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Der Fall Caitlin: Gefährliche Leidenschaften

Eine Navy CIS-FF [letztes Kap&Epilog lädt]
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Tage wie dieser

Disclaimer: Navy CIS und die darin vorkommenden Charaktere gehören nicht mir, und ich mache mit dieser FF auch kein Geld. Genauso wenig meine eigene Kreation ist der Text des Liedes „Tage wie dieser“, die Rechte liegen bei der Band „Juli“
 

Legende:

„wörtliche Rede“

’Gedanken’

~Songtexte~

~*+*~ <- Orts/Zeitwechsel

[persönliche Kommentare]
 

.:Prolog: Tage wie dieser:.
 

Ein kalter Wind – viel zu kalt für Tel Aviv – fuhr ihr durch die Haare und zerzauste die ohnehin widersinnigen dunklen Locken. Der Blick ihrer braunen Augen lag ausdruckslos auf dem schwarzen Sarg vor ihr, schwarz war auch ihr Kleid, welches die Farbe ihres Gesichtes blasser erscheinen ließ als es eigentlich war.

Im Film regnete es stets in solchen Momenten. Doch kein Regen, keine Tränen für Ari Haswari. Niemand, der ihm die letzte Ehre erweisen wollte. Bis auf sie.

Das war der Preis, wenn man mit allen falsches Spiel trieb. Dennoch hätte es nicht so weit kommen müssen. Man hätte ihn festnehmen und verurteilen können. Aber jetzt...

Das Blut ihres Halbbruders klebte an den Händen von Ziva David und doch schien es ihr mittlerweile fast gleichgültig. Der Grund, warum sie sich um Aris Beerdigung gekümmert hatte war auch nur noch Verantwortungsgefühl; alle Vertrautheit war verblasst.

War das denn richtig? War es denn fair gewesen?

Zumindest die Antwort auf die letzte Frage schien ja zu sein. Sein Leben für das von Caitlin Todd.

Dennoch: Wie hatte sie sich nur dazu hinreißen lassen können? Wenn man es genau betrachtete, hatte sie sich zu einem Werkzeug des Navy CIS machen lassen. Nein, das war nicht ganz richtig. Sie hatte sich zu einem Werkzeug von Leroy Jethro Gibbs machen lassen. Aber das Warum ließ sie einfach nicht los, verfolgte sie schon seit Tagen. Wahrscheinlich war es die grausame Ehrlichkeit in seinen Augen, seinem ganzen Wesen. Denn so abweisend er Ziva auch begegnet war, wenigstens war er ehrlich gewesen. Niemand dort hat ihr etwas vorgemacht (sah man von Agent DiNozzo vielleicht einmal ab, aber das auch nur, weil er sich selbst etwas vorzumachen versuchte) oder sie gegen Ari ausgespielt. Gibbs hatte ihr die Möglichkeit gegeben, sich selbst von Aris schuld zu überzeugen.

Mit Erstaunen stellte die Israelin fest, dass sie eine leichte Sympathie für ihn und sein Team entwickelt hatte. Das Zusammenspiel zwischen den Einzelnen Mitgliedern und das Vertrauen, worauf es aufbaute, war erstaunlich, ganz anders als in ihrer Heimat, wo man nahezu überall mit einem Hinterhalt rechnen musste.

Es wäre zu schön, diese Leute noch einmal wiederzusehen, vielleicht unter anderen, freundlicheren Umständen. Vielleicht sogar ohne dass sie sie verurteilten, nur weil sie an der Hoffnung festgehalten hatte, dass ihr Halbbruder unschuldig war.
 

Aber selbst diese Verurteilung war ihr noch lieber als die Gleichgültigkeit, die sie sich selbst gegenüber zeigte. Der Witz war nur, dass Gibbs Ari besser gekannt hatte als sie selbst.

Und das tat weh. Das tat verdammt weh.
 

~Du drehst dich um und siehst sie wieder

Du drehst dich um und siehst in deinem Kopf die alten Bilder

Spürst du noch immer nichts?

Du siehst das Licht irgendwo am Ende

Doch der Augenblick ist jetzt

Und fließt wie Sand durch deine Hände

Doch du hältst dich – doch du hältst dich an ihm fest
 

Tage wie dieser – kommen nie wieder

Tage wie dieser – sollten nie vergessen gehen
 

Du sprichst nicht mehr und siehst sie wieder

Zerstückelt und zerstochen singen sie leise ihre Lieder

Sprichst du noch immer nicht?

Sie haben gesagt, es würde Regen geben

Doch wir sitzen hier seit Stunden, trinken Wein

Und sind einfach nur am Leben

Bis unsere Welt zerbricht – es dunkel ist
 

Und alles was, uns bleibst ist ein neuer Morgen

Du weißt, was das heißt~

Ein neuer Fall

.: Kapitel 1 – Ein neuer Fall:.
 

