東京幻想 von abgemeldet (Tokyo Illusions (Kapitel 1 - 8 korrigiert)) ================================================================================ Kapitel 37: Die "Rettung" etc. ------------------------------ Als Luca die Augen wieder öffnete, stand der Wagen vor einem großen und hübschen Haus. Sie wandte sich von der Fensterscheibe ab und sah den Fahrer des Wagens an, der sich in seinem Ledersitz zurückgelehnt hatte, ruhig eine Zigarette rauchte und nachdenklich aus dem Fenster schaute. "Wie lange stehen wir schon hier?", fragte sie gähnend und rieb sich die Augen. Gackt zuckte leicht zusammen und wandte sich zu ihr um. "Bitte?" "Ich wollte nur wissen, wie lange wir hier schon stehen", wiederholte die Blonde leise. Der Sänger warf einen Blick auf die Uhr und rieb sich die Stirn. "Fast eine Stunde." Die Studentin sah ihn neugierig an und schnallte sich ab. "Sollen wir dann langsam rein?", fragte sie schmunzelnd. "Es ist nicht wirklich warm um diese Uhrzeit." Der Dunkelhaarige nickte zustimmend und fuhr den Wagen in die Garage. Nachdem er geparkt hatte, nahm er den Zündschlüssel heraus, stieg aus, öffnete Luca die Tür und schloss den Wagen per Knopfdruck ab. Er führte die junge Frau zur Tür und legte ihr, wie so oft, leicht die Hand auf den Rücken. "Bist du müde?", fragte er als er aufschloss. "Oder sollen wir noch etwas essen? Ich kenne einen guten Lieferservice, der um diese Zeit noch liefert." Luca schüttelte energisch den Kopf. "Hast du einen Kühlschrank? Essen? Töpfe?" Der Sänger nickte verwirrt. "Dann werden wir etwas kochen. Du kannst doch kochen, oder Satoru?" Gackt nickte. "Sag mal, wieso sprichst du mich eigentlich nur dann mit meinem Vornamen an, wenn wir alleine sind?", fragte er interessiert. "Sonst sagst du immer Gackt oder Ga-kun…" Die Studentin grinste keck und lehnte sich gegen die Tür, die sie leise hinter sich geschlossen hatte. Sie schnappte sich eine ihrer blonden Haarsträhnen und verdrehte diese spielerisch zwischen den Fingern. "Na ja… es liegt daran, dass…" Sie schaute ihn leicht verlegen an. "Ich möchte doch dein Geheimnis wahren." Der Musiker zog amüsiert eine Augenbraue nach oben. "So ist das also… braves Mädchen." Er fuhr sich durch die Haare. "Ich hätte dich sonst leider eliminieren müssen." Sie grinste herausfordernd und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ah… hättest du…" Der Sänger ging langsam und ernst auf sie zu, stützte sich gegen die Eingangstür und kam mit seinem Gesicht so nah wie möglich an das der jungen Frau heran. Er sah ihr tief in die Augen – Luca hielt seinem Blick stand – dann strich er ihr sanft mit der Hand über die Wange und gleichzeitig mit dem Daumen über die vollen Lippen. "Ja… hätte ich…" "Und was nun?", fragte Luca neugierig und schaute mit leicht geöffneten Lippen zu dem Dunkelhaarigen hoch. "Willst du mich etwa hier und jetzt…?" Sie beendete den Satz nicht. Seine Hand zuckte leicht und fuhr weiter zu ihrem Nacken. Es wäre so einfach gewesen, sie jetzt an sich zu drücken und zu küssen. Diese Frau machte ihn wirklich wahnsinnig… mit dieser Zweideutigkeit… und vor allem, da sie ihn gerade so selbstsicher und herausfordernd anschaute, als ob sie genau wüsste, worüber er nachdachte. Worüber er schon die ganze Fahrt hierher nachgedacht hatte. Als ob sie genau wüsste, dass er es im Endeffekt nicht einmal wagen würde, sie auch nur leicht auf die Wange zu küssen. Gackt ließ seine Hand langsam wieder zu ihrer Wange gleiten und stupste ihre Nase. Dann grinste er sie an, nahm sie bei der Hand und führte die Studentin in sein Haus. Er ging mit ihr in sein Wohnzimmer, schubste sie auf sein