca lächelte Kirito dankbar an. Der Bassist zog eine Augenbraue hoch. "Aber glaubt ja nicht, dass wir das generell vergessen werden! Ich jedenfalls nicht." "Okay... Kohta", sagte Luca lächelnd. "Also... noch eine Runde?" Der Blonde nickte. "Alles klar." "Um..." Dai räsperte sich. "Naomi? Was hast du Luca geschenkt?", wollte er wissen. Die Musikstudentin blinzelte und deutete dann auf Lucas Hals. Kohta hob sein Bierglas. "Auf unsere hübschen Geburtstagskinder!", rief er aus. "Damit wir immer so hübsch bleiben", kicherte Luca, "auch mit 25 und mehr." "Ach...", meinte Naomi. "Bis zur 25 haben wir ja noch ein bisschen Zeit." "Also noch zwei Jahre", schmollte die Dunkelhaarige. Naomi legte die Stirn in Falten. "Du weißt aber schon, dass man hier in Japan noch ein Jahr draufrechnet? Weil die Kinder hier bei der Geburt schon ein Jahr alt sind?" "Waaaaaas?", quietschte Luca. "Das heißt, ich bin hier 24?" Sie vergrub ihr Gesicht in den Armen. "Ich brauche einen Strick." Der rothaarige Gitarrist hob eine Augenbraue und schaute fragend zu den anderen. Naomi zuckte nur hilflos mit den Schultern, als wollte sie sagen: Das ist typisch Luca, da müsst ihr nichts drum geben. "Und wie alt bist du?", wollte Kohta nun von Naomi wissen. Die junge Frau grinste. "Genau einen Tag jünger als Luca." "Naomi, wir sind alt", seufzte Luca und nippte an ihrem Bier, dann lächelte sie. "Wollen wir uns ins Altersheim einweisen lassen?" "Gott, so alt sind wir nun auch wieder nicht...", entgegnete die Brünette. "Ich bin der Meinung, dass wir unser Leben erst mal noch ein wenig genießen sollten." Ruckartig setzte sich Luca auf. "Du hast Recht!" Naomi grinste wieder. "Ich weiß." "Wo fangen wir an?" Kohta lachte. "Ihr seid echt süß, wisst ihr das?", meinte er, wofür er düstere Blicke von Kirito und Dai erntete. "Nee!", grinste ihm Luca zu. "Ihr aber auch." Der Bassist tat so als wäre er verlegen. "Wai..." Pikiert drehte er sich ein wenig weg. Kirito verdrehte die Augen. "Wo soll der denn süß sein?" "Kohta?", fragte Luca verwirrt. "Gomen? Schau ihn dir doch an... er ist einfach nur süß... hätte ich gar nicht gedacht, weil er eher wie ein Bad Boy aussieht." Der Sänger schnaubte. "Ich würde eher sagen, er sieht aus wie eine Schildkröte." Naomi lachte lauthals los. "Wie eine Schildkröte? Was ist das denn für ein Vergleich?" Kirito zuckte mit den Schultern. "Kann ich was dafür, wenn er immer so aussieht als wäre er gerade aus dem Bett gefallen?" Dai schaute sich Kohta an und grinste breit. Irgendwie hatte Kirito Recht. "Ich mag diesen verschlafenen Look", erklärte Luca. Die dunkelhaarige Studentin ging zu dem blonden Bassisten und stupste ihn leicht in die Seite. "Kohta... Daijoubu dechu?", fragte sie lieb. "Hai...", antwortete er. "Doushite?" "Bist du böse?", fragte sie vorsichtig. "Oder verlegen?" Sie lächelte ihm keck zu. "Haaa... ich freu mich halt darüber, dass du mich süß findest", antwortete er kokettierend. Er zwinkerte ihr grinsend zu. "Echt?" Sie schnappte sich seine Hände. "Gott... bist du aber auch..." "Hey", mischte sich Naomi lachend ein. "Wollt ihr etwa Dai eifersüchtig machen?" Sie merkte, wie ihr der Alkohol langsam zu Kopf stieg. Nicht, dass das Bier sonderlich stark wäre oder sie das Bier alleine nicht vertragen könnte, aber da sie noch einiges an Restalkohol vom Vorabend im Blut hatte und in der Zwischenzeit nicht sonderlich viel gegessen hatte, machte sich das bisschen doch recht schnell bemerkbar. "Höh? Wieso?", fragte Luca verwirrt. "Der ist doch auch niedlich, genau wie Kirito." Der blonde Sänger blinzelte. "Als niedlich bin ich bisher noch nicht bezeichnet worden...", meinte er in undefinierbarem Tonfall. "Es gibt zwar viele Beschreibungen für mich, aber diese höre ich jetzt zum ersten Mal." Naomi legte die Stirn in Falten. "Niedlich würde ich auch nicht unbedingt sagen... eher... sexy?", schlug sie unsicher vor. Kirito, der gerade in diesem Moment an seinem Bier genippt hatte, musste husten und verschluckte sich daran. Natürlich war ihm diese Bezeichnung nicht fremd, schon viele Frauen hatten das zu ihm gesagt. Aber dass es von Naomi kam, war dann doch etwas zu viel für ihn. "Oh... oder... böse? Arrogant? Kalt?", fragte Luca desinteressiert, ließ Kohta los und tapste zu Dai. Ab und zu war ihr Kiri echt sympathisch, aber in einigen Momenten würde sie ihn am liebsten zum Teufel jagen. "Ah was...", meinte Kohta abwinkend. "Onii ist vielleicht ein bisschen komisch, aber eigentlich ein guter Mensch." "Jetzt muss ich nur noch herausfinden, was mir an diesem Satz nicht passt", erwiderte Kirito. "Das eigentlich?", fragte Dai. "Das guter Mensch?", schlug Kohta im gleichen Moment vor. "Der Punkt ging an Dai", meinte Kirito trocken. Naomi musste grinsen und der Rothaarige nickte stumm. "Öhm, ich will ja nicht stören", begann Luca und schaute Naomi recht merkwürdig an. "Süße... wir haben heute Vorlesungen... und es ist schon halb zwei." "Verdammt!", fluchte Naomi. "Wie sollen wir das denn bitte schaffen? Wann fangen die heute noch mal an?" "Um neun", meinte Luca. "Aber vor drei sind wir nicht zu Hause." "Um...", murmelte Kohta. "Euch ist aber schon klar, dass euch jetzt niemand mehr fahren kann, weil wir alle getrunken haben, oder?" "Was?" Die dunkelhaarige Studentin sah ihn panisch an. "Die Züge fahren auch nicht mehr." Naomi verdrehte die Augen und ließ ihren Kopf auf die verschränkten Arme auf der Theke vor sich sinken. "Da kommt doch Freude auf", seufzte sie. Kohta zuckte hilflos mit den Schultern. "Tut mir Leid... aber ich hab ja nicht gewusst, dass ihr ausgerechnet heute Vorlesungen habt..." "Wir haben es auch vergessen...", antwortete Luca betrübt. "Naomi, nehmen wir uns ein Taxi?" "Bist du reich?" "Dafür reicht es noch... oder ist es dir lieber, eine Vorlesung zu verpassen?" "Andere Frage... wann fährt der erste Zug zurück?" Luca überlegte. "Gegen sechs", antwortete Dai an ihrer Stelle. Die Dunkelhaarige fluchte. "Dann wären wir nicht vor halb acht in Tokyo... und das auch, wenn wir den schnellen Zug nehmen." Naomi rümpfte die Nase. "Ich weiß... aber was willst du sonst machen?" "Das Taxi nehmen." Die Brünette schüttelte den Kopf. "No way. Ich setz mich doc nicht in ein überteuertes Taxi, wenn ich auch anders nach Hause komme... falls jetzt überhaupt eines zu bekommen ist, was ich ehrlich gesagt bezweifle." Luca ließ sich auf einen Hocker fallen. "Na toll..." Naomi strich sich einige Strähnen aus der Stirn. "Was haben wir heute eigentlich... Japanisch... ich hab noch Literatur und Musik und du hast Design, oder? Und wir werden wohl nur noch Kleinkram machen, so kurz vor den Ferien. Falls überhaupt etwas." "Ja...", grummelte Luca und spielte mit einer langen Haarsträhne. "Wieso?" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Wie wichtig ist das wohl?" Luca schaute sie entsetzt an. "Du willst... schwänzen?" Die Brünette machte eine wegwerfende Handbewegung. "Klar... wäre mal 'ne neue Erfahrung, da ich bisher noch nie geschwänzt habe... außerdem habe ich in der letzten Zeit fast nichts anderes getan als für die Prüfungen zu lernen... die eine Vorlesung macht ja jetzt ohnehin keinen Unterschied, da die Prüfungen eh vorbei sind. Abgesehen davon bin ich mir ziemlich sicher, dass Ryô mir seine Notizen geben wird, wenn ich ihn nett darum bitte." "Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie... nie... nie geschwänzt!" Luca schaute ihre Freundin immer noch panisch an. "Ich doch auch nicht", gab Naomi zurück. "Schatz, es ist unser Geburtstag, den sollten wir genießen. Wir werden so was auch nie wieder tun!" "Ich weiß nicht." Luca schaute sie skeptisch und verunsichert an. "Willst du lieber halbtot in der Vorlesung sitzen und eh nur die Hälfte mitbekommen, weil du zwei Tage hintereinander nicht geschlafen hast?", wandte die Musikstudentin ein. "Wenn ich nachher anrufe und uns für heute krankmelde, weil wir uns mit unserem Geburtstagsessen den Magen verdorben haben, interessiert sich ohnehin niemand dafür." "Okay", stimmte Luca zaghaft zu. "Aber wir tun das nie wieder, ja?!" "Ich hatte es jedenfalls nicht vor", versicherte Naomi. "Gut." Die Dunkelhaarige wandte sich an die drei Männer. "Und was machen wir jetzt hier so lange?" "Uns amüsieren?", schlug Kohta vor, der die ganze Zeit mit offenem Mund zugehört hatte. Klingt vernünftig", stimmte Dai zu. "Obwohl das Fest jetzt aufhört." "Gott, wie uncool ist das denn?", rutschte es Naomi heraus. Sie zuckte zusammen und schlug sich eine Hand vor den Mund. "Okay...", wisperte sie dann. "Was machen wir jetzt?" Luca saß noch immer deprimiert auf ihrem Hocker und schaute die vier an. Kohta überlegte kurz, dann stand er auf. "Wo willst du hin?", fragte Naomi verwundert. "Bin gleich wieder da", antwortete der Bassist. "Dai, kommst du mit? Tragen helfen?" Der Rothaarige schaute ihn verdutzt an, doch dann schien er zu verstehen. "Klar." Naomi schaute den beiden irritiert nach. "Was um alles in der Welt haben die vor?", fragte sie, ohne jemand bestimmten anzusprechen. "Ich habe keine Ahnung", antwortete Luca und sah Kirito verunsichert an. Da Kohta dessen Bruder war, müsste er mit Sicherheit etwas mehr verstehen als sie. Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. Er wusste es genauso wenig wie die Studentinnen. "Er ist mein Bruder", meinte er, "die beste Voraussetzung dafür, ihn nicht zu verstehen." Er grinste. Luca suchte nach ihren Zigaretten. Sie reichte Naomi eine. "Kirito... rauchst du?", fragte sie und hielt ihm eine Zigarette hin. Naomi nahm die Zigarette dankend an und Kirito blinzelte. Dann nickte er, nahm mit der Rechten die Zigarette und wühlte mit der Linken in seiner Tasche. Nach wenigen Sekunden holte er ein Feuerzeug heraus und gab den beiden Frauen und anschließend sich selbst Feuer. "Arigatou", meinte er schließlich. "Doumo", antwortete Luca. Es dauerte nicht lange, bis Kohta und Dai endlich zurück kamen. Beide waren mit Kartons beladen. "Was habt ihr da für Beute gemacht?", fragte Luca vorsichtig und musterte die beiden. Der Bassist grinste breit. "Etwas, das uns den Abend... oder viel eher die Nacht versüßen wird", antwortete er. Kirito zog eine Augenbraue hoch. "Ich glaube, ich will es gar nicht so genau wissen...", murmelte er. "Honig?", fragte Luca ernst und schaute von Kohta zu Dai. "Eiskrem? Schokolade?" Der Gitarrist schaute den Bassisten grinsend an. "Hentai-Zeugs?", vermutete Naomi mit missbilligendem Blick und schauderte. Luca starrte die beiden mit großen Augen an. "Hontou?!" Kirito grinste. "Da es mein Bruder ist, wäre das gar nicht mal so unwahrscheinlich." "Ähm... Naomi, vielleicht sollten wir doch noch mal über das Taxi nachdenken..." Kohta verzog das Gesicht. "Ihr liegt alle ganz weit daneben." Dai grinste. "Es ist viel besser als alles, was ihr aufgezählt habt." Er drehte sich zu Kohta. "Nee?!" "Gott, ich steh drauf, wenn jemand vage Andeutungen macht...", murmelte Naomi seufzend. "Kommt mit!", forderte der Bassist die anderen grinsend auf und ging einfach los. Dai folgte ihm. Luca starrte den beiden nach, dann sah sie Kirito und Naomi an. "Sollen wir ihnen folgen?!" "Besser wäre es... oder?", meinte Naomi vorsichtig. "Alleine dürfen wir die beiden ja auch nicht lassen... wer weiß, was sie ausgeheckt haben." Die Musikstudentin sah Kirito fragend an. Dieser nickte. "Wir sollten besser gehen. Sonst finden wir sie nicht wieder." Luca hakte sich bei ihrer Freundin ein und sie folgten den beiden Männern. Der blonde Sänger ging direkt hinter den beiden Studentinnen, um ein bisschen auf sie Acht zu geben. Kapitel 9: Picknick & Strip-Poker --------------------------------- Der Bassist und der rothaarige Gitarrist breiteten ihre Beute am Ufer eines Sees aus, sowie zwei Decken, die sie aus dem Auto mitgebracht hatten. "Picknick im Mondschein?", fragte Dai und zeigte einladend auf die Decken. "Das ist eine tolle Idee!", freute sich Naomi und klatschte begeistert in die Hände. Sie schlüpfte aus ihren Zori und setzte sich auf eine der Decken. Kohta wartete erst gar nicht, bis sich sein Bruder freiwillig setzte, sondern drückte ihn direkt neben der Brünetten nach unten. "Sei froh, dass ich dich als Bassisten brauche", murmelte Kirito düster, "sonst hätte ich dich womöglich schon längst erwürgt." Der Blonde grinste. "Warum? Ich helfe doch nur..." Der Sänger zog es vor, nichts darauf zu erwidern. Er hatte keine Lust, jetzt einen Streit mit seinem Bruder vom Zaun zu brechen und den Mädchen damit ihren Geburtstag zu verderben. "Hey, das ist eine tolle Idee von euch beiden", freute sich Luca. Sie rutschte ebenfalls aus den Zori und setzte sich auf die andere Decke. Dai setzte sich neben sie und zog seine Sneakers aus. "Kohta, willst du stehen bleiben?", fragte er den Bassisten grinsend. Der Angesprochene schüttelte den Kopf und platzierte sich so, dass er außerhalb der Reichweite seines Bruders war und außerdem alle sehen konnte. "Dann wollen wir doch mal anständig den Geburtstag unserer beiden Süßen hier feiern", grinste er. "Joa... Was habt ihr da alles?", fragte Luca neugierig und schaute Kohta erwartungsvoll an. Der Bassist rieb sich die Hände. "Also...", begann er langsam. "Erstens: Alkohol." Dai grinste. "Das ist immer gut. Zweitens: Kuchen." "Kuchen auch?", freute sich die Dunkelhaarige. Kohta nickte. "Drittens: Alkohol." "Hatten wir das nicht bei Erstens?", fragte Luca grinsend. "Es ist wichtig genug, um mindestens zwei mal aufgeführt zu werden", erklärte der Gitarrist. Luca kicherte. Während sie mit Erklärungen beschäftigt waren bekamen sie gar nicht mit, wie Kirito sich vorbeugte und einen der Kuchen anschnitt. Er nahm zwei Pappteller, legte je ein Stück darauf und reichte sie den beiden jungen Frauen. "Arigatou", bedankte sich Luca und schenkte ihm ein liebes Lächeln, was er in den letzten zwei Tagen ohnehin schon sehr selten bekommen hatte. "Doumo", erwiderte der Sänger, als auch Naomi sich bei ihm bedankte. Luca warf Naomi einen vielsagenden Blick zu und drehte sich dann zu Dai. "Und wir?", beschwerte sich Kohta, woraufhin er einen bösen Blick von seinem großen Bruder erntete. "Du bist alt genug um dir selbst etwas zu nehmen", meinte Kirito. "Probieren?", fragte die Designstudentin Kohta und reichte ihm ein Stückchen Kuchen. "Klar", strahlte der Bassist und rutschte etwas näher zu ihr. Sie grinste ihn an. "Mach 'Ahhh'." Kohta riss den Mund auf. "Aaaah...", machte er. Luca grinste fies, ließ die Gabel in Richtung Kohtas Mund schweben und stopfte sich den Kuchen jedoch selbst in den Mund. Naomi, die das Schauspiel zunächst mit hochgezogener Augenbraue beobachtet hatte, lachte lauthals los. Auch Kirito musste über den enttäuschten Gesichtsausdruck seines Bruders lachen. "Das ist gemein!", schmollte der Bassist. "Bei Kuchen und in der Liebe bin ich halt grausam", sagte die dunkelhaarige Studentin, nahm wieder ein Stück Kuchen und reichte es Kohta. "Jetzt?", fragte sie unschuldig lächelnd. Kohta schnaubte. "Du gibst es mir ja doch nicht!" "Doch...", meinte sie leise und mit einem Schmollmund. "Ich verspreche es." Der Blonde zog ungläubig eine Augenbraue hoch, doch dann lehnte er sich wieder erwartungsvoll in ihre Richtung. Luca lächelte ihn lieb an und ließ den Kuchen in Kohtas Mund wandern. "Schmeckt's?" "Hmm...", gab Kohta von sich. Mit dem Kuchen im Mund wäre es jetzt unangebracht gewesen etwas zu sagen, daher nickte er nur. Sie grinste ihm zu, schnitt Daisuke und Kohta ihre eigenen Stücke zu, die sie ihnen reichte. "Ich werde nicht gefüttert?", fragte der Rothaarige enttäuscht und nahm ihr den Teller ab. "Ich füttere nur ganz besondere Menschen", entgegnete sie kichernd. Kohta warf sich in die Brust. "Ich bin etwas Besonderes", freute er sich. "Ein ganz besonders großer Spinner, ja...", warf Kirito grinsend ein. Dai lachte. "Die sind so niedlich", erklärte Luca ihrer Freundin auf Deutsch. "Wie kleine Kinder." Naomi schmunzelte und schnitt ein Stück Kuchen ab, legte es auf einen Teller, den sie schließlich Kirito reichte. "Irgendwie schon", antwortete sie ebenfalls auf Deutsch. "Sogar unser kleiner Käse", warf Luca ein. "Warum nennst du ihn immer so?", murmelte die Brünette. "Er isst doch nicht mal welchen!" "Echt?", fragte die Dunkelhaarige ungläubig. Die Musikstudentin nickte. "Verträgt er nicht. Er hat eine Laktose-Intoleranz." Luca sah sie erschrocken an. "Du... Naomi..." "Ja?" Sie sah ihre Freundin fragend an. "Schau dir den Kuchen mal genauer an", warnte Luca auf Deutsch. "Der hat 'ne Creme... da ist normalerweise Milch drin." Sie starrte ängstlich in Kiritos Richtung. "Kuso!", fluchte Naomi und drehte sich zu Kirito um, der gerade ein Stückchen von dem Kuchen essen wollte. Anscheinend war ihm die Creme gar nicht aufgefallen. Schnell packte sie sein Handgelenk, um ihn davon abzuhalten den Kuchen zu essen. Luca starrte die beiden an. "Kiri... nicht...", japste sie und hielt mahnend ihre Hand hoch. Dai schaute verwundert zu Kirito und dann zu Kohta. "Was haben die?" "In der Creme von dem Kuchen ist Milch", sagte Naomi nur. Luca nickte zustimmend. "Shit!", stöhnte Kohta. "Das war mir gar nicht aufgefallen." Er fluchte kurz. "Tut mir Leid!" Kirito sah erst Naomi, dann Luca und schließlich seinen Bruder verständnislos an. Dann warf er einen Blick auf den Kuchen, auf den er zuvor gar nicht wirklich geachtet hatte. "Da ist tatsächlich Milch drin...?" Wortlos ließ er die Gabel wieder sinken und stellte den Teller weg. "Danke", meinte er zu Luca und Naomi. Die Brünette atmete erleichtert auf. Luca ließ sich seufzend nach hinten fallen und landete auf dem rothaarigen Gitarristen. "Normalerweise schon", sagte sie knapp. "Ist ja eine Cremefüllung und da ist meistens Milch drin." "Wer hat den Kuchen überhaupt gekauft?", wollte Kirito wissen. "Du oder Dai?" Er sah seinen Bruder ausdruckslos an. "Wir beide haben ihn ausgesucht...", antwortete der Bassist. "Er sollte in erster Linie für die Mädels sein, wir dachten, sie mögen so etwas..." "Tut mir Leid", hauchte Naomi. "Ich hab nicht darauf geachtet, sonst hätte ich ihn dir sicher nicht gegeben." Der blonde Sänger seufzte. "Ist ja jetzt auch egal, es ist ja nichts passiert... ist noch etwas anderes da? Außer dem Kuchen?" Luca lehnte sich an Dais Brust. "Wow... ereignisreicher Tag, huh?" Naomi nickte. "Ziemlich." "Eine fast beendete Freundschaft, zwei Herzanfälle und fast ein Toter." Sie schüttelte den Kopf. "Mit euch wird es wenigstens nicht langweilig, Jungs." Kohta wühlte für eine Weile in ihren Mitbringseln. "Ich bin ja ein netter Bruder...", murmelte er und reichte Kirito ein kleines Päckchen. "Ich hab dir Katsu Curry mitgebracht." Der Sänger nahm das Päckchen an. "Danke", meinte er nur, dann wandte er sich an Luca. "Mach dir keine Sorgen, ich kann zwar keine Milch vertragen, aber an dem kleinen Stückchen wäre ich wahrscheinlich nicht gestorben", versuchte er sie zu beruhigen. "Na, dann ist ja gut." Sie seufzte und nahm sich eine Zigarette aus der Packung in ihrem Obi. "Noch jemand? Auf den Schock brauche ich erst einmal Nikotin." "Ich auch", stimmte Naomi zu. Sie nahm gleich zwei Zigaretten und gab eine an Kirito weiter. Luca reichte je eine Zigarette an Dai und Kohta. Der Rothaarige nahm ihr die Kippe ab und gab der Dunkelhaarigen Feuer. "Daijoubu?", fragte er sie und strich der Studentin ein paar Strähnen aus dem Gesicht. "Hmm?" Sie schaute ihn verschlafen an. "Nur etwas müde... hatte nicht besonders viel Schlaf heute." Sie überlegte. "Eigentlich keinen." Luca lächelte ihn sanft an. "Aber so ist es ganz schön bequem." Sie stupste die Nase des Gitarristen. Naomi seufzte und lehnte sich zurück. "Ich denke, das waren genug Schockmomente für einen Tag...", murmelte sie. "Ich hätte nicht gedacht, dass J-Rocker einen so auf Trab halten." "Tja, wir sind halt immer für eine Überraschung gut", antwortete Kohta grinsend. "Das kannst du laut sagen", pflichtete Luca bei. Die junge Brünette hob den Kopf. "Es wäre trotzdem nett, wenn ihr eure Überraschungen nächstes Mal etwas... harmloser gestalten könntet, bevor ich irgendwann noch an einem Herzinfarkt sterbe oder so." "Jo, ich glaube, euretwegen habe ich schon ein graues Haar", warf Luca ein. "Shit, nur eins?", fragte Dai breit grinsend und zupfte an Lucas Haaren. "Ich sehe da schon mindestens fünf." Luca richtete sich ruckartig auf und erwischte mit ihrem Kopf Daisukes Kinn. "Itai~", quiekte die Dunkelhaarige und hielt sich den Kopf. Naomi gab ein seltsames Geräusch von sich, bevor sie sich lachend zurückfallen ließ. "Ich glaube, meine Ditschigkeit färbt langsam auf dich ab." Der Gitarrist drückte seine Lippen aufeinander und schloss die Augen. "Nee... kleine Sünden", kommentierte Luca und sah den Rothaarigen an. "Dai, alles okay?", fragte sie langsam. Der Gitarrist nickte stumm. "Huh?", fragte Naomi irritiert, aber immer noch lachend. "Was für Sünden?" "Isch hab mir auf die Chunge gebischen", zwängte er raus. Luca brüllte los vor Lachen. Naomi, die sich gerade wieder einigermaßen beruhigt hatte, kicherte direkt wieder los. "Dasch ischt nischt chum Lachen...", brummte Daisuke und hielt sich eine Hand vor den Mund, wobei er das Gesicht verzog. Die brünette Studentin bekam fast keine Luft mehr, hielt sich den Bauch und drehte sich auf die Seite. Sie musste so sehr lachen, dass sie nicht in der Lage war etwas darauf zu erwidern. "Alles okay?", fragte Kirito sie amüsiert. "Ha... hai...", brachte sie mühsam hervor. So langsam beruhigte sie sich wieder und drehte sich keuchend auf den Rücken. "Ich hab... schon lang nicht mehr so gelacht...", ächzte sie schließlich, noch immer vor sich hin kichernd. Der Rothaarige brummte etwas vor sich hin und warf Naomi eine Packung Kekse zu. "Hier, iss lieber was." Luca kniete sich vor den grummelnden Gitarristen, nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und schaute ihm in die Augen. "Sooo schlimm?", fragte sie lieb. "Tut mir Leid", japste Naomi. "Macht doch nix", antwortete der Rothaarige. "Du sollst trotzdem was essen, du bist ohnehin viel zu dünn." Er sah Luca an. "Ja... es tut ganz doll weh." Sein Blick wanderte zu Kohta und er lächelte ihm fies zu. Der Bassist ignorierte ihn jedoch und machte es sich mit einer Flasche Bier bequem. "Geht es wieder?", fragte Kirito und sah Naomi grinsend an. Die junge Frau schnaufte und stützte sich dann auf den Ellbogen ab. "Ich denke schon..." Ihre Freundin drehte sich langsam nach hinten um und riss die Augen freudig auf. "Du... Naomi..." Sie kicherte. "Dir ist da was ein wenig weggerutscht." Naomi bekam große Augen und sah entsetzt an sich herab. "Kuso!", murmelte sie und setzte sich schnell auf, wobei sie versuchte, ihren Yukata wieder zurechtzuzupfen. "So was Dummes aber auch!" Kirito grinste noch immer und Kohta sah interessiert auf. Er hatte sich zurückgelehnt und den Himmel betrachtet, daher hatte er nicht mitbekommen, worum es ging. Luca kicherte und vergrub ihr Gesicht an Dais Brust. "Ich hätte mehr Sicherheitsnadeln benutzen sollen", kicherte sie weiter. Die Musikstudentin zog die Beine an und legte ihre Arme darum, sorgsam darauf achtend, dass nicht wieder etwas verrutschte. "Gib doch zu, dass du das mit Absicht gemacht hast", wandte sich der blonde Sänger grinsend an Luca. Diese wandte sich zu ihm um und formte ein 'Nur für dich' mit den Lippen. Er zog eine Augenbraue hoch. 'Warum?', antwortete er ebenso stumm. Kohta, der das gesehen hatte, schüttelte seufzend den Kopf. "Ist doch logisch!" Luca lächelte verschmitzt. "Musst es schon selbst herausfinden." Kirito schmunzelte. Er konnte es sich schon denken, schließlich waren allein die Versuche seines Bruders, ihn mit Naomi zu verkuppeln, mehr als offensichtlich. So etwas konnte einem gar nicht entgehen. "Geht es dir gut?", fragte er die Brünette, die ihr Gesicht in den Armen verborgen hatte. Schwach konnte man ein gedämpftes 'Mhmmmm...' vernehmen. "Hey... so schlimm war es doch nicht", versuchte es der Sänger erneut. "Es war nicht wirklich viel zu sehen." Luca lehnte sich wieder mit dem Rücken an die Brust des Gitarristen. "Man hat wirklich fast nichts gesehen, Süße. Oder?" Sie schaute zu Dai hoch, der blitzschnell seinen Kiefer in Sicherheit brachte. "Es war nix zu sehen", bestätigte er und beobachtete misstrauisch Lucas Kopf. Endlich sah Naomi auf und kräuselte die Nase. "Sicher?" "Sicher", sagten beide wie aufs Stichwort. Naomi zog eine Augenbraue hoch, nickte dann aber. Sie setzte sich bequem hin, wobei sie darauf achtete, dass man nicht zu viel sehen konnte. Jedenfalls versuchte sie es, verlor jedoch das Gleichgewicht und kippte um. Kirito legte ihr einen Arm um die Schultern und hielt sie fest. "Jetzt mal langsam, junge Dame", grinste er sie an. Luca starrte ihre Freundin mit großen Augen an und begann zu kichern. "Kein Alkohol für Naomi, bitte." Sie warf Kohta einen Blick zu, der eindeutig 'endlich' sagte, als Kiri den Arm um Naomi legte. Der blonde Bassist erwiderte ihren Blick und nickte. Die Brünette wurde rot. "Das hat nichts mit Alkohol zu tun, ich bin immer so, das solltest du wissen", meinte sie zu Luca, während sie sich wieder aufsetzte und ein kleines Stückchen von Kirito weg rutschte. "Das stimmt allerdings." Luca lachte. "Ich revidiere das mit dem Alkohol." "Du willst es also noch schlimmer machen, ja?", lachte Kohta. "Wie kommst du darauf?", entgegnete sie unschuldig. "Ich bin nur eine aufmerksame Freundin. Willst du nicht lieber hier herüber kommen, Kohta?", fragte sie ihn neugierig. "Ist doch langweilig so, in deiner Ecke, oder?" "Also...", begann Kohta vorsichtig, "ich wäre schon dafür, es... 'schlimmer' zu machen...", meinte er mit einem vieldeutigen Kopfnicken in Kiritos und Naomis Richtung, dann grinste er, stand auf und platzierte sich neben Luca und Dai. "Ich bin auch dafür", kicherte Luca fies. "So, ihr Süßen, wollen wir noch was trinken?" Die dunkelhaarige Studentin rappelte sich auf und verteilte Bier an die anderen. Naomi fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und versuchte es sich so bequem wie möglich zu machen, ohne dem Sänger zu nahe zu kommen. "Danke", meinte sie als sie die Flasche entgegennahm. Als Luca ihre eigene Flasche aufmachen wollte, sprudelte ihr der ganze Schaum ins Gesicht und sie blieb wie paralysiert auf den Knien und mit der Flasche in der Hand sitzen. Sofort begann Naomi wieder zu kichern. Sie kramte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und reichte es Luca. Deren Gesichtsausdruck hatte etwas von Unglauben, Überraschung und Freude. Sie strich sich mit dem Finger lasziv übers Gesicht und leckte ihn ab. "Hmm... Lecker." Dann begann sie zu kichern und nahm Naomi das Taschentuch ab. "Danke." Naomi verdrehte grinsend die Augen und schüttelte den Kopf. "Typisch." "Was ist typisch?", fragte die Dunkelhaarige und gesellte sich wieder zu Kohta und Dai. "Das mit dem 'lecker'", antwortete Naomi und strich sich eine Strähne aus der Stirn, bevor sie ihre eigene Flasche öffnete. Sie hielt sie absichtlich etwas weiter von sich weg, damit sie nicht ebenfalls in Bier duschte und damit den schönen Yukata ruinierte. "Du bist gemein." Luca drehte sich zu den Jungs um. "War das irgendwie provokant oder so?", fragte sie und schaute alle drei ernst an. Kohta blinzelte sie an. "Nein", meinte er in übertrieben abwehrendem Tonfall. "Überhaupt nicht." Er grinste. Luca wandte sich an Daisuke. "Nope... bin ganz Kohtas Meinung." "Kirito..." Verzweifelt schaute sie den Sänger an. "Ich glaube, du bist hier der einzige, der ehrlich ist. Was sagst du?!" "Ich habe nur gesagt, dass es typisch ist, sonst nichts", entgegnete Naomi stirnrunzelnd. "Ich kenne aber deine Definition von 'typisch' im Zusammenhang mit mir", grummelte Luca und setzte sich wieder hin. Kirito schlug die Beine unter und zuckte mit den Schultern. "Nun ja... es ging so... ne?" "Och... Schatz!", maulte Naomi. "Als ob ich das böse meinen würde." Luca verzog ihre Lippen zu einer Schnute. "Dann bin ich halt ab heute prüde und verschlossen." Naomi warf seufzend die Arme in die Luft. "Ich gebs auf... jedenfalls für heute." Die Dunkelhaarige kniete sich brav an eine Ecke der Decke, nahm sich ihr Bier und trank es wie ein Mädchen aus gutem Hause Bier aus einer Flasche trinken würde. Naomi setzte ihre Flasche an und trank die Hälfte des Inhalts. Als sie die Flasche wieder absetzte, bekam sie Schluckauf. "Baka", murmelte sie zwischen zwei Hicksern. "Du weißt genau, dass das niemand von dir erwartet." "Das passiert, wenn man zu hastig trinkt", kommentierte Luca und nahm einen winzigen Schluck Bier. "Ich sollte es vielleicht doch so versuchen... hätte dann wahrscheinlich Ruhe vor den alten Hentai-Säcken", meinte sie traurig und nippte an ihrem Bier. "Schaaaaatz", meinte Naomi, diesmal auf Deutsch. Sie stand auf und ging zu ihrer Freundin rüber. Sie ging in die Hocke und nahm Luca in den Arm. "Du weißt genau, dass ich dich so liebe wie du bist." "Ja, und die gesamte Männerwelt auch", bemerkte Luca und lehnte ihren Kopf an Naomis Schulter. "Du wirst wenigstens ernst genommen... und ich?" Sie rollte mit den Augen. "Das süße kleine dumme Mädchen... Ich hasse Männer." "Och, Maus...", meinte Naomi und drückte Luca an sich. "Natürlich wirst du ernst genommen... und was diese alten Säcke angeht... ignorier die einfach, die machen sich an jedes junge Ding ran..." Luca seufzte. "Hast schon Recht. Gibt es eigentlich noch was von diesem tollen 'Kirito-fast-Mord-Kuchen'?" "Aber sicher", antwortete die Brünette und ließ ihre Freundin los, um ihr noch ein Stück Kuchen zu holen. "Hier, bitte." Sie strich Luca sanft eine Strähne aus dem Gesicht. "Denk immer daran, dass ich dich lieb habe, ja?" "Jupp." Luca grinste ihr zu und setzte sich im Schneidersitz hin, wobei sie den rechten Arm auf ihrem Bein abstützte und herausfordernd in die Runde sah. "Könnt ihr Pokern?" Kirito blinzelte irritiert. "Ja", meinte er schließlich. "Warum?" "Nur so...", grinste sie. "Ein kleines Spielchen? Oder kneift ihr?" Daisuke sah Kohta an und legte den Kopf schief. "Na?" "Von mir aus." Der Bassist nickte. "Okay... Einsatz... Klamotten. Schmuck zählt nicht." Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Ist das dein Ernst? Du willst jetzt Strip-Poker spielen?" "Ja... aber nur bis zur Unterwäsche... keine Panik." "Ich glaube, damit kann ich leben", meinte Kohta amüsiert. "Ich auch", grinste der Rothaarige zustimmend. Kirito sah von einem zum anderen, dann nickte auch er. "Okay", seufzte Naomi. "Wer von uns hat am meisten an?", fragte sie. "Luca und ich wohl nicht." Dai schaute an sich runter. Baggy Pants, Socken, Sneakers und ein Shirt. "Na, ich nicht." Kirito zuckte nur mit den Schultern. "Vier Teile, wenn man die Schuhe und Socken je als eines wertet." "Kohta?" Luca grinste den Bassisten breit an. "Um...", murmelte dieser. "Ich glaub... Moment... auch vier?" "Hmm, wir haben..." Luca dachte nach. "... auch vier." Naomi legte den Kopf schief als sie sich wieder neben Kirito setzte. "Muss ich meine Zori vorher extra wieder anziehen?" Endlich hatte sie ihren Schluckauf überwunden und nippte vorsichtig an ihrem Bier. "Nee... ich glaube, die Jungs sind solche Gentlemen, dass sie uns das durchgehen lassen, oder? Außerdem haben sie ihre Schuhe auch ausgezogen." Die drei nickten. "Also..." Luca raffte ihre Ärmel und holte Karten aus ihrem Obi heraus. "Ich gebe zuerst." Sie verteilte je fünf Karten an jeden und packte den restlichen Stapel in die Mitte. Alle nahmen ihre Karten auf und betrachteten, was Luca ihnen da gegeben hatte. Kirito sah seine Karten an ohne eine Miene zu verziehen, Kohta zog eine Augenbraue hoch, Dai kratzte sich am Hinterkopf und Naomi legte den Kopf schief. Luca schaute verwirrt auf ihr Blatt. "Jemand tauschen?", fragte sie und schaute enttäuscht in ihre Karten. Naomi sah sie fragend an. "Mit dir?" Sie schüttelte den Kopf. "Aber ich hätte gern eine neue." Die dunkelhaarige Studentin gab ihr eine Karte. "Und ihr?" Sie schaute die Jungs an. Naomi fischte scheinbar wahllos eine ihrer Karten heraus und legte sie verdeckt vor sich hin, bevor sie die neue nahm. "Zwei", meinte Daisuke und überlegte. Der Rothaarige warf zwei Karten ab und nahm sich die beiden, die Luca ihm reichte. "Arigatou." Er sah sich die Karten an und verzog das Gesicht. Kirito sah von seinem Blatt auf. "Eine, bitte." Er nahm eine Karte weg und legte sie verdeckt auf Naomis. Die Brünette sah ihn aus dem Augenwinkel an, als er mit seinem Arm leicht ihr Knie streifte. Er grinste und zwinkerte ihr zu, woraufhin sie leicht rot wurde. Luca schürzte die Lippen. "Ich nehme... öhm... fünf", sagte sie und griff nach dem großen Stapel. Dai schaute sie verwundert an. "Ähm... Luca, es gehen aber nur maximal vier." Er grinste ihr zu. "Oh, echt? Okay... dann nehme ich doch nur zwei." "Ich nehme drei...", meinte Kohta mit gerunzelter Stirn. Naomi seufzte und legte ihre Karten zusammen, nachdem der Bassist seine erhalten hatte. "Alle soweit fertig?" Luca überlegte. "Sieht wohl so aus." "Ich will sehen", meinte Dai und legte sein Blatt vor sich hin. Zwei Pärchen à zwei Buben und zwei Sechser, dazu eine Acht. Naomi grinste. "Viel erhöhen kannst du ja nicht." Er lachte. "Nicht wirklich." Kohta kaute auf seiner Unterlippe. "Okay...", meinte er langsam. Er legte eine Karte nach der anderen hin. Eine Fünf, eine Sieben, noch eine Fünf, eine weitere Sieben und dann noch eine Sieben. Dai staunte. "Kohta... Full House!" Kirito legte den Kopf schief, sah auf, warf Naomi einen Blick zu, bevor er wieder auf seine Karten sah. Dann legte er sie vor sich hin. Vier Könige und ein As. Dais Augen weiteten sich. "Hey, die Karten sind doch gezinkt." Naomi schnaubte verächtlich. "Klar, Luca zinkt ihre Karten, damit andere ein gutes Blatt haben, ja? Wenn du sie dir genau ansiehst, wirst du schon merken, dass das Schwachsinn ist." Luca schaute verwirrt in die Runde. "Gezinkt? Höh?" "Vergiss es, Schatz", meinte die Brünette zu ihrer Freundin. "Also, ich hab auch nicht viel." Luca legte drei Damen und zwei Buben hin. "Nun bist du dran, Puppe", meinte Dai zu Naomi. Diese zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. Stattdessen legte sie gemächlich ihre Karten auf die Decke. Eine Zehn, dann eine Neun. Sie machte eine kurze Pause. Dann legte sie die Acht, eine Sieben und schließlich eine Sechs dazu. Kirito sah sich alle Karten an und klopfte Naomi auf die Schulter. "Wenigstens haben wir schon mal nicht verloren." "Wer hat denn verloren?", fragte Luca verwirrt. Naomi grinste. "Dai." "Oh." Sie lächelte ihn unschuldig an. Der Rothaarige verzog das Gesicht zu einer amüsierten Grimasse. "Ist ja schon gut." Er stand kurz auf und zog sich das T-Shirt aus. "Besser so?", fragte er verlegen. Luca kicherte. Naomi lachte und stand dann auf. "Noch jemand etwas trinken?", fragte sie in die Runde als sie sich eine Flasche Bier nahm. "Ich!", meldeten sich Luca und Daisuke zusammen. Die Brünette reichte beiden je eine Flasche. "Danke!", ertönte die Antwort wieder wie aus einem Mund. "Kirito?" Er nickte. Kohta grinste sie breit an. "Mir musst du nichts geben, dafür sitze ich hier ja direkt an der Quelle." Als Naomi sich umdrehte und mit je einer Flasche für Kirito und sich selbst zurückging, meinte er noch: "Nette Aussicht übrigens von hier unten, wenn du vor mir herumstehst." Der Bassist konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen, als ihm eine leere Bierflasche entgegen flog. Zwar verfehlte sie seinen Kopf, dafür traf sie ihn recht hart an der Schulter. Luca nahm die Karten und mischte sie. "Süße, du teilst aus. Und damit meine ich nicht an Kohta." Naomi funkelte den Bassisten noch ein paar Sekunden lang an, dann klemmte sie die Bierflaschen unter den Arm und nahm die Karten an sich. Sie kehrte zu ihrem Platz zurück, legte die Karten vor sich ab und gab Kirito eine von den Flaschen, bevor sie die Karten wieder aufnahm um sie noch einmal kurz zu mischen und sie schließlich auszuteilen. Luca nahm sich ihre Karten und begutachtete sie neugierig. "Sind zwei Asse gut?", fragte sie schließlich. Naomi verschluckte sich fast und Kirito klopfte ihr auf den Rücken. "Kommt auf den Rest an", meinte sie schließlich. "Oh... also, ich habe noch eine Zehn..." Sie schaute weiter in ihr Blatt. Dai klappte der Kiefer runter und er starrte sie entgeistert an. "Was?", fragte sie verwirrt. "Naomi meinte doch... es kommt drauf an." "Baka", grinste die Brünette, sagte aber nichts weiter dazu. Sie kannte Luca mittlerweile lange genug um zu wissen, dass sie nur die Dumme spielte. "Nani?" Die Dunkelhaarige sah die anderen irritiert an. "Hab ich was falsch gemacht?" "Vielleicht solltest du uns deine Karten nicht schon vorher verraten", meinte Kohta achselzuckend und betrachtete weiterhin seine Karten. "Oh..." Sie drückte ihre Karten an die Brust. "Gomen..." "Schon okay", meinte Naomi gleichmütig. "Braucht irgendwer neue Karten?" Luca schaute noch einmal auf ihr Blatt. "Ich nehme... ähm... zwei, bitte." Die Musikstudentin gab ihr zwei Karten und nahm die anderen entgegen. "Auch zwei", meinte Kirito. Dai wollte eine haben und Kohta keine. Naomi tauschte alle Karten aus und nahm sich selbst zwei. Das Spiel endete damit, dass Luca verlor und ihre Zori dran glauben ließ. Danach musste Kohta etwas ausziehen, schließlich wieder Luca, Dai und dann Kirito. Als sie fast durch waren, hatten nur noch Kirito, Luca und Naomi etwas an. Der Sänger trug noch seine Hose, Naomi hatte sich ihren Yukata bis zuletzt aufgehoben und Luca hatte noch ihre Strapse und den Yukata an. Naomi betrachtete amüsiert ihre Karten. "Ich möchte sehen", verlangte sie und legte ihr Blatt vor sich hin. "Straight." Kirito zog eine Augenbraue hoch und breitete sein Full House vor sich aus. Luca fiepte verzweifelt. "Ich hab nix." Sie warf den anderen einen flehenden Blick zu. "Doch", grinste Naomi. "Karten." Die Dunkelhaarige legte ihr Blatt vor sich hin. Es war wirklich mies. Kohta kicherte direkt los und auch Dai grinste breit. "Was?", fragte sie hitzig. "Ihr lasst es doch nicht wirklich zu, oder?", fragte sie leicht panisch. Dai lehnte sich zurück. "Klar", meinte er. "Verloren ist verloren." "Aber... aber", fiepte sie den Rothaarigen an. "Kohta?" Der blonde Bassist legte den Kopf schief. "Ich bin derselben Meinung. Gleiches Recht für alle. Ihr Frauen steht doch sonst auch auf Gleichberechtigung, oder?" Luca lief leicht rosa an und umklammerte ihren Yukata. Naomi kicherte leise vor sich hin. "Los, zieh dich aus, Baby", grinste sie ihre Freundin an. "Tu es für mich!" "Okay... aber nur für dich", erwiderte die Dunkelhaarige schmollend. Luca zog langsam und verführerisch ihren Yukata aus. Sie ließ ihn langsam ihre Schultern hinunter gleiten, dann drehte sie sich keck zu Daisuke und Kohta, die aneinandergelehnt saßen und grinsten. "Wai!", jubelte Naomi. "Genau das wollte ich sehen!" Luca lächelte ihrer Freundin zuckersüß zu und ließ den Yukata gänzlich zu Boden gleiten, so dass sie nur noch in Unterwäsche und den Strapsen vor ihnen stand. Die Brünette grinste breit und nippte an ihrer Bierflasche. "Yeah, Baby!" Luca begann zu kichern und einige Strähnen fielen ihr ins Gesicht. "Und?" Sie drehte sich zu Kohta und Dai. "Zufrieden?" Kohta starrte sie mit offenem Mund an und nickte nur stumm. Luca setzte sich zwischen den Blonden und den Rothaarigen. Der Gitarrist von Dir en grey starrte sie nur mit halboffenem Mund an und sein Gesicht war beinahe so rot wie seine Haare. Naomi reckte sich und leerte ihre Flasche. "Kohta, kann ich die bitte gegen eine volle tauschen?" Als der Bassist nicht reagierte, verzog Naomi das Gesicht. Während sie ihren Yukata zuhielt, versuchte sie umständlich aufzustehen. Luca grinste den beiden Musikern zu und schaute Naomi an. "Ich mach schon." "Danke." Die Dunkelhaarige räkelte sich über Kohtas Schoß und nahm zwei Bierflaschen heraus, wovon sie eine Naomi reichte. "Kirito, du auch?", fragte sie als ob nichts wäre. "Arigatou, Honey", gurrte Naomi zufrieden als sie die Flasche entgegen nahm. Der Sänger beobachtete sie schon seit einer ganzen Weile recht amüsiert und war verwundert darüber, was Alkohol so alles anrichten konnte. Er nickte Luca zu. Die Designstudentin gab Kirito eine Flasche und räkelte sich wieder zurück, wobei sie die beiden Jungs neben sich angrinste. "Was ist, Kohta?", fragte sie lieb. "Hab ich was im... Gesicht?" Der Bassist schüttelte hastig den Kopf und sah weg. Dai, der sich noch immer auf die Lippe biss, seit Luca sich über Kohtas Schoß geräkelt hatte, zuckte zusammen. "Ich brauche ein Bier", stöhnte er auf. "Kohta, du auch?" Kohta hustete kurz und nickte dann. "Dringend." Luca lachte und zwinkerte ihrer Freundin zu. "Wer ist mit Geben dran?" "Ich", antwortete Naomi schmunzelnd. "Okay, Schatz... leg los", kicherte die Dunkelhaarige. "Aber gib mir bitte gute Karten... bei meinem Glück werde ich bald nackt hier sitzen." Sie grinste Kohta an. "Und das wollen wir ja nicht." Naomi nahm die Karten an sich und mischte sie, bevor sie Luca, Kirito und sich selbst je fünf Karten gab. Kohta drehte sich ein wenig von Luca weg und trank stur sein Bier. Kirito verlangte nach zwei neuen Karten, Naomi nahm sich eine. "Und du, Schatz?" Luca sah in ihr Blatt und ihr Blick veränderte sich schlagartig. Der verwirrte Ausdruck wich und ein ziemlich gutes Pokerface machte sich breit, fast noch besser als das von Kirito. "Eine", sagte sie ruhig, nahm sich eine Karte und legte eine von sich auf den Ablegestapel. "Alles klar", murmelte Kirito. "Sehen?" "Ja", stimmte Luca zu. "Dann leg dein Blatt hin, Kiri." Der blondierte Sänger deckte seine Karten auf. Drei Damen, eine Zehn und eine Sieben. "Naomi?", fragte Luca lächelnd. Naomi verzog ihr Gesicht zu einem Grinsen. Sie warf Luca einen kurzen Blick zu, dann legte sie ihre eigenen Karten vor sich hin. Eine große Straße. "Tja..." Luca legte ihr Blatt hin. "Kirito hat verloren. Ich habe ein Full House." Kirito zuckte unbeteiligt mit den Schultern und stand auf. Langsam öffnete er den Hosenknopf, warf den Kopf zur Seite und zog noch langsamer den Reißverschluss herunter, während er die Mädchen mit halbgeschlossenen Augen von oben herab ansah. Luca krallte sich in den Arm ihrer Freundin und schaute Kirito mit weit aufgerissenen Augen an. "Gott... ist der... heiß", flüsterte sie ihr leise auf Deutsch zu. Naomi musste einmal heftig schlucken und starrte ihn an, während er sich aus seiner Hose schälte. Sie vergaß sogar, ihren Yukata zuzuhalten. Sie bemerkte nicht einmal, wie ihr Luca in den Arm kniff. Sie holte tief Luft und nickte bloß. Beide Mädchen beobachteten den Sänger und fühlten sich einer Ohnmacht nahe. "Und er ist so ein Sadist", flüsterte Luca weiter. "Ich weiß", brachte Naomi mühevoll heraus. "Bin ich tot? Und im Himmel?" "Wenn, dann sind wir es beide, Baby." Sie kniff ihre Freundin in die Hand. "Tut das weh?" "Itai!", quietschte Naomi laut. "Allerdings!" Sie sah ihre Freundin vorwurfsvoll an und rieb sich die schmerzende Stelle, als sie ihren Blick wieder auf den Sänger richtete. "Dann sind wir immerhin nicht tot." Die Brünette seufzte. "Stimmt..." "Denkst du, er macht irgendwann weiter?", fragte Luca und fuhr sich durch die Haare. "Ich glaube, er zieht sich schon seit einer halben Stunde die Hose aus." Kirito ließ seine Hose breit grinsend auf die Decke fallen. "Seht ihr, Jungs? So macht man das." Mit diesen Worten setzte er sich wieder an seinen Platz. "Kirito...", stöhnte Luca leicht auf. "Du bist ein Sadist." Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. "Warum? War ich etwa besser als du?" "Du hast Glück, dass meine Beine so weich sind, dass ich mich nicht bewegen kann", grinste sie ihn an. Er zog den linken Mundwinkel zu einem amüsierten Halbgrinsen hoch. "Wollt ihr jetzt euer letztes Spiel machen, oder nicht?" Luca schaute zu ihrer Freundin. "Können wir das überbieten?" "Das überlebe ich nicht!", beschwerte sich Dai lautstark und nahm sich eine weitere Flasche. Naomi überlegte kurz, dann stahl sich ein Grinsen auf ihr Gesicht. "Bestimmt." "Okay." Luca stand auf und klatschte ihrer Freundin in die Handfläche. "Final Countdown." "Dann lass uns mal anfangen", säuselte die Brünette, rutschte zu Kirito rüber und lehnte sich mit dem Rücken gegen seine Brust, wobei sie sich noch immer mit einer Hand den Yukata zuhielt. Jetzt, wo sie ihrer Freundin gegenüber saß, fuchtelte sie mit der freien Hand. "Du musst geben." Die junge Frau schwankte kurz und Kirito legte automatisch beide Arme um sie, damit sie nicht umkippte. "Aye, aye", antwortete Luca und begann die Karten zu mischen. Den Jungs fiel fast die Kinnlade runter. Anscheinend konnte sie wirklich gut mischen. Es sah sogar ziemlich professionell aus, wie in einem Casino. Sie grinste ihrer Freundin zu und warf immer je eine Karte zu Naomi und dann vor sich. "Kannst schauen." Naomi beugte sich umständlich vor und nahm die Karten auf. Sie blinzelte kurz, da die Bilder vor ihren Augen leicht verschwammen. "Ich mag bitte eine neue haben", meinte sie. Luca nahm sich ihr Blatt und begutachtete es emotionslos. Sie nahm eine Karte ab und reichte sie Naomi. "Ich nehme drei." Die Studentin legte drei Karten ab und nahm drei neue. Die Musikstudentin nahm eine Karte aus ihrem Blatt und ersetzte sie durch die neue. Kirito sah sich ihre Karten ebenfalls an, ließ sich allerdings nichts anmerken. Luca schaute die Brünette ernst an. "Ich will sehen." Sie legte ihr Deck aus. Eine Dame, noch eine Dame, zwei Zehner und eine Sieben. "Und, Süße?" Naomi kicherte. "Natürlich willst du sehen", meinte sie und legte ihre eigenen zwei Damen und Zehner, ebenfalls mit einer Sieben vor sich aus. Luca schaute auf die beiden Decks und lachte laut auf. "Wie geil!", rief sie aus. "So etwas habe ich ja noch nie gesehen! Du musst mischen, Süße!" Naomi fuchtelte kurz mit ihrer Hand, dann gab Luca ihr die Karten, damit sie mischen konnte. Trotz ihres Alkoholpegels bekam sie das noch ganz gut hin, zumindest flogen keine einzelnen Karten durch die Gegend. Dann verteilte sie je fünf Karten und legte den Rest zur Seite. Luca schaute auf ihre Karten. "Eine", sagte sie kühl und legte ihre Karte ab. Naomi gab ihr eine neue und nahm sich selbst zwei. "Sehen", säuselte sie und legte ihre Karten vor sich hin. Drei Buben und zwei Könige. Die Designstudentin schaute sich ihre Karten noch nicht einmal an und legte das Blatt auf die Decke. "Royal Flush", entgegnete sie und schaute ihrer Freundin in die Augen. "Tja, Schatz... du hast verloren." "Sieht wohl so aus", erwiderte Naomi gut gelaunt. Sie warf ihre Karten zur Seite und stand auf, wobei sie sich auf Kiritos Schulter abstützte. Schwankend ließ sie ihn los. Sie tapste zwei Schritte in Lucas Richtung, dann blieb sie unsicher stehen. "Ja?", fragte die Dunkelhaarige ihre Freundin und stand auf. "Soll ich dir beim Ausziehen helfen?" Sie grinste breit. Die Musikstudentin ahmte das Grinsen ihrer Freundin nach. "Aber immer doch", hauchte sie. Luca stellte sich hinter die Brünette und strich ihr langsam durch das verwuschelte Haar. Sie machte ihr langsam die einzelnen leicht hängenden Spangen aus den Haaren und strich mit der Hand über ihren Hals. "Weiter?", hauchte sie ihr ins Ohr. Naomi legte den Kopf in den Nacken und hielt mit ihrer Hand den Yukata fest, während sie den anderen Arm nach hinten um Lucas Hals legte. "Klar", flüsterte sie zurück. Die dunkelhaarige junge Frau fixierte Dai mit ihrem Blick, küsste langsam Naomis Hals und dann die Schulter entlang, während sie den Yukata sanft dem Griff ihrer Freundin entwand. Die Musikstudentin ließ den Baumwollkimono los und fuhr sich mit der nun freien Hand über die Hüfte, wobei sie den Blick einmal von Kirito zu Daisuke und zurück schweifen ließ, bevor sie die Augen schloss. Luca schloss ebenfalls die Augen und tastete sich vorsichtig mit der Hand an Naomis Oberkörper zu ihrer rechten Schulter vor, wo sie begann, den Yukata heruntergleiten zu lassen. Die brünette Studentin zog die rechte Schulter ein wenig nach oben um etwas nachzuhelfen, dann drehte sie sich ein wenig zur Seite, so dass Luca nun neben ihr stand statt hinter ihr. Dann legte sie der Dunkelhaarigen den Arm um den Hals und zog ein Bein hoch, das sie ihrer Freundin an die Hüfte legte. Luca strich mit der rechten Hand über den Schenkel ihrer Freundin und küsste sanft ihren Hals. Sie strich ihre Haare zur Seite, ging langsam in die Hocke und zog sachte den Yukata mit runter. Naomi stellte ihr Bein wieder auf den Boden und spreizte es leicht von dem anderen ab. Sie ließ ihren Kopf im Nacken kreisen und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Der dunkle Baumwollkimono glitt zu Boden und Luca richtete sich ein wenig auf, wobei sie ihre Hände auf die Schultern der Brünetten legte, mit denen sie dann zärtlich Naomis Körper hinunterfuhr, während sie ihren Bauch küsste. Naomi legte beide Hände auf Lucas Schultern und drückte ihre Freundin langsam nach hinten, während sie selbst in die Knie sank. "Meinst du, das reicht, oder sollen wir weiter machen?", fragte sie leise. Luca grinste. "Weiß nicht... haben wir denn Kiri geschlagen, was das angeht?" "Davon bin ich ziemlich überzeugt", gab Naomi verschmitzt zurück. "Dann lass uns aufhören", kicherte die Dunkelhaarige. "Aber so als ob nix wäre... einfach aufstehen und ein Bier trinken." Die Musikstudentin nickte. "Klar, wie denn sonst?" Sie schob ihre Unterlippe ein wenig vor und zog die Mundwinkel nach oben, dann stand sie auf und zog Luca mit sich hoch. Sie ließ ihre Freundin los, holte für sie beide je ein Bier und reichte der Dunkelhaarigen eine der beiden Flaschen. "Danke, Schatz", entgegnete Luca und nahm ihr die Flasche ab. Die Brünette betrachtete Daisuke aus dem Augenwinkel, der noch immer mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen auf die Stelle starrte, an der die beiden ihren Strip hingelegt hatten, ohne wirklich zu registrieren, dass sie sich längst von dort entfernt hatten. Luca schaute unauffällig zu dem blonden Sänger rüber. Es konnte ihn doch nicht wirklich kalt gelassen haben, oder? Immerhin war er ein Mann. Kirito hatte sich so hingesetzt, dass man eine physikalische Reaktion nicht sehen konnte, zumindest nicht von ihrer Position aus. Doch sein Gesicht sprach Bände. Luca lächelte leicht. "Schau mal, Kiri", flüsterte sie ihrer Freundin zu. "Er hat wohl doch Emotionen." Naomi warf den Kopf herum und sah Kirito an, wobei sie sich leicht über die Lippen lckte und dabei grinste. "Stimmt, sieht ganz danach aus", flüsterte sie zurück. Luca lachte. "Also, Jungs. Ich gehe jetzt in den See." Sie ging auf Dai zu, der sich die Hände vor den Unterkörper hielt. "Freiwillige sind gern willkommen." Luca tapste an den Rand des Sees und stieg ins Wasser. "Ich komme mit!", rief Naomi und stellte ihre Bierflasche ab, bevor sie ihrer Freundin folgte. Dabei stolperte sie über etwas und fluchte. Sie drehte sich um und sah Kohta auf dem Boden liegen – schlafend. "Gott, kann der auch was anderes als immer nur schlafen?", wunderte sie sich laut, bevor sie sich dann wieder zum See aufmachte. Luca grinste und begann ihre Freundin mit Wasser zu bespritzen. Das laute Gekicher hätte wahrscheinlich selbst Tote aufgeweckt. Kapitel 10: Ryokan ------------------ Kirito wartete einen Moment ab, bis er sich einigermaßen beruhigt und sein Atem wieder halbwegs normal ging. Er biss sich auf die Unterlippe. Er musste sich selbst eingestehen, was die beiden Studentinnen da veranstaltet hatten, hatte ihn ziemlich aus der Bahn geworfen. "Gehen wir auch ins Wasser?", fragte er Dai. "Eine Abkühlung wäre mit Sicherheit nicht schlecht, oder?" Er grinste breit. Der Rothaarige zuckte zusammen. Er schaute noch immer auf das Fleckchen, wo die jungen Frauen gestrippt hatten. "Oh ja, und wie...", erwiderte er stotternd und ein breites Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. "Nach dir", zwinkerte er dem Sänger zu. Kirito zuckte mit den Schultern, stand auf und marschierte zum See. "Kommst du?", rief er über die Schulter und stieg dann ins Wasser. "Bin gleich hinter dir", antwortete Dai und hechtete ins Wasser. Der blonde Sänger sah ihn mit gespielter Panik an. "Besser nicht!", keuchte er entsetzt, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Dai schaute ihn verwirrt an, dann prustete er los. "Keine Sorge." "Dann ist ja gut." Kirito drehte sich um und sah die beiden Studentinnen an, die immer noch im Wasser herumkabbelten. Naomi lachte lauthals auf und stieß ihre Freundin von sich, bevor diese ihr eine Hand auf den Kopf legte und sie unter Wasser drückte. Die Brünette keuchte überrascht und schluckte versehentlich Wasser. Als sie wieder auftauchte, hustete sie und spuckte, lachte dann aber fröhlich weiter und stürzte auf Luca zu. Diese startete einen erneuten Versuch, ihre Freundin unter die Wasseroberfläche zu befördern, jedoch rutschte sie auf einem glitschigen mit Algen bedeckten Stein aus und so schaffte es die Musikstudentin, sie unterzutauchen. Etwa eine Minute verging, doch die Dunkelhaarige tauchte nicht wieder auf. "Luca?", rief Naomi verwirrt. Sie drehte sich im Wasser um und versuchte ihre Freundin zu finden, doch da es dunkel war, stellte sich das als unmöglich heraus. "Luca?" Unerwartet packte etwas Naomis Fußknöchel und zog sie nach unten. Luca tauchte kichernd auf und verschluckte sich. Sie strauchelte und klatschte erneut ins Wasser. Naomi tauchte wieder auf und schüttelte den Kopf, so dass das Wasser aus ihren Haaren in alle Richtungen spritzte. "Na warte!", rief sie aus und tauchte wieder unter. "Die beiden scheinen sich köstlich zu amüsieren", stellte Kirito sachlich fest und sah Dai an. Der rothaarige Gitarrist beobachtete das muntere Treiben der beiden jungen Frauen. "Wollen wir mitmachen?", fragte er Kirito und stupste ihm leicht in die Rippen. "Ich sehe ungern zu, wenn andere Spaß haben." Der Sänger sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Okay", meinte er schließlich und stürzte sich sofort auf Dai, der in diesem Moment viel zu überrascht war, um schnell genug reagieren zu können. Mit einem lauten Platschen landeten die beiden im Wasser. Der Rothaarige versuchte, einigermaßen die Orientierung unter Wasser zu finden. Er schaffte es irgendwie, das Handgelenk des Sängers zu greifen und zerrte diesen nach unten, während er sich selbst nach oben drückte. Insgeheim war Kirito froh, dass er früher Karate gemacht hatte und auch gut darin gewesen war. In dem Moment als Dai ihn am Handgelenk nach unten zog, packte er instinktiv zu und nahm den Gitarristen wieder mit nach unten. Nachdem Luca aufgetaucht war, wartete sie kurz auf Naomi und zeigte dann auf ein kleines Menschenknäuel, das sich im Wasser tummelte. "Schau mal", sagte sie zu ihr. "Die Jungs haben Spaß miteinander." Die Brünette grinste. "Dann scheinen sie sich ja doch nicht so sehr zu hassen." "Jo", antwortete Luca. "Oder sie versuchen, sich gegenseitig zu ertränken." "Meinst du?" Naomi zog besorgt eine Augenbraue hoch. Wenn dem so war, so hoffte sie, dass keiner der beiden erfolgreich sein würde. Schließlich wurden beide noch gebraucht. Zumindest von ihren jeweiligen Bands. "Wir könnten uns ja anpirschen und... na ja... helfen?" Die Musikstudentin lachte auf. "Willst du Kirito ertränken oder Dai?" "Kirito", antwortete die Dunkelhaarige grinsend. "Wenn ich ihn im Dunkeln erkenne, heißt das." Naomi blinzelte ihre Freundin irritiert an. "Bring ihn nicht um, ja?" "Ah, Quatsch." Luca schwamm leise zu den beiden Musikern. Als etwas, das kleiner aussah als Daisuke, aus dem Wasser auftauchte, sprang sie ihm auf den Rücken und drückte ihn zurück ins Wasser. Kirito war total überrascht als ihn etwas Kleines von hinten ansprang und direkt wieder unter die Wasseroberfläche beförderte. Er schluckte Wasser, dann packte er sich die dünnen Arme und zog das Mädchen von sich runter, bevor er wieder auftauchte. Naomi strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht und tauchte unter. Als sie zwei lange Beine erreichte, legte sie ihre Arme darum und zog Dai nach unten. Als der rothaarige Gitarrist die kleinen Hände an seinen Füßen bemerkte war es schon zu spät und er landete wieder im Wasser. Hastig griff er nach einem dürren Handgelenk und zog das Mädchen zu sich. Naomi japste und schluckte nicht gerade wenig Wasser. Sie ließ den Gitarristen los und wand ihren Arm aus seinem Griff, bevor sie prustend und spuckend wieder auftauchte. Luca schluckte eine Menge Wasser und hustete angewidert als sie an die Wasseroberfläche kam. Sie griff mit einer Hand nach ihrem Hals und hielt Ausschau, wer alles den Weg an die Luft gefunden hatte. Naomi schüttelte sich kurz und verteilte mal wieder einiges an Wassertropfen. "Luca?" Sie blinzelte kurz. Dann sah sie sich nach den beiden Männern um. In diesem Moment tauchte Kirito auf und spuckte Wasser. "Ich bin hier." Die Dunkelhaarige rieb sich die Augen und drapierte ihre Haare nach hinten. "Wer ist das jetzt? Kirito oder Daisuke?" Naomi hatte den Rest der Frage gar nicht mitbekommen, sondern war direkt wieder untergetaucht, als sie den Sänger gesehen hatte, und schwamm auf ich zu. Dummerweise hatte er mit so etwas gerechnet. Als sie bei ihm ankam und ihn runterziehen wollte, griff er zielsicher ins Wasser, packte Naomis Handgelenk und zog sie nach oben. Der Gitarrist nutzte diese Gelegenheit um sich an Kirito zu rächen. Er packte sich den Sänger von hinten und drückte ihn unter Wasser. Die junge Musikstudentin hatte kaum Gelegenheit nach Luft zu schnappen als sie auftauchte, da sie von Kirito direkt wieder mit runter gezogen wurde. Der Sänger ließ die junge Frau sofort los, nachdem sie beide von Dai unter Wasser getaucht worden waren. Sie bemerkte es und schwamm ein wenig von ihm weg. Kurz darauf tauchte sie auf und sah, dass Dai am letzten Tauchgang Schuld hatte. Kirito kam kurz nach ihr wieder zum Vorschein. Luca schaute sich das Getümmel grinsend an, stieg dann aus dem Wasser, ging auf Kohta zu und setzte sich auf seinen Bauch. Sie schnappte sich ihre langen Haare und ließ die Wassertropfen auf Kohtas schlafendes Gesicht tropfen. Kohta japste laut als das kalte Wasser auf sein Gesicht tropfte und setzte sich ruckartig auf. Luca schaute den Bassisten grinsend an. "Na, gut geschlafen? Du hast eine tolle Show verpasst." "Nani...", murmelte der Blonde und rieb sich die Augen. "Was hab ich verpasst?" "Gott, bist du süß, wenn du so verpeilt bist", erklärte Luca und wrang sich die Haare aus. "Wo ist Luca?", fragte Dai nun. Naomi sah sich kurz um. "Nicht mehr im Wasser", meinte sie als sie ihre Freundin am Ufer entdeckte. Sie war ziemlich außer Atem. "Ich muss was essen", murmelte sie und watete dann zum Ufer. Der Gitarrist und der Sänger tauschten einen kurzen Blick aus, dann folgten sie ihr. "Kannst du auch mal aufhören, mich nass zu machen?!", beschwerte sich Kohta. "Wenn du möchtest." Luca stand schweigend auf, ging zu ihrem Yukata und zog ihn sich über. "Dann nicht...", zischte sie leise. Der Bassist setzte sich auf und rieb mit beiden Händen über sein Gesicht, damit er wieder wach wurde. "Was nicht?", brummte er verschlafen. In diesem Moment kam Naomi bei ihnen an und machte sich sofort über den Kuchen her. "Nichts... schlaf weiter", grummelte Luca, nahm sich ein Bier und setzte sich auf die Decke. "Wasch losch?", nuschelte Naomi, nachdem sie ein großes Stück von ihrem Kuchen abgebissen hatte, und sah ihre Freundin verwirrt an. "Nichts." Die Dunkelhaarige lächelte der Brünetten zu und schluckte das Bier auf Ex. "Ich glaube, wir sollten uns langsam anziehen, oder?" Sie schaute auf ihr Handy. "Es ist schon früh." Die Brünette gab noch ein paar undefinierbare Geräusche von sich, dann schloss sie ihren Mund um erst mal ihren Kuchen zu essen. Kirito stapfte an Kohta vorbei und setzte sich auf die Decke, wobei er sich die nassen Haare nach hinten strich. "Na, auch wieder wach, Schildkröte?", stichelte er. Daisuke tat es ihm gleich. Er setzte sich neben Kohta und schüttelte die Haare. "Was ist los, Mädels?" Er schaute die grummelnde Luca und Naomi an, die anscheinend ein großes Stück Kuchen im Mund hatte. Naomi schluckte einmal, dann deutete sie auf ihren Mund. "Isch esche", murmelte sie, bevor sie genüsslich weiteraß. "Das sehe ich", grinste der Rothaarige. "Luca?" Luca band sich den Yukata zu und warf den Obi über ihre Schulter. "Es ist schon früh", sagte sie knapp. "Wir sollten entweder fahren… was in eurem Zustand nicht geht, oder eine Herberge suchen oder so etwas." Sie stand auf. "Ich bin tierisch müde und ich habe immer noch nicht geschlafen." Die Musikstudentin beeilte sich mit dem Essen. Sie konnte Luca verstehen, sie wusste ja, dass sie nicht geschlafen hatte. Nachdem sie ihre Hände an einem Tuch abgeputzt hatte zog sie sich ihren eigenen Yukata an und band sich den Obi lose um die Hüfte. Er musste ja nur notdürftig halten. "Die Idee ist ganz gut… Hat irgendwer eine Idee, wo wir hin könnten?" "Also, ich habe hier auf dem Hinweg ein Ryokan oder so was gesehen", sagte Luca. "Wir könnten ja schauen, wie viel es für eine Nacht kostet... ich nehme an, wir essen wohl nicht mehr viel und trinken auch nicht... könnte somit teuer werden." Naomi seufzte. "Ich weiß nicht...", murmelte sie. "Haben wir überhaupt noch genug Geld dabei?" "Ja", erwiderte Luca und begann den Müll aufzuräumen. "Mach dir deswegen keine Sorgen." Kohta sah die Brünette mit hochgezogener Augenbraue an. "Nach dem, was ich jetzt gerade gesehen habe, dürftest du die Kosten wahrscheinlich doch ganz schön senken..." (Anm.: Für diejenigen, die es nicht wissen... In einem Ryokan wird nach Service bezahlt, d.h. wenn man entsprechend isst und trinkt, muss man zwar Übernachtung und Speisen / Getränke bezahlen, der Preis für die Übernachtung wird aber dementsprechend günstiger.) Luca packte den eingesammelten Müll, ging über den Rasen zum Mülleimer und warf ihn hinein. "Jungs, zieht ihr euch bitte auch was an? Oder wollt ihr so die Straße entlanglaufen?" Kirito stand auf und begann sich anzuziehen, Kohta ebenso. Nur Daisuke saß noch da und sah die anderen irritiert an. "Was ist?", fragte Naomi. "Willst du hier Wurzeln schlagen?" Er sprang auf. "Nein..." Er zog sich die Baggy Pants über die nasse Boxershorts und das Shirt an. "Fertig", grinste er und schnappte sich die Kartons mit dem restlichen Bier. "Auto? Oder wegwerfen. Ins Ryokan können die nicht mit", fragte er Kohta und Kirito. "Auto", antwortete der Bassist bestimmt. Naomi faltete sorgsam die Decken zusammen und packte sie sich unter den Arm. "Okay." Dai drehte sich zu der Musikstudentin um. "Pack die Decken auch mit hier drauf. Ich lasse alles im Wagen." "Willst du etwa alles alleine tragen?", fragte sie ihn verwundert. "Das bisschen Bier und die zwei Decken schaffe ich schon." Er lächelte ihr zu. "Oder denkst du, ich breche zusammen?" Naomi zuckte nur mit den Schultern und legte die Decken auf die Bierkartons. "Wir treffen uns dann am Ryokan", erklärte der Rothaarige und verschwand in Richtung Parkplatz. Luca sah dem Gitarristen verwundert nach. Irgendwas stimmte doch nicht. Dann drehte sie sich um. "Wollen wir mal so langsam?" Kirito nickte und bot Naomi seinen Arm an. Sie hakte sich bei ihm ein und Kohta legte einen Arm um Lucas Schultern. "Einer muss ja für Dai auf dich aufpassen", feixte er. Die Dunkelhaarige machte sich von ihm los. "Ich kann sehr wohl selbst auf mich aufpassen, Kohta", zischte sie den Bassisten an. Er blinzelte irritiert und wandte sich dann grummelnd von ihr ab. "Bitte", murmelte er und machte sich auf den Weg. Naomi sah Luca verwirrt an. "Was ist denn mit dir los?", wollte sie von ihrer Freundin wissen. "Nichts", erwiderte diese leicht genervt, fand jedoch sofort ihre Beherrschung. "Ich bin nur müde, das ist alles." "Na gut", meinte Naomi. "Dann lass uns gehen, damit wir bald schlafen können." "Ja." Sie band sich die Haare zu einem Knoten. "Habt ihr morgen keine Termine, Kirito?" Sie drehte sich zu ihm um. "Nicht, dass es so endet wie gestern Mittag." Der Sänger überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, erst in zwei Tagen wieder." "Dann ist gut... dich aus dem Bett zu bekommen ist auch eine Mordsarbeit", grinste sie ihm zu. Er grinste ebenfalls. "Ich weiß." "Das mach ich nur ungern zwei Tage hintereinander." Naomi lachte. "Das glaub ich dir." Luca blieb stehen. "Mist. Ich habe meine Zori vergessen. Bin gleich wieder da, geht ruhig weiter." Die Dunkelhaarige drehte sich um und rannte zurück. Die junge Musikstudentin zog eine Augenbraue hoch, zog aber Kirito hinter sich her, der stehen bleiben wollte. Auf seinen irritierten Blick hin meinte sie nur: "Luca sagte, wir könnten weitergehen, also sollten wir das tun." Nach etwa fünf Minuten konnte man Zori-Getrappel hören und Luca lief auf die drei zu. Sie machte eine kurze Pause als sie fünf Meter hinter ihnen war, ging in die Hocke und hielt sich die Seite. "Bin doch noch ganz flott... trotz der Raucherei", schnaufte sie stolz. "Vielleicht solltest du weniger rauchen und mehr Sport treiben?", schlug Kirito vor. "Nee", grinste sie ihm zu und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Wäre doch witzlos." "Wenn du meinst", erwiderte der Sänger. "Komm", murmelte Naomi und zog an Kiritos Arm, dann sah sie zu Luca. "Ich werde auch langsam müde, lass uns gehen." Luca lächelte ihnen zu und ging weiter. Nach einer Weile kamen sie endlich an dem Ryokan an, das Luca am Abend zuvor vom Auto aus gesehen hatte. Sie machte sich einigermaßen zurecht – so gut es halt in ihrem Zustand ging – und betrat das Ryokan. Die anderen folgten ihr. "Wir können hier übernachten", sagte Luca und nahm einen Zettel von der Besitzerin an. "Problem… ein Zimmer für uns alle." Sie verbeugte sich vor der Wirtin. "Es ist sonst alles ausgebucht." "Um…" Naomi legte die Stirn in Falten. "Es wird wohl gehen müssen." Sie fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Teilen wir uns dann einen Futon?" Der rothaarige Gitarrist steckte den Kopf zur Tür herein. "Oh, hier seid ihr. Und, wie sieht es aus?" Luca lächelte. "Müssen wir nicht. Futons gibt es genug", erklärte sie ihrer Freundin. "Oder willst du unbedingt?" Die Brünette trat näher zu der Dunkelhaarigen heran. "Soll sich lieber Kohta oder Daisuke später zu dir schleichen?", fragte sie mit einem breiten Grinsen. "Obwohl ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass sie das tun. Also ist es eigentlich egal." "Höh?" Luca sah sie verwirrt an. "Wieso, sollte einer von ihnen?" Naomi legte ihr einen Arm um die Schultern. "Du weißt aber schon, dass sie beide auf dich stehen, ja?", raunte sie Luca ins Ohr. Luca schüttelte den Kopf und ging zu der Wirtin. Sie verbeugte sich elegant, zog die Zori aus und folgte der Frau ins Innere. Naomi, Kirito und Kohta entledigten sich ebenfalls ihrer Fußbekleidung und gingen hinein. Dai starrte ihnen nach. Komische Laune hatten die wieder. Er zuckte mit den Schultern, zog seine Schuhe aus und folgte ebenfalls. Naomi sah sich mit großen Augen um. Sie hatte zwar schon viele Fotos von Ryokan gesehen, war aber selbst noch nie in einem gewesen. Kirito legte ihr einen Arm um die Schultern. "Gefällt es dir hier?" Das Mädchen nickte, dann gähnte sie und hielt sich schnell eine Hand vor den Mund. Die Wirtin kniete sich vor ein Zimmer und schob den Fusuma zur Seite – eine eindeutige Aufforderung, das Zimmer zu betreten. Die dunkelhaarige Studentin ging in das mit Tatamimatten ausgelegte Zimmer, kniete sich ebenfalls hin und wartete, bis alle im Raum waren. Naomi betrat den Raum, gefolgt von den beiden Brüdern sowie Dai, und stellte ihre Tasche in einer Ecke ab. Luca verbeugte sich tief vor der Wirtin und blickte erst auf, als diese den Fusuma wieder zuzog. Dann stand sie auf und ging an einen der Schränke, holte die Futons und das Schlafzeug heraus. Naomi beeilte sich, ihr dabei zu helfen. "Ich gehe noch baden", sagte Luca, schnappte sich einen Schlafkimono und verschwand durch die Tür. "Wollte sie nicht schlafen?", wunderte sich die Brünette. Doch dann hob sie nur die Schultern, Luca würde sich schon wieder beruhigen. Sie drehte sich zu Kohta um. "Was hast du eigentlich mit ihr gemacht, dass sie so eine Laune hat?" Der Bassist blinzelte sie fragend an. "Ich? Gar nichts..." Naomi seufzte. "Egal... was auch immer du angestellt hast, du wirst dich bei ihr entschuldigen!" Dai ließ sich auf einen der Futons fallen. "Gott, tut das gut...", seufzte er. "Willst du in Klamotten schlafen?", fragte ihn Kirito, als ersich auf einen anderen Futon setzte. Der blonde Sänger sah zu Naomi, die noch immer unentschlossen mitten im Raum stand. Er wollte sie gerade fragen, was los war, doch dann kam ihm der Gedanke schon selbst. "Dai, Kohta, macht bitte für einen Moment die Augen zu, damit Naomi sich umziehen kann." Dai gab einen leisen Schnarcher von sich. Der würde die Augen wohl nicht so schnell wieder aufmachen. Kirito schmunzelte. "Gut, dann nur die Schildkröte." Naomi blinzelte ihn irritiert an. Er zog die Augenbrauen hoch. "Ich natürlich auch, aber mich selbst muss ich ja nicht dazu auffordern, ne?", meinte er mit einem Augenzwinkern. Sie nickte, dann schnappte sie sich einen Schlafkimono und wartete, bis die beiden die Augen geschlossen hatten. Sie zog sich so schnell wie möglich um. "Ihr dürft wieder", fiepte sie leise. Irgendwie kam sie sich ein wenig albern vor, aber nachdem die Wirkung des Alkohols langsam nachließ war sie nicht so offenherzig wie noch einige Stunden zuvor beim Strip-Poker. Sie setzte sich auf einen Futon und strich sich die wirren Haare aus dem Gesicht. Nun zogen sich auch Kirito und Kohta um, verlangten aber nicht, dass Naomi wegsah. Das brauchten sie auch gar nicht, denn sie hatte sich bereits hingelegt und die Augen geschlossen. Der Bassist wandte sich an seinen Bruder, sah ihn mit gerunzelter Stirn an, deutete erst auf ihn, dann auf Naomi. Kirito wusste natürlich sofort, was er ihm damit sagen wollte, schüttelte aber den Kopf. Es war ihm egal wie sehr Kohta ihn mit Naomi verkuppeln wollte, er würde sicher nicht einfach mit ihr auf einem Futon schlafen, wenn sie sich erstens kaum kannten und sie zweitens wahrscheinlich nicht einmal damit einverstanden war. Er erinnerte sich an den Abend zuvor, als sie darauf bestanden hatte, dass sie getrennt schliefen, nachdem Kohta sie in ihrem Schlafzimmer eingesperrt hatte. Der Blonde seufzte. Dann nahm er einfach einen Futon und legte ihn direkt neben Naomis. Der Sänger verdrehte die Augen, sagte aber nichts, sondern legte sich auf seinen Futon und scheuchte seinen nervigen Bruder weg. Nach einer Weile kam auch Luca erfrischt aus dem Badezimmer. Es hatte wirklich gut getan, den ganzen Stress loszuwerden. Vorsichtig schob sie den Fusuma zur Seite, rutschte auf Knien hinein und zog ihn wieder zu. Sie schaute sich für einen Moment im Raum um, ob schon alle schliefen. Kohta sah auf als Luca den Raum betrat. Ihre Laune verschlechterte sich als sie den blonden Bassisten sah. Demonstrativ ging sie zu einem freien Futon, ohne darauf zu achten, wo er lag und legte sich hin. Er stand auf und ging zu Luca rüber. "Hey...", murmelte er leise um die anderen nicht zu wecken. Die Dunkelhaarige hielt ihre Augen mit aller Gewalt geschlossen. "Hm?!" Kohta seufzte. "Ich weiß zwar nicht, warum du so sauer auf mich bist, aber ich wollte mich trotzdem bei dir entschuldigen, falls ich mich daneben benommen haben sollte." Sie zog sich die Decke über den Kopf. "Du bist einfach nur doof, weißt du das?", flüsterte sie. Der Bassist blinzelte irritiert. "Warum?" "Weil du doof bist." "Das ist kein Grund." Die Studentin steckte den Kopf aus der Decke heraus, so dass man nur ihre Augen sehen konnte, die zu Schlitzen verengt waren. "Lange Leitung?", zischte sie ihm zu. Kohta kratzte sich verwirrt am Hinterkopf. "Wobei denn?" "Vielleicht solltest du schlafen gehen", schlug sie dann vor und wickelte sich in ihre Decke. Der Blonde seufzte wieder. "Ich will das aber jetzt wissen." Sie setzte sich auf und schaute ihn böse an. "So intelligent, wenn es um deinen Bruder geht..." Sie schüttelte den Kopf. "Aber sonst…" "Nani?" Er verstand im Moment wirklich nicht, worauf sie hinaus wollte. "Hab ich irgendwas falsch gemacht?" Luca rollte mit den Augen und seufzte schwer. "Gute Nacht, Kohta!" Dann legte sie sich wieder auf ihren Futon und drehte sich um. "Aber... aber...", stammelte der Bassist. "Luca!" "Was ist noch?", grummelte sie unter ihrer Decke. Kohta strich ihr eine Strähne aus der Stirn. "Sag mir doch, was ich falsch gemacht habe... ich werde keine Ruhe finden, bevor ich das weiß." "Tja... dann wirst du wohl heute nicht schlafen", murmelte sie und vergrub ihren Kopf unter der Decke. "Machst du das, um mich zu ärgern?", fragte er schließlich. Sie zuckte leicht zusammen und kroch unter ihrer Decke hervor. "Nein", zischte sie. "Du?" Der Bassist verzog das Gesicht. "Wieso sollte ich dich ärgern wollen?" "Kohta..." Sie sah ihm in die Augen. "Bist du blind? Oder einfach nur zu sehr damit beschäftigt, deinen Bruder mit Naomi zu verkuppeln?", fauchte sie leise. Er sah sie verwirrt an. "Aber..." Er überlegte kurz, war aber nicht sicher, ob er mit seiner vagen Vermutung Recht hatte. "Sag mal... erm... ach, ich weiß es auch nicht", seufzte er schließlich. Luca schaute genervt zu Boden und fiel schon zum vierten Mal auf ihren Futon zurück. "Fein", fauchte sie. "Gute Nacht." "Hasst du mich?", fragte Kohta unvermittelt. "Jetzt gerade?", gab sie leise zurück. "Auch", antwortete er. "Aber ich meinte eigentlich eher so generell." Sie seufzte. "Wie kommst du auf den Blödsinn?" "Du benimmst dich so." "Seit wann?", fragte sie ruhig. "Hauptsächlich seit du mich geweckt hast." Der Bassist zog eine Augenbraue hoch. "Ich weiß immer noch nicht, was ich dir getan haben soll..." "Ist doch jetzt egal." Sie drehte sich in den Decken zurecht. "Nein, ich hasse dich nicht... nicht generell... zur Zeit... ein wenig, weil du total auf der Leitung stehst." Sie grummelte kurz. "Gute Nacht, Kohta." Er verzog das Gesicht. "Bitte, wenn du nicht mit mir reden willst...", brummte er und ging zu seinem eigenen Futon zurück. Luca steckte den Kopf aus der Decke. "Reden schon, aber es bringt nichts, weil du nicht verstehst oder nicht verstehen willst." "Wenn du mir endlich sagen würdest, was los ist, dann könnte ich das vielleicht auch verstehen", murmelte er mürrisch. So langsam aber sicher hatte er keine Lust mehr auf dieses Theater. "Ich glaube langsam, ein nacktes Mädchen könnte dich anspringen und du würdest sie nur fragen, ob ihr nicht kalt ist", grummelte sie dem Bassisten entgegen. Kohta stutze. "Würde ich nicht", erwiderte er. "Sondern?" "Wieso 'sondern'? Was soll dieses 'Sondern'?" "Was würdest du sonst tun, meine ich damit." "Spielt das jetzt eine Rolle?" Sie verkrampfte sich. "Stell dir vor, du bist Kohta." Sie funkelte ihn an. "Und ich das nackte Mädchen. Dann... spielt es eine Rolle", fauchte sie. "Ja, das schon… du bist ja schließlich auch nicht einfach irgendein Mädchen." "Was für ein Mädchen bin ich denn?", wollte sie wissen. Kohta deckte sich zu und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er schloss die Augen und seufzte. "Ein besonderes...", murmelte er. "Kohta..." Ihr Ton wurde angespannter. "Wieso?" Sie saß auf ihrem Futon und schaute in seine Richtung. Der Bassist atmete einmal tief durch. "Ich mag dich halt... wieso, ist das jetzt neuerdings verboten?" Er drehte sich auf die Seite, die Augen noch immer geschlossen. "Und weiter?" Sie hörte sich nun besänftigt an. "Nichts weiter", entgegnete der Bassist. "Ich mag dich halt. Du bist interessant, hübsch... ich find dich nett... was willst du noch hören?" "Etwas mehr... aber für den Anfang reicht das auch." Sie seufzte. "Solange es irgendwann etwas mehr wird." Kohta setzte sich ruckartig auf und wandte sich in ihre Richtung. "Was war das gerade?" "Was war was?", fragte sie. "Ich habe nichts gehört." "Ich meinte, was du gerade gesagt hast!" Luca stutzte. "Eigentlich eine Menge", antwortete sie vorsichtig. "Ja, aber... aber ich... du...", stammelte der Bassist herum, dann fasste er sich wieder. "Und was ist mit Dai?" "Häh... der hat gar nichts gesagt", meinte sie. "Der schläft doch." "Das weiß ich auch... aber ich dachte, du hättest was mit ihm oder wärst seine Freundin..." "Höh? Wer sagt das?", fragte sie verwirrt. "Freunde... ja klar... aber nicht so, wie du denkst." Kohta blinzelte irritiert, dann seufzte er auf und ließ sich zurück auf seinen Futon fallen. "Und ich dachte... also wirklich..." Luca saß verwirrt auf ihrem Futon. "Ich verstehe grad gar nix." "Dai scheint sehr großes Interesse an dir zu haben, das ist offensichtlich... aber ich dachte, so wie ihr beiden miteinander umgeht, seid ihr ein Paar oder so, deswegen..." Er seufzte. "Ich hab mir daher keinerlei Hoffnungen oder Illusionen gemacht." "Häh... da bildest du dir was ein." Sie schüttelte den Kopf. "Daisuke doch nicht." Sie legte den Kopf schief. "Heißt das, du hast es endlich begriffen?" Der Blonde rieb sich mit einer Hand das Gesicht. "Ich denke schon...", antwortete er vorsichtig. "Das heißt also… du bist gerade... ungebunden?" Luca grinste. "Kann man so sagen... und du?" Er streckte die Arme zu beiden Seiten aus. "Keinerlei Verpflichtungen." "Außer dem Beruf", fügte Luca hinzu. "Und was machen wir jetzt?" Der Bassist machte ein zustimmendes Geräusch. "Ich weiß nicht...", antwortete er. "Ich hatte nicht vor, die anderen zu wecken. Onii würde mich töten." Luca lief rot an. "Mit jetzt meinte ich nicht... also... nicht hier... nicht dieses Jetzt... argh..." Sie schüttelte energisch den Kopf. "Baka... was denkst du von mir!" Sie ließ sich auf den Futon fallen. Kohta schnaubte amüsiert. "Nur das Beste." "Ich denke, wir sollten schlafen gehen... also... getrennt und so..." "Das mit dem Schlafen ist eine gute Idee", pflichtete Kohta ihr bei. "Aber alleine?" "Höh? Hast du Angst im Dunkeln oder wie?" Er lachte leise. "Nein... mir gefällt es nur, morgens neben einer schönen Frau aufzuwachen, die mir etwas bedeutet." "Du liegst doch neben Dai", sagte sie kichernd. Kohta brummte missmutig. "Seit wann ist der ne Frau?" Luca schaute sich vorsichtig um. Alle schienen zu schlafen. Sie packte ihre Bettdecke und das Kissen und huschte zu Kohta. "Ein Futon, zwei Bettdecken", erklärte sie. "Ich schlafe übrigens auch ungern alleine." Der Bassist drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf mit dem Arm ab. "Dann haben wir das Problem ja recht... zufrieden stellend gelöst...", meinte er. Er hob den Kopf und sah zu seinem Bruder rüber. "Ich komme sofort wieder." Luca schaute ihm verwirrt hinterher. "Kohta... was hast du vor?", fragte sie leise. Er stand auf, tapste zu Kirito rüber, zog ihm die Decke weg und schob ihn vorsichtig näher zu Naomi ran. Dann legte er Kiritos Arm über die junge Frau, deckte sie beide zu und ging dann zufrieden grinsend wieder zu seinem eigenen Futon und Luca zurück. "Die werden dich töten, das ist dir schon klar, ja?" "Wenn Onii mich töten wollte, hätte er das schon mehrfach versucht...", entgegnete der Bassist achselzuckend, als er sich neben sie legte. "Außerdem weiß er ja nicht, dass ich es war." Sie grinste breit, was man nicht wirklich sehen konnte, und kuschelte sich dann in die Bettdecke. "Schlaf gut, Kohta", sagte sie lieb und schloss die Augen. "Du auch", murmelte er und legte einen Arm über ihre Bettdecke. So konnte er sich immerhin einreden, sie tatsächlich im Arm zu halten. Kapitel 11: Onsen ----------------- Es war ungefähr zwölf Uhr mittags als Kirito langsam wach wurde. Er hatte keine Lust, die Augen zu öffnen, geschweige denn aufzustehen. Soweit er sich erinnerte, hatte er heute frei und da auch kein Wecker klingelte, würde das schon richtig so sein. Unbewusst rückte er näher an den warmen Körper neben sich heran. Er dachte gar nicht darüber nach, dass er zuvor alleine eingeschlafen war, noch war er nicht wirklich wach. Und im Prinzip war es ihm auch ziemlich egal. Es war angenehm, wach zu werden und jemanden neben sich liegen zu haben. Der Sänger murmelte leise etwas vor sich hin und zog die Person neben sich mit seinem Arm noch näher zu sich heran. Naomi träumte von Dingen, die schon zwei Jahre zurück lagen, als sie noch mit ihrem Ex-Freund zusammen gewesen war. Allerdings verblasste der Traum, als sich ihr Bewusstsein langsam meldete und sie bemerkte, dass sie nicht allein war. Aufgrund ihres Traums dachte sie allerdings, dass es Ken war, daher dachte sie gar nicht weiter darüber nach. Die junge Frau brummte zufrieden und drehte sich mit noch geschlossenen Augen in den Armen des anderen um. Als sie sich ihm zuwandte, öffnete Kirito vorsichtig ein Auge, um zu sehen, wer da überhaupt bei ihm lag. Im ersten Moment konnte er allerdings nicht wirklich viel sehen, da sie ihr Gesicht an seine Brust geschmiegt hatte und dadurch nur verwuschelte hellbraune Haare sichtbar waren. Der Sänger kramte verschlafen in seiner Erinnerung, welches Mädchen er kannte, das hellbraune Haare hatte. Er blinzelte und öffnete nun beide Augen. Da war irgendwas. Er wollte sich ein wenig aufrichten, damit er sehen konnte, wer es war, doch in diesem Moment packte ihn die junge Frau und hielt ihn fest. "Bleib doch noch ein bisschen liegen...", murmelte sie leise. Und in genau diesem Moment fiel bei ihm der Groschen. Kirito blinzelte verwirrt, öffnete den Mund um etwas zu sagen, jedoch fiel ihm nichts ein und er schloss ihn wieder. Naomi verzog das Gesicht, als sie bemerkte, dass sie langsam Hunger bekam. Frühstück wäre wohl keine so schlechte Idee... Sie öffnete unwillig die Augen und blinzelte. Seit wann trug Ken einen Schlafkimono? Das hatte er doch noch nie getan… Vorsichtig hob sie den Kopf, nur um in ein Paar dunkelbraune Augen zu sehen, die ebenso verwirrt schauten wie sie war. Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder daran erinnerte, wo sie war und was sie gemacht hatten. "Ohayou...", murmelte Kirito schmunzelnd und in diesem Moment traf sie die Erkenntnis, in wessen Armen sie lag, wie ein Blitz. Die junge Studentin quietschte erschrocken auf, rutschte reflexartig von ihm weg und setzte sich auf. "Was um alles in der Welt machst du in meinem Bett?", fiepte sie panisch. Der Sänger setzte sich ebenfalls auf und rieb sich die Augen. "Ich würde eher sagen, was machst du auf meinem Futon?" Luca schob langsam den Kopf unter ihrer Decke hervor. Sie hatte sich förmlich darin eingenäht, könnte man meinen, nur damit Kohta nicht auf irgendwelche dummen Ideen kam. Träge und verschlafen wuselte sie sich heraus und schaute in Kiritos und Naomis Richtung. "Müsst ihr so laut sein?", fragte sie müde. "Hier gibt es auch noch ein paar Menschen, die schlafen wollen, ihr Egoisten." Mit diesen Worten warf sie sich wieder auf ihr Kissen und schloss die Augen, während sie näher an Kohta heranrutschte. Verwirrt sah Naomi zu Luca rüber, auch Kirito wandte den Kopf in ihre Richtung. Für einen Moment waren beide sprachlos, dann sah der Sänger genauer hin. "Kohta?", fragte er irritiert. "Kohta? Wieso Kohta?", meinte die Musikstudentin verwundert. "Das ist Luca." Der Sänger sah sie wieder an. "Aber mein Bruder liegt neben ihr." "Was?!", zischte Naomi und stand auf, um sich das Ganze genauer anzusehen. Tatsächlich. Der Bassist lag friedlich schlafend neben ihrer besten Freundin. Die brünette Studentin deutete auf die beiden, bewegte ihre Lippen, allerdings kam kein Ton heraus. Sie sah Kirito mit großen Augen an, doch der hob nur die Schultern. "Was hältst du davon, wenn wir erst einmal frühstücken?", fragte er leise, um Luca nicht wieder zu wecken und ihren Zorn auf sich zu ziehen. "Es ist bereits zwölf", grummelte diese. "Und leise müsst ihr auch nicht mehr sein, ich bin nämlich schon wach." Sie setzte sich auf, versuchte ihr Haar zu glätten, kroch unter Kohtas Decke hervor und schälte sich aus ihrer eigenen, wobei sie Naomi um Hilfe bat. Die Brünette starrte sie für einen kurzen Moment wortlos an, dann half sie ihr. "Danke", nuschelte Luca und schaute den schlafenden Bassisten merkwürdig an. Auf einmal rümpfte sie ihre Nase. "Ich glaube, wir sollten alle mal ein Bad nehmen." Sie schaute sich in dem Tatamizimmer um. "Wir riechen nämlich alle nicht besonders gut." "Gute Idee", murmelte Naomi zustimmend. "Und dann essen wir was." "Ja, das auf jeden Fall. Ich verhungere." Kirito stand auf, streckte sich und marschierte zu seinem Bruder rüber, der noch immer tief und fest schlief. "Oi, Schildkröte!", meinte er und rüttelte den Bassisten an der Schulter. Luca schielte kurz zu ihrer Freundin rüber. Da sie langsam wach wurde, wollte sie unbedingt deren Gesichtsausdruck sehen, wegen dieser Sache, die Kohta 'verbrochen' hatte. Naomi sah Kirito mit hochgezogener Augenbraue an und kaute auf ihrem Daumen herum. 'Gott sei Dank.' Sie seufzte fast unhörbar. Die Musikstudentin nahm den Daumen wieder aus dem Mund und sah nun zu Luca. "Ist irgendwas?", wollte sie wissen. "Nö", antwortete diese unschuldig und starrte Kiri an. "Denkst du, du bekommst ihn wach?", fragte sie zur Ablenkung. Der Sänger sah zu ihr auf. "Ich hatte viele Jahre lang die Gelegenheit herauszufinden, wie man den wach bekommt", grinste er boshaft. "Da bin ich aber mal gespannt", grinste sie zurück. Kirito beugte sich über seinen Bruder, rupfte ihm ein paar Haare aus, dann sah er zu den Studentinnen rüber. "Hat eine von euch zufällig ein Feuerzeug zur Hand?" Luca hechtete zu ihrer Handtasche. Sie war sehr gespannt auf das, was er vorhatte. Sie nahm ein Feuerzeug aus der Tasche, ging zu Kirito und reichte es ihm. Er nahm es dankend an, dann entzündete er es und hielt die Flamme an die Haare, die er Kohta zuvor ausgerissen hatte. Sofort flutete der Geruch nach verbrannten Haaren durch den Raum. Der Bassist bewegte sich und blinzelte seinen älteren Bruder an. Der Sänger stand auf und gab Luca ihr Feuerzeug zurück. "Wenn du nicht sofort aufstehst, brennt gleich noch mehr", sagte er in einem unbeteiligten Tonfall und trat einige Schritte zurück. Mit einem Satz sprang Kohta auf, wobei er sich in seiner Decke verfing und das Gleichgewicht verlor. Luca prustete los und hielt sich den Kimono, damit er nicht verrutschte. Naomi kicherte verhalten vor sich hin. Eigentlich wollte sie gar nicht lachen, aber irgendwie konnte sie nicht andres. "Können wir jetzt langsam baden gehen?" Sie hob ihren linken Arm und roch kurz. "Ich mag wieder menschlich riechen." Luca tapste zu den Fusuma, die offenbar nach draußen führten, und öffnete sie. "Bisschen frische Luft würde dem Zimmer auch nicht schaden", stellte sie naserümpfend fest. Kohta rappelte sich wieder auf und sah sich verwirrt um. "Hab ich irgendwas verpasst?", murmelte er. "Morgen", grinste ihm die Dunkelhaarige zu. "Hat er?", fragte sie Naomi. Das Gesicht der Musikstudentin verdüsterte sich ein wenig. "Nicht wirklich..." "Was los, Süße?", fragte die Designstudentin ihre Freundin auf Deutsch. "Schlecht geschlafen?" Naomi gestikulierte wild mit einem Arm. "Der da hat sich heimlich zu mir auf den Futon geschlichen!", antwortete sie ebenfalls auf Deutsch. "Kannst du dir vorstellen, was für einen Schrecken ich bekommen habe, als ich wach wurde?" Luca unterdrückte verzweifelt ein Kichern und schaute ihre Freundin halbwegs ernst an. "Hat er?" Die Brünette drehte sich grummelnd um. "Er hat!" "Und wenn es nur Zufall war?", fragte sie ernst. Kohta kratzte sich verwirrt am Hinterkopf und wunderte sich, was los war. Da die beiden nicht auf Japanisch miteinander sprachen, verstand er natürlich kein einziges Wort. "Klar!" Naomi zog die Stirn kraus. "Er steht ganz zufällig auf und liegt dann später aus purem Zufall auf meinem Futon!" Die junge Frau knirschte leise mit den Zähnen. "Hältst du mich etwa für dumm?" "Nein, nur für leicht verwirrt und tollpatschig", antwortete Luca. Die Brünette schnaubte. "Und deswegen wacht er auf meinem Futon auf? Weil ich verwirrt und tollpatschig bin?" "Vielleicht ist er nachts aufgestanden", überlegte Luca, "und hat sich einfach da hingelegt. Man, Naomi! Wie oft bin ich neben dir aufgewacht?" Kirito lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen eine Wand und sah die beiden interessiert an. Zwar verstand auch er nicht, was sie sagten, aber die Art, wie sie sich unterhielten, war schon interessant genug. Naomi sah Luca ungläubig an, dann wandte sie sich an den Sänger. "Sag mal, bist du Schlafwandler?", fragte sie auf Japanisch. Luca schlug sich die flache Hand vor die Stirn. "Baka", flüsterte sie ganz leise. Noch bevor der blonde Sänger antworten konnte, schnellte Naomis Kopf wieder in Lucas Richtung. "Das habe ich gehört." Kirito schmunzelte amüsiert und auf Kohtas Gesicht zeichnete sich langsam Erkenntnis ab. "Ah...", meinte er. Luca hob abwehrend ihre Hände. "Okay..." "Mein Bruder ist kein Schlafwandler", fuhr der Bassist fort. "Wie kommst du auf so was?" Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Luca schüttelte den Kopf und hoffte, dass Naomi die Sache nicht allzu sehr aufbauschen würde. Die brünette Studentin sah erst Kohta, dann Kirito und schließlich Luca düster an, dann drehte sie sich auf dem Absatz um. "Pah... macht euch ruhig über mich lustig...", murmelte sie. "Ich geh baden!" Mit diesen Worten verließ sie den Raum. Luca starrte ihrer Freundin nach, sah dann zu den Musikern, zuckte lächelnd mit den Schultern und folgte ihr. Die beiden Brüder sahen sich fragend an. "Was ist denn mit der los?", murmelte Kohta. "Bloß weil ihr... ich... Shit!" Bevor der Sänger etwas erwidern oder fragen konnte, lief auch er hinaus und ließ Kirito einfach dort stehen. Luca lief hinter ihrer Freundin her. "Naomi, warte!" Sie verhedderte sich in ihren Puschen, die sie hier bekommen hatte, und fiel nach vorne über, direkt auf die brünette Studentin. Mit einem lauten Krachen landeten die beiden auf dem Fußboden. "Autsch...", murmelte Naomi leise und versuchte aufzustehen, was gar nicht so einfach war, schließlich lag Luca noch auf ihr. "Sag mal, willst du mich umbringen?" "Eigentlich nicht", japste die Dunkelhaarige und rutschte mehr oder minder von ihrer Freundin runter. "Wieso?" "Weil du es gerade fast geschafft hättest..." "Sag doch so was nicht!" Sie sah Naomi erschrocken an. "So was?" Naomi drückte ein wenig auf ihren Rippen herum und grinste dann. "Höh?" Nun war Luca vollends verwirrt. "Vergiss es..." Zufrieden damit, dass alles noch heil zu sein schien, sah sie ihre beste Freundin an. "Was sollte dieser Überfall jetzt eigentlich?" "Nichts... ich wollte nur auch baden gehen", erklärte die Dunkelhaarige und rappelte sich auf. "Was sollte die Flucht?" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Ich bin nicht geflüchtet, ich kam mir nur ziemlich veräppelt vor und hatte keine Lust, mir das weiter anzuhören." "Wieso veräppelt?" Sie zog Naomis Yukata zurecht. "Weil Kirito nicht zufällig auf meinem Futon gelandet ist und ihr da mit Sicherheit mehr drüber wisst als ihr mir sagt." "Okay..." Luca schaute ihre Freundin ernst an. "Versprich mir, nicht auszuflippen, ja?!" "Wenn du mir die Wahrheit sagst", begann Naomi langsam, "werde ich nicht ausflippen." "Gut... also... es war..." Sie biss sich auf die Unterlippe. "Na ja... ähm... es war Kohta." Sie ging einige Schritte zurück. "Aber er meinte es nicht böse", verteidigte sie den Blonden. "Kohta?", fragte die Musikstudentin murmelnd. Dann klappte ihr der Kiefer runter. "Dieser Mistkerl!", schimpfte sie. "Du wolltest nicht sauer sein", erklärte Luca mit zittriger Stimme. "Du hast es gesagt." In diesem Moment kam besagter Bassist ihnen entgegen, immer wieder über die Schulter schauend, ob sein Bruder ihn auch nicht verfolgte. Dadurch sah er die beiden jungen Frauen zunächst gar nicht dort stehen und stieß mit ihnen zusammen. Luca verlor das Gleichgewicht und schaffte es gerade noch, sich an etwas festzuhalten... es war aus Stoff. Sie fiel mit dem Gesicht nach unten und zog den Stofffetzen mit. Naomi begann zu quietschen und versuchte verzweifelt, ihren Yukata aus Lucas Griff zu entwinden, war allerdings nicht sonderlich erfolgreich. Der Stoff rutschte ihr von den Schultern und bevor er kaputt gehen konnte, ging die Studentin in die Knie und folgte Luca auf den Boden. Kirito schüttelte verwirrt den Kopf. Was war nur los? Dass Naomi etwas verwirrt war, weil sie neben ihm aufgewacht war, konnte er ja noch so einigermaßen verstehen. Dass sie sich so sehr darüber aufregte, wiederum nicht. Und was seinen Bruder betraf... Er sah Kohta im Flur stehen, der ein Knäuel auf dem Boden beobachtete. Der Sänger ging auf ihn zu. Als er die beiden Frauen auf dem Boden sah, legte er die Stirn in Falten. "Was ist hier los?" "Kohta!", heulte Luca los, als ob dies Antwort genug war. "Was hast du gemacht?", wollte er von dem Bassisten wissen. "Lass los!", quietschte Naomi. "Hör auf mich auszuziehen!" Luca ließ panisch den Yukata los und hielt sich ihre blutende Nase. Der blonde Bassist sah seinen Bruder verwirrt an. "Ich weiß auch nicht so genau..." "Chi!", fiepte die Musikstudentin panisch. "Chi!" Irgendwie fiel ihr nichts anderes ein. Hektisch griff sie nach ihrem Yukata und zog ihn wieder hoch, damit er sie wieder einigermaßen bedeckte. "Hör auf, hier herumzu'chi'pen", fauchte Luca verheult und hielt sich die Hand an die Nase. "Na, da hast du ja was angerichtet", brummte Kirito, holte aus und schlug seinem Bruder leicht mit der Faust vor die Schulter. Als Luca den Schlag hörte, drehte sie sich um und riss den Mund auf. "Kirito... nicht..." Sie konnte nicht weiter sprechen und sah in diesem Moment aus wie ein Fisch, der nach Luft schnappte und Nasenbluten hatte. Kohta sah seinen Bruder mit großen Augen an. "Onii...", murmelte er. "Aber... aber... ich..." Luca rappelte sich langsam hoch und ging zu Kohta und Kirito rüber. Sie hielt sich mit der einen Hand die Nase und mit der anderen die Stirn. "Sie dir an, was du da angerichtet hast", grummelte der Sänger, klopfte dem Bassisten auf die Schulter und ging dann zu Naomi. Kohta war verwirrt. Der Bassist legte Luca einen Arm um die Schultern. "Tut mir Leid...", murmelte er. "Komm, wir versuchen, dein Nasenbluten zu stoppen." Sie nickte ihm zu. Kirito ging neben der Musikstudentin in die Hocke. "Bist du okay?", fragte er. Die junge Frau hielt verzweifelt ihren Yukata fest, damit er nicht wieder herunterrutschte. Nachdem Luca ihn mehr oder weniger runter gerissen hatte, hielt er gerade nicht so wirklich. Sie sah ihn mit großen Augen an, dann nickte sie. "Ja... ich hab nur einen Schrecken bekommen, das ist alles." "Tut es weh?", wollte Kohta von Luca wissen, wobei er besorgt einen Blick über die Schulter warf. Sie nickte leicht und hielt sich weiterhin die Nase. Der Bassist führte die junge Frau zu einem der Waschräume, nahm ein Tuch und befeuchtete es, bevor er es an Lucas Nase drückte. "Halt den Kopf zurück." Sie setzte sich auf eine kleine Bank und lehnte den Kopf nach hinten. "Ich kann das auch alleine, Kohta", erklärte sie verlegen. "Ich will dir nur helfen", erwiderte der Blonde. "Schließlich ist es meine Schuld." "Es war ein Versehen", gab sie zurück. "Oder hast du es mit Absicht gemacht?" Er legte die Stirn in Falten. "Natürlich nicht", meinte er. "Aber Schuld hab trotzdem ich." "Baka... ich glaube, so tollpatschig, wie wir sind… bringen wir uns irgendwann gegenseitig um." Sie lächelte leicht und hielt sich das Tuch an die Nase. Kohta grinste. "Das geht schon... vergiss nicht, dass ich mit Kirito aufgewachsen bin, der ist auch nicht ohne." "Meinst du?" Sie wischte sich die Nase ab, ging an ein Waschbecken, wusch sich das Gesicht und schaute in den Spiegel. "Ich bin mir da nicht so sicher." Nun war er verwirrt. "Klar bin ich mit ihm aufgewachsen." Sie strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht und machte einen Knoten in ihre Haare. "Ich meinte ja auch das mit dem 'das geht schon'." "Klar meine ich das", grinste er sie an. "Wenn ich Kirito überlebt habe, dürfte alles andere kein Problem sein." Sie lächelte ihm zu. Gott sei Dank verstand man ihre Anspielungen nur sehr selten. Somit konnte Kohta auch nicht wissen, was sie wirklich meinte. "Wir werden sehen", antwortete sie knapp und warf das Tuch weg. Der Bassist nickte. "Hattet ihr nicht irgendwas von 'baden' gesagt?" "Ähm... ja." Sie ging zu einem Regal, holte sich Handtücher und Waschzeug. "Wir sehen uns beim Essen." "Okay, bis später." Sie nickte und verschwand durch die Tür ins Frauenbad. Nachdem sie sich im Badezimmer abgeschrubbt hatte, nahm sie ein Handtuch, legte es auf ein kleines Regal und stieg ins Onsen. Naomi sah auf, als sie hörte, wie jemand ins Wasser kam. "Geht es dir gut?", fragte sie Luca besorgt. "Ja, mit mir ist alles okay, denke ich", antwortete diese und setzte sich neben ihre Freundin. "Dann ist ja gut", seufzte die Musikstudentin. "Wie geht es Kohta?" "Ich weiß nicht", antwortete Luca nachdenklich. "Er hat es mir nicht gesagt." "Und du hast auch nicht gefragt." Sie nickte stumm. Naomi schüttelte den Kopf. "Sag mal...", begann sie auf Deutsch. "Wie kommt es, dass ihr zusammen geschlafen habt?" Luca zuckte zusammen, als Naomi sie aus ihren Gedanken riss. "Ähm... wir schlafen ungern alleine...", antwortete sie ruhig, ohne ins Deutsche zu wechseln. Sie war eigentlich immer noch ganz woanders. "Und das ist alles..." Die Brünette zog eine Augenbraue hoch und seufzte. "Läuft da was?" "Wo?", fragte Luca verwirrt. Die Musikstudentin schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. "Luca... du bist so verpeilt... zwischen dir und Kohta!" "Oh, das..." Sie überlegte und starrte ins Wasser. "Ich weiß nicht... so genau..." "Aber du hättest es gern?" "Ich weiß nicht", sagte die Dunkelhaarige vorsichtig. "Irgendwie erscheint mir das gerade als keine gute Idee." Naomi verzog das Gesicht. "Warum nicht? Wenn ihr euch beide mögt, dann sollte das doch kein Problem sein, oder?" "Findest du? Ich stelle mir das recht kompliziert vor", erklärte Luca langsam. "Ich meine... sein Beruf?! Es wird nicht gut laufen..." Die Brünette schnaubte. "Ach... so schlimm wird es sicher nicht... abgesehen davon willst du mich ja auch mit Kirito verkuppeln, was soll ich denn da sagen?" "Du bist ja nicht so schlimm wie ich", antwortete ihre Freundin ernst. "Du bist doch eher ruhig... außer wenn du getrunken hast... Ich hab doch immer diese dummen Ideen." Sie schüttelte den Kopf. "Stell dir nur vor, dass gestern vielleicht... jemand da war... und..." Sie lehnte sich nach hinten und atmete tief ein. "Es wäre nicht gut." "Wenn du immer davonläufst, ist es sicher auch nicht besser..." Die Musikstudentin stupste ihre Freundin leicht an. "Denkst du nicht, dass es auch Musiker ernst meinen können, wenn sie jemanden mögen?" "So meinte ich das ja nicht. Vergiss es..." Luca lächelte gezwungen. "Nein", antwortete Naomi bestimmt. "Erklär es mir." "Ich glaube, es wäre nicht gut fürs Image", erklärte sie ernst. "Denk mal ganz rational darüber nach..." Die Brünette blinzelte sie an. "Für... spinnst du? Was soll daran schlimm sein? Andere Musiker sind verheiratet, das schadet ihrem Image auch nicht... außerdem sind Gefühle immer irrational..." "Egal..." "Frag ihn doch einfach!" "Was denn?" Die Dunkelhaarige blinzelte verwirrt. "Was er darüber denkt!" "Wieso?" "Gott..." Naomi seufzte. "Damit du dir nicht irgendetwas einbildest!" "Ich bilde mir nichts ein… ich überlege nur..." "Und das tust du zu viel." Sie legte einen Arm um Lucas Schultern. "Meinst du nicht, dass du auch mal ein kleines Risiko eingehen könntest? Wenn es seinem Image schaden würde, dann würde er sich bestimmt nicht darauf einlassen, oder? Falls ihn das überhaupt interessiert." Die Designstudentin zog eine Augenbraue hoch. "Gehen wir morgen einkaufen?" Irritiert sah Naomi ihre Freundin an. "Und was hat das jetzt damit zu tun?" "Nichts." Luca grinste. "Ich wollte nur vom Thema ablenken." Naomi verdrehte die Augen. "Hat er gesagt, dass er dich mag?" Verlegen schaute sie aufs Wasser. "Ja... denke schon." "Dann solltest du dir da nicht allzu viele Gedanken drum machen", entgegnete die Brünette. Sie wusste genau, dass Lucas 'denke schon' das Nächste zu einem 'hat er' war, das sie bekommen würde. "Stell dir mal vor, wie schädlich es erst für Kiritos Image sein müsste, wenn ich etwas mit ihm anfangen würde! Wo er doch ständig behauptet, schwul zu sein." Sie grinste ihre Freundin breit an. Luca kicherte. "Na ja... du siehst doch auch wie ein Junge aus... normalerweise. Würde somit nicht wirklich auffallen." "Aber es gibt Dinge, die ich nicht verstecken kann", entgegnete Naomi und sah an sich herab. "Was denn?", fragte Luca neugierig. "Ich seh nichts." Die Brünette kicherte. "Schon mal 'nen schlanken Mann mit Brüsten gesehen?" "Was für Brüste?" Sie legte ihre Hand auf Naomis Brust. "Das sind doch nur Brustwarzen!" "Blöde Kuh", grummelte Naomi und von der anderen Seite der Abtrennung konnten sie vergeblich zu unterdrücken versuchtes Gekicher hören. "Höh? Wieso... ist doch so..." Luca zwinkerte ihr zu. "Mach mit", flüsterte sie. "Ich meine... selbst zwischen den Beinen." Sie platschte mit der Hand auf das Wasser. Die Musikstudentin quietschte überrascht auf. "Luca!", schimpfte sie. "Nimm die Hand da weg!" "Stell dich nicht so an", erklärte die Dunkelhaarige. "Sonst findest du es auch okay." Naomi grinste Luca an. "Sonst... hört uns ja auch niemand zu!" "Hier doch auch nicht", erwiderte die Designstudentin verwirrt. "Naomi, deine Brustwarzen werden ja... wai..." Sie planschte etwas doller. Auf der anderen Seite wurde es plötzlich still. "Wah... Luca!" "Die Dusche tat dir ja richtig gut...", gurrte Luca. "Du schmeckst wieder so toll." Sie strampelte leicht mit den Füßen. "Was um alles in der Welt macht ihr da?", hörten sie plötzlich Kohtas Stimme hinter sich. Luca unterdrückte ein Kichern und schwamm hastig von Naomi weg. "Nichts", antwortete sie, als wäre sie bei etwas Verbotenem erwischt worden. Naomi drehte sich um und zuckte erschrocken zusammen. "Kohta!", schimpfte sie und ließ sich etwas tiefer ins Wasser sinken. "Was fällt dir ein!" Der Blonde grinste breit. "Es hörte sich recht interessant an, deswegen wollte ich wissen, ob es auch so interessant aussieht!", meinte er. Dann sah er nach unten. "Geht es noch?" Luca hob eine Augenbraue und schaute den Bassisten an. Dann schnappte sie sich eine der Holzsandalen, stand auf und wedelte mit ihr herum. "Entweder gehst du freiwillig, oder..." Sie schaute zur Sandale. Kohta riss entsetzt die Augen auf. "Lass mich runter!", zischte er. Luca grinste und warf ihm die Sandale an den Kopf. "Baka~ Hentai~!!!" Dann kniete sie sich wieder ins Wasser und schwamm zu Naomi. "Ich hasse ihn." Der Bassist schwankte gefährlich, Sekunden später war er nicht mehr zu sehen, dafür konnte man ein lautes Platschen und einige Schmerzensschreie hören. "Selbst Schuld", hörte man schließlich Kiritos amüsierte Stimme. "Als ob er sich das nicht eh schon bildlich vorgestellt hätte", meinte Luca auf Deutsch. "Was ist, wenn er sich jetzt ernsthaft wehgetan hat?", wollte Naomi wissen. "Dann hatte er immerhin einen tollen Hingucker", grinste die Dunkelhaarige. "Mädels?", rief Kirito von der anderen Seite der Absperrung. "Wollt ihr vielleicht eure Holzsandale zurück haben?" "Jaaaaa~", rief Luca. "Wirf sie rüber." Als die Sandale auf ihre Seite geflogen kam, verfehlte sie nur knapp Lucas Kopf. "Hab ich irgendwas getroffen?", wollte der Sänger wissen. Luca verzog den Mund und schmollte. "Ja, fast..." "Alles in Ordnung, niemand verletzt!", rief Naomi. "Dann ist ja gut", kam es zurück. "Schade!", riefen Daisuke und Kohta wie aus einem Mund. Beide grummelten ein wenig vor sich hin. Der Sturz hatte ihnen definitiv nicht gefallen. "Dai?" Luca riss die Augen auf. "Du hast da auch noch mitgemacht?", fragte sie hitzig und stand auf. "Was meinst du, wie Kohta da hochgekommen ist?", entgegnete Kirito kichernd. "Natürlich hat er auf Dais Schultern gestanden." Sie schaute entsetzt zu Naomi. "Das heißt, sie standen beide...", flüsterte sie ihr auf Deutsch zu. "Ecchi!" "Männer eben", antwortete Naomi schulterzuckend. "Gehen wir was essen?", fragte Luca. "Ich hab tierischen Kohldampf." "Das fragst du mich!", gab die Brünette zurück, diesmal wieder auf Japanisch. "Natürlich!" Sie stieg aus dem Wasser und wickelte sich ein Handtuch um den Körper. "Komm." "Jup." Luca hastete hinter ihr her, stieg in die Holzsandalen und schlang sich ebenfalls ein Handtuch um den Körper. Naomi schlüpfte in ihre eigenen Sandalen und gemeinsam gingen sie hinein. Kohta rieb sich den Hinterkopf. "Sag mal... sind die etwa gerade gegangen?" Kirito lauschte kurz. "Scheint so." Dai setzte sich auf und packte sich ein Tuch auf den Kopf. "Wieso habe ich mich nur dazu überreden lassen?", grummelte er. "Weil du auch wissen wolltest, was die da veranstalten?", gab Kohta zurück. Kirito beachtete die beiden gar nicht weiter, sondern stand einfach auf, nahm sich ein Handtuch und ging hinein. "Und was ist jetzt mit dem?" Kohta verzog das Gesicht. "Kann das mal sein, dass die heute wieder alle komisch sind?" "Wie kommst du denn darauf?", fragte Dai barsch und streckte die Beine aus. "Ich weiß nicht...", antwortete der Bassist unbestimmt. "Kommt mir nur so vor." "Ah..." Irgendwie gefiel es ihm nicht, mit Kohta zusammen hier zu sein. "Und? Wie läuft's?", fragte er beiläufig und tunkte das Tuch ins Wasser. "Wie läuft was?", wollte der Blonde wissen. "Stell dich nicht dumm", erklärte der Gitarrist. "Tu ich nicht." "Ich meine Luca, du Trottel", meinte er und wrang das nasse Tuch aus, bevor er es sich wieder auf den Kopf legte. "Da läuft gar nichts", antwortete Kohta verwirrt. "Aha... das sah aber heute Morgen ganz anders aus", grummelte Dai. "Ihr beide, zusammen unter einer Decke, umarmt, wie ein Liebespaar." "Schon mal darüber nachgedacht, dass sie nur einfach nicht gern allein schläft?", gab Kohta giftig zurück, dann stand er auf. "Gott, du bist ja auch so doof!" "Musst du grad sagen." Der Rothaarige stand ebenfalls auf und ging vor Kohta durch die Tür. Kapitel 12: Tischtennis und Heimfahrt ------------------------------------- Naomi und Luca unterhielten sich gerade angeregt mit Kirito und erzählten ihm einige Dinge, die sie bisher so erlebt hatten, als Dai und Kohta kurz nacheinander den Raum betraten und zu dem Tisch gingen, an dem das Trio saß. Luca lachte lauthals los, als der Sänger ihnen dafür erzählte, wie Kohta einmal auf der Straße eingeschlafen war. "Ne, jetzt im Ernst?", quietschte Naomi vergnügt. Luca saß da und hörte gespannt zu. Kirito nickte. "Nicht nur das... er hat auch..." "Wenn ich will, dass meine Geschichten erzählt werden, dann kann ich das auch ganz gut alleine", brummte Kohta, als er hinter seinem Bruder stehen blieb. Der Sänger drehte sich zu ihm um. "Ist doch egal... ist ja nicht so, als hättest du das nicht selbst schon in irgendwelchen Interviews verraten." Der Bassist verdrehte die Augen und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Er sah Luca vorsichtig an. Diese fing Kohtas Blick herausfordernd auf und hob eine Augenbraue. "Was ist?", fragte sie ruhig. Kohta zuckte kaum merklich zusammen. "Nichts...", murmelte er. Sie schaute ihn mit noch immer hochgezogener Augenbraue an. "Dann ist ja gut." Die Dunkelhaarige hatte ein schlechtes Gewissen. Sie war nicht sicher, wie viel Kohta von ihrem Gespräch mit Naomi gehört hatte. Plötzlich japste sie glücklich auf. "Essen!" Die Bedienung brachte ihnen das Essen und breitete es auf dem rechteckigen Tisch aus. Vor jeden stellte sie ein leeres Schälchen, eine Schale mit Suppe, Stäbchen und anderes Geschirr. Die Designstudentin wartete, bis die Kellnerin ihnen allen je eine Tasse Tee eingeschenkt hatte und wegging, bevor sie freudig in die Hände klatschte und "itadakimasu" japste. "Itadakimasu", kam es als Echo von den anderen. Naomi machte sich sofort über das Essen her, als wäre sie total ausgehungert und hätte seit Tagen nichts mehr gegessen. Dann zuckte sie zusammen, sah sich kurz um und ließ ihre Schale beschämt vor sich auf dem Tisch stehen, bevor sie nach einer kurzen Weile weiteraß, diesmal um einiges langsamer als zuvor. Luca ließ sich die Schalen der drei Musiker reichen, bevor sie sich selbst auflegte, und füllte sie mit Reis. "Ich sterbe vor Hunger", erklärte sie grinsend und packte Reis in ihre Schale. Kohta kicherte leise. "Ich glaube, diese Aussage trifft viel eher auf eine ganz bestimmte andere Person zu!" "Gomen", murmelte die Musikstudentin leise und senkte den Kopf. Die drei Männer sahen sie amüsiert an und grinsten. "Naomi-chan hat eigentlich super Manieren... nur vergisst sie die schnell, wenn sie Hunger hat", lachte Luca und schenkte ihrer Freundin Tee nach. Naomi nickte, leicht errötend, dann bedankte sie sich bei der Dunkelhaarigen. Luca nahm als erstes einen Schluck von ihrer Misosuppe und begann dann, sich Kleinigkeiten von den Tellern zu nehmen. Man hätte meinen können, sie hätte die japanischen Tischmanieren mit der Muttermilch aufgesogen. Alles schien perfekt. Die Art, wie sie die Stäbchen hielt und in welche Richtung, wie sie das benutzte Geschirr ablegte, so dass es genau dort stand, wo es vorher gewesen war und so weiter. Selbst die kleine Kellnerin schaute ihr kurz lächelnd zu. Nachdem sie ihre Schale geleert hatte, nahm sie ihre Misosuppe, trank sie aus und begann, den Inhalt mit den Stäbchen in ihren Mund zu führen. Als Naomi fertig war, legte sie ihre Stäbchen anständig ab und lehnte sich zufrieden zurück. "Das tat gut", seufzte sie. Kohta schmunzelte. "Ich hab noch nie erlebt, dass es so unterhaltsam war, jemandem beim Essen zuzusehen", lachte er. Luca legte ihre Stäbchen links von ihrer Schale ab und schaute den Bassisten verwirrt an. "Wieso das?" Kohta zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht… ich hab mich bei so etwas jedenfalls noch nie so amüsiert." Naomi sah die Musiker verlegen an. "Tut mir ja Leid..." Nachdem alle aufgegessen hatten und satt auf ihren Sitzkissen saßen, klatschte Luca die Hände zusammen und fiepte "Gochisosama deshita~", was ihr von den anderen prompt auf die gleiche Art beantwortet wurde. "Und was machen wir jetzt?", wollte Naomi wissen. "Schlafen gehen? Onsen?", fragte Luca grinsend. Die Musikstudentin lachte. "Haben wir das nicht schon hinter uns?" "Aber normalerweise läuft es so ab", erklärte Dai. "Schlafen, Onsen, Essen, Tischtennis, Onsen, Essen, Tischtennis, Onsen, Trinken." Luca grinste breit. "Jaaahaaa... Tischtennis..." "Tischtennis!", quietschte Naomi begeistert. "Na, das ist doch mal eine Idee!" "Ja, ne?!", meinte Dai und grinste den beiden Frauen zu. "Spielen wir im Team?", fragte er. "Ich schnappe mir Luca." Kohta, Kirito und Naomi sahen ihn stirnrunzelnd an. Die Dunkelhaarige legte den Kopf zurück. "Kohta kann dann auch noch ein Team mit mir bilden und wir spielen zusammen, okay? Spiele ich halt in beiden Teams und wenn es Dai/Luca gegen Kohta/Luca geht, spielen die Jungs alleine." Kirito seufzte. "Egal. Hauptsache ihr entscheidet euch irgendwie." "Ich habe nichts dagegen", meinte der Rothaarige. "Dann bleiben als drittes Team Naomi und Kirito, oder?" Naomi blinzelte und der Sänger nickte nur. "Einverstanden", meinte er schließlich, stand auf und nahm Naomi am Handgelenk, zog sie hoch und schob sie dann aus dem Raum. Kohta sah die anderen irritiert an, nickte dann aber. Da jetzt ohnehin alles entschieden war, konnte er auch mitmachen. Er wollte nicht derjenige sein, der den anderen den Tag verdarb. Abgesehen davon hatte ja auch Naomi immer noch Geburtstag. Als Dai hinter Kirito und Naomi herlief, fing die Dunkelhaarige den Bassisten vor dem Essenssaal ab. "Kohta...?", fragte sie leise und spielte mit dem Ärmel ihres Yukatas. "Ist was mit dir?" Der Blonde sah sie merkwürdig an. "Du hasst mich doch wieder... und was war das eigentlich vorhin für ein Blödsinn? Das mit dem Image?" Sie wollte gerade loslachen und sagen, dass sie ihn nicht hasste, zuckte jedoch zusammen als er das mit dem Image erwähnte. Schuldbewusst senkte sie den Blick. "Du hast alles... gehört?", fragte sie vorsichtig, ohne aufzusehen. Kohta zog eine Augenbraue hoch. "Nicht alles... aber das meiste... meinst du nicht auch, dass das völliger Quatsch ist?" Sie fuhr sich verlegen durch die Haare. "Hmm... aber..." "Wieso aber?", unterbrach Kohta die junge Frau. "Ich würde sagen, dass Naomi Recht hat." Vorsichtig blickte sie hoch, um zu sehen, ob der Blonde irgendwie sauer schien, und biss sich leicht auf die Lippe. Er seufzte. "Wenn du mich nicht magst, dann sag mir das einfach. Das könnte ich verstehen. Aber so?" Sie riss erschrocken die Augen auf. "Ich mag dich aber...", fauchte sie ihn fast an. "Und wo genau liegt dann das Problem?", wollte er von ihr wissen und legte ihr die Hände auf die Schultern. "Ich weiß nicht...", antwortete sie langsam. "Vielleicht, dass ich es selbst suche?" Sie lächelte verlegen. Der Bassist nahm das Mädchen und drückte sie an sich. "Lass es doch einfach sein, ja? Das würde uns beiden eine Menge Stress ersparen." Vorsichtig legte sie den Kopf gegen seine Brust und machte ein zustimmendes Geräusch. "Gehen wir dann mal so langsam? Die anderen warten." Die Studentin nickte. "Ja." Kohta küsste sie leicht auf die Stirn und legte ihr einen Arm um die Schultern, dann gingen sie den anderen nach. Das Mädchen blieb kurz stehen und packte Kohta am Arm. "Warte mal..." Der Bassist sah sie fragend an. "Was denn?" Sie ging langsam auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Lippen. "Jetzt können wir." Kohta blinzelte sie kurz an, dann nahm er sie noch einmal in den Arm und gab ihr einen weiteren Kuss. "Nani?", fragte sie verwirrt und sah zu ihm hoch. "Ich hab dich echt gern, weißt du das?", murmelte er. "Nee, weiß ich nicht", sagte sie grinsend, "aber danke für die Information." Der Bassist schmunzelte. "Jetzt weißt du es ja." Luca nickte und schnappte sich seine Hand. "Lass uns gehen... nicht, dass die sonst was denken." Er kicherte leise. "Sollen sie doch." "Baka", gab sie lachend zurück und zog ihn hinter sich her. Naomi sah die beiden amüsiert an, als sie endlich ankamen. "Na, hat es Spaß gemacht?", fragte sie ihre Freundin auf Deutsch. Sie zwinkerte ihr zu, zog die Mundwinkel leicht nach oben und schob den Unterkiefer vor. Luca grinste breit und nickte eifrig. "Und wie...", kicherte sie. Die Brünette lachte. "Na dann... was sagt denn dein Verehrer dazu?" "Kohta?", fragte Luca verwirrt. "Der hat da nix zu sagen." "Der andere." Luca legte die Stirn in Falten. "Dai?" "Anwesend!", erklang es von hinter der Tischtennisplatte. Luca und Naomi prusteten vor Lachen. "Genau der...", antwortete die Musikstudentin schließlich. "Ähm..." Luca ließ Kohtas Hand los. "Soll ich ihm das etwa sagen?", fragte sie ihre Freundin. Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Klar... sonst wäre das ihm gegenüber ziemlich unfair, findest du nicht? Er würde sich nur unnötig Hoffnungen machen, willst du das?" "Nein, natürlich nicht... aber wieso sollte er sich Hoffnungen machen?" Sie verzog das Gesicht. "Ich meine, wir haben ja nix... na, du weißt schon..." "Ihr habt vielleicht nicht, aber er hätte gern... darum geht es..." "Nein... ich meine, wir haben nie über so was geredet... und so... deswegen denke ich nicht, dass er... du weißt schon..." Naomi schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. "Merkst du es nicht, oder willst du es einfach nur nicht merken? Sein Verhalten sagt es doch mehr als deutlich!" Luca schaute ihre Freundin irritiert an. "Was für ein Verhalten... er benimmt sich doch normal..." "Vergiss es." Die Musikstudentin nahm sich einen Tischtennisschläger und ging zu Kirito, da sie ja mit ihm in einem Team spielte. "Aber..." Die Dunkelhaarige stand verwirrt da und starrte ihrer Freundin mit halb offenem Mund nach. "Versuch einfach mal, ein bisschen darauf zu achten, vielleicht merkst du es ja dann", meinte Naomi noch immer auf Deutsch zu Luca, schließlich mussten die anderen jetzt nicht unbedingt wissen, worüber sie sprachen. "Und wenn du mir nicht glaubst, dann frag doch einen der Brüder, die können das bestätigen." "Wenn, dann frage ich ihn selbst... bäh." Sie streckte Naomi die Zunge raus. Die Musikstudentin verdrehte seufzend die Augen. "Denkst du, er gibt es zu?" "Ja!" Dann schaute Luca auf den Boden. "Ich hoffe es jedenfalls." Die brünette Studentin wusste nicht, warum, eigentlich wollte sie das gar nicht, aber sie fing plötzlich an zu lachen. "Tut mir Leid...", meinte sie kichernd. "Aber manchmal bist du so herrlich naiv, dass es schon gar nicht mehr wahr ist..." "Denkst du, dass er es mir nicht sagen wird?", fragte Luca gereizt. "Ich weiß es nicht, vielleicht traut er sich nicht." "Das werden wir ja sehen." Die Dunkelhaarige schnappte sich einen Schläger und trat an den Tisch. "Mit wem soll ich spielen?!" "Mit mir!", ereiferten sich Kohta und Dai gleichzeitig, dann tauschten sie einen giftigen Blick aus. Luca drehte sich um und starrte die beiden an. "Sagt mal, was ist bloß mit euch beiden los? Am Sonntag wart ihr doch noch ein Herz und eine Seele." Ihre Freundin warf ihr einen Blick zu, der ganz eindeutig 'Siehst du' sagte. Sie sah Naomi giftig an. "Kann ich euch beide mal sprechen?", fragte sie die Musiker grummelnd. Der rothaarige Gitarrist blinzelte sie fassungslos an. "Reden?", fragte er vorsichtig. "Von mir aus", antwortete der Bassist nicht minder verwirrt. "Gut." Sie drehte sich zu ihrer Freundin um. "Ihr könnt euch ja auch ohne uns unterhalten, nicht wahr?!" Naomi machte eine vage Geste mit der Hand. "Geht ruhig, klärt das... und kommt dann aber bitte lebend zurück, ja?" "Ich werde garantiert lebend zurückkommen", erklärte Luca auf Deutsch. "Bei den beiden kann ich es leider nicht garantieren." "Solltest du besser", entgegnete Naomi stirnrunzelnd. "Die werden ja schließlich noch von ihren Bands gebraucht – und zwar beide." Die Designstudentin verließ den kleinen Raum und machte sich auf den Weg in ihr gemeinsames Zimmer, in der Hoffnung, dass die beiden ihr folgen würden. Dai schaute ihr verwirrt nach, wandte seinen Blick zu Kohta und folgte ihr. Der blonde Bassist blinzelte irritiert, warf Naomi einen fragenden Blick zu und ging den beiden dann nach. Luca schob den Fusuma zur Seite und ließ ihn offen. Sie setzte sich auf eines der Kissen und wartete auf die beiden Musiker. Nach einer kurzen Zeit betrat der Gitarrist ebenfalls das Zimmer und setzte sich links von ihr im Schneidersitz hin. Direkt darauf war auch der Bassist da und schloss die Fusuma hinter sich, bevor er sich neben den Rothaarigen setzte – und dabei einen gewissen Sicherheitsabstand einhielt. Die Dunkelhaarige ließ den Blick von einem zum anderen gleiten. "Was ist mit euch los?", fragte sie die beiden. "Keine Ausflüchte, ich will die Wahrheit. Ich hasse Lügen." Kohta spielte mit seinen Fingern. "Du weißt doch, dass ich dich mag...", begann er langsam, "und... der da..." Er deutete auf Dai. "Er ist wohl eifersüchtig." Der Gitarrist warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Luca schüttelte verwirrt den Kopf und schaute den Rothaarigen an. "Das ist aber kein Grund, dass ihr euch beide wie Kinder benehmt, die ein Spielzeug nicht teilen dürfen." Sie überlegte kurz. "Nicht, dass ich eines wäre, aber ich hoffe, ihr versteht." Der Rothaarige grummelte kurz vor sich hin. Der Bassist sah sie ernst an. "So lange ich weiß, wo ich stehe, habe ich kein Problem damit. Für mich bist du ganz bestimmt kein Spielzeug, aber das habe ich dir ja bereits gesagt." "Du weißt genau, wo du stehst", antwortete sie ruhig, "oder etwa nicht?" Er nickte. "Ich bin aber auch nicht auf irgendwas eifersüchtig." Kohta seufzte und hob die Hände. "Wie auch immer das ausgeht, ich werde mich benehmen." "Gut." Sie lächelte ihm lieb zu. "Lässt du mich kurz mit Dai alleine?" Sie schaute den Rothaarigen wieder an. "Wir kommen gleich nach." Der Bassist blinzelte sie kurz verwirrt an, dann sah er Dai an und stand auf. Nachdem er das gemeinsame Zimmer verlassen hatte, setzte sich Luca vor den Rothaarigen. Er schien sich sichtlich verlegen und unwohl zu fühlen. "Daisuke...", begann sie langsam, "wir sind doch Freunde, oder?" Der Gitarrist nickte. "Ich denke schon." Sie lächelte ihn sanft an. "Ich belüge meine Freunde nicht", sprach sie weiter, "und das verlange ich auch von ihnen." Er stutzte. "Ich habe dich nicht belogen." Luca strich sich über die Haare, rutschte zu dem Gitarristen rüber und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. "Das habe ich auch nicht behauptet. Ich wollte es nur klargestellt haben." Er schaute sie verwirrt an. Irgendwas an ihr machte ihn verrückt. "Warum..." Er starrte an die gegenüberliegende Wand. "Du hast dich in ihn verliebt, oder?" Luca spielte verlegen mit dem Ärmel ihres Yukata. Gerade als sie den Mund öffnete, wurde sie von dem Rothaarigen unterbrochen. "Du bist für mich ein Rätsel. Warum denke ich andauernd an dich... mache mir Sorgen... warte?" Sie schaute ihn mit großen Augen an. "Dai..." "Ich meine es ernst", sagte er entschlossen. "Ich verstehe es nicht... ich verstehe mich selbst nicht..." Der Gitarrist streckte die Beine aus und lehnte sich ebenfalls an die Wand. "Schon merkwürdig, oder?" Er lächelte gequält. "Die Gefühle eines Menschen. Wie kann man sich in jemanden verlieben, der dieses Gefühl nicht erwidert?!" Luca lehnte sich an seine Schulter. "Keiner hat behauptet, dass das Leben und vor allem die Liebe einfach sind." Sie nahm seine Hand in ihre. "Dai, ich mag dich wirklich sehr...", begann sie und spielte nervös mit seinen Fingern. "Ich mag dich als Freund. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal zu dir sagen würde, weil..." "... weil du mich gehasst hast", beendete er den Satz für sie. Sie nickte. "Nicht wirklich gehasst, aber ich mochte dich nicht." "Weil du mich nicht gekannt hast." Sie nickte abermals, dann nahm sie seine Hand und legte ihre Handfläche gegen seine, um sie zu vergleichen. "Aber ich würde dich ungern als Freund verlieren. Ich meine Kohtas wegen." Der Rothaarige lehnte seinen Kopf an ihren und schaute ihr zu, wie sie noch immer mit seiner Hand spielte. "Als ob ich dich so einer Kleinigkeit wegen aufgeben würde." Sie lächelte verlegen. "Ich hoffe nur, dass es keine Kleinigkeit bleiben wird." "Wenn es Probleme geben sollte... oder er dich schlecht behandelt, kommst du einfach zu mir und ich werde das regeln, okay?" Die Dunkelhaarige schmiegte sich an ihn und reichte dem Gitarristen den kleinen Finger. "Versprochen?" Dai hakte seinen bei ihr ein. "Versprochen!" Kirito setzte sich seufzend hin und sah Naomi an. "Meinst du, dass das Streit gibt?" Die junge Frau zuckte ahnungslos mit den Schultern. "Ich weiß nicht... es kommt ganz auf die beiden an, würde ich sagen. Wenn die sich jetzt anständig benehmen, geht das. Luca ist da eigentlich recht vernünftig." Der Sänger nickte. "Und was machen wir so lange?" "Gute Frage." Die Studentin setzte sich neben den Blonden und lehnte sich zurück. "Jun sagte, ihr studiert hier?", wollte Kirito von ihr wissen. Sie zuckte unmerklich zusammen. "Ja... seit Anfang April." "Und was?" Naomi sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Das hat er dir nicht auch noch erzählt?", meinte sie leise. "Ich studiere Musik, Luca Design." In diesem Moment kam Kohta zurück – allein. "Was ist los?", wollte die Brünette von ihm wissen. "Habt ihr euch jetzt doch gestritten? Hat Luca Dai umgebracht und traut sich jetzt nicht mehr zurück?" Der Bassist schüttelte den Kopf. "Nein, sie wollte nur kurz mit Daisuke allein sprechen, das ist alles. Die beiden kommen gleich nach." Naomi atmete erleichtert auf. Kirito stupste sie leicht mit dem Ellbogen an. "Erzähl weiter! Wie kommt es, dass ihr hier studiert? Könnt ihr das nicht auch da, wo ihr herkommt?" Die junge Frau legte die Stirn in Falten. Vielleicht war ihm das nicht bewusst, aber die letzte Frage hatte sich fast so angehört, als würde er sie wieder loswerden wollen. "Natürlich könnten wir auch in Deutschland studieren, haben wir ja auch für zwei Jahre. Aber es war immer mein größter Traum, hier nach Japan zu kommen. Und da Luca meine beste Freundin ist, hat sie sich von mir überreden lassen, mit mir herzukommen." Sie grinste breit. "Auch wenn sie nicht immer wirklich begeistert von dieser Entscheidung ist." Der Sänger grinste ebenfalls. "Und was willst du nach deinem Studium machen? Musikerin werden?" "Das wär cool!", gab sie zurück, dann nickte sie. "Ja, klar... und Luca will dann meine Bühnenoutfits entwerfen." "Hört sich interessant an", mischte sich Kohta ein. "Was hast du dir dann so überlegt? Solokarriere oder Band?" "Was für Instrumente spielst du überhaupt?", fuhr Kirito dazwischen. "Oi!", schimpfte der Bassist. "Ich hab zuerst gefragt!" Naomi hielt abwehrend die Hände hoch. "Hey, beruhigt euch." Sie lehnte den Kopf an die Wand und seufzte. "Ich spiele Gitarre, Bass, Violine und Piano. Und ich hätte schon gern eine Band, aber dafür brauche ich erst einmal Leute… und da ich nicht wirklich viele Musiker kenne… außer euch jetzt, aber ihr habt ja schon eure Bands..." "Ich denke, da könnte sich etwas arrangieren lassen...", meinte Kirito nachdenklich. "Vorausgesetzt natürlich, du willst das wirklich machen und wir haben dann noch Kontakt. Wovon ich jetzt einfach mal ausgehe." In diesem Moment kam Luca mit dem rothaarigen Gitarristen zurück. Beide schienen gute Laune zu haben und alberten herum. "Hey, ihr", grüßten beide wie aufs Stichwort und begannen zu lachen. "Na, habt ihr jetzt endlich alles geklärt?", wollte Naomi von ihrer Freundin wissen. "Ja", meinte Daisuke. Luca knuffte ihn in die Seite. "Also spielen jetzt Kohta und ich gegen Kirito und Naomi." Sie raffte ihre Ärmel. "Okay", antwortete die Musikstudentin und stand auf. "Und, wie sieht es aus?", fragte sie Luca auf Deutsch. "Ich nehme an, ihr seid zu einem Ergebnis gekommen, bei dem sich die beiden nicht wieder ständig fast die Köpfe einschlagen werden oder so." "Klar, sonst wären wir nicht hier, Süße", grinste Luca ihr zu. "Dann ist ja gut", entgegnete Naomi. "Komm, Kirito." Der Sänger nickte und stand ebenfalls auf, dann schnappte er sich einen Schläger und stellte sich neben die Brünette. "Lasst uns anfangen", forderte sie. "Ich will gewinnen." Sie grinste breit. "Das werden wir sehen", grinste Luca zurück. "Fangt ihr an?" Kirito nickte und machte den ersten Aufschlag. Die ersten fünf Sätze waren recht schnell vorbei. Luca traf davon nur einen einzigen Ball und dabei hätte sie noch fast Kohta umgeworfen und dadurch den Ball ins Aus geschossen. Die nächsten drei dauerten ein wenig länger, da Kohta so gut wie allein spielte, bis Luca dann doch wieder mitmachen wollte und den Ball so hart traf, dass ihr der Schläger aus der Hand rutschte und auf die andere Seite der Platte flog. Naomi sprang schnell zur Seite und der Schläger verfehlte Kiritos Kopf nur um Zentimeter. Der Sänger blinzelte irritiert. "Sagt mal... wessen Idee war das noch mal mit dem Tischtennis?", wollte er wissen. "Dais", flüsterte Luca verlegen. "Gomen, Kirito." Mit hochgezogener Augenbraue wandte sich Kirito an den rothaarigen Gitarristen. "Willst du mich umbringen?", fragte er grinsend. Daisuke zuckte mit den Schultern. "Vielleicht." Er grinste fies und ging auf Luca zu. "Gib her, Kleine. Kannst dir mal ansehen, wie ein Profi spielt." Die Dunkelhaarige sah ihn verwirrt an, doch sie beschloss, diesmal nicht mitzuspielen. Kohta und Naomi würden es ihr nie verzeihen, wenn sie Kirito versehentlich umbrachte. Auf einmal zuckte Naomi schuldbewusst zusammen. "Kuso!", fluchte sie. Alle anderen drehten sich ruckartig zu ihr um. "Gomen...", meinte sie. "Mir ist nur gerade etwas eingefallen… ich hab was Wichtiges vergessen!" Schnell lief sie aus dem Raum. Verwirrt sahen Dai, Luca, Kohta und Kirito der jungen Studentin nach. "Was ist mit ihr?", fragte Kohta, dem ziemlich offensichtlich ein riesengroßes Fragezeichen auf die Stirn geschrieben stand. "Keine Ahnung", antwortete Luca. Nach etwa zehn Minuten kam Naomi erleichtert, aber nach Luft ringend zurück. "So gerade noch geschafft...", keuchte sie. "Jetzt brauch ich aber erst mal eine kurze Pause." Sie ließ sich auf eine der Bänke fallen und lehnte sich gegen die Wand. "Ähm... Süße... was war das?", fragte Luca mit hochgezogener Braue. "Mir war gerade... wieder eingefallen..." Naomi holte einmal tief Luft. "Ich hatte voll vergessen, in der Uni anzurufen..." Luca lachte. "Wir werden bald die Erlaubnis verlieren, hier zu studieren... ich seh das schon kommen." Die Musikstudentin schüttelte den Kopf. "Ich hab denen erklärt, warum wir nicht da sind... also, dass wir uns mit dem Essen den Magen verdorben haben... und dass das auch nicht wieder vorkommt... zumindest nicht so schnell..." "Es wird gar nicht mehr vorkommen", erklärte Luca. "So, wollt ihr weitermachen?!" Kirito nickte, zog Naomi von der Bank hoch und die beiden begaben sich zur Tischtennisplatte. Als das Spiel zu Ende war, stand es letztendlich 21 zu 18 für Kohta und Dai. Naomi fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Gutes Spiel", schnaufte sie. "Finde ich auch", grinste Luca. "Nach diesem anstrengenden Spiel hab ich Durst." Kirito zog eine Augenbraue hoch. "Du hast doch kaum gespielt…" "Aber zugeschaut", zwinkerte sie ihm zu. Der Sänger grinste. "Wenn das schon anstrengend für dich ist...", meinte er schulterzuckend und legte seinen Schläger weg. "Ich nehme an, Naomi möchte jetzt etwas essen." "Kirito..." Luca grinste ihn schelmisch an. "Willst du den Satz nicht beenden?" "Besser nicht", antwortete er und legte einen Arm um Naomis Schultern. "Lass uns essen." "Feigling", grinste die Dunkelhaarige und schaute die anderen Musiker an. Kirito machte eine wegwerfende Handbewegung. "Ich schlage vor, mein Bruder testet das später", meinte er in einem amüsierten Tonfall und schob die Musikstudentin fast vor sich her. "Höh... wie..." Sie schaute verwirrt. "Ich verstehe nur Bahnhof." Sie schüttelte kurz den Kopf. "Egal, lasst uns endlich essen gehen... Ich will ja nicht, dass mir meine kleine Naomi verhungert." Kohta kicherte. "Deine? Sieht so aus, als würde mein lieber Bruder Ansprüche stellen. Du wirst sie wohl teilen müssen." "Kirito, sie ist aber nicht ganz pflegeleicht", lachte Luca. "Naomi braucht viel Auslauf und noch mehr Essen." Der Sänger blieb kurz stehen und sah Luca über seine Schulter hinweg an. "Das dürfte überhaupt kein Problem sein", zwinkerte er ihr zu. "Was...", entrüstete sich Naomi. "Ich bin doch kein Haustier!" "Dann hast du meinen Segen", kicherte Luca. "Aber wehe... ihr passiert was, dann bekommst du es mit mir zu tun!" "Mach dir deswegen keine Sorgen", meinte Kirito. "Ich pass schon auf sie auf." "Dann ist ja gut... aber wenn sie weg ist", überlegte die Dunkelhaarige traurig, "wer kümmert sich dann um mich?" "Ich hatte nicht vor, sie dir ganz wegzunehmen", versicherte der Sänger. "Ich leihe sie mir nur hin und wieder aus." "Außerdem hast du ja auch noch mich", mischte sich Kohta ein. "Meinst du nicht, dass ich mich um dich kümmern könnte?" "Neeeeee, Kirito! Ausleihen ist nicht", gab Luca zurück. "Entweder ganz oder gar nicht." Naomi sah die beiden nacheinander entsetzt an. "Ist schon mal jemand auf die Idee gekommen, mich auch nach meiner Meinung zu fragen?" Luca drehte sich zu Kohta. "Ich bin aber noch schwieriger in der Pflege als Naomi", sagte sie ernst. Der Bassist zuckte mit den Schultern. "Du bist aber mit Sicherheit einfacher als mein Bruder, von daher sehe ich da kein Problem." "Ist Kirito etwa soooooooo anstrengend?", fragte die Designstudentin mit großen Augen. "Das glaub ich nicht." Kohta grinste. "Mit ihm aufzuwachsen war ungefähr so wie die Hölle durchleben." Kirito nickte zustimmend. "Echt? Dabei sieht er so unschuldig aus." Der Sänger zog die Augenbrauen hoch. "Schon mal darüber nachgedacht, dass das Absicht ist? Zur Täuschung?" "Ich dachte, dein Pokerface wäre Absicht", erwiderte sie und sah ihn verwirrt an. "Das auch." "Oi!", beschwerte sich Naomi wieder. "Hört mir eigentlich jemand zu?" Daisuke legte einen Arm auf Lucas Schulter und stützte sich darauf ab. "Essen? Hunger!" Die Musikstudentin warf seufzend die Arme in die Luft und ging, während sie leise etwas vor sich hinmurmelte. "Das ist genau die richtige Richtung", rief der Rothaarige und folgte ihr. "Ich glaube, das mochte sie jetzt nicht wirklich", meinte Kohta vorsichtig und ging ebenfalls. Luca zuckte kurz mit den Schultern und folgte ihm. Kirito blinzelte und sah den anderen nach, bevor er ebenfalls ging. Nachdem sie alle gegessen hatten, begaben sie sich noch einmal in die Quellen, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Als sie den Parkplatz betraten, wo noch Kiritos und Dais Autos standen, sahen sie sich an. Kohta scharrte mit dem Fuß auf dem Boden herum. Eigentlich wäre es ihm am liebsten, wenn die Mädchen bei ihnen mitfahren würden statt bei Dai. Die Dunkelhaarige stand neben Dai und schaute verlegen zu dem blonden Bassisten. Es wäre sicherlich absolut unhöflich, nicht mit Daisuke zurückzufahren. Sie drehte den Kopf und sah Naomi an. Diese blinzelte ihre Freundin an und zuckte hilflos mit den Schultern. Sie konnte ihr die Entscheidung nicht abnehmen. Würde sie auch gar nicht, wenn man davon einmal absah. Wenn sie ehrlich sein sollte, zögerte sie sowohl bei Dai als auch bei Kirito mitzufahren. "Also...", begann Luca, "waren ein paar nette Stunden." "Stunden ist gut", mischte sich Naomi breit grinsend ein. "Aber ja, wir haben uns köstlich amüsiert. Danke." Kirito schob die Unterlippe vor. "Bekommen wir nicht wenigstens einen Abschiedskuss?", fragte er schmollend. "Ähm..." Luca starrte den Sänger verwirrt an. Dieser ging zu der Dunkelhaarigen und schob sie zu seinem Bruder rüber. "Da." Es war nicht ganz sicher, ob er es tat, weil er bemerkt hatte, dass die beiden sich nicht wirklich trauten, oder um sich in gewisser Weise an dem Bassisten zu rächen. Luca kratzte sich verlegen an der Schläfe und starrte auf Kohtas Brust. Der Bassist legte einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf. "Und? Bekomme ich einen?" Kirito seufzte. "Muss ich euch das erst noch aufmalen, wie das geht?", fragte er murmelnd. "Kommt, ich zeig es euch." Er trat zu Naomi heran und legte ihr die Hände auf die Schultern, zog sie näher zu sich heran und legte den Kopf ein wenig schief, bevor er sich ihr näherte. Die junge Frau blinzelte ihn erschrocken an und wusste nicht, wie sie reagieren sollte, als sie plötzlich Kiritos Lippen auf ihren eigenen spürte. Nach einigen Sekunden trat der Sänger wieder zurück. "Seht ihr? So geht das." Luca blinzelte verwirrt und starrte erst Kirito und dann Naomi an. Hatte sie was verpasst? Naomi schnappte nach Luft. Sie war rot angelaufen und hatte große Ähnlichkeit mit einer reifen Tomate. Sie wollte etwas sagen, doch kein Ton kam über ihre Lippen. Kirito grinste sie an. "Was denn? Bin ich so gut?" Die Brünette sah ihn noch immer entgeistert an. "Ich...", stammelte sie schließlich. "Was..." Luca drehte sich perplex zu Kohta um. "Also... ähmm..." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Lippen. "Man sieht sich." Dann machte sie sich auf den Weg zu Naomi und Dai. "Ah", fiel Kohta noch etwas ein. Er kramte nach einem Stift und einem Zettel. Dann schrieb er etwas auf, riss den Zettel durch und lief zu den beiden jungen Frauen rüber. Eine Hälfte reichte er Luca, die andere Naomi. "Ruft uns an!", meinte er verlegen grinsend, dann ging er zum Auto seines Bruders. Naomi stand mit offenem Mund da, starrte kurz auf den Zettel, den Kohta ihr gegeben hatte, und sah dann hoch zu dem wegfahrenden Wagen. "Schatz?", fragte Luca vorsichtig und stupste ihre Freundin an. "Wollen wir? Dai wartet." Die brünette Studentin sah sie an, als hätte sie sie noch nie zuvor gesehen. "Ich... er... das..." "Ein Kuss", grinste Luca und öffnete die Hintertür. "Ja... aber..." Naomi schüttelte wild den Kopf, dann gab sie sich einen Ruck und stieg ein. Luca setzte sich neben Dai, der die ganze Zeit schon grimmig gewartet hatte. "Alles okay?", fragte sie ihn. Der Gitarrist rang sich für sie ein Lächeln ab. "Klar." Er nickte. "Also, anschnallen, Mädels", erklärte der Rothaarige und fuhr los. Naomi warf seufzend die Wohnungstür hinter sich zu und schlüpfte aus ihren Zori. "Was für ein Tag...", murmelte sie und ging ins Bad um zu duschen. Luca ging ins Schlafzimmer und schaute sich zum ersten Mal den Zettel an. 'Kohta' stand darauf und eine Telefonnummer. Sie verzog leicht das Gesicht, faltete den Zettel zusammen und legte ihn in die Schublade ihres Nachtschränkchens. Sie legte den Yukata ab und zog sich neue Unterwäsche, eine knappe Hose und ein überdimensionales T-Shirt an. In Gedanken versunken schaute die Studentin aus dem Fenster und warf sich dann auf ihren Futon. Nachdem die Brünette geduscht hatte, ging sie in die Küche und machte erst einmal Tee für sich und ihre Freundin. Sie ging zum Schlafzimmer und lugte vorsichtig hinein. "Schatz? Magst du auch einen Tee?" Luca lag mit dem Bauch auf ihrem Futon und hielt sich das Kissen über den Kopf, worunter seltsame Laute zu hören waren. "Doof...", konnte man heraushören. "Wer ist doof?" "Alles doof..." Sie warf das Kissen zur Seite und richtete sich auf. "Was denkt der sich eigentlich?" Nun war Naomi irritiert. "Wer?" "Kohta", grummelte sie. "Und Kirito auch." Die Brünette verzog das Gesicht. "Ich bin nicht sicher, ob ich das wissen will", gab sie zu. "Die erlauben sich wahrscheinlich nur einen schlechten Scherz mit uns." "Eben." Luca holte die Telefonnummer des Bassisten hervor. "Deswegen werde ich sie zerreißen!" Naomi hielt ihr Handgelenk fest. "Tu das nicht!", meinte sie. "Vielleicht sollten wir erst einmal herausfinden, ob das tatsächlich ihre Nummern sind." "Ich werde doch da nicht anrufen", entrüstete sich Luca. "Ich meine, es ist die Pflicht der Männer, uns anzurufen." Sie stapfte durch das Zimmer. "Nicht unsere." "Die haben unsere Nummern aber nicht", gab Naomi zu bedenken. "Dann hätten sie ja auch fragen können." Sie ging nun hastiger. "Wo sind die guten alten Zeiten, in denen sich ein Mann noch bemüht hat?!" Die Musikstudentin ließ sich seufzend auf Lucas Futon zurückfallen. "Das frage ich mich auch manchmal...", murmelte sie. "Aber vielleicht verstehen sie ja das, was sie tun, ein bisschen als Bemühen?" Sie zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich weiß es nicht... und was machen wir jetzt?" "Nichts!" "Was soll das heißen, nichts?", erwiderte Naomi leise. "Bedeutet er dir nichts?" Luca seufzte und ließ sich neben ihre Freundin fallen. "Doch." Die Designstudentin seufzte schwer und schloss die Augen. "Trotzdem. Wieso soll ich den ersten Schritt machen?" "Hast du doch gar nicht, oder?" "So war es als ich ihn gefragt und geküsst habe... beide Male... und er? Kohta ist doof." Die brünette junge Frau stützte sich auf den Ellbogen ab. "Vielleicht ist er einfach nur unsicher?", schlug sie vorsichtig vor. "Schließlich kenne ich ja deine Angewohnheit, dich möglichst kryptisch und unklar auszudrücken. Möglicherweise dachte er, du möchtest das nicht?" "Ah... und ich bin nicht unsicher?" "Ich weiß", seufzte Naomi. "Was meinst du? Ich ruf Kohta an und stelle klar, ob er es ernst meint oder nicht?" "Ja, klar!" "Dann gib mir die Nummer." Luca reichte ihrer Freundin den Zettel. Die Musikstudentin kramte nach ihrem Handy und tippte Kohtas Nummer ein, sah jedoch noch mal kurz prüfend zu ihrer Freundin, ob diese es sich nicht doch noch anders überlegt hatte. Dann drückte sie auf den grünen Knopf und hielt sich das Mobiltelefon ans Ohr. Es dauerte auch nicht lang, bis der Bassist abnahm. "Hi, Kohta... nein, hier ist Naomi. Bitte? Nein, das nicht. Ich... sag mal..." Sie legte sich wieder auf den Futon zurück. "Wie stehst du eigentlich zu Luca?" Sie hörte ihm eine Weile zu, dann nickte sie und machte ein zustimmendes Geräusch. "Also ist das... ja... gut... das wollte ich nur wissen. Bitte, was?!" Ruckartig setzte sie sich auf und starrte Luca mit großen Augen an. "Ist das dein Ernst?" Naomi schluckte. "Ja... okay... gut zu wissen... ja... bis dann." Mit diesen Worten legte sie wieder auf und seufzte einmal tief. Luca starrte sie die ganze Zeit über an. "Und?" "Er scheint dich ernsthaft zu mögen. Er war halt nur ein wenig unsicher, wegen der Sache mit Dai..." Sie fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Und sie wollen sich mit uns treffen." Sie stand auf und ging in die Küche. Luca schaute sie ungläubig an. "Echt? Wann?" "Morgen", antwortete Naomi und suchte zwei Tassen aus dem Schrank. "Sie wollen uns zum Abendessen einladen. In irgendeinem piekfeinen Restaurant." "Aber die haben doch morgen Termine." Die Musikstudentin stellte die Tassen auf den Tisch und setzte sich. "Nein, erst übermorgen wieder. Kirito hat es heute auf dem Weg zum Ryokan noch gesagt." "Aber das können sie doch nicht machen! Das ist ja, als ob wir Freiwild wären!" "Warum? Die wollen uns zum Essen einladen, nicht zu einer Orgie." "Aber in ein Restaurant?" Luca schüttelte den Kopf. "Vergiss es." Naomi legte die Stirn in Falten. "Willst du lieber Pizza essen gehen?" "Nein... ruf an und sag..." Die Dunkelhaarige dachte nach. "Wir kochen!" Die Musikstudentin lachte. "Du kochst!", meinte sie. "Du weißt, dass ich das nicht kann." "Dann koche eben nur ich und du schneidest", grinste Luca. "In meine Finger", grinste Naomi zurück. "Ist ja schon gut, ich ruf ja schon an." Sie stand auf, ging ins Schlafzimmer zurück und nahm ihr Handy, um Kohta noch einmal anzurufen und ihm zu sagen, dass sie am nächsten Abend gegen sieben bei ihnen sein sollten. "Zufrieden?", meinte schließlich zu Luca. Diese nickte. "Nur, was koche ich?" "Irgendwas mit Reis und Curry, würde ich sagen", überlegte Naomi. "Zu einfach." "Die mögen das aber." "Trotzdem zu einfach." Die brünette Studentin zuckte mit den Schultern. "Denk du dir was aus, ich hab von solchen Dingen nicht die geringste Ahnung." "Okay, ich muss morgen nach der Uni einkaufen gehen." Die beiden tranken in Ruhe ihren Tee und gingen schließlich ins Bett. Die letzten drei Tage waren recht anstrengend und ereignisreich, vor allem aber nervenaufreibend gewesen. Kapitel 13: Das Fettnäpfchen ---------------------------- Naomi warf seufzend ihre Tasche in die Ecke, als sie die Wohnungstür hinter sich zukickte. Sie war froh, wieder zu Hause zu sein. Ihre Freundin schaute sie verwirrt an. "Du musst ja nicht kochen… also, wieso seufzt du?" "Huh?" Die Brünette ging in die Küche und ließ sich auf einen Stuhl fallen. "Ryô nervt." Die Dunkelhaarige stellte ihre Einkäufe auf den Bistrotisch. "Wieso diesmal?" Naomi verdrehte die Augen. "Hast du heute schon was vor? Kann ich dich heute mal besuchen kommen? Komm, ich hab dir auch meine Notizen gegeben!", äffte sie ihren Kommilitonen mit einer übertrieben piepsigen Stimme nach. "Jetzt mal ehrlich… sehe ich so aus, als würde ich jeden direkt zu mir nach Hause einladen, nur weil ich mich in der Uni mit ihm unterhalte?" Frustriert fuhr sie sich mit beiden Händen durch die Haare. "Nö… außerdem kannst du ihm ja sagen, dass du nicht alleine wohnst", entgegnete Luca amüsiert und packte die Einkäufe aus. "Habe ich… ich habe ihm auch gesagt, dass wir heute bereits Besuch erwarten… aber er lässt mich einfach nicht in Ruhe." "Dann lass mich das klären", grinste Luca fies. Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Und wie?" "Ich habe so meine Tricks", sagte die Dunkelhaarige unschuldig. "Aber wenn wir schon beim Besuch sind... wann kommen denn die beiden Geschenke an die Frauenwelt?" "Welche Geschenke?", wollte die Brünette verwundert wissen. "Du meinst Kohta und Kirito?" Luca begutachtete das Fleisch, das sie gekauft hatten. "Klar, wen sonst?" "Hm." Naomi betrachtete die Einkäufe eingehend. "Sie wollten gegen sieben hier sein." "Und wie spät ist es jetzt?" Die junge Musikstudentin sah auf die Uhr. "Halb drei." "Hmm… könnte knapp werden", entgegnete Luca und starrte auf die Lebensmittel. "Dann sollten wir lieber anfangen." Naomi nickte und stand auf. "Was soll ich tun?" "Hmm… als erstes wäschst du den Lauch, Chinakohl und die Möhren, bitte. Ich fange mit dem Fisch und dem Hummerzeugs an." "Okay." Nachdem die Brünette das Gemüse gewaschen hatte, wischte sie sich ein paar vereinzelte Haare aus der Stirn. "Soll ich das auch noch schneiden?" Luca war gerade mit dem letzten Fischfilet fertig und stellte die beiden Schüsseln zur Seite. "Lass mich überlegen... schneidest du bitte den Lauch in kleine Ovale? Und dann bitte die Möhren in dünne Streifen, den Chinakohl längs, so dass wir aus den Blättern so eine Rolle machen können." Sie reichte ihrer Freundin ein Messer. "Und bitte nicht die Finger mit abschneiden... Blut passt nicht so besonders zum Geschmack, würde ich sagen." "Glaub mir, meine Finger würde ich gern noch behalten", entgegnete Naomi grummelnd. Als die beiden Frauen fertig waren, war es gerade halb sieben. Nachdenklich starrte Luca auf die Arbeitsfläche. Alles war sauber und das Essen dampfte vor sich hin. 'Wer soll das bloß alles essen?', fragte sich die Studentin. Da sie sich nicht hatte entscheiden können, hatte sie eine ganze Menge gemacht. Sie wusste ja auch nicht wirklich, was die beiden Musiker mochten. Sie ging die Gerichte noch einmal durch: Zwei Suppen – eine normale Misosuppe und Ochazuke. Dann Aal Tokioter Art, Yosenabe, Sukiyaki, Hühnchen Fukuoka Art und natürlich Desserts… Eis, Awayuki und normales, schön angerichtetes Obst. Sie schüttelte den Kopf. "Schatz, davon können wir drei Monate leben." "Bist du sicher?", lachte Naomi. "Du kennst mich doch." "Okay... zwei Wochen", korrigierte Luca grinsend. "Wir sollten uns langsam fertig machen", erklärte sie angespannt. "Wir haben nicht mal mehr eine halbe Stunde." Naomi sah auf die Uhr. "Stimmt", meinte sie stirnrunzelnd. Schnell ging sie ins Schlafzimmer. "Was zieh ich nur an?", fiepte sie panisch. Die Dunkelhaarige folgte ihrer Freundin. Sie schnappte sich eine zerrissene Jeans, ein Hello Kitty T-Shirt und quietschbunte, aber passende Socken. "Ich bin fertig", erklärte sie schulterzuckend und band sich das Haar zu einem Knäuel. Die Musikstudentin blinzelte sie an, dann hob sie die Schultern. "Okay, Alltagskleidung wird wohl gehen", murmelte sie, holte eine dunkelblaue Trompetenjeans und ein eng anliegendes schwarzes T-Shirt aus dem Schrank. "Rauchen wir noch eine?", fragte Luca nervös. "Okay", kam die leise Antwort. Naomi war ebenfalls nicht gerade ruhig. Irgendwie hatte sie ein bisschen Angst, Kirito nach gestern wieder zu sehen. Schnell zog sie sich an und ging dann ins Wohnzimmer. Luca legte ihrer Freundin den Arm um die Schultern. "Wird schon schief gehen!" Die junge Brünette kräuselte die Nase. "Genau das befürchte ich ja." Sie lächelte unsicher. "Ah was." Luca reichte ihr eine Zigarette und Feuer. "So besonders sind die beiden ja auch nicht..." "Danke", murmelte Naomi und ließ sich im Schneidersitz auf den flauschigen Teppich fallen. "Hoffentlich kommen sie auch..." "Wenn nicht, dann laden wir Dai zum Essen ein", sagte die Dunkelhaarige gleichgültig und nahm einen tiefen Zug. "Und den Rest von Dir en grey… allein schon, um Kyô zu ärgern." "Joa… kleines süßes Vieh, dieser Kyô", grinste die Designstudentin. "Ich hab es dir ja vorher gesagt", erwiderte Naomi und zuckte zusammen, als es an der Tür klingelte. "Gehst du?", wisperte sie mit großen Augen. Die Dunkelhaarige sah sie verwirrt an, stand jedoch auf und ging zur Tür. Zitternd machte sie die Tür auf und zeigte ihr schönstes Lächeln. Vor ihr stand ein schmächtiger, dunkelhaariger Typ. Sie konnte sich nicht daran erinnern, ihn schon einmal gesehen zu haben. "Eh...", blinzelte er sie verwirrt an. "Ich dachte, Naomi wohnt hier..." "Wer?", fragte sie verärgert. Sie betete, dass Naomi im Wohnzimmer bleiben würde. Der Kerl holte tief Luft. "Naomi", wiederholte er. "Naomi Crescent." "Nie gehört!" Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu. "Was war los?", rief ihr Naomi vom Wohnzimmer aus zu. Keine fünf Sekunden später klingelte es erneut. Luca ballte die Hände zu Fäusten und schaute durch den Türspion. Sie zuckte zusammen. "Naomi, du hältst mal eben den Schnabel, du bist nicht hier, okay?", flüsterte sie. Die Brünette sah verwundert und nervös um die Ecke. "Warum?", fragte sie so leise wie möglich. "Weil Ryô vor der Tür steht… jedenfalls nehme ich an, dass er es ist." Naomi blinzelte, sagte aber nichts weiter dazu, sondern verschwand leise im Schlafzimmer. Irgendwie hatte sie befürchtet, dass irgendetwas schief gehen musste. Die Designstudentin öffnete erneut die Tür und lächelte diesmal ziemlich erleichtert. "Hey, ihr", begrüßte sie die beiden Musiker lächelnd und ignorierte Ryô komplett. "Hey, Süßes", grinste Kohta sie breit an und drückte ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Lippen. Dann sah er Ryô an und zog eine Augenbraue hoch. "Hast du noch einen heimlichen Verehrer eingeladen, oder so?" Ryô hingegen sah die beiden Neuankömmlinge irritiert an. Irgendwie kamen sie ihm bekannt vor. Er wusste nur nicht, wo er sie schon einmal gesehen hatte. Kirito sah den Jungen kurz an, dann wandte er sich an Luca, um sie zu begrüßen. "Alles in Ordnung?", meinte er dann. Sie lief leicht rosa an und schaute Kohta verlegen an. "Klar", grinste sie dem Sänger zu und ignorierte den Dritten weiterhin. "Lasst uns reingehen und essen." Die beiden Brüder sahen sie für einen kurzen Moment verwirrt an, doch dann folgten sie ihrer Aufforderung und gingen hinein. Die Dunkelhaarige schloss die Tür hinter sich und den Musikern, als ob niemand mehr dort wäre. Kohta und Kirito zogen ihre Schuhe aus und gingen ins Wohnzimmer. "Wer war das?", wollte der Bassist wissen. "Und was wollte er hier?" "Ein heimlicher Verehrer von Naomi", erklärte Luca und knuffte ihn in die Seite. In diesem Moment blinzelte Naomi durch einen Spalt in der nicht ganz geschlossenen Schlafzimmertür. "Kann ich jetzt wieder rauskommen?", wisperte sie. Kirito sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. "Warum versteckst du dich? So schlimm kannst du doch gar nicht aussehen", meinte er grinsend und ging dann auf sie zu. Die brünette Studentin winselte leise, als der Sänger die Tür aufmachte und ins Schlafzimmer hineinsah. "Ich wollte nur Ryô aus dem Weg gehen", flüsterte sie. "Ist er noch da?" "Wer? Dieser Möchtegern-Hippie? Keine Ahnung, Luca hat ihn nicht rein gelassen." Naomi atmete erleichtert auf. "Dann ist ja gut." Sie kam aus dem Schlafzimmer und begrüßte die beiden Musiker erst einmal. Kohta legte der Musikstudentin einen Arm um die Schultern. "Sollen wir uns für dich um diesen Typen kümmern?", fragte er. "Wer ist das überhaupt?", wollte Kirito von Naomi wissen. Die Brünette verzog das Gesicht. "Er ist bei uns auf der Uni, wir haben zusammen Philosophie und Japanisch." "Und warum steht er dann bei dir vor der Tür?" Naomi seufzte. "Weil er schon seit einer Weile was von mir will und mich heute mal wieder genervt hat, ob ich was vorhabe und er mich besuchen könnte." "Und sie hat nein gesagt", warf Luca ein. Der Sänger nickte. "Hätte sie ihn eingeladen, dann hätte sie sich sicher nicht vor ihm versteckt", meinte er ernst. "Ich wusste gar nicht, dass Japaner so unhöflich sein können", bemerkte die Dunkelhaarige und begann, den kleinen Tisch im Wohnzimmer zu decken. "Schwarze Schafe gibt es überall", entgegnete Kohta und drehte sich zu Luca um. "Soll ich dir helfen?" "Das wäre lieb", lächelte sie ihm zu. "Bist ein Schatz." Der Bassist grinste. "Ich weiß." Luca reichte ihm das Essgeschirr, sowie Stäbchen und Löffel. "Was weißt du denn noch so?", fragte sie keck und stellte Teebecher auf den Tisch. Dann drehte sie sich um und ging zur Tür, um durch den Spion zu sehen. Naomi tapste leise in ihre Richtung. "Und? Ist er noch da?", flüsterte sie leise. "Wenn ja, dann kann er mich mal kennen lernen", brummte Kirito hinter ihr und sorgte damit dafür, dass sie erschrocken zusammenzuckte. Luca grummelte. "Naomi, geh in die Stube und nimm die Jungs mit. Der kann was erleben." Sie drehte sich genervt zu den beiden und wartete, bis sie weggingen. Der blonde Sänger legte der Musikstudentin einen Arm um die Schultern und schob sie ins Wohnzimmer, wo er sie auf die Couch und sich selbst neben sie setzte. Luca riss die Tür auf, ging raus und warf sie hinter sich zu. "Was willst du noch hier?", fragte sie kalt und recht respekteinflößend. Ryô wich ein paar Schritte zurück. "Ich wollte zu Naomi, ich weiß, dass sie hier ist, ich habe sie gehört. Sie wohnt hier." "Ist das so?" Sie kniff die Augen zusammen. "Ja", erwiderte er. "So ist es." Sie ging einen Schritt auf ihn zu. "Es ist ziemlich mutig von dir, uns zu belästigen." "Ich belästige niemanden, ich will Naomi besuchen, das ist alles." "Bist du eingeladen?" Sie ging noch einen Schritt weiter. Ryô zog eine Augenbraue hoch und nickte dann. "Das ist eine Lüge", sagte sie eiskalt. "Weißt du… ich mag keine Lügner…" Sie ging weiter. "Ich lüge nicht", antwortete Ryô trotzig. "Doch, das tust du." Sie knackte mit den Nackenwirbeln. "Und weißt du auch, woher ich das weiß?!" "Woher willst du das denn wissen?" "Weil wir heute Gäste haben..." Sie ging noch einen Schritt weiter. "Und du bist einfach zu unwichtig." Sie schlug mit der Faust gegen einen Holzbalken, der ein kleines Vordach stützte und schaute Ryô angriffslustig an. Der Balken bekam einen tiefen Riss und ein Splitter flog ihm ins Gesicht, in die Nähe seiner Augen. "Deswegen... lüg mich nicht an... ich werde dann sehr gereizt." Ryô griff reflexartig nach seinem Auge und gab einen Schmerzenslaut von sich. "Sag mal, spinnst du?!", brummte er. "Dafür wirst du büßen!" Damit drehte er sich um und ging, wobei er sein Handy aus der Tasche holte, um einen Notarzt anzurufen. Luca drehte sich um, schloss die Tür auf und ging wieder rein. Im Wohnzimmer saß Kohta auf dem Sessel, Kirito hielt Naomi in beiden Armen. Der Bassist sah auf, als Luca wieder hereinkam. "Und?" "Der ist weg", sagte sie grinsend. "Ich komme gleich wieder." Die Dunkelhaarige verschwand im Badezimmer und hielt ihre Hand unter kaltes Wasser. "Toll, das waren zwei Fingernägel", grummelte sie leise. Die Musikstudentin hob ihren Kopf von Kiritos Brust und wollte gerade etwas sagen, überlegte es sich aber anders. Sie stand auf und ging zum Bad. "Alles okay bei dir?", fragte sie leise. Luca zuckte kurz zusammen und machte ein unschuldiges Gesicht. "Klar, wieso auch nicht?" "Weil du wütend genug warst, um ihn auseinanderzupflücken", antwortete die Brünette, ging auf ihre Freundin zu und nahm sie in den Arm. "Danke", murmelte sie. "Für dich doch immer", gab Luca zurück und drehte den Wasserhahn zu. Als die beiden wieder ins Wohnzimmer kamen sah Kohta auf. "Wie bist du ihn eigentlich losgeworden?", wollte er wissen. Die Dunkelhaarige lächelte sanft. "Ich habe gesagt, er soll gehen, weil es unhöflich ist." Kirito bedeutete Naomi, dass sie sich wieder neben ihn setzen sollte. Die junge Frau sah ihn seltsam an, kam dieser Aufforderung jedoch nach. "Wollen wir anfangen zu essen?", fragte Luca, als ob sie das Thema wechseln wollte. Naomi nickte eifrig und zuckte zusammen, als Kohta und Kirito anfingen zu lachen. Der Sänger legte ihr einen Arm um die Schultern. "Du hattest Recht", meinte er zu Luca. "Sie braucht wirklich viel zu essen." Er grinste breit. Luca schaute ihn irritiert an, nickte nach einer Weile jedoch zustimmend. "Naomi, hilfst du mir in der Küche mit dem Essen? Ihr könnt es euch ja schon mal bequem machen." Sie deutete auf die Kissen am Boden. Die Brünette stand wieder auf und folgte Luca in die Küche, während sich die beiden Musiker auf zwei der Kissen setzten. "Ist das zu viel?", fragte die Dunkelhaarige verwirrt und stellte das portionierte Essen auf ein Tablett. "Für wen?", fragte Naomi und nahm das Tablett von der Arbeitsplatte. "Für mich sicher nicht", grinste sie. Luca lachte und schnappte sich das zweite Tablett. "Na, dann hoffen wir mal, dass es ihnen auch schmeckt." "Tut es bestimmt", antwortete die Musikstudentin. "Dein Essen schmeckt immer." Sie folgte ihrer brünetten Freundin ins Wohnzimmer, kniete sich an den Tisch und servierte das Essen. Erst den Männern, dann Naomi und sich selbst zuletzt. Diesmal benahm sich Naomi um einiges manierlicher als beim letzten Mal, sie fiel nicht so hemmungslos über das Essen her. Nach einem fröhlichen allgemeinen "Itadakimasu~" sag Luca erst kurz die anderen an, bevor sie sich selbst ans Essen machte. "Ich hoffe, es schmeckt euch", sagte die Dunkelhaarige und füllte die Schüsseln der beiden Jungs auf. "Ich wusste nicht wirklich, was ich kochen sollte." "Ah, und deswegen hast du gleich einfach alles gemacht", gab Kohta amüsiert zurück. "Ja...", antwortete sie leicht errötend. "Obwohl das nicht alles ist, was ich vorhatte." "Ging dir das Geld oder die Zeit aus?", fragte Kirito mit hochgezogener Augenbraue. "Ich nehme an, Letzteres." "Die Zeit", sagte Luca ernst. "Das eine Dessert hab ich schon letzte Nacht angefangen." Sie wollte ihnen gerade Bier einschenken, als sie zusammenzuckte. "Ah, Jungs... kann ich euch überhaupt Bier geben? Ihr müsst doch fahren, oder?" "Onii trinkt, ich fahre", antwortete Kohta ernst und sah seinen Bruder an, doch der schüttelte den Kopf. "Das ist mein Auto, ich fahre." "Ähm…" Luca lief leicht rosa an. "Habt ihr morgen Termine?" Der blonde Sänger überlegte kurz. "Eigentlich hätten wir morgen Termine, aber die sind auf übermorgen verschoben worden. Warum?" "Sonst könntet ihr auch hier übernachten... wir haben Gästefutons." Sie schenkte Naomi Bier ein. Kohta sah sie an, als hätte er gerade im Lotto gewonnen oder sein Geburtstag wäre vorverlegt worden. "Das wäre cool!", meinte er breit grinsend. Kirito warf seinem Bruder einen strafenden Blick zu. "Wenn auch Naomi damit einverstanden ist, gern." "Huh?" Die Brünette sah von einem zum anderen. "Ich?" Der Sänger nickte. "Im Notfall können wir auch immer noch ein Taxi nehmen." Die Musikstudentin schüttelte heftig den Kopf. "Nein, das geht nicht!", protestierte sie. "Ich habe nichts dagegen, wenn ihr hier bleibt", setzte sie leise nach. "Dann ist ja gut." Luca nahm die Bierflasche und schenkte den beiden Musikern und sich ein. "Kanpai!", prostete sie allen zu. "Kanpai!", echoten die drei. Die Dunkelhaarige trank das Bier auf Ex und seufzte glücklich. Nachdem sie gegessen hatte, lehnte sich Kohta zufrieden zurück. "Das war gut", lobte er. Kirito nickte. "Er hat ausnahmsweise Recht, das war wirklich gut." "Hmph", schnaubte Naomi. "Natürlich! Lucas Essen ist immer gut!" "Naomi…" Luca winkte mit der Hand ab. "Ich werde noch ganz rot!" "Was denn?", gab die Brünette zurück. "Ich sage nur die Wahrheit." Sie grinste. "Stell dir nur mal vor, wenn ich versucht hätte zu kochen. Das wäre eine Katastrophe gewesen!" "Das stimmt…" Die Designstudentin schaute ängstlich in Richtung Küche. "Meine arme Küche wäre hin und du wahrscheinlich verblutet." Naomi trank noch einen Schluck Bier. "Das ist sogar ziemlich sicher", meinte sie kichernd. "So schlimm?", fragte Kohta ungläubig. "Obwohl du eine Frau bist?" Die Musikstudentin lachte. "Ja... ich weiß nicht, aber irgendwie habe ich wohl zu viele männliche Gene abbekommen." Sie grinste breit. Luca lachte, dann stand sie rasch auf. "Ich hätte fast das Wichtigste vergessen..." Sie eilte in die Küche. Naomi folgte ihr, um ihr zu helfen. "Jungs, wollt ihr Eis, Früchte, Awayuki oder alles zusammen?", rief Luca den Musikern zu. "Ah ja... Kaffee oder Tee?" "Oh Gott", japste Kohta. "Noch mehr Essen?" "Du hättest damit rechnen müssen, dass es Nachtisch geben wird, nach dem, was Luca alles gekocht hat... außerdem hat sie ja vorhin schon gesagt, dass sie Dessert gemacht hat." Kirito zog eine Augenbraue hoch. "Und Tee, bitte", setzte er in Richtung Küche nach. "Also, einmal Tee für Kirito, welche Sorte?" Sie zählte etwa ein Dutzend auf. "Grünen, für meinen Bruder auch", antwortete der Sänger. "Sollen wir irgendwie helfen?" "Nein... ihr seid zu Gast und rührt keinen Finger. Und was soll es zum Nachtisch sein?" "Bringt einfach alles mit, es wäre eine Schande, wenn irgendwas davon umkommt", antwortete nun Kohta. Luca grinste ihrer Freundin zu. "Bleibt wohl wenig für dich übrig, Süße." Naomi schob den Unterkiefer vor. "Ich denke, ich bekomme schon genug", meinte sie. Die beiden Frauen kamen zurück in die Stube – beladen mit einem Tablett mit Eis, Awayuki und Obst. Kirito blinzelte. "Warum hast du so viel gemacht? Hast du Angst, jemand könnte verhungern?" "Nein, ich wusste ja nicht, was ihr mögt", antwortete Luca verlegen. "Und Curry schien mir zu einfach." Der Sänger nickte, dann sah er Naomi grinsend an. "Wenn ich das so sehe, werde ich mich wohl anstrengen müssen, um dich später ernähren zu können", zwinkerte er ihr zu. Der brünetten Studentin klappte der Unterkiefer runter. Sie wollte etwas darauf erwidern, fand aber keine Worte, also schloss sie den Mund wieder und sah ihn mit großen Augen an. Luca kicherte. "Dann müsst ihr aber noch eine Menge Platten raus bringen." Sie hielt sich den Bauch. "Sonst frisst sie dir noch die Haare vom Kopf." Luca verlor vor lauter Lachen das Gleichgewicht und kippte nach hinten um. Naomi verschränkte die Arme vor der Brust und sah Luca missbilligend an. "So schlimm bin ich nun auch wieder nicht...", protestierte sie. "Nein... soll ich mal die Geschichte erzählen, als du die Zahnpasta gegessen hast?", fragte Luca grinsend. "Zahnpasta?", fragte Kohta interessiert. "Jaaa... Zahnpasta", zwinkerte ihm die Dunkelhaarige zu. Naomi verbarg ihr Gesicht in den Händen. "Ich konnte doch nichts dafür", murmelte sie. "Na, komm schon... ich glaub, wir hatten damals auch noch einen Apfel im Kühlschrank, oder so", erinnerte Luca sie. "Wenn da einer gewesen wäre, hätte ich ihn mit Sicherheit bevorzugt", gab die Brünette pikiert zurück. "Na, da bin ich mir nicht so sicher", grinste Luca ihr zu. "Aber vielleicht sollte ich diese Geschichte ein anderes Mal erzählen." "Wieso? Erzähl sie ruhig jetzt", meinte Kirito und lehnte sich zurück. Der Sänger sah Luca gespannt an. "Wenn ich sie später füttern muss, wäre es gut, wenn ich so viel wie möglich über sie wüsste." Er grinste. Naomi nahm die Hände wieder runter und sah ihn stirnrunzelnd an. "Da gibt es nicht viel zu erzählen...", erwiderte sie. Luca sah besorgt zu ihrer Freundin. "Nein… die erzähle ich dir ein anderes Mal. Wie war euer Tag?" Kirito seufzte. "Na gut... aber ich will das auf jeden Fall irgendwann hören." Der Bassist sah Luca seltsam an. Er verstand nicht, warum sie es nun doch nicht erzählen wollte. "Unser Tag war okay...", antwortete er. "Wir haben es heute recht ruhig angehen lassen, nach den beiden letzten Tagen, die wir gemeinsam verbracht haben..." Er zog einen Mundwinkel nach oben. Die brünette Studentin spielte mit ihren Fingern, dann sah sie auf den Tisch. "Soll das Eis schmelzen?", fragte sie die anderen. "Höh?" Luca sah sie fragend an. "Natürlich nicht, Schatz. Hau nur rein." Naomi verteilte Nachtisch an alle, bevor sie sich heißhungrig über ihr Eis und das Obst hermachte. "Jetzt geht’s los", grinste Kohta. Luca stellte ihre Portion zu Naomi. "Kannst du haben... ich ess nur die Awayuki." Sie lächelte mild. "Will ja nicht zunehmen... habe nicht so einen guten Stoffwechsel wie du." Die brünette Studentin sah sie nur kurz an, dann nickte sie. Dass die beiden Musiker die ganze Zeit über sie kicherten, ignorierte sie völlig. Nachdem alle aufgegessen hatten, stellte Luca das Geschirr auf ein Tablett und ging Richtung Küche. "Ich bring euch noch etwas Tee und spüle schnell ab, ja?" Sie steckte den Kopf durch die Tür zum Wohnzimmer. "Und ärgert ja meine Naomi nicht." "Ich helfe dir", meinte Naomi und wollte schon aufstehen, aber Luca schüttelte den Kopf. Die Dunkelhaarige kam mit drei Teebechern und etwas Knabberzeug zurück. Sie lächelte den dreien zu und verschwand wieder in der Küche. "Was sind denn das für Termine, die ihr übermorgen habt?", wollte Naomi wissen. Kirito überlegte kurz. "Ein Interview mit der Fool’s Mate und ein Photoshooting." "Und in welcher Ausgabe erscheint das dann?" "In der übernächsten. Glaube ich jedenfalls." Die junge Frau grinste. "Na, dann bin ich ja mal gespannt." Sie deutete auf ein großes Regal im Wohnzimmer. "Ich habe so ziemlich alle Ausgaben der letzten zwei Jahre", meinte sie stolz. Kohta sah sich das überfüllte Regal an. "Du sammelst ja so einiges, kann das sein?" "Wann hast du angefangen, Japanisch zu lernen?", fragte Kirito interessiert. Naomi nickte, dann sah sie Kirito überrascht an. "Ich weiß nicht genau… mit 14, glaub ich." "Und was sagt deine Familie dazu, dass du nach Japan gezogen bist?", fragte er weiter. Die brünette Studentin fuhr sich mit zitternden Fingern durch die Haare. "Gar nichts", murmelte sie. Sie atmete einmal tief durch, dann stand sie auf. "Entschuldigt mich kurz." Dann verschwand sie schnell im Badezimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Luca steckte vorsichtig den Kopf durch die Tür. "Ich hab doch gesagt, ihr sollt sie nicht ärgern…", schimpfte sie mit den beiden. "Wir haben sie nicht geärgert", entgegnete Kohta irritiert. "Ich weiß auch nicht, was mit ihr los ist." Er sah seinen Bruder an, der mindestens genauso verwirrt war wie er. "Ich würde sagen, das war schon kein Fettnäpfchen mehr, sondern ein ganzer See." Er klopfte dem Sänger auf die Schulter. "Wenn, dann richtig, ne?" "Was hast du denn zu ihr gesagt?", fragte Luca interessiert und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. "Ich habe sie nur gefragt, was ihre Familie davon hält, dass sie jetzt in Japan lebt", antwortete Kirito indigniert. "Woher sollte ich denn wissen, dass sie so darauf reagiert? Hat sie etwa Streit mit ihren Eltern?" Die dunkelhaarige Studentin starrte ihn mit einem vernichtenden Blick an, warf das Tuch achtlos auf den Boden und ging ins Badezimmer. "Schatz, alles okay?", fragte sie ihre Freundin vorsichtig. "Willst du noch Eis?" Naomi saß zusammengekauert in einer Ecke, hatte die Beine angezogen und die Arme darum geschlungen, den Kopf auf die Knie gelegt. Sie hob eine Hand und winkte ab. Essen war im Moment das Letzte, woran sie dachte. Luca setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. "Hmmm… reden?" "Worüber denn?", schniefte die Musikstudentin. "Du weißt doch eh schon alles." "Hey... nicht weinen, ja?" Sie wischte ihr einige Tränen weg. "Ich dachte auch eher daran, dass du mit Kirito redest..." "Tut mir Leid...", murmelte Naomi. "Ich weiß, er kann nichts dafür... er konnte es ja nicht wissen..." Sie zuckte unsicher mit den Schultern. "Was soll ich ihm denn sagen?" Luca küsste sie auf die Stirn. "Sag einfach alles, was du auf dem Herzen hast, Süße." Die Dunkelhaarige stand auf und ging ins Wohnzimmer zu Kirito. "Könntest du mal zu ihr gehen?", fragte sie ihn freundlich. Er sah sie irritiert an, nickte dann aber und stand auf, um kurz darauf im Badezimmer zu verschwinden. Leise schloss er die Tür hinter sich. "Was ist mit ihr?", wollte Kohta wissen. Irgendwie machte er sich schon ein wenig Sorgen um die junge Frau. "Es ist wegen ihrer Familie...", antwortete Luca traurig und setzte sich aufs Sofa. "Ihr Bruder und ihre Eltern sind vor einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen." Der Bassist sah sie verwundert an, dann wurde sein Gesicht immer länger. "Oh...", murmelte er. "Das tut mir Leid." Sie nickte, nahm sich ein Kissen und umarmte es fest. Kohta setzte sich zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. Kapitel 14: Videoabend mit Hindernissen --------------------------------------- Kirito stand für einige Momente ratlos an der Tür und sah das Häufchen Elend in der Ecke mitleidig an. Das Mädchen schien seine Anwesenheit gar nicht zu bemerken, sondern schniefte und schluchzte nur vor sich hin. Der Sänger seufzte, dann ging er zu ihr rüber und setzte sich neben sie. "Hey", murmelte er und nahm die Studentin in den Arm. "Es tut mir Leid." Er spürte, wie sie leicht den Kopf schüttelte. "Muss... es nicht...", stammelte sie unter Tränen. "Du konntest... es ja nicht... wissen." Kirito strich ihr leicht über den Rücken, in der Hoffnung, sie zumindest ein wenig beruhigen zu können. "Bist du deswegen nach Japan gezogen?", fragte er leise. Es dauerte einen Moment, bis sie reagierte. Sie setzte sich auf und wischte in ihrem Gesicht herum. "Meine Eltern... sind vor einem Jahr bei einem Autounfall gestorben... mein Bruder... auch", schniefte sie. "Luca hat mir damals sehr geholfen… ohne sie wäre ich durchgedreht…" Sie holte tief Luft. "Luca ist mit mir hierher gezogen, weil sie meine beste Freundin ist. Ich hätte niemanden sonst mitnehmen wollen, sie ist alles für mich... seit..." Sie schluchzte erneut. Der Sänger biss sich auf die Unterlippe, dann nahm er die junge Frau wieder in den Arm. "Shhh...", flüsterte er. "Ist schon okay, ich bin ja da..." Als sie sich wieder so einigermaßen beruhigt hatte, sah sie ihn mit großen feuchten Augen an. "Danke...", wisperte sie mit halberstickter Stimme. "Wirklich..." Dann stand sie auf um sich das Gesicht zu waschen. Kirito stand ebenfalls auf und wartete, bis sie fertig war. Dann legte er ihr einen Arm um die Schultern. "Sollen wir? Bevor sich die anderen noch größere Sorgen machen." Naomi nickte und die beiden gingen wieder ins Wohnzimmer. "Tut mir Leid...", murmelte sie, als sie sich auf eines der Kissen fallen ließ. Luca schaute ihre Freundin neugierig an und lächelte ihr zu. Die brünette Studentin fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Ist noch was von dem Nachtisch da?" "Klar", japste Luca glücklich, riss sich von Kohta los und lief in die Küche. Nach wenigen Minuten kam sie mit einer riesigen Schüssel Eis mit Sahne und Schokostreuseln zurück. "Hier, mein Engel." "Danke." Naomi lächelte zaghaft und setzte sich die Schüssel auf den Schoß, bevor sie anfing zu essen. Kirito setzte sich hinter Naomi, legte beide Hände auf ihre Schultern und zog sie zurück, damit sie sich bei ihm anlehnte. Dann legte er einen Arm um ihre Taille und sah Luca an. "War außer dem Essen noch etwas für den heutigen Abend geplant?" "Hmm... eigentlich nicht, wieso?", fragte sie ihn verwirrt. "Weil meine Kleine hier..." Er deutete mit dem Kinn auf Naomis Kopf. "... ein wenig Ablenkung vertragen könnte, denke ich." Kohta dachte angestrengt nach. "Habt ihr einen DVD-Player?", fragte er schließlich. Luca schaute Naomi amüsiert an. Die Brünette sah ihre Freundin aus dem Augenwinkel an und schluckte ihr Eis runter. "Wir haben einen… irgendwo… und der Fernseher steht glaub ich auch noch in irgendeiner Kiste..." Der Bassist sah die beiden verwundert an. "Ihr hab die Sachen noch nicht ausgepackt?" Naomi, die sich gerade wieder einen vollen Löffel Eis in den Mund gestopft hatte, zuckte nur mit den Schultern. "Wir schauen ja fast nie fern", antwortete die Dunkelhaarige und ging zu einem Schrank, in dem der Fernseher und der DVD-Player noch in Kartons eingepackt standen. "Hmm...ie da raus?" Kohta grinste und stand auf. "Ich helfe dir, während die beiden Hübschen da zur Videothek gehen und einen schönen Film aussuchen." Kirito sah seinen Bruder an, dann Luca, schließlich Naomi. Dann nickte er, nahm der Brünetten den Löffel aus der Hand, legte ihn in die Schüssel, die er ihr ebenfalls abnahm und stand auf, um die Schüssel auf den Tisch zu stellen. Die Musikstudentin sah ihn fassungslos an. "Du nimmst mir mein Frustessen weg?!" Der Sänger antwortete ihr gar nicht erst, sondern nahm ihre Hand und zog sie hoch. "Komm, wir gehen uns in der Videothek einen Film holen." Sprachlos folgte sie ihm und blieb dann hinter ihm im Flur stehen. "Du wirst dir schon deine Schuhe anziehen müssen, oder willst du auf Socken gehen?", fragte er sie grinsend, als sie ihn anstarrte. Naomi seufzte und zog sich dann ihre Schuhe an. "Bis gleich", rief sie Luca und Kohta zu, bevor sie mit Kirito die Wohnung verließ. Luca drehte sich belustigt zu Kohta um. "So, Schatz… benimm dich wie ein Mann und mach den Technikkram." Der Bassist grinste. "Sag mir erst mal, wo ich den Fernseher hinstellen soll." Sie schaute sich im Wohnzimmer um. "Keine Ahnung?" Sie lächelte ihn lieb an. "Kann der nicht im Schrank stehen bleiben?" "Habt ihr so was wie einen Fernsehschrank oder so?" Sie schaute ihn mit großen unschuldigen Augen an. "Einen was?" Kohta lachte. "Einen kleinen Schrank, wo man den Fernseher draufstellt." Sie biss sich auf die Lippe. "Ich glaube, der ist noch im Keller." "Dann sollten wir ihn wohl holen, oder?", schlug der Blonde vor und strich Luca über die Haare. "Wir beide alleine im dunklen Keller?" Sie machte ein ängstliches Gesicht. "Ich habe Angst vor Kellern." Der Bassist sah sie verdutzt an. "Habt ihr eine Taschenlampe? Oder Licht im Keller?" "Eine Taschenlampe." Sie grinste, ging in die Küche und holte die besagte Taschenlampe heraus. Luca fuchtelte mit ihr herum und ging in den Flur, um sich die Schuhe anzuziehen. "Gehen wir?" Kohta folgte ihr und trat nah an sie heran. "Wenn du ganz dicht bei mir bleibst, passiert dir nichts", flüsterte er ihr ins Ohr. Sie drehte sich zu ihm um. "Genau davor habe ich ja Angst", erklärte sie frech grinsend. Er blinzelte sie an, dann legte er seine Hand auf ihre Wange, zog sie zu sich heran und küsste sie. "Ich tu dir schon nichts, keine Sorge", meinte er schließlich. "Na, wer’s glaubt..." Sie lachte. "Wieso hast du dich eigentlich so gefreut, als ich meinte, ob ihr beiden hier übernachten wollt?" "Weil ich dann etwas mehr Zeit mit dir verbringen kann?" "Das ist süß." Sie gab ihm einen langen Kuss. "Du schläfst trotzdem mit Kiri in der Stube." Der Bassist sah sie eine Weile an, dann nickte er. "Das ist okay." Die junge Frau begann plötzlich panisch zu kreischen. Kohta trat erschrocken einen Schritt zurück. "Was ist los? Was hast du?", fragte er in dringlichem Tonfall. "Ich hab doch gar nichts gemacht!" Sie lief hinter ihn und zeigte mit einem zitternden Finger nach vorne. "Da... da... da... da... eine Kakerlake!", kreischte sie erschrocken und krallte sich in seinem Hemd fest. Seine Augen weiteten sich, er drehte sich um und legte automatisch beide Arme um die Studentin. "Was?", fragte er, nun selbst einer Panik nahe. "Wo?" "Schatz… tu was… die ist riesig", japste sie. Der Bassist sah sich um und schlüpfte dann schnell in seine Schuhe, bevor er Luca bei der Hand packte und sie aus der Wohnung zog. Der Blonde atmete erleichtert auf, als er sich gegen die geschlossene Tür lehnte. "Puh… wir sind in Sicherheit", murmelte er. Luca schaute nach vorne und huschte sofort vor den kaputten Holzbalken. "Ja…", erwiderte sie verunsichert. "Huh?" Kohta sah sie fragend an. "Was ist?" "Nichts...", lächelte sie ihn an. "Sollen wir dann mal runter und den Fernsehschrank holen?" "Ja..." Sie kramte in ihrer Hosentasche und blieb geschockt stehen. "Kohta..." Sie sah ihn verstört an. "Was ist denn?", wollte der Bassist wissen. "Die Schlüssel sind in der Wohnung." "Das ist nicht dein Ernst, oder?" Die Dunkelhaarige schaute ihn verlegen an. "Du hast mich da so schnell rausgezerrt..." Kohta seufzte. "Dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als eben den Schrank hoch zu holen und dann auf meinen Bruder und deine Freundin zu warten." "Kohta… der Schlüssel für den Keller ist auch an meinem Schlüsselbund", erklärte sie vorsichtig. Der blonde Bassist setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. "Dann werden wir wohl warten müssen." "Ich denke schon." Sie setzte sich zu ihm. "Und ich habe mich so auf den Keller mit dir gefreut." "Echt?" Er legte einen Arm um ihre Schultern. "Echt", grinste sie ihn an und schmiegte sich an ihn. Als Naomi und Kirito schließlich zurückkamen, sahen sie verwundert Kohta und Luca an, die vor der Wohnungstür saßen. "Was macht ihr da?", fragte die Brünette irritiert. "Demonstrieren", sagte Luca trocken. "Wonach sieht es denn aus?" "Ihr habt euch doch wohl nicht etwa ausgesperrt?", grinste Kirito. "Nein... wir mussten vor einem Angriff fliehen", erklärte Luca ernst. "Dummerweise hat der Feind meinen Schlüssel. Eine Kakerlake... ein riesengroßes fettes Ding!" Die brünette Studentin musste sich ein Lachen verkneifen. "Was denn? So ein großer starker Mann fürchtet sich vor einer Kakerlake?" "Nein", verteidigte Luca ihren Freund. "Er hat mich weggezogen, bevor das Vieh mein Bein abbeißen konnte." Naomi zog ungläubig eine Augenbraue hoch, dann sah sie zu Kirito. "Sieht so aus, als würden wir uns darum kümmern müssen, huh?" Der Sänger streckte abwehrend die Hände vor sich aus. "Ohne mich!" Die Musikstudentin verschränkte die Arme vor der Brust. "Also wirklich… tolle Männer seid ihr..." Sie schüttelte seufzend den Kopf und trat auf Luca und Kohta zu. "Ihr müsst schon da weggehen, damit ich die Tür aufschließen kann." Luca rappelte sich langsam hoch und reichte dem Bassisten die Hand. Dieser nahm sie nur allzu gern an und stand dann ebenfalls auf. Naomi schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. "Also, wo ist jetzt diese tolle Kakerlake?" "Da vorne." Luca zeigte auf ein winziges kleines schwarzes Insekt, das mit dem Kopf gegen die Stufe ditschte. "Oh Gott...", schnaubte Naomi lachend. "Die nennst du groß? Da sind ja sogar die bei uns in Deutschland noch größer!" "Ja...", sagte Luca gekränkt. Die brünette junge Frau zog sich die Schuhe aus, ging in die Küche und holte ein Glas. Dieses stülpte sie über das arme Insekt und brachte es dann zum Fenster, welches sie öffnete, damit sie die Kakerlake aus dem Glas herausschütteln konnte. "So, Leute! Ihr könnt reinkommen, die Gefahr ist gebannt!", meinte sie theatralisch. Luca spurtete in die Wohnung, noch im Lauf entledigte sie sich ihrer Schuhe und huschte aufs Sofa. Dann sprang sie wieder runter und ging in den Flur. "Hab was vergessen." Die Dunkelhaarige zog sich die Schuhe wieder an und nahm ihren Schlüssel. "Keller", grinste sie. "Was wollt ihr denn im Keller?", fragte Kirito verwundert, als er sich die Schuhe auszog. "Kohta braucht nen Fernsehschrank oder so was für den Fernseher." Naomi sah die beiden ungläubig an. "Ich hatte eigentlich gedacht, ihr wärt längst fertig." "Schatz, meine Kellerschlüssel sind wo?" Die Brünette seufzte. "Am Schlüsselbund, ich weiß." Sie legte eine kleine Tüte auf den Wohnzimmertisch. "Dann holt ihn eben." Luca nickte ihr lächelnd zu. "Los, du Held", grinste sie Kohta an. "Lass uns in die Dunkelheit gehen." "Hey, ich habe dich immerhin vor ihr in Sicherheit gebracht", gab der Bassist schmollend zurück, folgte ihr aber. "Ja, ich weiß", kicherte sie. "Ich sag doch, du bist mein Held." Naomi grinste, als die beiden die Tür hinter sich schlossen. Dann setzte sie sich auf das Sofa und fing wieder an, ihr Eis in sich hineinzuschaufeln, bevor es vollends geschmolzen war. Kirito zog eine amüsierte Schnute. "Du und dein Essen", meinte er, bevor er sich neben sie setzte und sie zu sich heranzog. "Mhmmm", murmelte die Musikstudentin zustimmend und aß in Ruhe weiter. Als sie ihr Eis aufgegessen hatte, stand sie auf und brachte die Schüssel zurück in die Küche, spülte sie aus und ging dann ins Wohnzimmer zurück. "Was meinst du, wie lange die beiden brauchen?", fragte sie den Sänger. Der zuckte nur unbestimmt mit den Schultern. "Ich hab keine Ahnung", meinte er. Als sich die junge Frau wieder neben ihn setzte, nahm er sie in den Arm. "Und dir geht es jetzt besser?" Instinktiv lehnte sie ihren Kopf an seine Brust. "Ja", murmelte sie. Kirito strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und drückte sie an sich. "Dann ist ja gut", meinte er leise. Naomi rutschte ein wenig herum und machte es sich bequem. Der Sänger seufzte. "Weißt du... ich... ach, vergiss es..." Die junge Frau drehte den Kopf, damit sie ihn ansehen konnte. "Nein, was denn?" Kirito sah sie ernst an. "Ich..." Er stockte wieder. Dann, als ob er es sich plötzlich anders überlegt hätte, legte er ihr eine Hand auf den Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie einfach. Im ersten Moment versteifte sie sich, doch dann legte sie beide Arme um den Hals des Sängers. Der Blonde drückte die junge Studentin leicht zurück, so dass sie beide auf dem Sofa lagen. Nach einer Weile schob sie ihn ein wenig von sich weg. "Kirito", meinte sie leise. "Warum tust du das?" Kirito blinzelte sie irritiert an. "Weil ich dich mag?" "Ernsthaft?" Er nickte. "Natürlich. Sonst würde ich es nicht sagen." Er sah sie eine Weile an, dann strich er ihr die Haare aus der Stirn und küsste sie wieder. Luca machte plötzlich die Tür auf und dirigierte Kohta hinein, der ein kleines Fernsehschränkchen trug. Sie stolperte in die Wohnung. "Kohta, pass auf die Stufe auf, ja?", erinnerte sie ihn. "Ich wollte dich eigentlich über einen längeren Zeitraum behalten." Die Dunkelhaarige ging ins Wohnzimmer und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Sie öffnete den Mund, doch schloss sie ihn wieder, weil ihr zu diesem Anblick nichts einfiel. Kohta hatte den Fernsehschrank unter den Arm geklemmt und folgte der Designstudentin. "Was ist los?", fragte er, dann sah er zur Couch und ihm klappte der Kiefer runter. Als sie Kohta hörten, fuhren Kirito und Naomi wie vom Blitz getroffen auf und knallten mit den Köpfen aneinander. Luca verschränkte die Arme und schaute beide mit hochgezogener Augenbraue an. "Kaum sind Mama und Papa weg… machen die Kinder Unsinn." "Wir machen keinen Unsinn", fiepte Naomi, während sie sich die Stirn rieb. Kohta grinste bis über beide Ohren. "Na endlich!", rief er aus. "Endlich gehst du mal ein bisschen ran, Onii!" Luca stupste ihn in die Seite, als könnte er dadurch alles kaputt gemacht haben. "Halt bloß die Klappe", knurrte der Sänger und rieb sich ebenfalls die schmerzende Stirn. Luca drehte sich zu dem Bassisten um. "Naomi wird heute mit Kiri in einem Raum schlafen", flüsterte sie ihm ins Ohr und lächelte. Der Bassist blinzelte sie irritiert an. "Und wo schlafe ich dann?", flüsterte er zurück. "Oder du?" Sie zog eine Augenbraue hoch. "Wo wohl?!" "Bei dir?" "Nein, Schatz... im Keller bei den Kakerlaken." Sie schaute ungläubig. "Natürlich bei mir." Kohta trat einen Schritt zurück. "Lass mich bloß mit Kakerlaken zufrieden", sagte er ernst. "Dann stell nicht solche dummen Fragen." Er seufzte. "Gut." Dann grinste er wieder und drückte Luca einen Kuss auf die Stirn. "Lass mich jetzt eben den Fernsehschrank abstellen, der wird langsam schwer." "Ist okay", antwortete sie grinsend und setzte sich in einen Sessel. Kohta stellte den Schrank ab, gemeinsam mit seinem Bruder stellte er den Fernseher darauf, schloss den DVD-Player und das TV-Gerät an, programmierte alles. "So", meinte er schließlich. "Was habt ihr denn Schönes mitgebracht?" "Resident Evil", antwortete Naomi. "Horrorfilm", fügte sie hinzu, als Kohta sie verwirrt ansah. Luca sah sie mit großen Augen an. "Ich mag dich nicht", erklärte sie Naomi ernst. "Ich geh schlafen... gute Nacht, alle zusammen." "Was?!" Naomi sah Luca irritiert an. "Warum das denn?" "Ich mag doch keine Horrorfilme", zischte sie ihr auf Deutsch zu. "Ich weiß", grinste die Musikstudentin. "Deswegen habe ich ja noch zwei andere Filme zur Auswahl mitgebracht", antwortete sie ebenfalls auf Deutsch. "Außerdem ist Resident Evil nicht wirklich gruselig, sondern eher blutig." "Danke, wenn ich Blut hätte sehen wollen, hätte ich Ryô getroffen, nicht den…" Sie unterbrach sich selbst und nippte an ihrem Tee. "Den was?", wollte Naomi von ihr wissen. "Ah nöx...", sagte sie unschuldig und stellte ihre Tasse ab. "Fangen wir an?" Die Brünette verschränkte die Arme vor der Brust. "Verheimlichst du mir etwa was?" "Ich wäre für eine Komödie, wenn ihr eine habt", erklärte Luca weiter. "Luca!" "Ja?" "Lenk jetzt nicht vom Thema ab!" Die Designstudentin drehte sich zu ihrer Freundin um. "Also... der Typ hat mich so auf die Palme gebracht, dass ich einfach nur was zertrümmern wollte... habe mich aber gegen sein Gesicht und für den Balken entschieden", erzählte sie ihr auf Deutsch. "Der hat jetzt einen riesigen Riss und ich muss deswegen morgen zum Hausmeister, zufrieden?" Naomi sah sie mit großen Augen an. "Hoffentlich wird das nicht zu teuer... ist da sonst noch was passiert?" "Er hat einen Splitter ins Gesicht bekommen, irgendwo am Auge", fuhr Luca gleichgültig fort. "Und er meinte, ich würde das bereuen. Als hätte ich den Splitter absichtlich in sein Gesicht gedrückt oder so." Sie schüttelte den Kopf und kuschelte sich an Kohta. Die Musikstudentin seufzte. "Wenn der irgendwas versucht, zeige ich ihn wegen Verletzung der Privatsphäre und Stalking oder sonst was an", gab sie mürrisch zurück. "Der hat mir glatt ins Gesicht gelogen… dieser Wicht. Ich hasse so was..." "Ich weiß… er kann ohnehin nicht wirklich etwas tun... wie will er denn bitte beweisen, dass du Schuld an dem Unfall mit dem Splitter hast?", erwiderte ihre Freundin, dann setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden und holte die Filme aus der Tüte. "Also, wir hätten hier Resident Evil, 10 things I hate about you und Die Purpurnen Flüsse." "Ich will die Dinge...", japste Luca vergnügt. "Den Horrorfilm kannst du wieder schön in die Tüte stecken." Naomi sah Kohta und Kirito an, woraufhin beide nur mit den Schultern zuckten. Beide hatten den Film noch nicht gesehen, von daher waren sie damit einverstanden. Die Brünette reichte dem Sänger den Film, damit er ihn einlegen konnte. Sie hatte keine Lust, jetzt direkt wieder aufstehen zu müssen. "Erm...", meinte sie dann, bevor sie die Fernbedienung in die Hand nahm. "Sollen wir nicht erst mal die Gästefutons hier auslegen?" "Jo, können wir", entgegnete die Dunkelhaarige, stemmte sich an Kohtas Rippen hoch und hopste ins Schlafzimmer. Naomi folgte ihr, um ihr zu helfen. Nachdem sie die Futons ausgelegt hatten, machten es sich die vier bequem. Der Bassist setzte sich auf einen Sessel und grinste Luca frech an. "Schatz, kuscheln?" Er zog eine Schnute. Kirito lehnte sich zurück, zog Naomi zu sich heran und legte beide Arme um die junge Frau. Die Studentin lehnte sich an den blonden Sänger und griff nach der Fernbedienung. "Sagt einfach Bescheid, wenn ihr fertig seid", meinte sie zu dem Bassisten und ihrer Freundin. Luca schaute Kohta mit erhobener Augenbraue an. "Mit dir? Das muss ich mir aber noch schwer über..." Doch weiter kam sie gar nicht, denn der Bassist packte sie einfach am Handgelenk und zog sie auf seinen Schoß. "Fertig!", grinste er Naomi zu. Die Brünette lachte und drückte auf den Startknopf. Kaum hatte der Film angefangen, klingelte auch schon ein Handy. Naomi verdrehte die Augen und stoppte den Film. "Wessen Handy ist das?", seufzte sie. "Schatz... also, ich mag die Vibration... aber du solltest trotzdem rangehen", erklärte der Bassist. Luca lächelte leicht verlegen und kramte in ihrer Hose nach dem Handy. "Tut mir Leid." Kohta lief leicht rosa an. "Schatz... weniger bewegen?", sagte er leise. Luca nahm ab und nickte dann die ganze Zeit, nach etwa fünf Minuten richtete sie sich plötzlich auf. "Ist das dein Ernst?", fragte sie freudestrahlend. "Oh... Mann... ich liebe dich dafür... wirklich." Sie grinste bis über beide Ohren. "Ja, morgen... nein, ich mache blau... okay... am Supermarkt. Ja... bis dann." Sie legte auf und warf ihr Handy aufs Sofa. "Wir können", erklärte sie grinsend und kuschelte sich wieder an den Bassisten. "Wer war das?", wollte Naomi wissen, bevor sie wieder auf Play drückte. "Und wieso machst du blau? Du wolltest das doch nie wieder tun." "Dai!", grinste die Dunkelhaarige. "Und weil ich morgen mit ihm zu dem Designer von Diru fahre… und sie meine Skizzen sehen wollen." "Na, das ist ja mal cool!", freute sich Naomi für ihre Freundin. "Aber kannst du das nicht nach der Uni machen?" Luca schüttelte energisch den Kopf. "Nee… die gehen da morgen früh hin." Kohta biss die Zähne zusammen. "Und wieso sagst du ihm auch noch, dass du ihn liebst?" "Tja..." Sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Das ist so eine Redensart bei uns in Deutschland", versuchte sie sich rauszureden. "Trotzdem kommt das ein bisschen uncool", kommentierte die Brünette auf Deutsch. Der Bassist schaute sie ungläubig an. "Aha..." Dann wandte er den Blick zu Naomi. "Es tut mir Leid?", meinte Luca zu dem Blonden. "Es ist mir nur so rausgerutscht, weil das einfach das beste Geburtstagsgeschenk in meinem ganzen Leben ist." Kohta stand auf und sie rutschte vom Sessel. "Ich geh Zigaretten holen", erklärte er, zog sich die Schuhe an und ging raus. Luca starrte ihm verwirrt nach. "Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht?" "Dass du das nicht zu Kohta, sondern zu Dai gesagt hast?", schlug Naomi vorsichtig vor. "Vielleicht solltest du mit ihm reden und es erklären?" Die Designstudentin schaute ihre Freundin verwirrt an. "Wieso hätte ich das zu ihm sagen sollen? Er sagt doch auch immer nur, dass er mich gern hat." "Du hättest es nur einfach nicht zu Dai sagen sollen, du weißt doch, dass unsere Gebräuche hier nicht so geläufig sind", erwiderte die Brünette. "Erklär es ihm einfach unter vire Augen, seid ein bisschen nett zueinander, dann dürfte es in Ordnung sein, würde ich sagen. Schließlich seid ihr ein Paar, oder nicht?" Luca verdrehte die Augen. "Ja, ist ja gut." Sie krabbelte vom Boden hoch und schlurfte ins Vorzimmer, wo sie sich die Schuhe anzog. "Bin gleich wieder da." Doch kaum hatte sie die Tür geöffnet, gab es einen dumpfen Schlag und ein "Aua~". Die Dunkelhaarige schaute nach unten. "Sag mal, willst du mich eigentlich umbringen?", fragte Kohta und hielt sich die Stirn. Unwillkürlich mussten Naomi und Kirito lachen. "Geht mal ne Runde um den Block und unterhaltet euch in Ruhe", rief die Musikstudentin ihrer Freundin nach, wobei sie einen Arm um Kiritos Hals legte, um vor Lachen nicht umzufallen. "Ihr wollt doch nur unanständige Dinge machen", erklärte der Bassist und ließ sich von Luca hoch helfen. "Ich bin nicht so ein Hentai wie du!", gab der Sänger amüsiert zurück und grinste. "Nein... Onii... du doch nicht..." Er nahm Lucas Hand und zog die junge Frau zum Schlafzimmer. "Wir reden hier... wer weiß, was du der armen Naomi sonst antust." Kirito schnaubte. "Ich werde ihr schon nicht die Klamotten vom Leib reißen." "Nein, aber dir. Und dann bekommt sie einen Schock fürs Leben." Naomi hörte schlagartig auf zu lachen und sah die beiden Musiker abwechselnd mit hochgezogener Augenbraue an. "Ihr... könnt im Schlafzimmer reden, damit wir eure private Unterhaltung nicht mit anhören... schließlich geht das nur euch was an, oder?", meinte sie schließlich langsam. "Na ja... eigentlich schon... wir sind ja bald eine große glückliche Familie", erwiderte der Bassist grinsend und schubste Luca ins Schlafzimmer, bevor er die Tür hinter sich schloss. "Na, da würde ich aber nicht zu viel drauf verwetten", murmelte die Brünette auf Deutsch, so dass es niemand außer ihr hören oder verstehen konnte. Als der Bassist die Tür schloss, saß Luca auf ihrem Futon und schmollte ihn an. Kohta setzte sich neben sie und sah die Dunkelhaarige lange an, ohne etwas zu sagen. Die Stille kam der jungen Frau so bedrückend vor, dass sie es nicht mehr aushielt und als erste sprach. "Kohta... ähm... es tut mir wirklich Leid", entschuldigte sie sich bei dem Blonden. Der Bassist fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und schaute sie weiterhin an. "Ich meine... es ist... wir sagen das eigentlich ganz schön oft in Deutschland…" Sie schaute ihn verlegen an. "Es hat nichts zu bedeuten." Kohta schnaubte. "Du sagst zu einem Mann, der in dich verliebt ist, dass du ihn liebst und es hat nichts zu bedeuten?" Luca spielte nervös mit einer Haarsträhne. "Ich sage es auch zu Naomi, wenn sie mir eine Freude gemacht hat", verteidigte sie sich. "Und außerdem ist er nicht in mich verliebt." Sie stand auf und funkelte den Blonden von oben an. "Musst du wieder damit anfangen?" Der Bassist schaute sie ungläubig an. Es gefiel ihm nicht, dass Luca mit dem Gitarristen von Dir en grey befreundet war, meistens entwickelten sich bei einer Freundschaft auch andere Gefühle. "Denkst du nicht, dass er das absichtlich macht?", fragte er sie ruhig, doch schon im nächsten Augenblick wünschte er sich, er hätte es gelassen. Sie starrte ihn fassungslos an. "Was... was... sag mal, spinnst du, Kohta?" Er stand auf und verschränkte die Arme. "Ist doch wahr... du bist einfach zu naiv!" Die Studentin schnappte theatralisch nach Luft und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Also, Daisuke ist hinterhältig... habe ich das richtig verstanden?", fragte sie und ging durch das Zimmer. "Und ich... ich bin naiv...?" Kohta zuckte zusammen. Er hätte doch besser mal seine Klappe halten sollen. Aber es stimmte doch, sie war naiv und zu vertrauensselig. Das sah man doch an ihrer Beziehung. Die junge Frau riss das Fenster auf und zündete sich eine Zigarette an. Sie brauchte dringend etwas für die Nerven. "Dass du ihm nicht traust, ist mir ehrlich gesagt absolut egal", erklärte sie genervt. "Aber dass du mir nicht vertraust... Kohta... so hat das wirklich keinen Sinn." Der Bassist schaute verwirrt. "Wie meinst du das jetzt?!", fragte er sie ruhig. Traurig schaute sie ihn an und biss sich auf die Lippe. "Ich habe dir doch oft genug erklärt, dass ich mit dir zusammen sein will und mit niemandem sonst... auch nicht mit Dai." Der Blonde ging langsam auf sie zu. "Aber wenn du mir nicht vertraust und mir auch nicht glaubst, sollten wir es gleich beenden, bevor wir uns nur unnötig gegenseitig verletzen." Luca machte die Zigarette aus, drehte sich zu ihm um und lächelte traurig. "Ich vertraue dir doch", erwiderte er und nahm sie in den Arm. "Dann reagier nicht so", schniefte sie ihm an die Brust. "Ich habe mich doch in dich verliebt, nicht in jemand anderen." Kohta drückte die junge Frau fest an sich und es wurde ganz still in dem Schlafzimmer. Der Streit, den man wahrscheinlich bis nach Hokkaidô gehört hatte, war verklungen. Kapitel 15: Resident Evil ------------------------- Nachdem die lauten Stimmen aus dem Schlafzimmer verstummt waren, warfen sich Kirito und Naomi einen besorgten Blick zu. "Meinst du, dein Bruder lebt noch?", hauchte die Brünette leise und sah den Sänger mit großen Augen an. Kirito biss sich auf die Unterlippe. "Ich will es doch stark hoffen", gab er ebenso leise zurück. "Sonst haben wir ein Problem." Naomi verzog das Gesicht. "Ist nur die Frage, wer das größere hat." Als darauf keine Reaktion kam, stand sie auf, ging leise zur Schlafzimmertür und klopfte vorsichtig. "Ist alles in Ordnung da drin?", fragte sie besorgt. Erschrocken sprang sie einen Schritt zurück, als sie einen dumpfen Schlaf hinter der Tür hörte. Dann herrschte für eine Weile absolute Stille und Naomi war drauf und dran, in den Raum zu stürmen und nachzusehen, was dort passiert sein könnte, als schließlich ein gedämpftes "ja" von Kohta zu hören war. "Erm..." Sie blinzelte und starrte die Tür, dann warf sie Kirito einen verwirrten Blick zu. "Luca, geht es dir gut?", fiepte sie dann. Mit wachsender Panik lauschte sie an der Tür, hinter der rein gar nichts zu hören war. "Luca?" Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. Er konnte es nicht beschwören, aber er hatte schon eine recht gute Vorstellung von dem, was sein Bruder da gerade veranstaltete. Allerdings war er nicht sicher, ob Kohta dann noch lange leben würde, falls er mit seiner Vermutung Recht hatte. Plötzlich konnte sie hektisches Geraschel und schnelle Schritte vernehmen. Sie legte irritiert den Kopf zur Seite, als die Schlafzimmertür aufgerissen wurde und Luca schnell an ihr vorbeihuschte, wobei diese versuchte ihre Haare zu glätten und ihre Kleidung zurechtzuzupfen. Kirito verdrehte die Augen und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Warum hatte er so etwas nur geahnt? Luca blieb vor der Badezimmertür stehen und warf dem blonden Sänger einen finsteren Blick zu. "Ein Wort... nur ein einziges Wort und ich trete dich höchstpersönlich hier raus", grummelte sie und verschwand dann im Bad, wobei sie die Tür lautstark hinter sich schloss. "Was?" Verwirrt sah Naomi ihrer Freundin nach und wandte sich dann zu Kirito um, der die Stirn in Falten gelegt hatte. "Was meinte sie damit?", wollte sie von ihm wissen. Er sah zu ihr auf, antwortete jedoch nicht auf ihre Frage, sondern schüttelte nur seufzend den Kopf. "Frag mich das lieber nicht. Sonst macht sie ihre Drohung wahr." Die Brünette verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sah ins Schlafzimmer, wo sich Kohta gerade ächzend aufrappelte. Er rieb sich mit der einen Hand die Stirn und mit der anderen zupfte er an seinem Hemd, an dem offensichtlich einige Knöpfe fehlten. Naomi stand wie angewurzelt da und sah den Bassisten entgeistert an. "Was?", fragte der Blonde mürrisch und stapfte niedergeschlagen ins Wohnzimmer, wo er sich absichtlich weit weg von seinem Bruder setzte. Kirito bedachte ihn nur mit einem strafenden Blick und wollte ihn gerade zurechtweisen, als ihm Luca Worte wieder in den Sinn kamen, daher zog er es vor doch lieber zu schweigen. "Haben wir Bier?", fragte der leicht angesäuerte Kohta, wobei er seinen Bruder böse anfunkelte. Seine Frage riss Naomi aus ihrer Trance in die Wirklichkeit zurück. Ihr Kopf fuhr herum und sie sah ihn mit großen Augen an. Sie hatte zwar registriert, dass er etwas gesagt hatte, allerdings hatte sie nicht mitbekommen, was genau es war. "Bitte was?" "Bier?", entgegnete der Bassist immer noch leicht genervt. "Komisches Hopfen- und Malz-Zeugs. Schmeckt bitter. Meistens." Doch kaum hatte er seinen Satz beendet, traf ihn eines der Sofakissen recht unsanft im Gesicht. "Was?!", fuhr er seinen Bruder an. Der blonde Sänger schaute den Bassisten mahnend an und streckte seine Hand nach der immer noch leicht verwirrt dreinschauenden Naomi aus. "Du solltest ein bisschen auf das achten, was du sagst. Naomi kann nichts dafür." Die Studentin blinzelte die beiden Musiker irritiert an, setzte sich dann neben Kirito, wobei sie abwechselnd einen vorsichtigen Blick zu Kohta und Richtung Badezimmer warf. Der Bassist stand ruckartig auf und ging zur Vordertür. "Dann gehe ich eben welches kaufen", brummte er und schlug die Tür hinter sich zu. Als ob die dunkelhaarige Designstudentin nur darauf gewartet hätte, öffnete sie leicht die Tür, spähte hindurch und betrat das Wohnzimmer, als sie Kohta nicht vorfand. "Hat jemand Hunger?", fragte sie vorsichtig und tapste in Richtung Küche. Kirito legte einen Arm um Naomis Schultern und hatte Schwierigkeiten, sich ein Grinsen zu verkneifen. "Ich wüsste hier mindestens eine Person, auf die das mit Sicherheit zutreffen dürfte", rief er Luca nach, dann wandte er sich an die Brünette. "Alles in Ordnung mit dir?" Naomi zuckte zusammen und verzog das Gesicht. "Ja", murmelte sie leise. "Worauf?", hallte es aus der Küche. "Was auch immer", gab Kirito leicht amüsiert zurück. "Naomi isst doch eh alles." Einige Momente lang konnte man Geklimper aus der Küche hören, dann kam Luca wieder ins Wohnzimmer, in jeder Hand eine große Schüssel gefüllt mit Eis. Zusätzlich hatte sie sich noch eine große Flasche mit Karamellsoße unter den Arm geklemmt. Sie stellte die kleinere der beiden Schüsseln vor Naomi auf den Tisch, setzte sich im Schneidersitz auf den Sessel und stellte die Flasche vor sich auf den Boden. Die Musikstudentin legte die Stirn in Falten. "Schon wieder Eis", stellte sie fest und begann sofort zu essen. "Du weißt ja, wo die Küche ist", gab Luca pikiert zurück. Naomi zog eine Augenbraue hoch und ließ ihren Löffel sinken. "Du hast doch vorher noch gefragt... du weißt doch, dass ich alles von dir esse...", murmelte sie. "Und ich habe dir Eis gebracht, also beschwer dich nicht." "Ich habe mich nicht beschwert", seufzte die Brünette. Luca schaute ihre Freundin für einen Moment streitsüchtig an, zog es jedoch vor, einen kräftigen Schluck von der Karamellsoße zu nehmen, bevor sie sich wieder ihrem Eis widmete. Naomi, die so etwas von Luca gewohnt war, ignorierte Kiritos ungläubigen Blick, aß etwas von ihrem Eis, dann stellte sie die Schüssel auf den Tisch. "Warum fährst du mich eigentlich so an, ich habe dir nichts getan!", sagte sie dann zu der Dunkelhaarigen. Luca stellte ihre Eisschale auf dem Tisch ab und stand mit der Karamellflasche in der Hand auf. "Gute Nacht", wünschte sie den beiden und verschwand im Schlafzimmer. Naomi sah ihr stirnrunzelnd nach, bevor sie ebenfalls aufstand und ihrer Freundin folgte. Kirito kratzte sich verwirrt am Hinterkopf. Was war nun schon wieder los? "Was soll das?", verlangte die Brünette von Luca zu wissen. "Was ist los mit dir?" Sie schloss die Tür hinter sich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das kenne ich gar nicht von dir, dass du mich grundlos anmeckerst." Die Designstudentin pfefferte genervt ihre Jeans in den Schrank, bezog ihren Futon neu und legte sich schließlich hin, wobei sie ein 'Nichts' grummelte. "Sicher", erwiderte Naomi sarkastisch. "Und das soll ich dir jetzt glauben?!" Sie ging zu Luca rüber und setzte sich neben sie. "Ich würde gerne schlafen, wenn du nichts dagegen hast." "Meine Güte", seufzte die Brünette. "Hat Kohta dir irgendwas getan? Wenn ja, dann solltet du das nicht an mir auslassen." "Tu ich doch gar nicht", antwortete Luca gereizt. "Tust du wohl!" "Wenn du meinst..." Naomi knirschte mit den Zähnen und sah ihre Freundin mürrisch an. "Du willst wirklich wissen, was Kohta gemacht hat?", fragte die Dunkelhaarige herausfordernd, setzte sich auf und zog den Kragen ihres Shirts runter. Naomi sah hin, blinzelte, schüttelte kurz irritiert den Kopf und sah dann noch einmal genauer hin. Dann sah sie die Dunkelhaarige von unten herauf an und zog eine Augenbraue hoch. "Du willst mir doch nicht sagen, dass du mich deswegen anmotzt!" Sie legte den Kopf schief. "Wenn du sauer auf Kohta bist, dann mach doch nicht mich dafür verantwortlich." "Ich bin nicht sauer auf Kohta, sondern auf mich", murmelte Luca und sah Naomi entschuldigend an. Die Musikstudentin seufzte und nahm ihre Freundin in den Arm. "Das ist doch trotzdem kein Grund, das an mir auszulassen, oder?", meinte sie leise. Die Dunkelhaarige nickte und grinste schief. "Wie kannst du jemanden in den Arm nehmen, der mit dem Zeichen der Schwäche behaftet ist?" "Dummchen", gab Naomi lächelnd zurück und strich Luca eine Strähne aus der Stirn. "Du bist doch nicht schwach." "Ach... und was meinst du, was passiert wäre, wenn du uns nicht unterbrochen hättest? Ich bin verdorben!", jammerte Luca kläglich. Naomi musste sich das Lachen verkneifen. "Du bist doch in ihn verschossen, oder nicht?" "Das ist noch lange kein Grund, mit ihm zu schlafen." "Ich weiß... aber da kann so was doch schon mal passieren...", erwiderte die Brünette. "Das hat doch nichts mit Schwäche zu tun." Luca machte sich von ihrer Freundin los und schaute sie ernst an. "Nein, kann mir nicht passieren." In diesem Moment hörten sie, wie die Wohnungstür schwungvoll zugeworfen wurde und Naomi verzog das Gesicht. "Können die auch mal aufhören, ständig unsere Türen zu demolieren?!", schimpfte sie und die beiden jungen Frauen standen auf. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer und warfen dem Bassisten, der gerade schlecht gelaunt hereingekommen war, giftige Blicke zu. "Was?!", brummte Kohta und stellte ein Sixpack neben einen der beiden Sessel, auf den er sich fallen ließ. "Auch wenn du es nicht glauben magst, aber wir brauchen unsere Türen noch", antwortete Luca wütend, während sie sich recht neben den Sänger auf das Sofa setzte. Naomi machte ein zustimmendes Geräusch und ließ sich auf Kiritos anderer Seite nieder. "Ich weiß gar nicht, was du hast... die ist doch noch ganz", entgegnete der Bassist grummelnd, nahm sich eine Flasche, die er öffnete und direkt ansetzte, ohne zu fragen, ob sonst noch jemand Bier trinken wollte. "Trotzdem wäre es nett, wenn du etwas pfleglicher mit unserem Mobiliar umgehen würdest, es gehört dir nämlich nicht!" Die Brünette schob den Unterkiefer vor und sah ihn hocherhobenen Hauptes an. Kirito lehnte sich zurück und sah die beiden Freundinnen abwechselnd an, schließlich nickte er. "Ich muss sagen, sie haben Recht." "Du solltest lieber nichts sagen, nachdem du fast die Schlafzimmertür eingeschlagen hast", fuhr ihn Naomi an. Der Sänger hob abwehrend die Hände. "Ich habe doch jetzt gar nichts gemacht." "Dann halt dich einfach raus." "Ich hab auch nichts gemacht." Kohta zündete sich eine Zigarette an und warf die mittlerweile fast leere Schachtel achtlos auf den Tisch. "Anscheinend fühlst du dich hier schon ziemlich heimisch, huh?", stellte die Dunkelhaarige fest. "Wenn du so weitermachst, kannst du auf dem Balkon übernachten." Naomi sah sie fragend an. "Auf welchem Balkon?" "Natürlich auf dem imaginären", antwortete Luca sachlich. Kohta verengte die Augen zu Schlitzen. "Du willst mich wohl loswerden." "Wir wollen nur, dass du dich benimmst. Du bist hier Gast", erwiderte Naomi, bevor Luca etwas dazu sagen konnte. Kirito nickte zustimmend, legte Naomi einen Arm um die Schultern und nahm dann die Eisschüssel vom Tisch, die er ihr reichte. "Hier... das beruhigt." Die Designstudentin stand auf, wechselte die DVD im Player und nahm sich die Fernbedienung. Sie setzte sich wieder neben Kirito und drückte auf Play, bevor sie wieder ihre eigene Schüssel mit Eis an sich nahm. "Wasch jetscht?", nuschelte Naomi und warf ihrer Freundin einen fragenden Blick zu. "Resident Evil gucken." "Huh?" Die Brünette blinzelte sie irritiert an. "Ich dachte, den willst du nicht sehen?" "Jetzt schon", kam die mürrische Antwort. Naomi legte den Kopf schief, zuckte dann aber nur mit den Schultern und aß weiter. Als der Film seit etwa einer Stunde lief, hatten sich sowohl Luca als auch Naomi dichter an den Sänger gedrängt und starrten gebannt auf den Fernseher. Beide hätten am liebsten gar nicht erst hingesehen, waren jedoch nicht fähig, den Blick abzuwenden. Kirito hatte beide Arme um Naomi gelegt und warf seinem Bruder einen auffordernden Blick zu. Der allerdings ignorierte es, sah stur auf den Bildschirm, trank sein Bier und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Kirito verdrehte seufzend die Augen, als die Dunkelhaarige noch näher zu ihm rückte und ihr Gesicht panisch an seinem Hemd verbarg. Kohta sah diese Aktion aus dem Augenwinkel und sah mürrisch rüber. Der Sänger deutete mit dem Kopf auf Luca und formte dabei ein 'Mach doch endlich was' mit den Lippen, wofür er einen düsteren Blick erntete. Der Bassist konnte den hilfesuchenden Blick seines Bruders nicht lange ertragen und erbarmte sich nach einer Weile aufzustehen und zu Luca zu gehen. Kirito atmete erleichtert auf und rutschte vorsichtig näher an Naomi ran, die erschrocken zusammenzuckte, ihn jedoch nicht ansah. Kohta sah die Dunkelhaarige unsicher an, die sich noch immer ängstlich an seinen Bruder klammerte. Er setzte sich auf die Lehne und packte Luca an den Schultern, um sie von Kirito wegzuziehen, bereute dies aber augenblicklich, denn kaum dass er sie berührt hatte, begann sie panisch zu schreien und wild um sich zu schlagen. Bei dem Versuch, sie in den Arm zu nehmen und zu beruhigen, traf sie ihn mit ihrem Ellbogen im Gesicht. Fast im gleichen Moment schrie auch Naomi los und versuchte, sich aus Kiritos Umarmung zu befreien. Die beiden Brüder sahen sich alarmiert an und versuchten dann verzweifelt, die jungen Frauen irgendwie zu beruhigen. Es dauerte eine Weile, bis sie endlich aufhörten zu schreien. Kirito hoffte, dass keiner der Nachbarn die Polizei gerufen hatte, weil er vermutete, dass hier jemand ermordet wurde oder ähnliches. Er zog Naomi an sich und umarmte sie, wobei er ihr über den Rücken strich. "Shht...", murmelte er. "Es ist doch nichts passiert..." Luca sah Kohta mit großen Augen an, ohne wirklich zu registrieren, wer da vor ihr saß und sich die Nase hielt, dann griff sie sein ohnehin schon ruiniertes Hemd und zog ihn zu sich, bevor sie ihren Kopf gegen seine Brust lehnte und hemmungslos zu schluchzen begann. Der Bassist legte seinen freien Arm um die junge Frau und wischte die rechte Hand an seinem Hemd ab. Er hob die Dunkelhaarige hoch und setzte sich mit ihr auf den Sessel. Die Studentin schmiegte sich verängstigt an Kohta, wobei sie möglichst den Blick zum Fernseher vermied. Kirito warf seinem Bruder einen dankbaren Blick zu, anscheinend über den neu gewonnenen Platz und die Tatsache, dass er wieder befreit war. Er hob Naomi auf seinen Schoß, drückte sie fest an sich und legte ihr seine Arme um die Hüfte. Instinktiv klammerte sich die Brünette an ihn, als würde ihr Leben davon abhängen. Der Sänger beugte sich vor und griff nach der Fernbedienung, um die beiden Frauen endlich zu erlösen. Luca und Naomi hoben beide gleichzeitig den Kopf, um ihren Retter dankbar anzusehen, doch die beiden Männer reagierten nicht schnell genug und so stießen die Studentinnen gegen die Unterkiefer der Musiker. Sofort waren mehrere Schmerzenslaute sowie ein fiepsiges 'sorry' zu vernehmen. "Sag mal, du willst mich wirklich umbringen, kann das sein?!", brummte Kohta missmutig und rieb sich sein schmerzendes Kinn. Die Dunkelhaarige schaute ihn entschuldigend an. "War keine Absicht… diesmal jedenfalls." Kirito grinste breit. "Wenn das so weitergeht, dauert es aber nicht mehr lange." Naomi sah ihn missbilligend an. "Ich habe ihn ja schon einmal vorgewarnt", grinste Luca Kirito verschmitzt zu, "aber er wollte ja nicht hören." "Als ob das was Neues wäre", gab der Sänger amüsiert zurück und zog Naomi wieder zu sich. "Hey", protestierte diese und setzte sich wieder gerade hin. "Was denn?", schmollte Kirito gespielt. "Darf ich das jetzt plötzlich nicht mehr? Ich hab doch auch Angst." Ungläubig schaute ihn die Brünette an. "Wovor denn?" Sofort wurde er ernst. "Na davor, dass die Kakerlaken eine Gegenoffensive starten könnten." Kohta und Luca brüllten vor Lachen los und fielen fast vom Sessel. Naomi verzog das Gesicht und stupste ihn empört in die Seite. "Mach dich nicht lustig über mich", schalt sie ihn mit einem unterdrückten Lachen. "Tu ich doch gar nicht", wehrte sich der Sänger. "Ich meine es ernst." "Du bist unmöglich, Onii", kicherte Kohta und gähnte herzhaft. "Wie sieht es aus? Sollen wir so langsam schlafen gehen?" Luca nickte zustimmend, sprang von seinem Schoß, ging ins Schlafzimmer und kam mit ihrer Karamellsoße wieder zurück. "Also, ich habe alles, was ich brauche", erklärte sie glücklich und drückte die Flasche an die Brust. "Was ist mit euch beiden?" Sie sah Naomi und Kirito fragend an. Naomi warf ihr einen irritierten Blick zu. "Wie meinst du das jetzt?" "Na, braucht ihr ein Glas Wasser, nen Mitternachtssnack oder was zum Anziehen für Kirito?" "Was meinst du mit wir?" Naomi wollte aufstehen, doch der Sänger legte beide Arme um sie und hielt sie fest. Die Brünette sah ihn stirnrunzelnd an und wandte sich dann wieder an ihre Freundin. "Soll das etwa heißen, dass ich mit ihm hier im Wohnzimmer schlafen muss?" Kirito schnaubte entrüstet. "Bin ich etwa so eine schlechte Gesellschaft?" "Eigentlich dachte ich, ihr schlaft im Schlafzimmer", antwortete Luca und ignorierte Kirito. "Ich habe doch mein Karamell nicht umsonst rausgeholt und das Futon neu bezogen, oder?!" "Aber... aber...", stotterte die Musikstudentin, als der Sänger sie kommentarlos hochhob und ins Schlafzimmer trug. Mit einem 'Gute Nacht' verabschiedete er sich von Kohta und Luca, bevor er die Tür mit dem Fuß zuschob. Kohta grinste breit und drehte sich dann zu seiner Freundin. "Süße, was hast du eigentlich mit der Karamellsoße vor?", fragte er zwinkernd. "Essen?", fragte diese verwirrt. "Was hast du denn gedacht? Das ist schließlich Karamell und ich bin ein Mädchen... die vergeude ich doch nicht für irgendwelche Spielchen." Schmollend schob der Bassist die Unterlippe vor. "Man kann ja noch hoffen, oder?" Er stand enttäuscht auf und zog sich seine Kleidung aus, bevor er unter die Decke kroch. Die Dunkelhaarige grinste schelmisch, ignorierte das zweite Futon und legte sich zu dem schmollenden Musiker. "'Mann' kann halt nicht alles haben", erklärte sie fröhlich, hauchte ihm einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange und kuschelte sich an ihn. Kirito legte Naomi auf ihren Futon, welche ihm einen düsteren Blick zuwarf. Er achtete gar nicht darauf, sondern lächelte ihr nur zu. "Ich schau auch nicht hin, wenn du dich gleich umziehst", versprach er und begann, sein Hemd aufzuknöpfen. Die Brünette blinzelte ihn fassungslos an, bewegte sich aber nicht von der Stelle. Nachdem sich der Sänger auch seiner Hose entledigt hatte, war sie hochrot im Gesicht und stand dann auf, um das Licht auszumachen. "Das ist unfair", beschwerte sich der Blonde. "Du hast auch zugeguckt!" Sie schnaubte und löschte das Licht, bevor sie zum Schrank ging, ihr Schlafshirt rausholte und sich dann mit dem Rücken zu ihm umzog. Als sie sich wieder umdrehte, saß er schmollend auf ihrem Futon. Ohne etwas zu sagen ging sie zu Lucas Futon und wollte sich hinlegen, doch plötzlich spürte sie, wie er ihr Handgelenk packte und sie zu sich auf den Futon zog. "Gönn mir doch wenigstens ein bisschen was", murmelte er und legte einen Arm um ihre Schultern. "Was... aber...", begann sie, konnte ihren Satz jedoch nicht beenden, da ihr Kirito einen Finger auf die Lippen legte, um sie zum Schweigen zu bringen, bevor er sie küsste. Für einen Moment versuchte sie, ihn von sich weg zu schieben, gab es aber recht schnell auf. Nach einer Weile löste er sich von ihr und sah sie schmunzelnd an. "Scheint dir ja doch ein wenig zu gefallen, huh?" Naomi wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, daher ließ sie es bleiben und biss sich verlegen auf die Unterlippe. Kirito reichte das als Antwort. Er legte ihr eine Hand auf den Nacken, legte sich zurück und zog sie mit sich. Der Sänger legte einen Arm um die junge Frau und strich ihr ein paar Strähnen aus der Stirn, bevor er sie wieder küsste. Er spürte, wie sie zitterte, schob sie von sich runter und stützte seinen Kopf auf seinem Arm ab. "Alles okay?", flüsterte er leise. Sie machte ein zustimmendes Geräusch, als sie näher an ihn heranrückte. Er überlegte für einen Moment, dann schob er einen Arm unter ihren Nacken und drückte sie an sich. "Gute Nacht", murmelte er. "Schlaf gut", erwiderte sie schläfrig und legte ihren Kopf auf seine Brust. Sie lauschte eine zeitlang seinem regelmäßigen Herzschlag und war bald darauf eingeschlafen. Kapitel 16: Diru-Designer ------------------------- Luca stand an diesem Morgen besonders früh auf. Sie war völlig aus dem Häuschen, da sie mit Dai zusammen zu den Dir en grey-Designern fahren würde. Sie hatte nicht wirklich eine Vorstellung davon, was diese für Kreationen schafften, sie hatte schließlich noch nie ein PV oder gar ein Foto von der Band gesehen. Naomi hatte zwar die ganzen Zeitschriften im Regal stehen, aber so wirklich hatte sie nie die Motivation gefunden, sich eine davon anzusehen. Nachdem sie aufgestanden war, Kohta einen Kuss auf die Stirn gehaucht und schließlich geduscht hatte, schaffte sie es gerade noch rechtzeitig, ein improvisiertes Frühstück für die drei Schlafmützen vorzubereiten und schlich leise aus der Wohnung, als es an der Tür klopfte. Immerhin war der rothaarige Dir en grey-Gitarrist so freundlich, nicht zu klingeln, um die anderen nicht zu wecken. Die Dunkelhaarige öffnete vorsichtig die Tür und glitt hindurch. "Guten Morgen", begrüßte sie den Gitarristen und gab ihm zwei Bussis. "Gut geschlafen?" Er kratzte sich leicht am Hinterkopf. "Geht so, Kaoru hat mich noch mitten in der Nacht angerufen und irgendein unverständliches Zeug gelabert." Die Studentin schaute ihn grinsend an. "Unverständlich, weil…" Sie hielt sich den Finger an die Lippen und überlegte. "… du mal wieder so tief geschlafen hast?" Daisuke nickte, legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zu seinem Wagen. "Könnte man so sagen…" Er öffnete ihr die Beifahrertür und ging auf die Fahrerseite. "Wissen die Leute eigentlich Bescheid, dass du mich mitbringst?", fragte die junge Frau, nachdem er losgefahren war. "Ich denke schon…" Er überlegte und zündete sich eine Zigarette an, die er ihr reichte und machte sich dann eine neue an. "Das war mitunter eines der Dinge, die mich Kao wahrscheinlich gestern, beziehungsweise heute Morgen gefragt hatte… denke ich." Luca nickte und genoss ihre erste Zigarette des Tages. "Und wie war es bei euch?", wollte der Rothaarige wissen. "Kohta und Kirito waren da, ne?" Sie nickte und schaute interessiert aus dem Fenster. "War ganz okay…" Der Musiker machte ein zustimmendes Geräusch, bog in eine Seitengasse ein und hielt schließlich an. "Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, wenn etwas sein sollte, ja?" Sie nickte abermals und stieg aus. "Ich weiß, aber ich möchte es erst einmal selbst alles regeln", erklärte sie ihm ernst. "Ich schreie meistens erst nach Hilfe, wenn alles nicht mehr funktioniert und dann auch noch so leise, dass mich keiner hört." Nachdem Dai ausgestiegen war, lehnte er sich auf das Dach seines Autos und sah die junge Frau ernst an. "Ich werde dich hören, mach dir da keine Sorgen." "Du bist süß", meinte Luca lächelnd und wartete, bis der Musiker losging, damit sie ihm folgen konnte. Sie blieben vor einer recht unbeeindruckend wirkenden Metalltür stehen. Daisuke klopfte einige Male recht kräftig und nach einer Weile konnte man ein dumpfes "Ja ja… immer langsam mit den jungen Gazellen" hören. Als die Tür aufging, stand eine kleine blonde Gestalt in einem rosa Tanktop vor ihnen. "Das Daidai ist ja auch schon wach", grummelte der Sänger von Dir en grey und schaute zu dem mindestens zwei Köpfe größeren Daisuke hoch. "Und was zum Spielen hat er auch mitgebracht. Hey, Barbie." Der Gitarrist ging an Kyô vorbei und wuschelte ihm kurz durch die blonden Haare. "Hey." Luca sah auf den kleinen Musiker runter. "Guten Morgen, Chibi-chan." "Du suchst so früh am Morgen schon Streit mit mir?", fragte Kyô und plusterte sich auf. "Hast du was zu Essen mitgebracht?" Die Dunkelhaarige verneinte dies, wurde dann von dem Sänger in die dumpf beleuchtete Halle gezogen. "Na ja, dann kannst du später was kochen." Sie zog eine Augenbraue hoch und versuchte, sich von dem blonden Energiebündel zu befreien. "Bin ich etwa nur zum Kochen gut?", verlange sie zu wissen und lächelte schief. "Nicht nur… schließlich bist du eine Frau." "Hentai", ertönte es aus einer Ecke. "Hör auf, sie in Beschlag zu nehmen. Wir wollen auch was von der süßen Gaijin haben." "Guten Morgen, Totchi-kun", begrüßte Luca den Bassisten lächelnd. "Ist etwa eure ganze Truppe vertreten?" "So in etwa…", erklärte der Dunkelhaarige. "Kaoru liegt irgendwo da hinten und schläft und Shinya… na ja… der schmollt gerade, weil Dai ihn geärgert hat." Sie nickte knapp und wurde von Kyô auf einen bequemen Stuhl gesetzt. "Hast du irgendwelche Unterlagen bei dir?", fragte eine tiefe Stimme und legte ihr die Arme um die Schultern. Die Designstudentin schaute zu dem rothaarigen Gitarristen hoch. "Mist!", fluchte sie kurz auf. Sie hatte ihre Mappe mit den ganzen Zeichnungen durch die ganze Aufregung zu Hause vergessen. "Ich habe… sie… vergessen…", entschuldigte sich Luca leise. "Dummerchen", grinste Toshiya sie an. "Dann eben improvisieren." Sie schaute ihn verwirrt an. "Hmm… wie?" "Na, du kannst wohl zeichnen, ne?", mischte sich Kyô ein. "Papier und Stifte haben wir eh genug", erklärte Dai. "Und Stoffe auch", ergänzte der Bassist. "Also? Überfordert?" Luca schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich liebe Herausforderungen." "Good Girl", erklärte eine verschlafen klingende Stimme. "Dann steht ja deiner kreativen Phase nichts im Wege, hmm?!" Die Studentin stand auf und streckte sich leicht. "Nicht, dass ich wüsste. Ich bin übrigens Luca Coven", stellte sie sich vor. "Ich bin Niikura Kaoru", entgegnete der brünette Mann. "Na, dann wollen wir mal", bemerkte Daisuke, packte die junge Frau am Handgelenk und zog sie zu einem riesigen Zeichentisch. "Fang einfach an." Die Dunkelhaarige nickte, nahm sich ein weißes Blatt Papier, einige Stifte und begann zu zeichnen. Die ganze Zeit über saßen die fünf Musiker an einem kleinen Tisch und unterhielten sich vergnügt. Nach mehreren Stunden streckte sich die Studentin und begutachtete ihre Werke. "Fertig?", fragte Shinya und beugte sich über ihre Schulter. Er nahm sich mehrere Blätter und begutachtete sie. "Du bist echt gut", lobte er. "Schaut euch das mal an." Die übrigen Bandmitglieder kamen ebenfalls und sahen sich die Entwürfe an. "Nicht schlecht", kommentierte Kaoru, "und das auch nur in elf Stunden." Luca riss die Augen weit auf. "Was?" Sie starrte die Jungs, die ihr zugrinsten, panisch an. "Wie, elf Stunden? Das kann doch nicht sein…" "Also, auf meiner Uhr ist es jetzt sieben Uhr abends", erklärte Toshi schelmisch grinsend. "Aber bei deiner Arbeitseinstellung ist es auch kein Wunder." Luca sah ihn verwundert an. "Wie meinst du das?" "Na ja, Süße…" Der Bandleader legte ihr einen Arm um die Schultern. "Wir haben dich ungefähr zwei Dutzend Mal gefragt, ob du was essen willst." "Keine Reaktion", grinste Dai. "Oder ob du was trinken willst." "Immer noch keine Antwort", bemerkte Toshiya. "Bei der Zigarette hast du immerhin kurz geschnaubt." "Aber wir denken, es lag eher daran, dass du dich verzeichnet hattest, oder so", sagte Kyô. "Und als du angefangen hast, durch die Stofflager zu laufen und irgendwelche Muster zusammenzusuchen, wussten wir, dass es absolut keinen Sinn hat." Die Studentin sah sie mit großen Augen an. "Was ist?", wollten die fünf wissen. "Hunger…" Die Musiker brachen in schallendes Gelächter aus. "Kein Wunder, dass sie so winzig und dünn ist", stellten Dai und Toshi fest. "Die vergisst ja komplett alles um sich herum." Luca schmollte die beiden an. "Sie würde wahrscheinlich selbst das Atmen vergessen", kicherte Kyô. "Aber Hunger habe ich auch." "Du hast doch schon ihre vier Portionen gefressen", beschwerte sich Shinya. "Und meine beiden auch…" Die Studentin schaute die Männer verwirrt an, dann ging sie zu dem Drummer und lächelte ihn an. "Dann gehen wir jetzt was essen, die haben sich ja die Bäuche schon voll geschlagen." Der Blonde nickte ihr zu, grinste die anderen keck an und hakte sich bei Luca ein. Als die beiden schon kurz vor der Metalltür waren, hörten sie schnelles Gewusel. "Wir kommen mit", erklärte Kaoru. "Wer weiß, was unser Shin-chan noch mit dir anstellt." "Stille Wasser sind tief", bestätigte Dai und hakte sich an Lucas anderem Arm ein. Kichernd und herumalbernd betrat das Grüppchen ein japanisches Lokal, welches in der Nähe des Studios war. Sie setzten sich an einen der freien Tische, bestellten Bier und vielerlei traditionelle Leckereien. "Wenigstens musste ich nicht kochen", grinste Luca dem blonden Sänger zu. "Aber wahrscheinlich musst du abwaschen", erwiderte er ernst und nickte bestätigend. "Nee, das machst du doch viel besser", kicherte sie. "Mit deinen kleinen Ärmchen kommst du doch an einige Stellen viel besser ran." Kyô schnaubte und fuchtelte drohend mit seinen Händchen. "Pass bloß auf, sonst fülle ich dich ab und bringe dich zu meinem Tätowierer." "Dann wird dir wahrscheinlich mein Freund wehtun", kicherte sie vergnügt und nahm einen großen Schluck von dem Kirin, das vor ihr stand. In diesem Moment verschluckte sich Dai und bekam 'sanfte' Schläge von Kaoru auf den Rücken. "Sachte, Mann", grinste er breit. "Bier ist noch genug da." Der rothaarige Gitarrist schnappte nach Luft und grinste dann breit. "Schon verstanden!" "Luca…" Kaoru drehte seinen Kopf zu der jungen Frau, die gerade Kyô die Bierflasche wegzog und ihn ärgerte. "Was?", fragte sie leicht abgelenkt. "Wann könntest du denn mit der Arbeit anfangen?" Die Dunkelhaarige sah ihn verwirrt an und quiekte kurz auf, als der blonde Sänger ihr in die Hand biss. "Welche Arbeit?" Sie warf Kyô einen giftigen Blick zu und pustete sich auf die Hand. "Na, die Entwürfe, die du heute gemacht hast", erklärte er lächelnd. "Einige der Zeichnungen passen perfekt zu unserem…" Er überlegte kurz. "Image, das wir geplant hatten." Sie hörte ihm ungläubig zu und öffnete den Mund, als Kyô ihr irgendwas auf Stäbchen an den Mund hielt. Sie verzog leicht angeekelt das Gesicht und patschte mit der flachen Hand in sein Gesicht. Das Energiebündel kicherte leicht manisch und leckte ihr über die Handfläche. "Ist das euer Ernst?", fragte sie vorsichtig und wischte sich die Hand an Kyôs Haaren ab. Kaoru nickte. "Würde ich wohl so sagen. Also?" Sie strahlte den Leader an. "Wann immer ihr wollt", fiepte sie überglücklich. Kapitel 17: Einkaufsbummel -------------------------- Noch im Halbschlaf schälte sich Naomi aus ihrer Bettdecke, als es an der Tür klingelte. Ein kurzer Blick auf ihren Wecker verriet ihr, dass es gerade mal halb zehn morgens war. Wer um alles in der Welt hatte den Nerv, zu dieser gottverlassenen Uhrzeit hier zu klingeln? Sie hoffte nur, dass Luca nicht ebenfalls aufgewacht war. Wer wusste, wie sie reagieren würde? Begeistert würde sie jedenfalls nicht sein, schließlich war die Dunkelhaarige am Vortag erst sehr spät von ihrem Treffen mit den Designern von Dir en grey nach Hause gekommen. Für ein paar Sekunden lauschte sie mit geschlossenen Augen. Luca drehte sich auf ihrem Futon um, schien jedoch weiter zu schlafen. Naomi rieb sich müde die Augen, stand auf und schlurfte zur Tür, wobei sie ihren Schlafkimono zurechtzupfte. Am Eingang trat sie mit dem linken Fuß auf die Kante der Stufe und rutschte ab. Im letzten Moment versuchte sie, sich abzufangen und griff wahllos nach irgendetwas. Sie knickte mit ihrem Fuß um und riss den Garderobenständer mit sich zu Boden. Leise vor sich hin fluchend rappelte sie sich wieder auf und hinkte die letzten paar Schritte bis zur Tür, ohne den Ständer oder die Kleidungsstücke wieder aufzuheben. Die Brünette verzog das Gesicht, als sie die Tür öffnete und Kirito vor sich stehen sah. "Sag mal, ist dir eigentlich bewusst, wie spät es ist?", flüsterte sie mürrisch, ließ ihn jedoch trotzdem eintreten. Der Sänger ging schmunzelnd an ihr vorbei und wuschelte ihr durch die zerzausten Haare. "Ja, ist es... warum? Hab ich dich etwa geweckt?" Sie knuffte ihn in die Seite. "Das ist doch offensichtlich, oder? Wie kommt es eigentlich, dass du so früh schon hier bist? Und wo ist Kohta?" Sie sah sich draußen vor der Tür um, bevor sie diese schloss. "Schläft der noch?" Kirito grinste. "Natürlich, hast du etwa was anderes von ihm erwartet?" "Nicht wirklich", erwiderte die Studentin grinsend und verzog dann das Gesicht. "Was ist los?", wollte der Blonde von ihr wissen und legte besorgt die Stirn in Falten, als sie sich an der Wand abstützte. Naomi biss die Zähne zusammen und achtete darauf, den schmerzenden Fuß nicht zu belasten. "Ich bin nur mit dem Fuß umgeknickt, dass ist alles...", murmelte sie. Kirito konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er sich in dem kleinen Flur umsah. "Jetzt weiß ich auch, was der Lärm vorhin zu bedeuten hatte", stichelte er, als er den Ständer an seinen rechtmäßigen Platz stellte und die herumliegenden Jacken und Mäntel aufhängte. "Ich weiß gar nicht, was daran so witzig sein soll", brummte Naomi mürrisch und zog eine Augenbraue hoch, da der Sänger sie nur breit grinsend von oben bis unten betrachtete. In diesem Moment wurde ihr erst bewusst, dass sie nicht gerade viel anhatte. Ihre Wangen liefen leicht rosa an. "Moment...", murmelte sie. "Geh ruhig in die Küche und mach dir 'nen Tee oder so..." Mit diesen Worten hinkte sie ins Schlafzimmer, um frische Kleidung aus ihrem Schrank zu holen, wobei sie Kiritos Angebot, ihr zu helfen, vehement ablehnte. Auf dem Weg ins Bad konnte sie hören, wie der Sänger in der Küche herumhantierte. Kirito hatte sich gerade mit zwei Tassen Tee an den kleinen Bistrotisch gesetzt, als sie fertig angezogen und mit einem Handtuch über den Schultern - damit das Wasser aus ihren Haaren nicht auf ihr Top tropfte - hereinkam. "Na, bist du jetzt einigermaßen wach?", grinste er sie an, allerdings verging ihm das Grinsen sofort wieder, als er sah, wie sie sich umständlich auf den freien Stuhl zubewegte. "Habt ihr Verbandszeug hier?" Die Brünette sah ihn fragend an, nickte dann aber. "Im Bad... warum?" Ohne auf ihre Frage zu antworten stand er auf, ging ins Bad und kam kurz darauf mit einer Verbandsrolle wieder zurück. Ihre Proteste ignorierend nahm er ihren Fuß hoch und verband ihn sorgfältig. "Wieso machst du das? Ich bin doch nur damit umgeknickt..." Nachdem er fertig war, bewegte sie den Fuß vorsichtig und setzte ihn leicht auf dem Boden auf. Irritierenderweise tat es fast nicht mehr weh... Sie blinzelte. "Was... danke...", murmelte sie leise. "Kein Thema", erwiderte er und schob ihr eine der beiden Teetassen hin. "Habt ihr gestern noch was Schönes gemacht, nachdem wir weg waren?" "Eher nicht...", gab die Musikstudentin zurück. "Luca ist erst sehr spät nach Hause gekommen." Sie zupfte an ihren feuchten Haaren. "Und? Was machst du so früh am Morgen schon hier?", wiederholte sie ihre Frage von zuvor, die er noch immer nicht beantwortet hatte. Kirito schlug die Beine übereinander und schmunzelte. "Eigentlich wollte ich dich abholen", meinte er. "Geht es mit dem Fuß?" Die Brünette nickte. "Und wozu wolltest du mich abholen?" "Das wirst du ja dann sehen." Naomi zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. Sie wusste mittlerweile - auch wenn sie sich noch nicht sehr lange kannten - dass er ihr nichts verraten würde, wenn er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, es ihr so lange wie möglich vorzuenthalten. Nachdem sie ihren Tee getrunken hatten, schrieb sie Luca einen Zettel, dass sie mit Kirito unterwegs war, damit sich die Dunkelhaarige keine Sorgen machte, schließlich verließen die beiden leise die Wohnung. "Bist du sicher, dass das mit dem Fuß geht?", fragte Kirito besort. "Klar. Was hast du denn jetzt eigentlich vor?", wollte sie von ihm wissen, als sie in seinem Wagen saßen und er losfuhr. "Einkaufen", antwortete er knapp, ohne näher auf das Thema einzugehen. Naomi seufzte genervt. "Was denn einkaufen?" "Dinge halt." Die Brünette verdrehte die Augen und wandte sich von ihm ab, um aus dem Fenster zu sehen. Sie liebte es, wenn sich jemand möglichst unklar ausdrückte. Sie hielt sich mühsam zurück, um keinen Streit mit ihm anzufangen. Dafür war es definitiv noch zu früh am Tag. Nach einer Weile fuhr er in ein Parkhaus in der Innenstadt, stellte den Wagen ab und zog ein Ticket. Ungeduldig bedeutete er der Brünetten, dass sie ihm folgen sollte. Irritiert sah sie ihn an, kam seiner Aufforderung jedoch nach. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was das Ganze sollte, sie war aber nicht sicher, ob er ihr eine präzise Antwort geben würde, sollte sie ihn danach fragen. Ehrlich gesagt bezweifelte sie dies. Ihre Verwirrung nahm immer mehr zu, während er sie von einem Kaufhaus zum nächsten führte, sie irgendwelche Sachen anprobieren ließ, entsprechende Kommentare abgab, ihm alles nicht so wirklich gefiel und er sie weiter zog. Als sie aus dem siebten Laden herauskamen, platzte ihr allmählich der Kragen. "Kannst du mir jetzt mal so langsam verraten, was das alles soll?", forderte sie mürrisch. Sie hatte noch nicht gefrühstückt und ihr Fuß tat so langsam aber sicher doch weh, was ihre Laune nicht gerade verbesserte. Er zog eine Augenbraue hoch. "Ist das nicht offensichtlich?", gab er kryptisch zurück. "Eher nicht", brummte sie und legte die Stirn in Falten. "Sonst würde ich wohl kaum fragen, oder?" "Da ist was dran...", antwortete er und legte ihr einen Arm um die Schultern. "Takeo hat heute Geburtstag... und da er dich noch nicht kennt, hat er gesagt, ich soll dich mitbringen... obwohl er das sicher auch gesagt hätte, wenn er dich kennen würde." Für einen Moment schien er nach den richtigen Worten zu suchen. "Wir müssen noch ein Geburtstagsgeschenk für ihn besorgen", meinte er schließlich. "Aha", entgegnete Naomi knapp. "Und wozu sollte ich die ganzen Klamotten anprobieren?" "Ich möchte, dass du so gut wie möglich aussiehst, wenn ich dich schon vorführen soll", grinste er. "Du bist auch so hübsch genug", fügte er schnell hinzu, als sich ihr Gesichtsausdruck verdüsterte. "Aber in entsprechender Kleidung siehst du halt noch besser aus." Wieder schlich sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Die Musikstudentin wollte gerade etwas darauf erwidern, als er ihr Handgelenk packte und sie hinter sich her zog. Er steuerte direkt auf einen Schmuckladen zu. Verwundert ging sie hinter ihm her. Vor der Tür ließ er sie los und bat sie, kurz zu warten. Verwirrt schüttelte sie den Kopf und betrachtete die Auslage, während sie darauf wartete, dass der Sänger den Laden wieder verließ. Als er wieder herauskam, ließ er ein kleines Päckchen in seiner Tasche verschwinden, legte ihr einen Arm um die Schultern und sie gingen weiter. "Ist das ein Geschenk für Takeo?", wollte sie von ihm wissen. Er warf ihr nur einen undefinierbaren Blick zu, antwortete aber nicht. Nachdem sie endlich - Stunden später - mit ihrer Einkaufstour fertig waren (zumindest hoffte sie das), verschränkte sie die Arme vor der Brust und blieb stehen. Kirito versuchte, sie dazu zu überreden weiterzugehen, doch sie weigerte sich. "Süße", seufzte der Sänger. "Wir können doch jetzt gleich etwas essen, aber dafür müsstest du dich schon bewegen." Die Musikstudentin legte die Stirn in Falten, gab jedoch nach. Sie hatte in der Tat ziemlichen Hunger bekommen, sie hatte das Gefühl, dass sie in jedem gottverdammten Laden gewesen waren, der hier existierte, und ihr taten die Füße weh, vor allem der, mit dem sie heute morgen noch umgeknickt war. So langsam aber sicher wollte sie einfach nur irgendwo sitzen und etwas essen. Kirito führte sie in ein abgelegenes Sushi-Restaurant und bestellte eine große gemischte Platte mit Sushi und Sashimi für sie beide, dazu grünen Tee und Wasser. Außer ihnen waren im Moment keine Gäste anwesend. Während sie auf ihr bestelltes Essen warteten, trat der Blonde hinter Naomi. "Was hast du vor?", wollte sie von ihm wissen und drehte sich zu ihm um, doch er legte ihr beide Hände auf die Schultern und drehte sie wieder nach vorne. Sie zog eine Augenbraue hoch und nippte an ihrem Wasser. Der Sänger fischte das kleine Päckchen aus seiner Tasche, öffnete es und ließ die Verpackung im Mülleimer verschwinden, dann griff er mit beiden Armen von hinten um ihren Hals und legte ihr ein dünnes Kettchen um, dessen Verschluss er schließlich in ihrem Nacken schloss. Naomi blinzelte und berührte vorsichtig die Kette um ihren Hals, bevor sie sich zu ihm umdrehte. "Aber...", begann sie, konnte jedoch nicht weiter sprechen, weil er ihr einen Finger auf die Lippen legte. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was sie nun dazu sagen sollte. "Nimm es einfach", murmelte Kirito, nachdem er den Finger wieder heruntergenommen hatte. "Damit du an mich denkst, wenn ich nicht da bin." Er grinste, gab ihr einen Kuss und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch. Entgeistert starrte sie ihn an. "Ich... also... ich...", stammelte sie. "Arigatou." Noch bevor der Sänger etwas darauf erwidern konnte, kam jemand und stellte die bestellte Platte vor ihnen auf dem Tisch ab. Die Musikstudentin war eigentlich ganz froh darüber, so konnte sie sich dem Essen widmen und ihr wurden weitere Peinlichkeiten erspart. Es war etwa acht Uhr, als sie endlich vor Takeos Tür standen und klingelten. Naomi zupfte noch schnell ihre Haare ein wenig zurecht und strich ihr neues dunkelblaues, knielanges und ärmelloses Kleid glatt, bevor jemand die Tür öffnete und die beiden hereinließ. "Na, ihr beiden, warum habt ihr eigentlich so lange gebraucht?", grinste Kohta seinen Bruder an und schloss die Tür hinter ihnen. "Was habt ihr denn angestellt? Etwas, von dem ich wissen sollte?" Kirito stieß den Bassisten mit dem Ellbogen an. "Wir waren einkaufen", gab er stirnrunzelnd zurück. "Was du schon wieder denkst..." Kohta grinste noch breiter. "So lange? Du bist doch heute morgen um acht oder so schon zu ihr gefahren, oder nicht?" "Ja, so lange", murrte Naomi. "Du glaubst gar nicht, wie anstrengend es sein kann, mit deinem Bruder einkaufen zu gehen... wenn ich alleine gegangen wäre, hätte ich nicht länger als eine Stunde gebraucht und wäre nicht in jedem existierenden Laden gewesen..." Der Bassist betrachtete sie von oben bis unten. "Nun ja... gelohnt hat es sich auf jeden Fall", meinte er schließlich und legte der Studentin einen Arm um die Schultern. "Wo hast du eigentlich deine Schwester gelassen?" Die Brünette zog eine Augenbraue hoch. "Luca ist immer noch nicht meine Schwester", entgegnete sie. "Abgesehen davon ist sie entweder zu Hause oder arbeiten, ich habe keine Ahnung. Nachdem sie gestern schon den ganzen Tag hart gearbeitet hat, war sie auch erst spät wieder zu Hause... Sie hat sich ein bisschen Ruhe verdient, meinst du nicht?" "Gearbeitet", meinte Kohta ungläubig. "Sie war doch mit Dai unterwegs." Naomi verdrehte seufzend die Augen. "Ja, aber sie war mit ihm bei den Designern von Dir en grey und hatte ihre Mappe zu Hause vergessen. Sie musste sämtliche Zeichnungen und Muster dort anfertigen. Natürlich hat sie gearbeitet, du Spinner. Und jetzt lassen wir das Thema Dai besser weg, sonst gibt es nur wieder Stress." Kirito nickte zustimmend, nahm Kohtas Arm von Naomis Schultern und ersetzte diesen durch seinen eigenen, bevor er sie ins Wohnzimmer führte, wo Jun, Takeo und Aiji bereits auf sie warteten. "Wart ihr echt die ganze Zeit nur einkaufen?", wandte sich Kohta nun ungläubig an die Brünette. "Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich weiß ja, wie Onii ist, aber so lange?" Der Sänger verzog das Gesicht. "Nein, Naomi musste zwischendurch auch noch etwas essen. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie es fast zehn Stunden ohne Essen aushält? Außerdem war Naomi ein wenig gehandicapt, nachdem sie sich heute morgen den Fuß umgeknickt hatte..." Naomi schnaubte, sagte aber nichts dazu, sondern begrüßte die drei anderen Musiker und stellte sich Takeo vor. "Ich hab mir schon denken können, wer du bist", grinste dieser sie an. "Da mir Kohta und Kirito schon viel von dir erzählt haben und ich deinen Freund gebeten habe, dich mitzubringen... Abgesehen davon bist du ja die einzige Frau hier." Sie grinste schief. "Da ist was dran...", gab sie zurück. "Ah ja... otanjoubi omedetou gozaimasu." "Arigatou." Er verbeugte sich höflich. "Habt ihr euch denn heute gut amüsiert?", stichelte Jun, als er neben die Studentin trat und sie leicht anstupste. Sie verdrehte die Augen. "Ja, unheimlich", antwortete sie sarkastisch. "Vor allem, weil Kirito mir zuerst gar nicht verraten wollte, was er vorhatte." Jun grinste breit. "Tja, das ist typisch für ihn. Er liebt es, wenn er um irgendwas ein Geheimnis machen kann." "Das ist mir durchaus aufgefallen", erwiderte die Brünette stirnrunzelnd. "Aber immerhin gab es etwas zu essen." Aiji konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Also stimmt es, was Kohta gesagt hat?" Sie wandte sich irritiert zu ihm um. "Wieso, was hat er denn gesagt?" "Dass du den ganzen Tag essen könntest, ohne zwischendurch eine Pause zu machen." Naomi sah den Bassisten grummelnd an. "So schlimm bin ich nun auch wieder nicht!", beschwerte sie sich bei ihm. Die fünf Musiker brachen allesamt in schallendes Gelächter aus. "Du musst nicht immer alles so ernst nehmen, was Aiji so von sich gibt", meinte Kirito breit grinsend zu ihr und nahm sie kurz in den Arm, während Kohta ihr durch die Haare wuschelte. "Lass das", murmelte sie. "Du bringst mir meine Frisur durcheinander." "Welche Frisur?", kicherte Jun. "Da gibt es nicht viel kaputtzumachen. Die sehen doch eh immer gut aus, deine Haare, oder nicht?" Die Musikstudentin zog eine Augenbraue hoch. "Woher willst du das denn wissen?" "Magst du irgendwas trinken?", mischte sich Takeo ein, bevor die beiden noch ernsthaft anfangen konnten, sich zu streiten. Jun hatte es sicher nicht böse gemeint, aber es schien, als hätte er sie mit seinem Kommentar trotzdem auf dem falschen Fuß erwischt. Für die nächsten Stunden amüsierten sie sich prächtig und auch Naomis Laune besserte sich in der Zwischenzeit beträchtlich. Sie unterhielten sich und alberten herum, tranken etwas, aßen ("Das ist natürlich immer das Richtige für Nao", scherzte Kohta, wofür er sich einen leichten Klaps von ihr einhandelte), unterhielten sich wieder... Die anderen erzählten ihr lustige Anekdoten über Kirito, die sie sehr amüsant fand. Irgendwann fiel Kohta die Kette auf und schon wurde der Sänger Opfer diverser Sticheleien seiner Kollegen, die er aber allesamt mit einem undefinierbaren Lächeln abtat. Es war schon sehr spät, als Kirito die Studentin wieder nach Hause fuhr. Für einen Moment stand die Brünette unschlüssig vor ihrer Wohnungstür, bevor sie sich von Kirito verabschiedete. "Es war ein schöner Tag", meinte sie zu ihm. "Anstrengend... aber hat mir trotzdem gefallen." Sie lächelte unsicher. "Das freut mich", entgegnete er und gab ihr einen Abschiedskuss, bevor er sich umdrehte und zu seinem Wagen ging. Die Studentin sah ihm noch eine Weile nach, bevor sie endlich die Tür aufschloss und hineinging. Kapitel 18: Der Schuhdieb ------------------------- "Ich kann es einfach nicht glauben", beschwerte sich Luca, als die beiden Frauen auf dem Weg zum Supermarkt waren. Sie hatten heute per Post ihre Prüfungsergebnisse und die letzten Tests erhalten. "Wie konnte mir der Kerl nur 85 Punkte geben?! Der hat doch 'nen Schuss!" Wütend setzte sie sich auf eine Parkbank und schaute ihre Arbeit an. Nicht, dass sie fast eine ganze Woche für diese zehn Seiten gebraucht hatte und dafür auf wertvolle Zeit mit ihrer Freundin und auch ihrem Freund verzichtet hatte... nein, jetzt hatte sie nur diese jämmerlichen 85 Punkte bekommen. Die Welt war doch total ungerecht. Wieso hatte sie denn auch diese ganzen bescheuerten Namen dieser dummen Ukioe-Maler gebüffelt? Naomi setzte sich neben sie und schaute ihre Freundin ernst an. "So schlimm wird es wohl nicht sein, oder?" Luca hob den Kopf und schaute ihre Freundin ernst an. "Nein...", antwortete sie ironisch. "Ich rege mich nur auf, weil er keinen Smiley darunter gesetzt hat." Genervt zerknüllte sie die Blätter und warf sie unachtsam in dem Mülleimer, der unweit der Bank stand. Die Brünette legte ihr einen Arm umd ie Schultern. "Komm, ich lad dich zum Sushi ein." Einen kurzen Augenblick dachte die Designstudentin nach. "Aber inklusive Sake, ja?!" Grinsend stand Naomi wieder auf und reichte Luca eine Hand. "Geht klar!" Nach ungefähr der dritten Flasche Sake rappelte sich Luca auf. "Ich muss mal für kleine Mädchen." Leicht schwankend schlenderte sie zu den Toiletten und ließ ihre Freundin alleine mit der großen Sushiplatte, von der wahrscheinlich nicht mehr allzu viel übrig sein würde, wenn sie zurückkehrte. Naomi winkte ihr mit einer Hand nach und widmete sich dann voll und ganz ihrem Essen. Es dauerte nicht lange, bis die Designstudentin die Damentoilette wieder verließ. Immer noch recht angeheitert und leicht orientierungslos torkelte sie zurück in Richtung Naomi, als sie sich in dem Gurt einer Tasche verhedderte und auf die Nase fiel. Verwirrt sah sie sich um und erblickte eine schwarze Laptoptasche, die jemand anscheinend achtlos im Gang hatte stehen lassen. "Was für ein Vollidiot lässt denn so was einfach hier stehen?", fauchte sie erbost. "Ist ja nicht so, als gäbe es hier noch andere Menschen." Die Dunkelhaarige schüttelte energisch und unsanft den Gurt von ihrem Fuß, stand auf, nahm das Notebook und warf es unachtsam in den Mülleimer. "Scheint der Besitzer ja nicht wirklich zu brauchen", sagte sie sich bestätigend, drehte sich um und fiel erneut hin - diesmal jedoch, weil sie gegen etwas Solides stieß. "Kannst du mir mal verraten, was du da mit meinem Notebook machst?", fragte eine tiefe Männerstimme. Die dazugehörige Person schien sich nicht sonderlich für die am Boden liegende Frau zu interessieren, ging geradewegs auf den Mülleimer zu, fischte die Tasche an dem Gurt heraus und machte sich auf dem Weg aus dem Lokal. Ungläubig schaute Luca dem Mann nach. Erst fiel sie über sein dummes Notebook, dann seinetwegen und jetzt ging dieser unverschämte Kerl einfach, ohne ihr aufzuhelfen. Das war eindeutig zu viel für ihre eh schon strapazierten Nerven. Wütend zog sie sich eine ihrer Sandaletten aus und warf sie dem Fremden an den Hinterkopf. Naomi sah irritiert auf, als sie eine ihr nicht unbekannte Stimme fluchen hörte. Zuerst fiel ihr Blick auf einen dunkelhaarigen Typen, den sie definitiv schon einmal gesehen hatte. Dann sah sie Lucas Sandalette auf dem Boden liegen und ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. Sie hatte schon so eine ungefähre Vorstellung von dem, was passiert sein könnte. Die Designstudentin rappelte sich auf und ging wild entschlossen auf den Mann zu, der sich gerade nach der Sandalette bückte. "Wenn du sie anfasst", fauchte sie ihm zu, "reiße ich dich in Stücke, du Vollidiot." Die Brünette prustete vor Lachen. "Wie kann man eigentlich so ein arrogantes Arschloch sein", keifte sie weiter auf den Typen ein, der sich wieder aufgerichtet hatte und den Gegenstand betrachtete, der ihn eben noch so unsanft am Kopf getroffen hatte. "Daran Schuld sein, dass sich jemand in seinen bescheuerten Sachen verheddert und sich fast das Genick bricht und dann auch noch so dreist sein und einfach weggehen. Haben dich deine Eltern nicht erzogen, oder bist du einfach nur matschig in der Birne?" Der Dunkelhaarige drehte sich zu Luca um, die ihm gerade mal bis zur Brust reichte, und sah sie drohend an. "Und wie kann man einfach das Eigentum anderer Leute in den Müll werfen?", entgegnete er. Luca hob eine Augenbraue. Das konnte ja wohl nicht wahr sein. Dieser unverschämte Typ war ja einfach nur... baka. "Ich will meine Sandalette zurück", forderte sie und hielt ihm ihre Hand entgegen. "Oder willst du die andere auch noch abbekommen?" "Als ob du etwas hättest, das ich haben will", erklärte er kalt. "Oi...!", mischte sich Naomi ein. "Etwas netter, wenn es geht." Der Mann warf ihr einen düsteren Blick zu, den sie unbeeindruckt erwiderte, wandte sich dann wieder zu der bösartig dreinschauenden Person um. "Aber dieses hier..." Er wedelte mit der Sandalette, die er an den Riemchen festhielt. "... konfisziere ich als Beweis." Mit diesen Worten drehte er sich um und ging hinaus. Völlig perplex schauten die beiden jungen Frauen dem Dunkelhaarigen nach. Nach wenigen Sekunden explodierte Luca, nahm die andere Sandalette ab und stürmte durch die Tür nach draußen, wobei sie so etwas wie 'Shi ne!' fauchte. Vor dem Lokal sah sie gerade noch, wie der Fremde in einen Wagen einstieg und wegfuhr. Nachdem Naomi die Rechnung beglichen und sich bei dem Besitzer für den kleinen Zwischenfall entschuldigt hatte, folgte sie ihrer Freundin nach draußen, die zornesrot einfach nur da stand und ihre Sandalette zerquetschte. "Der hat einfach meinen Schuh geklaut", sagte Luca ungläubig und schaute dem Auto nach. "Ist das zu fassen? Der Vollidiot haut einfach mit meinem Schuh ab!" Naomi stand grübelnd neben ihr. "Ich hab den Typen schon mal irgendwo gesehen", murmelte sie, mehr zu sich selbst. "Aber ich habe keinen blassen Schimmer, wo das war." Als die beiden jungen Frauen ihre Wohnung erreicht hatten, konnte Luca immer noch nicht fassen, was zuvor passiert war. Genervt schloss sie die Wohnungstür hinter sich, ging in die Küche und ließ sich auf einen der Stühle fallen. Die Brünette warf ihre Tasche in eine Ecke und lehnte sich dann gegen die Arbeitsplatte. "Ablenkung?" "Jederzeit!" "Kohta anrufen?" Die Designstudentin nickte. "Das ist eine gute Idee, ich hab ihn die letzten Tage eh kaum gesehen..." Sie seufzte tief. "Blöder Job." "Was soll ich denn sagen?", gab ihre Freundin mürrisch zurück. "Ist ja nicht so, als hätte ich das gleiche Problem wie du." Luca warf der Brünetten ihr Handy zu. "Da, mach. Ich geh eben duschen." Naomi stieß sich von der Arbeitsplatte ab und schaffte es gerade noch, das Mobiltelefon an einem der vielen Anhänger zu fassen, damit es nicht zu Boden fiel und kaputtging. "Geht klar." Die Dunkelhaarige stand auf und verschwand im Badezimmer. Nachdem die Musikstudentin mit dem Bassisten telefoniert und sich mit ihm und seinem Bruder für den Abend verabredet hatte, ging sie ins Schlafzimmer um sich frische Kleidung herauszusuchen. Während sie darauf wartete, dass ihre Freundin fertig geduscht hatte, setzte sie sich mit der aktuellen Arena 37° im Wohnzimmer hin um in der Zwischenzeit ein wenig zu lesen. "Und? Was ist jetzt?", fragte Luca, als sie wieder aus dem Bad kam. "Wir treffen uns in anderthalb Stunden und gehen dann was essen", antwortete Naomi abwesend, weil sie gerade in ein Review zur aktuellen Pierrot-Single 'Neogrotesque/Barairo no sekai/Yuuyami Suicide' vertieft war. Seufzend warf sie die Zeitschrift auf den Tisch und stand dann auf, um selbst duschen zu gehen. Als die beiden jungen Frauen fertig angezogen und zurechtgemacht waren, klingelte es auch schon an der Tür. Sie verließen ihre Wohnung, Naomi schloss schnell die Tür ab und folgte dann ihrer Freundin nach unten. Kaum waren sie am unteren Treppenabsatz angekomme, wurde Luca auch schon freudestrahlend von Kohta begrüßt. "Hey, Süße", meinte er und gab seiner Freundin einen Kuss. Dann ging er zum Auto, hielt Naomi die Beifahrertür auf und wartete, bis sie eingestiegen war, bevor er Luca die Tür aufhielt und nach ihr selbst einstieg. Kaum saß Naomi auf dem Beifahrersitz, legte ihr Kirito einen Arm um die Schultern um sie zu sich heranzuziehen und zu küssen. "Hi", meinte er schließlich, dann sah er, dass sie seine Kette trug und grinste. Schließlich fuhr er los. "Fahr bloß vorsichtig!", warnte Kohta seinen Bruder. "Ja, ich weiß!" "Warum, so schlimm ist sein Fahrstil doch gar nicht", wunderte sich die Brünette und wandte sich zu dem Bassisten um, der ihr jedoch nur zuzwinkerte, sich allerdings jeglichen Kommentars enthielt. Sie zuckte mit den Schultern und warf dem Sänger einen fragenden Blick zu, doch der konzentrierte sich ganz auf den Verkehr und antwortete ebenfalls nicht. Nach einer Weile hielt Kirito vor einem abgelegenen, aber sehr elegant wirkenden Restaurant an. Er stieg aus, ging um das Auto herum und hielt Naomi die Tür auf. "Da wären wir." Naomi sah ihn mit großen Augen an. "Da sollen wir essen?", fragte sie entsetzt. "Wer soll sich denn so was leisten können?!" "Wir?", gab der Sänger amüsiert zurück und legte einen Arm um ihre Taille. "Lass uns reingehen." Ohne noch etwas zu sagen schob er sie in Richtung Eingang. Die Dunkelhaarige und der Bassist folgten den beiden turtelnd und kichernd in das Restaurant. Kirito führte das Grüppchen zielsicher in einen der etwas abgelegeneren Privaträume des Restaurants, wartete bis alle den elegant eingerichteten Raum betreten hatten. Die beiden Musiker rückten jeweils ihren Partnerinnen die Stühle zurecht und setzten sich ebenfalls, nachdem die jungen Frauen Platz genommen hatten. Nach wenigen Minuten kam die Bedienung, um ihre Bestellung aufzunehmen und schloss die Tür wieder hinter sich, als sie den Raum verließ. Luca schaute ihre Freundin verwirrt an und deutete mit einem unauffälligen Kopfnicken auf Kohta. Es war dieses typische 'Was hat der denn?'-Nicken. Naomi zuckte nur mit den Schultern, sie wusste es genauso wenig wie Luca. Als die Tür zum zweiten Mal aufging, kamen zwei Personen in den Raum. Die eine brachte ihnen ihre Getränke und die andere schob einige kleine Päckchen auf einem eleganten Rollwagen neben den Tisch. Nachdem sie wieder verschwunden waren, erschien ein breites Grinsen auf Kohtas Gesicht, und auch Kirito konnte sich ein selbstgefälliges Schmunzeln nicht verkneifen. Die beiden Frauen tauschten einen irritierten Blick. "Los, macht schon auf", forderte der Bassist die beiden auf. "Die Päckchen beißen nicht, wenigstens die meisten." Er grinste noch breiter. Nachdem sich die beiden Studentinnen immer noch nicht erhoben hatten, seufzte Kirito leicht auf, stand auf und begann die Päckchen an sie zu verteilen. "Was ist das?", fragten Luca und Naomi gleichzeitig. "Eure Geschenke?", gab Kohta ironisch zurück. "Weswegen?", fragte Luca noch verwirrter. "Bis Weihnachten ist doch noch viel Zeit." Der Sänger verdrehte seufzend die Augen. "Schon vergessen, dass ihr Geburtstag hattet?" "Du wunderst dich, Onii?", fragte Kohta. "Die Kleine hier hatte ihn doch am entsprechenden Tag auch schon vergessen." Er zeigte grinsend auf seine Freundin, die ihn schmollend anfunkelte. Kirito wiegte bedächtig den Kopf. "Da ist was dran." Naomi verschränkte die Arme vor der Brust und verzog das Gesicht. "Wir haben doch gesagt, dass wir nichts wollen." Der Bassist winkte ab. "Wir haben doch klar und deutlich gesagt, dass ihr etwas von uns bekommt. Außerdem ist es jetzt eh zu spät. Wir können die Sachen nicht mehr zurückgeben." Der Sänger nickte zustimmend und hielt Naomi einen großen hübsch eingepackten Umschlag vor die Nase. "Euch bleibt nichts anderes übrig als die Sachen anzunehmen." Die Musikstudentin blinzelte ihn irritiert an, als sie ihm den Umschlag aus der Hand nahm. Sie hatte das Gefühl, dass Proteste hier überhaupt nichts brachten und öffnete ihn vorsichtig. Kohta ignorierte das Geschmolle seiner Freundin und gab ihr als erstes das Geschenk seines Bruders. Natürlich wollte er, dass sie sein Geschenk zuerst öffnete, damit sein eigenes umso interessanter war. "Hier, das ist von Onii", erklärte er. Die junge Frau schaute ihn verwirrt an, öffnete vorsichtig das Geschenkpapier und lächelte, als sie den Inhalt erkannte. "Arigatou!", bedankte sie sich in einer leicht überhöhten Tonlage bei dem Sänger von Pierrot, ließ jedoch den Blick schnell wieder sinken und blätterte in den Hardcoverbooks. Naomi saß noch immer wie versteinert da und starrte fassungslos auf den Inhalt des Umschlags, den Kirito ihr geschenkt hatte. Ihr fehlten die Worte. Sie wusste nicht, was sie von diesem Geschenk halten sollte. "Gefällt es dir nicht?", fragte er leicht geknickt. "Ähm… nun ja…", stotterte sie. "Doch, schon… aber…" Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. "Ich verstehe." Naomi schob die Unterlippe vor und sah ihn aus großen Augen an. "Ich, eh… nein… ich meine… man!" Eines der seltenen Lächeln huschte über Kiritos Lippen und er legte ihr seine Hand auf den Wuschelkopf. "Vielleicht gefällt dir ja Kohtas Geschenk besser." Der Sänger überreichte ihr ein kleines Päckchen, setzte sich dann neben die Studentin und beobachtete sie dabei, als sie es öffnete. "Kohta…", begann die Dunkelhaarige auf einmal, als sie von einem komischen Geräusch von den Photobooks abgelenkt wurde. "Wieso maunzt und bewegt sich das Päckchen da?" Der Blonde grinste freudestrahlend und griff vorsichtig nach der kleinen Ledertasche. Luca schaute ihn verwirrt an und nahm ihm ebenso vorsichtig das Täschchen ab, wobei sie versuchte, durch einige der Spalten zu lugen. "Lass es schon raus", forderte er sie grinsend auf. "Aber pass auf." Sie öffnete sachte die Tasche und war irritiert, als ihr zwei blaue Kulleraugen entgegenschauten, fast genauso verwirrt wie ihre eigenen. "Kawaii", fiepste sie auf und zog ein kleines schwarzes Kätzchen aus der Tasche. "Gott, ist das wai!" In diesem Moment war ein gezischtes "Ich wusste es!" von Naomi zu hören. Alle drei sahen sie verwundert an. "Was wusstest du?", wollte Kirito von ihr wissen. Naomi hielt es gar nicht für nötig, ihm zu antworten, sondern hielt Luca die DVD-Hülle entgegen, die sie von Kohtas Geschenkpapier befreit hatte. "Ich habe dir doch gleich gesagt, dass ich ihn schon einmal gesehen habe", grummelte sie. "Das… das ist… das…", stotterte die Dunkelhaarige und deutete mit einem Finger auf das Cover. "Jetzt weiß ich auch wieder, woher ich ihn kenne…", fuhr die Musikstudentin entrüstet fort und wedelte mit dem Film, den Kohta ihr geschenkt hatte, in der Luft herum. Der Bassist sah sie entsetzt an. "Pass auf damit! Weißt du, wie schwer es war, die Signierungen zu bekommen?!" Naomi legte den Film auf den Tisch und schnaubte. "Wer will schon eine Signatur von diesem… Schuhdieb!" "Nani?" Der Sänger warf ihr einen verwirrten Blick zu. "Schuhdieb?" "Dieser arrogante Fatzke", fauchte Luca, "hat mir meine Sandalette geklaut und mich fast umgebracht!" Die beiden Brüder tauschten einen irritierten Blick und sahen dann die beiden Frauen wieder an. "Sandalette geklaut? Fast umgebracht? Wer? Doch nicht hyde, oder?" "Nein, Gackt!", entgegnete Naomi wutschnaubend. "Und dann hatte er auch noch den Nerv, unfreundlich zu uns zu sein!" Sie verzog das Gesicht und funkelte die DVD-Hülle an, als wäre sie Gackt höchstpersönlich. Kohta legte die Stirn in Falten. "Also gefällt dir mein Geschenk nicht", schmollte er beleidigt. Als erneut die Tür geöffnet wurde, brachte ihnen eine Kellnerin ihr Essen. Schnell räumte Kirito die Geschenke und die Verpackungsreste vom Tisch, damit die Bedienung das Essen darauf abstellen konnte. Irgendwie war er erleichtert über das Timing, er hoffte, dass sich die beiden Studentinnen nach dieser Ablenkung recht schnell wieder beruhigen würden. Nachdem sie aufgegessen hatten waren sowohl Kirito als auch Kohta darauf bedacht, das Thema Gackt nicht wieder anzuschneiden, um weitere Aufregungen zu vermeiden. Ein Themenwechsel war nicht nötig, da Luca und Naomi vollauf mit dem kleinen Kätzchen beschäftigt waren. "Wai!", quietschte Naomi. "Die ist ja so süß!" "Ne?", gab Luca fiepsend zurück und hielt eine ihrer langen Strähnen vor das Gesicht des Tierchens, das sich auf die Hinterpfoten aufsetzte, um sie besser erreichen zu können. Kirito seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, während Kohta die beiden jungen Frauen amüsiert beobachtete. Der Sänger stand auf und ging zu Naomi rüber, hockte sich hin und legte dann beide Arme von hinten um ihre Taille. "Jetzt hast du mir immer noch nicht gesagt, ob dir mein Geschenk gefallen hat", murmelte er. Die Brünette zuckte zusammen und sah ihn über ihre Schulter an. "Gut", antwortete sie knapp und widmete sich wieder der kleinen Katze, die Luca Maru getauft hatte. "Mehr nicht?", erwiderte er leicht gekränkt und stand wieder auf. Naomi stutzte und wandte sich zu ihm um. "Wie meinst du das?" "Gut… das hörte sich an, als hätte es auch jedes beliebige andere Geschenk von irgendwem sein können." Die Studentin stand ebenfalls auf. "Du… hast das missverstanden", murmelte sie und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. "Natürlich habe ich mich… sehr darüber gefreut", fuhr sie verlegen fort. "Aber… ich weiß nicht… es wäre nicht nötig gewesen… außerdem ist Hawaii nicht gerade preiswert…" "Baka", grinste er sie an. "Du kannst es ruhig annehmen. Außerdem fliegst du ja nicht alleine hin, sondern mit mir… sozusagen als Bonus." Naomi starrte ihn fassungslos an. "Ich… also… ich…", stammelte sie. Sie senkte den Blick und wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte. Womit hatte sie das nur verdient? Der Sänger trat auf sie zu und nahm sie in den Arm. "Du freust dich also darüber?", meinte er leise und achtete gar nicht darauf, dass sich Luca mittlerweile auf den Schoß seines Bruders gesetzt hatte und die beiden gemeinsam mit dem kleinen Kätzchen spielten. Sie nickte, sah ihn mit großen glänzenden Augen an, legte dann beide Arme um seinen Hals und küsste ihn. "Arigatou", hauchte sie schließlich, als sie einen Schritt zurücktrat. Kirito blinzelte sie verwundert an. Das war das erste Mal gewesen, dass sie ihn von sich aus geküsst hatte. Er zog sie wieder zu sich und lächelte. "Doumo…", entgegnete er genauso leise und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. Kohta sah auf und zog eine Augenbraue hoch. "Sagt mal, habt ihr eigentlich kein Zuhause?", fragte er amüsiert, woraufhin Naomi und sein Bruder zusammenfuhren und sich zu ihm umdrehten. "Das musst du gerade sagen", erwiderte Kirito mürrisch und bedachte den Bassisten mit einem giftigen Blick. "Wir fahren noch nach Hause", gab dieser zurück. "Nicht wahr?", wandte er sich an seine Freundin, die ihn jedoch ignorierte, weil ihre ganze Aufmerksamkeit von der Katze in Anspruch genommen wurde. "Schatz?", versuchte er es erneut. Luca wuschelte ihm kurz durch die Haare. "Klar", meinte sie abwesend und beschäftigte sich dann wieder mit Maru, der gerade das Gleichgewicht verloren hatte und fast von ihrem Schoß herunterfiel. Kirito schmunzelte. "Bist du dir da so sicher?" Der Bassist nickte ernst. "Und wenn ich sie tragen muss." "Sollen wir dann auch gleich nach Hause?", wandte sich der Sänger dann an Naomi, die Kohta immer noch stirnrunzelnd ansah. Sie legte den Kopf schief und zuckte dann mit den Schultern. "Von mir aus." "Zu dir oder zu mir?" "Huh?" Sie blinzelte ihn fragend an. "Wie jetzt?" Kirito grinste. "Also zu mir", beschloss er kurzerhand, wobei er ihre Einwände einfach ignorierte. Er nahm den Umschlag und die DVD, packte sie in eine Tasche und zog die Musikstudentin hinter sich her, aus dem Raum. "Kommt ihr?", wandte er sich an seinen Bruder, der ihn ungläubig ansah. Kohta nickte schnell und versuchte, Lucas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. "Schatz? Sollen wir jetzt nach Hause?" Sie nickte, bewegte sich aber nicht von seinem Schoß herunter. "Mäuschen, du wirst wohl aufstehen müssen, sonst fahren Onii und Naomi ohne uns." "Nani?" Sie sah ihn fragend an. "Was hast du gesagt?" Der Bassist legte die Stirn in Falten. "Du solltest aufstehen, damit ich das auch kann. Ich habe keine Lust, zu Fuß nach Hause zu gehen, weil Kirito und Naomi ohne uns fahren", erwiderte er belustigt. "Aber es ist doch noch früh", wandte die Dunkelhaarige ein. "Wir hatten noch keinen Nachtisch." Der Blonde lachte auf. "Dir ist schon klar, dass Naomi deinen Nachtisch gegessen hat, weil du ihn dank Maru vergessen hast? Außerdem kannst du bei mir auch welchen bekommen." Er zwinkerte ihr grinsend zu. Luca verstaute das Kätzchen in der Ledertasche, nahm die Photobooks und klemmte sie sich unter den Arm, dann lief sie aus dem Raum. Sie blieb kurz stehen und sah durch die Tür. "Kommst du?", fragte sie dann lächelnd und ging dann weiter. Kohta seufzte und stand dann ebenfalls auf, um ihr zu folgen. Draußen angekommen, sahen sie Naomi und Kirito am Wagen stehen, die wild gestikulierend miteinander diskutierten. Eigentlich war es eher so, dass die Musikstudentin mit den Armen in der Luft herumwedelte und der Sänger hin und wieder nach etwas griff, das sie in der einen Hand hatte. Luca ging zu ihrer Freundin und sah sie fragend an. "Schatz, was ist los?" Die Brünette wandte sich zu ihr um und ließ die Arme sinken. "Er wollte ohne euch fahren, aber ich war dagegen." Kirito nutzte diesen Moment aus, um der Musikstudentin endlich seinen Autoschlüssel abzunehmen und schloss den Wagen auf. Die dunkelhaarige Frau sah den Sänger wütend an. "Dir ist schon klar, dass Kohta noch bezahlen musste?", fuhr sie ihn an. "Ja, ich weiß", gab Kirito genervt zurück. "Können wir jetzt endlich fahren?" Naomi schüttelte seufzend den Kopf und stieg ein. Luca und Kohta machten es sich hinten bequem und die Designstudentin holte Maru direkt wieder aus der Ledertasche heraus. Als sie vor Kohtas Haustür ankamen, drehte sich der Sänger zu den beiden um. "Aber benehmt euch anständig", meinte er zwinkernd zu seinem Bruder und grinste ihn breit an. "Immer doch", gab dieser amüsiert zurück und wartete, bis Luca ausgestiegen war. "Ihr aber auch", meinte er noch, bevor er selbst ausstieg. Naomi hatte keine Gelegenheit, etwas darauf zu erwidern, da Kirito direkt weiterfuhr. "Und wo fahren wir jetzt hin?", fragte sie ihn irritiert. "Zu mir, das habe ich doch vorhin schon gesagt." Sie blinzelte ihn an, sagte aber nichts dazu. Es dauerte nicht lange, bis Kirito den Wagen parkte. Interessiert sah sie sich um. Das Viertel, in dem sie mit Luca wohnte, war nichts im Vergleich zu dieser… Nobelgegend. Anders konnte sie es nicht ausdrücken. "Du bist wirklich ein kleiner Angeber", murmelte sie mit hochgezogener Augenbraue, als sie ausstieg. "Oder vielleicht auch nicht ganz so klein." Der Sänger zuckte mit den Schultern und schloss den Wagen ab. "Ich mag es eben stilvoll." Die Studentin warf ihm einen abschätzenden Blick zu. "Schon klar", meinte sie trocken. "Sollen wir dann mal? Ich wollte nicht hier draußen übernachten." Er nickte und ging um das Auto herum, nahm sie bei der Hand und zog sie hinter sich her, zu einem elegant wirkenden Appartementblock. Als sie seine Wohnung betraten, verspürte Naomi den unbändigen Drang, sich umzudrehen und nach Hause zu gehen. "Du zeigst wirklich gern, dass du Geld hast…", murmelte sie, aber so leise, dass er es nicht verstehen konnte. Sie seufzte und folgte dem Blonden ins Wohnzimmer, wo sie ihre Tasche abstellte und sich erst einmal aufs Sofa fallen ließ. "Möchtest du etwas trinken? Oder lieber essen?", fragte Kirito. Ohne eine Antwort abzuwarten ging er einfach in die Küche. "Oi!", rief sie ihm nach. "Du fängst doch wohl jetzt nicht etwa an zu kochen, oder?" "Klar!", kam die Antwort. "Was dachtest du denn? Dass ich dich freiwillig in meine Küche lasse? Dafür war die zu teuer." "Das kann ich mir vorstellen", grummelte die Brünette und stand auf. Als sie an der Küchentür angekommen war, lehnte sie sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen. "Du musst jetzt trotzdem nicht für mich kochen, so verfressen bin ich dann auch nicht." "Meinst du", gab der Sänger amüsiert zurück und holte ein paar Gläser aus einem Schrank. "Na gut, wenn du nichts essen willst…", meinte er dann schulterzuckend und suchte nach etwas zu trinken. Naomi verdrehte die Augen und ging wieder ins Wohnzimmer, setzte sich auf die Couch und kramte in ihrer Tasche nach der Zigarettenpackung. Als sie sie gefunden hatte, zündete sie eine Zigarette an und zog den Aschenbecher zu sich ran, dann ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. Er war recht spartanisch, aber geschmackvoll eingerichtet. Jedes einzelne Möbelstück hatte mit Sicherheit mehr gekostet als ihre gesamte Einrichtung. 'Geschmack hat er, das muss man ihm lassen', dachte sie, fast schon beeindruckt. Nach einigen Momenten kehrte der Sänger mit zwei Gläsern und einigen Flaschen Alkohol zurück, die er auf dem Glastisch vor ihr abstellte. "Willst du mich abfüllen?", fragte Naomi stirnrunzelnd. "Eigentlich nicht", erwiderte er erstaunt. "Aber da wir sonst nie allein sind, dachte ich, wir könnten diese Gelegenheit nutzen, uns ein bisschen besser kennen zu lernen… und so…" Die Brünette schmunzelte. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, was du mit 'und so' meinst…", entgegnete sie verschmitzt. "Aber okay…" Sie nahm eine der Flaschen und betrachtete das Etikett. "Gin?" Er nickte. "Für Gin Cassis… noch nie probiert?" Als sie verneinte, nahm er ihr die Flasche aus der Hand und verschwand in der Küche. Nach einer Weile kam er mit einem Shaker in der Hand zurück und füllte beide Gläser. Eines davon schob er ihr zu und prostete ihr dann mit dem anderen zu. Nachdem sie einen Schluck von dem Gin probiert hatte, verzog sie das Gesicht. "Gott, ist das süß…", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Dass du noch nicht an einem Zuckerschock gestorben bist…" Kirito grinste. "Man gewöhnt sich an alles", winkte er ab. "Aber ich hab auch noch was anderes da, wenn du den Gin nicht magst." "Danke, geht schon… ich hatte ohnehin nicht vor, zu viel zu trinken." "Ihr habt jetzt Ferien, oder?", fragte er schließlich. Sie nickte. "Ja, aber schon seit dem elften." Sie grinste über seinen recht unbeholfenen Versuch, Konversation mit ihr zu betreiben, das war sie von ihm eigentlich gar nicht gewohnt. "Wie hast du abgeschnitten?" Naomi wiegte den Kopf hin und her. "Ganz gut, denke ich. Ich hab noch nicht alle Ergebnisse, ich denke, die restlichen werden morgen oder so in der Post sein. Jedenfalls hoffe ich, dass ich nicht allzu schlecht abgeschnitten habe… ansonsten kann ich mir gleich nen Strick nehmen." Er zog eine Augenbraue hoch. "Das will ich doch nicht hoffen!", meinte er entsetzt. "So schlimm wird es schon nicht sein…" Er setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern. "Mach dir nicht schon vorher Sorgen um etwas, das du noch gar nicht weißt…" Naomi sah ihn aus dem Augenwinkel an und nickte schließlich. "Du hast Recht", gab sie seufzend zu. "Ich weiß." "Wir sind aber gar nicht von uns überzeugt", meinte sie mit einem amüsierten Unterton. "Natürlich nicht", entgegnete der Sänger pikiert und lehnte sich zurück. "Das Kleid steht dir übrigens." Sie wandte sich zu ihm um und legte die Stirn in Falten. "Das sagst du auch nur, weil es rückenfrei ist." "Das stimmt überhaupt nicht", schmollte Kirito. "Mir gefällt es wirklich. Du solltest so etwas öfter tragen." "Ich trage aber lieber bequeme Kleidung…", wandte sie ein. "Abgesehen davon werde ich dann auch nicht so oft auf der Straße angesprochen. Wenn ich mehr Kleider tragen würde, könnte ich mich vor Angeboten, mein Taschengeld aufzubessern, wahrscheinlich kaum noch retten." Sie verzog angewidert das Gesicht. "Stell dir vor, mich würde so ein… alter Sack anquatschen… nicht auszudenken…" "Das kann er ja mal versuchen", brummte der Sänger mürrisch. "Huh?" Naomi blinzelte irritiert. "Wie meinst du das?" "Dafür müsste er erst einmal an mir vorbei." Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Du bist doch wohl nicht etwa eifersüchtig, oder doch?", stichelte sie kichernd. "Der große, ernste, emotionslose Kirito… eifersüchtig? Das passt ja mal überhaupt nicht!" Kirito verzog schmollend das Gesicht. "Soll das etwa heißen, dass ich keine Gefühle habe?" "Zumindest sieht man dir selten an, dass du welche haben könntest", gab sie ernst zurück. Er sah sie für eine Weile an ohne etwas zu sagen, dann packte er ihr Handgelenk und zog sie zu sich heran. Der Sänger legte eine Hand auf ihren Nacken und küsste sie. Als er sich wieder von ihr löste, nahm er ihre Hand und legte sie auf seine Brust. "Fühlt sich das etwa so an, als hätte ich keinerlei Emotionen?", flüsterte er heiser. Naomi schluckte und schüttelte leicht den Kopf. "Eigentlich nicht…", murmelte sie und griff mit zitternder Hand nach ihrem Glas, bevor sie es in einem Zug leerte. Gott, dieser Kerl machte sie einfach nur nervös. Wenn er doch nur mal seine Emotionen ein bisschen mehr zeigen würde. Bei seinem Verhalten war es kein Wunder, dass sie dachte, er hätte nichts für sie übrig. Aber anscheinend hatte sie sich wohl geirrt. Dennoch war sie ein wenig unsicher, ob er es tatsächlich ernst meinte, oder nicht doch eher nur eine Abwechslung suchte. Sie fände es viel besser, wenn er diesbezüglcih auch mal irgendwann etwas sagen würde… "Nervös?", lächelte er sie an. "Das musst du nicht…" Er schluckte und holte einmal tief Luft. "Ich… weißt du… ich…" Die Brünette sah ihn mit großen Augen an und wartete darauf, dass er seinen Satz beendete, sie war gespannt darauf, was er nun sagen würde. Eine Liebeserklärung würde es sicher nicht werden, dafür kannten sie sich nicht lang genug. Kirito fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Was sollte er nun zu ihr sagen? Alles, was ihm einfiel, war definitiv zu kitschig. Und für so was war er nicht der Typ. Er war ohnehin nicht gut in solchen Dingen. Der Sänger verzog das Gesicht und griff nach der Gin-Flasche und dem Shaker, um neue Getränke zu mixen. Leicht enttäuscht und irritiert schlug Naomi die Beine übereinander. Was hatte sie eigentlich erwartet? Dass er Gefühle ausdrückte? Ausgerechnet Kirito? Im Leben nicht. Dankend nahm sie das Glas, das er ihr reichte, entgegen und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Was willst du eigentlich von mir?" "Huh?" Er sah sie fragend an. "Ach… vergiss es einfach." Sie seufzte und stand auf. "Wo ist das Bad?" "Dort hinten rechts." "Danke." Die junge Frau verzog das Gesicht und verschwand im Bad. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, ließ sie sich daran hinabgleiten und vergrub ihre Finger in den Haare. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihn so etwas zu fragen? Vielleicht war es besser, das Ganze jetzt zu beenden, bevor sie sich ernsthaft in ihn verliebte und dann doch nur enttäuscht und verletzt wurde… wie schon so oft. Er war Musiker, er war ein Workaholic. Er würde niemals genug Zeit aufbringen können, damit er sich um sie kümmern konnte. Außerdem kannten sie sich kaum. Es würde sicher nicht lange dauern, bis er die Nase voll von ihr hatte. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie lange sie schon dort saß. Erschrocken zuckte sie zusammen, als es leise an der Tür klopfte. "Geht es dir gut?", ertönte Kiritos besorgte Stimme durch die Tür. "Ja", antwortete sie und stand wieder auf. Sie wusch sich die Hände und öffnete die Badezimmertür. Der Sänger stand mit einem Arm an den Rahmen gelehnt da. "Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?" Sie nickte und ging wortlos an ihm vorbei, allerdings kam sie nicht sehr weit, denn Kirito hielt sie am Arm fest und zog sie wieder zu sich zurück, um sie in den Arm zu nehmen. "Wir sollten vielleicht langsam schlafen gehen…" Wieder nickte sie und lehnte sich an ihn. "Ich fahre dich dann morgen nach Hause", murmelte er, hob sie einfach hoch und trug sie zum Schlafzimmer. Kapitel 19: At home ------------------- "Süßes, willst du Maru nicht endlich loslassen?", fragte der blonde Bassist, als er mit dem Fuß seine Wohnungstür zuschob. "Ich denke, er würde gerne alles erkunden." Die Studentin zuckte kurz zusammen und drehte sich langsam zu ihrem Freund um. "Ich würde ja gerne", begann sie leise, "aber Maru ist gerade eingeschlafen und ich will ihn nicht aufwecken." Sie zeigte Kohta ein kleines Fellknäuel. "Und er sieht doch so niedlich aus." Der Bassist lächelte sanft und streckte die Hände aus. "Na, gib schon her. Ich werde ihn aufs Sofa legen." Die Dunkelhaarige übergab ihm das zusammengerollte Kätzchen, doch kaum hatte es Kohtas Hände berührt, öffnete es die Äuglein und gähnte ausgiebig. "Ich habs dir doch gesagt", seufzte sie und kraulte Maru am Ohr. "Wenigstens kann ich jetzt auch mal mit ihm spielen", freute sich der Blonde, setzte sich auf das dunkle Sofa und begann, den kleinen Kater zu ärgern. "Schatz, machst du uns was zu trinken?", fragte er beiläufig und zog gerade noch rechtzeitig seinen Finger weg, bevor Maru ihn beißen konnte. Luca schaute ihm amüsiert zu. "Du hast dich ganz schön an eine Freundin gewöhnt, hm?", meinte sie und ging in Richtung Küche. "Wie, Freundin?", fragte Kohta ernst. "Du bist doch meine Frau." Kurz nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte, schepperte es in der Küche und ein leises Auffluchen war zu hören. "Alles, was du kaputt machst, musst du bezahlen, Schatz", grinste er und kniff die Augen zusammen, als die scharfen Zähnchen des Katers in seine Finger fuhren. "Du bist unmöglich", erklärte Luca und begann, die Scherben aufzusammeln. "So einen wie dich würde ich nie heiraten." Sie wartete einige Zeit ab, doch von Kohta kam ausnahmsweise kein Einwand. Vorsichtig lugte sie durch die Durchreiche. Kohta – halb sitzend, halb liegend – war in der Zwischenzeit eingeschlafen und hielt das kleine Fellknäuel in den Händen. Die Dunkelhaarige lächelte sanft und ging auf den schlafenden Bassisten zu. "Ab und zu hast selbst du deine 'Wai'-Momente, Schatz", flüsterte sie ihm ins Ohr, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn und deckte den Blonden mit einer Decke zu. Nachdem sie wieder in die Küche verschwunden war, kramte sie in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. "Mal sehen, ob Kiri sich benehmen kann", sagte sie zu sich selbst und wählte unter den vielen Nummern 'Nee-chan' aus, doch schon nach wenigen Sekunden legte sie wieder auf und starrte auf ihr Handydisplay. 'Ah, was soll's', dachte sie. 'Die beiden haben sich auch mal eine kleine Auszeit von uns verdient.' Die Dunkelhaarige ließ das Handy wieder in ihre Handtasche gleiten. "Und als Anstandswauwau will ich auch ungern fungieren." Sie warf noch einen kurzen Blick zu den beiden Schlafmützen, ging in Kohtas Schlafzimmer, fummelte sich dort ein T-Shirt und Boxershorts aus dem Schrank und ging ins Bad um zu duschen. Als sie frisch geduscht aus dem Bad kam, schlief Kohta immer noch. Er sah wirklich niedlich aus. Die Studentin ging zum Lichtschalter und legte sich, nachdem sie das Licht gelöscht hatte, zu ihrem Freund und dem neuen Familienmitglied. Am nächsten Morgen wurde sie durch den Geruch von frischem Kaffee geweckt. Langsam und verschlafen öffnete sie die Augen. Draußen war es bereits hell. Sie räkelte sich leicht und schaute sich um. Sie hatten tatsächlich die ganze Nacht auf der Couch geschlafen und so fühlte sie sich auch. Dieses Ding sah toll aus, aber zum Schlafen war es ungeeignet. "Du bist ja endlich wach", grinste der Bassist sie an und steckte seinen Kopf aus der Durchreiche heraus. "Langsam denke ich, du bist schlimmer als ich." Luca rieb sich die Augen und spürte, wie etwas Kleines auf ihren Schoß angekrabbelt kam. "Morgen, Maru", lächelte sie die kleine Katze an und stupste ihre Nase gegen seine. "Ah, und ich werde ignoriert, ja?", grummelte der Blonde. "Obwohl ich Kaffee für dich gemacht habe?" Die junge Frau stand auf, setzte den schwarzen Kater auf dem Boden ab und ging in die Küche. "Guten Morgen, Schatz", sagte sie und hauchte dem Bassisten einen Kuss auf die Lippen. "Gibt es nur Kaffee?" "Nope." Er grinste sie breit an. "Gibt auch Toast." Sie zog eine Augenbraue hoch, doch als sie den schön gedeckten Tisch sah, vergaß sie ihren Kommentar auch wieder. "Das sieht toll aus", freute sie sich und setzte sich an den Tisch. Der Blonde setzte sich ebenfalls, nachdem er ihr Kaffee und sich selbst Tee eingeschenkt hatte. "Du siehst aber auch toll aus." Er stützte sein Kinn mit der linken Hand ab und schaute die junge Frau interessiert an. "Anou... demo", stotterte die junge Studentin. "Ich hatte ja nichts anzuziehen, deshalb…" Doch noch bevor sie zu ende reden konnte, winkte der Blonde ab. "Ich meinte das auch ernst. Ich mag es, wenn du meine Klamotten trägst." Nachdenklich fuhr er sich durch die strubbeligen Haare. "Was hältst du davon, wenn du einige Sachen hier lassen würdest?", fragte er vorsichtig. Die Dunkelhaarige schaute ihn verwirrt an. "Ähm…" "Ich mag es, wenn du hier bist", erklärte Kohta und nahm einen Schluck von seinem Tee. "Und du könntest dann auch länger als nur über Nacht bleiben…" "Ähm…", begann sie langsam. "Ich… also…" Der Bassist schaute sie ernst an. "Nur, wenn du willst. Ich finde es halt toll, neben dir aufzuwachen und es wäre noch besser, wenn du halt hier wärst, wenn ich nach Hause komme." "Dir ist schon klar, dass ich nicht zu dir ziehen werde, ja?", bemerkte sie. "Wir kennen uns ja noch nicht so lange… und außerdem…" "Außerdem wohnst du mit Naomi zusammen", beendete er ihren Satz. "Das weiß ich ja alles. Aber ich kann doch auch mal ein bisschen egoistisch sein, oder?!" Die junge Frau grinste ihn an. "Natürlich… hat es nichts damit zu tun, dass ich dann kochen würde?" "Hm… du kannst kochen?", fragte er verschmitzt. "Das wäre ja noch besser." "Baka", erklärte sie lachend. "Wie spät ist es eigentlich?" Der Blonde schaute auf seine Uhr. "Hmm..." Er hob eine Augenbraue. "Kurz vor zwei." Luca schaute ihn panisch an. Automatisch stürzte sie vom Tisch und lief ins Schlafzimmer. "Wieso hast du mich nicht früher geweckt?", fauchte sie. "Ich komme zu spät zur Uni!" Halb angezogen stürmte sie aus dem Zimmer, zog sich ihre Schuhe an und wollte gerade Maru in die Ledertasche setzen, als Kohta ihr beschwichtigend eine Hand auf die Schulter legte. "Hast du schon vergessen, dass ihr Ferien habt?", meinte er ruhig. Sie schaute ihn mit großen Augen an. "Was?" Er seufzte. "Fe-ri-en." Er schüttelte den Kopf. "Also ehrlich, Schatz. Was soll ich nur mit dir machen?", meinte er breit grinsend. "Aber wenn du magst, kann ich dich auch nach Hause fahren", fuhr er dann leicht beleidigt fort. "Damit Naomi nicht verhungert." Sie blinzelte ihn irritiert an. Da war doch was… Sie schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. "Okay…", sagte sie schließlich. "Maru lassen wir hier", beschloss Kohta. Der Bassist schlüpfte in eine Jogginghose, warf sich einen Kapuzenpullover über und schob seine Freundin durch die Tür. Als sie vor dem Haus anhielten, warf Luca einen Blick auf die Uhr. Sie nahm nicht an, dass Naomi in der Zwischenzeit verhungert war, außerdem konnte sich die Musikstudentin auch genauso gut etwas bestellen. Wahrscheinlich war sie ohnehin bei Kirito oder mit dem Sänger unterwegs. Sie wollte gerade die Beifahrertür öffnen und aussteigen, als der Bassist sie am Handgelenk nahm. "Chu?", fragte er beleidigt. Die Dunkelhaarige grinste ihm zu und gab ihm einen langen Kuss, bevor sie sich wieder der Beifahrertür widmete. Doch Kohta hielt sie wieder fest. "Ich will dir noch was geben", erklärte er und suchte etwas in seiner Hose. "Hier." Sie hielt die Hand hin und schaute Kohta völlig perplex an, als er zwei Schlüssel hineinlegte. "Jetzt geh brav dein Haustier versorgen, ja?" Er grinste sie an. Luca hob eine Augenbraue, sagte jedoch nichts, das musste sie ernsthaft erst einmal verkraften. Sie gab ihm noch schnell einen Kuss und stürmte aus dem Auto. Kapitel 20: On Tour ------------------- Die nächsten Tage vergingen wie im Flug und ehe Kirito sich versah, stand auch schon die Pierrot-Tour an. Er war zu sehr mit den Aufnahmen, Interviews, Photoshoots und Naomi beschäftigt gewesen, somit hatte er vollkommen vergessen, der Studentin etwas davon zu sagen. Wenn sein Bruder ihn nicht daran erinnert hätte, hätte er wahrscheinlich sogar vergessen, überhaupt auf Tour zu gehen. Er warf einen Blick auf die Uhr. Naomi müsste jetzt zu Hause sein. Er griff nach seinem Handy und suchte ihre Nummer, konnte sie jedoch nicht finden. "Kuso!", fluchte er. Natürlich hatte er in der ganzen Hektik und dem Stress vergessen, sie nach ihrer Nummer zu fragen. Und da sie ihn nie auf seinem Handy angerufen hatte… Wenn er darüber nachdachte, hatte sie in der Regel von Lucas Handy aus bei Kohta angerufen, aber nie bei ihm. Und meistens hatte er sie zu Hause besucht, wenn sie nicht telefonisch verabredet gewesen waren. Der Sänger wollte gerade seine Wohnung verlassen, als er an der Tür mit seinem Bruder zusammenprallte. Kohta rieb sich die schmerzende Stirn. "Irgendwann bringst du mich noch um", murmelte er. "Warum hast du es denn so eilig? Wir fahren doch erst in anderthalb Stunden los." Kirito packte den Bassisten am Kragen. "Gib mir dein Handy! Schnell!", forderte er. "Eh?", wunderte sich der Jüngere. "Warum?" "Ich muss Naomi anrufen!" Kohta blinzelte seinen älteren Bruder an. "Ich habe ihre Nummer nicht, das ist dir schon klar, oder?" Er warf Kirito einen abschätzenden Blick zu. "Und es würde mich mal interessieren, warum du sie nicht hast. Ich dachte, du wärst mit ihr zusammen, nicht ich…" "Erm…", stammelte der Ältere. "Wir sind nicht… ich weiß nicht… und irgendwie hab ich…" "Lass mich raten, du hast vergessen, sie danach zu fragen." Zerknirscht nickte der Sänger. "Ja…" "Baka", stöhnte Kohta auf, gab seinem Bruder dann aber das Handy. "Hier, ruf Luca an und frag sie nach Naomi. Wenn sie da ist, solltet ihr vielleicht mal ein paar Sachen klären, auch wenn es am Telefon ein bisschen doof ist." Dankend nahm Kirito das Mobiltelefon an sich und suchte Lucas Nummer. Als nach dem zehnten Klingeln endlich abgenommen wurde, meldete sich allerdings eine Männerstimme. "Coven!" Nun war er irritiert. "Konnichi wa, Murata desu. Ich hätte gern Luca gesprochen." "Meine Frau kann gerade nicht!", kam die mürrische Antwort. Der Sänger dachte, er hätte sich verhört. "Ihre… Frau?", gab er entgeistert zurück und sah seinen Bruder mit hochgezogener Augenbraue an. Ein Klicken in der Leitung verriet ihm, dass der andere aufgelegt hatte. "Was war?", wollte Kohta wissen. "Da war… irgendein Typ dran… er meinte, Luca wäre seine Frau, dann hat er aufgelegt!" "Was?!", zischte der Bassist und nahm dem Sänger das Handy ab, um selbst noch einmal anzurufen. Das einzige, was er zu hören bekam, war eine Ansage. 'The person you called is temporarily not available!' Grummelnd legte er wieder auf. "Was um alles in der Welt soll das sein?", schimpfte er. Kirito zuckte nur hilflos mit den Schultern. "Woher soll ich das wissen?" In diesem Moment kam ihm der rettende Einfall. Zum Glück wusste er, wo Luca und Naomi wohnten, also würde er einfach kurzerhand dorthin fahren, um mit der Musikstudentin zu sprechen. Auch wenn er nicht sehr viel Zeit hatte, aber es war schließlich wichtig. "Was hast du vor?", fragte Kohta verwirrt, als sein Bruder einfach an ihm vorbeimarschierte. "Zu ihr fahren." "Ich komme mit!" Er wollte ebenfalls wissen, was es mit diesem Typen auf sich hatte, der behauptete, mit seiner Freundin verheiratet zu sein. Mit halsbrecherischem Tempo fuhr der Sänger nach Tôkyô, wobei seinem Bruder Angst und Bange wurde. Aber er beschwerte sich nicht, er wusste ja, dass ihre Zeit recht knapp bemessen war. Als sie vor Naomis und Lucas Haus ankamen, stiegen beide hastig aus, Kirito vergaß noch fast, sein Auto abzuschließen, dann rannten sie schnell hoch zu der Wohnung der beiden Studentinnen. Nach Luft schnappend klingelte der Sänger. Und wartete. Klingelte noch einmal. Noch immer öffnete niemand. "Kuso!" Anscheinend war niemand zu Hause. "Wo sind die nur?", brummte Kohta nervös und trat von einem Bein auf das andere. "Vielleicht sind sie einkaufen?", schlug sein Bruder unsicher vor. Sie nickten sich zu, rannten die Treppe wieder hinunter und so schnell sie konnten zu dem Supermarkt, von dem sie wussten, dass die beiden Frauen dort immer einkauften. Am Eingang trennten sie sich und suchten den Laden komplett ab, ohne eine Spur der beiden zu finden. "So ein verdammter…", zischte Kirito. "In der Uni können sie nicht sein, die Ferien sind schließlich noch nicht vorbei." "Uns bleibt nichts anderes übrig, als sie von unterwegs aus noch mal anzurufen", meinte Kohta missmutig und verließ den Supermarkt wieder, ohne darauf zu achten, ob der Sänger ihm folgte. "Ich wollte aber vorher mit ihr sprechen!", protestierte Kirito. "Du hattest anderthalb Monate Zeit dafür. Dann kommt es auf die paar Stunden jetzt auch nicht mehr an." Der Ältere verdrehte seufzend die Augen. "Ich bin ja so was von bescheuert!", murmelte er zu sich selbst. "Was mache ich denn jetzt?" "Wir gehen jetzt auf Tour, wir werden von unterwegs aus versuchen, die beiden noch mal zu erreichen. Dann sehen wir weiter." Ohne irgendwelche Widerworte zuzulassen, packte Kohta den Sänger am Handgelenk und zog ihn zu dessen Auto, damit sie endlich fahren konnten. "Komm, du wirst es schon überleben, es sind doch erst mal nur zwei Konzerte… wir können ja zwischendurch noch mal herkommen und es erneut versuchen, wenn wir sie übers Handy nicht erreichen können", versuchte der Bassist, seinen älteren Bruder zu beruhigen, auch wenn er selbst nicht sicher war, ob er es sich nicht selbst irgendwie einredete, um sich nicht zu sehr aufzuregen. Kapitel 21: Treffen mit Rikuo ----------------------------- "Du bist spät dran!", ertönte eine Stimme aus den Schatten und die junge Frau, welche eben noch außer Atem die Treppe ins Untergeschoss gehetzt war, schrie kurz auf. "Mensch... Ail... bist du bescheuert? Du kannst mich doch nicht so erschrecken!", fauchte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Ail Arke, der Besitzer des SlImE, stand an eine der Wände gelehnt und grinste breit. "Schlechtes Gewissen, was, Süße?" Er zündete sich eine Zigarette an und musterte die junge Frau verwirrt. "Sag mal, was soll denn der Aufzug?" Luca sah an sich herab. "Was ist denn? Ist doch alles normal." Der Grünhaarige hob eine Augenbraue und schüttelte leicht den Kopf. "Du siehst aus wie eine Barbie." "Ah... halt die Klappe", schimpfte sie, dann verschwand sie durch eine Tür zu den Umkleideräumen. Was dachte sich dieser Kerl überhaupt? Luca war eine junge Frau und sie konnte sich schließlich anziehen wie sie wollte, egal ob als 'Barbie' oder als 'Punk-Bitch'. Wütend zog sie ihr Top aus und pfefferte es in eine Ecke. "Kleines, das ist aber kein Benehmen für eine junge Dame", erklärte eine tiefe Stimme. Luca drehte sich wütend um. "Du bist so eine perverse Sau, Ail..." Doch als sie denjenigen sah, dem die Stimme gehörte, riss sie die Augen weit auf. "Vincent...?", fragte sie vorsichtig. Der Mann grinste breit, ging auf die Studentin zu und nahm sie in den Arm. "Leibhaftig, Schwesterchen." Er packte sie an den Schultern und musterte sie interessiert. "Du siehst gut aus... richtig weiblich... wo hast du denn die Oberweite her?" Er lachte frech. "Und zugenommen hast du auch. Na ja... die paar Pfundchen sind ja nicht schlecht, aber wer wird dich denn jetzt noch heiraten wollen?!" "Du bist doof", erklärte die junge Frau, machte sich von ihrem Bruder los und zog sich das Top wieder an. "Was machst du eigentlich hier?" Vincent setzte sich in einen Ledersessel und zündete sich eine Zigarette an. "In erster Linie Geschäfte und natürlich mal nach dir schauen", erwiderte er und beobachtete seine kleine Schwester. "Hast du Rikuo mal besucht?" Luca schaute verlegen zu Boden. "Also nicht...", meinte Vincent, stand auf und ging zur Tür. "Komm mit." Sie starrte ihn verwirrt an. "Vince, ich muss heute arbeiten!" Ihr Bruder sah sie streng an. "Musst du nicht! Ail hat dir für zwei Wochen freigegeben." Luca wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihrem Bruder zu widersprechen und so folgte sie ihm. "Wo gehen wir hin?", fragte die Dunkelhaarige leise. "Einkaufen. Du brauchst neue Kleider für heute Abend." Die junge Frau schaute ihm verdattert nach, ging jedoch mit und setzte sich in ein schwarzes Auto, als ihr die Tür aufgehalten wurde. Vincent gab Anweisungen an den Chauffeur und zündete sich wieder eine Zigarette an. "Brüderchen... wieso brauche ich denn neue Kleider für heute?", fragte sie ihn vorsichtig und holte sich ebenfalls eine Zigarette aus ihrer Handtasche. Der Schwarzhaarige nahm ihr diese weg. "Du sollst doch nicht rauchen, das gehört sich nicht für eine junge Damie", erklärte er und schaute seine Schwester streng an. "Und um deine Frage zu beantworten: Wir werden heute mit Rikuo essen gehen und dafür brauchst du neue Kleider." Schmollend drehte sich Luca um und schaute aus dem Fenster. Gegen einen Einkaufsbummel sprach ja nichts, aber Abendessen mit Rikuo... Sie hatte ihn völlig vergessen, und da er in den letzten paar Monaten keine Zeit gehabt hatte, ihn auch nicht besucht. Eigentlich seltsam. Sie kannte so viele Leute hier, aber besucht hatte sie noch keinen von denen. Nach einer Weile hielt der Wagen vor einem Geschäft an. Die Tür wurde geöffnet und die beiden Geschwister stiegen aus. Vincent ging vor und seine Schwester folgte ihm. "Kann ich Ihnen helfen?", fragte eine Verkäuferin, als Vincent sich auf einen Ledersessel setzte. Er schaute sich in dem Geschäft um. "Wir brauchen ein Kleid, Schuhe und Unterwäsche", erklärte er der Verkäuferin sofort. "Und Schmuck." Die junge Frau nickte knapp, ging auf Luca zu und führte sie zu einer der Umkleidekabinen. Die Verkäuferin wuselte eilig durch den Laden, brachte immer wieder neue Kleider, Schuhe und Accessoires und nahm diese genauso schnell wieder mit, wenn sie Vincent nicht gefielen. Als plötzlich etwas in der Tasche seiner kleinen Schwester zu vibrieren anfing, kramte er ihr Handy raus und schaute aufs Display. "Koi". Amüsiert zog er eine Augenbraue hoch und nahm ab. Das würde definitiv ein lustiger Spaß werden. Er meldete sich mit Namen, erklärte dem Anrufer, dass er Lucas Ehemann war und legte einfach auf. "So viel zum Thema 'meine Schwester angraben'", erklärte er dem ausgeschalteten Handy fröhlich grinsend und steckte es in die Innentasche seines Jacketts. Nach ungefähr zwei Stunden verließen die beiden Geschwister das Geschäft und stiegen wieder ins Auto. "Jetzt fahren wir zum Friseur", erklärte Vincent seiner Schwester und gab dem Chauffeur neue Anweisungen. "Mir gefallen meine Haare aber so", beschwerte sich Luca und zupfte an einer Strähne. "Das glaube ich dir gerne, aber so kannst du unmöglich rumlaufen. Vergiss nicht, wessen Verlobte du bist." Die junge Frau zuckte zusammen. "Ich bin nicht Rikuos Verlobte", wehrte sie ab. "Ich habe einen Freund, nur damit du das weißt! Und außerdem bin ich alt genug, selbst zu entscheiden, wen ich heiraten will und wen nicht!" Der dunkelhaarige Mann sah sie ernst und streng an. "Das sah aber vor einigen Monaten noch ganz anders aus." Luca starrte ihn mit offenem Mund an. "Du bist doch bescheuert", fauchte sie. Vincents blaue Augen bohrten sich in die seiner Schwester. "Luca... das ist doch schon seit Jahren beschlossen", erläuterte er sanft. Die Dunkelhaarige schnaubte verächtlich. "Rikuo ist ein netter und attraktiver Mann, er wird dich schon glücklich machen. Ich würde doch meine Schwester nicht verheiraten, wenn sie dadurch unglücklich werden würde." "Aber ich liebe ihn nicht!", schrie sie Vincent entgegen. "Das wird schon noch kommen", sagte er leise und strich ihr sanft über die Wange, dann wandte er sich von ihr ab und starrte aus dem Fenster. Gebäude und Autos zogen an ihnen vorbei. "Ich will doch nur, dass du in gute Hände kommst... du bist schließlich meine Schwester, aber..." Er verstummte und zündete sich eine Zigarette an. "Wie wirst du dich fühlen, wenn ich Rikuo heirate... was denkst du, wie es sein wird, mit anzusehen, wie deine Schwester einen Mann heiratet, den sie nicht liebt..." Vincent schloss die Augen und atmete tief ein. "Ich werde es schon überleben." "Du bist so ein Heuchler", schrie sie ihn an. "Redest davon, dass du mich glücklich sehen willst, aber verscherbelst mich an deinen Freund." Das war anscheinend zu viel für den Mann. Er packte seine Schwester am Arm und zog sie zu sich. "Okay, Vorschlag. Noch ist ja nichts beschlossen und offiziell seid ihr auch noch kein Paar." Luca schaute ihren Bruder missbilligend an. "Wir werden auch keines." "Wir gehen heute essen, du wirst lieb sein und wer weiß... vielleicht wird ja doch noch was aus euch beiden." "Vince, ich habe einen Freund!", seufzte die Studentin und verzog das Gesicht zu einer Schnute. "Außerdem stehe ich nicht auf Weiberhelden." Der junge Mann zog eine Augenbraue hoch. "Wie meinst du das?" Luca grinste hämisch. "Na ja, Rikuo hatte wohl noch mehr Frauen als du", erklärte sie, "und du willst doch deine unschuldige und jungfräuliche Schwester nicht so einem Monster vorwerfen, oder?" Vincent strich sich die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht. "Ich bin dein Bruder und du tust, was ich sage." Mit diesem Satz war das Gespräch beendet, das wusste Luca. Sie drehte sich wieder zum Fenster und blieb die ganze Fahrt zum Friseur so sitzen, auch während sie ihre Haare gemacht bekam und danach sprach sie kein Wort mit Vincent, bis sie das Hotel erreicht hatten. "Ich sollte vielleicht Naomi anrufen", erklärte Luca, nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatte. "Sie macht sich ansonsten nur unnötig Sorgen." Vincent begutachtete seine Schwester. Sie trug ein elegantes schwarzes Gucci-Kleid, schwarze High Heels mit Riemchen, dazu passenden Schmuck mit Diamanten und elegant hochgesteckte blonde Haare. Er war sehr zufrieden mit sich und nickte knapp zur Erlaubnis. Nachdem Luca ihre Freundin eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen hatte, zog sie sich eine leichte Stola über, verließ zusammen mit ihrem Bruder das Hotel und sie machten sich auf den Weg zum Restaurant. "Soll ich was Besonderes sagen oder tun, wenn wir da sind?", fragte sie ironisch. Vincent hielt seiner Schwester die Tür zum Restaurant auf und folgte, nachdem sie hineingegangen war. "Du solltest dich vielleicht wie ein nettes Mädchen benehmen." "Wie Ihr wünscht, Meister." Der Mann schüttelte resigniert den Kopf, knuffte sie leicht in die Seite und führte sie zu einem Tisch, an dem ein gut aussehender Mann Ende 20 mit langen schwarzen Haaren saß und beiden freundlich zulächelte. "Schön, euch beide zu sehen", erklärte er vergnügt, stand auf und rückte Lucas Stuhl zurecht, als sie sich setzte. "Vor allem dich." Er hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Luca lächelte ihm freundlich zu und schaute ihren Bruder an. Als sich beide Männer gesetzt hatten, kam ein Kellner und nahm die Bestellung entgegen. Vincent bestellte für seine Schwester mit, ohne sie zu fragen. "Du siehst hübsch aus, Luca-chan", freute sich Rikuo und legte seine Hand auf ihre. "Noch schöner als sonst. Gefällt dir Tôkyô?" Er lächelte ihr zu. "Es tut mir Leid, dass ich in den letzten Monaten keine Zeit hatte, aber das können wir ja nachholen, nicht wahr?" Luca nickte höflich und nahm einen Schluck von ihrem Wasser. "Hast du wenigstens schon einige nette Leute kennen gelernt?", fragte der Japaner interessiert. Die Studentin grinste. "Klar... also, letzte Woche habe ich einen Yakuza-Boss kennen gelernt, der ist wirklich Spitze. Wir haben erst mal schön Drogen vertickt und Schutzgeld eingetrieben. Und vor einer Weile habe ich einen aufdringlichen Typen von der Uni krankenhausreif geschlagen." Vincent spuckte sein Wasser aus und starrte seine Schwester an. Rikuo hingegen lachte laut auf. "Genau das mag ich an ihr", erklärte er seinem Freund und reichte ihm eine Serviette. "Sie hat so einen tollen Humor." Luca sah die beiden Männer schmollend an. "Das mit dem Typen stimmt wirklich." Nachdem Vincent sich wieder gefasst hatte, starrte er sie an. "Du hast was?" "Der Typ hat Naomi belästigt und da bin ich... na ja... du weißt ja, wie ich bin, wenn mir jemand ins Gesicht lügt", antwortete Luca verlegen. "Ich habe gegen so einen Holzpfeiler geschlagen und da ist ihm anscheinend was ins Auge geflogen oder so, jedenfalls war der Typ danach erst einmal im Krankenhaus." Rikuo lachte immer noch. "Ganz schön wild für ein Mädchen." "Und wieso musstest du das machen?", fragte Vincent genervt. "Weil es Naomi ist?", entgegnete sie steif. "Hättest du anders gehandelt?" Rikuo sah die beiden Geschwister grinsend an. "Wer ist diese Naomi eigentlich?" "Meine Schwester", erklärte Luca. Der Japaner schien verwirrt. "Ich dachte, ihr habt keine weiteren Geschwister?!" Vincent nahm einen erneuten Schluck von seinem Wasser. "Luca hat sie adoptiert." "Du doch auch!", gab sie zurück. "Da fällt mir aber was ein... Rikuo...?" Der Schwarzhaarige sah sie lächelnd an. "Ja?" "Sag mal, du arbeitest doch bei so einem Label, oder?" Der Japaner grinste. "Stimmt. Ist nichts Großes oder so, aber ja. Wieso?" Vincent rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf. "Das ist nicht dein Ernst, oder?" Seine Schwester warf ihm ein liebenswertes Lächeln zu. "Und ob!" Rikuo schaute die beiden fragend an. "Also...", begann die Blonde, "Naomi ist eine super Musikerin." Der Japaner hob eine Augenbraue, wartete jedoch ab, bis Luca fertig war. "Und... na ja... vielleicht könntest du sie unter Vertrag nehmen... oder so..." Vincent lehnte sich zurück und beobachtete das Schauspiel. Sein Freund tat ihm in diesem Moment wahnsinnig Leid; wenn sich Luca etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie es für gewöhnlich auch durch, egal mit welchen Mitteln. Rikuo nickte knapp und hörte ihr weiter zu. "Sie macht Rockmusik. Ich weiß, sie ist keine Japanerin, aber..." "Hast du irgendetwas von ihr? Ein Demo oder so?", wollte er wissen. "Ein was?", fragte sie verwirrt. Rikuo grinste. "Ein Demotape... wo man sie drauf hören kann." Luca sah ihn glücklich an. "Also, ein Tape nicht, aber eine CD." "Jetzt hast du verloren...", erklärte Vincent seinem Freund, der ihn jedoch nicht weiter beachtete. "Luca-chan, sagst du das als Freundin, oder würdest du die Musik auch wirklich hören?" Die Studentin schaute ihn genervt an und Rikuo wehrte mit einer Handbewegung ab. "Okay, bring mir das Demo und ich werde sehen, was ich für sie tun kann." "Einverstanden", japste die Blonde. "Kriege ich deine Wagenschlüssel?" Der Japaner sah sie irritiert an. "Wieso?" "Na, damit ich die CD holen kann", erklärte sie. Rikuo holte vorsichtig seine Schlüssel heraus, er hatte ihr noch nie einen Wunsch abschlagen können, selbst damals bei dem Hund nicht. Er hatte ihr einen hübschen Akita-Ken gekauft gehabt, der dann leider überfahren worden war. Die junge Frau schnappte sich die Schlüssel, sprang auf und hetzte durch die Tür. "Bin in zehn Minuten wieder da." "Aber bis zu dir ist es eine halbe Stunde und das auch nur bei wenig Verkehr", entgegnete Rikuo leicht panisch. "Gib mir fünf", kam nur noch als Antwort und sie verschwand durch die Tür. Der Schwarzhaarige sah Vincent leicht verängstigt an. "Sag mal, hat deine Schwester eigentlich einen Führerschein?" Vincent grinste breit. "Ich habe keine Ahnung." Mit quietschenden Reifen hielt die Designstudentin vor dem Haus, in dem sie und ihre Freundin eine Wohnung gemietet hatten. Eiligst rannte sie die Metalltreppe hoch und schloss die Tür auf. "Naomi...", rief sie aufgeregt. "Naomi... wo steckst du?" Die Blonde rief durch die ganze Wohnung und lief ins Schlafzimmer. Ohne nachzudenken packte sie ihre Freundin von hinten und versuchte, sie in Richtung Tür zu ziehen. Die Musikstudentin zuckte erschrocken zusammen und zog den Kopfhörer aus den Ohren. "Nani? Was ist denn?", fragte sie irritiert. "Demo...", keuchte Luca. "Wo?" "Was willst du von mir?" "Demotape... deins...", rief die Blonde leicht gestresst. "Das liegt im Wohnzimmer im Regal", entgegnete die Brünette. "Warum?" Luca schnappte ihre Freundin am Handgelenk. "Schnapp dir deine Gitarre." Dann zog sie sie ins Wohnzimmer, krallte sich das CD-Etui und verließ mit der wehrlosen Naomi die Wohnung. Naomi schaffte es gerade mal, das Verstärkerkabel aus ihrer Gitarre zu ziehen und folgte der Designstudentin verwirrt. "Sag mal, was hast du mit deinen Haaren gemacht? Und warum um alles in der Welt hast du dich so aufgebrezelt?" "Vincent!", kam die knappe Antwort. Luca schleifte ihre Freundin die Treppe runter, drückte einen Knopf an dem Wagenschlüssel und öffnete die Beifahrertür. "Steig ein." "Was hat Vincent denn damit zu tun?", gab die Brünette irritiert zurück. "Das ist doch jetzt so was von egal", fauchte die Designstudentin. "Steig einfach ein, Rikuo wartet auf uns." Sie ging um die Kühlerhaube und setzte sich auf den Fahrersitz. Vollkommen verwirrt ließ sich Naomi auf den Beifahrersitz fallen und sah ihre Freundin merkwürdig an. "Wer zum Teufel ist Rikuo?" "Scout, bei so einem Musiklabel", antwortete die Blonde und gab Gas. "Irgendwas mit Universal oder so." "Du meinst Universal J?", fragte die Musikstudentin ungläubig und ihr klappte der Kiefer runter. "Dir ist schon klar, dass das ein Major Label ist? Was soll ich da als Anfänger?" Luca fluchte gerade herzhaft, weil ihr ein verwirrter Autofahrer die Vorfahrt nahm. "Du sollst einfach dein Demo da abgeben", erklärte sie gereizt. "Und wer weiß, wenn er dich sieht, macht es möglicherweise noch mehr Eindruck." Naomi sah ihre Freundin mit großen Augen an. "Das ist nicht dein Ernst, oder?", fiepte sie. "Eigentlich schon, aber wenn du willst, kann ich dich wieder nach Hause fahren." Die Brünette schüttelte heftig den Kopf. "Nein!", wehrte sie ab. "Es ist nur so, dass ich das noch nicht wirklich glauben kann... Ich bei einem Major Label..." Luca machte eine Vollbremsung und starrte ihre Freundin ernst an. "Langsam kriege ich einen Anfall bei deinem... 'womit habe ich das verdient'...", fauchte sie genervt. "Womit habe ich dieses verdient... womit jenes... kannst du nicht einmal zur Abwechslung einfach den Mund halten und es einfach passieren lassen?" Sie streckte den Mittelfinger durch das Fahrerfenster, als einige Wagen hinter ihr anfingen zu hupen. "Kein Wunder, dass selbst die Sache mit Kiri nicht richtig klappt, wenn du dauernd diese 'Ich bin es nicht wert'-Gedanken hast!" Geknickt ließ Naomi den Kopf sinken. "Aber... so war das jetzt gar nicht gemeint...", murmelte sie leise. "Außerdem kann ich doch nichts dafür." "Baka", erklärte ihre Freundin und wuselte ihr durch die Haare. Dann gab sie wieder Gas und fuhr bei Rot los. Die Musikstudentin kauerte sich auf ihrem Sitz zusammen. Sie wusste, dass Luca Recht hatte, aber es war gar nicht so einfach, etwas daran zu ändern. Sie beschloss jedoch, sich ein bisschen mehr Mühe zu geben, und wenn es nur für Luca war. Als die beiden Frauen vor dem Nobelrestaurant angekommen waren, warf Luca einem der Einparker die Wagenschlüssel zu und ging schnurstracks mit Naomi hinein. "Lebt mein Auto noch?", fragte Rikuo leicht panisch und stand halb auf. "Keine Ahnung...", antwortete Luca grinsend und setzte sich hin. "Das hier ist übrigens Naomi Crescent." Sie deutete auf die verunsicherte Musikstudentin. "Das da ist Rikuo Sakurai." Naomi verbeugte sich höflich vor ihm und umklammerte dabei den Hals ihrer Gitarre. "Douzo yoroshiku." "Lass mich raten, sie hat dich einfach entführt", meldete sich Vincent zu Wort und grinste die Brünette breit an. "Vincent", rief Naomi freudestrahlend aus. "Ich wusste doch gar nicht, dass du hier bist. Ich hab dich vermisst." Der Schwarzhaarige grinste noch breiter. "Ich weiß." Er strich sich durch die langen Haare. "So geht es allen Frauen." "Baka", gab sie ebenfalls grinsend zurück. "Wir sind ja mal gar nicht von uns überzeugt, hm?!" Sie stutzte. Irgendwie kam ihr das gerade ziemlich bekannt vor. "Ich weiß halt, dass ich gut bin." Vincent stand auf und nahm sie in den Arm. "Bist ja noch kleiner als sonst." "Gar nicht wahr." "Ah, hör nicht auf den Trottel", mischte sich Luca ein. "Er meinte auch schon zu mir, dass ich zugenommen hätte." Sie warf Rikuo einen bösen Blick zu, als dieser sich die Blonde nach dieser Aussahe näher ansah. "Wo hast du denn zugenommen?", fragte Naomi mit hochgezogener Augenbraue. "Also..." Rikuo zwickte Luca in die Seite. "Hier hat sie ja schon etwas angesetzt." "Willst du sterben?", zischte Luca. "Ich weiß, wo deine Autoschlüssel sind." Panisch zuckte der Japaner zusammen. "Ich habe gar nichts gesagt", meinte er unschuldig. "Schon klar", grinste Vince. "Wir können nur alle Gedanken lesen, was?!" Die Brünette lachte auf. "Zum Glück nicht. Ich möchte ehrlich gesagt nicht wissen, was alles in deinem Kopf vorgeht." Rikuo nickte zustimmend und sah dann ernst zu Luca und Naomi. "Kommen wir nun zum Geschäftlichen." Die Blonde übergab ihm das CD-Etui und einen Discman, den sie gerade noch so mit eingepackt hatte. "Da", meinte sie brüsk. "Zuhören und Klappe halten." Der Scout hob eine Augenbraue, nahm ihr die Sachen ab und begann sich jeden der Tracks anzuhören, ohne auch nur eine Regung zu zeigen. Nach circa vierzig Minuten schaltete er das Gerät ab und nahm die Kopfhörer aus den Ohren. "Also...", begann er. Naomi saß da, wrang ihre Hände und wartete nervös ab, was er dazu sagen würde. "Hast du das alles selbst gemacht?", fragte er schließlich und zündete sich eine Zigarette an. Sie nickte. "Habe ich." "Im Groben ist es ja..." Er suchte anscheinend nach dem richtigen Wort. "Ganz gut. Noch etwas ausbaufähig, aber gut." Luca warf ihm einen eisigen Blick zu, den er gekonnt ignorierte. Dies war etwas anderes... dies war Arbeit und da konnte sie gucken, wie sie wollte. Die Musikstudentin legte den Kopf schief. "Ich habe ja auch nicht behauptet, dass es perfekt ist." "Wenn du das getan hättest, hätte ich es mir auch nicht angehört", fiel er ihr ins Wort. "Ich hatte ohnehin noch vorgehabt, daran zu arbeiten", beendete sie schließlich ihren Satz und sah Rikuo ernst an. Der Scout erhob sich vom Tisch. "Ich muss jetzt leider los", entschuldigte er sich und glättete seinen Anzug, doch kurz bevor er durch die Tür ging, blieb er kurz stehen. "Komm morgend ins Studio", bemerkte er beiläufig. "Vincent und Luca haben ja meine Nummer und auch die Adresse." Nachdem er dies erklärt hatte, verließ er das Restaurant. "Arsch...", knurrte Luca und sah ihm böse nach. "Ich hoffe, ich habe ihm genug Krazter in den Lack gemacht." Dann wandte sie sich zu ihrem Bruder um. "Verstehst du mich jetzt?", fragte sie verärgert. Dieser zuckte nur mit den Schultern. Naomi sah irritiert von Luca zu Vincent und zurück. Sie hattekeinen blassen Schimmer, wovon die beiden gerade sprachen. "Ah ja", bemerkte der schwarzhaarige Mann plötzlich. "Hier, dein Handy." Luca hob eine Augenbraue. "Schau nicht so...", wehrte er ab. "Ich habe nur einen Anruf entgegengenommen und habe es versehentlich ausgemacht." Sie schaute ihn immer noch interessiert an. "Hey... es hat aber nur so ein komischer Typ angerufen." Er warf ihr das Handy zu und sie fing es gekonnt auf. "Der war aber auch ganz schön unverschämt." "Und was hast du ihm ausgerichtet?", wollte sie wissen und hätte beinahe ihr Telefon zerdrückt, wenn es möglich gewesen wäre. "Ach... nur, dass meine Frau gerade beschäftigt ist." Er grinste verschmitzt. "Du hast... was?", fragte sie kalt und schaltete ihr Handy an, um zu sehen, wer angerufen hatte. Die Blonde hob eine Augenbraue, stand auf und packte ihre Freundin am Handgelenk. "Naomi, wir gehen", erklärte sie immer noch ruhig. "Und du..." Sie sah ihren Bruder eisig an. "Komm mir die nächsten zwanzig Jahre nicht unter die Augen." Naomi folgte ihrer Freundin irritiert. "Was ist denn los?", wollte sie wissen. "Diese Ausgeburt der Hölle", fauchte sie, "hat Kohta erzählt, ich wäre seine Frau." "Bitte was?" Die Brünette traute ihren Ohren nicht. "Ich möchte nicht wissen, was Kohta jetzt wieder für einen Aufstand probt." "Ich hoffe, dass er es nicht tut." Die Musikstudentin schnaubte ungläubig. "Du kennst ihn doch." "Ja... leider...", antwortete Luca. "Aber man darf doch noch hoffen, oder?" "Natürlich", erwiderte die Brünette. "Vielleicht will er ja erst mal mit dir darüber reden, bevor er diesmal voreilige Schlüsse zieht." Die Blonde nickte und rief nach einem Taxi, das sie nach Hause bringen sollte. Kapitel 22: Missing you ----------------------- Als sie am nächsten Tag die Studios von Universal J betraten, sah sich Naomi mit großen Augen staunend um. Sie war so damit beschäftigt, dass sie gar nicht wirklich darauf achtete, dass Luca schimpfend und fluchend neben ihr herging, weil sie ihren Freund Kohta immer noch nicht erreicht hatte. Auf einem der Gänge kam ihnen Rikuo entgegen, der die beiden Frauen freudig begrüßte. "Da seid ihr ja!" "Konnichi wa", grüßte Naomi ihn und verbeugte sich höflich. Luca verzog das Gesicht. "Hey, baka." "Freundlich wie immer", gab der Japaner schmunzelnd zurück und bot ihnen je einen Arm an. "Sollen wir dann mal?" Die Brünette nickte und hakte sich bei ihm ein, wobei Luca stur an ihm vorbeistapfte. Er führte sie in ein Tonstudio, in dem allerdings schon einige Leute saßen und aufstanden, als sie den Raum betraten. Luca setzte sich auf eine Ledercouch und zündete sich eine Zigarette an. Sie grummelte die ganze Zeit über irgendwelche Flüche vor sich hin und verwünschte Kohta in allen ihr bekannten Varianten. Rikuo beachtete dies gar nicht, sondern stellte alle Anwesenden einander vor. Naomi nickte den Jungs freundlich zu. Ein rothaariger Typ, der ihr als Kôji vorgestellt worden war, sah sie abschätzend an. "Das soll ein Mädchen sein?", meinte er ungläubig. "Und du sollst ein Kerl sein?", erwiderte Luca abfällig, ohne aufzuschauen. Der rothaarige Gitarrist grinste breit. "Das sieht doch schon viel besser aus", freute er sich und warf sich links neben Luca auf die Couch. Als er versuchte, seinen Arm um ihre Schultern zu legen, sog Rikuo förmlich die Luft ein, doch noch bevor er etwas sagen konnte, ertönte ein gequälter Aufschrei. "Noch einen Zentimeter weiter", erklärte sie kalt und schaute weiterhin auf ihr Handydisplay, "und du kannst in Tonlagen singen, wie es nur ein Knabe in der Kirche kann. Habe ich mich klar ausgedrückt?" Der Gitarrist fiepte und nickte eifrig mit dem Kopf, woraufhin Luca ihre Hand aus seinem Schritt nahm. "Braver Junge", gab sie zurück. "Und jetzt geh spielen." Genauso schnell, wie er sich auf die Couch geworfen hatte, sprang er auf. "Ah ja... bevor ich es vergesse..." Ihre Augen blitzten gefährlich auf, als sie ihn schließlich doch noch ansah. "Rührst du Naomi nur einmal an... bist du sofort tot." Der Rothaarige schluckte und stellte sich ganz weit von den beiden Mädchen weg. Nach einiger Zeit fing sich Rikuo wieder und sah die Jungmusiker an. "Also, wie es aussieht, müsst ihr ab heute miteinander auskommen." Naomi sah ihn irritiert an. "Der Bandname steht auch schon fest", erklärte er weiter. "Ihr fünf Anfänger seid ab heute (R)Evolution." Er sah die fünf einen nach dem anderen an. "Einwände? Nicht? Gut." Plötzlich flog Rikuo ein Handy an den Kopf. "Ah... stirb einfach." Der Scout sah sich verwirrt um und hielt sich den Hinterkopf. "Hast du etwa Einwände?" Die Blonde schaute ihn verwirrt an. "Ich...? Wieso? Wogegen denn?" Der Japaner schüttelte den Kopf. "Ich will nur wissen, womit ich diese Freundlichkeit mal wieder verdient habe." Die Studentin schaute ihn baff an. "Rikuo... hast du Fieber?", fauchte sie. "Du existierst, reicht das nicht?" Sie zündete sich eine neue Zigarette an. "Außerdem bist du ein Mann und hast somit schon verloren." "Zu gütig", gab er zerknirscht zurück. "Danke für die Info." Naomi setzte sich neben ihre Freundin und schaffte es nur mit Mühe, sich ein Grinsen zu verkneifen. Sie zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. "Sie hat eh schon schlechte Laune", erklärte sie. "Lass sie einfach." Rikuo verdrehte die Augen. "Ja, wie immer." "Vielleicht hat sie ihre Tage", warf Kôji ein. Doch kaum hatte er dies ausgesprochen, traf ihn etwas unsanft im Gesicht. Die kleine Handtasche fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Kôji hätte schwören können, das Geräusch von Ziegelsteinen gehört zu haben. Die drei anderen Musiker fingen zu kichern an. "Erst denken, dann sprechen", kommentierte ein schwarzhaariger Mann mit blondierten Spitzen trocken, der ihnen zuvor als Shinoda Yûichi vorgestellt worden war. "Hat dich jemand nach deiner Meinung gefragt?", fragte Luca ihn giftig. "Hab ich dir was getan?", fragte er ruhig. "Sag jetzt nicht, 'du existierst'", mischte sich ein Typ mit blauen Strähnchen ein. "Das hattest du schon bei Rikuo." Er grinste breit. Naomi verzog belustigt das Gesicht und legte den Kopf zurück, als sie an ihrer Zigarette zog. Irgendwie amüsierte sie dieser bunte Haufen. Der Scout räusperte sich und schaute Hideo ernst an. "Wie heißt das?", fragte er ihn. "Rikuo?", gab dieser zurück. "Wie heißt das?", fragte nun Luca ebenfalls. Der Bassist schluckte. "Sakurai... dono?" "Geht doch." Sie warf ihren Kopf amüsiert in Richung Naomi. "Die Jugend heutzutage ist wirklich erschreckend." Die brünette Studentin legte einen Arm um ihre Freundin. "Tja...", seufzte sie. "Da machst du leider nichts dran." "Was heißt hier Jugend?", wollte Yû wissen. "Du bist doch selbst nicht älter als..." Er überlegte. "Neunzehn?!" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Das versuchen wir jetzt noch einmal." Luca jedoch stand auf und ging auf den Sänger zu. "Du hast neunzehn gesagt, richtig?" Er nickte und bereute kurz darauf seine Aussage, denn Luca klammerte sich an seinen Hals. "Gott, war das lieb von dir", fiepte sie überglücklich. Rikuo und Kôji sahen den Schwarzhaarigen grummelnd an. "Toll", seufzten beide wie aufs Stichwort. Die Musikstudentin lachte auf. "Das ist mal wieder typisch." "Was denn?", wollte der Sänger wissen und wuschelte Luca verlegen durch die Haare. "Du hast ihr gerade ein Kompliment gemaht", erklärte die Brünette. "Natürlich freut sie sich darüber." Sie drückte ihre Zigarette in dem kleinen Aschenbecher auf dem Tischchen vor ihr aus. Rikuo räusperte sich. "Wollen wir anfangen?", verlangte er zu wissen. "Womit anfangen?", fragte Naomi verwundert. "Na, mit den Proben?", erklärte er. "Ich will sehen, wie ihr zusammen agiert." Die vier Jungs nickten knapp und gingen an ihre Instrumente, alle außer Yû, der ging ans Mikro. "Naomi... kommst du?", fragte er sie freundlich. Die Brünette nahm ihre Gitarre und gesellte sich wortlos zu den Musikern. "Improvisiert mal ein wenig", forderte Rikuo. "Hide, gib den Takt an." Er setzte sich zu Luca auf die Couch und legte ihr eine Hand auf das Knie, bereute es aber im selben Augenblick, als ihre Hand mit einem lauten Klatsch seine Wange erreichte. Die fünf Musiker brauchten zwar ein paar Versuche, aber nach einer Weile schafften sie es, ein harmonisches Arrangement zu erschaffen. "Das üben wir noch", erklärte Rikuo abschätzend und wandte sich dann zu der Blonden. "Die sind ziemlich gut, ne?!" Sie nickte. "Kein Wunder, ist ja mein Naomi dabei." Der Schwarzhaarige ließ den Blick wieder zu der Band schweifen. "Hast ein gutes Näschen", sagte er anerkennend. "Lust, die Branche zu wechseln?" Sie schnaubte abfällig. "Nein... dafür gehen mir Musiker zur Zeit zu sehr auf den Nerv. Außer Naomi kommt mir im Moment keiner davon ins Haus oder so." Er sah sie verwirrt an, traute sich jedoch nicht, zu fragen, aus Angst, sie würde ihre gute Laune wieder verlieren. "Okay, ihr Anfänger. Schluss für heute." Der Japaner stand auf und ging zur Tür. "Nächster Termin in einer Woche, dann fangen wir mit den Aufnahmen an." Er warf dem Grüppchen noch einen letzten Blick zu und ging. Kirito war zutiefst frustriert als er sein Hotelzimmer betrat. Mittlerweile war es schon über drei Wochen her, seit er Naomi zum letzten Mal gesehen hatte. Noch immer ärgerte er sich darüber, dass er so dumm gewesen war, sie nicht einmal nach ihrer Nummer gefragt zu haben. Aber in der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war es für ihn irgendwie selbstverständlich geworden, dass sie da war. Normalerweise hätte er damit rechnen müssen, dass es vorkommen konnte, dass sie auch mal nicht zu Hause war. Deprimiert ließ er sich auf das Sofa fallen und fuhr sich mit beiden Händen durch die blondierten Haare. Er hätte niemals gedacht, dass er sie so sehr vermissen würde. Natürlich war ihm durchaus bewusst, dass er selbst für seine Situation verantwortlich war. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass er deswegen nicht unglücklich sein durfte. Die Tatsache, dass es im Grunde seine eigene Schuld war, machte es ehrlich gesagt nur noch schlimmer. Seufzend lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Irgendwie fühlte er sich leer. Wie hatte er nur zulassen können, dass sie so wichtig für ihn geworden war? Die Antwort darauf war so simpel, dass er sie nicht verleugnen konnte, auch wenn er es eigentlich nicht wahrhaben wollte. Einerseits hatte er es durch ihre Anwesenheit nicht verhindern können... andererseits hatte er es praktisch herausgefordert, weil er so oft wie möglich ihre Nähe gesucht hatte. Der Sänger war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht hörte, wie jemand an seine Tür klopfte und diese zögernd öffnete. Vorsichtig steckte Kohta den Kopf zur Tür herein und sah seinen Bruder trübselig auf der Couch sitzen. Irgendwie schmerzte es ihn, den sonst so fröhlichen und optimistischen Mann so niedergeschlagen zu sehen. Er konnte durchaus nachvollziehen, wie der andere sich fühlen musste, wo es ihm selbst im Grunde genauso erging. Der Bassist betrat lautlos den Raum und schloss die Tür hinter sich. "Onii?" Kirito zuckte erschrocken zusammen, er bemerkte die Anwesenheit seines jüngeren Bruders und Kollegen erst jetzt. Er verzog missbilligend das Gesicht. "Musst du mich so erschrecken? Kannst du nicht anklopfen?" "Ich habe angeklopft." Kohta legte die Stirn in Falten. "Es ist ja nicht meine Schuld, dass du das nicht gehört hast, oder?" "Aber du kannst doch nicht einfach so..." "Ich mache mir Sorgen um dich!", fiel ihm der Bassist ins Wort. "Und die anderen ebenso." Er setzte sich ebenfalls auf die Couch, wobei er den Sänger die ganze Zeit im Auge behielt. "So deprimiert kennen wir dich nicht. Ich weiß ja, dass dir die Sache mit Naomi zu schaffen macht, aber..." Kirito schnaubte ungläubig. Wie sollte ihn irgendjemand von den anderen auch nur ansatzweise verstehen können? Sie alle hatten nicht die geringste Ahnung, wie es in ihm aussah. Kohta verdrehte die Augen und seufzte. "Denkst du etwa, ich verstehe nicht, wie du dich fühlst?", brummte er mürrisch. "Was soll ich denn sagen? Ich habe Luca schließlich auch nicht erreichen können!" Der blonde Sänger blinzelte, dann verbarg er sein Gesicht in den Händen. "Tut mir Leid...", murmelte er. "Ich weiß, es ist egoistisch..." Das Gesicht des Bassisten verdüsterte sich. "Sei froh, dass sich wenigstens niemand als Naomis Ehemann ausgegeben hat..." Der ältere der beiden stutzte. Ehemann... "Meinst du, der Kerl ist tatsächlich mit Luca verheiratet?", fragte er vorsichtig. "Ich meine... es kam mir schon sehr merkwürdig vor..." "Was weiß ich?", entgegnete Kohta frustriert. "Ich habe nicht mit ihm gesprochen." Kirito überlegte kurz. "Er hat mich nicht mal gefragt, wer ich bin und was ich mit Luca zu tun habe... was sagtest du, wie hieß Luca noch mal mit Nachnamen?" Kohta sah ihn verwirrt an. "Coven... aber was hat das damit zu tun?" "Weil sich der Kerl mit Namen gemeldet hat... und wenn ich mich richtig erinnere, war der nämlich auch Coven..." Nachdenklich legte der Sänger den Kopf in den Nacken. Er war sich jetzt zwar nicht hundertprozentig sicher, aber er war ziemlich davon überzeugt, dass es genau dieser Name gewesen war, den der Typ damals genannt hatte. Hoffnungslos sackte sein Bruder in sich zusammen. "Da hast du's", meinte er leise. Ungläubig drehte sich Kirito zu dem anderen Musiker um. "Das beweist doch noch gar nichts", erwiderte er bestimmt. "Es kann durchaus sein, dass ich mich mit dem Namen irre. Abgesehen davon besteht ja auch durchaus die Möglichkeit, dass sich jemand einfach nur einen üblen Scherz mit uns erlaubt hat!" "Das ist dann aber ein sehr makabrer Scherz!", grummelte Kohta düster, dennoch ein klein wenig optimistischer klingend als noch Sekunden zuvor. Schließlich seufzte er. "Du hast Recht... ich sollte die Hoffnung nicht zu schnell aufgeben." Als er das sagte, klopfte er dem Sänger auf die Schulter. "Du übrigens auch nicht... das passt gar nicht zu dir!" Kirito nickte entschlossen und die beiden standen auf. "Wir sollten nach der Probe noch mal versuchen, die beiden anzurufen." Der Bassist brachte ein halbherziges Grinsen zustande. "Aber erst sollten wir etwas essen! Auf leeren Magen probt es sich nicht so gut", scherzte er, legte Kirito einen Arm um die Schultern und die zwei Musiker machten sich auf den Weg ins Hotel-Restaurant. Kapitel 23: Neue Freunde ------------------------ Es war bereits nach elf Uhr abends. Naomi war als Einzige noch im Studio geblieben und arbeitete an dem Song, den sie gerade aufnahmen. Irgendwie gefiel ihr das Gitarrensolo noch nicht so wirklich. Die Lyrics waren bereits abgesegnet und der Titel für die erste Single stand ebenfalls schon fest. Es war einer ihrer älteren Texte, den sie jetzt allerdings noch einmal mit Yûichis Hilfe überarbeitet hatte. "Sag mal, was machst du eigentlich noch hier?", kam eine verwunderte dunkle Stimme von der Tür, die sie zusammenzucken ließ. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass außer ihr noch jemand hier war. Der Sänger ihrer neuen Band betrat den Raum und ging auf sie zu. "Hast du kein Zuhause?" "Doch", gab sie knapp zurück und fluchte herzhaft, weil sie sich verspielt hatte. "Ist dir eigentlich klar, wie spät es ist?", versuchte er es erneut, als er sich neben sie setzte. "Du musst dir nicht auch noch die Nächte um die Ohren schlagen, die Aufnahmen sind doch ohnehin schon so gut wie abgeschlossen. Wir haben noch ein bisschen Zeit." "Ich will das hier aber noch fertig bekommen", erwiderte sie mürrisch und versuchte es erneut. Yûichi seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Wohnst du nicht mit dieser Blonden zusammen? Luca?", fragte er sie. Naomi verdrehte die Augen und gab es schließlich auf. Wenn dieser Typ sie die ganze Zeit ansprach, konnte sie sich nicht anständig auf ihr Solo konzentrieren. Sie hatte nichts gegen ihn, im Gegenteil, er war ihr sogar sehr sympathisch, aber so konnte sie beim besten Willen nicht arbeiten. "Ja, wir wohnen zusammen, warum fragst du?" Sie stellte ihre Gitarre weg und sah ihn auffordernd an, als sie sich wieder zu ihm setzte. Er hob abwehrend die Hände. "Ich dachte mir nur, dass sie sich vielleicht Sorgen um dich macht, weil du noch nicht zu Hause bist…" "Sie weiß, dass ich noch hier bin, wir haben vor einer Stunde miteinander telefoniert." Yû schüttelte den Kopf. "Bist du immer so arbeitswütig? Oder liegt es nur daran, dass dies unser Debüt ist?", wollte er von ihr wissen. Die Brünette zog eine Augenbraue hoch. Warum stellte er ihr so viele Fragen? "Wenn ich arbeite, vergesse ich meist alles um mich herum. Luca weiß das, deswegen ruft sie mich zwischendurch an, wenn wir nicht zu Hause sind. Abgesehen davon ist es eine gute Ablenkung." "Ablenkung? Wovon?" Sie knirschte mit den Zähnen und er legte die Stirn in Falten. "Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst. Es interessiert mich nur." "Und warum interessiert dich das?", meinte sie leise und lehnte sich zurück. "Es ist ja nicht so, als wäre ich etwas Besonderes, oder so…" Irritiert sah er sie an. "Wer erzählt denn so was?" "Direkt gesagt hat es eigentlich niemand… aber Taten zählen mehr als Worte, oder nicht?" Yûichi biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend hatte er einen wunden Punkt bei ihr erwischt. Eigentlich hatte er nur nachsehen wollen, warum im Aufnahmeraum noch Licht war. Woher hätte er denn wissen sollen, dass die Neue noch arbeitete? Er hätte auch nicht damit rechnen können, dass direkt eine so ernste Konversation entstehen würde. "Du bist also versetzt worden, verstehe ich das richtig?" Sie warf ihm einen Seitenblick zu und nickte schließlich. "Kann man so sagen." Der Sänger stieß sie leicht mit dem Ellbogen an. "Wenn du so unbedingt Ablenkung brauchst, dann kannst du auch etwas mit uns unternehmen. Das ist doch viel besser als nur zu arbeiten, oder? Die Jungs sind gar nicht mal so übel, außerdem beißen wir dich schon nicht", grinste er sie an. Naomi zuckte unwillkürlich zusammen. Irgendwie hatte sie gerade ein Déjàvu. Am Abend ihrer ersten Begegnung hatte Kirito ebenfalls zu ihr gesagt, dass er und seine Kollegen nicht beißen würden, weil sie so schrecklich nervös gewesen war. Geistesabwesend griff sie nach ihrem Handy, aber es war keine Nachricht für sie angekommen. Kurzentschlossen stand Yûichi auf, packte ihr Handgelenk und zog sie mit sich. "Komm, es bringt dir gar nichts, wenn du hier sitzt und schmollst oder dich verkriechst. Du solltest lieber ein bisschen Spaß haben." Die Musikstudentin hatte gerade noch Gelegenheit, nach ihrer Handtasche zu greifen, als der Sänger sie hinter sich herzog. "Wo willst du eigentlich mit mir hin?", fragte sie ihn verwirrt. "Das wirst du schon sehen", antwortete er gutgelaunt, als sie die Treppen hinuntergingen. Er führte sie zu einem kleinen roten Honda. "Steig einfach ein und lass dich überraschen." Sie blinzelte ihn an, zuckte dann aber mit den Schultern und ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder, als sich Yû ans Steuer setzte und kurz darauf losfuhr. Als sie schließlich anhielten, waren sie in einer Gegend, die sie nicht kannte. Leicht besorgt biss sie sich auf die Unterlippe. Sie ging zwar nicht davon aus, dass der Sänger ihr etwas tun würde, schließlich waren sie in der selben Band, aber trotzdem war ihr nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, mit einem ihr noch ziemlich unbekannten Mann in einer ihr völlig fremden Gegend unterwegs zu sein. Nachdem sie ausgestiegen waren, legte er ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zu einem der Mehrfamilienhäuser. Er klingelte und kurz darauf wurde auch schon geöffnet. Vor ihnen stand der rothaarige Gitarrist der Band. "Yû!", rief dieser überrascht aus. "Was machst du denn um diese Uhrzeit hier?" Dann fiel sein Blick auf Naomi. "Ah… verstehe", meinte er mit einem breiten Grinsen und ließ die beiden eintreten. "Was verstehst du?", entgegnete die Brünette mit hochgezogener Augenbraue. "Er hat mich mehr oder weniger entführt." "Das war mir schon klar", gab der Gitarrist amüsiert zurück. "Wollt ihr was trinken?" "Das fragst du noch?", erwiderte Yûichi und schob die Studentin einfach in einen Raum, in dem mehrere Gitarren an der Wand hingen. "Eigentlich sind wir nur hier, um uns ein wenig die Zeit zu vertreiben." Kôji brachte eine Flasche Gin und drei Gläser mit. "Ihr wollt euch bei mir die Zeit vertreiben?", fragte er ungläubig, als er ihnen einschenkte. "Schon klar." Der Sänger warf ihm ein Sofakissen ins Gesicht. "Die Kleine hier braucht ein wenig Ablenkung, sonst arbeitet sie sich wahrscheinlich noch zu Tode." "Wie jetzt…?" Der Rothaarige sah die beiden verwundert an. "Ich habe sie gerade eben noch im Studio aufgegabelt, weil sie sich nicht von ihrer Arbeit trennen wollte", erklärte Yû und nahm dankend das Glas entgegen, das ihm sein Freund und Kollege reichte. Beim Anblick der Gin-Flasche zuckte Naomi leicht zusammen. Es war wieder eines der Dinge, die sie unheimlich an Kirito erinnerte. Sie unterhielten sich eine ganze Weile und die Studentin stellte fest, dass die beiden tatsächlich sehr umgänglich waren, wenn man sie erst einmal ein wenig kannte. Natürlich kamen sie auch darauf zu sprechen, warum sie so spät noch im Studio gewesen war, und aufgrund ihres steigenden Alkoholpegels – natürlich waren sie nicht bei dem Gin geblieben, sondern bald schon auf Tequila und diverse andere Getränke umgestiegen – erzählte sie ihren beiden Kollegen, warum sie sich derzeit mehr oder weniger in die Arbeit flüchtete. Immerhin war sie noch nüchtern genug, Kiritos Namen nicht zu erwähnen. "Gott, was für ein hirnrissiger Idiot!", schimpfte Kôji. "Vergiss den Kerl doch einfach und komm zu mir!" Die Brünette zog missbilligend eine Augenbraue hoch. "Dir ist schon klar, dass Luca dich umbringen würde, ja?" "Ach was…", grinste der Rothaarige, sah sie allerdings vorsichtig an. Er konnte sich noch lebhaft an seine erste Begegnung mit der Blonden erinnern. "Wird sie nicht eher ihn töten?" "Doch, das wird sie bestimmt", antwortete Naomi und leerte ihr Glas. "Und seinen Bruder gleich mit." "Wieso das?", wunderte sich Yûichi und lehnte sich auf dem Sofa zurück. "Hat er dir etwa auch was getan?" Die Studentin schüttelte den Kopf. "Nein, aber er hat sich bei ihr auch nicht mehr gemeldet. Beide sind sozusagen spurlos verschwunden." Als die beiden Männer sie fragend ansahen, schürzte sie angewidert die Lippen. "Sie ist… oder war viel eher… mit ihm zusammen", erklärte sie. "Uh oh…", murmelte der Sänger. "Das heißt, die beiden haben euch beide gleichzeitig sitzen lassen?" Naomi nickte. "So ist es." Kôji wiegte nachdenklich den Kopf hin und her, was er allerdings recht schnell bereute, da ihm dadurch nur schwindelig wurde. "Was du brauchst, ist eine Generalüberholung." "Eine was?" Die Musikstudentin sah ihn stirnrunzelnd an. "Neues Outfit, neuer Look, neue Leute, neue Umgebung… so was in der Art." "Hab ich doch schon…", gab sie zurück und schlug die Beine übereinander. "Ich habe euch, ich habe mit den Songs und der Uni genug zu tun, ich habe Luca, die mir neue Klamotten entwirft… was will ich mehr?" Sie nahm ihr erneut gefülltes Glas von dem Rothaarigen entgegen und nippte daran. "Wartet mal eben", meinte dieser plötzlich, stand auf und verließ den Raum. Naomi und Yûichi sahen ihm verwirrt nach. "Was hat er jetzt schon wieder…?", fragte der Sänger irritiert und warf seiner Kollegin einen fragenden Blick zu, doch diese zuckte nur mit den Schultern. "Woher soll ich das wissen? Ich kenne ihn doch kaum." Es dauerte nicht lange, bis sie herausfinden sollten, was sich der Gitarrist in den Kopf gesetzt hatte, als er freudestrahlend mit einer Tüte und zwei Schüsseln zurückkam. Er grinste die beiden breit an und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. "Eigentlich war das ja für mich gedacht, aber ich glaube, du kannst es im Moment besser gebrauchen", erklärte er feierlich, als er begann, diverse Utensilien aus der Tüte herauszufischen. Die Brünette sah ihn zweifelnd an. "Und was soll ich damit?" "Wir müssen deinen Look dem der Band anpassen", antwortete Kôji schlicht und begann, in einer der beiden Schüsseln Farbe anzurühren. "Du willst mir die Haare färben?", fiepte Naomi entsetzt und rutschte etwas von ihm weg. "Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Du bist betrunken!" "Na und?", meinte der Gitarrist schulterzuckend. "Meine Haare habe ich mir auch betrunken gefärbt und die sehen doch ganz okay aus." Nach einigen Protesten gab sie es schließlich auf und ergab sich ihrem Schicksal. Der Rothaarige wuselte eine Weile an ihrem Kopf herum und verteilte jede Menge kalte Masse in ihren Haaren. "Welche Farbe wird das eigentlich?", fragte sie in einem resignierten Tonfall. "Wonach sah es denn aus?", gab er amüsiert zurück. "Natürlich pink!" "Und warum riecht das so nach Ammoniak?" "Weil ich deine Haare erst noch bleichen muss, Dummerchen." Yûichi saß ihr gegenüber und sah sie mitleidig an. Er konnte sich schon vorstellen, woran die junge Frau dachte. Luca würde ausrasten, sie würde zumindest Kôji umbringen, weil er der Musikstudentin die Haare gefärbt hatte. Und ihn selbst wahrscheinlich auch, weil er den Gitarristen nicht davon abgehalten hatte, sondern stillschweigend zugesehen hatte. Zwei Stunden später war der Rothaarige schließlich mit seiner Arbeit zufrieden. "Et voilà!", meinte er und hielt Naomi einen Spiegel hin. Diese betrachtete sich kritisch. "Scheint alles recht gleichmäßig zu sein…", meinte sie. "Aber Luca wird dich trotzdem lynchen… das sollte dir klar sein." "Irgendwas fehlt da noch", murmelte der Angesprochene vor sich hin, der ihr offensichtlich gar nicht zugehört hatte. Der Sänger war nicht sicher, ob er wissen wollte, was sich der rothaarige Gitarrist noch einfallen lassen würde. Er stand auf und kramte in der Tüte. "Das Pink ist viel zu grell…", sagte er und holte schwarze Farbe heraus. "Bring mir eine Schüssel", forderte er seinen Kollegen auf. Kôji sah ihn irritiert an, dann leuchtete sein Gesicht auf. "Genau, das ist es! Yû, du bist brillant!", rief er aus und verschwand kurz, um die Schüssel zu holen. "Was machst du da?", fragte Naomi unsicher, als Yû die schwarze Farbe anmischte. "Willst du sie jetzt komplett schwarz machen?" Er sah kurz auf und schüttelte den Kopf. "Nein, aber ein paar Strähnen wären nicht schlecht, um diesen Bonboneffekt ein wenig abzuschwächen." Dann wies er sie an, still zu halten, und begann mit seiner Arbeit. Als Naomi am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie fürchterliche Kopfschmerzen, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, warum. Sie fasste sich an die Stirn und drehte sich um, wobei sie blinzelnd die Augen öffnete. "Wo bin ich?", murmelte sie benommen und sah sich verwirrt in dem kleinen Raum um. Sie konnte sich nicht wirklich an den vorigen Abend erinnern. Hatte sie etwa getrunken? Wahrscheinlich… anders konnte sie es sich nicht erklären. Die Studentin stand auf, schwankte und hielt sich an einem Wohnzimmertisch fest, den sie noch nie gesehen hatte. Übelkeit stieg in ihr auf. Der ganze Raum roch nach Ammoniak… aber das war nicht der einzige Grund. Wohl eher der Inhalt der ganzen Flaschen, die überall auf dem Boden herumlagen. Mit wem hatte sie getrunken? Und dann auch noch so viel? Alleine ganz bestimmt nicht… dann wäre sie niemals in einer fremden Wohnung aufgewacht. Oder doch? Was um alles in der Welt hatte sie nur gemacht? Sie rappelte sich auf und ging langsam aus dem Raum, auf der Suche nach einem Bad. Sie öffnete die erste Tür, die sie finden konnte. Allerdings führte diese nicht in ein Badezimmer, sondern in einen weiteren, abgedunkelten Raum. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte, dann konnte sie zwei schlafende Personen sehen, konnte aber nicht erkennen, um wen es sich handelte. Leise schloss sie die Tür wieder und versuchte es mit der nächsten, bei der sie diesmal mehr Glück hatte. Sie tastete nach einem Lichtschalter und es dauerte auch nicht lange, bis sie diesen gefunden hatte. Als sie jedoch in den Spiegel sah, stolperte sie einen Schritt zurück und schlug schreiend die Hände vor ihr Gesicht. Das war ganz bestimmt nicht ihre eigene Reflektion gewesen! Sie hatte doch nie und nimmer pinke Haare! Sie hörte, wie eine Tür schwungvoll geöffnet wurde und sich ihr schnelle Schritte näherten. "Nao?" Naomi vergrub ihre Finger in den schulterlangen Haaren, sie bis vor wenigen Stunden noch hellbraun gewesen waren und ging rückwärts, bis sie an eine Wand stieß, an der sie sich herab gleiten ließ. Zitternd saß sie auf dem Boden und sah auf, nur um festzustellen, dass es Kôji war, der da vor ihr stand. "Nao, ist alles in Ordnung? Was ist passiert?", wollte der Rothaarige von ihr wissen und ging vor ihr in die Hocke. "Ich… ich… da… das…", stammelte sie und zeigte Richtung Badezimmer. "Was ist denn da?", wollte Yûichi wissen, der sich nun auch zu ihnen gesellte. Er ging ins Bad und sah sich dort um. "Da ist nichts… hast du Halluzinationen? Oder einfach nur den Alkohol nicht vertragen?", grummelte er. Die Musikstudentin sah die beiden mit großen Augen an und nahm ihre Hände herunter, wodurch ihr einige ihrer Strähnen in die Stirn fielen. Im ersten Moment registrierte sie es gar nicht, doch dann blinzelte sie entsetzt und hielt sich ein Büschel ihrer Haare direkt vor die Augen. "Pink!", quietschte sie auf. "Sie sind pink!" "Uh…", brummte Kôji grinsend. "Ja, sind sie. Das haben wir letzte Nacht gemacht." "Höh?" Sie ließ die Fransen los und warf dem Gitarristen einen irritierten Blick zu. "Wie jetzt?" "Blackout, huh?", meinte Yû, setzte sich im Schneidersitz neben sie und stupste sie leicht an. "Wenn du nicht so viel Alkohol verträgst, solltest du es nächstes Mal lieber sein lassen." Der Rothaarige nickte, noch immer recht amüsiert. "War wohl ein ziemlicher Schock, jetzt, wo du dich nicht mal daran erinnern konntest, dass wir dir die Haare gefärbt haben." Er wuschelte ihr durch die Haare und stand dann auf. "Wie wäre es mit Frühstück?" "Bist du sicher, dass das so eine gute Idee ist? Wenn sie schon so verkatert ist?", wandte der Sänger ein, stand ebenfalls auf und half dann Naomi auf die Beine. "Ich nehme an, du wolltest aus einem ganz bestimmten Grund ins Bad." Die junge Frau nickte und ging dann an ihm vorbei. "Aber ich bin nicht so verkatert, dass ich aufs Frühstück verzichten würde", fiepte sie leise, bevor sie die Tür hinter sich schloss. Nachdem sie sich frisch gemacht hatte, wankte sie noch immer leicht benommen in die kleine Küche. Es war nicht schwer für sie, den Raum zu finden, schließlich war dies die einzige Tür, die sie zuvor nicht ausprobiert hatte. "Na, geht es dir jetzt etwas besser?", fragte Yûichi, als sie sich zu den beiden an den Tisch setzte. Sie nickte, bereute dies allerdings augenblicklich, da ihr schwindelig wurde. "Mein Kopf bringt mich zwar um, aber nach dem Essen geht es mir bestimmt wieder gut." Kôji betrachtete sie von oben bis unten. "Das glaube ich dir gern", meinte er mit hochgezogener Augenbraue. "Du siehst aus, als könntest du das vertragen. Wann hast du eigentlich zum letzten Mal was gegessen?" "Bevor ich zum Studio gekommen bin?", gab sie zurück. "Danach… eigentlich nichts mehr, ich hab ja gearbeitet." "Du bist ja auch verrückt", seufzte der Sänger kopfschüttelnd. "Was arbeitest du auch so viel? Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nichts mehr gegessen." "Das meinst aber auch nur du." Naomi zog amüsiert einen Mundwinkel nach oben. Dann fiel ihr noch etwas ein. "Wo bin ich hier überhaupt?" "In meiner Wohnung?", antwortete Kôji breit grinsend. Als sie ihn bloß ausdruckslos anstarrte, zuckte er nur mit den Schultern. "In Kiba. Warum fragst du?" "Weil ich das gern wissen wollte…", murmelte sie, "da er mir ja gestern, als wir herkamen, nicht verraten wollte, wohin er mich entführt." Yûichi horchte auf. "Ah, so langsam kannst du dich wieder erinnern, huh?" Die Musikstudentin machte ein zustimmendes Geräusch. "Die wichtigere Frage ist aber… was gibt es zum Frühstück?" "Kaffee", erwiderte der Gitarrist spontan. "Und Toast. Wenn du magst, kannst du dir auch noch Yakisoba machen, ich müsste noch zwei Päckchen da haben…" Naomi lachte lauthals auf. "Du bist lebensmüde, kann das sein?" Ihre beiden Kollegen sahen sie nur verständnislos an. "Warum?", wollten sie wissen. "Lass mich nie… niemals… in deinem ganzen Leben an deinen Herd." Sie machte eine vage Geste mit der Hand. "Vorausgesetzt, du willst deine Küche behalten." Der Sänger prustete los. "Du machst Scherze. Du bist eine Frau." "Ich mache keine Scherze. Frag Luca… die würde mich niemals kochen lassen… sie hängt an ihrer Küche." Sie holte kurz Luft. "Und an mir natürlich auch", setzte sie schließlich grinsend nach. "Wenn ich versuchen würde zu kochen, dann würde ich erstens die Küche in die Luft jagen oder zumindest in Brand stecken… und mich womöglich umbringen. Ich hab einmal versucht, was für meine Mutter zu kochen… die Folgen waren katastrophal." "Okay… dann lassen wir das mit dem Yakisoba", meinte der Rothaarige mit panischem Gesichtsausdruck. "Ist hier in der Nähe eigentlich eine Bahnhaltestelle?" Yûichi nickte. "Klar… aber wenn du magst, kann ich dich auch nach Hause fahren. Schließlich habe ich dich hierher entführt", grinste er. "Dann solltest du Luca aber besser nicht begegnen…", grummelte die Pinkhaarige. "Wenn sie mich sieht, bekommt sie garantiert einen Schock. Und dann wird sie erst mal über dich herfallen." Der Sänger schluckte schwer. "Gut, dann setze ich dich einfach nur vor der Haustür ab." Er stand auf und holte das Brot aus dem Ofen, das er dann an alle drei verteilte. Kapitel 24: Strafe muss sein... XD ---------------------------------- Naomi verabschiedete sich von Yûichi und stieg aus dem Wagen. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie Bedenken, ihrer Freundin so unter die Augen zu treten. Sie ärgerte sich darüber, dass sie gestern so viel getrunken hatte. Aber im Grunde hatte der Dunkelhaarige Recht gehabt. Es hatte gut getan, sich mit den beiden zu amüsieren. Sie verzog das Gesicht, als sie dem roten Honda nachwinkte und dann in ihrer Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel suchte. Mit einem Schlag wich all ihre Farbe aus ihrem Gesicht. Ihr Handy war nicht da! Hatte sie es bei Kôji liegen lassen? Sie versuchte, ruhig zu bleiben und dachte kurz nach. Nein, sie hatte es im Studio vergessen, als Yû sie so schnell dort raus gezogen hatte. Erleichtert atmete sie auf. Langsam und zögernd stieg sie die Treppen zu ihrer Wohnungstür hoch, wo sie stehen blieb und erst einmal tief durchatmete. Sie zählte bis zehn und schloss dann die Tür auf. "Tadaima?!", fiepte sie ganz leise. Als sie keine Antwort bekam, schob sie vorsichtig die Tür hinter sich zu. Seufzend fuhr sie sich mit einer Hand durch die Haare, zog sich die Schuhe aus und tapste ins Wohnzimmer. "Okaeri", kam es aus einer dunklen Ecke des Raumes. Erschrocken zuckte Naomi zusammen und fuhr herum. "Du bist ja früh zu Hause", stellte Luca sarkastisch fest und trommelte mit den Fingern auf der Sessellehne. "Angenehmen 'Arbeitstag' gehabt?" "Gomen", fiepte die Musikstudentin leise. "Ich hab mein Handy im Studio liegen..." Die Blonde zog eine Augenbraue hoch und sah ihre Freundin ernst an. "Aha..." "Es tut mir wirklich Leid, aber Yûichi hat mich so kurzfristig aus dem Studio geschleift, dass ich es hab liegen lassen... und er hat mich irgendwo hingefahren und bis vor einer Stunde wusste ich noch nicht einmal genau, wo ich war!" "Dann hattest du ja einen netten Abend...", erklärte ihre Freundin und ging ins Schlafzimmer. "Dann kann ich ja endlich schlafen gehen." "Du warst doch wohl nicht etwa meinetwegen die ganze Nacht wach?", fragte Naomi ungläubig und sah der Designerin nach. "Nö... ich hab nur auf den Postboten gewartet", erwiderte sie gähnend. "Sehr witzig", grummelte die Pinkhaarige und ließ sich auf einen Sessel fallen. Irgendwie war es sehr unbequem gewesen, auf Kôjis Sofa zu schlafen. Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit, weil sie so lange weg gewesen war. Träge sah sie sich im Wohnzimmer um und stand dann wieder auf und verließ die Wohnung, diesmal nicht, ohne einen Zettel für Luca zu hinterlassen, damit diese wusste, dass sie im Studio ihr Handy holen und dann noch ein wenig einkaufen wollte. Sie war froh darüber, dass sie es nicht allzu weit hatte. Selbst auf dem kurzen Weg gingen ihr die abfälligen und neugierigen Blicke der Passanten auf den Geist, wobei die Kommentare teilweise noch schlimmer waren, auch wenn sie sich bemühte, diese zu ignorieren. Nachdem sie das Studio endlich erreicht hatte, ging sie in den Raum, in dem sie am Vorabend noch an ihrem Solo gearbeitet hatte. Erleichtert sah sie, dass ihr Handy noch dort lag. Sie hob es auf und sah auf das Display. Zwanzig Anrufe in Abwesenheit – alle von Luca. Sie biss sich auf die Unterlippe. Auf dem Weg nach draußen stieß sie mit Rikuo zusammen. "Nanu?", wunderte sich ihr Manager. "Was machst du denn hier? Heute ist doch Sonntag." Er musterte sie von oben bis unten. "Du arbeitest doch nicht, oder?" "Nein, keine Sorge...", antwortete sie lächelnd. Sie wusste genau, dass Luca ihm gedroht hatte, er solle ja nicht auf die Idee kommen, die Pinkhaarige auch sonntags im Studio zum Arbeiten antreten zu lassen. "Ich hatte gestern nur mein Handy hier vergessen, das ist alles." Der Japaner atmete erleichtert auf. "Dann ist ja gut", meinte er. "Dann wünsche ich dir noch ein schönes Restwochenende", verabschiedete er sich von ihr und ging seiner Wege. "Danke, gleichfalls!", rief sie ihm nach und verließ das Gebäude. Etwa vier Stunden später betrat sie ihre gemeinsame Wohnung wieder und zog ihren neu erstandenen schwarzen Samthut tiefer ins Gesicht. Dann setzte sie ihre Sonnenbrille ab und stapfte in die Küche, wo sie die Tüten abstellte. Irritiert sah sie Luca an, die mit irgendwelchem Kochzubehör beschäftigt war. "Wie, du bist schon wieder wach?" "Was denkst du denn? Irgendjemand muss ja für dich kochen", erwiderte diese. "Und sag mir nicht, dass du bereits gegessen hast." Naomi blinzelte. "Eigentlich nicht... von dem so genannten Frühstück mal abgesehen", meinte sie grummelnd und verzog das Gesicht. Luca sah ihre Freundin verwirrt an. "Sag mal, was macht eigentlich Omas Beutel auf deinem Kopf?" "Wie, Omas Beutel?", gab die Musikerin indigniert zurück. "Das ist ein Hut!" "Wenn das ein Hut ist, dann bin ich die Kaiserin von Japan." "Schon klar", brummte Naomi und setzte sich an den Küchentisch. "Die sind grad ganz groß in Mode... wobei mir das noch ziemlich egal war..." "Nee, jetzt mal ehrlich... was soll dieses Teil auf deinem Kopf?" "Ich find den schick." "Und deswegen musst du ihn zu Hause tragen?", fragte die Blonde ungläubig. Die Pinkhaarige nickte eifrig und schlug die Beine übereinander. "Wieso nicht?" "Weil man im Haus keine Hüte trägt, oder läufst du auch mit einem Regenschirm durch die Wohnung?", wollte Luca wissen. "Setz das Teil endlich ab." "Nein", entgegnete Naomi. "Naomi... Essen oder Hut..." "Soll ich meinen Hut essen?", meinte die Musikstudentin verwirrt. "Es wird dir nichts anderes übrig bleiben, wenn du ihn nicht freiwillig abnimmst." "Aber... ich... mir ist es aber lieber, wenn...", stammelte Naomi herum und hielt ihren Hut mit beiden Händen schützend fest. "Fein, dann muss ich ja nicht für dich mitkochen. Ich habe gehört, mit Salz und Pfeffer schmecken Hüte ganz besonders gut... obwohl du von mir nicht einmal das bekommst", gab Luca kalt zurück. "Na gut...", grummelte Naomi. "Dann verzichte ich halt aufs Essen." "Gut, dann muss ich ja nie wieder für dich kochen." Die Pinkhaarige kauerte sich auf ihrem Stuhl zusammen, weigerte sich aber weiterhin beharrlich, ihren Hut abzunehmen. "Besser so, als von dir erschlagen zu werden", murmelte sie leise. "Wieso erschlagen?", entgegnete die Blonde irritiert. "Ach ja, zu deiner Info... heute gibt es Käsesuppe." Grimmig verzog ihre Freundin das Gesicht. "Glaub mir... das willst du lieber nicht wissen..." Seufzend verdrehte Luca die Augen, ging auf die Musikstudentin zu und versuchte, ihr den Hut vom Kopf zu reißen, was gar nicht so einfach war, da diese ihn mit aller Kraft festhielt. Doch schließlich war sie erfolgreich. Als sie sah, was die andere so vehement verborgen hatte, zeigte sie entsetzt auf Naomis Kopf. "Da... was... wieso... das... ist ja... pink!", stammelte sie. "Wer?" Die Gitarristin zog den Kopf ein. "Wir...", wisperte sie. "Wer ist wir?" "Nun ja... ich... also..." Sie holte tief Luft. "In erster Linie... Kôji", gab sie schließlich kleinlaut zu. "Und in zweiter?", wollte Luca wissen. "Yûichi." "Wo?" "Was, wo?", fragte Naomi irritiert. "Wie meinst du das jetzt?" "Adresse." Die Pinkhaarige blinzelte sie an. "Keine Ahnung?" Luca holte ihr Handy und wählte eine Nummer. "Dann eben so." "Wen rufst du denn jetzt an?", wollte die Musikstudentin von ihr wissen. "Einen toten Mann", entgegnete die Blonde kühl. "Höh?" Nun war Naomi vollends verwirrt. "Aber..." Während ihre Freundin mit irgendjemandem telefonierte und darüber diskutierte, dass sie gefälligst Kôjis und Yûichis Adressen haben wollte, saß die Pinkhaarige die ganze Zeit zerknirscht auf dem Stuhl und warf dem großen Topf auf dem Herd sehnsüchtige Blicke zu, traute sich allerdings nicht aufzustehen. Nachdem sie aufgelegt hatte, wählte Luca abermals. "Hey, Süßer!", grüßte sie mit zuckersüßer Stimme, die Naomi ehrlich gesagt Angst machte. "Also... ich dachte, wir beide könnten so... bisschen Spaß miteinander haben? Ich fühle mich derzeit so einsam und ich brauche einen starken Mann... Willst du mich nicht besuchen kommen? Ich bin ganz allein zu Hause..." Sie lauschte eine Weile, dann gab sie ihrem Gesprächspartner ihre Adresse. "Wer war das jetzt?", fragte die Musikerin vorsichtig. "Ebenfalls ein toter Mann", antwortete die Blonde und tippte eine weitere Nummer ein. "Shinoda-san", meinte sie diesmal mit besorgter Stimme. "Hier ist Luca. Da ist irgendwas mit Naomi und ich weiß nicht, was ich machen soll... würden Sie bitte vorbeikommen und mir helfen?" Nachdem er geantwortet hatte, seufzte sie und gab ihm ebenfalls ihre Adresse, da sie ja nicht wusste, dass er ihre Freundin nach Hause gefahren hatte und somit wusste, wo sie wohnten. "Du willst sie doch nicht ernsthaft umbringen, oder?" Naomi sah ihre Freundin mit großen Augen an. "Nicht wirklich", gab Luca zurück. "Ach... Naomi? Könntest du bitte zum Supermarkt gehen und mir ein paar Messer mitbringen?" Die Pinkhaarige blinzelte entsetzt. "Wozu brauchst du die?", fragte sie kläglich. "Zum Schneiden?" "Was schneiden?" "Fleisch... und Knochen... also wäre es besser, du bringst mir große Messer mit... so wie dieses", meinte sie und hielt ein riesiges Küchenbeil hoch. Naomi schluckte schwer. "Und... wessen... Knochen?" Sie war nicht fähig, einen vollständigen Satz zu formulieren. Sie begann, sich ernsthafte Sorgen um ihre Kollegen zu machen. Schließlich fing sie gerade erst an, sich mit den beiden anzufreunden. "Möchtest du was von der Suppe?", fragte Luca. Die Gitarristin schob den Unterkiefer vor. Sie hasste es, wenn ihre Freundin es nicht für nötig hielt, eine Frage anständig zu beantworten. "Geh einfach in den Supermarkt, bring mir Messer mit... und am besten auch noch Fleisch." "Und welches? Wäre es nicht besser, du machst mir eine Liste, damit ich auch die richtigen Sachen mitbringe? Du weißt doch, dass ich keine Ahnung von solchen Dingen habe...", gab die pinkhaarige junge Frau zurück. Die Blonde grinste. "Ich denke, zwei Messer und Rindfleisch für sieben Personen sollte der Typ verstehen." "Sieben? Zähle ich jetzt neuerdings schon für sechs?" "Schon immer", gab die Designerin amüsiert zurück. "Jetzt lauf, Bambi, du bist frei. Ansonsten schaff ich das mit dem Kochen nicht mehr rechtzeitig." Naomi schnappte sich ihren Hut, setzte ihn auf und verließ schnell die Wohnung, um weitere Diskussionen zu vermeiden. Luca war gerade mit dem Essen fertig, als es an der Tür klingelte. Naomi öffnete und Yûichi stand vor ihr, der sie verwundert ansah. "Eh... hatte Luca nicht gesagt, dass irgendwas mit dir ist...?", meinte er irritiert. "Ist es doch auch", rief die Blonde aus der Küche. "Hast du dir ihre Haare mal angesehen?" Der Sänger betrat die Wohnung und zuckte schuldbewusst zusammen, bevor er sich die Schuhe auszog. "Also, gestern waren sie noch hellbraun... heute sind sie knallig pink mit schwarzen Strähnchen...", fuhr die Designerin fort, lehnte sich gegen den Türrahmen und sah ihn ernst an. Er sah von einer zur anderen, dann grinste er schief und zuckte mit den Schultern. "Ist mir auch aufgefallen...", meinte er. "Habe ich nicht gesagt, wenn ihr Naomi irgendwas antut, werde ich euch wehtun?" "Aber... wir haben ihr doch nichts getan", verteidigte sich der Dunkelhaarige. "Es geht ihr doch noch gut, oder?" Luca warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. "Es geht ihr gut...? Und wieso versteckt sie ihre Zotteln unter einem Kannenwärmer?" "Tut sie das?", fragte er sie verwirrt. "Unter... unter... was war das noch mal?" "Einem Kannenwärmer." "Was auch immer das ist", erwiderte der Sänger. "Aber ich finde, das sieht gut aus." "Gut, dann kann ich dir ja jetzt die Haare färben... knallig lila mit giftgrünen Punkten. Sieht bestimmt auch toll aus." Die Blonde trat ein paar Schritte auf ihn zu. Er sah sie entsetzt an. "Das tust du nicht!" "Ach... wer will mich denn davon abhalten?" "Ich?", versuchte er es zaghaft. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Ach... du Kirito für Arme?" Bei dieser Aussage zuckte Naomi zusammen und verschwand im Wohnzimmer. "Hö?" Yûichi blinzelte sie verwirrt an. "Wieso... Kirito?" Dann sah er seiner Kollegin nach. "Was hat sie denn jetzt?" Die Blonde verdrehte seufzend die Augen. "Fettnäpfchen... ne, das ist schon ein Kochtopf." Sie schüttelte den Kopf. "Ach... geh ins Wohnzimmer. Ich fange erst an, wenn die zweite Person da ist... hat Kôji eigentlich eine 'Lieblingsfarbe'? Also eine, die er gar nicht mag?" Nun war der Sänger erst recht irritiert. "Hat er bestimmt... ich wüsste jetzt nur nicht, welche", gab er zurück. "Und wieso Fettnäpfchen?" "Egal... wenn sie will, wird sie es dir sicher selbst sagen. Und jetzt geh." Yû sah sie fragend an, folgte dann aber ihrer Aufforderung. Er wollte ehrlich gesagt nicht so genau wissen, wozu diese Frau wirklich fähig war, wenn man sie lange genug provozierte. Er setzte sich zu Naomi auf das Sofa und lehnte sich zurück. "Wer oder was ist eigentlich dieser Kirito?", wollte er von ihr wissen. Die Musikstudentin blätterte in einer Zeitschrift herum. "Ich hab euch das doch gestern... oder viel eher heute morgen erzählt", antwortete sie abwesend. "Ah... deswegen also das Fettnäpfchen." Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. In diesem Moment klingelte es erneut. Seufzend warf Naomi die Zeitschrift auf den Tisch und stand auf, um zu öffnen, doch Luca kam ihr zuvor. "Hallo, Schatz", säuselte die Blonde, als Kôji eintrat. Der Rothaarige grinste sie breit an, doch als er Naomi hinter ihr stehen sah, wurde sein Gesicht immer länger. "Ich dachte, du wärst allein...?" "War ich ja auch eine Weile...", gab die Designerin zurück. "Komm einfach erst mal rein." Er warf ihr einen unsicheren Blick zu, zog sich die Schuhe aus und ging schnell an ihr vorbei ins Wohnzimmer. "Yû? Du bist auch hier?" Der Sänger nickte. "Hat sie dich also auch hierher zitiert?" Kôji kratzte sich am Hinterkopf. "Sieht so aus..." Er beendete seinen Satz nicht, der andere wusste auch so, was er sagen wollte. Dass sie jetzt ihre Strafe dafür erhalten würden, dass sie im betrunkenen Zustand Naomis Haare gefärbt hatten, so wie die Musikstudentin es ihnen prophezeit hatte. Luca brachte das Essen ins Wohnzimmer und stellte es auf dem Tisch ab. Sie kniete sich auf den Boden und sah die Pinkhaarige ernst an. "Nach dem Essen kannst du deine Sachen packen." Die drei Musiker warfen ihr entsetzte Blicke zu. "Wie... Sachen packen?", fiepte die Gitarristin leise. "Aber..." Sie war sprachlos. "Kartons stehen im Schlafzimmer, dann packst du deine Sachen da rein." "Dann kann ich eigentlich auch jetzt anfangen...", murmelte Naomi und ging Richtung Schlafzimmer. "Eigentlich erst nach dem Essen. Der Umzugswagen kommt erst morgen", grinste die Blonde ihr zu. "Umzugswagen?", entgegnete die Gitarristin irritiert und drehte sich zu ihrer Freundin um. "Vincent stellt uns sein Appartement zur Verfügung." "Uns?" Es dauerte eine Weile, bis die Pinkhaarige diese Information verarbeitet hatte. "Du meinst... wir ziehen um?" "Hätte ich sonst gesagt, du sollst deine Sachen packen?" Luca schüttelte den Kopf. "Und ihr..." Sie schaute die beiden Jungs an. "Eure Strafe ist es, uns beim Umzug zu helfen." Yûichi und Kôji atmeten erleichtert auf. Das war ja noch eine annehmbare Strafe. Damit konnten sie leben. Vor allem der Rothaarige hatte sich im Geiste schon die wildesten Theorien zurechtgelegt, was die Designerin wohl mit ihnen anstellen würde. Naomi fuhr sich mit einer Hand durch die Haaren und kniete sich auf ein Sitzkissen. "Ist die Wohnung groß?", fragte sie ihre Freundin aufgeregt. "Keine Ahnung, die ist irgendwo bei Harajuku." Die Musikerin starrte sie ungläubig an. "Harajuku...? Ist nicht wahr..." "Doch", gab die Blonde zurück. "Und jetzt iss, sonst fällst du mir hier noch vom Fleisch... wann hast du überhaupt zuletzt gegessen?" "Heute Mittag", antwortete Kôji, "als sie bei mir gefrühstückt hat." "Ja... ein bisschen Toast", grinste Naomi. "Wenn das für dich Frühstück ist..." "Warum habt ihr eigentlich so viel gekocht?", wunderte sich Yûichi, als er den reich gedeckten Tisch betrachtete. "Erwartet ihr noch mehr Gäste?" "Nein, eigentlich nicht", erwiderte Luca. "Aber Naomi futtert ja so viel... und ich hatte Angst, dass für euch nichts übrig bleibt." "Schon klar..." Kôji warf der Gitarristin einen abschätzenden Blick zu. "Sie sieht eher so aus, als würde sie viel zu wenig essen." "Das meinst du nur." Die Pinkhaarige wartete, bis sich ihre Kollegen ebenfalls an dem Tisch niedergelassen hatten. "Können wir langsam anfangen? Ich verhungere sonst." "Und jetzt seht ihr Naomi in Action", erklärte die Designerin grinsend. Die beiden Musiker starrten sie ungläubig an. Doch als Naomi mehr oder weniger über ihr Essen herfiel, weil sie in den letzten vierundzwanzig Stunden so gut wie nichts gegessen hatte, waren sie doch eher geneigt, Lucas Worten Glauben zu schenken. Nach dem Essen zog Kôji eine Augenbraue hoch. "Alle Achtung, Schwester... ich habe noch nie jemanden gesehen, der so viel verdrückt hat... was hattest du gesagt, wann du vorher zuletzt gegessen hattest?" "Was hat das denn damit zu tun?", gab die Pinkhaarige indigniert zurück. "Die ist immer so. Es hätte mich gewundert, wenn sie weniger gegessen hätte... Dann hätte ich mir Sorgen gemacht. Es ist ohnehin ein Wunder, dass ich ihretwegen nicht längst pleite bin", erwiderte Luca. Yûichi wusste nicht, was er dazu sagen sollte, daher ließ er es lieber bleiben. "Das liegt wohl daran, dass meistens ich zahle, wenn wir auswärts essen gehen", meinte Naomi mit einem amüsierten Halbgrinsen. "Abgesehen davon gehe ich ja auch ab und zu einkaufen." "Dann sollten wir uns von jetzt an von den beiden Jungs hier zum Essen einladen lassen", wandte die Blonde ein. "Ihr wollt uns arm machen, huh?", grinste der Rothaarige. "Wär doch ein toller Ausgleich, du gehst pleite und hast dafür eine wundervolle Begleitung." Luca knuffte ihn in die Seite. "Arm werde ich wahrscheinlich sowieso... wenn Yû sie noch öfter zum Trinken mit zu mir nach Hause bringt", entgegnete der Gitarrist mit einem Seitenblick auf Naomi. "Also... es wäre besser, wenn du ab jetzt nicht mehr so oft irgendeine Ablenkung brauchst." Kapitel 25: There's work to be done ^^ -------------------------------------- "Alles klar", meinte Naomi zufrieden, als sie sich neben Luca auf das Sofa fallen ließ. "Endlich haben wir die Songs fertig. Ab nächste Woche läuft die neue Single im Radio, die Werbung wird zeitgleich anlaufen und in drei Wochen steht unsere erste Single dann in den Läden." Sie zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück. "Wird ja auch höchste Eisenbahn", gab die Blonde zurück. "Haben sich die beiden immer noch nicht gemeldet?", fragte die Musikerin mit deutlich gebremstem Enthusiasmus. Luca schüttelte den Kopf. "Sollen die doch bleiben, wo der Pfeffer wächst", grummelte sie. Naomi seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die pink gefärbten Haare mit den schwarzen Strähnen. "Was für Idioten", meinte sie mürrisch. "Erst große Gefühle heucheln und dann spurlos verschwinden." Sie ließ den Kopf hängen. Sie hätte niemals zulassen dürfen, dass sie etwas für diesen... arroganten Sänger empfand, dann würde es jetzt nicht so wehtun. "Du sagst es", erwiderte Luca, stand auf, ging zu dem großen Fenster und öffnete es. "Immerhin hat es etwas Gutes, wir haben eine viel coolere Wohnung als vorher. Und sie können uns nicht nerven." "Falls sie das überhaupt wollen, was ich mittlerweile ehrlich gesagt bezweifle", antwortete die Musikerin bitter. "Wenn sie das nach der ganzen Zeit noch nicht getan haben, dann werden sie das wahrscheinlich nie tun." "Da fällt mir was ein", meinte die Blonde. "Ich muss noch zu Kohta in die Wohnung." Naomi sah sie verwirrt an. "Wieso das?", wollte sie von ihrer Freundin wissen. "Erstens: Ich will ihm seinen beknackten Schlüssel zurückgeben. Zweitens: Ich will meine Klamotten haben." Sie schaute traurig auf die kleine schwarze Katze, die gerade auf Naomis Schoß gekrabbelt war. "Zu schade, dass Maru jetzt ein Scheidungskind ist." Die Pinkhaarige wischte sich mit beiden Händen durchs Gesicht. "Sehen wir es mal so... es wäre schlimmer gewesen, wenn es später passiert wäre...", murmelte sie betrübt. Luca nickte zustimmend. "Ach, Männer sind doch Scheiße!" Naomi streichelte Maru, der zufrieden schnurrte und es sich auf ihrem Schoß bequem machte. Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie sie sich fühlen würde, wenn Kirito sie erst jetzt hätte sitzen lassen, statt schon vor einem Monat. Sie hoffte, ihn nie wieder sehen zu müssen. "Ach ja...", fiel es Luca ein. "Da war noch was..." "Höh?", wunderte sich die Musikstudentin. "Was denn noch?" "Post!" Sie zeigte Naomi einen Brief. "Aha?" Sie sah ihre Freundin interessiert an, für einen Moment von ihren Gedanken an Kirito abgelenkt. "Was ist es denn?" "Lies doch einfach!" Naomi überflog kurz den Inhalt des Briefes, dann leuchtete ihr Gesicht förmlich auf. "Das ist ja cool!", rief sie freudestrahlend aus. "Du kannst als Designerin für einen Film arbeiten?" Luca nickte, schien jedoch nicht allzu begeistert. "Was ist los? Freust du dich nicht darüber?" "Nicht wirklich... irgendwie komisch..." Die Gitarristin zog eine Augenbraue hoch. "Dir ist schon klar, dass du damit noch bekannter und angesehener werden kannst?" "Hat Dai auch gesagt, aber trotzdem hab ich da eigentlich überhaupt keine Lust drauf." Entgeistert ließ Naomi den Brief sinken. "Bist du sicher?", fragte sie fassungslos. "Das ist doch deine Chance! Warum willst du sie dir entgehen lassen?" Die Blonde schaute ihre Freundin nachdenklich an. "Für dich sind übrigens auch noch Briefe da", meinte sie, um vom Thema abzulenken. "Schatz", seufzte die Pinkhaarige. "Warum willst du nicht auf meine Frage antworten?", meinte sie und ließ sich von Luca die besagten Briefe geben. "Keine Ahnung, weil einfach alles doof ist. Und wer weiß, vielleicht denke ich in fünf Minuten anders darüber." Naomi nahm ihre Freundin in den Arm. "Lass dich doch nicht so von diesem Mistkerl fertig machen. Er ist es nicht wert", versuchte sie, Luca aufzumuntern. "Und wieder ein Kommentar, der genauso aus Dais Mund kam", murmelte Luca. "Wenn wir das schon beide so sagen, wird wohl was dran sein, oder?", meinte die Musikerin und öffnete nun den ersten der beiden Briefe. Sie setzte sich wieder auf das Sofa und zündete sich erneut eine Zigarette an, während sie den Inhalt las. "Auch eine?" "Ja, bitte." Sie nahm die Zigarette von Naomi an und setzte sich neben sie. "Und, was steht drin?" "Wir sollen was für den Soundtrack dieses Films machen...", murmelte Naomi und las weiter. "Den Film, wo du die Kostüme machen sollst. Und wir sollen dort als Statisten kurz auftreten... da hat sich Rikuo aber ziemlich ins Zeug gelegt, scheint mir... wir haben ja noch nicht mal unsere erste Single veröffentlicht..." "Was habe ich dir gesagt?", gab Luca leicht lächelnd zurück. "In fünf Minuten kann ich ganz anders darüber denken." Die junge Musikstudentin zog einen Mundwinkel nach oben. "Das heißt, du machst sie?" "Solange du den Soundtrack machst, klar... wenn ich alleine dort arbeiten müsste, würde ich wahrscheinlich durchdrehen." Naomi zog an ihrer Zigarette und legte den Brief auf den Tisch. "Wenn die anderen nichts dagegen haben... aebr ich denke nicht, schließlich ist das auch für uns eine gute Gelegenheit." Sie griff nach dem zweiten Brief und öffnete ihn. Sie runzelte die Stirn. "Das sind die restlichen Prüfungsergebnisse, auf die ich schon so lange gewartet habe...", meinte sie erstaunt. Sie las weiter, dann grinste sie. "Was sagt man dazu... ich habe alles bestanden..." "Ehrlich?", quietschte Luca begeistert. "Lass mal sehen!" Sie riss ihr den Brief förmlich aus den Händen und las ihn. "Das müssen wir feiern!" Die Pinkhaarige grinste breit. "Von mir aus! Halten wir uns den Tag morgen dann frei?" "Logo! So was muss gefeiert werden, das geht gar nicht anders!" "Okay", erwiderte Naomi und umarmte ihre Freundin strahlend. "Wo gehen wir hin?" "Lexington", kam die prompte Antwort. "Ruf gleich mal deine Jungs an." Sie warf ihrer Freundin das neue Handy zu, damit sie Yûichi anrufen konnte, um ihn zu fragen, ob er mit den anderen ins Lexington Queen kommen würde. "Es sind übrigens nicht 'meine' Jungs", meinte Naomi und gab die Nummer ein. "Ich glaube, das sehen die aber anders", grinste Luca. Kapitel 26: Ein unerwartetes Wiedersehen ---------------------------------------- Der August neigte sich langsam aber sicher dem Ende zu, als Luca, Naomi und die Jungs von (R)Evolution zu einem Crewmeeting für den Film 'Lust for Blood eingeladen wurden - den Film, für den Luca die Kostüme entwerfen und Naomi mit ihrer Band den Soundtrack machen sollte. "Was meinst du, wer da alles mitspielt? Irgendjemand, den wir schon mal gesehen haben?", sinnierte Naomi, als sie das Gebäude betraten, in dem das Meeting stattfinden sollte. "Das werden wir ja gleich feststellen", erwiderte Yûichi trocken. Die Musikerin seufzte. "Das ist mir auch klar, du kleiner Spielverderber", gab sie zurück und knuffte ihn in die SEite. Der Sänger legte ihr einen Arm um die Schultern. "Sei bloß vorsichtig", grinste er sie an. "Sei du doch vorsichtig", grummelte ihn Luca von hinten an. "Bin ich", meinte er zu der Blonden, ließ Naomi aber vorsichtshalber wieder los. "Das will ich aber auch stark hoffen." Die Designerin hakte sich bei Naomi unter und sie gingen nach hinten durch, wo der Konferenzraum war. Kôji schmunzelte und steckte die Hände in die Taschen, als er ihnen nachging. Der erste, den sie sahen, war Rikuo, der sie förmlich begrüßte und sie auf ihre Plätze verwies. Sie setzten sich und sahen sich um. "Ist irgendwer von denen einer der Schauspieler oder so?", fragte Naomi interessiert, als sie ihren Blick über die Anwesenden schweifen ließ. "Ich erkenne zwei", meinte Yûichi desinteressiert. Er deutete zu einer älteren Frau und einem älteren Mann. "Kitano Takeshi und Watanabe Shouko." "Aha", kommentierte Luca, sagte aber nichts weiter dazu. Die Musikstudentin zuckte nur mit den Schultern, sie hatte keinen der beiden je gesehen. In diesem Moment ging hinter ihnen die Tür auf. Sie drehten sich um und sahen einen großen dunkelhaarigen Typen hereinkommen, der einen schwarzen Nadelstreifenanzug und eine Sonnenbrille trug. Er verbeugte sich höflich und setzte sich dem kleinen Grüppchen gegenüber hin und nickte ihnen knapp zu. Naomi verschluckte sich und stieß Luca an. "Nani...?", grummelte diese. Durch diese Aktion hatte sie im Daumenwrestling gegen Kôji verloren. Die pinkhaarige Studentin beugte sich dicht zu ihrer Freundin. "Das ist der Schuhdieb", flüsterte sie ihr ins Ohr. "Hm... wo?", fragte Luca verwirrt. "Der Typ, der gerade reingekommen ist und uns nun gegenüber sitzt. Der mit der Sonnenbrille." Die Blonde schaute vorsichtig zu dem Neuankömmling rüber. Er war es definitiv... dieses Gesicht würde sie nicht so leicht vergessen. Eine kurze Zeit starrte sie ihn ausdruckslos an, lächelte ihm dann freundlich zu, als er ihren Blick streifte. "Mistkerl", grummelte sie auf Deutsch. "Der Tag fängt ja gut an." Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Ich hoffe, er kann nur noch besser werden", antwortete sie ebenfalls auf Deutsch. "Oi", beschwerte sich Kôji. "Keine fremden Zungen hier, klar?" Er grinste breit. "Sonst muss ich wieder den Exorzisten spielen." "Das will ich sehen", höhnte die Musikerin grinsend. der Künstler, auch als Gackt bekannt, schaute die drei leicht abschätzend an. 'Typisch Kinder', dachte er sich und lehnte sich lässig zurück. Yûichi und Naomi husteten einmal synchron in ihre Hände wobei ein eindeutiges 'Poser herauszuhören war. Kôji und Luca fingen zu kichern an. "Hontou...", kam es wie aus der Kanone geschossen. Diesmal brüllten alle vier vor Lachen los, als die Tür hinter ihnen zum zweiten Mal aufging. "Das hört sich ja gut an hier", kommentierte eine den Frauen nur allzu bekannte Stimme. Sofort blieb ihnen das Lachen im Halse stecken und sie wagten es nicht, sich umzudrehen, aus Angst, es könnte wirklich einer von denen sein, die sie am allerwenigsten sehen wollten. "Hey... nee-chan...", meinte Kôji. "Nan da yo?" Auch Yûichi sah die Studentinnen besorgt an. Wie versteinert schauten die beiden Frauen zu Boden. "Onii", tönte die bekannte Stimme erneut. "Hier sind noch zwei Plätze frei, gleich neben Gacky." Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. "Gack-y?", fragte er bedrohlich. Luca und Naomi zupften an ihren Haaren, damit sie ihre Gesichter verdeckten. "Na-chan?", fragte Yû unsicher. "Daijoubu desu ka?" Naomi reagierte nicht darauf, sondern rutschte nur auf ihrem Stuhl etwas tiefer. "Ich glaube, die beiden sind von Gackys Präsenz hingerissen", grinste Kôji und fing sich einen bösen Blick von Gacky aka Gackt ein, den er ignorierte. Die Vorstellung, diesen Kerl Gacky zu nennen, war einfach zu herrlich. Bei dem Gedanken daran, wie Gackt in diesem Augenblick dreinschauen musste, begannen beide Studentinnen zu kichern, hielten sich dabei beide Hände vor den Mund. Yûichi grinste die beiden an und stieß Naomi einen Ellbogen in die Rippen, wodurch sie noch mehr lachen musste. Der blonde Bassist, der noch immer an der Tür stand und auf seinen Bruder wartete, guckte verwirrt. Irgendwie kam ihm dieses Gekicher bekannt vor. "Oi, nee-chan", drängte Kôji. "Ihr solltet euch das Gesicht von Gacky-Poo ansehen." Beide Frauen konnten sich nicht mehr halten vor Lachen. Sie verloren das Gleichgewicht und kippten mit ihren Stühlen um. Hemmungslos kichernd wanden sie sich auf dem Boden. "Nee", schmunzelte der rothaarige Gitarrist. "Daijoubu?" Yû schüttelte grinsend den Kopf und half den beiden Frauen hoch. "Ist ja wie im Kindergarten hier", kommentierte Kirito und setzte sich neben Gackt. "Also, ich finde das toll", grinste Kohta. "Hat doch was von Auflockerung. Außerdem erinnert mich das an jemanden, den wir beide kennen." Luca krallte sich an Naomis Hand fest. Sie verspürte den unbändigen DRank, sie sich zu schnappen und einfach wegzugehen. Naomi ging es ähnlich. Doch statt dieser Versuchung nachzugeben, stellte sie die Stühle wieder auf, setzte sich hocherhobenen Hauptes auf den einen und zog ihre Freundin auf den anderen. Diese Demütigung würde sie den beiden Männern nicht gönnen. "Naomi?", sprudelte es aus Kirito hervor. "Was machst du denn hier?" Die pinkhaarige Studentin antwortete gar nicht erst auf diese Frage, sondern ignorierte den Sänger einfach. "Ähm... Schatz?" Der Bassist schien verwirrt. "Was ist denn mit deinen Haaren passiert?" Yû und Kôji schauten ihre Freundinnen an. "Kennt ihr die?" "Nein", kam es wie aus einem Mund. "Nie gesehen." Kohta blieb baff stehen und schaute zu seinem Bruder, der die Studentinnen entsetzt anstarrte. "Aber...", stotterte er. "Naomi... ich..." "Was soll das heißen, nie gesehen?", fauchte Kohta. "Ich hätte gern eine Erklärung." Die jungen Frauen reagierten nicht, drehten sich zu Yû und Kôji um und begannen, sie in ein Gespräch zu verwickeln. "Spinnt ihr jetzt völlig?", fragte der Bassist genervt. "Siehst du nicht, dass die beiden euch nicht kennen?", mischte sich Gackt ein. "Jetzt reg dich gefälligst ab." Kohta starrte den Sänger entrüstet an. "Hat dich jemand nach deiner Meinung gefragt?" "Gackt-san", begann Luca, "ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung, aber es ist nicht nötig." Der Sänger sah sie einen Moment genauer an, hob eine Augenbraue, zuckte mit den Schultern und rückte seine Sonnenbrille zurecht, bevor er wieder nach vorne schaute. "Ich hasse Amateure." "Hört, hört", höhnten Yû und Naomi. Kirito verschränkte die Arme vor der Brust und legte die Stirn in Falten. Er konnte nicht verstehen, warum sich Naomi ihm gegenüber so abweisend verhielt und er fand es auch seltsam, dass sie sich mit diesen Typen so gut zu verstehen schien. "Macht doch, was ihr wollt", raunte Kohta und ließ sich auf den Stuhl neben seinem Bruder fallen. Nachdem das Meeting vorbei war, folgte Luca dem braunhaarigen Sänger hinaus. "Anou... Gackt-san." Sie schaute ihm in die Augen. "Danke für die Hilfe, aber ich hätte gerne meinen Schuh zurück. So von Kollege zu Kollege." Der Sänger schaute sie irritiert an. "Was für einen Schuh?" "Na, den, der wahrscheinlich für eine schöne Beule gesorgt hat", grinste sie. Gackt schob seine Sonnenbrille etwas nach unten und schaute sie ernst an. "Habe ich weggeworfen." Dann drehte er sich um und ging. In diesem Moment lief Naomi an ihnen vorbei und zog Yûichi am Arm hinter sich her. "Man... ihr beiden habt heute wieder eine Laune", grummelte Kôji, der Naomi und Yû folgte. "Ist der Monat mal wieder um?" "Klappe!", fauchten die beiden Frauen. "Naomi!", hörten sie Kirito rufen. "Warte doch, ich muss mit dir reden. Es ist wichtig." Luca stellte sich mitten in den Weg, so dass der Sänger nicht so einfach vorbei konnte. "Murata-san", begann sie ernst, "bitte lassen Sie Naomi in Ruhe. Sie legt keinen Wert auf ihre Gesellschaft." Dann drehte sie sich zu Kôji um. "Komm, Kleiner, wir gehen." "Ey, wer ist hier klein, du bartloser Zwerg?!", keifte er und knuffte sie in die Seite. "Ich zeig dir gleich, wie 'klein' ich bin!" "Ja, ja... immer diese leeren Versprechungen", grinste Luca und hakte sich bei ihm ein. "Könnte mir mal einer erklären, was zum Teufel hier gespielt wird?", beschwerte sich Kohta und packte Kôji an der Schulter. "Lass die Pfoten von meiner Freundin." "Luca hat keinen Freund", erklärte der Rothaarige trocken. "Oder willst du mir sagen, dass du der Versager bist, wegen dem sie so depressiv war und dein Bruder ist wahrscheinlich der Arsch, der Na-chan so fertig gemacht hat, hm?" Kohta starrte den Gitarristen wutentbrannt an. "Wen nennst du hier Versager?" "Kôji, lass uns gehen", sagte die Blonde. "Die sind es nicht wert." Sie nahm den Rothaarigen an der Hand und zog ihn hinter sich her. Kapitel 27: Let the show begin ------------------------------ "Reiko-chan!", rief Luca durch eine der Türen. "Wer ist der Nächste für die Anproben?" Die junge Assistentin schaute in den Timer und blätterte darin herum. "Kirito-sama." Luca warf ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu, die verächtlich schnaubte. "Murata-san", rief Luca. "Würden sie bitte hereinkommen?" Als Kirito den Raum betrat, fiel sein Blick zuerst auf Naomi, die sich an den rothaarigen Gitarristen gelehnt und ihre Beine über die von Yû gelegt hatte. Er zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. "Würden Sie sich bitte hier hoch stellen?", fragte die Designerin und schaute ihn noch nicht einmal an. "Es dauert nicht lange." Er folgte missmutig dieser Aufforderung, wandte seinen Blick aber nicht von der Musikstudentin ab. "Murata-san, könnten Sie bitte nach vorne schauen?", forderte Luca ihn auf. "Ich kann sonst die Stecknadeln nicht richtig fixieren." Der blonde Sänger wandte den Kopf nach vorne und beobachtete Naomi aus den Augenwinkeln. "Oi", grummelte Kôji. "Hier gibt es nichts zu sehen." Er packte Naomi und knuffte sie ganz fest, während er Kirito herausfordernd angrinste. "Hast du keinen Fernseher zu Hause?" "Wenn du so weitermachst, lebst du nicht mehr lange", erklärte eine tiefe Stimme. Luca zuckte kurz zusammen und stach dem Sänger versehentlich eine Nadel ins Fleisch. "Gomen...", entschuldigte sie sich. Einige Sekunden später rappelte sie sich hoch und ging auf den blonden Bassisten zu. "Sie stören hier." Kohta schaute seine Ex amüsiert an. "Ah... und dieser Kinderverein dort hinten nicht?" "Murata-san", begann sie. "Sie sind auch gleich dran. Ich denke, so lange können sie noch warten, oder? Sie lassen sich ja sonst auch mit allem so viel Zeit." Sie drückte den Bassisten nach draußen und schloss die Tür vor seiner Nase. Yû grinste. "Kinderverein ist gut, wenn ich bedenke, wie er sich auf dem Meeting aufgeführt hat", meinte er amüsiert. Naomi verdrehte seufzend die Augen, als sie sich daran erinnerte. "Keine Sorge, Na-chan", sagte Kôji schmunzelnd. "Mit uns passiert dir nichts." "Na, wer's glaubt", entgegnete Luca und begann wieder, Kiritos Kleidung abzustecken. Nachdem sie fertig war, verlangte die Designerin von ihm, dass er sich in alle Richtungen umdrehte, und als sie zufrieden mit ihrer Arbeit war, entließ sie ihn. Naomi, die den Sänger die ganze Zeit über unbemerkt beobachtet hatte, atmete erleichtert auf, als er den Raum verließ. "Murata-san", fiepte Reiko, musste jedoch nicht lange warten, bis Kohta in den Raum kam. "Bitte einmal hier hinstellen", forderte Luca ihn auf. Kohta stapfte auf das kleine Podest. "Ich will, dass die da rausgehen." "Und wieso, wenn ich fragen darf?", wollte die Blonde wissen. "Ich brauche keinen Grund." Er drehte sich zu den drei Musikern um. "Verschwindet." "Du hast uns gar nichts zu sagen", erklärte Kôji. "Und ihr hier nichts zu suchen. Hier wird gearbeitet und kein Kaffeekränzchen gehalten." Naomi machte eine wegwerfende Handbewegung. "Beachtet ihn einfach nicht." "Hatte ich nicht vor", entgegnete Yûichi. "Schön, dass wir das geklärt haben", kommentierte Luca. "Bleiben Sie jetzt bitte stehen, ich habe keine Lust, dass Sie mir hier verbluten, weil ich Sie zufällig schneide." "Zufällig, schon klar", grinste Kôji. "Der soll mal lieber aufpassen, dass ich dem nichts abschneide." Kohta schnaubte verächtlich und wandte sich dann der Blonden zu. "Wie lange willst du das Spiel noch treiben?" "So lange du nicht tot umfällst", erklärte der Rothaarige. Der Bassist ballte seine Hände zu Fäusten. "Wie geht es Maru?" "Viel besser ohne dich", gab Yû zur Antwort. Kohta seufzte. "Kann ich auch mal mit dir alleine reden?" "Nur über unsere Leichen", bemerkte Kôji. "Lässt sich einrichten", brummte der Blonde. "Ich wüsste nicht, worüber wir reden sollten", erklärte Luca. "Ich denke, wir haben uns nichts mehr zu sagen. Wir vier." "Ah... und dass wir die verdammten letzten Wochen versucht haben, euch zu erreichen, ist also auch egal, ja?", fauchte er sie an. "Wer's glaubt", schmunzelten Yû und Kôji. "So. Sie sind fertig, Murata-san." "Du sagst es, Schwester", lachte Kôji. Kohta warf den beiden Männern einen vernichtenden Blick zu, stapfte wieder runter und knallte mit voller Wucht die Tür hinter sich zu, als er den Raum verließ. "Was hat der denn?", seufzte Naomi. "Der hat ja mal einen Grund sich aufzuregen!", meinte sie ironisch. "Ah, Versager... bleibt Versager", erklärte Kôji. "Am besten einfach nur ignorieren." "Nee-chan. Bist du fertig für heute?" Yû stand auf, wobei er Naomis Beine festhielt. Die Blonde nickte. "Gott sei Dank", seufzte sie. "Die beiden hätte ich nicht länger ertragen können." "Gehen wir was essen", forderte der rothaarige Gitarrist. "Das Nao sieht ja schon ganz abgemagert aus." Er nahm die junge Frau hoch, warf sie sich über die Schulter und verließ mit den anderen den Raum. "Los, Essen fassen." Naomi quietschte vergnügt auf. "Lass mich runter", lachte sie. "Nie im Leben..." Er grinste und schlug ihr mit der flachen Hand auf den Hintern. "Baka", grummelte Yû und schlug ihm leicht auf den Hinterkopf. "Die Schläge da bringen nix mehr", grinste Luca. "Bei Kôji ist Hopfen und Malz verloren." "Oi! Ich bin anwesend", brummte der Gitarrist. "Als ob uns das jemals davon abgehalten hätte", kicherte Naomi und ließ die Arme baumeln. "Ihr seid ja tolle Freunde", seufzte der Rothaarige. "Yo, ne?!", riefen die drei anderen aus. Naomi kniff Kôji in den Hintern. "Können wir endlich was essen gehen?" "Ja... ist ja gut." Er grinste. "Wieso darf die das und ich nicht?", fragte er plötzlich beleidigt und rieb sich mit der freien Hand den Po. "Das ist doch voll uncool!" Das Quartett kicherte fröhlich und ausgelassen, als es durch die Studioflure zog. Kôji ignorierte geflissentlich die Tatsache, dass ihn Naomi des öfteren in die Beine zwickte und sie von anderen Leuten sehr seltsam angesehen wurden. Kapitel 28: Streit und andere Kleinigkeiten ^^ ---------------------------------------------- Kirito ließ sich seufzend aufs Sofa fallen, als Kohta seine Wohnungstür geräuschvoll hinter sich schloss. "Das ist ja wohl nicht zu fassen!", schimpfte der Bassist. "Was denken die eigentlich, wer die sind?!" Der Sänger saß still da und knackte mit den Fingergelenken. Er war wütend und verletzt, mehr als er sich eigentlich eingestehen wollte. Er zuckte erschrocken zusammen und sah auf, als er in der Küche etwas splittern hörte. "Ah... kuso!", fluchte Kohta lautstark. "Warum steht mir dieser blöde Stuhl auch mitten im Weg!" "Klar", brummte Kirito sarkastisch. "Er ist dir bestimmt einfach so vor die Füße gesprungen." Anstatt eine Antwort zu erhalten, war nur ein lautes Klirren zu hören. "Haben dir jetzt die Gläser den Vogel gezeigt?" Innerhalb von Sekundenbruchteilen baute sich sein jüngerer Bruder im Türrahmen auf. "Machst du dich etwa lustig über mich?", grollte er wütend. Der Sänger zog eine Augenbraue hoch. "Sehe ich so aus, als würde ich das tun?" Drohend ging der Bassist auf ihn zu. "Du...", schnaubte er. "Wage es nicht..." "Was willst du tun? Mich verprügeln? Oder umbringen?" Er stieß ein freudloses Lachen aus. "Ist es etwa meine Schuld, dass die beiden jetzt nichts mehr von uns wissen wollen?" Grimmig stand er auf und sah Kohta herausfordernd an. "Kann ich etwas dafür, dass du Luca nicht erreichen konntest? Und ich somit Naomi...", setzte er betrübt nach. "Soll das heißen, dass es meine Schuld ist?" Das Gesicht des Bassisten verdüsterte sich. "Wenn du zu blöd bist, Naomi nach ihrer Nummer zu fragen..." "Sag das nicht noch mal!" "Du Idiot hast es ja noch nicht einmal geschafft, ihr zu sagen, was du für sie empfindest!" Kohta verengte die Augen zu Schlitzen. "Nicht einmal ansatzweise... du weißt ja nicht mal, ob ihr ein Paar wart oder nicht! Wie dämlich kann man sein?" Wütend trat Kirito gegen den Wohnzimmertisch. "Immerhin fange ich nicht gleich mit jedem Mädchen, das mir zulächelt, eine Beziehung an!", gab er kalt zurück. "Ich etwa?!" Der Bassist sah ihn fassungslos an. "Ich habe in den letzten Monaten kein Mädchen mehr beachtet... für mich gibt es nur Luca!", fauchte er. Der Sänger schnaubte verächtlich. "Sag das nicht mir... mich interessieren deine Bettgeschichten herzlich wenig." "Ich habe keine Bettgeschichten!" Kirito zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern. "Wie gesagt, es interessiert mich nicht... aber Luca dürfte es interessieren..." Kohta holte nach hinten aus und zersplitterte ein paar Regalbretter. "Aber sie redet ja nicht einmal mehr mit mir!", meinte er frustriert. "Ich verstehe das nicht... sie sollte doch wissen, dass ich versucht habe, sie zu erreichen... wenn Naomi nichts mehr von dir wissen will, kann ich das ja noch verstehen... du hast ja nicht mal ihre Nummer!" Das war dann doch zu viel für den Sänger. Wütend ballte er die Hände zu Fäusten, drehte sich um, nahm eine von Kohtas Bassgitarren von der Wand und schlug damit zuerst auf das Sofa und dann auf den Fernseher ein. "Was... WAS MACHST DU DA!" Sofort stürzte Kohta auf ihn zu und versuchte, ihm die Überreste seines Instruments zu entreißen. "Der Fernseher ist mir ja noch egal, aber DAS NICHT!" "Besser dein Bass als dein Kopf, oder?", zischte Kirito ihn an und stieß ihn von sich weg. "Du redest ja grad so, als wäre mir Naomi völlig egal!" "Ist sie das etwa nicht?" "Natürlich nicht!" Der Bassist knirschte mit den Zähnen und warf seinen ohnehin schon kaputten Fernseher auf den Boden. "Und warum sagst du es ihr dann nicht?" "Wie soll ich es ihr denn sagen, wenn sie mir nicht mal zuhört?", schrie der Sänger und warf sich frustriert auf das demolierte Sofa. "Ich habe ihre Nummer nicht... und umgezogen sind sie auch... das heißt, ich weiß nicht einmal mehr, wo sie wohnt... was soll ich denn deiner Meinung nach tun!" Kohta sah ihn kurz mitleidig an. So fertig hatte er seinen Bruder vorher nie gesehen... zumindest konnte er sich nicht daran erinnern... zwar war er schon seit Wochen recht mitgenommen, aber das... Er drehte sich auf dem Absatz um, ging an die Bar, um dort zwei Gläser und einige Flaschen Alkohol herauszuholen, die er dann vor Kirito auf den Boden stellte. Kirito warf dem Bassisten einen ungläubigen Blick zu. "Denkst du, das hilft mir, das mit Naomi endlich zu klären?", fragte er zweifelnd. "Das hilft dir genauso wenig wie meinen Bass zu zertrümmern", brummte Kohta und goss ihnen Wodka ein. "Aber wenn ich diesen... Rotschopf erwische, ist er dran!" Der Sänger griff sein Glas fester, so dass es fast zersplitterte. "Er hat meine Naomi angetatscht!", beschwerte er sich. "Und sie hat nicht einmal was dazu gesagt! Nicht einmal Luca hatte was dagegen... und bei mir hat sie sich immer so angestellt." Sein Bruder seufzte und stieß mit ihm an. "Eigentlich können wir nur noch mal versuchen, mit den beiden zu reden... am besten ohne ihre beiden Wachhunde. Und wenn mir dieser Knilch in die Quere kommt, vergesse ich ich!", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Kirito leerte sein Glas und nahm dem Jüngeren die Flasche aus der Hand. "Nimm dir eine neue", meinte er leise. "Auf die Gläser können wir jetzt wohl verzichten." Kohta nickte und griff nach der nächsten Wodkaflasche. "Meinst du, sie haben sich umgebracht?", wisperte Naomi leise, als sie ihre Freundin mit großen Augen ansah, nachdem der Lärm in Kohtas Wohnung verstummt war. "Ich habe keine Ahnung", erwiderte diese ebenso leise. "Denkst du, sie könnten das?" "Sie haben sich jedenfalls wütend genug angehört..." Naomi schluckte. "Denkst du... meinst du... ob das Ganze vielleicht wirklich nur ein... dummes Missverständnis war?", fragte sie unsicher. Nachdenklich schaute Luca die Tür an und ohne etwas dazu zu sagen, steckte sie ganz vorsichtig und leise den Schlüssel ins Schloss. Dann drehte sie sich zu der Pinkhaarigen um. "Auf drei?" Die Musikerin sah sie fragend an. "Was auf drei? Wohnung stürmen?" Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, so ernst diese Situation auch war. "Ich dachte eher an leise aufschließen und kurz hineinsehen...", erwiderte die Blonde stirnrunzelnd. Naomi schluckte. "Ich muss gestehen... ich habe keine Lust, tatsächlich zwei Leichen dort vorzufinden." "Was ist, wenn sie noch halbwegs leben?" Seufzend fuhr sich die Gitarristin mit einer Hand durch die pinken Haare. "Ist ja schon gut... ich habe nur... Angst... verstehst du?" Sie warf ihrer Freundin einen kläglichen Blick zu. Luca atmete tief ein, bevor sie zu zählen anfing. "Eins..." Die Musikerin stellte sich zitternd neben sie. "Zwei..." "Und..." Luca zögerte. "Drei...?" Naomi nickte und die Blonde drehte den Schlüssel um, dann stießen sie vorsichtig die Tür auf. Als sie das Chaos in der Wohnung sahen, stockte ihnen der Atem. Sie hatten zwar gehört, was dort drin vor sich gegangen war, hatten es sich aber nicht ganz so schlimm vorgestellt. Langsam traten sie in die Wohnung und sahen sich um. "Kohta...?", rief Luca leise. "Kiri?" "Kirito..." Naomi merkte, wie ihre Stimme brach. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn sie ihn tatsächlich tot vorfinden würde... oder lebend... "Schatz?" Erschrocken zuckten sie zusammen, als sie etwas klirren hörten und sprangen sich in die Arme. Panisch quietschten sie auf und schlossen die Augen. "Was war das...?", keuchte Naomi und Tränen traten ihr in die Augen. "Ich... weiß... nicht...", gab Luca schniefend zurück. "Hätten wir ihnen doch nur gleich zugehört... dann wären sie jetzt wenigstens nicht tot!" "Kannst du auch mal aufhören, den Teufel direkt an die Wand zu malen?!", beschwerte sich die Pinkhaarige schluchzend. "Ich will gar nicht daran denken!" "Luca?", ertönte eine ungläubige Stimme. Naomi kreischte direkt los und klammerte sich an Luca fest, die auf einer der vielen Scherben und Holzsplitter auf dem Boden ausrutschte und ihre Freundin mit nach unten riss. Plötzlich waren schnelle Schritte zu hören, die auf sie zukamen. Die Blonde schrie auf und versuchte, nach hinten wegzukrabbeln, wobei sie Naomi nicht losließ. Als sie spürte, wie jemand nach ihrem Handgelenk griff, schrie sie noch lauter und trat wild um sich. "Hey...", meinte eine tiefe Stimme in ruhigem Tonfall. "Ich tu dir nichts." Kohta und Kirito sahen sich irritiert an. Was um alles in der Welt war jetzt los? Zuerst wollten die beiden Studentinnen nichts mehr mit ihnen zu tun haben... dann tauchten sie so unvermittelt in Kohtas Wohnung auf und nun steigerten sie sich in ihren Panikanfall rein... das sollte mal einer verstehen... Der Sänger fasste sich wieder und sank auf die Knie. "Naomi?" "Geh weg!", keifte sie hysterisch, ohne zu realisieren, wer sie da gerade angesprochen hatte. Er verzog das Gesicht, schob diese Aussage aber einfach auf ihre Panik. Er rückte näher zu ihr heran und nahm sie in den Arm, um sie zu beruhigen. "Hey... es ist in Ordnung, ich bin doch da... dir passiert nichts..." Er achtete nicht auf seinen Bruder, der dasselbe mit Luca versuchte. Es dauerte eine Weile, bis sich die beiden jungen Frauen beruhigten und schließlich schluchzend auf dem Boden saßen. Naomi blinzelte Kirito verwirrt an und wischte sich die Tränen von den Wangen. "Kiri...?", fragte sie mit brüchiger Stimme. "Bist du es wirklich?" Der Sänger nickte und strich ihr einige pinke Strähnen aus der Stirn. "Wer denn sonst?" "Ich dachte... du... du wärst..." Sie schluchzte auf und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Er warf seinem Bruder einen ratlosen und verwirrten Blick zu. Der allerdings zuckte nur mit den Schultern, er war auch nicht schlauer als der Ältere. "Luca?", brummte Kohta leise. Die Blonde schniefte und nickte langsam mit dem Kopf. Dann schlang sie ihm die Arme um den Hals und weinte bitterlich, wobei sie immer wieder 'baka' schluchzte. Kirito legte beide Arme um Naomi, hob sie einfach hoch und trug sie ins Wohnzimmer, wo er sie auf die Couch setzte. "Was macht ihr eigentlich hier?", wollte er von ihr wissen. "Ich dachte, ihr kennt uns nicht mehr?" Naomi zog ein Taschentuch aus ihrer Shorts und putzte sich die Nase. "Wir wollten eigentlich den Schlüssel zurückbringen." Sie schluchzte einmal auf. "Aber dann haben wir euren Streit gehört und uns Sorgen gemacht. Es hörte sich so an, als würdet ihr euch gegenseitig umbringen. Ich dachte, du wärst... ihr wärt... ich... erm..." Die Musikerin begann erneut zu schluchzen. Der Sänger sah sie ungläubig an. "Ihr habt euch Sorgen gemacht?", wunderte er sich. "Nachdem ihr euch uns gegenüber so unmöglich verhalten habt?" Bei diesen Worten löste sich Luca von dem Bassisten. "Bitte, was?", fragte sie erbost. "Wer hat sich denn die ganze Zeit über nicht gemeldet? Wir bestimmt nicht!" Er wandte den Kopf zu ihr um. "Wer ist denn umgezogen? Wir etwa? Ich habe Naomis Nummer nicht und du warst ja nicht zu erreichen." Die Blonde stieß Kohta weg. "Hallo! Geht es dir noch gut?", fauchte sie. "Ich habe ja nur so zum Spaß Wochen damit verbracht, mein Handydisplay zu studieren und wir sind wie die Irren bei jedem Klingeln zusammengezuckt, in der Annahme, dass ihr euch unserer erbarmt und mal anruft! Außerdem haben wir mehrfach bei euch angerufen und es ist niemand ans Telefon gegangen!" Kirito sah sie wütend an. "Wir haben mehrfach versucht, auf deinem Handy anzurufen. Das einzige Mal, dass jemand ranging, war es ein Typ, der behauptete, du wärst seine Frau!" Luca starrte den Sänger an. Sie wollte etwas sagen, doch kein Ton kam über ihre Lippen. Nach einer kurzen Weile stand sie ruckartig auf. "Dieser Bastard... Ich werde ihn töten." Die Blonde stürmte in die Küche, zog die Schublade mit dem Besteck heraus, schnappte sich ein riesiges Messer und machte sich auf den Weg nach draußen. "Schatz?", fragte Kohta verunsichert. "Wo willst du denn mit dem Filetiermesser hin?" Er stand auf und hielt sie an dem freien Handgelenk fest. "Ich gehe meinen Bruder umbringen", zagte sie zähneknirschend. Naomi sah irritiert auf. "Wieso willst du Vincent umbringen?", schniefte sie. Die Blonde drehte sich zu ihrer Freundin um. "Erstens: Er sagt, dass ich seine Frau bin. Zweitens: Er hat definitiv was an meinem Handy gedreht." "Wie bitte?" Schlagartig hörte die Pinkhaarige auf zu weinen. "Soll das heißen, das Ganze hier ist seine Schuld?" "Na, rate mal, wenn er so scharf darauf ist, mich an Rikuo zu verschachern." Sie fuchtelte aufgebracht mit dem Messer. "Der schreckt doch vor nichts zurück!" Wütend stand die Musikerin auf und ging ebenfalls in die Küche. Nach wenigen Sekunden kam sie mit einem fast genauso großen Messer zurück. "Ich komme mit", meinte sie bestimmt. Kirito sah die beiden entsetzt an. "Ihr wollt doch nicht ernsthaft einen Mord begehen, oder?" "Doch! Wollen wir!", erwiderten die beiden Frauen entschlossen. "Das könnt ihr doch nicht tun!", meinte Kohta. "Ah nein, stell dir vor, ohne diese Monsterbrut wäre das alles gar nicht passiert", fauchte Luca. "Also, lass mich endlich los. Das ist eine Familienangelegenheit." "Aber... aber...", stotterte der Sänger. "Nichts, aber." "Aber Schatz", wandte der Bassist ein. "Wir haben euch doch gerade erst wieder und ihr wollt schon wieder gehen?!" "Der da", meinte Naomi kühl und deutete auf Kirito, "braucht mich ja eh nicht." "Das ist ja überhaupt nicht wahr", gab dieser zurück. "Ah nein?!" "Onii, mach endlich den Mund auf", forderte der Bassist seinen Bruder auf. "Sonst gibt es heute wirklich einen Toten..." Der Sänger blinzelte ihn verwundert an, dann ging er ein paar Schritte auf Naomi zu. "Natürlich brauche ich dich." Er traute sich gar nicht, sie anzusehen. "Ich habe dich schrecklich vermisst." Die Pinkhaarige starrte ihn fassungslos an. "Ist das dein Ernst?", murmelte sie. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und nickte. Langsam ging er auf sie zu, nahm ihr das Messer aus der Hand und umarmte sie. "Daisuki na... hontou ni daisuki na...", flüsterte er ihr ins Ohr. Kapitel 29: Einweihungsparty ---------------------------- In den nächsten Tagen waren sowohl Pierrot als auch (R)Evolution und Luca vollauf beschäftigt. Die beiden Studentinnen hatten vollkommen vergessen, Kôji und Yû etwas davon zu sagen, dass sie sich mit Kirito und Kohta wieder versöhnt hatten. Aufgrund der vielen Arbeit hatten sie auch keine Zeit mehr gehabt, sich mit ihren Freunden oder anderen Leuten zu treffen. Daher hatten sie beschlossen, am Sonntag eine Einweihungsparty in ihrem Appartement zu feiern. Yû und Kôji hatten sich sofort angeboten, den beiden Frauen bei den Vorbereitungen zu helfen. "Wer kommt denn noch alles?", wollte der rothaarige Gitarrist wissen, als er die wahrscheinlich hundertste Kiste Bier hochgeschleppt hatte. Naomi sah von der Bowle auf, die sie gerade anrührte. "So ein paar Leute halt", antwortete sie unbestimmt, bevor sie eine Flasche nahm und den Inhalt in die große Schüssel goss. Kurze Zeit später kamen dann Hideo und Tatsuya an. Der Schlagzeuger begab sich direkt in die Küche, um Luca beim Kochen zu helfen, während der Bassist von irgendwelchen Leuten erzählte, die er auf dem Weg dorthin getroffen hatte. "Halt doch mal die Luft an", fiel ihm Yûichi ins Wort, "und mach dich nützlich." Er musste auch nicht lange auf eine Gelegenheit warten, denn kaum hatte der Sänger seinen Satz beendet, klingelte es auch schon an der Tür. Hide öffnete und grinste breit, als er die Jungs von Dir en grey vor der Tür stehen sah. Jeder von ihnen hatte entweder Tüten oder einen Karton bei sich. "Wir dachten uns, wir bringen ein paar Einweihungsgeschenke für die Mädels mit, nachdem wir sie ja ewig nicht mehr gesehen haben", meinte Dai fröhlich, als er einen Karton im Wohnzimmer abstellte. Dann entdeckte er eine pinkhaarige Person, die sich an einer großen Schüssel zu schaffen machte. "Cool, Bowle", freute er sich und stellte sich neben sie. "Ich bin übrigens Dai", stellte er sich vor und sah sich die Person zum ersten Mal genau an. Das Grinsen verschwand urplötzlich von seinem Gesicht, als sie ihn anlächelte. "Da... da...", stammelte er verwirrt. "Naomi?", fragte er ungläubig. "Bist du das?" "Klar", entgegnete sie breit grinsend. "Was dachtest du denn? Der Weihnachtsmann?" "Aber... was hast du nur mit deinen Haaren gemacht?" Er trat einen Schritt zurück und sah sie mit großen Augen an. "Gefärbt?", kam die trockene Antwort. Vorsichtig zupfte er an einer ihrer Strähnen. "Das ist... keine Perücke?" "Baka", tönte es von hinter ihm. "Du musst grad was sagen mit deinen roten Zotteln." Dai drehte sich um. "Bin ich hier im falschen Film?", murmelte er irritiert, als er Lucas blonde Haare sah. "Die eine pink, die andere blond... kaum ist man mal für ein paar Tage weg, dann direkt so was... was kommt als Nächstes? Grün?" "Ein paar Tage ist gut", meinte Naomi gut gelaunt. "Waren ja nur etwa drei Wochen oder so." "Apropos drei Wochen...", fiel es Daisuke ein. "Haben sich Kirito und Kohta eigentlich endlich bei euch gemeldet?" Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich bei dem Gedanken an die beiden Musiker von Pierrot. "Die beiden Spinner können bleiben, wo der Pfeffer wächst", grummelte Yû, als er den Raum wieder betrat, nachdem er mit seinem Kollegen ein paar Kisten geholt hatte. "Die sollen aufpassen, dass sie nicht... versehentlich die Treppe runterfallen...", pflichtete Kôji bei. "Wenn mir die beiden noch einmal unter die Augen treten, kann ich für nichts garantieren!" "Wenn die es noch einmal wagen, Nee-chan anzusprechen, setzt es was...", fuhr der Sänger von (R)Evolution mürrisch fort. In diesem Moment klingelte es erneut an der Tür. Dai hatte gerade etwas sagen wollen, wurde dadurch aber abgelenkt. Wer konnte das jetzt sein? Shinya, der sie die ganze Zeit über ausdruckslos beobachtet hatte, öffnete die Tür. "JunJun!", freute sich Naomi und fiel dem Gitarristen von Pierrot um den Hals, als er ins Wohnzimmer kam, gefolgt von Aiji und Takeo. "Und AiAi!" "So ein paar Leute halt, huh?", meinte Kôji schmunzelnd, als er den Menschenauflauf betrachtete, wobei einige ja noch nicht einmal im Raum waren. "Und was ist mit uns?", beschwerten sich Kirito und Kohta, die an der Tür standen und sich nun auch ins Wohnzimmer begaben. "Raus!", grollte Yû unvermittelt und legte schützend einen Arm um Naomi. "Ihr habt hier nichts zu suchen!" Die pinkhaarige Studentin sah ihn mit großen Augen an. "Anou... Yun-chan...", begann sie, konnte ihren Satz jedoch nicht beenden, da sich Kôji einmischte. "Seht zu, dass ihr verschwindet, ihr Freaks", grummelte der Rothaarige und ging in Kampfposition. "Oder ich sorge eigenhändig dafür." Belustigt hatten sich die Dir en grey Member auf eines der Sofas gesetzt und schauten dem Schauspiel interessiert zu. "Los... eine links, eine rechts", spornte Kyô Kôji an. "Du schaffst das, Kleiner." Er hüpfte freudig auf dem Sofa rum. "Zeig ihm, wo der Hammer hängt!" "Ich schmeiß den Hammer gleich nach dir, Zwerg", raunte Kohta und lehnte sich gelassen gegen seinen Bruder. "Erm... euch beiden geht es gut?", fragte Luca vorsichtig und verdrehte die Augen. "Diese Typen kommen hier nicht rein", erklärte Yû stur und knackte mit dem Nacken. "Wir sind schon drin", erklärte Kirito trocken. Kôji schob sich die Ärmel seines Hemdes hoch. "Tja, dann befördern wir euch jetzt auch wieder raus." Er knackte mit den Fingergelenken. Luca ging zu ihrer Freundin. "Wollen wir langsam was machen, bevor unsere Wohnung so aussieht wie Kohtas?", fragte sie genervt. "Los... los... ich will Blut sehen..." Kyô stand auf dem Sofa und hüpfte drauf rum. "Halt die Klappe", fuhr Naomi ihn an. Sie nahm ihre Freundin am Arm und zog sie zu ihren Freunden. Luca schob dabei Kôji und Yû etwas von den beiden Brüdern weg. "Könntet ihr bitte aufhören, unsere Freunde zu bedrohen?", zischte sie ihnen zu. "Und du, Chibi, hör auf sie anzustacheln." Toshiya prustete los. "Nee, Chibi-chan..." "Ich geb dir gleich Chibi-chan", motzte Kyô und zog ihn an den Haaren. Kôji sah die beiden Studentinnen fassungslos an. "Sagt mal, haben wir irgendwie was verpasst?" "Wir dachten, ihr kennt die nicht", mischte sich Yû ein. "Kinder haben halt keine Ahnung von Erwachsenen-Sachen", höhnte Kohta und legte seiner Freundin besitzergreifend beide Arme um die Taille. Daisuke schaute sich diese Szene verwirrt an. Nicht nur die beiden Jungs hatten anscheinend etwas verpasst, ihm selbst ging es auch nicht besser. Mit einem genervten Seufzer setzte er sich auf die Sofalehne neben Kaoru. "Ich hätte gerne eine Erklärung", verlangte Yûichi und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe gedacht, ihr wollt mit diesen... diesen... Typen nichts mehr zu tun haben." "Vor allem, nachdem sie euch so behandelt hatten!", setzte Kôji hinzu. Naomi scharrte mit einem Fuß auf dem Boden. "So wie es aussieht, war das Ganze wohl ein Missverständnis." "Das kann ja jeder behaupten...", mischte sich Hide ein, nachdem er aus der Küche kam. "Ne, Tatsu?!" Der Drummer steckte den Kopf durch die Tür, sah in die Runde und verschwand wieder in der Küche. "Ist doch ihre Sache, oder?" "Immerhin ein normaler Mensch hier", sagte Kohta kopfschüttelnd. "Danke...", kam es wie aus einem Mund von Luca und Naomi. Kirito schob seinen Bruder von sich weg. "Ich bin kein Geländer zum Anlehnen", meinte er und nahm seine Freundin in den Arm. Er sah Yûichi und Kôji ernst an. "Das war wirklich nur ein Missverständnis." "Vor denen brauchst du dich nicht zu rechtfertigen, Onii", erklärte Kohta und gab seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn. "Reicht ja, dass unsere Süßen es wissen." Naomi warf dem blonden Bassisten einen missbilligenden Blick zu. "Darf dein Bruder selbst entscheiden, vor wem er sich rechtfertigt und vor wem nicht? Er muss doch selbst wissen, ob er es unseren besten Freunden erklären möchte, oder nicht?" "Für beste Freunde wollen sie es aber nicht wirklich akzeptieren, hm?", erklang es wieder aus der Küche. Zerknirscht verzog die Pinkhaarige das Gesicht. "Aber auch nur, weil wir mal wieder zu doof waren, es selbst zu erklären." Luca nickte. "Okay, das reicht aber jetzt." Sie zog ihren Freund in Richtung Küche. "Hier soll schließlich eine Party steigen und keine Beerdigung. Zwerg, such die Bar und gib den Leuten etwas zu trinken." "Ich bin kein Zwerg!!!!", protestierte Kyô. "Außerdem würde ich da wahrscheinlich eh nicht dran kommen." Toshi brüllte vor Lachen. "Ich werde dich hochheben. Aber lass erst meine Haare los." Der blonde Sänger ließ seinen Bassisten los und grummelte ihm irgendwelche Flüche zu. Dann sprang er mit einem Satz vom Sofa und wartete auf den braunhaarigen Bassisten. "Führe mich zum heiligen Gral, Tochi." "Das wird ja noch lustig", bemerkte Tatsuya, als Kohta mit Luca in die Küche kam. "Geil......", quietschte Toshiya aus dem Wohnzimmer. "Ihr habt eine Konsole. Dai... Kohta... angetreten!" Der blonde Bassist steckte den Kopf zur Tür heraus. "Was gibt es für Spiele?" "Tekken...", rief Dai und hielt das Spielcover hoch. "Traust du dich?!" Kohta grinste breit, drehte sich dann zu seiner Freundin um. "Schatz... spielen...?" "Klar... geh spielen..." Sie war froh darüber, dass Dai und Kohta eine Beschäftigung hatten, so dass sie sich nicht gegenseitig die Köpfe einschlugen. Naomi nahm Kirito bei der Hand und zog ihn zu einem der Sofas, wo sie sich hinsetzten. Der blonde Sänger zupfte an einer ihrer Strähnen. "Ich glaube, ich werde mich nie daran gewöhnen", kommentierte er mit einem schiefen Grinsen. "Als ich dich in diesem Konferenzraum wieder gesehen habe, hätte ich dich zuerst fast nicht erkannt." "Es steht ihr", erwiderte Yû steif und setzte sich neben die Gitarristin. "Warum hast du nichts davon gesagt, dass ihr euch wieder vertragen habt?", wollte er von ihr wissen und legte ihr eine Hand aufs Knie. "Nimm deine Finger da weg", grummelte Kirito und zog seine Freundin näher zu sich heran. "Nicht streiten", quietschte die pinkhaarige Musikstudentin, dann wandte sie sich an den Schwarzhaarigen mit den blondierten Spitzen. "Ich... hatte es total vergessen... weil wir doch so viel zu tun hatten..." Yûichi legte den Kopf schief. "Wann war das überhaupt?" "Letzte Woche... an dem Abend, nachdem wir sie am Set gesehen hatten... wir wollten Kohtas Schlüssel zurückbringen und haben gehört, wie sie sich unseretwegen gestritten haben... und dabei kam halt heraus, dass es wirklich nur ein Missverständnis war..." Sie zuckte mit den Schultern. Der Sänger von (R)Evolution sah den von Pierrot böse an. "Ich warne dich...", brummte er drohend. "Wenn du mein Na-chan noch ein einziges Mal zum Weinen bringen solltest, bekommst du es mit mir zu tun!" "Dein... Na-chan?!", gab Kirito kalt zurück. "Wenn ich mich recht erinnere, ist es meine Freundin, nicht deine!" "Jetzt hört doch auf zu streiten!", fuhr Naomi dazwischen. "Ihr seid ja schlimm!" Seufzend stand sie auf und holte sich etwas zu trinken. "Wenn ihr euch nicht benehmen könnt, werdet ihr beide gehen müssen!" Als sie wieder zum Sofa zurückkehrte, zog Kirito sie auf seinen Schoß. "Ich habe seit unserer Versöhnung gar nichts von dir gehabt", flüsterte er ihr ins Ohr. "Das ist unfair." "Strafe muss sein", gab sie ernst zurück. "Schließlich hast du mich einen guten Monat lang sitzen lassen..." Sie drehte sich um und sah die drei Musiker, die vor dem Fernseher hockten, amüsiert an. "Wer gewinnt?" Dai fuhr sich frustriert durch die Haare. "Kohta...", grummelte er. "Ich will eine Revanche!" "Von mir aus", meinte der blonde Bassist grinsend. "Schlechter Verlierer, huh?" Tatsuya und Luca suchten sich genau diesen Moment aus, um das Essen hereinzubringen. "Essen!", japste Naomi und sprang von Kiritos Schoß auf, doch bevor sie ihre Freundin erreicht hatte, klingelte es an der Tür, daher stapfte sie an den beiden vorbei, um zu öffnen. Gackt stand mit genervtem Gesichtsausdruck vor ihr und hielt dabei ein zappelndes Etwas am Kragen, das wie am Spieß herumschrie. "Das hier hat mich unterwegs angesprungen... könnt ihr es irgendwo anbinden?", fragte er kühl. Die Pinkhaarige blinzelte den Sänger irritiert an. Was machte der denn hier? War er überhaupt eingeladen? Dann fiel ihr Blick auf das Energiebündel. "Erm... was..." Zu ihrer Erleichterung tauchte nun luca hinter ihr auf. "Irasshaimase, Gakuto-san, Miyavi-san", begrüßte sie die beiden und verbeugte sich leicht. "Gerade pünktlich zum Essen." Naomi wandte sich mit fragendem Gesichtsausdruck zu ihr um. "Später", meinte die Blonde auf Deutsch zu ihrer Freundin und ging wieder ins Wohnzimmer. Der quirlige Musiker machte sich von Gackt los und wuselte hinter ihr her. Gackt schloss die Tür hinter sich und folgte ebenfalls, währen die Musikstudentin dort stehen blieb und ihnen verwirrt nachsah. "Schatz? Kommst du?", rief Luca. "Hai!" Sie schüttelte den Kopf und begab sich nun ebenfalls ins Wohnzimmer. Sofort wurde sie von Yû und Kôji zwischen sich gezogen. "Sag mal...", begann der Sänger, "hast du den Poser eingeladen?" Sie sah ihn entrüstet an. "Sehe ich so aus? Ich wusste selbst nicht, dass er kommt." Kirito verzog das Gesicht, sagte aber lieber nichts dazu. Er wollte nicht, dass Naomi ihre Drohung wahrmachte und ihn womöglich noch rauswarf. Nach dem Essen dauerte es nicht lange, bis sich Kyô, Toshiya, Shinya, Aiji, Jun, Takeo, Kaoru, Tatsuya und Hideo von den anderen verabschiedeten, mit der Begründung, noch zu tun zu haben. Luca begann das Geschirr in die Küche zu tragen und es in der Spülmaschine zu verstauen, als sie aus den Augenwinkeln jemanden an der Tür stehen sah. Die junge Frau richtete sich auf. "Gakuto-san, kann ich irgendwie helfen?" Der Sänger schaute sie ausdruckslos an und ging wieder ins Wohnzimmer. Die Blonde starrte verwirrt auf den Türrahmen. Was sollte das denn? Nach kurzer Zeit kam er mit einer Tüte in der Hand zurück, die er ihr reichte. "Hier", sagte er knapp und lehnte sich gegen den Rahmen. Die Studentin schaute ihn fragend an. "Ein Geschenk? Das wäre nicht nötig gewesen." Der Dunkelhaarige zuckte mit den Schultern. "Es ist auch keines." "Aha." Sie stellte die Tüte auf die Arbeitsfläche und sah, dass sich ein Karton darin befand. "Ich wollte mich wegen des Vorfalls im Sushi-Restaurant bei Ihnen entschuldigen", erklärte sie und machte den Karton auf, nachdem sie ihn aus der Tüte geholt hatte. "Ich habe überreagiert." Der Sänger nickte knapp und beobachtete sie weiter. Nachdem Luca den Kartondeckel zur Seite gelegt hatte, schaute sie den Inhalt baff an. "Anou... Gakuto-san..." "Ich habe den anderen weggeworfen." "Arigatou", freute sie sich und verbeugte sich tief vor dem Sänger, der immer noch keine Miene verzog. "Ich kann doch meine Kostümbildnerin nicht ohne Schuhe laufen lassen", erklärte er und ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. "Aber nicht wieder nach Menschen werfen, ja?" Sie schaute ihn mit großen Augen an, dann lachte sie auf und nickte. "Wakatta." "Schönes Appartement", lenkte er ab. Mit so viel Freundlichkeit von ihr hätte er nicht gerechnet. Entweder hatte sie es vergessen oder sie war einfach nur sehr professionell. Obwohl das Zweite mehr Sinn ergab, vor allem, nachdem er gesehen hatte, wie sie sich beim Meeting verhalten hatte. "Es gehört meinem Bruder." Sie verzog angewidert das Gesicht. Der Sänger nickte knapp. "Möchten Sie es sich ansehen?", fragte sie freundlich und als Gackt abermals nickte, nahm sich die Studentin die Schürze ab und führte ihn aus der Küche hinaus. "Oi, Schatz... wo willst du hin?", fragten Kohta und Dai wie aufs Stichwort. Der Bassist drehte sich zu dem Rothaarigen um und knurrte ihn an. "Willst du Schläge?" "Als ob du gewinnen könntest", grinste der Gitarrist. "Die letzten Spiele habe ich gewonnen." "Ja, weil du betrogen hast...", grummelte Kohta und zeigte auf den Bildschirm. Luca verdrehte die Augen. "Ich führe Gackt ein wenig herum." Beide Männer hörten sofort auf sich zu streiten. "Wieso?", kam es wieder aus einem Mund. "Wieso nicht...?!" Sie schaute die Musiker herausfordernd an, drehte sich dann zu dem Sänger um und zeigte mit der Hand in den Flur. "Hier entlang, Gakuto-san." Der Sänger folgte ihr, wobei er die bösen Blicke Kohtas und Dais ignorierte. "Es ist nicht wirklich etwas Großartiges", erklärte Luca, als sie den Dunkelhaarigen durch den Flur führte. "Also, hier sind Naomis und mein Zimmer, das Wohnzimmer haben Sie ja schon gesehen." Sie lächelte verlegen und ging dem Sänger hinterher. "Und das Zimmer dort?", fragte er desinteressiert. Die Blonde ging an die Tür, öffnete sie und betätigte den Lichtschalter. "Das ist das Musikzimmer und mein kleines Atelier." Der Sänger ging an ihr vorbei und sah in den nicht gerade kleinen Raum. "Gut eingerichtet", lobte er und ging durch das Zimmer. "Gehört das alles Crescent-san?" Luca lehnte sich an den großen Flügel, der mitten im Raum stand. "Größtenteils", grinste sie. "Nur der Flügel gehört meinem Bruder." Er nickte und ging auf sie zu. "Gestimmt?" Die Stundentin nickte und setzte sich an den Flügel. "Als ob Naomi es zulassen würde, dass sich ungestimmte Instrumente in ihrer Nähe befinden." Der Sänger setzte sich zu ihr an das Musikinstrument. "Kannst du spielen?" Luca verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. "Ist schon etwas her." Gackt legte seine Finger auf die Tasten und begann eine Melodie zu spielen. Dann hörte er auf und sah sie herausfordernd an. Die Blonde schaute ihn erst verdutzt an, grinste jedoch daraufhin und spielte seinen Part nach. Die beiden trieben dieses Spielchen etwas länger und als sie genug davon hatten sah sie ihn fragend an. "Gakuto-san, wieso sind Sie eigentlich gekommen?" Der Sänger schaute sie ernst an. "Wieso hast du mich eingeladen?" Luca stutzte. "Nun ja... erm... ich dachte..." "... dass es seltsam aussieht, wenn die halbe Belegschaft eingeladen ist, nur ich nicht?" Die junge Frau nickte. "Ich glaube nur, Sie können nicht wirklich etwas mit der Situation hier anfangen, oder? Ich meine..." Der Sänger strich sich durch die Haare, wandte den Blick jedoch nicht von ihr ab. "Es ist schon etwas zu... infantil... für meinen Geschmack", gab er zu. "Aber da ich nicht unhöflich sein wollte..." Just in dem Moment kam jemand in den Raum gerannt und schrie unverständliches Zeug. Miyavi stürzte sich auf eine Gitarre und begann die Instrumentsaiten zu vergewaltigen. Die junge Frau und der Sänger schauten den Musiker verwirrt an. Luca betete inständig, dass Naomi das nicht mitbekommen hatte. "Oi", ertönte es plötzlich und Kohta betrat den Raum, dicht gefolgt von Daisuke. "Du sollst die arme Gitarre nicht vergewaltigen", erklärte Daisuke und nahm dem schwarzhaarigen Musiker die Gitarre ab. "Die musst du behandeln wie eine Frau." Gackt zog eine Augenbraue hoch. Was gab dieser Typ eigentlich für einen Mist von sich? Aber irgendwo hatte er Recht. Eine Gitarre so hart zu spielen war nicht wirklich gut, vor allem, weil sie jemand anderem gehörte. "Alles okay, Schatz?", fragte Kohta und ging zu seiner Freundin, der er demonstrativ einen Kuss auf die Lippen hauchte, um auch ja allen klarzumachen, dass sie ihm gehörte. Die Blonde nickte eilig und wuschelte ihm durch die Haare. "Keine Angst, ich hatte ja schließlich gute Gesellschaft." Kohta brummte kurz, warf Gackt einen seltsamen Blick zu und schaute dann zu Dai. In diesem Moment stürmte Naomi in den Raum und sah sich um. "Wer hat da meine Gitarre misshandelt?", wollte sie wissen. Dai und Kohta zeigten beide grinsend auf Miyavi, der sich durch die Haare wuselte und zwei Finger zum Victory-Zeichen erhob. "Wenn du schon fremdes Eigentum benutzt, dann geh gefälligst anständig damit um", schalt sie ihn. "Ich brauche die Gitarre schließlich noch etwas länger." Der junge Musiker setzte sich schmollend auf den Boden. "Ich wollte ihr doch nur zeigen, was Rock'n'Roll ist..." "Ich glaube, das weiß sie auch so...", gab die pinkhaarige Studentin zurück. "Aber sie kennt meinen nicht!" "Muss sie das?" Naomi verschränkte die Arme vor der Brust. "Mach sie nur nicht kaputt. Die war ein Geschenk." "Würde ich niemals tun!", beteuerte Miyavi schelmisch grinsend. Der Gitarrist von (R)Evolution betrat nun ebenfalls den Raum. "Guitar Contest?", fragte er strahlend. "Mal sehen, wer von uns besser rockt!" Das wollte die Pinkhaarige natürlich nicht auf sich sitzen lassen und griff nach einer ihrer geliebten Gitarren. "Dann wollen wir mal, huh?" Dai und Kôji nahmen sich ebenfalls je ein Instrument und die drei setzten sich zu Miyavi auf den Boden. Luca, Gackt und Kohta hörten ihnen interessiert zu. Neugierig kamen nun auch Yûichi und Kirito herein. "Was ist denn hier los?", wollten die Sänger wissen. "Guitar Contest", gab Kohta zurück. "Hauptsache, Na-chan hat ihren Spaß", kommentierte Yû, was ihm einen düsteren Blick von Kirito einbrachte, den er allerdings geflissentlich ignorierte. Er wusste nicht, wen er anfeuern sollte, Kôji oder Naomi, schließlich waren beide seine Gitarristen. Der blonde Sänger lehnte sich gegen den Türrahmen und beobachtete die vier Gitarristen eine Weile. Das war das erste Mal, dass er seine Freundin überhaupt irgendein Instrument spielen hörte und er war überrascht, dass sie anscheinend genau wusste, was sie tat. Obwohl es ihn nicht so wirklich wunderte, schließlich hatte sie ihm ja erzählt, dass sie schon recht lange spielte. Der schwarzhaarige Sänger beobachtete seine beiden Kollegen stolz. Das waren seine Leute. Gackt saß noch immer am Flügel und dachte bei sich, dass diese jungen Menschen gar nicht mal so schlecht waren. Zumindest beherrschten sie ihre Instrumente. "Sugoiiiiii~", quietschte Luca begeistert und schloss die Klappe ihres Handys, als die Gitarristen fertig waren. "Das stelle ich morgen erst einmal bei eBay rein!" "Huh?" Naomi sah sie fragend an. "Du hast das gefilmt?" "Klar, was dachtest du denn?" Die Blonde grinste ihre Freundin an. "Ich muss doch meinen Schatz gut vermarkten, oder meinst du nicht?" "Das ist ja nett von dir", meinte Dai, "aber wird Kohta nicht eifersüchtig, wenn du mich Schatz nennst?" "Dir ist schon klar, dass sie Naomi damit meinte?", kommentierte Yûichi, funkelte dabei aber den blonden Bassisten an. "Nein, sie meinte mich", fiepte Miyavi, lief nach hinten durch und packte die Blonde bei den Schultern. "Zeig her, sehe ich auch gut genug aus?" "Wie?", wunderte sich Luca. "Dich habe ich gar nicht aufgenommen." "Was?", kreischte der junge Gitarrist und knuffte sie in die Seite. "Das ist nicht dein Ernst!" "Doch", erwiderte sie trocken, stupste seine Nase, sprang auf und lief aus dem Raum. Kôji stand auf und zog die pinkhaarige Studentin mit sich hoch. "Ich bin stolz auf dich", meinte er grinsend und schlug ihr mit der flachen Hand auf den Hintern. Kirito starrte ihn düster an, ging zu seiner Freundin rüebr und zog sie von dem Rothaarigen weg. "Du warst toll", meinte er und gab ihr einen Kuss. Sie verdrehte die Augen udn ging ihrer Freundin hinterher. Irritiert sahen Kohta, Kirito, Kôji, Yû und Dai ihr nach. Kapitel 30: Nach der Party -------------------------- "Gott sei Dank...", seufzte Naomi, nachdem außer Kohta und Kirito alle gegangen waren. "Endlich kehrt hier wieder ein bisschen Ruhe ein." Sie ließ sich auf einen Sessel fallen. "Dieses Gezanke hätte ich nicht mehr lang ausgehalten." Luca probierte derweil ihre neuen Schuhe an und trat stolz vor ihre Freundin. "Na, was sagst du?" "Ui... neue Schuhe?" Die Musikstudentin begutachtete die Fußbekleidung eingehend. "Wo hast du die her?" "Von Gackt... der Mann scheint ein gutes Augenmaß zu haben, sie passen perfekt." "Nani?", mischte sich Kohta ein. "Warum schenkt der dir Schuhe?" "Weil er meine Sandalette, die er mir damals geklaut hatte, weggeworfen hat?", gab die Blonde zurück und setzte sich auf seinen Schoß. "Na, dann ist ja gut...", meinte der Bassist versöhnlich. "Eifersüchtig?", grinste sie ihn an. "Ehrlich gesagt... ein wenig...", gab er zu. "Schatz, ich steh doch gar nicht auf so erwachsene Männer... Der ist mir viel zu ernst." Naomi kicherte, als sich Kirito zu ihr auf die Sessellehne setzte und einen Arm um sie legte. "Das ist er durchaus." Sie lehnte sich an ihren Freund und sah ihn von unten herauf an. "Das bist du aber auch ein bisschen", schmollte sie. "Es kann ja auch nicht jeder ein so temperamentvoller Wildfang wie Kohta sein", meinte Luca grinsend zu ihr. "Hast du eine Ahnung, wie temperamentvoll Onii sein kann", brummte der Bassist. Luca und Naomi lachten auf. "Das haben wir ja an deiner Wohnung gesehen", meinte die Blonde. "Kommt ja nie auf die Idee, hier bei uns solche Anfälle zu bekommen", drohte sie. "Ich möchte euch nur ungern wieder Hausverbot erteilen." "Ich würde das auch gern vermeiden", sagte der Sänger und fuhr mit einer Hand durch Naomis Haare. "Noch mal halten wir so eine Zwangstrennung wahrscheinlich nicht durch", gab er zu. "Vor allem, nachdem wir endlich dieses dumme Missverständnis geklärt haben." Sein Bruder nickte zustimmend und legte beide Arme um seine Freundin. "Auf jeden Fall. Das mache ich bestimmt nicht noch mal mit... glaubt mir, dann werdet ihr sehen, dass der Zustand meiner Wohnung noch harmlos war." "War das eine Drohung, Schatz?", fragte ihn Luca. "Nein, ein Versprechen", erwiderte der Bassist. "Solange wir nicht schlimmer aussehen als deine Wohnung, ist es ja okay." Kohta sah sie verdutzt an. "Wieso solltet ihr? Glaubt ihr ernsthaft, wir könnten euch was tun?" Luca schüttelte den Kopf. "Dürftet ihr auch gar nicht", warf Naomi amüsiert ein. "Ich wüsste da ein paar Leute, die euch dann definitiv zu Hackfleisch verarbeiten würden." Sie stand vom Sessel auf, damit Kirito sich dorthin setzen konnte und machte es sich dann auf seinem Schoß bequem. "Du könntest auch ruhit mal ein bisschen mehr essen", meinte sie schmunzelnd. "Du bist viel zu dünn." Die Studentin bohrte ihm einen Finger in die Seite. "Ist ja auch kein Wunder...", grinste Luca sie an. "Was meinst du, warum ich immer so viel koche, wenn die beiden hier sind? Aber du isst ja immer alles weg, also kommt Kirito ja gar nicht dazu, ein paar Pfunde zuzulegen." "Wollt ihr mich etwa mästen?" Der Sänger schob schmollend die Unterlippe vor und hielt Naomis Hände fest, damit sie aufhörte ihn zu pieksen. "Obwohl... Kohta könnte ihm ja ein bisschen was abgeben", lachte die Blonde und zupfte an ihrem Freund herum. "Das sind Muskeln!", protestierte der Bassist. "Ja, Schatz... das würde ich dann auch behaupten..." Kirito verzog das Gesicht und spielte mit den Haaren seiner Freundin. "Das ist so ungewohnt", seufzte er. "Warum musste es ausgerechnet pink sein?" "Es betont ihre Augen", antwortete Luca. "Außerdem gefällt es mir." "Ich habe ja auch gar nicht gesagt, dass es schlecht aussieht...", wandte der Sänger ein. "Es ist halt nur sehr... gewöhnungsbedürftig." "Weise Wortwahl", grinste Kohta. "Etwas anderes hättest du jetzt auch besser nicht gesagt", meinte er mit einem Blick auf die Designerin auf seinem Schoß, die zustimmend nickte. "Musst du morgen wieder ins Studio?", wollte Kirito von Naomi wissen. "Ja", erwiderte sie. "Wir müssen ja schließlich die Songs für den Soundtrack aufnehmen, zusätzlich zu unserem ersten Album. Wir haben gerade mal unsere erste Single draußen. Vielleicht bringen wir vor dem Album auch noch eine zweite raus." "Und Luca muss morgen auch arbeiten", meinte Kohta und drückte die Designstudentin an sich. "Was haltet ihr davon, wenn wir dann mal so langsam ins Bett gehen?" Kirito nickte, dann packte er Naomi und stand mit ihr auf. "Wo ist dein Schlafzimmer?" "Musst du etwa was nachholen?", meinte Luca grinsend. Die pinkhaarige Studentin sah den Sänger mit großen Augen an, blieb jedoch ernst. "Eigentlich hatten wir gedacht, ihr fahrt jetzt nach Hause und schlaft alleine!" "Du erwartest doch wohl nicht ernsthaft, dass wir noch weiterhin freiwillig auf euch verzichten?", grummelte Kohta. "Nachdem wir euch so lange nicht gesehen haben!" "Wieso? Du hast du zwei Hunde, kannst du nicht mit denen kuscheln? Kannst Kiri ja einen davon abgeben", gab die Blonde zurück. "Vergiss es!" Heftig schüttelte der Bassist den Kopf. "Ohne dich gehe ich jetzt nirgendwohin!" Die Designerin stand auf, kramte etwas aus ihrem Portemonnaie und gab ihm einen Zettel. "Hier hast du ein Foto... reicht doch, oder?" Entsetzt sah er seine Freundin an und bemerkte gar nicht, dass Naomi die Blonde über Kiritos Schulter hinweg angrinste. "Das... du... das...", stammelte er. "Das kann doch nicht dein Ernst sein!" "Wieso? Du hast gesagt, du fährst nicht ohne mich. Mit einem Foto bist du ja auch nicht alleine, das muss reichen." Kohta wusste nicht, was er dazu sagen sollte und sah seinen Bruder hilfesuchend an. Naomi schaffte es gerade noch rechtzeitig, ihr Gesicht an der Schulter des Sängers zu verbergen, damit er ihr breites Grinsen nicht sehen konnte. Er griff nach dem Handgelenk seiner Freundin, zog sie zu sich heran und küsste sie. "Lässt du mich jetzt immer noch gehen?", fragte er schließlich. Die Blonde zog den Bassisten vom Sofa und schleifte ihn aus dem Raum. "Gute Nacht", meinte sie zu Kirito und Naomi. "Seid bitte nicht zu laut, unsere Schlafzimmer liegen direkt nebeneinander." Der Sänger ging hinter ihr her und setzte die Musikerin vor dem Raum, der neben dem lag, in dem Luca und sein Bruder verschwunden waren, ab. Dann öffnete er die Tür und schob die Pinkhaarige hinein, bevor er die Tür hinter sich schloss. "Kommen wir nun zum angenehmen Teil des Abends", grinste er sie an. "Was meinst du damit?", wollte sie von ihm wissen und sah ihn herausfordernd an. "Dachtest du etwa, dass du...", begann sie, konnte ihren Satz jedoch nicht beenden, da Kirito ihr eine Hand auf den Nacken legte und sie küsste. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, ihn noch ein wenig zu ärgern, verwarf ihn allerdings wieder und schloss die Augen, als sie ihre Arme um seinen Hals legte. Nach einer Weile trat er einen Schritt zurück und sah sie an. "Das war ein echt harter Monat..." "Was soll ich denn sagen?", schmollte sie, ging zu ihrem Bett und setzte sich darauf. Er setzte sich neben sie und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Weißt du... als ihr gesagt habt, ihr kennt uns nicht, habt ihr uns echt einen Schrecken eingejagt... Naomi ließ sich seufzend nach hinten fallen. "Kannst du dir vorstellen, dass wir einfach nur sauer und enttäuscht waren? Schließlich haben wir einen geschlagenen Monat lang nichts von euch gehört oder gesehen." Kirito wandte sich zu ihr um. "Gomen... ich hatte einfach vergessen, dass die Tour bevorstand und als ich dir Bescheid sagen wollte, konnte ich dich ja nicht erreichen... aber zum Glück habe ich ja jetzt endlich deine Nummer und wieder deine Adresse." Er legte den Kopf schief. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas jemals sagen würde, aber ohne dich war es irgendwie ätzend." "Wirklich?" Die Musikstudentin stützte sich auf ihren Ellbogen ab. Er nickte und setzte sich einfach auf ihren Schoß. "Dachtest du, ich würde das sagen, wenn ich es nicht ernst meinen würde?" "Bei dir weiß man so was nie...", wandte sie mit hochgezogener Augenbraue ein. Kirito legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie zurück. "Hattest du jetzt vor, dich die ganze Nacht mit mir zu unterhalten?" Sie grinste breit. "Kommt drauf an, wie man 'unterhalten' definiert." Irritiert sah er sie an und grinste dann ebenfalls, bevor er sich herabbeugte und ihren Hals küsste. "Dazu muss ich wohl nichts sagen, oder?", murmelte er, als er ihr schwarzes Top ein wenig hochschob. "Nicht wirklich..." Sie zog das Top wieder runter und zwinkerte ihm zu. "Lass mich eben das Licht ausmachen." Doch der Sänger dachte nicht im Traum daran aufzustehen. "Nein", meinte er knapp. "Warum nicht?", fragte sie verwundert. "Ich möchte schließlich was sehen...", schmollte er. "Bisher durfte ich ja nie." Naomi blinzelte ihn an, dann zuckte sie mit den Schultern und biss sich auf die Unterlippe. "Wenn du darauf bestehst...", flüsterte sie. Er küsste sie und setzte sich dann auf. "Ich hatte schließlich wenig genug von dir... wenn das so weitergeht, drehe ich noch durch." Lächelnd sah er sie an. "Abgesehen davon bist du meine Freundin, da ist es doch normal, dass ich gewisse Ansprüche stelle." Die pinkhaarige Studentin vergrub ihre Finger in seinen Haaren und zog ihn wieder zu sich herunter. "Dann halt doch einfach die Klappe." Luca schubste den Bassisten aufs Bett und schloss die Tür hinter sich. "Du bist ganz schön gemein geworden", schmollte der Blonde. "Hat dir das noch niemand gesagt?" Die junge Frau sah ihn amüsiert an. "Ah wirklich?" Der Bassist nickte und spielte den Schüchternen. Er drehte den Kopf zur Seite und sah sich das Zimmer genauer an. "Ganz schön viel Platz hast du hier." Die Studentin setzte sich auf seinen Schoß, dass sie sein Gesicht sehen konnte. "Stimmt schon, man kann viel machen." Er hob eine Augenbraue und legte ihr grinsend die Arme um die Taille. "Hmm... was denn zum Beispiel?" Vorsichtig strich er ihre langen Haare zur Seite und band die Schnüre ihres Tops auf. "Na, man könnte hier ein Pult hinstellen, so dass ich hier zeichnen könnte." "Hmhm...", bestätigte er abwesend, irgendwie wollte das Top nicht so wie er. "Und genug Platz für Kleiderpuppen wäre auch." Sie hielt inne. "Sag mal, was machst du da eigentlich?" Kohta zuckte kurz zusammen. "Ich will es dir gemütlich machen." "Schatz... dafür kann ich das Top aber auch anbehalten." Der Blonde schmollte und ließ die Hände sinken. "Hmm... du hast mich anscheinend gar nicht vermisst, was?" Beleidigt ließ er sich nach hinten fallen. "Natürlich habe ich dich vermisst, das heißt aber noch lange nicht, dass ich über dich herfallen werde." Sie band sich die Haare zu einem Knäuel. "Oder ist das das einzige, was dich an unserer Beziehung interessiert?" Kohta blinzelte kurz und sah dann ernst zu ihr hoch. "Natürlich nicht, aber..." "Manchmal frage ich mich, ob du nicht so sein könntest wie Kirito. Dem scheint es ja nicht so wichtig zu sein." Die junge Frau verzog das Gesicht und sah zu der Wand, welche ihr Zimmer von Naomis trennte. "Ist es denn so schlimm, dass ich dich halt so attraktiv finde?", fragte er leicht angesäuert. "Es ist doch verständlich, dass ich die Nacht mit meiner Freundin verbringen möchte, oder?" Die Blonde rappelte sich hoch, ging ans Fenster, welches sie öffnete, dann zündete sie einige Kerzen an und löschte das Licht. "Natürlich ist es verständlich. Ich habe halt nur ab und zu das Gefühl, unsere Beziehung würde nur aus Gezanke und Sex bestehen." "Dann streite dich weniger mit mir", grinste er sie an. "Kohta... du kannst gleich auf der Terrasse schlafen, wenn du so weitermachst." Er machte die Augen zu und seufzte leicht. "Natürlich... will ich nicht bloß mit dir schlafen..." Die junge Frau zog sich die Kleidung aus, schlüpfte in ihre Schlafsachen und legte sich zu ihrem Freund auf das Bett, welcher ihr seinen rechten Arm um die Schulter legte. "Es ist nur, ich finde es schön und... na ja... ich fühle mich dir dann... näher als sonst, kannst du das verstehen?" "Trotzdem fände ich es schön, einfach nur mit dir zu reden." Sie kuschelte sich an ihn. "Ich weiß irgendwie so gar nichts von dir." "Was willst du denn wissen?" Er kraulte ihren Rücken. "Alles?", fragte sie grinsend. Der Bassist seufzte. "Wäre doch langweilig, oder? Ich meine, jeder braucht seine dunklen Geheimnisse, ne?" Er drehte sich zu ihr und hielt sie fest. "Als ob ich etwas von dir wissen würde." "Siehst du, ein Grund mehr sich mal zu unterhalten." "Na gut, ich will nie Mayo anrühren", flüsterte er ihr grinsend ins Ohr. "Und ich mag Kinder." Luca kicherte. "Komm ja nicht auf dumme Gedanken, das kannst du vergessen." "Und wenn ich dir einen Hund dafür verspreche?" Die junge Frau richtete sich auf und sah ihn ernst an. "Du hast doch schon zwei. Außerdem bin ich zu jung... und die Kinder..." Sie schüttelte den Kopf. "Bei den Onkeln und Tanten, die sie hätten... nein, danke... das könnte ich den Würmchen nicht antun." Er seufzte. "Dir ist schon klar, dass ich nicht mehr der Jüngste bin?" Dann stand er auf und zog sich die Kleidung bis auf die Boxer Shorts aus. "Außerdem denkst du nicht wirklich, dass du mich so schnell los wirst. Ich hatte schon vor, dich etwas länger als Freundin zu behalten." Sie schaute ihn interessiert an. Eigentlich hatte sie nicht wirklich an so eine Art von Unterhaltung gedacht. Das war irgendwie zu persönlich, zu... zukunftsorierntiert. Und das, was ihr gerade am meisten Angst machte war, dass Kohta so ernst sein konnte. Nachdem er sich wieder ins Bett gelegt hatte schaute er sie lange an. "Aber wenn du nicht willst... ich kann dich ja schwer zwingen." Der Bassist streckte eine Hand nach ihr aus. "Würde es dir nicht gefallen? Ein kleines Haus, Kinder und mich als Bonus?" Sie starrte ihn an, dann legte sie sich zu ihm. "Wir haben ja noch Zeit. Und diese Familienplanung kann ja warten. Ich hatte auch vor, noch etwas länger mit dir zusammen zu sein." Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und horchte dem Herzschlag, bis sie einschlief. Kapitel 31: Zwangseinkauf ------------------------- Naomi wurde am nächsten Morgen durch ein gemurmeltes 'itai' geweckt. Sie blinzelte und öffnete die Augen. "Nani?" Sie wandte den Kopf zur Seite und sah Kirito an, der sie verschlafen anfunkelte. "Ich dachte, wir hätten uns vertragen...", grummelte er mürrisch und rieb sich das Gesicht. "Haben wir auch", gab die pinkhaarige Studentin verwirrt zurück. "Und warum schlägst du mich dann?" "Eh? Wann habe ich dich denn geschlagen?", fragte sie ihn verwundert. "Gerade eben?" Er drehte sich zu ihr um und zog sie zu sich heran. "Ich weiß ja, dass ich mich echt dumm benommen habe... aber habe ich deswegen Schläge verdient?" Die Musikerin sah ihn ernst an. "Das hast du allerdings. Wie kannst du es auch wagen..." Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen. "Naa...", meinte sie schließlich und schob ihn ein wenig von sich weg. "Ich sagte doch schon... Strafe muss sein!" Nun konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Oder dachtest du, es ist einfach so alles vergeben und vergessen?" "Eigentlich hatte ich das gehofft", entgegnete er und spielte mit einer ihrer Haarsträhnen. Naomi warf einen Blick auf die Uhr um festzustellen, dass es erst halb sieben war. Seufzend verdrehte sie die Augen. Es war noch viel zu früh, sie musste heute doch erst um halb zwölf in der Uni sein... "Wozu hast du mich überhaupt geweckt?" "Ich dich?", gab der Sänger entrüstet zurück. "Wohl eher du mich." Die Studentin schnaubte. "Ist klar." Sie drehte sich auf die Seite und sah ihn an. "Schlafen?" Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Sicher!" "Baka", grummelte sie und schnippte leicht vor seine Stirn. "Nicht was du denkst." Dann legte sie sich seufzend wieder auf den Rücken und schloss die Augen. "Ist ja nicht so, als wäre es gestern spät geworden oder so... ich bin müde." "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du dich beschwert hättest." Er legte einen Arm um sie und zog sie zu sich heran. Träge öffnete sie ein Auge. "Hätte ich das tun sollen? Von mir aus lassen wir das ab demnächst wieder." "So war das nicht gemeint", schmollte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Dann ist ja gut..." Naomi drehte sich um und kuschelte sich an den Sänger. "Lass mich trotzdem noch ein wenig schlafen, ja?" Kirito strich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht und legte dann seinen Kopf auf seinen Arm. Es dauerte nicht lang, bis die beiden wieder eingeschlafen waren. Als der blonde Sänger das nächste Mal wach wurde, hörte er hektisches Gewusel. Er öffnete die Augen und sah Naomi in Unterwäsche vor einem ihrer Schränke stehen, aus dem sie irgendwelche Kleidungsstücke holte. "Verdammt...", murmelte sie. "Wo ist denn mein... ah da..." Sie nickte zufrieden und schlüpfte in eine schwarze Samthose mit Schlag und zog einen breiten verzierten Gürtel durch die Schlafuen, bevor sie ein weißes Top anzog. "Schade... andersrum hat es mir irgendwie besser gefallen", kommentierte Kirito, als er sich grinsend aufsetzte. Sie warf ihm einen missbilligenden Blick zu. "Das war mir schon klar", meinte sie. Auf Socken huschte sie durch den Raum, offensichtlich wieder auf der Suche nach irgendwas. Sie stopfte irgendwelche Bücher und Unterlagen in ihre Tasche, dann stürmte sie aus dem Zimmer. Keine zehn Sekunden später kam sie wieder herein. "Willst du nicht mit frühstücken?", fragte sie und war auch schon wieder verschwunden. Er rieb sich irritiert die Augen und stand dann auf. Schnell zog er sich an und ging in die Küche, wo außer Naomi nur noch Kohta anwesend war. "Ohayou...", murmelte er und setzte sich an den Tisch. In diesem Moment sprang ihm ein schwarzes Fellknäuel auf den Schoß, das er augenblicklich wieder auf den Boden beförderte. Die pinkhaarige Musikerin zog eine Augenbraue hoch, als sie an ihrem Kaffee nippte. "Hast du was gegen Maru?", fragte sie ihn. Der Sänger betrachtete das kleine Kätzchen, das vor ihm saß und ihn mit großen Augen ansah. "Ich bin allergisch." "Wogegen eigentlich nicht?", wollte Naomi wissen und lehnte sich gegen die Arbeitsfläche. "Alles außer Katzen, Milch und Eiweiß?", gab Kirito zurück, ohne Maru aus den Augen zu lassen. Maru tapste auf ihn zu und krallte sich in seinem Hosenbein fest, um sich daran hochzuangeln, allerdings verlor er den Halt und purzelte wieder herunter, als Kirito sein Bein schüttelte und zu niesen begann. "Iiiih..." Kohta verzog das Gesicht. "Hier gibt es Leute, die frühstücken wollen." "Kann ich was dafür, dass ich gegen Katzenhaare allergisch bin?", erwiderte der Sänger schniefend. "Warum konntest du ihr keinen kleinen Hund schenken?" Naomi stellte ihre leere Kaffeetasse in die Spüle und verließ die Küche. "Tut mir Leid, Jungs, aber ich muss jetzt los. Viel Spaß noch", grinste sie über ihre Schulter. "Was um alles in der Welt meint sie jetzt damit?", fragte Kohta mit hochgezogener Augenbraue, als er der Musikstudentin nachsah. Dann fiel sein Blick auf den Tisch und schließlich den Abwasch. "Okay...", murmelte er. "Sieht so aus, als würden wir die Rechnung bezahlen müssen, huh..." Sein Bruder zuckte mit den Schultern und beäugte weiterhin argwöhnisch das schwarze Fellknäuel, das um seine Beine herumwuselte und mit seiner Hose spielte. "Wo wollen wir was essen gehen?", fragte Luca, nachdem die beiden Studentinnen den Philosophiesaal verlassen hatten. "Kantine, oder?" Sie zupfte sich einige Strähnen zurecht und schaute dabei ihre Freundin an. Naomi überlegte kurz. "Von mir aus", meinte sie langsam. "Ist wahrscheinlich am einfachsten und geht am schnellsten." Die Blonde nickte und hakte sich bei ihr ein, bevor sie diese mit einem breiten Grinsen ansah. "Was soll dieses Grinsen? Das macht mir Angst." Luca blieb stehen. "Na... und was ist denn gestern noch so..." Sie überlegte. "Schönes passiert?" Die Musikerin sah sie stirnrunzelnd an. "Du willst doch hoffentlich keine Details, oder?" Die junge Frau grinste breit und zog Naomi in Richtung Kantine. "Das reicht mir vollkommen", kicherte sie. "Wenn du meinst", erwiderte die Pinkhaarige. Nachdem die beiden Frauen sich ihr Essen geholt und sich gesetzt hatten, sah die Designerin ihre Freundin ernst an und stocherte in ihrem Salat. "Kohta macht mir Angst." Naomi warf ihrer Freundin einen irritierten Blick zu. "Wieso das?" "Er hat gestern was von Kindern, Hunden und kleinen Häuschen gefaselt." Sie beobachtete ihre Gabel und legte sie beiseite. Ihr Gegenüber verschluckte sich und sah sie mit großen Augen an. "Er hat was...?" "Kleines Häuschen, Kinder und Hunde erwähnt", erklärte die Blonde. "Ist schon klar", entgegnete die Musikstudentin. "Sonst hat er keine Probleme, oder?" Ihre Freundin zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung... er meinte, er wäre nicht mehr der Jüngste und so weiter..." Naomi schnaubte in ihr Essen. "Spinnt der? Sein Bruder ist eindeutig älter und der gibt Gott sei Dank nicht solche Spinnereien von sich. Zumindest noch nicht", setzte sie schließlich nach. "Also... ich wünschte manchmal..." Doch in diesem Moment klingelte ihr Handy. Sie schaute verwirrt auf ihr Display. "Hm...", gab Naomi von sich und studierte ihr Essen... Es sah merkwürdig aus. "Keine Ahnung, ich kenne die Nummer nicht." Sie nahm ab. Ihr Blick wechselte von ungläubig zu verärgert, dann wieder zu ungläubig und am Ende sah es nach einem leichten Hassgefühl aus. Mit einem "hai... daijoubu" legte sie schließlich auf und sah sich das Handy skeptisch an. "Wer war das?", fragte Naomi und schnüffelte vorsichtig an einem seetangähnlichen Zeug. "Das glaubst du nie im Leben...", erwiderte die Blonde und warf das Kommunikationsgerät in ihre Handtasche. "Es war Gacky-Poo..." Mit einem lauten Scheppern ließ Naomi ihre Gabel fallen. "Ist nicht dein Ernst?!" Die Designstudentin nickte verächtlich. "Und was wollte der?" "Ich soll mit ihm einkaufen gehen... wegen irgendeiner Veranstaltung." Sie schüttelte verständnislos den Kopf. "Hat der keinen Stylisten?" Die Pinkhaarige prustete vor Lachen. "Wieso will der mit dir einkaufen? Und was für eine Veranstaltung, kann der da nicht alleine hingehen?" "Ich habe keinen blassen Schimmer", entgegnete Luca. "Aber er holt mich hier gleich ab. Das ist doch strange, oder?! Toll... ein freier Nachmittag und ich verbringe ihn mit dem weltgrößten Poser." Ihr Gegenüber grinste breit. "Da wird sich Kohta ja freuen." "Gott, dem muss ich dann ja absagen... der wird sich echt freuen." "Sag ich doch. Vor allem, wenn er erfährt, mit wem du weg bist." Das Gesicht ihrer Freundin verdüsterte sich. "Na ja, ich denke, es ist nicht so schlimm als wäre ich mit Dai oder Kôji unterwegs." Naomi wuselte sich durch die Haare. "Na, das glaube ich gern, so eifersüchtig wie der ist." Luca kramte ihr Handy wieder raus und suchte nach Kohtas Nummer. Sie verzog das Gesicht. "Mist.. Mailbox... obwohl..." Die Studentin kramte nach ihrer am enttäuschtesten klingenden Stimmlage. "Hey Schatz... ich bin es... Wird heute doch nichts mit Zweisamkeit... habe gleich einen geschäftlichen Termin... komme vielleicht erst später wieder. Hab dich lieb." Dann legte sie auf, stand auf und ließ ihr Handy in die Tasche gleiten. "Sou... jaa...", verabschiedete sie sich von ihrer Freundin. Als die junge Frau die Kantine verließ und am Universitätseingang angekommen war, stand Gackt an sein Auto gelehnt, rauchte eine Zigarette und ignorierte ein Grüppchen Mädchen, welche ihn offen anhimmelten. 'Wir sind ja gar nicht eingebildet', dachte sich Luca, lächelte ihn an und ging auf den Sänger zu. "Guten Tag." Sie verbeugte sich leicht vor dem Mann. "Ich hoffe, Sie haben nicht lange warten müssen." Der Dunkelhaarige drückte seine Zigarette aus und öffnete ihr die Beifahrertür. "Nein", antwortete er knapp, wartete bis sie eingestiegen war und ging auf die Fahrerseite. "Gakuto-san, Sie machen mir das Leben nicht gerade einfach", schmollte sie gespielt, als der Musiker sich gesetzt hatte und den Zündschlüssel umdrehte. Verwirrt sah er sie an. "Wie meinst du das?" Die Blonde schaute aus dem Fenster. "Na, Ihrem Uni-Fanclub wird das sicher nicht gefallen." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Das sind doch nur Kinder." Er drückte leicht auf das Gaspedal und fuhr los. "Wir fahren als erstes zu Armani", erklärte er der Studentin. "Wie Sie wollen. Für welche Art von Veranstaltung brauchen Sie denn Kleidung?" "Es ist ein Galadinner, Charity", erklärte er ihr. "Haben Sie keinen Stylisten, der so etwas für Sie erledigen könnte?", fragte sie vorsichtig. Der Sänger lächelte kühl. "Doch… aber ich brauche eine Frau…" Luca zog eine Augenbraue hoch. Das war doch mal eine Aussage. "Aha… eine Frau also…" Er hielt den Wagen an einer roten Ampel. "Versteh mich nicht falsch, ich brauche nur deine Maße." "Wozu?" Sie schaute ihn perplex an. Reichte es nicht, dass er ihre Sandalette geklaut hatte? Wozu brauchte er jetzt noch ihre Maße? Er fuhr wieder los, schaute seine Mitfahrerin jedoch nicht an. "Meine Begleitung hat ungefähr deine Maße und ich brauche ein Kleid für sie." Sie verzog das Gesicht. Wegen diesem Mist hatte sie ihr Date mit Kohta abgesagt? "Kann sich Ihre Begleitung nicht selbst ein Kleid kaufen?", fragte sie leicht genervt. "Ich hoffe, sie kann denken, oder übernehmen Sie das auch für sie?" An der nächsten roten Ampel hielt er erneut und zündete sich eine Zigarette an. "Sie ist nur…" Er suchte nach einem nicht allzu negativ klingenden Wort. "Beiwerk." Die Studentin kramte in ihrer Handtasche. Eine Zigarette würde wahrscheinlich helfen, dieser arrogante Typ brachte sie irgendwie immer auf die Palme. "Sie sagen es ja ziemlich geringschätzig", erklärte sie und zündete sich die Zigarette an. "Es ist die Wahrheit", antwortete der Sänger und sah sie zum ersten Mal an. "Ich habe nicht die Zeit, mir eine nette junge Dame zu suchen, die mich dorthin begleitet…" Luca schnaubte. "Ich habe viel zu tun, außerdem geht es so einfacher." Sie schüttelte den Kopf. "Wieso gehen Sie nicht alleine? Ist doch besser, als den Abend mit einer fremden Person zu verbringen, oder?" Der Sänger antwortete nicht, hielt nach einer Weile vor einem eleganten Gebäude, machte den Motor aus, stieg aus, ging um den Wagen und öffnete Luca die Tür. 'Selbst das wird dir nicht helfen…', murmelte sie in Gedanken. Er wartete, bis die junge Frau ausgestiegen war und führte sie in das Geschäft. Nachdem er sich einige Anzüge hatte zeigen lassen, kaufte er einen klassischen Armani in Schwarz und verließ mit der Studentin das Geschäft. "So." Er schaute sich draußen um. "Wir müssen nun dort hinein." Die Blonde folgte dem Musiker in einen ihr bekannten Laden. Sie hatte bereits das 'Vergnügen' gehabt, ihn mit ihrem Bruder zu besuchen. "Gakuto-san", begrüßte ihn eine Verkäuferin und verbeugte sich tief. "Coven-san." Wieso um Himmels Willen konnte sich diese Frau an ihren Namen erinnern? Luca lächelte der hübschen Verkäuferin freundlich zu. "Wie ich sehe, gehst du hier auch einkaufen", bemerkte Gackt verwundert. "Zeugt von gutem Geschmack." Sie lächelte ihm leicht gequält zu. Sie hatte sich die gleiche Prozedur wie mit Vincent vorgestellt, doch als sich der Sänger in einem Ledersessel niederließ, forderte er sie auf, etwas Passendes zu seinem Anzug zu finden. Sie ging durch die modern und recht streng eingerichteten Räume. Als sie mit einem eleganten und klassischen schwarzen Abendkleid zufrieden war, ging sie zu dem Musiker und zeigte es ihm. Gackt stand auf und ging an den Tresen um zu bezahlen, ohne sich das Kleid auch nur genau anzusehen. Als er bezahlt hatte, sah er die verwirrt dreinschauende Studentin an. "Ich glaube, wir haben uns etwas zu essen verdient", erklärte er und hielt der jungen Frau den Arm hin. Eigentlich war er ja ein richtiger Gentleman, wenn er doch nur nicht so ein arrogantes und egoistisches Arschloch wäre. Luca nickte und hakte sich bei ihm ein. "Ich denke, Französisch wäre gut." Ohne auch nur ihre Antwort abzuwarten zog er die Blonde hinter sich her und führte sie in ein französisches Restaurant. Als der Kellner ihm die Weinkarte gezeigt und Gackt gewählt hatte, fand Luca wieder zu sich. "Sie haben sich das Kleid noch nicht mal angesehen." Der Sänger schaute nicht von der Speisekarte auf. "Ich vertraue dir bei der Auswahl. Du würdest mich doch nicht enttäuschen, oder?" Den letzten Satz sprach er leicht bedrohlich aus. Sie funkelte ihn giftig an. "Natürlich nicht", entgegnete sie kalt. Nachdem sie gegessen hatten, fuhr Gackt die junge Frau nach Hause. Sie wartete, bis er wieder ausstieg und ihr die Tür öffnete. "Gute Nacht", verabschiedete sie sich mit einer leichten Verbeugung. Der Sänger fasste sie am Handgelenk und hielt ihr eine Schatulle entgegen. "Für die Mühe." Emotionslos nahm sie ihm das Etui ab. "Das wäre nicht nötig gewesen, Gakuto-san." Er ließ sie los und ging wieder zur Fahrerseite. "Das ist Definitionssache", erklärte er. "Ich wünsche dir noch eine gute Nacht und danke für die Hilfe." Er stieg in seinen Sportwagen und fuhr los. Kapitel 32: Ein bisschen Stress ^^ ---------------------------------- "Na-chan!", rief Yûichi fröhlich, als Naomi die Uni verließ und sich auf den Weg nach Hause machen wollte. Sie zuckte zusammen, eigentlich war sie ganz in Gedanken gewesen. Sie machte sich ein wenig Sorgen um Luca, die im Moment ganz allein mit Gackt unterwegs war. Sein arrogantes Verhalten würde die Blonde garantiert die Wände hochtreiben. "Hey, Yun-chan!", lächelte sie und umarmte den Sänger zur Begrüßung. "Was treibt dich denn hierher?" "Ich wollte dich abholen und gemeinsam mit dir zum Studio fahren. Ich weiß doch, dass du kein Auto hast." Er wuschelte ihr durch die Haare, legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zu seinem Wagen. "Das wäre doch nicht nötig gewesen", antwortete sie und stieg ein. "Ach, das ist doch eine Kleinigkeit." Er setzte sich hinters Steuer, steckte den Schlüssel ins Zündschloss, fuhr jedoch noch nicht los, sondern sah sie ernst an. "Sind diese beiden Idioten gestern noch bei euch geblieben?", wollte er von ihr wissen. Die Studentin warf ihm einen missbilligenden Blick zu. "Sind sie. Und es sind keine Idioten, sondern…" "Das hörte sich bis vor ein paar Tagen aber noch ganz anders an", fiel er ihr ins Wort. "Ich meine es ernst, Na-chan. Seid ihr wirklich sicher, dass sich die beiden mit euch nicht einfach nur einen schlechten Scherz erlauben? Wer weiß… vielleicht hatten sie gerade niemand anderen…" "Yûichi!", rief sie entsetzt aus. "Sag doch so was nicht!" Sie rutschte etwas tiefer und stellte ihre Tasche zwischen den Füßen ab. "Ich habe dir doch schon gesagt, dass das Ganze ein Missverständnis war…" Der Sänger sah sie eine Weile schweigend an, dann fuhr er schließlich doch noch los. "Es ist halt nur etwas seltsam", gab er zu. "Die letzten Wochen über habt ihr euch über sie aufgeregt… ihr wart fertig mit den Nerven, weil sie sich nicht bei euch gemeldet hatten und auch nicht zu erreichen waren… und jetzt auf einmal ist wieder alles in Ordnung?" Sie seufzte. "Nicht auf einmal… nachdem wir die beiden mehr oder weniger belauscht hatten, haben wir uns mit ihnen unterhalten und es hat sich herausgestellt, dass Lucas Bruder für diesen Schlamassel verantwortlich war… frag mich nicht, warum er das getan hat, das ist auch nicht weiter wichtig… aber… an dem Abend war deutlich zu merken, dass es den beiden ernst ist…" Sie schluckte. Bei dem Gedanken daran, dass Kirito ihr mehr oder weniger ein Liebesgeständnis gemacht hatte, bekam sie eine Gänsehaut. Yû warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. "Ich mach mir doch nur Sorgen um dich… nein, wir machen uns Sorgen um euch… Wenn ich darüber nachdenke, wie weh sie euch getan haben… glaub mir, sollten sie das jemals wieder tun, werden sie nicht so leicht davonkommen", brummte er mürrisch. "Und darauf kannst du Gift nehmen." Naomi musste lächeln. "Das ist lieb von euch… danke… aber ich denke, es wird schon gehen", meinte sie leise. Kirito hatte seinen Bruder nicht mehr länger ertragen können und daher spontan beschlossen, seine Freundin von der Uni abzuholen und vielleicht noch zum Studio zu fahren. Schließlich hatten sie sich einen Monat gar nicht gesehen und in der restlichen Zeit kaum was voneinander gehabt, wenn überhaupt. Selbst in der Woche nach seinem… 'Geständnis' hatten sie sich so gut wie gar nicht gesehen, da sie beide sehr viel zu tun gehabt hatten. Eigentlich hatte er darauf gehofft, wenigstens diesen Nachmittag mit ihr verbringen zu können, bevor er am nächsten Tag selbst wieder zum Set musste. Glücklicherweise wurden heute nur Szenen gedreht, in denen er nicht gebraucht wurde. Der Sänger kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie seine Freundin in irgendein Auto einstieg, das kurz darauf wegfuhr, achtete jedoch nicht auf den Fahrer. Fluchend schlug er auf sein Lenkrad und trat aufs Gas, um den Wagen zu verfolgen. Bei wem würde Naomi wohl mitfahren? Doch wohl nicht bei einem dieser… Lackaffen, die sie wie ein Stück Fleisch behandelten? Als das Auto schließlich anhielt, parkte er etwas weiter weg, damit sie ihn nicht bemerkten. Er beobachtete, wie Naomi ausstieg und sich schließlich bei diesem dunkelhaarigen Typen unterhakte, mit dem sich die Studentin so gut verstand und der wohl auch in ihrer Band war. Nachdem sie das Gebäude betreten hatten, stieg er ebenfalls aus. Irritiert stellte er fest, dass es die Plattenfirma war, bei der auch er mit Pierrot unter Vertrag war. Leise fluchend setzte er sich wieder ans Steuer und fuhr los. Wäre diese dumme Tour nicht gewesen, hätte er viel früher mitbekommen, dass sie beim gleichen Label waren. Aber er hatte sie ja auch nicht gefragt… Wut stieg in ihm auf. In erster Linie auf sich selbst, weil er sich die meiste Zeit über wirklich dämlich anstellte, aber auch auf diesen… wie hieß er noch gleich? Yûichi? Und auch auf den Rothaarigen, der in Naomis Band Gitarre spielte. Eigentlich hatte er kein Recht, sich über die beiden aufzuregen, sie hatten der Musikerin geholfen, als sie eigentlich ihn – Kirito – gebraucht hätte. Aber aufgrund dieser Missverständnisse… konnte er es ihr verübeln? Nicht wirklich, oder? Der blonde Sänger seufzte und hielt vor seiner Stammkneipe an, wo er ausstieg. Er griff nach seinem Handy und rief Aiji an. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich mit seinem Freund zu betrinken. Luca hatte das starke Bedürfnis, sein Geschenk in den erstbesten Mülleimer zu werfen, besann sich jedoch eines besseren, ging ins Foyer und fuhr mit dem Lift in ihr und Naomis Appartement. Oben angekommen schloss sie die Tür auf und machte sie mit einem Fuß zu, nachdem sie eingetreten war. "Nao?", rief sie in die Wohnung. "Hmm… die ist wohl noch im Studio." Genervt pfefferte sie das Schmucketui auf eines der Sofas, legte ihre Handtasche auf einen Sessel und ging in die Küche, wo sie sich frischen Kaffee in einen riesigen Becher eingoss. Es war eigentlich merkwürdig, dass der Kaffee noch heiß war. Naomi war doch schon lange weg und Kirito sowie Kohta konnten doch unmöglich so lange in der Wohnung geblieben sein. Die Studentin seufzte leicht und ging in das Wohnzimmer. Ein gemütlicher Fernseh- und Kaffeeabend würde ihr wahrscheinlich die Stimmung retten. Das hatte sie auch nach diesen Stunden mit Gackt bitter nötig. Unachtsam ließ sie sich auf das Sofa fallen und wunderte sich, wieso es plötzlich so widerstandsfähig war. Die Studentin ließ ihren Blick nach unten wandern und bemerkte, dass sie auf dem schlafenden Kohta saß. "Mal wieder typisch", grummelte sie. "Schatz…" Der Bassist reagierte nicht. "Kohta… Schatz…" Keine Reaktion. "Dann halt die harte Tour." Die Blonde nahm sich eines der Sofakissen und drückte es ihrem Freund mitten aufs Gesicht, stützte sich mit dem einen Arm darauf ab und überlegte sich eine passende Ausrede für Kirito, falls dieser Weckversuch tödlich enden sollte. Schon nach kurzer Zeit begann der Körper unter ihr zu zittern. "Kuso!", ertönte es dumpf unter dem Kopfkissen. Der Bassist fing an zu zappeln und sich aufzubäumen, um die auf ihm sitzende Person runter zu werfen. Mit einem dumpfen Plumps fiel Luca auf den Boden und schaute ihren Freund verärgert an. "Du willst mich ernsthaft umbringen, was?", beschwerte sich der Blonde und giftete seine Attentäterin an. "Ging das nicht sanfter?" Die junge Frau rappelte sich auf und schnaubte. "Ich habe es versucht, aber du schläfst ja wie ein Toter. Selbst ein Kriegsausbruch würde dich nicht wach kriegen." Sie ging an dem grummelnden Kohta vorbei und setzte sich auf einen Sessel. "Was machst du eigentlich noch hier?", verlangte sie zu wissen. "Na ja…", erklärte der Bassist verlegen. "Bin eingeschlafen…" Sie hob eine Augenbraue. "Wirklich… ist mir gar nicht aufgefallen." Um vom Thema abzulenken stand er auf, setzte sich auf die Sessellehne zu ihrer Rechten und nahm die leicht genervt wirkende Studentin in den Arm. "Wo warst du so lange? Ich habe dich vermisst." Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Wenn du deine Mailbox abgehört hättest", murmelte sie, "wüsstest du es bereits." Der Musiker rutschte auf den Sessel, so dass seine Freundin auf seinem Schoß saß. "Gomen", entschuldigte er sich. "Ich bin halt eine Schlafmütze." Die junge Frau nickte und schmiegte sich an seine Brust. "Es war einfach nur ätzend", beschwerte sie sich. "Dieser miese Typ ist einfach das Letzte…" Kohta legte sein Kinn auf ihren Kopf. "Wer?" "Gackt", grummelte sie und fuhr sich durch die langen Haare. "Und das da…" Sie zeigte auf die schwarze Schatulle. "… ist die Bezahlung für meine Dienste." "Wieso warst du mit Gackt weg?", verlangte Kohta zu wissen und stand auf, um sich die Bezahlung seiner Freundin genauer anzusehen. Er setzte sich auf die Couch und starrte den Inhalt des Etuis fassungslos an. "Was musstest du dafür machen?", fragte er leicht wütend. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Luca so etwas tun würde, aber wieso sollte ihr dieser… dieser Typ denn auch so was als Bezahlung geben? "Nichts, worauf ich stolz bin", antwortete die Blonde, stand auf und setzte sich zu ihm. "Ich musste diesem arroganten Typen dabei helfen, Klamotten auszusuchen." "Hat er keinen Stylisten?" Luca zuckte mit den Schultern. "Haben Naomi und ich uns auch schon gefragt." Sie nahm einen Teil des Inhalts heraus und begutachtete ihn genau. Eigentlich hätte sie sich darüber wie ein kleines Kind freuen können, wenn es von Kohta wäre, aber so ließ sie die filigrane Silberkette und den tränenförmigen Diamantanhänger achtlos in die Schatulle fallen. "Ich werde es ihm morgen zurück geben", versicherte sie ihrem Freund, der den Inhalt böse anfunkelte." "Mach das." Die junge Frau stand auf und warf das Etui achtlos auf das Sofa. "Schatz… Ablenkung?" Der Bassist nickte mürrisch. "Woran hast du gedacht? Ich bräuchte jetzt am besten einen Sandsack mit seinem Foto drauf." Luca lächelte ihm milde zu und gab ihm einen langen Kuss. "Das, was ich vorhabe, ist auch super um sich abzuregen." Kohta warf ihr einen verwirrten Blick zu, doch als er begriff, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. "Wie lange bleibt Naomi weg?" Die Blonde überlegte kurz. "Lange, denke ich…" Sie zog ihren Freund hoch. "Wenn sie arbeitet, vergisst sie alles um sich herum." Er nickte. "Onii ist da nicht anders…" Er schob seine Freundin in ihr Schlafzimmer. "Dann haben wir ja die ganze Wohnung für uns." Er stieß die Tür mit dem Fuß auf und führte sie rein. "Wäre ja nicht so, als müssten wir einiges nachholen, hmm?" Luca warf sich kichernd aufs Bett und schaute ihren Freund herausfordernd an. "Na?" "Weißt du eigentlich, dass du in einer Schuluniform bestimmt toll aussehen würdest?", meinte er und ging auf das Bett zu. "Wie ein hübsches Mädchen aus gutem Hause." Die junge Frau kniete sich auf das Bett und sah ihn mit einem verschmitzten Lächeln an. "Und du bist dann der attraktive und heiß begehrte Sensei, hm?" Kohta blinzelte sie erst verwirrt an, dann huschte ihm ein breites Grinsen auf die Lippen. "Wir könnten ja kurz wo hinfahren", erklärte er, doch schon sprang seine Freundin vom Bett runter und hüpfte zu ihrem begehbaren Kleiderschrank. Der Bassist starrte ihr ungläubig nach. "Schatz, das war ja nur ein Scherz… keine Uniform… aber trotzdem Dinge?" Nachdem das hektische Gewühle aus dem Kleiderschrank verstummt war, kam die Blonde heraus. Kohta klappte der Unterkiefer runter. "Wo… wo… wo hast du die denn her?" "Naomi und ich hatten irgendwann vor, so zur Uni zu gehen… halt als Joke", kicherte sie. Der Musiker ließ sich auf das Bett fallen und starrte seine Freundin weiterhin mit großen Augen an. Diese glätte sich kurz die Haare, ging auf ihn zu und spielte verlegen mit ihrem Rock, als sie vor ihm stehen blieb. "Anou… Sensei…", stotterte sie. "Atakushi… kanojo…" Der Blonde blinzelte, packte sie an der Hüfte und zog sie auf sich. "Genau für so was liebe ich dich so sehr", erklärte er, bevor er anfing sie leidenschaftlich zu küssen. Luca begann zu kichern und hielt sich die Hände vor den Mund. "Demo…" Sie hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt wie jetzt, außer dem einen Mal, wo Naomi plötzlich in die Wohnung gekommen war und sie überrascht hatte. Der Bassist war damals ganz schön verdattert und verlegen gewesen. Kohta versuchte verzweifelt, das Hemd seiner Freundin aufzumachen, während er ihren Hals küsste, genervt riss er es auf und machte sich daran, sie vom Hals abwärts weiter zu küssen. "Schatz, wenn du schon mit einem Hemd Probleme hast, werde ich sicherlich nie ein Korsett für dich anziehen", lachte sie vergnügt und vergrub ihre Finger in seinen Haaren. Er richtete sich auf und sah sie ernst an. "Außerdem", erklärte Luca, drückte ihn auf den Rücken und setzte sich auf ihn. "Ist es nur gerecht, wenn…" Sie kramte nach etwas in ihrem Nachtschränkchen. "… auch ich dich mal etwas ärgern kann." Der Bassist sah sie verwirrt an. "Was hast du denn jetzt vor?", fragte er vorsichtig, als seine Freundin seine Arme in Richtung des Bettgitters drückte. "Vertraust du mir?", fragte sie ihn lächelnd und als er nickte, band sie ihn an den Handgelenken am Bett fest. Kohta sog die Luft ein. "Du wirst mich irgendwann umbringen", erklärte er ihr breit grinsend. "Und wenn es nur mit solchen Aktionen ist." "Wäre doch eine angenehme Art zu sterben, denkst du nicht?" Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und küsste ihn leidenschaftlich. "Was ich dir schon lange sagen wollte… ist…", begann sie leicht verlegen. "Ai shiteiru!" Er sah sie eine lange Zeit verdutzt an. Es war das erste Mal, dass sie ihm sagte, dass sie ihn liebte… dieses Mal meinte sie es ernst, das merkte er schon einzig und allein an der Art, wie sie ihn gerade ansah. Er machte sich von den leicht gebundenen Fesseln los, nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. "Ab heute…" Er strich ihr durch die Haaren und küsste sie sanft. "… gehörst du ganz mir", erklärte Kohta und küsste sie wieder. "Glaub ja nicht, dass ich dich jemals gehen lassen werde." Luca nickte und schmiegte sich enger an ihn. "Das will ich doch auch hoffen." Naomi fuhr sich mit beiden Händen durch die pinken Haare. Endlich war dieser dumme Song fertig und alle zufrieden. Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits zehn Uhr war. Yû klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. "Das war gute Arbeit, Na-chan", meinte er grinsend. "Sollen wir ein bisschen feiern gehen?" Die Studentin überlegte kurz. "Aber wirklich nur ein bisschen", meinte sie. "Ich muss schließlich morgen früh um neun Uhr in der Uni sein. Ich kann es mir nicht erlauben, noch mehr zu fehlen als bisher schon." Sie seufzte und stand auf. Der rothaarige Gitarrist zupfte an einer ihrer Strähnen. "Ah… das schaffst du schon, einer von uns kann dich ja hinfahren." Er schmunzelte und knuffte sie kurz. "Na gut", wandte sie ein. Sie hakte sich bei ihren beiden Kollegen unter und sah dann Hide und Tatsuya fragend an. "Ihr kommt doch auch mit, oder?" Beide nickten. "Klar… irgendjemand muss doch schließlich auf dich aufpassen", grinste der Bassist und der Schlagzeuger nickte bekräftigend. "Wer weiß, was Yû und Kôji sonst mit dir anstellen." Grummelnd machte sich der Sänger auf den Weg nach draußen, wobei er Naomi und Kôji mit sich zog. "Vor uns muss sie niemand beschützen, bestenfalls vor diesen… diesen… argh!" "Ganz meine Meinung", bestätigte der Rothaarige. "Wo gehen wir eigentlich hin?" "Ich hab da eine Idee", meinte Hideo. "Ich kenne einen Laden, der perfekt geeignet ist… klein, gemütlich und man hat seine Ruhe." Tatsuya betrat als erster die Kneipe und entdeckte auch sofort eine freie Ecke. Sie nahmen Platz und Kôji ging zur Theke, um für sie alle etwas zu trinken zu bestellen. Er achtete gar nicht auf die beiden Männer, die dort saßen und in eine hitzige Diskussion vertieft waren. Als er jedoch seine Bestellung aufgab, verstummten die zwei. "Dich kenne ich doch", zischte der blonde Typ und sah ihn giftig an. "Ach…" Ein breites Grinsen erschien auf Kôjis Gesicht. "Ich kann mich auch schwach daran erinnern, deine Visage schon einmal gesehen zu haben." Er sah nach hinten und stellte fest, dass Naomi sich gerade angeregt mit Yûichi unterhielt. "Du hast meine Freundin betatscht!", brummte Kirito düster und verengte die Augen zu Schlitzen. "Zu dem Zeitpunkt war sie nicht einmal deine Freundin, du kleiner Möchtegern-Punk", gab der Rothaarige amüsiert zurück. "Schließlich hast du es ja mehrere Wochen lang nicht geschafft, dich auch nur einmal bei ihr zu melden." "Schon mal darüber nachgedacht, dass ich es versucht habe?" "Wenn man es wirklich will, dann schafft man es auch… egal wie." Kôji seufzte und nahm die Getränke für sich und seine Kollegen entgegen. "Aber dich interessiert es ja nicht, wie sehr sie darunter gelitten hat, oder?" Mit diesen Worten entfernte er sich von der Theke und somit auch von Kirito und Aiji. Seufzend stellte er die Gläser auf ihrem Tisch ab und setzte sich neben Naomi, wobei er Kirito einen auffordernden Blick zuwarf und der jungen Frau einen Arm um die Schultern legte. Diese sah ihn blinzelnd an. "Alles klar bei dir?", wollte sie von ihm wissen. Kôji nickte und brummte irgendwas vor sich hin, das sie nicht verstehen konnte. "Was ist los? Hat dich jemand geärgert?" Langsam begann sie sich Sorgen zu machen. "Schon okay, ich habe nur jemanden gesehen, dem ich lieber nicht begegnet wäre." Irritiert zog sie eine Augenbraue hoch und sah zur Theke, wo sie zwei ihr wohlbekannte Personen sah. Sie lächelte den beiden zu. Aiji winkte ihr zwinkernd, doch Kirito wandte sich nur mürrisch ab. Naomi verzog das Gesicht. "Ist der etwa schon wieder sauer?" Der rothaarige Gitarrist zuckte mit den Schultern und zupfte an ihren Haaren. "Passt ihm wohl nicht, dass du mit uns hier bist…" Die Pinkhaarige verdrehte seufzend die Augen. "Wie kann man nur so eifersüchtig sein?", murmelte sie und schubste Kôji von der Bank, so dass er unsanft auf dem Boden landete. "Itai…", grummelte er. "Womit habe ich das jetzt wieder verdient?" "Du hast Kirito geärgert", entgegnete sie und ging in Richtung Theke, blieb allerdings auf halbem Wege stehen. "Es wäre nett, wenn ihr euch ihm gegenüber nicht so feindselig verhalten würdet, nachdem ich mich mit ihm vertragen habe." Dann ging sie zu ihrem Freund, der sie allerdings nicht ansah. "Hey, Naomi", grüßte Aiji sie und stupste dann seinen Kollegen an. "Jetzt hör doch mal auf zu schmollen, Baka." Kirito schnaubte verächtlich und sah die Studentin stirnrunzelnd an. "Amüsierst du dich?" Naomi verschränkte die Arme vor der Brust. "Unheimlich", gab sie sarkastisch zurück. "Was hat dich eigentlich schon wieder gebissen?" Der Gitarrist von Pierrot sah auf seine Uhr, dann stand er auf. "Leute, ich mach mich vom Acker… Es ist schon spät genug." Er wuschelte Naomi freundschaftlich durch die Haare und klopfte dem blonden Sänger auf die Schulter. "Wir sehen uns, Kiricho." Dann legte er ein paar Geldscheine auf den Tresen und verließ die Kneipe. Kaum war er weg, griff Kirito auch schon nach seinem Glas, doch die Musikstudentin packte sein Handgelenk, um ihn vom trinken abzuhalten. "Meinst du nicht auch, dass du für heute genug hast?" Sie nahm das Glas und stellte es möglichst weit von ihm weg. "So kenne ich dich überhaupt nicht…" "Ist doch auch egal…", murrte er und löste ihre Finger von seinem Arm, wobei er einen giftigen Blick in Richtung Yûichi und Kôji warf, die ihn jedoch gar nicht beachteten, weil sie sich mit Hide und Tatsuya unterhielten. "Nein, ist es nicht", erwiderte sie ruhig und nahm seine Hand. "Ich mache mir echt Sorgen…" "Wieso das? Mir geht es gut." "Das sehe ich." Naomi verschränkte ihre Finger mit seinen und legte den Kopf schief. "Warum bist du eigentlich so eifersüchtig auf Yû und Kôji?" "Bin ich doch gar nicht", murmelte Kirito seufzend. "Es ist nur…" Er biss sich auf die Unterlippe. Wenn er ehrlich sein sollte, wusste er ganz genau, dass es absolut albern war, aber er konnte irgendwie nichts dagegen tun. "Ich… weiß auch nicht so recht, was mit mir los ist…", gab er zerknirscht zu. "Wenn ich sehe, wie locker du mit den beiden umgehst… im Vergleich dazu, wie verkrampft du ganz am Anfang warst, als wir uns kennen gelernt haben…" Er stieß einen Seufzer aus und sah sie ernst an. "Vielleicht liegt es daran, dass du mir wirklich wichtig bist… und ich weiß, dass ich ziemlichen Mist gebaut habe." Die pinkhaarige Studentin trat auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. "Du hast wirklich keinen Grund, eifersüchtig zu sein", meinte sie leise und fuhr mit einer Hand durch seine Haare. "Yun-chan und Kôji sind meine besten Freunde… sie sind meine Kollegen… und das war's." Sie legte eine Hand auf seine Wange. "Denkst du, ich hätte dir verziehen und wäre jetzt mit dir zusammen, wenn ich für einen der beiden mehr empfinden würde als für dich?" "Eigentlich… nicht", gestand der Blonde zähneknirschend, dann küsste er sie. "Daisuki na", flüsterte er ihr ins Ohr, als er beide Arme um sie legte und sie an sich drückte. "Hontou ni." "Ich dich doch auch…" Sie lachte kurz auf. "Setz dich doch zu uns", schlug sie schließlich vor. Er sah sie zweifelnd an. "Ich wollte dir eigentlich nicht den Abend verderben." "Baka", grinste sie ihn an. "Wir sehen uns eh schon selten genug, denkst du ernsthaft, dass ich den Abend dann nicht mit dir verbringen möchte?" Kirito zog amüsiert einen Mundwinkel nach oben. "Den ganzen Abend?" Naomi kniff ihn leicht in die Seite. "Von mir aus…", meinte sie schmunzelnd. "Solange ich morgen früh pünktlich in der Uni bin." "Wann musst du denn da sein?" "Um neun." "Ich fahre dich hin", beschloss der Blonde kurzerhand, stand auf und nahm Naomis Hand, dann gingen sie beide zu dem Tisch rüber, an dem es mittlerweile still geworden war, weil die vier jungen Musiker gespannt abgewartet hatten, ob sich das Paar nun streiten würde oder nicht. Die Studentin setzte sich neben Kôji und schob ihn weiter, damit sich ihr Freund auf ihre andere Seite setzen konnte. Sie warf dem Rothaarigen und Yûichi einen warnenden Blick zu. "Seid gefälligst lieb zueinander", murmelte sie mit drohendem Unterton. Der dunkelhaarige Sänger hob abwehrend die Hände hoch. "Was immer du sagst, Na-chan", meinte er lächelnd und Kôji stieß ihm einen Ellbogen in die Seite, woraufhin beide loskicherten. Naomi schüttelte seufzend den Kopf und lehnte sich bei Kirito an. "Manchmal frage ich mich wirklich, womit ich das alles verdient habe…" Der Blonde legte einen Arm um sie. "Keine Ahnung, vielleicht warst du in einem früheren Leben ganz furchtbar unartig", grinste er. "Wahrscheinlich", gab sie amüsiert zurück und stupste Kôji an. "Aber es hätte auch schlimmer sein können." "Aber Nee-chan!", protestierte der Rothaarige lachend. "So was wie ich ist doch keine Strafe, sondern ein Geschenk des Himmels!" "Genau das meinte ich", kicherte Naomi. "Irgendwie ziehe ich Männer an, deren Ego größer ist als sie selbst." "Siehst du, war doch gar nicht so schlimm", meinte die Pinkhaarige, als sie die Wohnungstür hinter sich schloss und Kirito dann zu ihrem Schlafzimmer durchschob. Der Sänger brummte irgendetwas Unverständliches vor sich hin, betrat den Raum und drehte sich dann zu ihr um. "Dafür habe ich aber eine Belohnung verdient." Er verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, bis seine Freundin die Schlafzimmertür zugeschoben hatte. "Eine große." Sie zog eine Augenbraue hoch. "Meinst du." "Weiß ich." Er trat auf sie zu und begann, die Knöpfe ihrer schwarzen Bluse zu öffnen. "Keine Widerworte, die steht mir zu." Naomi ließ die Bluse ihre Schultern hinab gleiten und dann achtlos auf den Boden fallen, bevor sie ihre Arme um seinen Hals legte. "An was für eine Belohnung hattest du gedacht?", murmelte sie und küsste seinen Hals. Er stieß einen wohligen Laut aus. "Ich denke, das weißt du ganz genau", hauchte er, als er sie einfach hochhob und zu ihrem Bett trug, auf das er die Studentin legte. Dann zog er sein Hemd aus und kniete sich über sie. "Du bist immer noch viel zu dünn…", brummte sie, legte eine Hand auf seinen Nacken und zog ihn zu sich herunter, um ihn zu küssen. Kirito schob einen Arm unter ihren Rücken und schob ihr Top hoch. "Ist das denn so tragisch?", wollte er wissen und schob schmollend die Unterlippe vor. Mit der anderen Hand packte er ihre Handgelenke und hielt sie über ihrem Kopf fest. "Das nicht", meinte sie leise. "Aber so muss ich ja Angst haben, dass ich dich irgendwann durchbreche oder so." Sie lächelte und sah ihn dann mit unschuldigem Blick an. "Obwohl ich ja eigentlich recht zufrieden bin." "Eigentlich?" Der Sänger zog seinen Arm unter ihr hervor und ließ ihre Handgelenke los, als er sich aufsetzte. "Dann werde ich wohl dafür sorgen müssen, dass du diese Einschränkung nicht mehr nötig hast." Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Dann stand er auf. "Hast du Kerzen hier?" "Nani?" Verwirrt stützte sie sich auf den Ellbogen ab. "Da vorne in der Schublade, warum?" Der Blonde suchte ein paar Kerzenständer und Kerzen heraus, verteilte sie strategisch im Raum und zündete sie an, bevor er das Licht ausmachte. "So ist es doch viel romantischer." "Manchmal bist du echt süß, weißt du das?", meinte Naomi und sah ihn von oben bis unten an. "Jetzt hast du dir wirklich eine Belohnung verdient." Mit einem süffisanten Lächeln winkte sie ihn zu sich heran. "Dann komm und hol sie dir!" Kapitel 33: Elternbesuch ------------------------ Am Samstag darauf wurde Luca unsanft von ihrem Handy geweckt. Verschlafen tatschte sie auf ihrem Nachtschrank herum, bis sie endlich das nervige Gerät zu fassen bekam. "Moshimoshi", meldete sie sich grummelnd. "Sag mal Kohta, hast du keine Uhr? Wie spät ist es eigentlich?" Sie wartete einige Momente ab, setzte sich ruckartig auf ihrem Bett auf und starrte ungläubig an die Wand. "Du weckst mich mitten in der Nacht… um mir zu sagen, dass du und Kirito eure Eltern besuchen wollt?" Sie trommelte mit den Fingernägeln auf der Bettdecke rum. "Fünf Uhr morgens ist mitten in der Nacht, du Spinner. Wie jetzt?" Der blonden Frau klappte der Unterkiefer runter. "Das ist nicht dein Ernst, oder? Gut… ja, mache ich… ja… Nerv nicht!" Sie drückte ihren Freund weg, sprang aus dem Bett, lief in Naomis Zimmer und versuchte, ihre Freundin wachzurütteln. "Nao… Nao… verdammt…" Sie hüpfte wieder vom Bett und riss die Vorhänge auf. "Nao, steh endlich auf!" "Wa… wasch… wasch ischt denn?", murmelte die Pinkhaarige verschlafen. "Aufstehen… Kohta und Kirito kommen in zwei Stunden." "Und dafür weckst du mich jetzt schon?", fragte Naomi müde. "Bist du jetzt vollkommen bescheuert? Wie spät ist es eigentlich?" Benommen setzte sie sich auf und rieb sich die Augen. "Fünf…", antwortete die Designerin. "Und du wirst so viel Zeit brauchen, glaub mir… wir fahren nämlich zu ihren Eltern." Die Studentin wuselte hektisch aus dem Zimmer der Musikerin und lief ins Badezimmer. "Zu wem?" Irgendwie hatte sie Schwierigkeiten, Lucas Gebrabbel in ihrem noch schlafenden Hirn in einen Zusammenhang zu bringen. "Kiritos und Kohtas ELTERN!!!", rief Luca ihr aus dem Bad zu. Naomi stand auf und gähnte herzhaft. "Um die Uhrzeit? Sonst haben die keine Probleme, oder?" Mürrisch ging sie zu ihrem Kleiderschrank. "Was kann man zu so einem Anlass eigentlich anziehen?" "Etwas Schlichtes… konservativ…", rief ihr die Blonde zu, während sie in ihr eigenes Zimmer rannte. "Als ob wir so was hätten." Die Gitarristin machte ein zustimmendes Geräusch. Sie wühlte für eine Weile in ihrem Schrank herum. "Ich hab nichts Schlichtes", rief sie. "Meinst du… ein schwarzes Kleid ist in Ordnung?" "Gehst du auf eine Beerdigung?", fragte ihre Freundin und hetzte wieder ins Badezimmer. "Was soll ich denn sonst anziehen?", winselte Naomi. "Ich hab doch sonst nur diese ausgeflippten Musikerklamotten." "Dann zieh das schwarze Kleid an", bestätigte Luca, dann kam sie mit einem entsetzten Gesichtsausdruck aus dem Bad. "Schatz… deine Haare…" Sie zeigte auf die pinken zerwühlten Zotteln. "Als ob das konservativ und schlicht wäre…" Die Musikstudentin sah sie mit großen Augen an. Dann griff sie mit einer Hand nach einer pinken Strähne. "Was mache ich damit? Verstecken?" "Worunter? Deinen Kannenwärmer wirst du wohl oder übel eh im Haus ausziehen müssen." Naomi verzog das Gesicht, dann zuckte sie mit den Schultern. "Wird schon keiner dran sterben. Ist ja nicht so, als wären ihre beiden Söhne Musiker und selbst des öfteren mit diversen Haarfarben zu Hause aufgetaucht." "War eine davon Pink?", fragte die Blonde ernst. "Und glaub mir, jemand wird sterben, wenn wir einen schlechten Eindruck hinterlassen." Die Musikerin überlegte kurz. "Kohta hatte mal blaue Haare…", meinte sie langsam. "Aber pink…? Nicht dass ich wüsste…" "Das wird lustig… das wird ja so lustig… wollen wir vortrinken?" "Eh… hältst du das für eine gute Idee?", erwiderte die Pinkhaarige unsicher. "Wir können schlecht angeheitert dort auftauchen… das würde ja erst recht einen schlechten Eindruck hinterlassen." "Ja, ich weiß… das war ja auch nur ein Scherz… aber danach gehen wir was trinken. Und Kohta wird leiden… glaub mir." Grummelnd verschwand Luca wieder im Bad. Naomi schüttelte seufzend den Kopf. Wie kamen die beiden überhaupt auf die Idee, sie ihren Eltern vorzustellen? Und das auch noch so früh morgens? Sie würde wirklich mal ein ernstes Wort mit Kirito reden müssen… so konnte das nicht weitergehen. Sie holte ihr schwarzes Kleid aus dem Schrank und begab sich in das andere Bad um zu duschen. Nachdem die beiden fertig angezogen und geschminkt waren, klingelte es auch schon an der Tür. Sie schnappten sich ihre Handtaschen und gingen hinaus. "Ihr habt echt 'nen Schaden…", grummelte Naomi, als sie mürrisch an den beiden Musikern vorbei zum Auto stapfte. "Echt… um diese gottlose Zeit zwei schlafenden Frauen so einen Schock zu verpassen." Luca warf ihrem Freund einen finsteren Blick zu. "Das hat noch ein Nachspiel, glaubt mir." Sie ging zur Seitentür des Wagens, öffnete diese nicht gerade sanft, ließ sich auf die Rückbank fallen und wippte genervt mit dem Fuß. "Können wir endlich? Oder hattet ihr vor, hier noch bis zum Mittag zu warten?" Kohta schaute seinen Bruder verunsichert an. "Ihr beiden seht toll aus?", versuchte er, die beiden Frauen zu besänftigen. "Halt einfach die Klappe und steig ein", grummelte die Blonde. "Schatz… aber so werdet ihr nicht die ganze Zeit drauf sein, oder?", fragte der Bassist vorsichtig. "Ich meine…" "Hörst du schlecht, Kohta? Einsteigen", zischte sie ihm zu. "Ich bleibe wahrscheinlich so, keine Ahnung, was für eine Laune Naomi kriegt, wenn sie erst aufwacht." Der Bassist zuckte zusammen und stieg hinten ein, wobei er versuchte einen gewissen Abstand zu seiner zähneknirschenden Freundin zu halten. Kirito, der die beiden schweigend beobachtet hatte, ging um seinen Wagen herum, setzte sich auf den Fahrersitz und fuhr los. Er warf immer wieder vorsichtige Blicke auf Naomi, die ihren Kopf gegen das Fenster gelehnt hatte und zu schlafen schien. Nach etwa einer halben Stunde blinzelte die Pinkhaarige und setzte sich ruckartig auf. "Wo um alles in der Welt bin ich?" Sie drehte sich zu dem blonden Sänger um. "Wieso sitze ich in deinem Wagen? Kann mir einer erklären, was hier los ist?" "Wir wurden entführt", knirschte Luca und warf ihrem Freund einen vernichtenden Blick zu. "Höh?" Irritiert sah sie ihre Freundin an. "Wie entführt… wozu?" "Zu ihren Eltern", antwortete Luca knapp und schlug Kohtas Arm weg, als er Anstalten machte sie in den Arm zu nehmen. Naomi sah wieder zu Kirito. "Wie spät ist es jetzt überhaupt?" "Halb acht", antwortete der Sänger. "Und wie lange sind wir schon unterwegs?" "Seit einer halben Stunde." Er lächelte ihr zu. Nun war sie vollkommen verwirrt. So langsam aber sicher kam die Erinnerung zurück. "Wozu fahren wir eigentlich schon so früh zu euren Eltern?", wollte sie wissen. "Machen wir immer…", erklärte der Bassist und rückte etwas weiter weg, als Luca ihn anknurrte. "So können wir etwas mehr Zeit mit ihnen verbringen." "Und warum müssen wir mit?", fragte Naomi. "Ich wollte halt…" Kohta stotterte. "Wir wollten… na ja… euch vorstellen?" Sie drehte sich nach hinten und funkelte den Bassisten böse an. "Und wann habt ihr das beschlossen?" Er zuckte mit den Schultern. "So gegen drei…" "Und so was fällt euch nicht früher ein?", grummelte sie gefährlich. "Eigentlich wissen wir es ja schon…" Er zuckte zusammen. "Gomen?" "Ihr wisst es ja schon… was?" Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich von Sekunde zu Sekunde immer mehr. "Seit ungefähr einer Woche?" Er duckte sich und schaute die Frauen ängstlich an. "Du weißt das schon seit einer Woche…?", fragte Luca ruhig und starrte immer noch aus dem Fenster. "Eine Woche und du sagst es erst jetzt?" Der Bassist schaute sie leicht panisch an. Es machte ihm wesentlich mehr Angst, wenn sie so ruhig blieb, als wenn sie ausrastete. "Schatz… ich… ähm…", stotterte er und versuchte krankhaft die bösen Blicke von Naomi zu ignorieren. "Kohta, du kannst davon ausgehen, dass, wenn wir mit dem Besuch fertig sind…" Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn kalt an. "… wir geschiedene Leute sind." Naomi machte ein zustimmendes Geräusch und wandte ich dem Sänger zu. "Darauf könnt ihr Gift nehmen", grummelte sie. "Ich will ernsthaft für euch hoffen, dass sie mich nicht hassen werden… Euch ist schon klar, dass meine Haare nicht gerade den besten Eindruck machen werden." "So schlimm wird es schon nicht sein", versuchte Kirito seine Freundin zu beruhigen. "Es ist ja nicht so, als wären Kohta und ich Musiker und ebenfalls mit den unterschiedlichsten Haarfarben zu Hause angekommen." Sie starrte ihn mit großen Augen an. "Ja, aber die waren nicht pink", quietschte sie. Zerknirscht schob er seine Unterlippe vor. "Das nicht… aber orange und so war schon dabei." Die Musikstudentin verschränkte die Arme vor der Brust und rutschte grummelnd etwas tiefer, wobei sie ihren Kopf zum Fenster wandte und stur hinaus sah. Nach einigen Stunden hielt der Wagen vor einem hübschen Häuschen mit Garten an. Luca blinzelte durch die Fensterscheibe, blieb jedoch sitzen, obwohl Kohta sich auf den Weg nach draußen machte. "Schatz… kommst du?", fragte er vorsichtig. "Nie wieder", kam die knappe Antwort. Dann machte sie die Hintertür auf und stieg aus. Naomi warf die Beifahrertür schwungvoll zu, nachdem sie ausgestiegen war. Sie stellte sich neben ihre Freundin und lehnte sich zu ihr herüber. "Jetzt, wo ich dieses Haus sehe, wundert mich ehrlich gesagt gar nichts mehr", flüsterte sie ihr zu. Die Designerin nickte knapp. Für sie hatte dieses Haus keine gute Ausstrahlung, es sau aus wie die Hütte von Menschenfressern, um das Dutzende von Raben herumflogen. "Da kriegen mich keine zehn Pferde rein", murmelte sie ängstlich und rückte näher zu der Pinkhaarigen. "Die werden doch nie im Leben zwei Gaijin akzeptieren." "Ihnen bleibt gar nichts anderes übrig", grummelte Kirito, der auch nicht gerade glücklich wirkte. Er legte seiner Freundin einen Arm um die Schultern und schob sie zum Eingang, wobei er ihre leise gefiepten Proteste geflissentlich ignorierte. Luca blieb immer noch auf ihrem sicheren Fleckchen stehen und starrte das Haus an. "Viel Spaß euch dreien", fiepte sie und drehte sich auf dem Absatz um, wobei sie gegen Kohtas Brust prallte. "Nix da", grinste er, nahm sie wie ein kleines Kind bei der Hand und folgte seinem Bruder. "Onii, hast du die Schlüssel für die Fronttür oder wollen wir klingeln?" "Klingeln", antwortete der Sänger schlicht und drückte auf den Knopf. Nach einigen Sekunden hörten sie, wie im Hof eine Tür aufging und jemand zur Fronttür kam. Die Tür wurde aufgeschlossen und eine freundlich aussehende Frau schaute hinaus. "Da seid ihr ja", begrüßte sie ihre beiden Söhne freudig. "Kommt doch herein. Shinya, hast du endlich mal zugenommen?", fragte sie und begutachtete ihren Sohn, als er stur an ihr vorbeiging. "Sieht nicht so aus", erkannte sie enttäuscht. "Kohta, komm rein, mein Junge." Der Bassist nickte lächelnd und zog seine verwirrt dreinschauende Freundin hinter sich her. Die vier zogen ihre Schuhe aus und gingen ins Wohnzimmer, wohin ihnen die Mutter der beiden Musiker folgte. Naomi sah sich mit großen Augen um. Sie zuckte erschrocken zusammen, als eine dunkle Männerstimme hinter ihr ertönte. "Shinya, Kohta… schön, euch mal wieder zu sehen", begrüßte er seine Söhne. "Und Besuch habt ihr auch mitgebracht, wie ich sehe." Kirito drehte sich zu seinem Vater um. "Konnichi wa, Otousan", grüßte er seinen Vater und schob Naomi ein Stückchen nach vorn. "Das hier ist meine Freundin Naomi." Die Musikerin verbeugte sich höflich. "Yoroshiku onegai shimasu." Der Mann verbeugte sich leicht vor ihr und lächelte freundlich. "Wir haben aber noch mehr Besuch, wie ich sehe. Kohta, du bist ja ganz schön unhöflich, die junge Dame nicht vorzustellen." Der Bassist kratzte sich am Hinterkopf und grinste schief. "Konnichi wa, Tousan." Er stupste seine Freundin leicht an. "Das ist meine Freundin." "Baka, ich glaube, Vater meinte mit Namen", seufzte Kirito. Die Blonde zuckte kurz zusammen. "Anou… anou…", stotterte sie, fasste sich dann, stellte sich kerzengerade hin und stellte sich vor. "Atakushi wa Coven Luca desu." Sie verbeugte sich tief. "Yoroshiku onegai shimasu." Der Vater schmunzelte. "Immerhin hast du eine Freundin mit Manieren, die kann sie dir ja beibringen, wenn wir es schon nicht geschafft haben." Er setzte sich im Schneidersitz an den Tisch und forderte die anderen auf, ebenfalls Platz zu nehmen. "Mutter braucht noch etwas mit dem Essen, nachdem ihr so rechtzeitig Bescheid gegeben habt." Der Bassist setzte sich ebenfalls. "Okaasa, bekommen wir Tee?" Kirito setzte sich seinem Bruder gegenüber an den Tisch und zog seine Freundin neben sich. "Einen Moment", tönte es aus der Küche. "Du könntest mir vielleicht ein wenig zur Hand gehen." "Aber wir sind Gäste", grinste er und stand auf. "Was man so alles mitmachen muss", seufzte er und ging in die Küche. Nach einigen Sekunden steckte er den Kopf durch die Tür. "Mädels, wollt ihr vielleicht lieber etwas anderes? Kaffee zum Beispiel?" Naomi streckte ihren Kopf hoch. "Habe ich gerade Kaffee gehört? Ja, bitte!" "Schatz, du?" Er sah seine Freundin an, die wahrscheinlich gerade mit dem Gedanken spielte wegzulaufen. "Auch Kaffee?" Die Designerin zuckte zusammen. "Ähm… warte, ich helfe dir." Kirito sah Naomi amüsiert an. "Den Kaffee brauchst du jetzt wahrscheinlich auch, nachdem wir euch schon um fünf aus dem Bett geworfen haben." Sie brummte zustimmend. "Ist ja nicht so, als hätte ich nur zwei oder drei Stunden geschlafen." Er verzog das Gesicht. "Woher hätte ich wissen sollen, dass du so lange gearbeitet hast?" Sein Vater sah die junge Frau interessiert an. "Was machen Sie denn beruflich?" "Ich bin Musikerin", antwortete sie leicht überrascht. "Dann haben Sie sich bei der Arbeit kennen gelernt?" Sie schüttelte leicht den Kopf. "Nein, ich habe erst später angefangen. Als wir uns kennen lernten, war ich noch einfache Studentin." In diesem Moment kam Kohta brummend aus der Küche. "Die haben sich verbündet." Er stellte vier Teebecher und zwei Kaffeetassen auf den Tisch und ließ sich zur Linken seines Vaters nieder. "Ist das zu fassen?" Naomi grinste breit. "Wundert dich das? Zwei Frauen in der Küche, da hat jeder Mann verloren." Kohta nickte grummelnd. "Die unterhalten sich gerade über verschiedene Schneidearten, somit können wir uns gleich was zu essen bestellen." "Deine Mutter freut sich halt, eine weibliche Person in der Küche zu haben." "Sie kann von Glück reden, dass es nicht Naomi ist", grinsten die beiden Brüder. Der Vater sah seine Söhne irritiert an. "Wieso? Können Sie etwa nicht kochen?" Er wandte sich an die Pinkhaarige. Diese schüttelte energisch den Kopf. "Ich würde wahrscheinlich alles in die Luft sprengen und mich gleich mit… oder ich wäre vorher verblutet." Er zog amüsiert eine Augenbraue hoch. "Dann wollen wir Sie möglichst weit von der Küche entfernt halten. Bevor noch ein Unglück passiert." "Besser wäre es", entgegnete Kirito. "Ich würde sie gerne noch etwas länger behalten. Naomi stieß ihn leicht in die Seite. "Du redest gerade so, als wäre ich dein Eigentum. Lass das ja Luca nicht hören." Nach einer halben Stunde kamen die beiden Frauen lachend aus der Küche und stellten Geschirr und Essen auf dem Tisch ab, bevor sie sich ebenfalls an den Tisch setzten. "Gott, nicht dass es wieder solche Ausmaße annimmt, wie wenn Luca kocht", seufzte Kohta und sah sich das Essen an. "Aber ich denke eher, wir kriegen nichts ab." Er schielte zu Naomi. "Hör auf, immer meine Naomi zu ärgern", erklärte die Blonde und reichte seinem Vater ein Reisschälchen, nachdem sie es aufgefüllt hatte. "Sonst kriegst du wirklich nichts ab." Er verzog das Gesicht zu einer Schnute und sah sie mitleiderregend an. "Aber… Hunger?" "Wenn du brav bist, bekommst du bestimmt etwas", erklärte seine Mutter. "Aber das überlegen wir uns noch, nicht wahr, Luca-chan?" Die Designerin nickte lächelnd und füllte weiterhin die Reisschälchen, während die Mutter der beiden Musiker das weitere Essen in Schalen füllte. "Für Naomi kannst du etwas mehr Essen hineintun, Mutter", grinste Kirito breit. "Richte dich am besten nach Lucas Reismenge." Seine Freundin stieß ihm nicht gerade sanft ihren Ellbogen in die Rippen. "Was denn?", fragte er unschuldig. "ich will doch nur nicht, dass du mir hier verhungerst. Ich brauche dich schließlich noch." "Ich möchte nicht wissen, wofür", grummelte Naomi. "Vergiss nicht, dass es immer noch mein Eigentum ist", erinnerte Luca den Sänger. "Schließlich habe ich auch das Zertifikat für sie." Kirito sah sie herausfordernd an. "Und wieso habe ich es noch nicht gesehen?" Schelmisch grinsend lehnte sich Luca über den Tisch zu ihm rüber. "Erstens: Weil du noch nie danach gefragt hast und zweitens wäre ich wohl ganz schön doof, es dir zu geben, oder?" Er blinzelte sie irritiert an und wandte sich dann an seine Freundin. "Kann ich auch so eines haben?" "Nein", raunte Luca. "Meins ist ja mit Blut unterschrieben und somit gehört alles von ihr mir." Sie kicherte leicht diabolisch. "Von Kohta habe ich übrigens auch eins." Naomi legte den Kopf schief. "Eigentlich hätte dir klar sein müssen, dass du gegen sie keine Chance hast", meinte sie zu dem Sänger. "Schließlich hat sie mich im Grunde bei unserer ersten Begegnung schon mehr oder weniger adoptiert. Das war so dieses Prinzip: Sehen – Stempel 'meins'." "Dann kennen Sie sich ja schon recht lange, oder?", mischte sich nun der Vater ein, nachdem er endlich seine Stimme wieder gefunden hatte. Die Gitarristin nickte. "Zweieinhalb Jahre jetzt…" "Wie… erst?", kam es überrascht von Kohta. "Ich dachte, ihr kennt euch schon euer halbes Leben oder so." Die Pinkhaarige schob den Unterkiefer vor. "Dachtest du also… nein, wir haben uns erst Anfang des ersten Semesters auf der Uni kennen gelernt. Vor zweieinhalb Jahren also." "Aha?", meinte der ältere Mann interessiert. "Und seither sind Sie so gute Freundinnen?" Naomi wiegte bedächtig den Kopf hin und her. "Sind wir. Klar, es gab schon eine übliche Kennenlernphase… aber bei uns war sie relativ kurz… auf jeden Fall verbringen wir sehr viel Zeit miteinander und sind vor anderthalb Jahren zusammengezogen." In diesem Moment kam ein fröhliches 'itadakimasu~' von Luca und der Mutter. Die Musikstudentin hatte gar nicht mitbekommen, dass sie das Essen schon längst aufgetragen hatten und blinzelte ihre extragroße Portion an. Kirito grinste und stupste sie leicht an. Dann antworteten die anderen ebenfalls mit einem mehr oder weniger freudigen 'itadakimasu' – von Naomi mehr, von Kohta weniger – und schließlich begannen sie zu essen. Als sie fertig waren, wandte sich der blonde Sänger mit hochgezogener Augenbraue an seine Freundin. "Was ist los mit dir? Willst du nichts mehr essen? Bist du krank?" Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. "Hm… Fieber hast du eigentlich nicht…" Grummelnd schlug sie seine Hand weg. "Ich bin nicht krank…" Kohta sah die beiden besorgt an und hoffte, dass sie sich jetzt nicht streiten würden. Demonstrativ warf er einen Blick auf die Uhr. "Wir haben noch eine lange Fahr vor uns. Sollen wir uns dann mal so langsam auf den Weg machen?" "Schon?", kam es von Luca, Naomi und den Eltern gleichzeitig. Sie sahen sich an und fingen an zu lachen. "Wir hatten ja kaum Gelegenheit, eure Freundinnen kennen zu lernen. Wollt ihr nicht hier übernachten?", beschwerte sich die Mutter. Doch Kirito schüttelte den Kopf. "Gomen, aber wir müssen morgen wieder arbeiten", entschuldigte er sich bei ihr, auch wenn er innerlich froh war, dass sie bald wieder zu Hause waren. So konnte er vielleicht noch ein wenig Zeit mit seiner Freundin allein verbringen. "Na gut", seufzte der Vater und stand auf. "Aber kommt uns bald mal wieder besuchen." Die beiden jungen Frauen standen ebenfalls auf, gefolgt von der Mutter und den Musikern. Sie verabschiedeten sich höflich voneinander, bevor sie sich die Schuhe anzogen und das Haus verließen. Als der Wagen vor Kohtas Appartementkomplex anhielt, stieg er zusammen mit Luca aus. Sie war mal wieder die ganze Fahrt über still geblieben und würdigte den Bassisten keines Blickes. "Kommt gut nach Hause", zwinkerte der Musiker seinem Bruder und der Pinkhaarigen zu, obwohl er nicht wirklich daran glaubte. Naomis Laune hatte sich eigentlich nicht wirklich verbessert. Als Kirito losfuhr schaute er seine Freundin fragend an. "Schatz… immer noch böse?" Die Blonde sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Wäre möglich." Kohta schmollte, ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. "Es tut mir wirklich Leid… aber es lief doch ganz gut." Er ging mit seiner Freundin in die Lobby und stieg dann in den Fahrstuhl. Die junge Frau blieb die ganze Zeit still und nachdenklich. Als der Bassist sie abermals ansprach, schreckte sie kurz auf. Er führte sie ins Appartement, wo sie sich auf ein Sofa setzte. "Hier." Er warf der Designerin eine Packung Zigaretten zu. "Ist glaube ich schon etwas länger her, dass du das letzte Mal eine geraucht hast." Luca lächelte ihn dankbar an. "Möchtest du auch was trinken? Ich mache gerade Tee." Sie nickte zustimmend. Eigentlich war sie irgendwie mit dem heutigen Tag überfordert. Und es lag definitiv nicht daran, dass sie so früh aufgeweckt worden war. Es war viel mehr die Feststellung, dass sich Naomi und sie so gut mit den Eltern verstanden hatten. Wenn sie genauer darüber nachdachte, kam ihr das ganze Treffen irgendwie spanisch vor, vor allem, wenn sie an das letzte Gespräch mit Kohta dachte. "Kohta…", rief sie leise und hatte gar nicht bemerkt, dass der Bassist schon seit längerem neben ihr saß. Sie zuckte leicht zusammen, als er seinen Arm um sie legte und sie zu sich zog. "Ja?" "Sag mal… wieso sollte ich deine Eltern kennen lernen?" Sie starrte ins Leere und hatte noch genau seinen abgebrochenen Satz in Erinnerung, den er im Wagen auf der Fahrt zu seinen Eltern gestammelt hatte. "Du hast heute morgen erwähnt, dass du wolltest." Verlegen strich er ihr durch die Haare und legte seinen Kopf auf ihrem ab. "Ich wollte meinen Eltern die Frau vorstellen, die ich liebe… ist das schlimm?" Luca schüttelte leicht den Kopf. "Ich fand es nur seltsam…" Kohta legte die Stirn in Falten und spielte mit den Rüschen an Lucas hellem Kleid. "Wieso?" "Weil es doch recht früh ist. Ich meine, wir sind vielleicht gerade mal anderthalb Monate zusammen." "Zweieinhalb", kommentierte der Bassist. "Trotz der Tour und dieser dummen Geschichte." Die junge Frau nickte und schmiegte sich an ihn. "Du bist ein seltsamer Typ, aber ich liebe dich trotzdem." Kohta seufzte glücklich und nahm einen Schluck von seinem Tee. "Hast du Gackt schon den Schmuck zurückgegeben?", fragte er vorsichtig. Die Designerin schüttelte den Kopf. Sie hatte es eigentlich die ganze Woche über vorgehabt, aber der Typ schien keine Termine für diese Woche gehabt zu haben und so verstaubte das Etui immer noch in ihrem Auto. "Ich habe was für dich, warte einen Moment." Kohta ließ die Blonde los, stand auf und ging in sein Schlafzimmer. "Nicht weglaufen, ja?!", erklärte er. Luca sah ihrem Freund verwirrt nach. Was hatte er sich denn diesmal einfallen lassen? Sie hatte nicht so wirklich Lust auf Dinge, schon gar nicht, weil sie wegen heute morgen noch immer leicht zerknirscht war. Der Bassist kam wieder in das Wohnzimmer und streckte eine Hand nach Luca aus. "Mach die Augen zu." Sie blinzelte ihn verwirrt an, reichte ihm allerdings ihre Hand und schloss die Augen. Kohta zog sie zu sich hoch, hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen und legte der jungen Frau etwas um den Hals, wobei sie kurz wegen der Kühle auffiepte. "Jetzt kannst du die Augen wieder aufmachen", erklärte er und hielt sie an der Hüfte fest. Die Designerin öffnete die Augen und blinzelte ihren Freund an. Dann fasste sie mit einer Hand an ihre Brust. Sie hatte eine neue Kette um, zusätzlich zu der, die sie von Naomi zum Geburtstag bekommen hatte. Luca fuhr mit den Fingern an dem filigran gearbeiteten Kettchen weiter, bis sie an einen Anhänger kam. "Kohta… das ist ja…" Der Bassist grinste ihr verschmitzt zu. "Wenn du bereit bist, musst du ihn einfach am Finger tragen, okay?", erklärte er der verwirrten jungen Frau. "Ich weiß dann Bescheid." "Aber… aber…", stotterte sie und umklammerte den Ring, der an der Kette hing. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nicht mehr gehen lasse." Die Blonde fiel ihm um den Hals und küsste ihn leidenschaftlich. "Das kann aber noch etwas dauern", erklärte sie verlegen und spielte mit seinem T-Shirt. "Ich habe Geduld und wenn es mir zu lange dauert, komme ich einfach vorbei und entführe dich." Sie sah ihn verdutzt an, dann lächelte sie. "Schatz, dein Tee wird kalt." Kohta grinste breit, zuckte mit den Schulter und hob seine Freundin hoch. Er ging mit ihr zum Schlafzimmer. "Du denkst doch nicht wirklich, dass mir jetzt noch irgendwas wichtiger ist, oder?" Nachdem Kirito seinen Wagen auf seinem üblichen Parkplatz abgestellt hatte, stieg er aus und hielt dann seiner Freundin die Tür auf, doch diese machte keine Anstalten auszusteigen. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. "Willst du nicht aussteigen?" "Nein", kam die knappe Antwort. Wieder seufzte er und ging in die Hocke. "Du willst doch nicht allen Ernstes im Auto schlafen, oder? Ich meine, es ist ganz schön unbequem… außerdem könnte es recht frisch werden…" Naomi verdrehte die Augen. "Redest du jetzt so lange, bis ich freiwillig aussteige?" "Wenn ich muss", erwiderte er. "Na, dann mal viel Spaß", grummelte sie und rutschte in dem Sitz etwas tiefer. Wenn er ehrlich sein sollte, hatte er gar keine Lust, jetzt stundenlang mit ihr zu diskutieren… oder eher einen Monolog zu führen, da von ihr so gut wie keine Reaktion kam. Er stand auf, packte ihr Handgelenk und zog sie aus dem Wagen. "Was soll das?", beschwerte sie sich und hielt sich an seinem Hemd fest, um nicht zu fallen. "Ich wollte die Nacht eigentlich nicht im Auto verbringen", gab er mürrisch zurück und warf die Beifahrertür zu. Ohre ihre weiteren Proteste zu beachten, hob er sie einfach hoch und trug sie zu dem Haus, in dem er wohnte. "Ich will nach Hause!", brummte die Pinkhaarige und sah ihn grimmig an. "Was meinst du, wo ich dich hinbringe?" "Das ist aber nicht mein Zuhause." Er zog eine Augenbraue hoch und setzte sie ab, um die Tür aufschließen zu können. "Noch nicht…" "Was soll das denn heißen?", fragte sie und sah ihn verdutzt an. "Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass ich bei dir einziehe? Dir ist schon klar, dass ich seit anderthalb Jahren mit Luca zusammenwohne und…" Kirito legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen, dann zog er sie in den Aufzug. "Das weiß ich… aber meinst du nicht, dass Luca irgendwann mit Kohta zusammenzieht? Willst du dann alleine bleiben?" "Als ob sie das tun würde", entgegnete die Pinkhaarige indigniert. "Meinst du." "Weiß ich." "Da kennst du meinen Bruder aber schlecht… auf Dauer wird er mit Sicherheit wollen, dass sie bei ihm einzieht." Der Sänger wartete, bis oben die Fahrstuhltüren wieder aufgingen und schob sie bis zu seiner Wohnungstür. "Du denkst doch wohl nicht, dass ich dann alleine bleiben müsste? Vorausgesetzt ich will das überhaupt…", versuchte sie es erneut. Kirito musste ein Kichern unterdrücken. "Du würdest entweder verhungern oder dich selbst umbringen, wenn keiner für dich kocht…" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Klar… ich kann ja auch auswärts essen gehen." "Wird aber auf Dauer ziemlich teuer, meinst du nicht auch?" "Dann geh ich halt bei Luca essen, die sagt da garantiert nicht nein." Der Sänger schloss die Tür hinter sich und grinste schief. "Wäre es nicht besser, wenn zu Hause jemand für dich kocht?" Nachdem sich die Musikstudentin die Stiefel ausgezogen hatte, ging sie direkt ins Wohnzimmer, ohne auf ihren Freund zu warten. Dort setzte sie sich aufs Sofa, kramte in ihrer Handtasche und holte eine Zigarette aus, die sie sich direkt anzündete. Entspannt lehnte sie sich zurück. "Soll ich dir etwas zu essen machen?", fragte er, erwartete aber nicht wirklich eine Antwort von ihr. Er ging in die Küche. "Sollst du nicht." Der Blonde reagierte gar nicht auf ihre Aussage, sondern machte sich in seiner Küche an irgendwelchen Dingen zu schaffen. Nach einer Weile kam er heraus, stellte eine Tasse Tee vor ihr auf den Tisch und verschwand wieder. "Oi!", rief sie ihm nach. "Interessiert es dich überhaupt, was ich dazu sage?" "Im Moment nicht wirklich", kam es aus der Küche. "Mich interessiert so ziemlich alles, was du zu sagen hast… mit Ausnahme von Beschwerden und Einwänden." "Baka", grummelte sie und stand auf, ging zur Küchentür, wo sie sich gegen den Rahmen lehnte. "Gerade die sollten dich vielleicht interessieren." Er drehte sich grinsend zu ihr um. "Genau das hatte ich bezwecken wollen", meinte er und ging auf sie zu. "Natürlich interessiert es mich, Dummerchen. Du musst nicht immer alles so verdammt ernst nehmen." Naomi legte die Stirn in Falten. "Sei doch froh, dass ich dich ernst nehme", erwiderte sie. Seufzend schüttelte er den Kopf. "Willst du nun was essen oder nicht? Es ist ja nicht so, als wäre das schon wieder ein paar Stunden her, seit du etwas gegessen hast", meinte er schmunzelnd. "Habe ich irgendeine Wahl?" "Nicht wirklich", grinste er sie an. "Ich brauch nicht lang." Ungläubig schüttelte sie den Kopf und kehrte zum Sofa zurück. Dieser Kerl war echt unmöglich. Aber genau das war eines der Dinge, die sie an ihm mochte. "War das eigentlich dein Ernst?", rief sie in Richtung Küche, als sie sich erneut eine Zigarette anzündete. "Was war mein Ernst?", meinte er, kam ins Wohnzimmer und stellte einen großen Teller Yakisoba vor ihr auf den Tisch. Er reichte ihr Essstäbchen und nahm ihr die Zigarette ab. "Das mit dem Zusammenziehen", antwortete sie, bevor sie anfing zu essen. Kirito setzte sich neben sie und antwortete zunächst nicht. Erst als sie die Stäbchen auf den leeren Teller legte, zog er sie zu sich heran und legte beide Arme um sie. "Mit solchen Dingen scherze ich nicht." "Hm." "Mehr sagst du nicht dazu?", wollte er leicht enttäuscht von ihr wissen. "Was soll ich denn dazu sagen? Ich kann doch Luca nicht alleine lassen", meinte sie. "Außerdem… ich weiß nicht… später vielleicht… aber ich denke, das wäre jetzt noch zu früh." "Ich habe ja auch nicht gesagt, dass du jetzt schon zu mir ziehen sollst." Der Sänger verdrehte die Augen. "Aber da ich wie gesagt vorhatte, noch länger mit dir zusammen zu bleiben…" Naomi sah ihn breit grinsend an. "Das war also auch dein Ernst, ja?" Sie stupste ihn in die Seite. "Meinst du, dass du es überhaupt lange genug mit mir aushältst?" Er schob schmollend die Unterlippe vor. "Da bin ich mir sogar ziemlich sicher." "Aha?" Sie lehnte sich an ihn und verschränkte ihre Finger mit seinen. "Wenn du dir da wirklich so sicher bist…" Sie hatte keine Gelegenheit, ihren Satz zu beenden, da in diesem Moment ihr Handy klingelte. Sie kramte es aus ihrer Handtasche und ging ran. "Yun-chan!", freute sie sich. "Was gibt es denn?" Sie lauschte eine Weile und bekam gar nicht mit, wie ihr Freund genervt das Gesicht verzog, weil er sich fragte, warum dieser Typ so spät abends noch anrief. "Hontou ni? Das ist ja… klar. Natürlich komm ich… was für eine Frage!" Sie hörte ihm noch kurz zu, dann verabschiedete sie sich von ihrem Kollegen. Als sie sich zu Kirito umdrehte, sah er sie düster an. "Was wollte der denn?" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm und Kôji zusammenziehe." Der Sänger verengte die Augen zu Schlitzen. "Und du hast…" Doch bevor er aussprechen konnte, stieß sie ihm ihren Ellbogen in die Rippen. "Baka, du glaubst aber auch alles…", grinste sie ihn an. "Er wollte mir nur Bescheid sagen, dass wir morgen kurzfristig zu einem Interview eingeladen sind, das ist alles." "Aha…" Naomi seufzte genervt und hielt ihm das Handy vor die Nase. "Wenn du mir nicht glaubst, dann ruf ihn an und frag selbst." Statt zu antworten nahm er sie einfach in den Arm. "Du bist gemein…", murmelte er. "Das sagt der Richtige", gab sie zurück. "Als ob ich so was tun würde… also wirklich…" "Hast du noch Hunger?" Irritiert sah sie ihn an. "Wieso? Ich hab doch gerade erst gegessen…" "Schlafen?" "Wie definierst du Schlafen?", erwiderte sie amüsiert. "Nun ja…" Er zog einen Mundwinkel zu einem Halbgrinsen hoch. "Du weißt schon…" Die Pinkhaarige warf einen Blick auf die Uhr. "Also… gegen ein wenig Schlaf hätte ich nichts einzuwenden… wenn man bedenkt, wie früh ihr uns aus dem Bett geholt habt…" Sie sah ihn strafend an. "Du weißt doch, dass ich immer lange arbeite." "Gomen…", meinte er, als er aufstand, ihre Hand nahm und sie vom Sofa hochzog. "Eigentlich war das Kohtas Idee… er wollte unbedingt, dass unsere Eltern Luca kennen lernen… und ich habe mir dann halt gedacht, dass es keine so schlechte Idee ist und wollte dich auch dabei haben." "Und das musste dann in aller Herrgottsfrühe sein, ja?", brummte sie, packte seinen Kragen und zog ihn hinter sich her zum Schlafzimmer. "Nächstes Mal, wenn ihr so eine glorreiche Idee habt… geht das dann auch bitte zu einer menschlichen Uhrzeit?" "Ich denke, das lässt sich einrichten", entgegnete er und löste ihre Finger von seinem Hemd. "Wir haben es aber eilig, huh?", grinste er. "Ich will schlafen, da ich das ja heute morgen nicht konnte… euretwegen." Kirito sah sie schmollend an. Naomi schmunzelte, dann schubste sie den Sänger in den Raum hinein und schloss die Tür hinter sich. "Danach…" Kapitel 34: Mal wieder Streitereien ----------------------------------- Am nächsten Morgen wachte die junge Designstudentin beim ersten Sonnenstrahl auf. Sie drehte sich zur Seite, schaute Kohta beim Schlafen zu und blieb noch eine Weile liegen, bevor sie aufstand, sich eines seiner Shirts anzog und ins Badezimmer huschte. Nachdem sie fertig geduscht hatte, ging sie wieder ins Schlafzimmer und zog sich ihre eigene Kleidung an, die sie vorsichtshalber in seiner Wohnung gebunkert hatte. Dann krabbelte sie aufs Bett und setzte sich auf Kohtas Bauch. "Schatz… aufstehen", versuchte sie den schlafenden Musiker zu wecken. "Es ist schon sechs." Kohta brummte etwas vor sich hin, bevor er sie am Handgelenk packte, sie in seine Arme zog und einfach weiterschlief. Die junge Frau seufzte glücklich und kuschelte sich an ihn. "Kohta… Baby… du musst langsam aufwachen, sonst kommen wir zu spät zum Set." Sie drehte sich so um, dass sie sein Gesicht sehen konnte. "Außerdem willst du bestimmt noch duschen und was essen, hm?" Wieder ertönten komische Grummellaute von dem Blonden und er zog die Bettdecke über die beiden. "Noch fünf Minuten…", bettelte er. Luca nickte und versuchte sich von ihm loszumachen. "Na gut, fünf Minuten, aber dann stehst du auf, ich geh schon mal Frühstück machen." "Du auch noch fünf Minuten", seufzte er verschlafen und hielt sie fest. "Sonst bringt das keinen Spaß." Die Designerin verdrehte die Augen und legte sich zu ihrem schlafenden Freund. Nach fünf Minuten drehte sie sich wieder zu ihm und schaute ihn mit amüsierter Miene an. "Schatz, deine fünf Minuten sind vorbei", erklärte sie dem Schlafenden. "Jetzt musst du aufstehen." Sie kletterte aus dem Bett und ging in die Küche, wo sie Reis, Misosuppe und frittierten Fisch machte sowie grünen Tee aufsetzte. Danach ging sie abermals ins Schlafzimmer, um ihren Freund zu wecken. Vorsichtig setzte sie sich aufs Bett. "Kohta… steh endlich auf…", grummelte sie. "Du wirst sonst zu spät kommen…" Der Bassist reagierte nicht und ließ einige Schnarcher verlauten. Die Blonde grinste breit, als ihr eine fiese Aufweckmethode einfiel. Sie ging um das Bett herum, auf Kohtas Seite, und beugte sich an sein Ohr. "Ich bin von Kôji schwanger und wir brennen heute noch nach Timbuktu durch", flüsterte sie ihm ins Ohr und ging einige Schritte vom Bett weg. "Eins… zwei…" Ruckartig setzte sich Kohta auf. "Ich werde diesen rothaarigen Punk umbringen", fauchte er und sprang aus dem Bett. "… drei." Sie grinste vergnügt und verließ das Schlafzimmer wieder in Richtung Küche. Es dauerte einige Minuten, bis Kohta ihr folgte, wobei er sich beim Gehen eine Hose anzog. "Du bist wirklich grausam", grummelte er verstimmt und setzte sich an den Esstisch, während er zusah, wie seine Freundin das Frühstück verteilte. "Tja… ich dachte, das magst du an mir…", kommentierte sie zufrieden, stellte die Teetassen ab und setzte sich. "Ich war mir nicht sicher, was besser war… Dai oder Kôji… aber ich glaube, ich habe mit Kôji ins Schwarze getroffen, hm?" Der Blonde grummelte und stopfte sich Reis in den Mund. "Falls da jemals was laufen sollte…", drohte er und fuchtelte mit den Stäbchen, "ist er ein toter Mann." Er nahm einen großen Schluck von dem grünen Tee. "Und was ist mit 'wenn was gelaufen ist'?", fragte sie amüsiert und führte etwas von dem Fisch zum Mund, wobei sie zu kichern anfing, als Kohta sich an seinem Tee verschluckte. "Schatz… trink langsamer…", mahnte sie vergnügt und reichte ihm eine Serviette. "Wie… wenn was war…?", verlangte er zu wissen. "Du hast doch nicht… nicht mit dem…" Er starrte sie fassungslos an. "Ich meine… der ist doch noch ein Kind…" Luca grinste verschmitzt. "Schatz, er ist fünfundzwanzig, zwei Jahre älter als ich…" "Immer noch ein Kind", grollte der Blonde und stopfte sich wieder Reis in den Mund. "Ich bin dreiundzwanzig, somit wohl auch noch ein Kind in deinen Augen, hm?" "Du böscht wasch anderesch…", erklärte er mit vollem Mund. "Du böscht meine Frau." Luca hob eine Augenbraue. "Davon träumst du." Sie stand auf und räumte das Geschirr ab. "Isch esche noch…", protestierte der Musiker. "Wenn du nicht so lange geschlafen hättest, könntest du auch zu Ende essen und jetzt geh duschen", kommandierte sie. "Du riechst nämlich." "Das ist typischer Männergeruch", grummelte Kohta und ging in das Badezimmer. "Zeugt von harter und anstrengender Arbeit." Die Blonde sah verwirrt durch die Durchreiche. "Was war denn gestern bitte so anstrengend?", rief sie ihm zu und begann abzuwaschen. "Na, du…", hallte es durch die Wohnung. Kirito grummelte etwas vor sich hin, als sein erster Wecker klingelte. Er wollte gerade danach greifen und ihn ausmachen, als er etwas laut scheppern hörte. Er drehte sich um und blinzelte seine Freundin verschlafen an. "Einen Wecker macht man aus, nicht kaputt", kommentierte er. "Ist mir egal", grummelte sie. "Ich will schlafen." Ihr Wunsch wurde jedoch nicht gewährt, da kurz darauf der zweite Wecker losplärrte. "Gott! Kann man hier eigentlich auch mal ein bisschen schlafen?!", beschwerte sich die Gitarristin und setzte sich ein wenig auf, wobei sie den Raum nach dem Störenfried absuchte. "Danke, Kirito reicht…" Der Sänger seufzte, stand auf und stellte den Wecker ab. Dann kehrte er zum Bett zurück und legte sich wieder neben seine Freundin, die er in den Arm nahm. "Ein paar Minuten hab ich ja noch…", murmelte er und zog sie näher zu sich. "Was heißt hier… du hast noch einen dritten Wecker?" "Hmhm…" "Mach ihn aus!" "Aber dann verschlafe ich…", entgegnete der Blonde. "Wenn du es nicht tust, kann ich nicht schlafen", seufzte Naomi, wobei es ehrlich gesagt egal war, da sie seit dem zweiten Weckerklingeln eigentlich schon viel zu wach war um jetzt wieder einschlafen zu können. "Ich schwöre dir… irgendwann erwürge ich dich…" "Mach das… später…" Grummelnd drehte sie sich auf die Seite und drückte ihr Kissen zurecht. Sie hoffte, dass sie doch noch würde einschlafen können, vielleicht überhörte sie seinen dritten Wecker ja. Auch wenn sie das eigentlich nicht glaubte. Sie wusste ja nicht, wann er klingeln würde. Keine zehn Minuten später kam das, was sie so sehr befürchtet hatte… das dritte Mistding schrillte los. Kirito knurrte unwillig. Er hatte absolut keine Lust, jetzt aufzustehen und seine Freundin loslassen zu müssen. Als Naomi ihm nach ein paar Sekunden recht unsanft vors Schienbein trat und aufgrund der ausbleibenden Reaktion noch ihren Ellbogen in seine Rippen stieß, stand er doch mürrisch auf und stellte den Wecker aus. "Du machst Frühstück!", rief ihm die Pinkhaarige nach, als er das Schlafzimmer verließ. Sie drehte sich auf ihre andere Seite und verwünschte im Moment so ziemlich alles, was ihr gerade so einfiel. Irgendwie war das definitiv nicht ihr Wochenende. Niemand gönnte ihr ihren wohlverdienten Schlaf. Nach etwa zwanzig Minuten stand sie auf und tapste zum Badezimmer. Sie hörte Kirito in der Küche herumwuseln, also hatte sie noch ein wenig Zeit um schnell zu duschen. Als sie später die Küche betrat war der Tisch gedeckt, jedoch ihr Freund nirgends zu entdecken. Sie blinzelte irritiert und setzte sich. Sie musste allerdings nicht lange auf ihn warten. Mit noch feuchten Haaren setzte er sich ihr gegenüber, wünschte ihr einen guten Appetit und sie fingen an zu essen. Später liefen sie schnell aus dem Haus, stiegen in Kiritos Wagen und er fuhr los. Als er vor dem Studio anhielt, stieg er mit aus, um sich von ihr zu verabschieden. "Sehen wir uns heute abend?", fragte er sie. Naomi verengte die Augen zu Schlitzen. "Ich weiß noch nicht…" Irritiert zog er eine Augenbraue hoch. "Warum… wenn du willst, können wir heute früher ins Bett gehen, damit du etwas mehr Schlaf bekommst. Ich fahre dich dann auch morgen zur Uni." "Klar… wann musst du morgen am Set sein? So wie heute?" Als er nickte, schüttelte sie den Kopf. "Entweder kommst du heute zu mir oder wir vergessen das. Ich muss erst um halb zwölf zur Uni, ich werde bestimmt nicht wieder so früh aufstehen… nicht freiwillig!" Er blinzelte sie kurz an, dann nickte er. "Dann komme ich heute zu dir", meinte er. "Wann ist dein Interview vorbei?" Sie zuckte unbestimmt mit den Schultern. "Keine Ahnung… abgesehen davon, dass es eh erst in dreieinhalb Stunden anfängt", grummelte sie. "Ich denke aber, dass ich früher fertig sein werde als ihr… ich komme dann einfach zum Set und hole dich dort ab." Dann verabschiedeten sie sich voneinander. Kirito stieg in seinen Wagen und fuhr los, während Naomi das Gebäude betrat und sich auf den Weg zum Aufnahmeraum machte, um sich die Zeit mit ein wenig Arbeit zu vertreiben. Nachdem sie von zu Hause losgefahren waren, warteten sie vor den Studios auf Kirito. "Du hast den Ring immer noch nicht an", schmollte Kohta. "Wie lange muss ich denn noch warten?" "Wenn du so weitermachst, bis an dein Lebensende", erklärte die Blonde, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich auf eine Bank. "Wenn ich lange genug nerve, wirst du ihn schon anziehen", grinste Kohta. "Oder dich verlassen", kommentierte sie trocken. "Das Letztere ist sogar wahrscheinlicher." Der Bassist setzte sich grummelnd zu ihr und nahm ihr die Zigarette weg. "Hattest du wirklich was mit diesem… diesem… Kôji?" Die Blonde lehnte sich seufzend zurück und schaute zum Himmel. "Vielleicht… du weißt ja, dass ich so ungern allein schlafe… und da du ja nicht da warst…" Bevor Kohta etwas sagen konnte, kam auch schon Kirito an und begrüßte die beiden. "Ohayou", strahlte Luca den Sänger an. "Gut aus den Federn gekommen?" "Oha…", grummelte Kohta seinem Bruder zu. Kirito verzog das Gesicht. "Es hat mich auch nur einen Wecker gekostet", brummte er. Luca starrte ihn verwirrt an. "Was?" Er setzte sich neben Luca und zündete sich eine Zigarette an. "Er hat nähere Bekanntschaft mit meiner Wand gemacht", antwortete er mürrisch. Die Blonde sah ihn perplex an. "Kiri… bist du überhaupt schon… wach? Wie… Wecker und Wand gehen zu einem Date?!" Der Sänger grinste und warf ihr einen amüsierten Blick zu. "Ich meinte eigentlich eher, dass Naomi ihn… gegen meine Wand gepfeffert hat. Der ist jetzt hin und meine Wand hat wahrscheinlich ein großes Loch…" Sie zog eine Augenbraue hoch. "Wieso… wieso… ah egal…" Sie stand ruckartig auf und sah die beiden Musiker grinsend an. "Los Männer, ab an die Arbeit…" Dann zog sie beide hoch und zerrte sie aufs Studiogelände. Das Trio saß in der Cafeteria und legte eine dringend notwendige Kaffee- und Zigarettenpause ein. Luca schlug dem Sänger gerade vor, ein Fenster in die Schlafzimmerwand einzubauen, die Naomi wahrscheinlich eingedellt hatte, als sie ein fröhliches "Heyaaaaaaaa~" von der Tür hörten und ein pinkes Etwas auf sie zugewuselt kam. Die Musikstudentin setzte sich einfach auf Kiritos Schoß und nahm ihm seine Zigarette ab. Genüsslich zog sie daran und grinste breit, als der Sänger versuchte sie zurück zu bekommen. "Vergiss es", meinte sie. "Das ist die Rache fürs Wecken." Sie hielt die Zigarette außerhalb seiner Reichweite. "Hey, Nee-chan!" In diesem Augenblick gab es Kirito auf, seine Zigarette von seiner Freundin zu bekommen und wandte sich mit grimmigem Gesichtsausdruck zu den beiden Neuankömmlingen um. "Ihr…", grollte er. "Na!", fiepte Naomi und erbarmte sich seiner, indem sie ihm doch seine Zigarette gab und sich selbst eine neue anzündete. "Lieb sein!" "Hey, Knuffis!", grüßte Luca den rothaarigen Gitarristen und den dunkelhaarigen Sänger. Kôji ging auf die Blonde zu und wuschelte ihr durch die Haare. "Na… gut geschlafen?", grinste er sie an. "Ich schon…", antwortete die Designerin grinsend. "Aber der da nicht. Er ist mit einem Herzinfarkt aufgewacht." Sie deutete mit einem Kopfnicken auf Kohta, der die beiden jüngeren Musiker nur anfunkelte. Der Gitarrist setzte sich neben sie, stützte einen Ellbogen auf dem Tisch ab und sah sie interessiert an. "Wieso? Hast du ihm etwa von uns erzählt?" Sie nickte heftig mit dem Kopf. "Ja, habe ich… und dass wir nach Timbuktu durchbrennen wollen… wegen unseres Kindes…" Yûichi und Kôji mussten lachen. "Du Mistkerl", schimpfte der Dunkelhaarige grinsend. "Ich dachte immer, das wäre meins!" "Aber, Yû-chan… ich habe nachgerechnet… das kann nie und nimmer von dir sein", gab Luca mit beleidigtem Gesichtsausdruck zurück. Der Sänger schmollte und ließ sich auf dem Stuhl neben seinem Kollegen nieder, dann sah er Naomi an. "Bei dir hat es ja auch nicht funktioniert…", grummelte er. "Doch! Hat es!", rief Luca aus, bevor irgendeiner der anderen etwas dazu sagen konnte. "Nee… jetzt echt?", meinte er und sah die Blonde mit großen Augen an, die eifrig mit dem Kopf nickte. Er drehte sich wieder zu Naomi um. "Na wunderbar! Dann können wir ja gleich mit nach Timbuktu!", freute er sich. In diesem Moment war ein lautes gequietschtes 'itai' zu hören. Die Pinkhaarige sah den blonden Sänger vorwurfsvoll an und rieb sich ihr schmerzendes Bein. "Kannst du auch aufhören, mich zu kneifen?!", schimpfte sie. "Ich brauch das Bein schließlich noch!" "Gomen", knurrte Kirito und sah sie düster an. Sie schüttelte seufzend den Kopf, sah Luca an und verdrehte die Augen. "Männer…", murmelte sie auf Deutsch. "Dabei haben wir gestern noch drüber gesprochen." "Männer halt", antwortete diese ebenfalls auf Deutsch. "Die hören doch eh nicht zu." Beide sahen Kôji irritiert an, als dieser begann in seinen vielen Taschen herumzuwühlen. "Suchst du was Bestimmtes?", wollten sie von ihm wissen. "Weihwasser, Kruzifixe, Bibel", gab der Rothaarige knapp zurück. Entsetzt riss Naomi die Augen auf und stieß sich heftig von dem Tisch ab, ohne darüber nachzudenken, dass sie noch immer auf Kiritos Schoß saß. Dies hatte zur Folge, dass sie beide mit dem Stuhl umkippten und recht unsanft auf dem Boden landeten. Luca rückte näher an ihren Freund heran. "Schatz? Tasukete!", fiepte sie kläglich und klammerte sich an seinem Arm fest. Kohta knackte mit seinen Fingergelenken. "Wenn du ihr auch nur ansatzweise zu nahe kommst, bist du tot…", grollte er und warf dem Gitarristen einen finsteren Blick zu. "Aber jemand muss doch diese unschuldigen Seelen vor dem Satan retten!", predigte der Angesprochene. "Wenn ihr das schon nicht macht…" Er machte eine theatralische Geste mit beiden Armen. "Oder seid ihr womöglich diejenigen, die sie verdorben haben?" Naomi rieb sich den Hinterkopf und stand stöhnend auf. "Du bist ja so baka…", murmelte sie und half dann Kirito hoch. "Ich?", gab Kôji entsetzt zurück. "Rede ich etwa in fremden Zungen?" "Für uns schon", entgegnete Luca grinsend und legte ihren Kopf auf Kohtas Schulter. Sie zuckte kurz zusammen, als ihr jemand eine Hand auf die Schulter legte und es war definitiv keine der hier anwesenden Personen, außer Kohta war über Nacht eine dritte Hand gewachsen. Verwirrt drehte sie sich um und sah in ein ihr wohlbekanntes Gesicht. "Oh… konnichi wa, Gakuto-san", begrüßte sie den Sänger. "Was machen Sie denn hier?" "Du wolltest mich sprechen", antwortete er knapp. Die Blonde nickte und machte sich von ihrem Freund los. "Nicht den Kôji auffressen, ja?", erklärte sie diesem und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor sie sich mit Gackt einige Schritte entfernte. Der Bassist wusste im ersten Moment nicht, wem er jetzt lieber finstere Blicke zuwerfen sollte, dem rothaarigen Gitarristen oder dem Sänger. Er entschied sich für Gackt. Als Luca zusammen mit dem Musiker einige Schritte gegangen war, holte sie das Etui aus ihrer Handtasche und reichte es ihm, woraufhin er sie düster ansah und den Kopf schüttelte. Dann schien er ihr etwas zu erzählen, was der jungen Frau gar nicht gefiel, denn ihre Mimik änderte sich bei jedem Wort, das er aussprach – erst ungläubig, dann wütend, dann flehend und am Ende war es der pure Hass. Nachdem sie sich nach etwa zehn Minuten mit einem einfachen Nicken von Gackt verabschiedet hatte, setzte sie sich wieder neben ihren Freund, zündete sich eine Zigarette an und murmelte irgendwelche Flüche vor sich hin. "Was wollte er diesmal und wieso hast du dieses sch… Etui noch?", verlangte der Bassist zu wissen und starrte Gackt nach. Die Designerin reagierte nicht und zündete sich gleich eine neue Zigarette an, als sie mir ihrer ersten fertig war. "Luca…", meinte er drohend. "Willst du die Antwort haben, auch wenn du sie nicht hören willst und sie dich auf die Palme bringt?", fragte diese genervt und drückte ihre Zigarette aus. Der Bassist nickte finster. "Dann habe ich einen Grund, ihn umzubringen." "Okay…" Sie holte tief Luft, um alles am besten so schnell wie möglich gesagt zu bekommen. "Er will das Etui nicht, weil ich es heute abend brauchen werde, dieses bescheuerte Kleid werde ich, wie es aussieht, selbst tragen müssen und das Beste von allem ist, dass ich heute mit Herrn Egoist auf diese bescheuerte Charity gehen soll. Somit fällt schon wieder ein netter Abend voller Zweisamkeit wegen diesem Idioten flach. Zufrieden?" Kohta stand ruckartig auf und knackte bedrohlich mit den Fingergelenken. "Das werden wir ja sehen", erklärte er grimmig und wollte gerade Gackt folgen, als ihn Luca an der Hose festhielt. "Lass gut sein, Schatz", seufzte sie. "Hat doch eh keinen Sinn. Ich weiß wenigstens, wie ich dort den Schmuck am schnellsten loswerde… ich werde ihn versteigern lassen." Sie schaute grimmig drein. "Und jetzt komm her, ich will wenigstens noch ein bisschen was von dir haben." Der Bassist setzte sich wieder hin, zog seine Freundin besitzergreifend auf seinen Schoß und hielt sie fest. "Ich lasse dich einfach nicht gehen… das kann er mal schön vergessen." "Aber ich muss… dafür kriege ich einen Auftrag von ihm", seufzte sie verstimmt. "Den brauchst du nicht." "Doch, den brauche ich wohl…", erklärte sie ernst. "Komm schon, Schatz. Danach hast du einen Wunsch bei mir frei, okay? Ich tue dann einen Tag lang, was du willst." Er hob die Augenbrauen hoch und grinste teuflisch. "Alles?" Sie nickte ernst und reichte ihm einen kleinen Finger. "Alles." Kohta kicherte zufrieden und hakte mit seinem ein. "Okay… ich habe vier Zeugen." "Ich hoffe, du weißt, worauf du dich da gerade eingelassen hast", grinste Kirito die Blonde an. "Kohta nimmt so was normalerweise wörtlich." "So schlimm wird es schon nicht werden, er wird wahrscheinlich eh die meiste Zeit über schlafen", antwortete sie und winkte ab. "Da wäre ich mir nicht so sicher", antworteten Naomi und Yûichi gleichzeitig. Der blonde Sänger zog missbilligend eine Augenbraue hoch, zog seine Freundin zu sich auf den Schoß und versuchte sein bestes, die beiden Kollegen von Naomi zu ignorieren, auch wenn es nicht gerade einfach war. Die Pinkhaarige legte ihm versöhnlich einen Arm um die Schultern. Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihn noch ein wenig zu ärgern, aber bei der Laune wagte sie es lieber nicht. Sie hatte keine Lust darauf, dass die Cafeteria nachher so aussah wie kürzlich noch Kohtas Wohnung. Er sah sie genervt an. "Warum musstest du die beiden eigentlich mitbringen?", wollte er von ihr wissen. "Weil sie Luca schon ewig nicht mehr gesehen haben, weil wir alle so viel arbeiten." Grummelnd legte er beide Arme um sie und dachte sich, dass es eigentlich besser wäre, wenn diese beiden Spinner die Frauen nur auf der Arbeit sahen, wenn sie die beiden dann nicht unbedingt zu Hause besuchten… Ruckartig hob er den Kopf und stieß ihn dabei fast an dem seiner Freundin. "Willst du nicht doch lieber zu mir ziehen?" "Nani?" Sie blinzelte ihn irritiert an. "Ich dachte, wir hätten das gestern geklärt." "Also, ich halte das für eine gute Idee", mischte sich nun Kohta ein. "Dann kann Luca zu mir ziehen!" "Das hättest du wohl gern!", antworteten Kôji und Yûichi prompt. "Die Mädels kommen zu uns", fuhr Kôji fort. "Nur, damit das klar ist." "Schon klar", gab Naomi stirnrunzelnd zurück. "Sonst noch irgendwelche Wünsche?" "Werden wir eigentlich auch mal nach unserer Meinung gefragt?", fragte nun Luca. Kirito sah erst die Blonde, dann seine Freundin an. "Naomi, willst du bei mir einziehen?" Ohne eine Antwort von ihr abzuwarten, wandte er sich wieder an Luca. "Ja, sie will." Luca stand auf, schnappte sich ihre Freundin am Handgelenk und zog sie von Kirito weg. "Schatz, wir gehen", grummelte sie. "Und damit meinte ich nicht dich", fauchte sie Kohta an. "Ihr könnt echt alle bleiben, wo der Pfeffer wächst." Mit diesen Worten verließ sie mit der völlig verdutzten und sprachlosen Naomi die Cafeteria. Perplex sahen die vier Männer ihnen nach. Kôji warf seufzend die Arme in die Luft. "Gott, ist der Monat etwa mal wieder um?" In diesem Moment traf ihn ein Tablett hart am Kopf, das Luca auf einem der Tische gefunden hatte. Die beiden Brüder grinsten breit, dann standen sie auf und folgten ihren Freundinnen, während die beiden anderen grummelnd am Tisch sitzen blieben. Bei der Laune, die Luca und Naomi wohl gerade hatten, war es um einiges sicherer, wenn sie sich von ihnen fernhielten. "Schatz?", rief Kohta seiner Freundin nach. "Lass mich in Ruhe!", kam die grimmige Antwort. "Aber…", versuchte er es erneut. Die Blonde blieb stehen und drehte sich zu ihm um, wobei sie Naomi noch immer festhielt, welche einmal um sie herumlaufen musste und dabei fast hinfiel. "Wie könnt ihr eigentlich alles für uns entscheiden? Leben wir im Mittelalter, oder wie? Du ziehst du mir… ja, sie tut es… du gehst da hin… ja, tust du… du wirst mich heiraten, ja keine Widerworte… Kinder, ja genau, am besten eine Fußballmannschaft… du lernst meine Elter kennen und sag bloß nichts dagegen… ein Häuschen im Grünen und ein weißer Zaun, klar, das gefällt doch jeder… und so weiter." Sie drehte sich energisch um und zog Naomi wieder hinter sich her. "Denkt mal darüber nach, ob wir das alles überhaupt wollen!" "Ich habe nie von Naomi verlangt, mich zu heiraten!", rief Kirito ihr zähneknirschend nach. "Und von einem Haus oder Kindern habe ich auch nie etwas gesagt!" "Ach… geht doch einfach aussterben, alle beide!", kam die grimmige Antwort von Luca, bevor sie die Tür nach draußen mit viel Elan hinter sich zuschlug. Verdattert standen die beiden Musiker da und starrten ihren Freundinnen nach. Nach einer kurzen Weile drehte sich der Sänger zu seinem Bruder um. "Wie war das mit Heiraten, Kindern und dem Häuschen?", grummelte er ihn an. "Hast du diesen Schwachsinn etwa verzapft?" "Anou… eeto…", stammelte der Bassist vor sich hin. "Nun ja… das war so…" "Baka", schimpfte Kirito. "Kein Wunder, dass Luca sich jetzt so aufregt… dabei war das, was ich gesagt habe, in erster Linie für diese beiden Idioten gedacht." Er stieß Kohta einen Ellbogen in die Rippen. Und das nicht gerade sanft. "Wenn mich Luca deinetwegen nicht mehr in Naomis Nähe lässt, kannst du dich auf was gefasst machen…", drohte er und verließ fluchend das Gebäude. "Onii! Warte auf mich!", rief Kohta und folgte ihm schnell. Kapitel 35: Trennung -------------------- Es war bereits nach acht, als es läutete. Luca ging an die Freisprechanlage und machte dem Gast auf. Nach einigen wenigen Minuten öffnete sich die Fahrstuhltür und Gackt kam hinein. "Guten Abend", begrüßte ihn die Studentin und nahm ihre Handtasche. Der dunkelhaarige Sänger schaute sich seine Begleiterin mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an und lächelte dann milde. "Du siehst gut aus", stellte er fest. "Zu gütig", erwiderte diese zerknirscht. Sie war immer noch wütend auf ihn, weil er sie so hereingelegt hatte. Doch wütender war sie darüber, dass sie sich noch nicht wieder mit Kohta vertragen hatte. Sie betrat den Fahrstuhl. "Können wir?" Gackt richtete sich sein Jackett, stellte sich neben sie, drückte den Knopf für das Erdgeschoss und sagte kein Wort. Er war sich nicht sicher, wieso er das alles machte. Sie gefiel ihm, obwohl er es nicht verstand. Sie war eigentlich nicht sein Typ, wenn man von der Optik mal absah. Dieses Mädchen war zu jung, viel zu hektisch und sie konnte nie den Mund halten. Doch trotz dieser 'Fehler' gefiel sie ihm. Trotz der Gewissheit, dass sie einen festen Freund hatte und ihn – Gackt – gar nicht mochte. Er schmunzelte und strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht, es war ihr ja auch nicht zu verübeln, wenn man bedachte, dass sie nicht gerade ein perfektes Kennenlernen gehabt hatten. "Was ist so lustig?", fragte Luca leicht genervt und riss den Musiker somit aus seinen Gedanken. "Freuen Sie sich über Ihre Tat?" Er zuckte unweigerlich zusammen und sah sie fragend an. "Welche Tat?" Er lächelte ihr zu. Vielleicht sollte er so etwas öfter tun. "Ich finde es nur schön, mit einer bezaubernden jungen Frau den Abend verbringen zu können. Es tut mir Leid, wenn ich dich irgendwie in Verlegenheit gebracht habe." Die Studentin sah ihn leicht irritiert an. War das gerade etwa ein ernst gemeintes Kompliment und eine Entschuldigung gewesen? Von Gackt? Sie war sich nicht wirklich sicher. Als sie unten ankamen, ließ er sie als erstes hinaustreten und führte sie zu seinem Wagen, wobei er ihr sanft seine Hand an den Rücken hielt. Beide stiegen in eine Limousine ein, welche draußen auf sie wartete, und fuhren zu der Gala. "Das Kleid steht dir wirklich gut", sagte er erneut und reichte ihr ein Glas Champagner. "Du hast ein gutes Auge." Er betrachtete die junge Frau, welche ein schwarzes Abendkleid aus Satin trug und den Schmuck, den er ihr geschenkt hatte. "Darf ich dich etwas fragen?" Die Blonde nahm einen zaghaften Schluck und nickte. "Der Ring." Er schaute auf ihre rechte Hand. "Du bist verlobt?" Langsam drehte sie den Ring so um, dass man den funkelnden Stein nicht sehen konnte. "Nein", antwortete sie langsam. "Er ist von Kohta… ich soll ihn eigentlich um den Hals tragen, bis ich mich entschieden habe, aber…" Sie seufzte tief. "Ich kann es ja schwer tun, wenn ich dieses Collier trage, nicht wahr?" Der Sänger nickte. "Tut mir Leid. Ich…" Er schaute ihre Hand nachdenklich an. "Es tut mir einfach Leid." Die Studentin lächelte ihm freundlich zu. "Sie konnten es ja nicht wissen." "Nein, es tut mir für alles Leid. Ich bin halt manchmal etwas…" "Barsch?" Der dunkelhaarige Musiker nickte und lächelte schief. "Es ist dir also aufgefallen?" "Könnte man sagen", erklärte sie grübelnd, dann setzte sie sich so gerade wie möglich auf und schaute ihn ernst an. "Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Luca Coven." Sie vollführte eine kleine Verbeugung und richtete sich wieder auf. Der Musiker wusste erst nicht, was er tun sollte, fing dann an zu lachen und reichte ihr die Hand. "Gackt… nein… Satoru." Sie war wirklich ein seltsames Mädchen. Den gesamten Abend über wich der Sänger nicht von der Seite der jungen Frau und versuchte so gut wie möglich, sie von der Presse und den Fotografen fernzuhalten. Er wollte ihr den Abend nicht durch solche Leute verderben, denn er wusste nur allzu genau, wie einengend das sein konnte. Es war früher Morgen, als die beiden die Gala verließen und die junge Frau sich müde und schon halb schlafend in die Limousine setzte. Sie hielt die Augen geschlossen und entspannte sich. Sie hätte nie gedacht, dass eine Charity-Veranstaltung so anstrengend sein konnte… und wenn dieser Mann noch mehr Termine dieser Art hatte, war es auch kein Wunder, dass er meistens so miesepetrig war. "Geht es dir gut?", fragte er sie leise. Er hatte die Blonde die ganze Zeit über angeschaut und wunderte sich, wieso sie eigentlich so still war. Luca seufzte müde auf und nickte leicht mit dem Kopf. "Nur etwas schläfrig." "Es dauert nicht lange, bis wir bei dir sind, dann kannst du ausschlafen", erklärte er sanft. Er hatte das starke Bedürfnis, ihr seinen Arm um die Schultern zu legen, doch er besann sich eines Besseren. Er wusste ja nicht, wie sie darauf reagieren würde… und außerdem war da ja noch ihr Freund. "Musst du morgen zum Set?" Sie nickte, öffnete die Augen und streckte sich. "Ja", antwortete die Designerin und verzog das Gesicht. "Und somit wird das mit dem Ausschlafen nichts. Wenn ich heute noch zwei bis drei Stunden Schlaf bekomme, bin ich glücklich." Er nickte knapp und lächelte. "Ich schlafe in der Regel immer nur zwei bis drei Stunden." Die Studentin sah ihn ungläubig an. "Das ist nicht dein Ernst, oder? So gehst du doch noch kaputt." Gackt sah sie verwirrt an und begann dann zu lachen. "Was ist so witzig… klar, mach ruhig so weiter und in ein paar Jahren besuche ich dich dann im Krankenhaus, weil du einen Zusammenbruch hattest", fauchte sie. Der Dunkelhaarige fuhr sich durch die Haare und sah sie amüsiert an. "Weißt du, was du gerade getan hast?", fragte er sie schmunzelnd und fuhr sich mit den Fingern über die Lippen. "Was denn? Ich habe nur bemerkt, dass du bald im Grab endest, wenn du so weitermachst." "Nein, das nicht." Er sah sie sanft an. "Du hast gerade das erste mal du zu mir gesagt." Luca lief leicht rosa an. "Und deswegen musst du so lachen?" Sie schürzte leicht die Lippen. "Satoru, du bist doch doof." Seufzend lehnte sie sich in ihrem Sitz nach hinten. "Dich soll mal einer verstehen." Gackt lehnte sich zurück und schmunzelte. Ihm gefiel es, wie sie seinen Namen aussprach, es störte ihn gar nicht so wie bei anderen. Nachdem sie vor Lucas Appartement anhielten, stieg er gemeinsam mit der Studentin aus und begleitete sie bis zum Fahrstuhl. "Schlaf gut", verabschiedete er sich von der jungen Frau und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, die ihn schon die ganze Zeit nervte. "Wir sehen uns nächste Woche, ja?" Die junge Frau nickte müde, verabschiedete sich von dem Sänger und fuhr nach oben, wo sie sich noch mit dem Kleid ins Bett warf und sofort einschlief. Als Luca aufwachte, fühlte sie sich gerädert. Naomi hatte gestern wahrscheinlich noch lange gearbeitet. Sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt zu Hause war, doch nachsehen wollte sie auch nicht, immerhin konnte ihre Freundin ja ausschlafen und sie wollte diese nicht wecken. Sie trank schnell einen Kaffee, stopfte sich Toast in den Mund und lief nach unten, wo sie schließlich in ihr – beziehungsweise Vincents – Auto stieg und zur Universität fuhr. Sie stieg aus und lief vom Campus zum Lesesaal. Keuchend setzte sie sich in eine Reihe, kramte ihr Notebook heraus, lehnte sich zurück und atmete tief durch. "Oh, Yuki-chan", begrüßte Luca eine Kommilitonin, mit der sie sich immer gut verstanden hatte. Das Mädchen warf ihr einen vernichtenden Blick zu und setzte sich demonstrativ zwei Reihen weiter weg. Verwirrt blinzelte Luca ihren Rücken an. "Yuki? Was ist…" Doch bevor sie weitersprechen konnte, wurde sie unsanft angerempelt. Die blonde Studentin schaute in die Reihe hinter ihr und sah zwei Mädchen, die ihr feindselige Blicke zuwarfen und weiter gingen, wobei sie die Blonde noch einmal herzhaft anrempelten. 'Die haben heute aber eine Laune', dachte sie sich und schaute nach vorne, wo bereits der Professor stand und um Ruhe bat. Nachdem das Seminar vorbei war, packte sie ihre Sachen in die Tasche, stand auf und ging die Treppe nach oben, fiel jedoch plötzlich hin und konnte sich gerade noch rechtzeitig an einem der Stühle festhalten, bevor sie die gesamte Treppe nach unten gepurzelt wäre. Genervt sah sie nach oben, wo die beiden Mädchen von vorhin standen, ihr fies zugrinsten und mit einem verächtlichen Schnauben davongingen. 'Die haben mir allen Ernstes ein Bein gestellt. Luca konnte es nicht fassen, sie kam doch sonst mit ihren Kommilitonen zurecht und nun diese Feindseligkeit. Sie verstand die Welt nicht mehr. Sie rappelte sich langsam hoch, klopfte sich den Dreck von der Kleidung und wollte schon rausgehen, als Yuki an ihr vorbeikam. "Yuki, was ist los?", fragte sie die Asiatin genervt. "Habe ich dir etwas getan?" Die kleine Japanerin starrte sie finster an und drehte beleidigt den Kopf weg. "Yuki… sag schon", drängte die Blonde weiter. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst." Das Mädchen holte eine Zeitschrift aus ihrer Handtasche und warf sie Luca ins Gesicht. "Hier… ich dachte immer, du bist eine nette Person… aber das…" Mit diesen Worten verließ sie den Hörsaal und ließ Luca stehen. Perplex hob die Blonde die Zeitung auf und musste auch nicht allzu lange suchen, um den Grund dieser Antipathien zu finden. Er stand groß und breit auf der Titelseite. 'Junge Europäerin auf Männerjagd'. Luca blinzelte die Seite an, setzte sich dann auf einen der oberen Sitze und begann den Artikel zu lesen. "Es scheint bei den jungen Ausländerinnen von Mode zu zeugen, sich einen japanischen Freund zu halten. Was wir Ihnen jedoch hier berichten, grenzt schon an einen Skandal. Diese junge Studentin (s. Foto) hat es nicht nur auf junge Männer abgesehen. Nein. Sie wählt sich gleich einige der begehrtesten und berühmtesten Junggesellen, die Japan zu bieten hat. Zu ihren Opfern gehören: Die, Gitarrist der populären Rockband Dir en grey; Kohta, Bassist von Pierrot; ebenso sein Bruder Kirito und der Frauenschwarm Gackt, mit dem sie gestern abend auf einer Gala gesehen wurde. Wie uns ein Informant berichtete, trug die junge Dame auch einen Verlobungsring. Nun stellt sich die Frage, ob diese Männer überhaupt voneinander wissen und weshalb die Studentin ein solches Spiel mit ihnen treibt." "Das kann doch nicht wahr sein!", fluchte Luca, pfefferte die Zeitung auf den Boden und verließ stürmisch das Universitätsgelände, wobei sie die vielen Blicke und Tuscheleien ignorierte. Wie konnten die so einen Schwachsinn schreiben? Sie kannten sie doch gar nicht. Genau das war einer der Gründe, weswegen sie eigentlich keine Beziehung mit Kohta hatte anfangen wollen… und nun war dieser Fall auch noch eingetroffen. Als sie den Zündschlüssel umdrehte, stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie war zutiefst verletzt und ärgerte sich tierisch. Wie wohl die benannten Musiker auf diesen Artikel reagieren würden? Als sie anfuhr, klingelte auch schon ihr Handy. Sie nahm ab, in der Annahme, dass es entweder Kohta, Dai oder Gackt sein würden, doch sie hatte sich geirrt. "Ah, Coven-san… hätten Sie Zeit für ein Interview? Stimmt es, dass sie mit Gackt-san verlobt sind und dass Kohta, Kirito und Die zu Ihren Ex-Freunden zählen? Coven-san…" Luca legte genervt auf. Woher um Himmels Willen hatte diese Frau ihre Handynummer? Erbost trat sie auf das Gaspedal und fuhr zum Studio. Sie brauchte jetzt dringend eine Ablenkung und dort würde man den Schwachsinn eh nicht glauben. Zumindest hoffte sie das. Sie hatte gut einige Stunden durchgearbeitet, ohne irgendwelche dummen Kommentare oder komische Anrufe für sinnlose Interviews, was hauptsächlich daran lag, dass sie ihr Handy ausgeschaltet hatte. Seufzend ließ sie sich auf einen Hocker fallen und begutachtete ihre Arbeit. Sie gefiel ihr nicht wirklich, aber bei diesem ganzen Chaos, das in ihrem Innern herrschte, konnte sie sich nicht richtig konzentrieren. Die junge Designerin stand auf, kramte in ihrer Handtasche nach einer Zigarette und zündete sie an, wurde jedoch in ihrer Ruhe gestört, als die Tür zum Atelier aufging. "Hey, Schatz. Immer noch böse wegen gestern?", fragte Kohta, als er seinen Kopf vorsichtig durch die Tür steckte. Die Blonde sah ihn verwirrt an. "Was machst du hier? Du hast doch frei." "Das ist ja eine Begrüßung… kein: Hi, Kohta, schön dich zu sehen?" Der Bassist verzog gekränkt das Gesicht. "Wenn du wegen Gackt sauer bist, dann lass es bitte nicht an mir aus." Sie stutze. "Wieso sollte ich wegen Ga-kun sauer sein? Der Abend war eigentlich ganz nett." Sie setzte sich wieder auf den Hocker und atmete tief ein. Eigentlich hatte sie während der vergangenen acht Stunden darüber nachgedacht, was sie wegen dieser Sache unternehmen sollte und ihr fiel im Grunde nur eine einzige Möglichkeit ein. Kohta würde es wahrscheinlich nicht akzeptieren, aber es war ihr egal. Es war ihre Entscheidung und wenn er sie wirklich liebte, würde er sie anerkennen. Sie fuhr sich seufzend durch die Haare und sah den Musiker ernst an. "Kohta, ich muss dir etwas sagen, was dir nicht gefallen wird…" Sie schloss die Augen und atmete tief ein. "Ich bitte dich, mich nicht zu unterbrechen. Es fällt mir nicht leicht, diese Entscheidung zu treffen." Der Bassist schaute seine Freundin verwirrt an. Es behagte ihm nicht, dass sie so anfing und er wusste auch genau, dass ihm der Inhalt ihrer Nachricht nicht gefallen würde. Er nickte knapp und setzte sich auf ein kleines Ledersofa, das in dem Atelier stand. Wahrscheinlich würde er dafür noch dankbar sein. Nachdem er sich gesetzt hatte, zündete er sich eine Zigarette an und nickte ihr zu, als Zeichen, dass sie anfangen konnte. Luca atmete noch einmal tief ein. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Brust schmerzte. Sie fühlte sich gerade so schwer und unwohl, doch es musste sein. Sie würde es sich nie verzeihen, wenn Kohta ihretwegen irgendwelche Schwierigkeiten bekam. "Also, ich kann…" Sie schluckte schwer. "Kohta, ich brauche eine Pause… eine Pause zwischen ns. Mir wird das alles einfach zu viel." Sie sah den Bassisten nicht an, sondern starrte eisern zu Boden. Ihr stiegen die Tränen in die Augen, das spürte sie, und wenn sie ihn ansehen würde, würde sie zu weinen anfangen und das wollte sie nicht. "Ich liebe dich, das weißt du, aber ich brauche einfach ein wenig Abstand. Außerdem muss ich mich auf die Uni konzentrieren, das hier…" Sie gestikulierte leicht mit der Hand. "Und da ist auch noch mein Job bei Ail im Club und der bei Alice. Ich schaffe das einfach alles sonst nicht und das will ich unbedingt. Ich hoffe, du verstehst das." Die Studentin atmete aus und sah immer noch zu Boden. "War's das? Bist du fertig?", fragte der Bassist eisig. Sie nickte und setzte sich wieder auf den kleinen Hocker. "Und es hat nichts mit diesem dummen Artikel in diesem Schmierblatt zu tun?" Er war bereits bei seiner fünften Zigarette und sah die junge Frau finster an. "Dir ist klar, dass ich das nicht akzeptieren werde. Mir ist es scheißegal, was die schreiben und ich weiß es besser, oder denkst du nicht? Ist ja nicht so, als wärst du meine Freundin, Gackt ein Arbeitskollege und Dai ein Freund!" Der Blonde stand auf und ging auf sie zu. "Ich werde dich nicht gehen lassen, das habe ich dir doch schon oft genug gesagt, nicht wahr?" Luca starrte auf den Boden und betete innerlich, dass er sie nicht in den Arm nahm. Damit wäre alles vorbei, sie würde bestimmt anfangen zu weinen und ihn bitten, nicht zu gehen. Doch das konnte sie nicht, sie musste dieses eine Mal hart bleiben… für sich… für ihn. Ruckartig stand sie auf und sah ihn ernst an. "Es ist meine Entscheidung und du hast sie zu akzeptieren, Kohta." Sie nahm den Verlobungsring vom Finger und gab ihn dem Bassisten. "Ich brauche eine Pause und diese werde ich auch bekommen, ansonsten wird es eine für immer sein", drohte sie ihm. "Kohta, du musst es akzeptieren, vor allem, wenn du mich liebst." Mit diesem Satz drehte sie sich um und ging an den fertigen Entwurf, um ihn doch noch weiter zu bearbeiten. "Es ist alles gesagt und jetzt lass mich bitte arbeiten." Der Blonde sah sie wütend an. "Das kannst du vergessen", fauchte er. "Wegen so einem Scheiß wirfst du unsere Beziehung hin? Von wegen… ich liebe dich…" Er fühlte sich zutiefst verletzt und wütend. Am liebsten hätte er etwas zertrümmert. Mit voller Wucht schlug er mit der Faust auf Lucas Zeichentisch, so dass einige Sachen herunterfielen und zerbrachen. "Kohta, spinnst du?", fragte sie wütend. "Ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht gehen lasse." Er packte Luca an den Schultern, dass es ihr wehtat. Sie gab einen leisen Schmerzlaut von sich und schaute ihn ängstlich an, dann wandte sie den Blick von dem Blonden ab und sah zum Fenster. Sie würde nicht klein beigeben, egal, was er machen würde. "Lass mich bitte los, du tust mir weh", erklärte sie traurig. Kohtas Griff verstärkte sich, doch als er merkte, dass sie Angst hatte – Angst vor ihm – ließ er sie los und starrte die junge Frau an, die sich die schmerzende Schulter hielt. Ohne ein Wort zu sagen drehte er sich um und verließ den Raum, wobei er die Tür so fest hinter sich zuschlug, dass sie fast aus den Angeln gebrochen wäre. Kapitel 36: Urlaub ------------------ Naomi verließ vollkommen in Gedanken versunken den Vorlesungssaal. Sie grübelte darüber nach, warum Luca das Seminar versäumt hatte. Vielleicht hatte die Blonde einfach nur zu viel zu tun, dass sie den heutigen Tag hatte ausfallen lassen müssen. Das bedeutete, dass Naomi heute mit großer Wahrscheinlichkeit allein zu Hause sein würde. So konnte sie sich zur Abwechslung mal wieder in Ruhe hinsetzen und an neuen Songs für das Album arbeiten. Dank Kirito und den anderen war sie in den letzten Tagen gar nicht dazu gekommen. Stur ging sie aus dem Gebäude und in Richtung Bahnstation, so dass sie gar nicht hörte, wie jemand ihren Namen rief. Erst als in ihrer unmittelbaren Nähe ein paar Mädchen zu quietschen und zu kreischen begannen, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Verwundert sah sie auf und ließ den Blick über ihre Umgebung schweifen. Eine kleine Menschentraube hatte sich um ein Auto versammelt, das ihr definitiv bekannt vorkam. Sie schüttelte verwirrt den Kopf und blinzelte, als etwas Blondes auf sie zugewuselt kam und sich an ihr festklammerte. "Tasukete!", murmelte Kirito. "Die wollen mich umbringen!" "Wah!", kreischten die Mädchen. "Kirito!" "Oh mein Gott… Was hast du jetzt schon wieder angestellt?", grinste sie ihn an, während er sich mehr oder weniger hinter ihr in Sicherheit brachte. "Gar nichts…", grummelte er. "Ich wollte dich eigentlich nur abholen, das ist alles." "Dafür hättest du aber auch im Auto bleiben können, dann hätten sie dich nicht bemerkt", gab sie amüsiert zurück und hob abwehrend die Hände hoch, bevor ihr die wild gewordenen Fans zu nahe kommen konnten. "Klar… und du wärst einfach nach Hause gegangen… da du mich ja nicht gesehen hast… und als ich dich gerufen habe, hast du auch nicht reagiert." "Kirito! Stimmt es, das…" "Was ist an den…" "Hast du dich denn endlich von…" Die Mädchen redeten so laut und durcheinander, dass sie nicht verstehen konnten, was sie wollten. Aber im Grunde interessierte es sie auch gar nicht. Naomi verzog genervt das Gesicht. "Ich war in Gedanken… gomen…", meinte sie leise, dann packte sie ihn am Handgelenk und bahnte sich energisch einen Weg durch das Fangewusel, auch wenn es gar nicht so einfach war, da die Tussis dauernd an ihrem Begleiter herumzerrten und versuchten, die beiden voneinander zu trennen, was sie einmal auch fast geschafft hätten. "Nächstes Mal hupst du einfach." "Hai…", entgegnete er zerknirscht. "Ich hab ja nichts gegen Fans… ganz im Gegenteil… aber so etwas finde ich wirklich schlimm… und… ich wollte eigentlich mit dir einkaufen gehen…" "Wozu?", wollte sie von ihm wissen, als sie endlich am Wagen angekommen waren, der Sänger diesen aufschloss und sie schnell einstiegen, um endlich in Sicherheit zu sein. "Bist du noch sauer?", fragte er sie anstatt zu antworten. "Höh?" Sie sah ihn verwirrt an. "Wieso sollte ich sauer sein?" "Nun ja…", druckste er herum. "Wegen gestern… weil ich doch einfach beschlossen hatte, dass du bei mir einziehst und… ihr seid so schnell gegangen…" Naomi zog eine Augenbraue hoch. "Ich muss zugeben, dass ich das schon ziemlich doof fand… aber deswegen bin ich doch nicht sauer…" Kirito atmete erleichtert auf. Er ließ den Motor an und fuhr einfach los, ohne auf die Mädchen zu achten, die sich noch immer um das Auto drängelten, auf die Motorhaube schlugen, an die Fenster klopften und diverse Dinge riefen, die sie im Innern nicht verstehen konnten. "Willst du jemanden überfahren?", fragte ihn die Pinkhaarige entsetzt. "Wenn sie nicht freiwillig weggehen…", brummte der blonde Sänger mürrisch. "Hoffentlich können sie sich später nicht an mein Gesicht erinnern…", fiepte die Musikstudentin leise. "Schließlich bin ich ihnen ja in die Quere gekommen…" "Ach was", versuchte er sie zu beruhigen. "Bis morgen haben die das sicher wieder vergessen. Die freuen sich viel mehr darüber, dass sie mich gesehen haben und anfassen konnten." Er verzog das Gesicht. "Die sind so albern." Naomi machte ein zustimmendes Geräusch, dann zuckte sie zusammen und kramte in ihrer Tasche herum. "Was ist?", wollte Kirito von ihr wissen. "Hast du etwas verloren?" "Nein… Luca…", antwortete sie knapp und fischte ihr Handy aus der Handtasche. Sie tippte eine Weile darauf herum und steckte es dann wieder weg. Blinzelnd erwiderte sie seinen fragenden Blick, als er an einer Ampel hielt. "Ich habe ihr nur Bescheid gesagt, dass ich mit dir unterwegs bin, damit sie sich keine Sorgen macht, falls sie vor mir wieder zu Hause sein sollte", erklärte sie schließlich. Der Sänger nickte und fuhr dann weiter. "Also noch mal… wozu willst du mit mir einkaufen?", fragte ihn die Studentin erneut. Kirito schmunzelte. "Hawaii", antwortete er schlicht. Naomi starrte ihn ausdruckslos an. "Kannst du dich auch irgendwie verständlich ausdrücken? Oder soll ich aussteigen?" Der Blonde seufzte und bog ab. "Du erinnerst dich an dein Geburtstagsgeschenk, ja? Die Tickets nach Hawaii… ich gehe mal nicht davon aus, dass du sie in Anspruch genommen hast, oder?" "Ähm…" Sie legte die Stirn in Falten. "Wann hätte ich das tun sollen? Ich hatte gar keine Zeit, Urlaub zu machen." "Das dachte ich mir schon…", grinste er. "Und da die Tickets nicht ewig gültig sind, müssen wir das bald mal in Angriff nehmen. So fleißig, wie du bist, wird Rikuo dir sicher eine Woche Urlaub gönnen." Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, bevor er wieder auf die Straße achtete. Für eine Weile sah sie ihn lediglich an und wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. So wie sie ihn kannte würde er ohnehin keine Einwände gelten lassen. Außerdem wusste sie, dass er Recht hatte. "Und was ist mit der Uni?", fragte sie schließlich. "Ah… das wird schon…", entgegnete er leichtfertig. "Dann liegst du halt offiziell im Krankenhaus oder so, wenn sonst schon nichts geht." Naomi lehnte sich seufzend zurück. "Du hast echt 'nen Knall… du willst mich ernsthaft dazu bringen, eine ganze Woche meine Vorlesungen zu schwänzen?" "Wirst du wohl müssen… oder willst du die Tickets lieber verfallen lassen? Deine nächsten Ferien sind erst Ende Dezember… bis dahin sind die nicht mehr gültig." Die Studentin verzog das Gesicht, sagte aber nichts mehr dazu. Sie wusste genau, worauf es sonst hinauslaufen würde, und darauf hatte sie ehrlich gesagt keine Lust… Nachdem sie ungefähr zweieinhalb Stunden durch sämtliche Läden, die sie finden konnten, gelaufen waren, hatten sie dann schließlich alles gefunden, was Kirito sich so vorstellte, und sie kehrten zum Auto zurück. "Ich schwöre…", brummte Naomi mürrisch, als sie sich seufzend auf den Beifahrersitz fallen ließ, "mit dir gehe ich nie wieder einkaufen… du bist ja noch schlimmer als eine Frau!" Kirito grinste verlegen. "Es ist halt nicht immer einfach, etwas Passendes zu finden… was meinst du, warum ich für dein Geburtstagsgeschenk so lange gebraucht hatte?" "Auch wenn das nicht nötig gewesen wäre…", gab sie pikiert zurück. "Aber das habe ich dir ja schon mehrfach gesagt… genau wie dieser Einkauf jetzt…" "Du solltest aber wissen, dass mir das so ziemlich egal ist. Wenn ich dir etwas schenken möchte, dann werde ich das auch tun." Er sah sie ernst an. "Auch wenn ich dazu keinen Anlass brauche." "Aber…", setzte sie an, wurde jedoch von ihm unterbrochen. "Und ich lasse keine Proteste gelten." Grummelnd verschränkte die Pinkhaarige die Arme vor der Brust und rutschte in ihrem Sitz etwas tiefer. Sie hatte selten einen solchen Sturkopf erlebt. Und dabei hatte sie immer gedacht, sie wäre starrsinnig… aber er war ja noch viel schlimmer. 'Der Klügere gibt nach', dachte sie. Ansonsten würden sie die meiste Zeit damit verbringen zu diskutieren und das wäre nichts für ihre Nerven. "Und wo fahren wir jetzt hin?", wollte sie nach einer Weile von ihm wissen. "Zu dir?" "Warum?" "Damit du deine neuen Sachen schon mal bei dir verstauen können? Oder willst du lieber mit zu mir fahren?" Er grinste sie breit an. Naomi zog eine Augenbraue hoch und er zuckte nur mit den Schultern. "Also doch zu dir, huh? Geht jetzt schneller." Sie nickte nur, sagte jedoch nichts dazu. Als sie bei ihr angekommen waren, bestand er darauf, die ganzen Tüten zu tragen und die beiden gingen gemeinsam zum Aufzug. Wie erwartet war Luca nicht zu Hause. "Was meinst du, wann Luca nach Hause kommt?", wollte der Sänger von ihr wissen. "Ich habe keine Ahnung…", entgegnete sie. "Und was machen wir in der Zwischenzeit?", grinste er sie an. Sie sah ihn stirnrunzelnd an. "Erst werde ich die Tüten auspacken… und danach können wir uns ja etwas anderes einfallen lassen", meinte sie schmunzelnd. Luca wusste nicht wirklich, wie lange sie jetzt mit dem Rücken an eine Wand gelehnt saß und weinte, seitdem Kohta weg war. Es war bereits Abend und sie saß hier in der Dunkelheit und wusste nicht, was sie jetzt machen sollte, obwohl sie diese Entscheidung immer noch für richtig hielt. Sie würde jetzt auch noch mit Daisuke und Gackt reden müssen, sie wollte nicht, dass einer der Musiker ihretwegen in Verlegenheit kam. Luca stützte ihren Kopf mit den Händen und die Ellbogen auf ihren Knien ab, als sie durch das Fenster nach draußen sah. Es regnete und bei der Vorstellung, dass der Himmel mit ihr gemeinsam weinte, lächelte sie traurig. Sie schniefte und wischte mit dem Ärmel ihres Tops über die Augen. Sie sah mit Sicherheit schrecklich aus, aber das war ihr egal. Es war ja nicht so, als müsste sie sich davor fürchten, ihr Freund könnte sie so sehen. Bei diesem Gedanken stiegen ihr erneut die Tränen in die Augen und sie weinte bitterlich. Als ihr jemand plötzlich zwei Hände auf die Schultern legte, schreckte sie auf und sah ängstlich in das Gesicht ihres Gegenübers. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass jemand hereingekommen war. Vor allem verstand sie nicht, warum. Überall war das Licht aus und es schien, als wäre niemand hier. Sie wischte sich die Tränen weg und setzte ein nicht gerade gelungenes Lächeln auf. "Ga-kun, was machst du denn hier?", fragte sie mit einer gespielten Fröhlichkeit. "Du hast doch keine Termine heute." Der Sänger sah sie ernst an, dann ließ er sie los und setzte sich zu ihr auf den Boden. "Was ist passiert?", fragte er in seiner typischen ruhigen und sanften Art. Er hatte zwar trotz der Dunkelheit den kaputten Tisch gesehen und auch einige Scherben, die auf dem Boden lagen, aber er wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Verzweifelt versuchte Luca sich zu beruhigen, schniefte aber ununterbrochen und ihr stiegen immer wieder neue Tränen in die Augen. "Ist es wegen dieses Zeitungsartikels?", fragte er vorsichtig. Als die junge Frau nickte, knackte er bedrohlich mit den Fingergelenken. Er konnte es nicht ertragen, sie weinen zu sehen. "Hattest du Streit mit deinem Freund? Er weiß doch, dass es nicht stimmt, oder etwa nicht?" Die Blonde nickte abermals. "Ich… ich…", schniefte sie. "Ich habe mit ihm… Schluss gemacht." Wieso erzählte sie ihm das überhaupt? Es interessierte ihn doch wahrscheinlich gar nicht und so würde er sie ganz bestimmt für einen Schwächling halten. Der Dunkelhaarige strich sich verwirrt über die Stirn. Das verstand er jetzt beim besten Willen nicht. "Wieso hast du das gemacht?" Sie lächelte traurig. "Um ihm Ärger zu ersparen", erklärte sie und Tränen rannen ihre Wangen hinunter. "Wenn ich mich von ihm fernhalte, wird er mit solch einem Blödsinn nicht in Verlegenheit gebracht." Er nickte knapp. Irgendwie ergab das Ganze für ihn noch immer keinen Sinn. "Das gleiche werde ich aber auch bei Daisuke und dir machen", erklärte sie weiter. "Ich möchte nicht, dass irgendjemand von euch meinetwegen Probleme hat, deshalb bitte ich dich, dass wir unsere Beziehung nur auf geschäftlicher Basis fortführen." Sie stand auf und schaute ihn bekümmert an. "So ist es besser, für uns alle." Der Sänger stand ebenfalls auf, legte ihr wieder beide Hände auf die Schultern und sah ihr in die Augen. "Es wird alles gut werden", versicherte er ihr lächelnd. "Lass uns etwas essen gehen", erklärte er dann und führte sie zur Tür. Die Studentin blieb stehen und sah ihn verwirrt an. Was war nur mit diesen Männer los? Wieso konnten sie alle nicht verstehen, dass sie nichts mit ihnen zu tun haben wollte? Vielleicht lag es ja daran, dass sie merkten, dass sie es nicht ernst genug meinte. "Ga-kun, ich kann so nicht unter Leute", schniefte sie und zeigte an sich herunter. "Ich sehe schrecklich aus." Er sah sie sanft an und strich ihr die Tränen von den Wangen. "Das stimmt nicht. Du siehst wunderschön aus." Er legte ihr einen Arm um die Schultern. "Außerdem werden wir bei mir etwas essen, dort stört dich keiner und wir können auch reden, wenn du willst." Luca sah ihn verwundert an, nickte schließlich und ließ sich von dem dunkelhaarigen Sänger zu seinem Wagen führen. "In welchem Stadtteil liegt deine Wohnung eigentlich?", fragte sie leicht müde und schnallte sich an. "Nakagyô", antwortete er und fuhr los. Es dauerte einige Minuten, bis Luca verstanden hatte. Sie richtete sich plötzlich auf und löste den Sicherheitsgurt. "Das liegt aber in Kyôto!", rief sie panisch. "Halt sofort an und lass mich raus!" Sie begann wie verrückt auf dem Sitz herumzurutschen. "Das kannst du doch nicht machen, Ga-kun!", rief sie immer wieder. "Das ist Kyôto… baka… weißt du eigentlich, wie weit es von hier aus ist?!" "Ungefähr vier bis fünf Stunden", erklärte er ihr. "Wenn du willst, kannst du auch so lange schlafen. Ich wecke dich schon auf." Sie starrte ihn perplex an und schnappte nach Luft. "Halt sofort an! Ich fahre nicht mit dir nach Kyôto. Ich muss zur Uni und außerdem arbeiten." Der Sänger fuhr auf die Autobahn. "Dann nimmst du dir Urlaub, das ist bei solchem Ärger immer noch am besten." "Du spinnst wohl", fauchte sie. "Du erzählst mir was von Urlaub? Die beste Ablenkung ist Arbeit, Arbeit und noch einmal Arbeit! Und was soll ich eigentlich alleine in Kyôto machen, hm?" Er strich sich durch die Haare. Er war sich nicht sicher, was diese Aktion eigentlich sollte, aber irgendwie machte es ihm Spaß, dieses Mädchen so zu necken und sie schien nun auch etwas abgelenkter als vorhin. "Ich werde dir Kyôto zeigen." "Du? Herr Workaholic in Person will mir Kyôto zeigen?" Sie setzte sich ordentlich hin und verschränkte die Arme vor der Brust. "Du schläfst doch gerade mal zwei Stunden am Tag und den Rest der Zeit arbeitest du wie ein Irrer." "Ich habe ebenfalls Urlaub", warf er schmunzelnd ein. "Gezwungenermaßen. Und so werden wir zusammen entspannen." "Wie, gezwungener Urlaub? Meinetwegen?" Er wurde wieder ernst und biss sich leicht auf die Lippe. "Mein Arzt hat ihn mir verordnet. Ich arbeite zu viel und hatte einen kleinen Zusammenbruch." Luca sah ihn skeptisch an. "Das habe ich dir ja auch schon gesagt", kommentierte sie. "Das war davor… aber so kannst du dich ja um mich kümmern." Sie grinste ihm zu. "Werde ich. Aber danach zeige ich dich wegen Entführung an." Kapitel 37: Die "Rettung" etc. ------------------------------ Als Luca die Augen wieder öffnete, stand der Wagen vor einem großen und hübschen Haus. Sie wandte sich von der Fensterscheibe ab und sah den Fahrer des Wagens an, der sich in seinem Ledersitz zurückgelehnt hatte, ruhig eine Zigarette rauchte und nachdenklich aus dem Fenster schaute. "Wie lange stehen wir schon hier?", fragte sie gähnend und rieb sich die Augen. Gackt zuckte leicht zusammen und wandte sich zu ihr um. "Bitte?" "Ich wollte nur wissen, wie lange wir hier schon stehen", wiederholte die Blonde leise. Der Sänger warf einen Blick auf die Uhr und rieb sich die Stirn. "Fast eine Stunde." Die Studentin sah ihn neugierig an und schnallte sich ab. "Sollen wir dann langsam rein?", fragte sie schmunzelnd. "Es ist nicht wirklich warm um diese Uhrzeit." Der Dunkelhaarige nickte zustimmend und fuhr den Wagen in die Garage. Nachdem er geparkt hatte, nahm er den Zündschlüssel heraus, stieg aus, öffnete Luca die Tür und schloss den Wagen per Knopfdruck ab. Er führte die junge Frau zur Tür und legte ihr, wie so oft, leicht die Hand auf den Rücken. "Bist du müde?", fragte er als er aufschloss. "Oder sollen wir noch etwas essen? Ich kenne einen guten Lieferservice, der um diese Zeit noch liefert." Luca schüttelte energisch den Kopf. "Hast du einen Kühlschrank? Essen? Töpfe?" Der Sänger nickte verwirrt. "Dann werden wir etwas kochen. Du kannst doch kochen, oder Satoru?" Gackt nickte. "Sag mal, wieso sprichst du mich eigentlich nur dann mit meinem Vornamen an, wenn wir alleine sind?", fragte er interessiert. "Sonst sagst du immer Gackt oder Ga-kun…" Die Studentin grinste keck und lehnte sich gegen die Tür, die sie leise hinter sich geschlossen hatte. Sie schnappte sich eine ihrer blonden Haarsträhnen und verdrehte diese spielerisch zwischen den Fingern. "Na ja… es liegt daran, dass…" Sie schaute ihn leicht verlegen an. "Ich möchte doch dein Geheimnis wahren." Der Musiker zog amüsiert eine Augenbraue nach oben. "So ist das also… braves Mädchen." Er fuhr sich durch die Haare. "Ich hätte dich sonst leider eliminieren müssen." Sie grinste herausfordernd und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ah… hättest du…" Der Sänger ging langsam und ernst auf sie zu, stützte sich gegen die Eingangstür und kam mit seinem Gesicht so nah wie möglich an das der jungen Frau heran. Er sah ihr tief in die Augen – Luca hielt seinem Blick stand – dann strich er ihr sanft mit der Hand über die Wange und gleichzeitig mit dem Daumen über die vollen Lippen. "Ja… hätte ich…" "Und was nun?", fragte Luca neugierig und schaute mit leicht geöffneten Lippen zu dem Dunkelhaarigen hoch. "Willst du mich etwa hier und jetzt…?" Sie beendete den Satz nicht. Seine Hand zuckte leicht und fuhr weiter zu ihrem Nacken. Es wäre so einfach gewesen, sie jetzt an sich zu drücken und zu küssen. Diese Frau machte ihn wirklich wahnsinnig… mit dieser Zweideutigkeit… und vor allem, da sie ihn gerade so selbstsicher und herausfordernd anschaute, als ob sie genau wüsste, worüber er nachdachte. Worüber er schon die ganze Fahrt hierher nachgedacht hatte. Als ob sie genau wüsste, dass er es im Endeffekt nicht einmal wagen würde, sie auch nur leicht auf die Wange zu küssen. Gackt ließ seine Hand langsam wieder zu ihrer Wange gleiten und stupste ihre Nase. Dann grinste er sie an, nahm sie bei der Hand und führte die Studentin in sein Haus. Er ging mit ihr in sein Wohnzimmer, schubste sie auf sein helles Sofa, ging in die Küche und kam mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern zurück. Luca schaute ihn interessiert an. "Wollten wir nicht etwas kochen?" Der Sänger setzte sich neben sie und schenkte ihnen beiden ein, dann reichte er der Studentin eines der Weingläser und die beiden stießen miteinander an. "Ich dachte, wir trinken erst etwas", erklärte er und schaute in Richtung Küche. "Oder fühlst du dich unwohl, wenn du nicht kochen kannst?" Er grinste sie frech an, nahm sie jedoch ohne eine Antwort abzuwarten bei der Hand und führte sie in die modern und perfekt eingerichtete Küche. "Ich weiß nur nicht, was du kochen willst, es ist nämlich nichts da", erläuterte er amüsiert und öffnete den Kühlschrank, so dass sie sich davon überzeugen konnte. Solch eine gähnende Leere hatte sie noch nie in einem Kühlschrank gesehen. Außer einigen Flaschen Wasser und einem Salat – bei dem sie nicht sicher war, ob er gerade 'Töte mich' gerufen hatte – war nichts darin. Die Blonde schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf. "Na los, ruf schon deinen Dealer an…" Gackt grinste, ging zurück ins Wohnzimmer und rief seinen altbewährten Lieferservice an. "Das Essen ist in circa einer halben Stunde hier", informierte er die Studentin und gesellte sich zu ihr. "Willst du jetzt die ganze Zeit vor dem Kühlschrank stehen?" Die junge Frau verdrehte die Augen und ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer. "Wir werden später einkaufen gehen müssen", erklärte sie ihm. "Dann können wir etwas Anständiges kochen." Sie setzte sich auf das Sofa, zog die Beine an und machte es sich bequem. "Wieso?" Er setzte sich zu ihr und füllte beide Gläser nach. "Wir können doch auch auswärts essen, oder willst du nicht mit mir gesehen werden?" Er zog sich das Jackett aus und warf es auf einen der Sessel. "Das wäre doch nur reine Geldverschwendung. Wir können genauso gut selbst kochen und außerdem schmeckt es besser." Der Dunkelhaarige schaute sie amüsiert an. "Und Kleidung müssen wir dir auch noch besorgen. Oder möchtest du die ganze Woche in denselben Sachen herumlaufen?" Luca seufzte. "Natürlich nicht. Apropos Kleidung. Hast du irgendein Hemd für mich?" Der Sänger zog eine Augenbraue hoch und schaute sie fragend an. "Ich möchte gerne etwas tragen, wenn ich schlafen gehe", erklärte sie zerknirscht. "Wie? Du trägst nicht nur einige Tropfen Chanel?" Er schmollte gespielt. Die Blonde schüttelte den Kopf. "Könntest du mir bitte eines geben? Ich möchte kurz duschen gehen, ja?" Sie stand auf und sah ihn erwartungsvoll an. Nachdem der Sänger aufgestanden war, wieder aus seinem begehbaren Kleiderschrank zurückkam und ihr ein weißes Hemd reichte, ging die Studentin duschen und kam genau pünktlich zum Essen wieder heraus. "Perfektes Timing", beglückwünschte sie Gackt, hielt plötzlich inne und sah sie verwundert an. Verlegen strich er sich mit der Hand durch die Haare und rückte der jungen Frau einen Stuhl am Tisch zurecht. Sie setzte sich und er rückte den Stuhl näher, bevor er zwei schwarze Teller auf den elegant gedeckten Tisch stellte und sich ebenfalls setzte. "Du siehst wirklich gut aus", schmeichelte er ihr und füllte die Weingläser auf. Lächelnd nahm Luca ihr Glas und nippte leicht daran. Sie merkte, wie er ihr langsam zu Kopf stieg. Sie konnte eigentlich viel trinken, auch durcheinander, aber Wein blieb immer ihre Schwäche. Sie legte den Kopf etwas schief, biss sich lächelnd auf die Lippe und stellte das Glas auf den Tisch. "Du bist ein Charmeur, Satoru…" Er nippte ebenfalls an seinem Glas und sah sie erstaunt an. "Wieso? Ich meinte es ernst." "Wie kannst du bloß einer Frau sagen, dass sie gut aussieht, obwohl sie mit feuchten Haaren, ungeschminkt und mit einem zu großen Männerhemd vor dir sitzt?" "Weil es so ist. Ich glaube, du würdest sogar in einem Sack gut aussehen", grinste er sie an, nahm die Essstäbchen und begann zu essen. Verwirrt blinzelte ihm die blonde Studentin zu und machte sich anschließend selbst über das Essen her. Es war wirklich lecker. Das hätte sie einem Lieferservice nie zugetraut. Nachdem sie beide gegessen hatten – und das in absoluter Stille – stand Luca auf und wollte das Geschirr in die Küche bringen, doch der Musiker hielt sie am Handgelenk fest und schüttelte milde lächelnd den Kopf. "Ich mache das schon, bleib ruhig sitzen." Die Studentin sah ihn verdutzt an, setzte sich jedoch wieder und nippte an ihrem Wein. Sie hätte schwören können, dass es schon die zweite oder dritte Flasche war. Als Gackt das Geschirr in die Spülmaschine eingeräumt hatte, setzte er sich wieder zu ihr. "So viel Mühe für ein Essen vom Lieferservice?", amüsierte sich Luca und sah sich in dem Wohnzimmer um, in dem keine einzige Lampe, sondern Dutzende von Kerzen brannten. "Was machst du erst für einen Aufwand, wenn du ein Date hast?" "Das willst du nicht wissen", erklärte er in ernstem Tonfall und nippte an seinem Wein, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. "Nun ja, solange du nicht nackt durch die Wohnung hüpfst…", sagte sie keck und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Der Wein tat, wo wie es Aussah, seine Wirkung. "Das mache ich für gewöhnlich immer", entgegnete er gelassen, schlug ein Bein über das andere und spielte mit den Fingern am Weinglas entlang. "Du nimmst mich auf den Arm", kicherte Luca. Die Vorstellung, dass dieser Mann nackt durch seine Wohnung sprang, war einfach nur idiotisch. "Und du kochst und putzt bestimmt auch nackt, hm? Ich bitte dich, Satoru." Sie musste sich eine Hand vor den Mund halten, um nicht loszulachen. Der Dunkelhaarige stützte seinen Kopf mit seiner rechten Hand ab und schaute sie gelassen an. "Was das Putzen angeht, dafür habe ich eine Angestellte", erklärte er ihr in geschäftsmäßigem Tonfall. "Aber ja… ich koche nackt. Ich habe sogar letztens ein Buch gelesen, während ich gekocht habe." Er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck seines Weines. "Und das natürlich auch nackt…" Luca prustete vor Lachen. Er – Gackt – las beim Kochen ein Buch… und das auch noch nackt. Das war definitiv zu viel für sie. Mit einer Hand hielt sie sich am Tisch fest, um nicht hinzufallen, die andere hielt sie sich vor den Mund. Der Sänger lehnte sich langsam zu ihr und drückte sanft ihre Hand nach unten. "Lass das", erklärte er ihr ruhig und in seiner eigenen typischen Art. Sie blinzelte und wischte die Tränen aus den Augenwinkeln. "Womit denn bitte?", fragte sie nach Luft ringend. "Mit dem Lachen? Aber du musst zugeben, dass diese Vorstellung einfach nur komisch ist…" Er hielt ihre Hand fest und sah ihr tief in die Augen. "Nicht mit dem Lachen", sagte er langsam. "Du sollst bitte aufhören, dein Lächeln hinter deiner Hand zu verstecken." Die junge Frau hörte abrupt auf zu lachen und sah ihn ernst an. "Wenn ich es nicht besser wüsste, Satoru", begann sie, "müsste ich annehmen, dass du mit mir flirtest." Gackt stand auf und schmunzelte. "Man kann nie wissen", antwortete er und nahm die junge Frau bei der Hand. "Es ist schon spät. Wir sollten beide schlafen gehen." Er führe sie in ein Gästezimmer im Obergeschoss, ließ sie alleine und ging wieder. "Gute Nacht", verabschiedete er sich von ihr und schloss leise die Tür. Luca blinzelte verwirrt die Tür an. Sie hatte nicht wirklich verstanden, was das jetzt sollte, aber das Bett war ihr gerade wichtiger. Sie konnte es förmlich rufen hören: "Leg dich hin… schlafe… ich bin so weich und bequem..." Sie pustete die Kerzen aus, die hier ebenfalls brannten und einen angenehmen und zarten Geruch verbreiteten, legte sich ins Bett und schlief sofort wie ein Baby ein. Durch nerviges Vogelgezwitscher wurde sie irgendwann geweckt. Verschlafen streckte sie sich und zog die Bettdecke über den Kopf. Sie hatte nicht wirklich einen Kater, jedoch merkte sie, dass es gestern – beziehungsweise irgendwann heute morgen – eindeutig zu viel Wein gewesen war. Als sie feststellte, dass diese quicklebendigen und fröhlichen Vögel gar nicht daran dachten, mit ihrem Wettsingen aufzuhören, schleuderte sie die Decke wieder von ihrem Kopf und tastete automatisch nach dem Nachttischchen, wo normalerweise ihr Handy lag. Eigenartigerweise musste sie jedoch feststellen, dass sich an jenem Platz, zu dem sie ihre Hand ausstreckte, weder ihr Mobiltelefon noch ein Nachttisch befand. Verwirrt setzte sie sich auf, rieb sich die immer noch verschlafenen Augen und sah sich in dem Zimmer um. Es war eindeutig nicht ihres. Der Raum war hell und freundlich eingerichtet, in weiß und vielen verschiedenen Beigetönen. Es hatte etwas einfaches, entspannendes und meditatives an sich und erinnerte Luca stark an einige der Bilder, die sie in den Büchern 'Leben mit Zen' gesehen hatte. Sie stand schweren Herzens auf, ging zu dem großen Fenster, welches vom Boden zur Decke reichte, und zog die hellen Stoffrollos hoch, um den Ausblick auf einen hübschen Garten zu erhaschen. Sie musste gestehen, dass dieser Mann Geschmack hatte und nicht nur sein Auftreten perfekt inszenieren konnte, sondern auch seine Wohnung. Sie öffnete das Fenster und ließ die frische, nach Blumen duftende Luft herein. Sie fühlte sich sofort frischer und lebendiger. Nachdem sie sich einmal herzhaft gestreckt, sich die Haare geglättet und das Hemd zurechtgezupft hatte, öffnete sie die Tür und ging ins Wohnzimmer. Verwundert stellte sie fest, dass der Sänger anscheinend nicht da war. Er hatte ihr ein mit einer Schleife verziertes Paket und einen kleinen Briefumschlag auf dem Tisch hinterlassen. Luca nahm den Briefumschlag, öffnete ihn und begann zu lesen. "Wunderschönen guten Morgen", stand als erstes. "Ich hoffe, du hast die Nacht gut überstanden und konntest auch etwas ausschlafen. Ich bin zu meiner Schwester gefahren und werde wahrscheinlich bald wieder zurück sein. In dem Päckchen findest du Kleidung, falls du hinausgehen und dabei nicht nur mein Hemd tragen möchtest. Einen Hausschlüssel findest du dort auch. Satoru." Sie drehte den Brief lächelnd in den Händen hin und her, steckte ihn zurück in den Umschlag, legte ihn auf den Tisch und nahm sich das Päckchen. Vorsichtig machte sie die Schleife los und war gespannt, was er sich diesmal hatte einfallen lassen. Sie nahm den Deckel ab und streifte das Seidenpapier zur Seite. Mit einem amüsierten Lächeln ließ sie sich auf einen der Stühle fallen und entnahm die Kleidungsstücke. Er überraschte sie doch immer wieder. Schmunzelnd hielt sie dunkelblaue Jeans hoch und war umso fröhlicher, als sie feststellte, dass es eindeutig ihre Größe war und die Hose dazu auch noch glitzerte. Das Päckchen enthielt außerdem einen hübschen cremefarbenen und ärmellosen Rollkragenpullover, sowie Schuhe mit einem kleinen Absatz. Nachdem sie das Päckchen entleert hatte, musste sie mit leicht geröteten Wangen feststellen, dass dieser Mann anscheinend wirklich an alles dachte. Verlegen nahm sie die Unterwäsche in die Hand und tapste ins Badezimmer, um zu duschen. Als sie fertig war und sich angezogen hatte, steckte sie den Schlüssel in die Hosentasche, riss einen Zettel aus ihrem Timer, auf den sie 'Bin kurz einkaufen' schrieb, nahm ihre Handtasche und verließ das Haus. Als Naomi das Universitätsgelände verließ, hatte sie denkbar schlechte Laune. Sie hatte während ihrer Mittagspause mit Rikuo telefoniert, der ihr die Termine für die nächsten drei Wochen durchgegeben hatte. Somit war an so was wie Urlaub zunächst nicht einmal ansatzweise zu denken. Dabei hatte sie sich wirklich darauf gefreut, mit Kirito zu verreisen. Sie wollte sich seine enttäuschte Reaktion gar nicht erst vorstellen… Hinzu kam noch, dass Luca weder zu Hause noch in der Uni gewesen war. Auch telefonisch war die Blonde nicht zu erreichen, was ihr ehrlich gesagt Sorgen bereitete. Seufzend blieb sie an einer roten Ampel stehen. Wahrscheinlich hatte Luca einfach nur viel zu tun. Wundern würde es sie nicht, schließlich war ihr eigener Terminkalender ebenfalls randvoll. Als sie zu Hause ankam, warf sie genervt ihre Tasche in die nächste Ecke, schloss die Tür hinter sich und schlüpfte aus ihren Schuhen. "Tadaima!", rief sie laut, erhielt jedoch keine Antwort. "Wieso überrascht mich das jetzt nicht?", murmelte sie. Naomi hängte ihren Schlüssel an einen Haken neben der Tür, wobei sie irritiert feststellte, dass nicht nur Lucas, sondern auch der Ersatzschlüssel fehlte. Sie legte die Stirn in Falten und ging ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch lag ein Zettel von Kirito, dass er sich den Schlüssel nur kurz ausgeborgt hatte und einkaufen war. Die Gitarristin ließ sich auf das Sofa fallen und biss sich auf die Unterlippe. Der Anflug eines schlechten Gewissens nagte an ihr, auch wenn es eigentlich nicht ihre Schuld war, dass der geplante Urlaub ins Wasser fiel. Sie fuhr sich mit einer Hand durch die pink gefärbten Haare. "Du kannst nichts für dieses miese Timing", meinte sie zu sich selbst, doch dadurch fühlte sie sich auch nicht unbedingt besser. Schließlich hatte sie sich diesen Beruf ausgesucht. Und auch wenn es manchmal hart war, so machte es ihr dennoch Spaß. Kirito würde es verstehen, versuchte sie sich einzureden. Er war selbst Musiker und hatte daher ebenfalls wenig Zeit. Er würde es ihr nicht übel nehmen… zumindest hoffte sie es. Betrübt stand sie wieder auf und ging in ihr Schlafzimmer. Sie holte frische Kleidung aus ihrem Schrank und auf dem Weg zur Tür fiel ihr Blick auf die Tickets, die auf ihrem Nachtschränkchen lagen. Sie nahm sie an sich und legte sie im Wohnzimmer auf den Tisch, bevor sie ins Bad ging um zu duschen. Als sie fertig angezogen wieder herauskam hörte sie, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Schnell wickelte sie sich das Handtuch um den Kopf und lief zur Tür, in der Annahme, dass es Luca war. Kirito sah sie überrascht an, als sie auf ihn zustürmte, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Du scheinst mich ja sehr vermisst zu haben." Er umarmte seine Freundin zur Begrüßung und gab ihr einen Kuss. "Hast du Hunger?" Sie stand bloß sprachlos vor ihm und er begann zu lachen. "Natürlich hast du Hunger, was für eine Frage!" Er zog sich die Schuhe aus und begab sich mit seinen Einkäufen in die Küche. Irritiert starrte sie ihm nach, dann folgte sie ihm. "Hör mal…", begann sie zaghaft, "ich muss dir was sagen…" Sie setzte sich seufzend an den Tisch. "Hat das auch Zeit bis nach dem Essen?", meinte er, als er die Tüten auf die Ablage stellte. Naomi spielte mit einer Haarsträhne und sah ihn mit leidendem Gesichtsausdruck an. "Es ist wichtig…", wisperte sie kläglich. "Es geht um den Urlaub." Wieder machte sich ein schlechtes Gewissen in ihr breit. Sie hoffte sehr, dass er nicht sauer auf sie sein würde. Er wandte sich mit gerunzelter Stirn zu ihr um. "Was ist denn mit dem Urlaub?", wollte er von ihr wissen. Die Gitarristin biss sich auf die Unterlippe. "Meinst du, wir können den noch verschieben?", fragte sie leise. "Ich habe heute mit Rikuo telefoniert… und ich hab für die nächsten drei Wochen einen überfüllten Terminplan…" Sie zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich hab ihm gesagt, dass ich auch mal frei haben muss… aber davon wollte er nichts hören…" Der Sänger sah sie eine Weile nachdenklich an. "Vielleicht sollte ich mal mit ihm reden", stellte er schließlich fest. "Das wird sicher nichts bringen…", wandte sie seufzend ein. "Ich hab es ja auch schon versucht. Die einzige, die an seiner Entscheidung rütteln könnte, wäre Luca. Aber die ist ja nicht da." Grummelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Es tut mir wirklich Leid…" "Ich weiß…", antwortete er, als er sich zu ihr an den Tisch. "Du kannst nichts dafür." Erleichtert lehnte sie den Kopf an seine Schulter. Somit war zumindest schon mal eine Sorge aus der Welt. Luca, die gerade vom Einkaufen zurückkam und die Tür vorsichtig mit dem Fuß – wegen der vielen Einkaufstüten – zuschob, bekam einen Schreck, als etwas Dunkelgraues um ihre Beine herumwuselte und zufrieden schnurrte. Verwirrt schob sie die Tüten in ihren Armen zurecht, um den Boden sehen zu können, wo sie eine grazile Maine-Coon-Katze sah. "Wo kommst du denn plötzlich her?", fragte die Blonde, stellte die Tüten ab und nahm das Tier auf den Arm. "Du bist aber niedlich." Die Katze schnurrte zufrieden und rieb ihr Köpfchen an Lucas Stirn. Diese ließ die Katze wieder auf den Boden, nahm die Tüten und ging damit in die Küche, wobei ihr das Tierchen folgte. "Wie ich sehe, habt ihr euch schon angefreundet", stellte Gackt amüsiert fest und nahm der Studentin die Einkaufstüten ab. "Und, Schatz? Hast du auch brav mein Geld ausgegeben?" Die Blonde sah ihn mit einem belustigten Grinsen an und folgte dem Musiker in die Küche. "Aber natürlich, Liebling." Sie nahm ihm die Tüten aus der Hand und begann, alles in den Kühlschrank und die Regale einzusortieren. "Du hast nie erwähnt, dass du eine Katze hast." Gackt setzte sich auf die Arbeitsplatte, welche mitten im Raum stand und schaute ihr zu. "Du hast auch nie gefragt", erklärte er. "Das ist Mai-chan", stellte er die Maine-Coon vor, die sich zu ihm auf die Arbeitsfläche gesellt hatte und ihren Kopf an seiner Hand rieb. "Und irgendwo muss auch Belle rumlaufen." Er schürzte die Lippen und schaute sich um. "Belle?", fragte sie neugierig und schloss den Kühlschrank. Er nickte und sprang von der Platte hinunter. "Ja, meine Hündin", erklärte er zwinkernd. "Du musst vorsichtig sein, sie ist eine Bestie und könnte dich in viele Stücke reißen." Luca hob eine Augenbraue und grinste breit. "Du meinst dieses kleine süße Ding dort auf der Couch?" Sie deutete mit einem Kopfnicken auf einen kleinen Dackel, der anscheinend schlief. "Sieht wirklich furchteinflößend aus." Der Sänger stellte sich neben sie, verschränkte die Arme und sah sich den kleinen Hund an. "Nicht wahr? Ich habe jedes Mal Angst, wenn ich sie abhole." Er schauderte. "Aber jetzt bist du ja da und ich kann dich ihr vorwerfen, wenn sie Hunger hat." Er packte die Blonde bei den Schultern und ging mit ihr zusammen ins Wohnzimmer, wobei er sie wie einen Schild vor sich her schob. Dann ließ er sich auf einen Sessel fallen und zog sie mit sich. "Geht es dir gut?", fragte er sie vorsichtig und schaute besorgt zur Eingangstür. Die Blonde streckte sich kurz, schaute ihn nachdenklich an und nickte. "Natürlich, wieso fragst du?" Dann ließ sie ihren Blick seinem folgen. "Ach… du meinst wegen der kleinen Horde von Menschen vor dem Haus?" Der Musiker nickte. Er erinnerte sich schmerzlich daran, wie seine Ehe wegen dieser Leute geendet hatte. "Mach dir keine Sorgen", erklärte Luca und wuschelte ihm durch die Haare. "Ich komme mit so was eigentlich gut klar. Ist zwar extremer als wenn ich mit Dai oder Kohta weg war, aber schon okay." Sie rutschte etwas tiefer und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. "Sie waren nur etwas verwirrt, als ich durch die Tür ging und ihnen freundlich zugelächelt habe." Gackt sah sie verblüfft an und grinste. "Also… was machen wir heute noch?", fragte er sie und spielte mit einer ihrer Haarsträhnen. Sie schaute ihn amüsiert an. "Also, wenn du so was noch einmal machst… gar nichts." Sie löste sich von ihm und setzte sich auf das Sofa. "Wieso?" Er schmollte und machte es sich bequem. "Das gerade war ein klein wenig zu… nun ja… vertraut", erklärte sie ihm und kraulte den kleinen Dackel hinter den Öhrchen. "So was macht man nur bei… seiner Freundin." Er schlug die Beine übereinander und sah sie interessiert an. "Hmhm… aber dann würde es ja heißen, dass du mit der Hälfte von Dir en grey und den Typen von Naomis Band zusammen bist… ah ja… und Kohta", erklärte er gelassen. "Apropos Kohta. Möchtest du ihn nicht anrufen? Du solltest doch langsam zur Vernunft gekommen sein, oder?" Das Lächeln auf Lucas Lippen erstarb und sie sah ihn traurig an. "Wieso sollte ich?" Der Sänger seufzte und strich sich über das Kinn. "Dir ist doch bestimmt klar, dass diese ganze Situation einfach nur närrisch ist, oder etwa nicht?" Er beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf seinen Schenkeln ab. "Ich verstehe nur nicht, wieso du so übertrieben reagierst. Du scheinst eigentlich der vernünftige Typ Mensch zu sein, was so etwas anbelangt. Ich meine… hier spazierst du aus meinem Haus… grinst den Fans zu und gehst einfach weiter, als wäre nichts." Die Blonde rutschte unruhig hin und her, stand dann auf und ging in Richtung Küche. "Ich werde uns etwas zu essen machen", erklärte sie und merkte, wie der Japaner sie am Handgelenk packte. Wütend schaute sie auf ihn runter und versuchte, sich loszumachen. "Erzähl es mir", verlangte er und zog sie wieder zu sich auf den Sessel. "Es ist nicht nur wegen dieses Artikels, das sehe ich dir doch an." Luca schüttelte den Kopf und versuchte aufzustehen, doch er hielt sie weiterhin fest, dann schlang er seine Arme um ihre Hüfte, legte seinen Kopf auf ihre Schulter und seufzte. "Erzähl es mir… bitte." Die junge Frau atmete tief ein und beobachtete den kleinen Dackel, der mit verschlafenen Knopfaugen in ihre Richtung sah, kurz gähnte und die Äuglein wieder schloss. "Weißt du, ich habe früher auch Musik gemacht", erklärte sie wehmütig. "Es ist schon lange her, aber wir waren wirklich gut." Der Sänger machte ein zustimmendes Geräusch und spielte mit ihren Haaren. "Ich hatte damals meinen ersten Freund", erzählte sie weiter. "Meine große Liebe. Ich glaube, ich werde nie wieder fähig sein, einen Menschen so zu lieben." Sie lehnte sich gegen seine Brust und seufzte traurig. "Wir waren sehr glücklich, doch dann hat irgendwann jemand so einen ähnlichen Artikel verfasst, wie den jetzt." Gackt zog eine Augenbraue hoch. "Und er hat es geglaubt?", fragte er irritiert. Irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen. Und wenn doch, dann hatte er sie anscheinend nicht wirklich geliebt. "Dann ist es doch gar nicht so schlimm… und Kohta glaubt dir doch." Sie begann zu zittern und als etwas Feuchtes auf seine Hand tröpfelte, merkte er, dass sie weinte. "Er hat sich umgebracht, Satoru", erklärte sie schniefend. "Wenn er doch einfach nur gegangen wäre… aber er hat sich umgebracht und starb in meinen Armen. Es könnte einfach nur eine unbewusste psychische Barriere sein… keine Ahnung… ich reagiere wahrscheinlich automatisch so. Ich weiß, dass Kohta so was nicht machen würde, dafür ist er zu stark und er glaubt mir… aber dadurch kam einfach alles wieder hoch, verstehst du?" Sie stand auf und ging in die Küche, nahm Lebensmittel aus dem Kühlschrank und begann sie zu schneiden. Gackt blieb einen Moment im Wohnzimmer sitzen. Er hätte nie gedacht, dass sie innerlich so verletzt und traurig war und es tat ihm Leid, dass er sie dazu gezwungen hatte, ihm das zu erzählen. Er richtete sich auf, ging in die Küche und blieb vor ihr stehen. "Luca… es…" Er wusste nicht wirklich, was er sagen sollte, dann ging er hinter sie und legte ihr die Arme um die Hüfte. "Es tut mir wirklich Leid." Die junge Frau hielt kurz inne und spannte sich an. "Du kannst ruhig weinen, wenn du willst, ich halte dich so lange fest." Sie schüttelte den Kopf und schnitt das Gemüse weiter. "Nein, ich habe schon genug geweint, was das betrifft." Sie legte das Messer weg und drehte sich zu ihm um. "Du bist wirklich ein netter Mensch, Satoru. Danke." Sie hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, machte sich von ihm los und schnitt weiter. "Weiß Kohta davon?", fragte er verwirrt und setzte sich an die andere Seite der Arbeitsplatte. Innerlich verfluchte er den Bassisten gerade. "Nein", erklärte sie. "Du bist der einzige, der es weiß. Mit Ausnahme von Rikuo." Er runzelte die Stirn. "Wieso weiß er es denn? Und dein Freund nicht?" Luca seufzte und bearbeitete weiter das Gemüse ohne aufzusehen. "Weil er mir zweimal das Leben gerettet hat. Er hat es somit live miterlebt." "Du solltest mit ihm reden", erklärte er ihr. "Deine Entscheidung war definitiv falsch." Sie sah ihn finster an. "Ich werde ihn anrufen, zufrieden?" Er nickte und ging zurück ins Wohnzimmer. Eigentlich war er nicht zufrieden, aber was konnte er schon Großartiges sagen? 'Nein… vergiss ihn… er passt nicht zu dir… nimm mich…' Er schüttelte den Kopf und ließ sich seufzend neben Belle auf das Sofa fallen, die kurz aufschaute und ihr Köpfchen auf seinen Oberschenkel legte. Es stimmte doch. Sie passte wirklich nicht zu diesem Typen, was konnten die beiden schon gemeinsam haben? Außerdem schien Kohta nicht der Typ für eine feste Beziehung. "Wollen wir heute ausgehen?", fragte er plötzlich und wunderte sich selbst darüber. Nach einigen Minuten der Stille kam Luca aus der Küche. "Was hast du gesagt?" "Wollen wir heute ausgehen? Etwas trinken und mit einigen Freunden feiern?", fragte er erneut. "Du würdest meine Freunde bestimmt mögen", fügte er hinzu. Sie überlegte kurz und lächelte milde. "Einverstanden, lass uns heute ausgehen." Sie drehte sich wieder in Richtung Küche und blieb stehen. "Dann wird das aber nichts mit dem Essen", stellte sie fest. Er stand auf und grinste sie frech an. "Dann stell es in den Kühlschrank und wir gehen einkaufen und essen unterwegs etwas, okay?" Misstrauisch sah sie ihn an, nickte jedoch und stellte die Sachen wieder in den Kühlschrank. "Also… wann wollen wir los?" Der Musiker stand auf, nahm die junge Frau beim Handgelenk und ging mit ihr in Richtung Tür. "Jetzt sofort." Kapitel 38: Noch ein unerwartetes Wiedersehen --------------------------------------------- Mit einem tiefen Seufzer warf Naomi ihr Handy auf den Sessel und ließ sich auf das Sofa fallen, nachdem sie das Appartement betreten hatte. Schon seit vier Tagen versuchte sie, Luca irgendwie ausfindig zu machen. Diese hatte sich im Studio genauso wenig blicken lassen wie in der Uni. Wenn sie nicht bald mal wieder auftauchte, konnte sie sowohl ihr Studium als auch ihren Job vergessen. Die Gitarristin hatte bereits alles versucht, was ihr einfiel. Sie hatte sich bei Rikuo nach der Blonden erkundigt, doch der hatte ihr auch nicht sagen können, wo Luca war. Daisuke war mit seiner Band gerade auf Tour und somit vermutlich auch nicht schlauer. In der Uni wusste auch niemand etwas. Nachdem sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, war sie schließlich dazu übergegangen, bei sämtlichen Krankenhäusern anzurufen, für den Fall, dass ihre Freundin einen Unfall gehabt haben könnte – doch Luca blieb unauffindbar. Als das Telefon klingelte, zuckte sie erschrocken zusammen und nahm es schnell vom Sessel. Ein kurzer Blick auf das Display verriet ihr, dass es Rikuo war. Doch statt der erhofften Information über den Verbleib ihrer Freundin teilte er ihr lediglich mit, dass zwar die Dreharbeiten für den Film 'Lust for Blood' temporär eingestellt wurden, sie jedoch mit den anderen von (R)Evolution die Arbeit für den Soundtrack trotzdem fortführen sollte. Einen Grund nannte er ihr nicht. Die Pinkhaarige rollte sich auf der Couch zusammen und dachte nach. Die einzige für sie plausible Erklärung für die Drehpause waren vermehrte Ausfälle. Also war Luca anscheinend nicht die einzige, die durch Abwesenheit glänzte. Aber das bedeutete, dass Kirito mehr oder weniger frei hatte. Und somit auch Kohta. Ruckartig setzte sie sich auf. Wieso hatte sie nicht gleich daran gedacht? Kohta wusste sicher, wo Luca war! Schließlich war sie seine Freundin. Doch auch der Bassist war nicht zu erreichen. Sie versuchte es bei seinem Bruder, hatte jedoch ebenfalls nur die Mailbox am Apparat. Irritiert starrte sie ihr Handy an. Was um alles in der Welt war nur los? Warum hatten auf einmal alle Leute ihre Handys abgeschaltet? War das jetzt ein neuer Trend? Sie sah auf die Uhr und knirschte grimmig mit den Zähnen. Leider reichte die Zeit nicht, um jetzt noch bei Kirito oder Kohta zu Hause vorbeizuschauen. Also würde sie das auf später verschieben müssen. Fluchend packte sie alles, was sie für notwendig hielt – Schlüssel, Taschentücher, Handy – in ihre Handtasche und verließ eilig ihre Wohnung. Etwa fünfzehn Minuten später stand Kirito vor dem Haus und klingelte vergeblich. Er hatte bereits mehrfach versucht, Naomi anzurufen, doch jedes Mal hatte er nur das Besetztzeichen zu hören bekommen. Und vor ungefähr einer halben Stunde hatte schließlich sein Akku den Geist aufgegeben. Innerlich verfluchte er sich dafür, dass er mal wieder vergessen hatte, dieses dumme Ding aufzuladen. Nun konnte er sie nicht anrufen. Und zu Hause war sie auch nicht. Verärgert wandte er sich um und ging wieder. Allerdings war er nicht auf sie wütend, sondern mehr auf sich selbst. Bei ihrer letzten Unterhaltung vor ein paar Tagen hatte er ihr zwar gesagt, dass es ihm nichts ausmachte, den Urlaub noch zu verschieben – doch nur, weil er nicht hatte zugeben wollen, dass es ihn doch ein wenig verletzt hatte. Natürlich wusste er, dass es nicht ihre Schuld war. Und er glaubte ihr auch, dass es ihr ehrlich Leid tat. Eigentlich hatte er sich bei ihr entschuldigen wollen, dass er ihr die letzten Tage aus dem Weg gegangen war. Und nun war sie nicht zu erreichen. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. Er würde es halt später noch mal versuchen müssen. Vermutlich war sie im Studio und arbeitete. Das war sogar sehr wahrscheinlich. Wenn er nach Hause kam, würde er ihr eine Nachricht zukommen lassen, dass er sie abends abholen wollte, um mit ihr essen zu gehen. Dazu würde sie auf gar keinen Fall nein sagen. Naomi verdrehte genervt die Augen, als die Ampel mal wieder direkt vor ihrer Nase auf Rot umsprang. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wippte ungeduldig mit dem rechten Fuß, während sie darauf wartete, dass sie endlich die Straße überqueren konnte. "Na, Süße… möchtest du dir etwas Taschengeld dazuverdienen?" Die pinkhaarige Studentin zog eine Augenbraue hoch, fühlte sich jedoch nicht angesprochen, daher reagierte sie nicht weiter darauf. Als dann die Ampel grün wurde und sie über die Straße gehen wollte, hielt sie jemand am Arm fest und zog sie zurück. "50.000 Yen dürften wohl genug sein." Die junge Frau blinzelte. Augenscheinlich war doch sie gemeint gewesen. Sie wandte sich so gut es ging um und sah einen verhältnismäßig großen und kräftigen Japaner von mindestens vierzig. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und wirkte recht gepflegt, dennoch war er ihr auf Anhieb unsympathisch. "Was um alles in der Welt wollen Sie von mir?!" Der Kerl sah sie kurz abschätzend an. "Du willst doch bestimmt dein Taschengeld aufbessern." "Was fällt Ihnen eigentlich ein?! Sehe ich etwa so aus, als hätte ich das nötig? Lassen Sie mich gefälligst los!" Sie versuchte, seinen Griff um ihren Arm zu lockern, schaffte es jedoch nicht. Verzweifelt überlegte sie, ob sie um Hilfe rufen sollte, hielt es allerdings für recht unwahrscheinlich, dass sich irgendjemand darum kümmern würde. Schließlich war sie ja nur eine Gaijin. Und selbst wenn das keine Rolle spielte, ging das ja eigentlich niemanden etwas an. "Willst du den Preis etwa noch in die Höhe treiben? 50.000 Yen sind doch wirklich mehr als angemessen", entgegnete der Japaner, als er sie weiter hinter sich her zog. 'Was mach ich jetzt nur?', dachte Naomi panisch. Sie konnte doch nicht einfach mit einem Wildfremden in irgendein Love Hotel oder wo auch immer hingehen! Sie musste doch ins Studio! Außerdem… so etwas würde sie niemals tun! "Ich will nicht!", quietschte sie, als sie ihre Fingernägel tief in seine Hand grub, damit er sie endlich losließ. Allerdings erreichte sie damit nur, dass er seinen Griff um ihren Arm festigte und sie umso energischer mitzog. Naomi stolperte hinter ihm her und bemühte sich, nicht hinzufallen. "Was zum Teufel machst du da?!", erklang nun eine recht tiefe Männerstimme, die ihr irgendwie bekannt vorkam und den Fremden dazu veranlasste, abrupt stehen zu bleiben, wodurch sie beinahe doch noch gestürzt wäre. Die Studentin hob den Kopf und sah einen großen schwarzhaarigen Europäer auf sie zugehen, der eine finstere Miene aufgesetzt hatte. Er trat auf die junge Gitarristin zu und löste die Hand, mit der dieser widerliche Typ sie die ganze Zeit festgehalten hatte, daraufhin packte er den Kerl am Kragen. Verwirrt und auch erleichtert blinzelte sie den Dunkelhaarigen an, der sie dicht zu sich heranzog und schützend einen Arm um sie legte. "Was denkst du dir eigentlich dabei, meine Verlobte zu entführen? Wo wolltest du mit ihr hingehen?" Er machte eine drohende Geste, nachdem er den Kragen des Widerlings losgelassen hatte, woraufhin der Typ stotternd zurückwich. "Diese Frau ist für Geld nicht zu haben! Wenn ich noch einmal sehe, dass du dich in ihre Nähe wagst, wird das ein übles Nachspiel haben!" Das schien dem aufdringlichen Kerl zu viel zu sein, denn plötzlich hatte er es furchtbar eilig, von dort weg zu kommen. Kaum hatte er sich weit genug entfernt, ließ der Schwarzhaarige die Studentin los, die mittlerweile angefangen hatte zu zittern, dann wandte er sich besorgt zu ihr um. "Sind Sie in Ordnung? Hat dieser Mistkerl Ihnen wehgetan?" "Danke, es geht mir gut", erwiderte sie leise, wobei sie ihn nicht einmal ansah. Wie sollte es ihr in einer solchen Situation schon gehen? Wenigstens hatte er sie aufgrund ihrer Haarfarbe nicht wieder erkannt. Und sie hoffte, dass es dabei blieb. Wahrscheinlich wusste er nicht einmal mehr, wer sie überhaupt war. Er blinzelte irritiert und musterte sie dann genauer. "Naomi?", fragte er ungläubig. "Bist du es wirklich?" 'Zu früh gefreut', dachte sie grimmig, als er sie in den Arm nahm und fest an sich drückte. "Dass ich dich noch mal wieder sehen darf!", murmelte er leise. "Ja, ja…", brummte die Pinkhaarige unwillig, dann schob sie ihn von sich weg. "Feier deine Wiedersehens-Party von mir aus allein weiter, ich habe jetzt keine Zeit dafür!" Sie drehte sich auf dem Absatz um und wollte gehen, doch er hielt sie zurück. "Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?", fragte er offensichtlich enttäuscht. "Immerhin ist es jetzt fünf Jahre her." "Sechs", erwiderte sie mürrisch, dann seufzte sie und sah auf die Uhr. "Hör mal, Markus… Ich bin dir ja ehrlich dankbar für deine Hilfe, aber ich habe jetzt wirklich keine Zeit. Ich bin sowieso schon spät dran und du weißt genau, wie sehr ich Unpünktlichkeit hasse!" "Dann werde ich dich begleiten", beschloss er kurzerhand, "bevor noch so ein Typ auf die Idee kommt, dich einfach mitnehmen zu wollen." Er grinste sie frech an und wuschelte durch ihre Haare. "Seit wann sind die eigentlich so bunt?", wollte er wissen. "Im ersten Moment hatte ich dich gar nicht wieder erkannt." "Schon seit einem Monat", antwortete sie, als sie sich auf den Weg in Richtung Studio machten. "Wie kommt es eigentlich, dass du hier in Tokyo bist? Was machst du hier?" "Arbeiten." Er legte lässig einen Arm um ihre Schultern. "Und du?" "Studieren." Sie verstaute ihre Hände in den Hosentaschen, ließ seinen Arm aber wider Erwarten dort, wo er war. "Musik, Kunst oder Philosophie?" Naomi verdrehte seufzend die Augen. "Musik." "Und was machst du sonst? Bist du allein hier?" "Ich wohne hier mit meiner besten Freundin zusammen, die bei mir auf der Uni Design studiert und meine Outfits entwirft. Ihr habe ich es auch zu verdanken, dass ich jetzt Gitarristin in einer Rock-Band bin, weil sie den Manager kennt." Sie war nicht sicher, warum er sich überhaupt dafür interessierte. "Gitarristin, huh…" Markus schien beeindruckt. "Deswegen also das Knallbonbon auf deinem Kopf", grinste er. "Das ist Kôjis Schuld", grummelte sie und verzog das Gesicht. "Er meinte, ich müsste meinen Look dem der Band anpassen." "Aber dafür sind deine Grimassen immer noch so süß wie früher." Er drückte sie kurz an sich und lachte, als sie ihm den Ellbogen in die Seite stieß. "Und ich wusste nicht, dass du so böse gucken kannst", entgegnete die Studentin. "Selbst ich hab fast Angst vor dir bekommen." "Wenn ich vorher gewusst hätte, dass du das bist, dann hätte bloß dieser Spinner richtig Angst vor mir haben müssen", erwiderte Markus grimmig. "Aber ich kann es generell nicht leiden, wenn Frauen zu etwas gezwungen werden. Und es war mehr als offensichtlich, dass du nicht freiwillig mit ihm gegangen bist, so wie du dich gewehrt hast." Endlich hatten sie den Eingang zum Studio erreicht. Naomi blieb stehen und drehte sich zu dem Schwarzhaarigen um. "So… da wären wir. Danke für deine Hilfe. Vielleicht sehen wir uns ja noch mal." Doch statt sich von ihr zu verabschieden und zu gehen, nahm er ihre Hand und zog sie in das Gebäude hinein. "Das werden wir ganz bestimmt, hier muss ich nämlich auch hin." "Was?", fragte sie irritiert. "Was machst du denn hier?" Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. "Arbeiten, das sagte ich doch bereits." Sie gingen bis zum Aufzug und blieben dort stehen. Nachdem er auf den Knopf gedrückt hatte, lehnte er sich mit verschränkten Armen und breit grinsend gegen die Wand. "Wie heißt deine Band eigentlich?" "Warum willst du das wissen?" "Damit ich weiß, wo ich nach dir suchen muss." "Nao!", hörten sie jemanden vom Gang aus rufen. Die Studentin seufzte. "Das ist unser Sänger", erklärte sie. "Also dann… man sieht sich." Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging Yûichi entgegen. "Ich hol dich nachher ab!", rief Markus ihr nach, doch sie reagierte nicht darauf. Er legte die Stirn in Falten und betrat dann den Aufzug, der in diesem Moment ankam. Er fragte sich, warum sie sich ihm gegenüber so abweisend verhielt. War sie vielleicht sauer auf ihn? Naomi lief auf Yûichi zu. "Hi, Yun-chan!", grüßte sie ihn fröhlich. "Tut mir Leid… mir ist auf dem Weg hierher etwas dazwischengekommen, ansonsten wäre ich schon viel früher hier gewesen." "Hab ich gesehen", erwiderte der Sänger schmunzelnd. "Die anderen sind auch noch nicht da. Deswegen musst du dir jetzt keine Sorgen machen." Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "Wer war das?" "Huh?" Sie blinzelte ihn irritiert an, dann sah sie zurück zum Aufzug, wo nun niemand mehr war. "Ach der…", brummte sie genervt. "Nicht so wichtig." "Dein neuer Freund?", wollte er von ihr wissen, als sie gemeinsam in einen freien Raum gingen. Da sie noch auf die anderen warten mussten, wollten sie schon mal allein mit der Arbeit an den Songs für den Soundtrack anfangen. "Nein", entgegnete sie in einem drohenden Tonfall, der nur allzu deutlich machte, dass er nicht mal im Traum daran denken sollte. "Also bist du immer noch mit der Diva zusammen", fuhr er fort. "Nao… er hat sich seit Tagen nicht bei dir gemeldet… das bringt doch nichts… wenn er nicht versteht, dass du zu arbeiten hast und ihr deswegen euren Urlaub verschieben müsst, dann ist er es nicht wert…" "Diese Unterhaltung bringt erst recht nichts", gab sie murrend zurück. "Und du solltest wissen, dass ich mir deswegen nicht gleich einen neuen Freund suche, nur weil wir uns ein paar Tage mal nicht sehen." Sie verzog das Gesicht. "Aber ich würde schon ganz gern noch mal mit ihm drüber reden", seufzte sie. "Was gibt es da noch großartig zu bereden?", fragte der Sänger. "Wenn er sich gleich anstellt, weil du nicht springst, wenn er pfeift, dann solltest du dir wirklich einen anderen suchen." "Er stellt sich nicht an und er erwartet nicht, dass ich springe…" Seufzend fuhr sie sich mit einer Hand durch die Haare. "Und selbst, wenn er sich drüber ärgert, kann ich das schon irgendwie verstehen… schließlich wusste ich schon seit zwei Monaten, dass er mit mir nach Hawaii fliegen will." Yûichi zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts weiter dazu. Es brachte nichts, sie davon überzeugen zu wollen, dass sie wirklich besser dran war, wenn sie Kirito verließ. Sie hatte ohnehin immer nur Ärger mit ihm… auch wenn sie das anders sah. "Wo hast du eigentlich deine Gitarre?", fragte er nun, sorgsam das Thema wechselnd, weil er ehrlich gesagt auch keine Lust hatte, sich mit der Musikstudentin zu streiten, nur weil er ihren Freund nicht mochte. Naomi sah sich um. "Gute Frage… ich glaube, sie ist noch oben." Sie schnitt eine Grimasse und lief aus dem Raum. "Ich hol sie schnell, du kannst ja ruhig schon mal anfangen!" Doch die Suche nach ihrer Gitarre stellte sich als schwieriger heraus als sie zunächst gedacht hatte. In dem Raum, den sie am Vortag genutzt hatten, war sie jedenfalls nicht. Auf dem Gang fragte sie einen der Tontechniker, die ihr entgegen kamen, doch der konnte ihr auch nicht weiterhelfen. Schließlich begab sie sich zu Rikuos Büro, um ihn zu fragen, weil ihr nichts anderes mehr einfiel. Sie klopfte vorsichtig und betrat dann nach einem nicht unhöflichen, aber auch nicht allzu freundlichen 'Herein' den Raum. "Sakurai-san?" Sie stellte fest, dass ihr Manager nicht allein war. Ausgerechnet Markus saß vor seinem Schreibtisch. Die junge Frau schaffte es nur mit Mühe, einen genervten Seufzer zu unterdrücken. "Haben Sie vielleicht meine Gitarre gesehen?" Der dunkelhaarige Japaner nickte. "Sie ist gleich nebenan." Naomi bedankte sich höflich bei ihm und wollte wieder gheen. "Warte noch einen Moment", bat Rikuo und winkte sie zu sich heran. Sie sah ihn fragend an, trat dann jedoch neben seinen Schreibtisch. Markus suchte ihren Blick, was sie allerdings ignorierte. "Das ist Markus Jansen. Er wird mit euch die ersten zwei oder drei Videos drehen, eventuell auch ein paar mehr", erklärte der Manager. "Und das ist die Leadgitarristin unserer Newcomer-Band (R)Evolution, Naomi Crescent." "Aha", erwiderten Markus und Naomi gleichzeitig, woraufhin sie ihm einen kurzen giftigen Blick zuwarf und er sie frech angrinste. "Somit wäre meine Frage von vorhin endlich geklärt", meinte sie mit hochgezogener Augenbraue. "Genau wie meine", gab er schmunzelnd zurück. "Da ihr beiden euch bereits zu kennen scheint, kann ich mir weitere Erklärungen sparen." Rikuo sah Naomi fragend an. "Sind die anderen schon da?" "Bisher nur Yûichi, wir warten noch darauf, dass die anderen hier ankommen." Der Manager nickte. "Also, dann wäre wohl für heute erst mal alles geklärt", wandte er sich an Markus, dann standen beide auf. "Naomi, wärst du bitte so freundlich, Jansen-san nach unten zu begleiten?" 'Muss das sein?', dachte die Pinkhaarige genervt, ließ es sich jedoch nicht anmerken, sondern nickte bloß. Markus und Rikuo verabschiedeten sich voneinander und der Manager entließ sie aus seinem Büro. "Komm, Schatz", meinte Markus grinsend zu der jungen Musikerin, als er die Tür hinter sich schloss. "Lass uns erst deine Gitarre holen und dann würde ich gern deinen Sänger kennen lernen." "Nenn mich nicht so", fuhr sie ihn an, als sie in den Nebenraum ging, um dort ihr Instrument zu holen. "Und er ist nicht mein Sänger!" Er lachte. "Du hast dich in den letzten Jahren kaum verändert", stellte er fest. Er legte Naomi einen Arm um die Schultern, aber sie lief so schnell in Richtung Treppenhaus, dass er sie wieder losließ. "Wirklich… fast genau die gleiche Nao, die ich damals kennen gelernt habe." "Und du bist noch genauso eine Nervensäge wie früher", gab sie zurück. "Geh einfach aussterben!" Markus folgte ihr nach unten und bis in den Raum, wo Yûichi auf sie wartete. "Warum hat das so lange gedauert?", fragte Yû, doch als er sich zu ihr umwandte, fiel sein Blick auf den Schwarzhaarigen, der an der Tür stehen geblieben war. "Ah", grinste er. "Ich verstehe." Schnell ging er in Deckung, bevor sie die Möglichkeit hatte, irgendetwas Hartes nach ihm zu werfen. "Gar nichts verstehst du", brummte sie mürrisch. "Ich habe Nao nicht aufgehalten", entgegnete Markus amüsiert. "Sie musste nur nach ihrer Gitarre suchen, die Sakurai-san vor ihr versteckt hatte." Naomi sah ihn funkelnd an. "Yun-chan, das ist Markus Jansen, der mit uns die ersten paar Promotion Videos drehen wird…", stellte sie dem Sänger ihren nervigen Ex-Freund vor. "Und das ist unser Sänger und Bandleader Shinoda Yûichi. Vorstellung beendet. Markus, du kannst gehen." Markus schüttelte den Kopf. "Freundlich wie immer, meine Süße." "Du sollst mich nicht so nennen!", zischte sie. "Und wenn du so freundlich wärst, jetzt zu gehen – wir müssen arbeiten!" Sie setzte sich auf einen Stuhl und klimperte auf ihrer Gitarre herum, um herauszufinden, ob die eine oder andere Saite neu gestimmt werden musste. Yûichi sah verwirrt von Naomi zu Markus und wieder zurück. Dass sie sich dem Regisseur gegenüber so benahm, hatte bestimmt einen Grund, aber er war nicht sicher, ob er sie danach fragen sollte. Markus hatte den Eindruck, dass es wirklich besser war, wenn er jetzt ging, bevor sich ihre Laune noch weiter verschlechterte. "Ich geh dann mal", meinte er schmunzelnd. "Ich hol dich dann später ab." Er verabschiedete sich von den beiden Musikern und verließ den Raum. Naomi seufzte genervt, als sie ihm nachsah. Er hatte sich absolut nicht verändert, auch wenn er erwachsen geworden war. An sich wollte sie gar nicht so unfreundlich zu ihm sein, aber nachdem er sie damals einfach allein gelassen hatte, ärgerte sie sich maßlos darüber, dass er sich ihr gegenüber so verhielt, als wären die vergangenen sechs Jahre überhaupt nicht vorhanden. Yûichi verzichtete darauf, sie zu fragen, was sie beschäftigte, da er davon ausging, dass sie lieber nicht darüber reden wollte. Zum Glück mussten sie nicht lange darauf warten, bis ihre Kollegen ihnen Gesellschaft leisteten. Kôji wuschelte zur Begrüßung durch Naomis Haare, woraufhin sie lediglich irgendetwas vor sich hin brummte. Der Rothaarige legte die Stirn in Falten. "Ist der Monat mal wieder um?" Die Gitarristin funkelte ihn an. "Noch ein Wort…" "Hey, Leute", mischte sich Yûichi ein. "Jetzt beruhigt euch und lasst uns lieber an die Arbeit gehen. Sonst werden wir nie fertig." Tatsuya nickte zustimmend und auch Hideo war erleichtert, dass es nicht zu einem Streit zwischen den beiden Gitarristen kam. Kapitel 39: "Du bist doof" -------------------------- Für die nächsten Stunden arbeiteten sie mehr oder weniger konzentriert und Naomi schaffte es sogar, zumindest zeitweise ihre Sorgen zu vergessen. Zwischendurch jedoch nahm sie ihr Handy und versuchte, ihre beste Freundin zu erreichen, war aber alles andere als erfolgreich. Irgendwann verabschiedete sich Tatsuya von ihnen, da er sich noch ein wenig um seine Familie kümmern wollte, kurz darauf ging auch Hideo, um nicht zu spät zu seinem Nebenjob zu kommen. "Ach, geh doch einfach aussterben!" Irritiert sahen Yûichi und Kôji auf, als die Studentin lauthals fluchend ihr Handy gegen die Wand neben der Tür schleuderte, das in Einzelteilen auf dem Boden landete. Markus, der eben in genau diesem Moment den Raum betrat, um die Gitarristin wie zuvor angekündigt abzuholen und den das Mobiltelefon nur knapp verfehlt hatte, blieb wie angewurzelt stehen. "Du musst mich ja sehr hassen", stellte er trocken fest. Die junge Musikstudentin sah ihn verwirrt an. "Wie kommst du denn jetzt bitte auf den Blödsinn?" "Und was sollte dann dieser Anschlag?" Naomi verstand im ersten Moment gar nicht, wovon er sprach, bis sie seinem Blick auf den Boden zu den kläglichen Überresten ihres Handys folgte. Vor Verlegenheit wurden ihre Wangen leicht rot. "Ach das…", murmelte sie leise. "Das galt nicht dir." "Heißt das, ich bin außer Lebensgefahr?", fragte er nun leicht amüsiert und kam endgültig herein. Er ging neben Naomi in die Hocke. "Wer hat dich denn geärgert?" Die Pinkhaarige brummte nur missmutig etwas vor sich hin, das er nicht verstand und somit auch nicht als Antwort werten konnte. "Sie hat ihre Tage", entgegnete Kôji grinsend, dann sah er den Schwarzhaarigen fragend an. "Wer bist du überhaupt?", wollte er wissen. "Markus Jansen", stellte sich der Regisseur vor. "Ich werde mit euch ein paar Videos drehen." "Ah…", meinte der Gitarrist. "Kageyama Kôji, Gitarrist von (R)Evolution… zu dumm, dass Hide und Tatsu jetzt schon weg sind…" Er nickte Markus zu. "Hast du Luca immer noch nicht erreichen können?", erkundigte sich Yûichi bei seiner Kollegin. Er wusste, dass die Studentin seit Tagen weder etwas von ihrer besten Freundin gesehen noch gehört hatte. Das war mitunter ein Grund dafür, dass Naomi oft bis spät in die Nacht arbeitete, und Yûichi leistete ihr des öfteren Gesellschaft, manchmal auch Kôji, damit sie nicht so einsam war. Er konnte sich vorstellen, dass es nicht gerade einfach für sie war – erst die ständigen Streitereien mit Kirito… und nun war auch ihre beste Freundin und Mitbewohnerin wie vom Erdboden verschluckt. Genauso wie Kirito und Kohta vor einiger Zeit, als sie auf Tour waren und der Sänger vergessen hatte, sie darüber in Kenntnis zu setzen. "Ah… deswegen hast du so schlechte Laune", murmelte Kôji. "Jetzt verstehe ich." Er verzog das Gesicht. "Natürlich habe ich sie noch nicht erreicht", grollte die Gitarristin, wobei sich ihr Gesichtsausdruck verfinsterte. "Würde ich mich sonst so aufregen? Eher nicht." Dies konnten weder Markus – der keine Ahnung hatte, wer Luca war, und auch nicht so wirklich wusste, worum es gerade genau ging – noch Yûichi oder Kôji abstreiten, daher sagten sie lieber nichts dazu, um zu verhindern, dass sie ihren Ärger womöglich noch an ihnen ausließ. Die Musikerin seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die pink gefärbten Haare mit den schwarzen Strähnchen, dann stand sie auf, um ihr Handy einzusammeln bzw. das, was noch davon übrig war. "Könnte schwierig werden, das reparieren zu lassen", grummelte sie, als sie die zerbrochenen Plastikteile betrachtete. "Und als Garantie-Fall zählt das sicher auch nicht." Da hatte sie mal wieder ganze Arbeit geleistet. Nun hatte sie überhaupt keine Möglichkeit mehr, Luca oder ihren Freund zu erreichen. Und umgekehrt natürlich auch nicht. Markus trat vorsichtig zu ihr heran. "Ich sehe schon, du machst immer noch keine halben Sachen", meinte er stirnrunzelnd. Dann stieß er sie leicht mit dem Ellbogen an und fischte die Sim-Karte aus dem kleinen Trümmerhäufchen in ihren Händen. "Wir können dir morgen ein neues Handy besorgen, vielleicht hat die Karte ja überlebt", versuchte er sie aufzumuntern. "Ich kann das auch allein, danke!", giftete sie ihn an. Yûichi hatte irgendwie das Gefühl, fehl am Platz zu sein, auch wenn er nicht so recht wusste, warum. Er warf Kôji einen bedeutungsvollen Blick zu und die beiden standen auf. "Wir werden euch dann mal nicht weiter stören", wandte er sich an Naomi. "Aber ihr stört doch nicht", entgegnete sie verwundert. Der Gitarrist lachte. "Wenn du schlechte Laune hast, geht man dir besser aus dem Weg", meinte er grinsend und zupfte an einer ihrer Haarsträhnen. Der Sänger umarmte die Studentin. "Deswegen sollten wir jetzt lieber gehen", sagte er. "Wenn du hier explodierst, ist es besser, wenn wir das nicht miterleben. Und wir wollten uns auch nicht unbedingt als potentielle Opfer zur Verfügung stellen." Kôji nickte zustimmend. "Wir sehen uns morgen, Schwester." Damit verabschiedeten sie sich von den beiden und gingen. "Nette Jungs", murmelte Markus, als sie allein waren. "Ist der Sänger dein neuer Freund?" Sie knuffte ihn in die Seite. "Ist er nicht… jedenfalls nicht so. Und bevor du fragst: Kôji auch nicht." "Aber jemand anderes?" "Was interessiert dich das überhaupt?" Naomi funkelte ihn böse an, dann verstaute sie die Überreste ihres Handys in ihrer Tasche, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. "Ihr Männer seid doch eh alle gleich!" Nachdem er ein paar Sekunden lang irritiert auf den leeren Türrahmen gestarrt hatte, lief er ihr schnell nach. "Das ist doch überhaupt nicht wahr!", protestierte er. "Ach nein?" Sie sah ihn auffordernd an, als er sie eingeholt hatte. "Und warum habt ihr dann alle die Angewohnheit, auf die eine oder andere Art einfach zu verschwinden?" Sie beschleunigte ihre Schritte und rannte nun fast aus dem Gebäude heraus. Als sie schon beinahe die Straße erreicht hatte, hielt Markus sie am Arm fest und zwang sie so, endlich stehen zu bleiben. Sie wollte sich von ihm losreißen, aber er blieb hartnäckig und umarmte sie einfach. "Was ist überhaupt passiert?", wollte er von ihr wissen. Naomi antwortete nicht, sondern lehnte sich an ihn und fing an zu schniefen. Bestürzt drückte er sie an sich. "Hey… nicht weinen, Süße…", murmelte er leise. Dann legte er ihr beide Hände auf die Schultern und schob sie ein Stück von sich weg, damit er sie ansehen konnte. "Soll ich dich nach Hause fahren?" Die Studentin hob nur lustlos die Schultern und wich seinem Blick aus. Es war ihr unangenehm, dass er sie weinen sah. Markus war ratlos. So kannte er die junge Frau überhaupt nicht. Anscheinend hatte ihr jemand sehr wehgetan… er vermutlich auch, aber mit Sicherheit nicht er alleine. Vor sechs Jahren hätte er noch gewusst, wen er um Rat fragen sollte, aber hier waren keine Sina, keine Rebecca und auch kein Christian oder Michael, die ihm nun hätten helfen können. Er kramte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, das er ihr reichte. Dankbar nahm sie es an und wischte sich damit die Tränen von den Wangen. Da Naomi keinerlei Anstalten machte, irgendwohin zu gehen oder überhaupt irgendetwas zu tun, nahm er kurzentschlossen ihre Hand und zog sie zu seinem Auto, wo er sie auf den Beifahrersitz verfrachtete und schließlich selbst einstieg. Die Pinkhaarige sah ihn verwirrt an, als er losfuhr. "Wo willst du mit mir hin?", fragte sie leicht verschnupft. "Zu mir." "Warum?" Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. "Du hast dich nicht geäußert, wo du hin willst, also habe ich das einfach entschieden. Wenn du lieber nach Hause möchtest, dann sag mir das. Aber ich konnte dich ja nicht einfach da draußen stehen lassen, Dummerchen." "Nenn mich nicht so", protestierte sie leise, sagte aber sonst nichts. Sie fand es zwar etwas merkwürdig, mit zu ihm zu fahren, aber sie kannten sich schließlich schon sehr lange, außerdem war ihr im Moment so ziemlich alles lieber als allein zu sein. Da Luca ja ohnehin verschollen war und auch Kirito sich nicht meldete… Irgendwie war sie sogar froh, dass Markus sich um sie kümmerte, obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten. Der Schwarzhaarige schürzte die Lippen, verzichtete jedoch lieber darauf, sie nun auszufragen. Er glaubte ohnehin nicht daran, dass sie ihm jetzt etwas erzählen würde. Es war besser, wenn er wartete, bis sie sich zumindest ein wenig beruhigt hatte. Als er schließlich anhielt, schien es ihr allerdings immer noch nicht wirklich besser zu gehen. Zwar hatte sie längst aufgehört zu schniefen, doch dafür starrte sie jetzt teilnahmslos aus dem Fenster. Auch als er ausstieg, um den Wagen herum ging und die Beifahrertür öffnete, reagierte sie nicht. Markus fuhr sich seufzend mit beiden Händen durch die kurzen schwarzen Haare, dann ging er in die Hocke und berührte leicht ihren Arm. Diese Geste riss sie endlich aus ihren düsteren Gedanken. Sie zuckte erschrocken zusammen und holte reflexartig aus, doch bevor ihre Hand seine Wange erreichte, packte er ihr Handgelenk. Naomi blinzelte verwirrt. "Was… wer…", stammelte sie, dann fiel ihr Blick auf seine Hand. Entsetzt sah sie ihn an. "Tut mir Leid…" "Schon in Ordnung", erwiderte er. Bevor sie noch etwas sagen oder tun konnte, ließ er sie los und hob sie dann einfach aus dem Wagen. Mit dem Fuß trat er die Beifahrertür zu und schloss das Auto per Fernbedienung ab. "Ich kann auch alleine laufen", fiepte die Studentin. Doch Markus dachte gar nicht daran, sie herunter zu lassen, sondern trug sie bis zu seinem Appartement. Erst vor der Tür setzte er sie ab, damit er aufschließen konnte. Er legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie in sein Wohnzimmer. "Willst du was trinken?", fragte er, nachdem sie es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte. Sie sah ihn ausdruckslos an. "Ich muss morgen zur Uni…" Der Schwarzhaarige schmunzelte und sah auf die Uhr. Es war noch relativ früh am Abend und er hatte auch nicht vorgehabt, sie abzufüllen. Wortlos verschwand er in der Küche und kam nach einer Weile mit zwei Gläsern, einer großen Flasche Cola und einer Flasche Jack Daniel's zurück, die er vor ihr auf den Tisch stellte. Naomi zog eine Augenbraue hoch, nahm jedoch widerspruchslos das Glas entgegen, nachdem er ihr eingeschenkt hatte. Markus setzte sich neben sie, schenkte sich selbst etwas ein, dann stieß er mit ihr an. "Sag mal…", begann er vorsichtig, nachdem beide einen recht kräftigen Schluck getrunken hatten. "Was ist eigentlich mit dir los? So deprimiert kenne ich dich überhaupt nicht." Die Musikstudentin nippte nachdenklich an ihrem Glas. Lange Zeit schien es, als würde sie nicht antworten. Nach einer Weile jedoch setzte sie ihr Glas auf dem Wohnzimmertisch ab und verbarg ihr Gesicht in den Händen, wobei sie die Ellbogen auf ihren Knien abstützte. "Alles doof…", murmelte sie düster. Er verzog das Gesicht und nahm sie in den Arm. Er war überrascht, als sie sich bei ihm anlehnte – er hatte eher damit gerechnet, dass sie ihn von sich stoßen würde. "Was ist doof?", fragte er leise. "Alles…", grummelte sie. "Du bist doof… Luca ist doof… und überhaupt alles…" Er setzte sich ein wenig anders hin und lehnte sich zurück, so dass Naomi mehr oder weniger auf seinem Oberkörper lag. Sacht strich er mit seinen Fingern durch ihre Haare. "Willst du nicht mit mir darüber reden?" Die Gitarristin zuckte nur leicht mit den Schultern. "Weißt du… es ist schon ein bisschen komisch, nachdem wir uns so lange nicht gesehen haben…", brummte sie. "Ich weiß…", entgegnete er seufzend, "fünf Jahre sind eine lange Zeit." "Sechs…" Sie rutschte ein wenig tiefer, um bequemer zu liegen. Markus lachte leise. "Somit wäre geklärt, warum du mich doof findest. Und was ist mit Luca? Wer ist das überhaupt?" Naomi grummelte ein wenig vor sich hin. "Luca ist seit ungefähr zwei Jahren meine beste Freundin… und praktisch meine Ersatzfamilie… seit… seit…" In diesem Moment begann sie wieder zu schniefen. Stockend erzählte sie ihm von Luca, die als einzige nach dem tödlichen Unfall ihrer Eltern und ihres Bruders für sie da gewesen war, da ihr damaliger Freund Ken keinerlei Verständnis für ihre Situation gezeigt und sie schließlich im Stich gelassen hatte. Außerdem von Darren und zu guter Letzt von Kirito. Der Schwarzhaarige hörte ihr die ganze Zeit über schweigend zu, während er Naomi im Arm hielt und ihr beruhigend über den Rücken strich. Nun konnte er auch verstehen, warum sie sich heute so merkwürdig verhalten hatte. "Und Luca ist seit ein paar Tagen wie vom Erdboden verschluckt", schloss die junge Gitarristin. "Du bist damals einfach gegangen, Hiroshi war dumm, Darren hat mich betrogen, Kenn hatte keinerlei Verständnis, Kirito war zwischenzeitlich auch verschollen und jetzt meldet er sich auch nicht… wahrscheinlich ist er sauer, weil ich wegen meiner Arbeit grad nicht mit ihm Urlaub machen kann und wir das erst mal verschieben mussten. Warum lassen mich immer alle alleine?" Sie wischte sich mit dem Ärmel die Tränen von den Wangen. Ihr Anblick schnürte ihm die Kehle zu. Er wollte sie trösten, irgendwie dafür sorgen, dass es ihr besser ging, aber ihm fiel im Moment nichts ein, was er tun könnte. Er streckte eine Hand aus und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. In diesem Augenblick klingelte es an der Tür. Naomi stand auf und verschwand im Bad, nachdem er ihr gesagt hatte, wo es war. Markus fluchte leise und ging zur Tür um zu öffnen. Als sie wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, packte er gerade diverse kleine Kartons und Schachteln aus einer Tüte auf den Tisch. "Was ist das?", fragte sie leise und ließ sich neben ihm auf das Sofa fallen. Er sah sie leicht schmunzelnd an. "Ich habe mir vorhin einfach die Freiheit genommen, uns etwas zu essen zu bestellen", antwortete er. "Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nichts mehr gegessen." Er zupfte an ihrem Shirt. "Wenn du so weitermachst, fällst du mir noch vom Fleisch." Unwillig schob sie seine Hand weg, brachte aber immerhin ein halbherziges schiefes Lächeln zustande. "Danke", murmelte sie, als er ihr ein Päckchen mit Nudeln und Stäbchen reichte. "Ach, ist schon okay", grinste er. "Ich kann dich ja nicht verhungern lassen… und so teuer ist der Lieferservice auch nicht." Sie stieß ihm den Ellbogen in die Seite. "Das meinte ich ja auch gar nicht", brummte sie. "Eher… dass du mir zugehört hast…" Sie schluckte und holte tief Luft, um nicht schon wieder in Tränen auszubrechen. "Ich weiß", erwiderte der Schwarzhaarige leise, zog sie zu sich heran und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Das ist doch selbstverständlich." Dann deutete er auf die Nudeln. "Und jetzt solltest du erst mal etwas essen, du bestehst ja wirklich fast nur noch aus Haut und Knochen." Naomi schnaubte entrüstet, ließ sich aber nicht erneut auffordern, sondern machte sich mit für ihre derzeitige Verfassung erstaunlich großem Appetit über das Essen her. Als sie fertig waren, tranken sie noch etwas und unterhielten sich über alles Mögliche. Nachdem sie sich sechs Jahre nicht gesehen hatten, gab es natürlich so einiges, was sie sich zu erzählen hatten. Schließlich sah Markus auf die Uhr. Sie hatten gar nicht mitbekommen, wie spät es mittlerweile geworden war. "Du musst langsam ins Bett", meinte er mit einem breiten Grinsen. "Schließlich hast du nachher Vorlesungen." Die Studentin rümpfte die Nase. Irgendwie war ihr nicht wohl bei dem Gedanken daran, allein nach Hause zu gehen und in eine leere Wohnung zu kommen. Vor allem nach dem, was mittags vorgefallen war… "Ich würde dich ja nach Hause fahren…" "Kommt überhaupt nicht in Frage", fiel sie ihm ins Wort. "Du fährst gar nirgendwo hin, du hast Alkohol getrunken!" Markus verzog amüsiert das Gesicht. "Dann wirst du wohl hier schlafen müssen." Als sie ihn lediglich missbilligend ansah, konnte er sich ein Lachen kaum verkneifen. "Keine Sorge, ich werde dir schon nichts tun. Aber ich lasse dich auch nicht nachts allein nach Hause gehen." "Ich kann auch Taxi fahren", brummte sie mürrisch. "Oder Kirito anrufen und ihn fragen, ob er mich fährt." Markus zog eine Augenbraue hoch. "Das mit dem Anruf kannst du vergessen, solange dein Handy kaputt ist. Du könntest theoretisch meins benutzen, aber das bringt dir ohne Nummer auch nicht viel." Sie seufzte. "Dann halt Taxi." Doch der Schwarzhaarige schüttelte bestimmt den Kopf. "Mir ist es lieber, wenn du hier bleibst", meinte er mit Nachdruck. "Dann kann ich wenigstens ruhig schlafen und muss mir keine Sorgen machen, dass dir etwas passiert sein könnte." Er stand auf und hielt ihr eine Hand hin. Als sie nicht reagierte seufzte er, dann hob er sie vom Sofa hoch und trug sie bis zum Schlafzimmer. "Lass mich runter!", fiepte sie und versuchte, sich aus seinen Armen zu winden, hatte allerdings keinen Erfolg, da er logischerweise kräftiger war als sie. "Wenn du nicht brav bist", grummelte er, "wirst du heute Nacht in der Dusche schlafen." Naomi schob schmollend die Unterlippe vor, gab ihren Widerstand aber auf. Sie wusste genau, dass er seine Drohung wahr machen würde. Und wie sie ihn kannte, würde er zu allem Überfluss auch noch das Wasser anstellen. "So ist es schon besser", grinste Markus und ließ sie auf das Bett fallen. Dann schaltete er das Licht an, ging zum Kleiderschrank und holte ein Shirt heraus, das er zu ihr herüber warf. Sie sah ihn ungläubig an, als er begann sich auszuziehen. Sie wandte ihm den Rücken zu, dann schlüpfte sie schnell aus ihren Sachen und in sein Shirt, bevor sie unter die Bettdecke kroch. Diese Situation war so ungewohnt und gleichzeitig doch so vertraut, dass es ihr fast Angst machte. Die Studentin drehte sich auf die Seite und schob ihren Arm unter den Kopf, als Markus sich in Boxershorts zu ihr legte. "Wann musst du aufstehen?", fragte er leise. "Um neun fängt die Vorlesung an… also spätestens um sieben, würde ich sagen." Der Regisseur stellte den Wecker, dann rutschte er dicht zu ihr heran und legte einen Arm um sie. "Schlaf gut, Liebes", murmelte er. "Ich pass auf dich auf." "Nenn mich nicht so", erwiderte sie schläfrig. Markus grinste nur. Als er dachte, dass sie längst eingeschlafen war, drückte er sie an sich und strich ihr mit der freien Hand ein paar Strähnen aus dem Gesicht. "Ich hab dich echt vermisst", flüsterte er so leise, dass es fast nicht zu hören war. "Ich habe dich in den letzten sechs Jahren nicht eine Sekunde vergessen." Dann schloss er die Augen, nicht ahnend, dass Naomi ihn sehr wohl gehört hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)