„David, wachen Sie sofort auf! Nur weil in zehn Minuten Feierabend ist, heißt das noch lange nicht, dass Sie in der Zwischenzeit schlafen können.“ Ziva schreckte hoch als sie eine Kopfnuss genau auf den Hinterkopf bekam, merkte dann aber recht schnell, dass es sich bei dem Übeltäter nicht um Gibbs handelte, sondern um DiNozzo. „Tony, das ist nicht lustig!“, beschwerte sich die junge Frau, als sie sich die Augen rieb. Nachdem sie in den letzten anderthalb Monaten hatte feststellen müssen, dass ihr Boss seine Agents rund um die Uhr beanspruchen konnte, war ihre Müdigkeit nur zu verständlich. Zwar hatte sie beim Mossad schon Ähnliches erlebt, aber hinzu kam, dass die Israelin sich partout nicht ganz an die Zeitumstellung gewöhnen wollte. Deshalb hatte sie jetzt auch nicht wirklich Lust, sich mit Tonys Sticheleien abzugeben, auf die sie sonst immer einen äußerst passenden Konter hatte. Ziva begann, ihr Zeug einzupacken. Tim McGee blickte neugierig von seinem Platz aus um die Ecke, was zwischen den beiden denn jetzt schon wieder los war und entschloss sich, sich mit einzumischen.

„Lass sie in Ruhe Tony, du hast schon ganz andere Sachen durch gezogen, nur weil Gibbs nicht da war.“

„Misch dich nicht ein Bambino, das ist ein Gespräch zwischen Erwachsenen.“

„Ach wirklich,“ bemerkte Ziva jetzt etwas angriffslustiger, nachdem sie nicht nur wach war, sondern auch schon ihr Zeug zusammen gepackt hatte, „dann frage ich mich ehrlich, warum du dann mit redest.“ McGee prustete heftig, was ihm allerdings schnell verging, als er Tonys wütenden Seitenblick an ihn bemerkte. Noch bevor der italienisch-stämmige weiterhin etwas sagen konnte, marschierte die Israelin auch schon Richtung Fahrstuhl. Nach dem heutigen Tag hatte sie das Wochenende erst mal frei, wen kümmerte es da, wenn sie ein paar Minütchen früher ging, solange der Chef außer Haus war? Kurz vor den metallenen Türen allerdings drehte sie sich noch ein mal um und meinte: „Übrigens, deine Gibbs-Imitation ist echt miserabel. Deiner Kopfnuss fehlt an Elan, dein Tonfall klingt zu übertrieben und du hörst dich überhaupt nicht wie Gibbs an.“ „Wie höre ich mich denn ihrer Meinung nach an, Miss David?“

Der Fahrstuhl hatte seine Türen geöffnet und Gibbs ausgespuckt, der jedes einzelne von Zivas Worten mitbekommen hatte und alles andere als erfreut aussah – was für gewöhnlich Überstunden bedeutete. Und wie gewöhnlich konnte man kein fröhliches ’Hallo Leute, da bin ich wieder’ von ihm hören, sondern er erschlug seine Untergebenen förmlich mit Fakten. „McGee, DiNozzo, ich muss gleich wieder weg, daher sage ich es nur einmal: Ducky hat gerade die Leiche eines Marines rein bekommen, notiert euch alles über die Todesart und Hinweise auf seine Identität, wenn ich wieder da bin will ich einen Bericht über seinen gesamten Lebenslauf haben, mit wem er zu tun hatte, wer ein Motiv hatte und so weiter, sogar was er zum Frühstück gegessen hatte, wenn das wichtig ist. Ziva, stellen sie ihre Tasche wieder ab, Sie fahren mit mir zum Tatort.“ Ohne Widerworte abzuwarten, geschweige denn zuzulassen, verschwand er wieder in der Kabine, deren Türen dabei waren sich zu schließen, als Ziva in letzter Sekunde noch ihre Hand dazwischen schieben konnte – das wurde allmählich zur Routine.

„Aber Boss, ich habe frei.“

„Jetzt nicht mehr.“
 

~*+*~

Kurz bevor sie in den Wagen stieg, rannte der Gedanke durch ihren Kopf, ob ihr Vorgesetzter wohl das Autoradio hatte reparieren lassen, nach ihrer letzten etwas einseitigen Unterhaltung während der Fahrt. So leid es ihr auch tat, aber sie war nun mal nicht der Mensch, der peinliches Schweigen ertrug und wie ein Kind aller fünf Minuten quengelnd nachzufragen, wann sie denn schon da wären, war auch nicht gerade eine Option. Allerdings würde Gibbs dann wohl nicht lange fackeln und sie irgendwo an einer Tankstelle absetzen wie einen Hundewelpen.

„Ziva, wie lange wollen sie da noch rum stehen? Ich will heute noch ankommen!“

Der Befehlston des Älteren ließ sie zusammenzucken und die junge Frau stieg in den dunkelblauen Arbeitswagen.

Als nach einer Viertelstunde immer noch kein einziges Wort zwischen den Insassen gefallen war (Gibbs hatte das Autoradio anscheinend wirklich nicht reparieren lassen), hielt sie es einfach nicht mehr aus. Sie wusste nicht, wie lange sie ihren Boss angestarrt hatte, wahrscheinlich schon die ganze Fahrt lang, aber seine Art, fast reglos auf die Straße zu blicken und sie vollkommen zu ignorieren (ihr Starren MUSSTE doch unangenehm werden) wurde immer unheimlicher. Musste dieser Mann eigentlich auch mal blinzeln? Bevor sie es verhindern konnte, platzte die erste Frage aus ihr heraus.