helles Sofa, ging in die Küche und kam mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern zurück. Luca schaute ihn interessiert an. "Wollten wir nicht etwas kochen?" Der Sänger setzte sich neben sie und schenkte ihnen beiden ein, dann reichte er der Studentin eines der Weingläser und die beiden stießen miteinander an. "Ich dachte, wir trinken erst etwas", erklärte er und schaute in Richtung Küche. "Oder fühlst du dich unwohl, wenn du nicht kochen kannst?" Er grinste sie frech an, nahm sie jedoch ohne eine Antwort abzuwarten bei der Hand und führte sie in die modern und perfekt eingerichtete Küche. "Ich weiß nur nicht, was du kochen willst, es ist nämlich nichts da", erläuterte er amüsiert und öffnete den Kühlschrank, so dass sie sich davon überzeugen konnte. Solch eine gähnende Leere hatte sie noch nie in einem Kühlschrank gesehen. Außer einigen Flaschen Wasser und einem Salat – bei dem sie nicht sicher war, ob er gerade 'Töte mich' gerufen hatte – war nichts darin. Die Blonde schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf. "Na los, ruf schon deinen Dealer an…" Gackt grinste, ging zurück ins Wohnzimmer und rief seinen altbewährten Lieferservice an. "Das Essen ist in circa einer halben Stunde hier", informierte er die Studentin und gesellte sich zu ihr. "Willst du jetzt die ganze Zeit vor dem Kühlschrank stehen?" Die junge Frau verdrehte die Augen und ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer. "Wir werden später einkaufen gehen müssen", erklärte sie ihm. "Dann können wir etwas Anständiges kochen." Sie setzte sich auf das Sofa, zog die Beine an und machte es sich bequem. "Wieso?" Er setzte sich zu ihr und füllte beide Gläser nach. "Wir können doch auch auswärts essen, oder willst du nicht mit mir gesehen werden?" Er zog sich das Jackett aus und warf es auf einen der Sessel. "Das wäre doch nur reine Geldverschwendung. Wir können genauso gut selbst kochen und außerdem schmeckt es besser." Der Dunkelhaarige schaute sie amüsiert an. "Und Kleidung müssen wir dir auch noch besorgen. Oder möchtest du die ganze Woche in denselben Sachen herumlaufen?" Luca seufzte. "Natürlich nicht. Apropos Kleidung. Hast du irgendein Hemd für mich?" Der Sänger zog eine Augenbraue hoch und schaute sie fragend an. "Ich möchte gerne etwas tragen, wenn ich schlafen gehe", erklärte sie zerknirscht. "Wie? Du trägst nicht nur einige Tropfen Chanel?" Er schmollte gespielt. Die Blonde schüttelte den Kopf. "Könntest du mir bitte eines geben? Ich möchte kurz duschen gehen, ja?" Sie stand auf und sah ihn erwartungsvoll an. Nachdem der Sänger aufgestanden war, wieder aus seinem begehbaren Kleiderschrank zurückkam und ihr ein weißes Hemd reichte, ging die Studentin duschen und kam genau pünktlich zum Essen wieder heraus. "Perfektes Timing", beglückwünschte sie Gackt, hielt plötzlich inne und sah sie verwundert an. Verlegen strich er sich mit der Hand durch die Haare und rückte der jungen Frau einen Stuhl am Tisch zurecht. Sie setzte sich und er rückte den Stuhl näher, bevor er zwei schwarze Teller auf den elegant gedeckten Tisch stellte und sich ebenfalls setzte. "Du siehst wirklich gut aus", schmeichelte er ihr und füllte die Weingläser auf. Lächelnd nahm Luca ihr Glas und nippte leicht daran. Sie merkte, wie er ihr langsam zu Kopf stieg. Sie konnte eigentlich viel trinken, auch durcheinander, aber Wein blieb immer ihre Schwäche. Sie legte den Kopf etwas schief, biss sich lächelnd auf die Lippe und stellte das Glas auf den Tisch. "Du bist ein Charmeur, Satoru…" Er nippte ebenfalls an seinem Glas und sah sie erstaunt an. "Wieso? Ich meinte es ernst." "Wie