„Wissen sie, an wen sie mich erinnern?“ Die Antwort war Schweigen. Die Israelin machte schon den Mund auf, um wieder für Gibbs zu antworten, als dieser ihr prompt die Hand auf den Mund legte und leicht gereizt meinte: „Nein, aber sie werden es mir ganz bestimmt gleich sagen.“ Gut, offensichtlich hatte er dazu gelernt! Und kaum zog er seine Hand wieder zurück, gab sie ihm die Antwort auch schon. „An Roland Deschain.“ Wieder keine Reaktion. „Ich nehme nicht an, dass sie Stephen Kings Chronik vom Dunklen Turm gelesen haben?“

„Ich weiß mit meiner Zeit besseres anzufangen. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass sie diesen Müll lesen.“

Ziva stockte. Hatte sie gerade Leroy Jethro Gibbs tatsächlich aus seinem Schneckenhaus geholt und zu einer Antwort von mehr als einem Satz gebracht, bei der sogar so etwas wie Interesse für sie heraus klang? „Wenn man sich über Dialekte, Redewendungen und vor allem Beleidigungen der englischen Sprache weiter bilden will, dann ist man bei King genau an der richtigen Adresse. Zu ihrer Information: Roland Deschain ist ein Revolvermann, einer der letzten übrigens, der ihnen übrigens gar nicht mal so unähnlich sehen muss. Groß, übertrieben ernst und akkurat, aber tödlich. Auf wen er schießt, der stirbt auch. Bereits etwas älter, mit ergrauenden Haaren und eiskalten blauen Augen von der Farbe verwaschener Jeans, der auf seiner Suche nach den Turm praktisch alles aufgeben würde, was ihm lieb und teuer ist, bis auf die letzten Menschen, die ihm noch nahe stehen...“, Rolands Unfähigkeit, Witze zu reißen, und seinen monotonen Tonfall á la Terminator verschwieg sie jedoch wohlweislich; auch, dass er bereits im Alter von 15 Jahren seine große Liebe verloren hatte. „Was ist wohl ihr dunkler Turm, Gibbs? Wonach suchen SIE?“ Herausfordernd musterte sie ihr Gegenüber aus neugierigen, leicht provokanten braunen Augen.

„Ich weiß nicht, wovon sie reden.“ Das war zweifellos eine Lüge, aber zu erwarten, dass er eine solch tief greifende Frage beantwortete, war wohl auch zuviel verlangt. „...aber der Grund, warum sie mich am meisten an Roland erinnern ist, dass sie so gut wie nie lächeln. Dr. Mallard sagte mir, dass das zeitweilig anders war und dass es erst wieder so extrem wurde nach dem Tod von Agent...“

Kates Nachname wurde verschluckt von dem Quietschen der Reifen als Gibbs voll auf die Bremse trat. Glücklicherweise waren hinter ihnen kaum Fahrzeuge, sodass die Pkws noch rechtzeitig ausweichen konnten und wütend hupend an ihnen vorbei fuhren. Ziva bemerkte sie nicht einmal. Es lag etwas in den Augen ihres Vorgesetzten, das sie nicht richtig einordnen konnte, jenseits von Wut und Verlust und doch irgendetwas dazwischen.

„Tun sie das nie wieder, ist das klar!“

Sie konnte nicht einmal mehr antworten, sie nickte nur. Und so verbrachten sie den Rest der Fahrt in erneutem Schweigen.
 

~*+*~

Sie hielten an einem kleinen Waldstück, nicht weit von einer Familiensiedlung. Das Tageslicht machte langsam der Abenddämmerung Platz, doch schon aus geringer Entfernung konnte man das leuchtendgelbe Plastikband sehen, das stets benutzt wurde, um Tatorte abzusperren. Ein Krankenwagen stand am Waldesrand, die örtliche Polizei war schon verschwunden, nachdem der Fall an das NCIS weiter gegeben worden war und Ziva, die in der Zwischenzeit ihre Haare geflochten und unter das NCIS-Basecap hoch gesteckt hatte, lief an Gibbs Seite durch das Unterholz und wartete darauf, dass er das Schweigen brach – vergebens. Was für sie nicht ganz fassbar war, immerhin musste er ihr irgendwann ja Anweisungen geben.

„Was wissen wir bis jetzt über den Fall?“, hakte sie vorsichtig nach, stets darauf gefasst, eine aggressive Antwort zu erhalten, sollte er überhaupt antworten.

„Es gibt nur eine einzige Zeugin und auch sie hat nur etwas gehört und daraufhin die Leiche entdeckt und die Polizei verständigt. Sie befindet sich in ärztlicher Betreuung.“

„Ist sie denn verletzt?“

„Nein, sie hat einen Schock erlitten. Die Leiche war nicht gerade in einem freundlichen Zustand. Ich will, dass sie erst einmal mit ihr sprechen, während ich den Tatort untersuche.“ Schon wieder musste sie die Befragungen unternehmen! Sie hatte sich notgedrungen daran gewöhnt, auch wenn die unbeantwortete Frage, warum Gibbs die Aufgaben jedes Mal genau so verteilte, immer noch in ihrem Kopf brannte. Sie wollte aber auch nicht nachfragen, aus dem einfachen Grund, dass Tony ihr erzählt hatte, dass Kate Todd genau diese Frage auch einmal gestellt hatte. Für einen Außenstehenden mochte das lächerlich klingen, aber für sie nicht. Nicht, nach dem Vorfall letzter Woche. Und das nur wegen diesem blöden Golfschläger.
 

---Rückblick---

„Ich fass es nicht, da bietet tatsächlich jemand bei Ebay 5.000 Dollar für einen blutverschmierten Golfschläger verlangen kann, nur weil die Blutspritzer angeblich das Profil von Michael Jackson bilden.“ McGee rückte erstaunt noch einen Zentimeter näher an den Bildschirm seines Computers, als ob er hoffte, dass dann die letzten drei Nullen wie durch ein Wunder verschwanden. Ziva hastete zu seinem Arbeitsplatz um sich das Objekt näher anzusehen.

„Ist das unsere Mordwaffe?“

„Vermutlich. Ich versuche mal, den Wohnort des Besitzers ausfindig zu machen.“ Der MIT-Absolvent tippte hastig auf seine Tastatur ein, als sie den Kopf schief legte.

„Stimmt es wirklich, dass Gibbs’ dritte Ehefrau mit einem Golfschläger auf ihn los gegangen ist?“

„Jepp.“

„Das verstehe ich nicht. Ich meine, schon nach der zweiten müsste man doch die Hoffnung verlieren, aber nach so einem Vorfall... wieso war er vier mal verheiratet?“

McGee blickte fragend auf, als ihr Vorgesetzter in diesem Moment am Tisch vorbei rauschte und beifällig bemerkte: „Es waren nur drei mal.“ Allerdings wurde Gibbs mit jedem Wort leiser und er stoppte, als wäre ihm etwas eingefallen. „Wer hat ihnen das erzählt?“

Die Stimmung im Raum war spürbar gefährlich. Jethro Gibbs umgab etwas, das den Hauch einer nahenden Katastrophe vermittelte. Wie eine Bombe, die nur darauf wartete zu explodieren.

„Tony hat gemeint...“

„DINOZZO!“, schrie der Ältere nach seinem Agent, als er sich auf den Weg in Richtung Abbys Labor machte, wo Tony noch nichtsahnend mit der Gothic plauderte.

---Rückblick Ende---
 

Tony hatte die Strafpredigt seines Lebens bekommen, nur weil er, wie Ziva später erfuhr, diesen Moment regelrecht provoziert hatte, in dem Gibbs ihr dieselbe Antwort geben würde wie ihrer Vorgängerin. Sie mochte es nicht, weil sie sich dann immer fühlte, wie ein billiger Ersatz, ein misslungener Versuch eines Replikats. Und Gibbs war fast ausgerastet, weil DiNozzo in der alten Wunde herum gestochert hatte.

Seitdem sah sie sich vor, was sie sagte, doch war es auch peinlich unangenehm zu wissen, dass Kate vor ihr ebenfalls immer für die Befragungen zuständig gewesen war.
 

Jethro blickte seinem Officer hinterher, als sie den Weg gen Krankenwagen einschlug. An ihrem letzten Blick hatte er sehen können, dass sie alles andere als zufrieden mit dieser Aufgabenaufteilung war. Aber Menschen waren nun mal Frauen gegenüber mitteilsamer, besonders wenn sie sich unter Extremsituationen befanden. Sie fühlten sich nicht so eingeschüchtert. Aber bei Ziva kam noch ein weiterer Faktor hinzu. Da sie mit Frauen und Trauernden schlecht umgehen konnte, hielt sie sich nicht erst lange an geheucheltem Bedauern aus und stellte sofort präzise Fragen, das mochte und schätzte er an ihr, auch wenn er es nicht sagte. Der Witz an der Sache war, niemand nahm Anstoß daran, gerade weil sie eine Frau war. Gibbs riss sich von dem Anblick wieder los und konzentrierte sich auf die blutigen Umrisse auf dem Holz, die noch vor ihm lagen.
 

Ziva sah keine Zeugin weit und breit, nur einen jungen Assistenzarzt, der nervös von einem Bein auf das andere trat und sich dabei sichtlich weit weg wünschte. Offenbar musste der Marine wirklich grausam zugerichtet worden sein. Sie teilte dem jungen Mann höflich mit, was ihre Aufgabe war und der deutete nur auf den Wagen.

„Die Kleine sitzt drinnen.“

/’Die Kleine’... das ist mal wieder typisch Amerika. ’Kleine’, ’Süße’... das sind doch alles nur machoistische Aussprüche um zu zeigen, dass man hier keinen Respekt vor Frauen hat./

Leicht verärgert und mal wieder enttäuscht von diesem Land stieg die Schwarzhaarige in das Gefährt, aber was sie dort erwartete, kam überraschend. Die ’Kleine’ war ein hübschen Mädchen, mit einer dicken Decke, noch keine sechs Jahre alt, dass sie mit einer Mischung aus Furcht und Neugier aus den blauen Augen ansah.

„Oh mein Gott...“, flüsterte die Israelin entsetzt, als ihr der Notizblock aus den Händen fiel.

*******

So, das war das erste Kapitel... ich hoffe, ich habe die Charaktere einigermaßen gut getroffen, besonders bei Gibbs ist das ja etwas kompliziert. Ob Ziva wohl wirklich Stephen King liest? Hey, die Frau interessiert sich für Männermagazine und weiß, was es mit Harry Potter und Magnum auf sich hat. Da ist das doch gar nicht mal so abwegig, oder?

Und das Gleichnis mit Gibbs und Roland... wer mehrere meiner FF’s kennt, wird wissen, dass ich mich besonders in letzter Zeit immer häufiger auf Stephen Kings Story von dunklen Turm bezog. Es tut mir ja leid, aber hier passt es wirklich so perfekt.