kannst du bloß einer Frau sagen, dass sie gut aussieht, obwohl sie mit feuchten Haaren, ungeschminkt und mit einem zu großen Männerhemd vor dir sitzt?" "Weil es so ist. Ich glaube, du würdest sogar in einem Sack gut aussehen", grinste er sie an, nahm die Essstäbchen und begann zu essen. Verwirrt blinzelte ihm die blonde Studentin zu und machte sich anschließend selbst über das Essen her. Es war wirklich lecker. Das hätte sie einem Lieferservice nie zugetraut. Nachdem sie beide gegessen hatten – und das in absoluter Stille – stand Luca auf und wollte das Geschirr in die Küche bringen, doch der Musiker hielt sie am Handgelenk fest und schüttelte milde lächelnd den Kopf. "Ich mache das schon, bleib ruhig sitzen." Die Studentin sah ihn verdutzt an, setzte sich jedoch wieder und nippte an ihrem Wein. Sie hätte schwören können, dass es schon die zweite oder dritte Flasche war. Als Gackt das Geschirr in die Spülmaschine eingeräumt hatte, setzte er sich wieder zu ihr. "So viel Mühe für ein Essen vom Lieferservice?", amüsierte sich Luca und sah sich in dem Wohnzimmer um, in dem keine einzige Lampe, sondern Dutzende von Kerzen brannten. "Was machst du erst für einen Aufwand, wenn du ein Date hast?" "Das willst du nicht wissen", erklärte er in ernstem Tonfall und nippte an seinem Wein, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. "Nun ja, solange du nicht nackt durch die Wohnung hüpfst…", sagte sie keck und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Der Wein tat, wo wie es Aussah, seine Wirkung. "Das mache ich für gewöhnlich immer", entgegnete er gelassen, schlug ein Bein über das andere und spielte mit den Fingern am Weinglas entlang. "Du nimmst mich auf den Arm", kicherte Luca. Die Vorstellung, dass dieser Mann nackt durch seine Wohnung sprang, war einfach nur idiotisch. "Und du kochst und putzt bestimmt auch nackt, hm? Ich bitte dich, Satoru." Sie musste sich eine Hand vor den Mund halten, um nicht loszulachen. Der Dunkelhaarige stützte seinen Kopf mit seiner rechten Hand ab und schaute sie gelassen an. "Was das Putzen angeht, dafür habe ich eine Angestellte", erklärte er ihr in geschäftsmäßigem Tonfall. "Aber ja… ich koche nackt. Ich habe sogar letztens ein Buch gelesen, während ich gekocht habe." Er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck seines Weines. "Und das natürlich auch nackt…" Luca prustete vor Lachen. Er – Gackt – las beim Kochen ein Buch… und das auch noch nackt. Das war definitiv zu viel für sie. Mit einer Hand hielt sie sich am Tisch fest, um nicht hinzufallen, die andere hielt sie sich vor den Mund. Der Sänger lehnte sich langsam zu ihr und drückte sanft ihre Hand nach unten. "Lass das", erklärte er ihr ruhig und in seiner eigenen typischen Art. Sie blinzelte und wischte die Tränen aus den Augenwinkeln. "Womit denn bitte?", fragte sie nach Luft ringend. "Mit dem Lachen? Aber du musst zugeben, dass diese Vorstellung einfach nur komisch ist…" Er hielt ihre Hand fest und sah ihr tief in die Augen. "Nicht mit dem Lachen", sagte er langsam. "Du sollst bitte aufhören, dein Lächeln hinter deiner Hand zu verstecken." Die junge Frau hörte abrupt auf zu lachen und sah ihn ernst an. "Wenn ich es nicht besser wüsste, Satoru", begann sie, "müsste ich annehmen, dass du mit mir flirtest." Gackt stand auf und schmunzelte. "Man kann nie wissen", antwortete er und nahm die junge Frau bei der Hand. "Es ist schon spät. Wir sollten beide schlafen gehen." Er führe sie in ein Gästezimmer im Obergeschoss, ließ sie alleine und ging wieder. "Gute Nacht", verabschiedete er sich von ihr und schloss leise die Tür. Luca blinzelte