Ich stelle mir in letzter Zeit immer wieder die Kate-Frage (in Analogie zur Gretchenfrage „Sag, wie hältst du’s mit der Religion?“ aus Faust *g*). Wenn Kate überlebt hätte, mit wem wäre sie dann zusammen gekommen? Für mich gehört sie einfach zu Tony, aber ich hab die dumme Vermutung, dass Gibbs Fürsorge für sie irgendwann dazu geführt hätte, dass er sich in sie verliebt. Dass Ziva aber wie geschaffen für ihn ist, wusste ich nach der Szene, wo die Beiden abwechselnd den Fahrstuhl angehalten haben. *g* Die „Goldherz“-Folge (wird am 4.5. ausgestrahlt, Ziva & Tony müssen ein Ehepaar mimen) hin oder her – mein Pairing steht fest.
 

Wusstet ihr eigentlich, dass Abbys Assistent, Charles „Chip“ Sterling von dem Sohn des Serienerfinders Donald P. Bellisario gespielt wird?
 

P.S.: Ich warte sehnsüchtig auf Reviews... ^.^

Das Mädchen und der Tote

.:Kapitel 2 – Das Mädchen und der Tote:.
 

Das konnte doch nicht deren Ernst sein! Ziva war sich sicher, dass Gibbs das nicht gewusst haben konnte und wenn doch... nun, dann bedurfte es aber einiger Erklärung. Ihr Boss mochte vielleicht etwas kurz angebunden sein, aber er enthielt seinem Team keine Informationen vor. Überhaupt würde Leroy Gibbs nie etwas tun, das die Lösung eines Falls verzögerte oder behinderte. Sie gab erst mal klein bei und setzte sich auf die Metallbank neben das Mädchen.

„Sind Sie hier um mich abzuholen?“, fragte die Kleine und ohne eine Antwort abzuwarten redete sie gleich weiter, „wissen sie Daddy hat mich nämlich beim Spielplatz gelassen, er habe nur was zu tun und wenn er wieder da ist, bringt er mir eine Überraschung mit.“ Die Erinnerung an ihren Vater stimmte das Mädchen schon viel fröhlicher, sie wippte lässig mit den Beinen. „Das sagt er immer und dann kommt er wieder zu spät oder Freunde von ihm holen mich ab. Sind sie eine Freundin von meinem Daddy? Seine Freundinnen sind nämlich immer wahnsinnig hübsch, so wie sie. Sie sind SOOOO hübsch, dass sie sogar alle bei einem Schönheitswettbewerb mitmachen können. Aber Daddy nimmt mich dahin nie mit, er sagt immer, wenn ich alt genug bin, dass ich da selber mitmachen kann, dann nimmt er mich mit, aber...“

/Meine Güte, das ist doch kein Kind, das ist eine Schallplatte! Hört die auch mal auf?/ Kinder mochten vielleicht viel reden, aber wenn man ihnen Fragen stellten, schweiften sie immer so schnell ab und faselten irgendwelches Sinnloses Zeug. Kurzum; Kinder waren schwierig und obwohl Ziva sich über das Kompliment des Mädchens freute, bereute sie bereits, dass sie am Morgen aufgestanden war.
 

Der Blitz von Gibbs Kamera flammte ein letztes Mal auf, als er etwas bemerkte. Er zog sich ein paar Handschuhe über und fischte ein paar Holzsplitter aus dem Unterholz, die nicht gerade aussahen, als seien sie vom Baum gefallen. Die Oberseite war eindeutig rund und honigfarben – wahrscheinlich lackiert.

„Werden nicht normalerweise um Fundstücke erst einmal diese Rechtwinkligen Lineale lackiert und dann fotografiert? Also die in ’CSI’ machen das immer so.“ Der Ermittler blickte auf und erblickte seine junge Untergebene, die – so unglaublich das auch klingen mochte – ein kleines, mittlerweile eingeschlafenes Mädchen mit sich herum trug. Das Kind hatte die Arme um Zivas Hals geschlungen und die Beine um deren Hüfte. Gibbs tütete die Holzsplitter ein und erhob sich dann, wobei er den Schirm seiner Mütze etwas höher rückte.

„Sagen sie mir nicht, dass das die Zeugin ist.“

„Oh, aber genau das ist sie.“

„Wir können sie nicht einfach mitnehmen. Ihre Eltern werden nicht erfreut sein...“

„Ihr Vater ist allein erziehend, was erklärt, warum sie so manisch von ihm besessen ist, und er hat sie nicht abgeholt. An ihre Mutter erinnert sie sich nicht mehr. Und wie sie an ihrer Schuluniform vielleicht sehen, geht sie auf eine von der Navy geförderte Vorschule, was bedeutet, dass ihr Vater da arbeitet. Sie fällt also durchaus in unseren Zuständigkeitsbereich.“

„Eines muss ich Ihnen lassen, Ziva: Sie machen Ihre Hausaufgaben.“

„Boss, geht es Ihnen gut?“

„Wieso sollte es nicht?“

„Sie waren heute gesprächiger als sonst und haben mich gerade gelobt, obwohl ich Ihnen praktisch ein Kind aufgedrückt habe.“

„Sie haben recht – also, was stehen sie hier rum? Haben sie die Zeugenaussage schon aufgenommen? Und besorgen sie gefälligst einen Kindersitz, weil ich werde das Balg bestimmt nicht auf den Schoß nehmen!“
 

~*+*~

Der Krankenwagen hatte tatsächlich einen Kindersatz in der Ausrüstung inbegriffen und das Mädchen wurde kurzerhand auf die Rückbank befördert. Kaum war sie angeschnallt, setzte Ziva sich auf den Beifahrersitz und schnallte sich so schnell wie möglich an, weil Gibbs anzusehen war, dass er ausflippte, wenn nicht. Kaum war die Gurtschnalle eingerastet, begann die Agentin auch schon mit ihrem Bericht, im gleichen Moment, als der Ältere den Wagen losfuhr: „Sie hat gesagt, ihr Vater hat sie auf einem Spielplatz abgesetzt, im Waldgebiet auf der anderen Seite der Straße. Ich habe nachgesehen, er ist ungefähr fünfhundert Meter von hier entfernt. Nach einer Weile hat sie dann mehrere Knalls hintereinander gehört.“

„Wie viele und wie viel Uhr?“

„Sie ist ein kleines Mädchen, sie hat weder eine Uhr, noch könnte sie sie lesen. Und sie hat sie nicht nachgezählt, aber sie sagte, es seien ziemlich viele gewesen und das ganz schnell hintereinander. Betrachtet man, dass die Bäume das Geräusch dämpfen und hier weit und breit niemand wohnt, könnte der Täter ein Maschinengewehr benutzt haben, was wiederum bedeuten würde, dass eine gewisse Erfahrung im Umgang mit solch schweren Waffen...“

„Das ist nur eine Vermutung“, unterbrach Gibbs sie ungehalten, „beschränken Sie sich auf die Fakten.“

„Schön. Auf jeden Fall hat sie das Geräusch für Knallfrösche gehalten, Taiwanlärmer, oder so...“

„Chinakracher.“

„Sag ich doch, sie ist rüber auf die andere Seite um nachzusehen, weil ihr Vater was gegen randalierende Jugendliche haben würde, und überhaupt könnten die noch Brandstiftung und so etwas begehen. Sie glauben ja gar nicht, um was für Dinge sich dieses Kind schon Gedanken macht, wenn es nach ihr und ihrem Vater ginge...“

„Officer David!“, betonte Jethro in seinem typischen ’Kommen sie zum Punkt’-Tonfall. Warum wurde sie nur immer so ausschweifend, wenn sie mit ihm redete? Ziva stöhnte innerlich auf. Das tat er jedes Mal. Kaum wollte man sich mal ein wenig unterhalten, blockte er ab und distanzierte sich bewusst von ihr, indem er sie mit Nachnamen und Dienstrang ansprach.

„Sie hat die Leiche da liegen sehen und mit ihrem Handy die Polizei angerufen.“

„Und warum haben sie nicht einfach versucht ihren Vater mit dem Handy zu erreichen?“

„Der Akku war alle, da hat es sich von alleine ausgeschalten.“

„Und?“

„Wie und?“

„Wie heißt sie?“

Peinlich berührt blickte die junge Frau zur Seite, dann gestand sie: „Das habe ich sie gar nicht gefragt. Ich war so verwirrt, dass unsere Zeugin ein Kind sein sollte, dass ich das ganz vergessen habe.“

Urplötzlich lachte Gibbs auf. Nicht nur ein Aufglucksen (obwohl sich Ziva beim besten Willen nicht vorstellen mochte, wie es klang, wenn Gibbs gluckste), nein es war ein echtes, offenherziges und sogar fast warmes Lachen und dabei konnte sie ihren Vorgesetzten sonst kaum zum lächeln bewegen.

„Das ist nicht lustig,“ reagierte sie empört gespielt, während sie ihr Basecape absetzte und den geflochtenen Zopf löste. Jethro räusperte sich kurz, um seinen kurzen Gefühlsausbruch wieder zu bändigen und sah seinem hübschen Agent aus den Augenwinkeln dabei zu, wie sie gedankenverloren aus dem Fenster blickte und dabei ein paar mal mit der Hand durch ihre Haare fuhr, um sie zu ordnen, während der nachtblaue Abendhimmel und die spärliche Deckenbeleuchtung des Autos ihre sanften Gesichtszüge halb in Schatten verhüllten.

Er liebte diese Unkompliziertheit und Schlichtheit an ihr, diese Natürlichkeit. Der Umstand, dass sie sich nie großartig die Mühe machte, ihre Haare pingeligst zu scheiteln bewirkte außerdem, dass sie noch aufgeweckter und wilder erschien. Wann genau war es passiert, dass seine Arbeit nur an zweite Stelle rückte, dass er begonnen hatte, Ziva mehr als nur zu akzeptieren? Und wie lange war es her, dass ihm das zum letzten Mal passiert war?

Die Antwort auf die zweite Frage war wohl: zu lange. Auf die erste wusste er keine Antwort, das einzige, das Jethro diesbezüglich wusste, dass seit kurzer Zeit seine einziger Halt gegenüber den Schuldgefühlen wegen Kates Tod verschwunden war, denn Aris Tod brachte ihm nicht mehr die Genugtuung, die er brauchte, um nicht an sich und seiner Arbeit zu zweifeln. Nicht seit sich ihm immer öfter das Bild vor Augen drängte, wie Ziva neben der Leiche ihres Halbbruders kniete und ihm zur letzten Ruhe ein kleines hebräisches Liedchen vorsang. Ari war nicht minder Schuld dadurch aber dennoch war es ein Wunder, dass sie ihn nicht hasste, weil ihr diese blutige Aufgabe zugefallen war. Der Ältere war sich nicht sicher, was in diesem Moment wohl in ihrem Kopf vorgegangen war, aber sie hatte sich dadurch seinen vollen Respekt verdient. Und darüber hinaus...