verwirrt die Tür an. Sie hatte nicht wirklich verstanden, was das jetzt sollte, aber das Bett war ihr gerade wichtiger. Sie konnte es förmlich rufen hören: "Leg dich hin… schlafe… ich bin so weich und bequem..." Sie pustete die Kerzen aus, die hier ebenfalls brannten und einen angenehmen und zarten Geruch verbreiteten, legte sich ins Bett und schlief sofort wie ein Baby ein. Durch nerviges Vogelgezwitscher wurde sie irgendwann geweckt. Verschlafen streckte sie sich und zog die Bettdecke über den Kopf. Sie hatte nicht wirklich einen Kater, jedoch merkte sie, dass es gestern – beziehungsweise irgendwann heute morgen – eindeutig zu viel Wein gewesen war. Als sie feststellte, dass diese quicklebendigen und fröhlichen Vögel gar nicht daran dachten, mit ihrem Wettsingen aufzuhören, schleuderte sie die Decke wieder von ihrem Kopf und tastete automatisch nach dem Nachttischchen, wo normalerweise ihr Handy lag. Eigenartigerweise musste sie jedoch feststellen, dass sich an jenem Platz, zu dem sie ihre Hand ausstreckte, weder ihr Mobiltelefon noch ein Nachttisch befand. Verwirrt setzte sie sich auf, rieb sich die immer noch verschlafenen Augen und sah sich in dem Zimmer um. Es war eindeutig nicht ihres. Der Raum war hell und freundlich eingerichtet, in weiß und vielen verschiedenen Beigetönen. Es hatte etwas einfaches, entspannendes und meditatives an sich und erinnerte Luca stark an einige der Bilder, die sie in den Büchern 'Leben mit Zen' gesehen hatte. Sie stand schweren Herzens auf, ging zu dem großen Fenster, welches vom Boden zur Decke reichte, und zog die hellen Stoffrollos hoch, um den Ausblick auf einen hübschen Garten zu erhaschen. Sie musste gestehen, dass dieser Mann Geschmack hatte und nicht nur sein Auftreten perfekt inszenieren konnte, sondern auch seine Wohnung. Sie öffnete das Fenster und ließ die frische, nach Blumen duftende Luft herein. Sie fühlte sich sofort frischer und lebendiger. Nachdem sie sich einmal herzhaft gestreckt, sich die Haare geglättet und das Hemd zurechtgezupft hatte, öffnete sie die Tür und ging ins Wohnzimmer. Verwundert stellte sie fest, dass der Sänger anscheinend nicht da war. Er hatte ihr ein mit einer Schleife verziertes Paket und einen kleinen Briefumschlag auf dem Tisch hinterlassen. Luca nahm den Briefumschlag, öffnete ihn und begann zu lesen. "Wunderschönen guten Morgen", stand als erstes. "Ich hoffe, du hast die Nacht gut überstanden und konntest auch etwas ausschlafen. Ich bin zu meiner Schwester gefahren und werde wahrscheinlich bald wieder zurück sein. In dem Päckchen findest du Kleidung, falls du hinausgehen und dabei nicht nur mein Hemd tragen möchtest. Einen Hausschlüssel findest du dort auch. Satoru." Sie drehte den Brief lächelnd in den Händen hin und her, steckte ihn zurück in den Umschlag, legte ihn auf den Tisch und nahm sich das Päckchen. Vorsichtig machte sie die Schleife los und war gespannt, was er sich diesmal hatte einfallen lassen. Sie nahm den Deckel ab und streifte das Seidenpapier zur Seite. Mit einem amüsierten Lächeln ließ sie sich auf einen der Stühle fallen und entnahm die Kleidungsstücke. Er überraschte sie doch immer wieder. Schmunzelnd hielt sie dunkelblaue Jeans hoch und war umso fröhlicher, als sie feststellte, dass es eindeutig ihre Größe war und die Hose dazu auch noch glitzerte. Das Päckchen enthielt außerdem einen hübschen cremefarbenen und ärmellosen Rollkragenpullover, sowie Schuhe mit einem kleinen Absatz. Nachdem sie das Päckchen entleert hatte, musste sie mit leicht geröteten Wangen feststellen, dass dieser Mann anscheinend wirklich an alles dachte. Verlegen nahm sie die Unterwäsche in die Hand und tapste ins Badezimmer, um zu duschen. Als sie fertig war und sich angezogen hatte, steckte sie den Schlüssel in die Hosentasche, riss einen Zettel aus ihrem Timer, auf den sie 'Bin kurz einkaufen' schrieb, nahm ihre Handtasche und verließ das Haus. Als Naomi das Universitätsgelände verließ, hatte sie denkbar schlechte Laune. Sie hatte während ihrer Mittagspause mit Rikuo telefoniert, der ihr die Termine für die nächsten drei Wochen durchgegeben hatte. Somit war an so was wie Urlaub zunächst nicht einmal ansatzweise zu denken. Dabei hatte sie sich wirklich darauf gefreut, mit Kirito zu verreisen. Sie wollte sich seine enttäuschte Reaktion gar nicht erst vorstellen… Hinzu kam noch, dass Luca weder zu Hause noch in der Uni gewesen war. Auch telefonisch war die Blonde nicht zu erreichen, was ihr ehrlich gesagt Sorgen bereitete. Seufzend blieb sie an einer roten Ampel stehen. Wahrscheinlich hatte Luca einfach nur viel zu tun. Wundern würde es sie nicht, schließlich war ihr eigener Terminkalender ebenfalls randvoll. Als sie zu Hause ankam, warf sie genervt ihre Tasche in die nächste Ecke, schloss die Tür hinter sich und schlüpfte aus ihren Schuhen. "Tadaima!", rief sie laut, erhielt jedoch keine Antwort. "Wieso überrascht mich das jetzt nicht?", murmelte sie. Naomi hängte ihren Schlüssel an einen Haken neben der Tür, wobei sie irritiert feststellte, dass nicht nur Lucas, sondern auch der Ersatzschlüssel fehlte. Sie legte die Stirn in Falten und ging ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch lag ein Zettel von Kirito, dass er sich den Schlüssel nur kurz ausgeborgt hatte und einkaufen war. Die Gitarristin ließ sich auf das Sofa fallen und biss sich auf die Unterlippe. Der Anflug eines schlechten Gewissens nagte an ihr, auch wenn es eigentlich nicht ihre Schuld war, dass der geplante Urlaub ins Wasser fiel. Sie fuhr sich mit einer Hand durch die pink gefärbten Haare. "Du kannst nichts für dieses miese Timing", meinte sie zu sich selbst, doch dadurch fühlte sie sich auch nicht unbedingt besser. Schließlich hatte sie sich diesen Beruf ausgesucht. Und auch wenn es manchmal hart war, so machte es ihr dennoch Spaß. Kirito würde es verstehen, versuchte sie sich einzureden. Er war selbst Musiker und hatte daher ebenfalls wenig Zeit. Er würde es ihr nicht übel nehmen… zumindest hoffte sie es. Betrübt stand sie wieder auf und ging in ihr Schlafzimmer. Sie holte frische Kleidung aus ihrem Schrank und auf dem Weg zur Tür fiel ihr Blick auf die Tickets, die auf ihrem Nachtschränkchen lagen. Sie nahm sie an sich und legte sie im Wohnzimmer auf den Tisch, bevor sie ins Bad ging um zu duschen. Als sie fertig angezogen wieder herauskam hörte sie, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Schnell wickelte sie sich das Handtuch um den Kopf und lief zur Tür, in der Annahme, dass es Luca war. Kirito sah sie überrascht an, als sie auf ihn zustürmte, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Du scheinst mich ja sehr vermisst zu haben." Er umarmte seine Freundin zur Begrüßung und gab ihr einen Kuss. "Hast du Hunger?" Sie stand bloß sprachlos vor ihm und er begann zu lachen. "Natürlich hast du Hunger, was für eine Frage!" Er zog sich die Schuhe aus und begab sich mit seinen Einkäufen in die Küche. Irritiert starrte sie ihm nach, dann folgte sie ihm. "Hör mal…", begann sie zaghaft, "ich muss dir was sagen…" Sie setzte sich seufzend an den Tisch. "Hat das auch Zeit bis nach dem Essen?", meinte er, als er die Tüten auf die Ablage stellte. Naomi spielte mit einer Haarsträhne und sah ihn mit leidendem Gesichtsausdruck