Aber das war ein Gedanke, den Gibbs nie zu Ende führte. Er war riskant und gab zu viel Hoffnung und dadurch auch Verletzlichkeit. Ari hatte das gewusst. Deshalb hatte er Kate auch dann erst wirklich erschossen, als die beiden Agents so erleichtert waren, dass ihr beim ersten Schuss nichts passiert war.

Gibbs hasste nichts mehr als Verletzlichkeit, denn wenn er aufgrund seiner Emotionen nachlässig wurde, brachte er damit die anderen in größte Gefahr. Und das konnte er nicht verantworten.
 

~*+*~

Als sie endlich hielten, war Ziva schon fast eingedöst. Sie glaubte nicht, dass sie noch weitere Ermittlungen aushalten konnte, nicht diese Nacht oder zumindest nicht ohne sich mit Koffein voll zu pumpen. Bei den Gedanken, dass sie irgendwann mal als Kaffee-Junkie enden würde, so wie Gibbs oder Abby musste sie leicht lächeln. Allerdings fiel ihr auf, dass der Ort, an dem sie parkten, nicht der Ort war, mit dem sie gerechnet hatte, wenn die Gegend ihr auch vertraut vorkam.

„Boss, das ist nicht die NCIS-Zentrale...“

„Dessen bin ich mir bewusst. Sie wohnen hier, schon vergessen? Außerdem haben Sie die nächsten Tage frei.“

„Aber Sie haben doch gesagt...“

„Es wäre unverantwortlich, einen Agent einzusetzen, der nicht imstande ist, hochkonzentriert zu arbeiten. Dass das bei Ihnen zutrifft, steht wohl außer Frage, Sie schlafen ja schon mit offenen Augen. Und ob Sie es glauben, oder nicht: das NCIS ist nicht ständig auf Sie angewiesen.“

„Welch charmante Art, mir zu sagen, dass Sie mich nicht brauchen,“ gab die junge Frau patzig zurück als sie ausstieg und dabei so laut die Tür zuknallte, dass das kleine Mädchen aufwachte und sich gähnend die Augen rieb. Ziva holte die Kleine aus dem Kindersitz, während zwei dösige blaue Augen sich auf Gibbs richteten.

„Hallo, wer sind Sie denn? Sind Sie ein Freund von meinem Daddy? Er sieht Ihnen nämlich irgendwie ähnlich, wissen Sie? Daddy lässt mich oft von seinen Freunden abholen, er hat nie Zeit für mich.“

Das Navy CIS-Oberhaupt nutzte die Gelegenheit um auch auszusteigen und die Zeugin noch ein wenig zu befragen.

„Vielleicht kenne ich ihn ja. Wie heißt denn dein Vater?“

„Er heißt Daddy!“ Ziva grinste, als sie das Kind auf ihren Arme hob, doch Jethro überging das einfach.

„Und wie nennen ihn denn andere Leute?“

„Die meisten nennen ihn Mr. Smith, aber unsere Nachbarin sagt immer ’Stinkstiefel’.“

„Verstehe, und du bist dann...?“

„Ich heiße Caitlin, Sir!“, sie salutierte, „aber Daddy nennt mich immer Kate.“

Gibbs erstarrte und wurde sich bewusst, dass Ziva ihn nervös ansah. Zu allem Überfluss konnte klein Kate nicht einmal das typische Klischee eines kleinen Mädchens erfüllen und blonde Korkenzieherlocken besitzen, nein, sie machte ihrem Namen alle Ehre. Ihre dunklen, glatten Haare waren zu zwei schulterlangen Zöpfchen geflochten und ihre Stirn bedeckte ein gestuftes, leicht gescheiteltes Pony.
 

„...Boss? Ich glaube, es reicht für heute, oder? Wenn Sie wirklich noch Fragen haben, dann können sie ja einfach anrufen.“

Stumm nickend setzte Special Agent Gibbs sich wieder hinter das Steuer und blickte nur mal kurz in den Rückspiegel, wo er eine fröhlich winkende ’Kate’ vorfand und eine besorgt drein blickende Ziva.

Er drückte auf das Gaspedal: Nur noch weg!

Jethro wäre sonst wohl ausgerastet; erst die gezielten Andeutungen und Provokationen seiner Angestellten und dann diese dumme Laune des Schicksals. Alles schien sich um Kate zu drehen, als hätte die Welt sich geschworen, ihn sein Versagen nie vergessen zu lassen. Sich wieder in seinen Fall zu stürzen war jetzt die einzige Rettung. Eine Leiche wartete auf ihn, die der eigentliche Grund war, warum er Ziva das verlängerte Wochenende doch noch gewährt hatte. Er hatte ihr diesen Anblick einfach nicht zumuten wollen, bei dem selbst Ducky nach Atem gerungen hatte und Mr. Parmer sich sofort übergeben hatte. Es wäre wirklich ein Wunder, wenn DiNozzo und McGee die Identität von etwas herausgefunden hätten, das so... zerfetzt und unmenschlich aussah.
 