an. "Es ist wichtig…", wisperte sie kläglich. "Es geht um den Urlaub." Wieder machte sich ein schlechtes Gewissen in ihr breit. Sie hoffte sehr, dass er nicht sauer auf sie sein würde. Er wandte sich mit gerunzelter Stirn zu ihr um. "Was ist denn mit dem Urlaub?", wollte er von ihr wissen. Die Gitarristin biss sich auf die Unterlippe. "Meinst du, wir können den noch verschieben?", fragte sie leise. "Ich habe heute mit Rikuo telefoniert… und ich hab für die nächsten drei Wochen einen überfüllten Terminplan…" Sie zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich hab ihm gesagt, dass ich auch mal frei haben muss… aber davon wollte er nichts hören…" Der Sänger sah sie eine Weile nachdenklich an. "Vielleicht sollte ich mal mit ihm reden", stellte er schließlich fest. "Das wird sicher nichts bringen…", wandte sie seufzend ein. "Ich hab es ja auch schon versucht. Die einzige, die an seiner Entscheidung rütteln könnte, wäre Luca. Aber die ist ja nicht da." Grummelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Es tut mir wirklich Leid…" "Ich weiß…", antwortete er, als er sich zu ihr an den Tisch. "Du kannst nichts dafür." Erleichtert lehnte sie den Kopf an seine Schulter. Somit war zumindest schon mal eine Sorge aus der Welt. Luca, die gerade vom Einkaufen zurückkam und die Tür vorsichtig mit dem Fuß – wegen der vielen Einkaufstüten – zuschob, bekam einen Schreck, als etwas Dunkelgraues um ihre Beine herumwuselte und zufrieden schnurrte. Verwirrt schob sie die Tüten in ihren Armen zurecht, um den Boden sehen zu können, wo sie eine grazile Maine-Coon-Katze sah. "Wo kommst du denn plötzlich her?", fragte die Blonde, stellte die Tüten ab und nahm das Tier auf den Arm. "Du bist aber niedlich." Die Katze schnurrte zufrieden und rieb ihr Köpfchen an Lucas Stirn. Diese ließ die Katze wieder auf den Boden, nahm die Tüten und ging damit in die Küche, wobei ihr das Tierchen folgte. "Wie ich sehe, habt ihr euch schon angefreundet", stellte Gackt amüsiert fest und nahm der Studentin die Einkaufstüten ab. "Und, Schatz? Hast du auch brav mein Geld ausgegeben?" Die Blonde sah ihn mit einem belustigten Grinsen an und folgte dem Musiker in die Küche. "Aber natürlich, Liebling." Sie nahm ihm die Tüten aus der Hand und begann, alles in den Kühlschrank und die Regale einzusortieren. "Du hast nie erwähnt, dass du eine Katze hast." Gackt setzte sich auf die Arbeitsplatte, welche mitten im Raum stand und schaute ihr zu. "Du hast auch nie gefragt", erklärte er. "Das ist Mai-chan", stellte er die Maine-Coon vor, die sich zu ihm auf die Arbeitsfläche gesellt hatte und ihren Kopf an seiner Hand rieb. "Und irgendwo muss auch Belle rumlaufen." Er schürzte die Lippen und schaute sich um. "Belle?", fragte sie neugierig und schloss den Kühlschrank. Er nickte und sprang von der Platte hinunter. "Ja, meine Hündin", erklärte er zwinkernd. "Du musst vorsichtig sein, sie ist eine Bestie und könnte dich in viele Stücke reißen." Luca hob eine Augenbraue und grinste breit. "Du meinst dieses kleine süße Ding dort auf der Couch?" Sie deutete mit einem Kopfnicken auf einen kleinen Dackel, der anscheinend schlief. "Sieht wirklich furchteinflößend aus." Der Sänger stellte sich neben sie, verschränkte die Arme und sah sich den kleinen Hund an. "Nicht wahr? Ich habe jedes Mal Angst, wenn ich sie abhole." Er schauderte. "Aber jetzt bist du ja da und ich kann dich ihr vorwerfen, wenn sie Hunger hat." Er packte die Blonde bei den Schultern und ging mit ihr zusammen ins Wohnzimmer, wobei er sie wie einen Schild vor sich her schob. Dann ließ er sich auf einen Sessel fallen und zog sie mit sich. "Geht es dir gut?", fragte er sie vorsichtig und schaute besorgt zur Eingangstür. Die Blonde streckte sich kurz, schaute ihn nachdenklich an und nickte. "Natürlich, wieso fragst du?" Dann ließ sie ihren Blick seinem folgen. "Ach… du meinst wegen der kleinen Horde von Menschen vor dem Haus?" Der Musiker nickte. Er erinnerte sich schmerzlich daran, wie seine Ehe wegen dieser Leute geendet hatte. "Mach dir keine Sorgen", erklärte Luca und wuschelte ihm durch die Haare. "Ich komme mit so was eigentlich gut klar. Ist zwar extremer als wenn ich mit Dai oder Kohta weg war, aber schon okay." Sie rutschte etwas tiefer und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. "Sie waren nur etwas verwirrt, als ich durch die Tür ging und ihnen freundlich zugelächelt habe." Gackt sah sie verblüfft an und grinste. "Also… was machen wir heute noch?", fragte er sie und spielte mit einer ihrer Haarsträhnen. Sie schaute ihn amüsiert an. "Also, wenn du so was noch einmal machst… gar nichts." Sie löste sich von ihm und setzte sich auf das Sofa. "Wieso?" Er schmollte und machte es sich bequem. "Das gerade war ein klein wenig zu… nun ja… vertraut", erklärte sie ihm und kraulte den kleinen Dackel hinter den Öhrchen. "So was macht man nur bei… seiner Freundin." Er schlug die Beine übereinander und sah sie interessiert an. "Hmhm… aber dann würde es ja heißen, dass du mit der Hälfte von Dir en grey und den Typen von Naomis Band zusammen bist… ah ja… und Kohta", erklärte er gelassen. "Apropos Kohta. Möchtest du ihn nicht anrufen? Du solltest doch langsam zur Vernunft gekommen sein, oder?" Das Lächeln auf Lucas Lippen erstarb und sie sah ihn traurig an. "Wieso sollte ich?" Der Sänger seufzte und strich sich über das Kinn. "Dir ist doch bestimmt klar, dass diese ganze Situation einfach nur närrisch ist, oder etwa nicht?" Er beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf seinen Schenkeln ab. "Ich verstehe nur nicht, wieso du so übertrieben reagierst. Du scheinst eigentlich der vernünftige Typ Mensch zu sein, was so etwas anbelangt. Ich meine… hier spazierst du aus meinem Haus… grinst den Fans zu und gehst einfach weiter, als wäre nichts." Die Blonde rutschte unruhig hin und her, stand dann auf und ging in Richtung Küche. "Ich werde uns etwas zu essen machen", erklärte sie und merkte, wie der Japaner sie am Handgelenk packte. Wütend schaute sie auf ihn runter und versuchte, sich loszumachen. "Erzähl es mir", verlangte er und zog sie wieder zu sich auf den Sessel. "Es ist nicht nur wegen dieses Artikels, das sehe ich dir doch an." Luca schüttelte den Kopf und versuchte aufzustehen, doch er hielt sie weiterhin fest, dann schlang er seine Arme um ihre Hüfte, legte seinen Kopf auf ihre Schulter und seufzte. "Erzähl es mir… bitte." Die junge Frau atmete tief ein und beobachtete den kleinen Dackel, der mit verschlafenen Knopfaugen in ihre Richtung sah, kurz gähnte und die Äuglein wieder schloss. "Weißt du, ich habe früher auch Musik gemacht", erklärte sie wehmütig. "Es ist schon lange her, aber wir waren wirklich gut." Der Sänger machte ein zustimmendes Geräusch und spielte mit ihren Haaren. "Ich hatte damals meinen ersten Freund", erzählte sie weiter. "Meine große Liebe. Ich glaube, ich werde nie wieder fähig sein, einen Menschen so zu lieben." Sie lehnte sich gegen seine Brust und seufzte traurig. "Wir waren sehr glücklich, doch dann hat irgendwann jemand so einen ähnlichen Artikel verfasst, wie den jetzt." Gackt zog eine Augenbraue hoch. "Und er hat es geglaubt?", fragte er irritiert. Irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen. Und wenn doch, dann hatte er sie anscheinend nicht wirklich geliebt. "Dann ist es doch gar nicht so schlimm… und Kohta glaubt dir doch." Sie begann zu zittern und als etwas Feuchtes auf seine Hand tröpfelte, merkte er, dass sie weinte. "Er hat sich umgebracht, Satoru", erklärte sie schniefend. "Wenn er doch einfach nur gegangen wäre… aber er hat sich umgebracht und starb in meinen Armen. Es könnte einfach nur eine unbewusste psychische Barriere sein… keine Ahnung… ich reagiere wahrscheinlich automatisch so. Ich weiß, dass Kohta so was nicht machen würde, dafür ist er zu stark und er glaubt mir… aber dadurch kam einfach alles wieder hoch, verstehst du?" Sie stand auf und ging in die Küche, nahm Lebensmittel aus dem Kühlschrank und begann sie zu schneiden. Gackt blieb einen Moment im Wohnzimmer sitzen. Er hätte nie gedacht, dass sie innerlich so verletzt und traurig war und es tat ihm Leid, dass er sie dazu gezwungen hatte, ihm das zu erzählen. Er richtete sich auf, ging in die Küche und blieb vor ihr stehen. "Luca… es…" Er wusste nicht wirklich, was er sagen sollte, dann ging er hinter sie und legte ihr die Arme um die Hüfte. "Es tut mir wirklich Leid." Die junge Frau hielt kurz inne und spannte sich an. "Du kannst ruhig weinen, wenn du willst, ich halte dich so lange fest." Sie schüttelte den Kopf und schnitt das Gemüse weiter. "Nein, ich habe schon genug geweint, was das betrifft." Sie legte das Messer weg und drehte sich zu ihm um. "Du bist wirklich ein netter Mensch, Satoru. Danke." Sie hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, machte sich von ihm los und schnitt weiter. "Weiß Kohta davon?", fragte er verwirrt und setzte sich an die andere Seite der Arbeitsplatte. Innerlich verfluchte er den Bassisten gerade. "Nein", erklärte sie. "Du bist der einzige, der es weiß. Mit Ausnahme von Rikuo." Er runzelte die Stirn. "Wieso weiß er es denn? Und dein Freund nicht?" Luca seufzte und bearbeitete weiter das Gemüse ohne aufzusehen. "Weil er mir zweimal das Leben gerettet hat. Er hat es somit live miterlebt." "Du solltest mit ihm reden", erklärte er ihr. "Deine Entscheidung war definitiv falsch." Sie sah ihn finster an. "Ich werde ihn anrufen, zufrieden?" Er nickte und ging zurück ins Wohnzimmer. Eigentlich war er nicht zufrieden, aber was konnte er schon Großartiges sagen? 'Nein… vergiss ihn… er passt nicht zu dir… nimm mich…' Er schüttelte den Kopf und ließ sich seufzend neben Belle auf das Sofa fallen, die kurz aufschaute und ihr Köpfchen auf seinen Oberschenkel legte. Es stimmte doch. Sie passte wirklich nicht zu diesem Typen, was konnten die beiden schon gemeinsam haben? Außerdem schien Kohta nicht der Typ für eine feste Beziehung. "Wollen wir heute ausgehen?", fragte er plötzlich und wunderte sich selbst darüber. Nach einigen Minuten der Stille kam Luca aus der Küche. "Was hast du gesagt?" "Wollen wir heute ausgehen? Etwas trinken und mit einigen Freunden feiern?", fragte er erneut. "Du würdest meine Freunde bestimmt mögen", fügte er hinzu. Sie überlegte kurz und lächelte milde. "Einverstanden, lass uns heute ausgehen." Sie drehte sich wieder in Richtung Küche und blieb stehen. "Dann wird das aber nichts mit dem Essen", stellte sie fest. Er stand auf und grinste sie frech an. "Dann stell es in den Kühlschrank und wir gehen einkaufen und essen unterwegs etwas, okay?" Misstrauisch sah sie ihn an, nickte jedoch und stellte die Sachen wieder in den Kühlschrank. "Also… wann wollen wir los?" Der Musiker stand auf, nahm die junge Frau beim Handgelenk und ging mit ihr in Richtung Tür. "Jetzt sofort." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)