~*+*~

„Also, wie sieht es aus? Und wo zur Hölle steckt McGee?“ Gibbs sah sich um. DiNozzo sah etwas übermüdet aus, also konnte man davon ausgehen, dass er vielleicht sogar mal wirklich intensivst recherchiert hatte. Aber von dem ’Nesthäkchen’ des Teams keine Spur.

„Ihm ist nicht ganz wohl, Boss, Abby kümmert sich gerade um ihn. Was nicht heißen, soll, dass er nicht gearbeitet hat, aber...“

„Tony!“

Der Angesprochene griff nach der Fernbedienung und schaltete den Videobildschirm ein, auf dem die Akte des Toten aufleuchtete.

„Colonel John Smith. 48 Jahre alt, geschieden. Der Name seiner Frau ist nirgends aufgelistet, wahrscheinlich durch eine gerichtliche Verfügung. John Smith... ich wette, seine Frau hieß Jane und sie waren Profikiller, die für unterschiedliche Seiten gearbeitet haben und letztendlich hat sie ihn umgebracht.“ Tonys Augen hatten ein Leuchten angenommen, wie immer, wenn er über Filme redete. Der ehemalige Marine blickte ihn auf seine charakteristisch tadelnd-fragende Weise an und hakte nach: „Gibt es irgendeinen logischen Grund für diese Annahme, DiNozzo?“

„Nein, aber es gibt da diesen Film mit Angelina Jolie und...“

„WARUM ERZÄHLST DU MIR DAS DANN?!“

„Sorry, Boss. Er hat außerdem eine fünf Jahre alte Tochter, für die er das alleinige Sorgerecht besitzt. Er lebte ziemlich abgeschottet in einem Haus in Richmond, wo...“

„Seine Tochter. Wie heißt sie?“ Gibbs hatte sich ein gewisser Verdacht aufgedrängt. Das Mädchen (Er weigerte sich, sie selbst in Gedanken Caitlin oder Kate zu nennen) hätte gesagt, ihr Vater würde ihm ähnlich sehen... und der Colonel wies fast vollständig ergraute Haare auf, noch dazu hieß er Smith und war allein erziehend...
 

Tony blätterte ein wenig in seinen Aufzeichnungen, bevor er den Namen fand.

„Dorothea Smith. Geht auf eine spezielle Vorschule, die von der Navy gesponsert wird.“

So viel also zu der Theorie. Smith war aber auch der so ziemlich häufigste Name in Amerika. Andererseits wurde Gibbs das Gefühl nicht los, dass das Mädchen vom Tatort und der Tote sich dennoch kannten, allein schon aufgrund er Sache mit der Schule.

„Hatte er zufällig einen Bekannten bei der Navy, dessen Tochter auf dieselbe Vorschule ging?“ Der Jüngere runzelte die Stirn. Irgendwie wurden Gibbs’ Fragen immer merkwürdiger. Aber er stellte keine Fragen. Die einzige Bezahlung, die er dafür gewöhnlich bekam, waren Kopfnüsse.

„Der einzige Bekannte, den ich gefunden habe ist Lieutenant Jonas Johnson, 46, Beide haben zusammen gedient. Johnson ist noch verheiratet, zum zweiten Mal und ja, seine Tochter geht auf dieselbe Schule und sie sind sogar Nachbarn... Wie kann man nur so krank sein? Es gibt sogar eine Übereinstimmung in den Namen ihrer Kinder: Johnsons Tochter heißt Theodora, das ist...“

„Die Umkehrung, beziehungsweise das Anagramm zu Dorothea,“ komplettierte Gibbs den Satz, „Lt. Johnson nehmen wir uns als ersten Verdächtigen morgen früh vor, ich werde mich da mit McGee mal umsehen. Hat Ducky schon die Todesursache festgestellt?“

McGee, noch immer etwas grün im Gesicht, kam zurück in das Büro und beantwortete die Frage: „Er meinte, es seien zu viele Wunden gewesen, sowohl von einer Stichwaffe als auch Maschinengewehrkugeln. Die Kugeln sind noch bei Abby im Labor, die Blutproben ebenso.“

Jethro nahm den Beutel mit den Holzsplittern hervor und reichte ihn zusammen mit der Kamera Tony. „Bring das zu Abby, es wird sie freuen, wenn sie noch was zu tun hat. Und hol den Schlüssel zu Colonal Smith’ Haus aus der Asservatenkammer, dann können wir uns morgen auch gleich noch dort umsehen.“

*****

WortSpieleStillePost

Mit dröhnendem Schädel betrat Anthony DiNozzo das NCIS-Gebäude, oder eher: er wankte. Es gab Frauen, die sich mit ihren Freundinnen verabredeten, nur um sich an einem Abend mit mindestens zehn Folgen „Sex and the City“ zuzudröhnen und Tony tat nichts anderes: er feierte hin und wieder seine ganz persönlichen „Magnum“-Abende, schwelgte in Erinnerungen und betrank sich dabei in Gegenwart seiner alten Kumpels von der Highschool. Dummerweise hatte er nicht bedacht, dass er am nächsten Tag noch zur Arbeit musste. Wie gut also, dass Gibbs mit McGee gerade unterwegs nach Richmond war. Erst der Anblick seines Schreibtischs riss den Agenten aus seinem Dösen: da saß jemand. Ungläubig starrte DiNozzo auf das dunkel-brünette Mädchen auf seinem Bürostuhl, die sich gerade ein Dossier durchlas.

„Wer bist du und was machst du hier?“

Das Kind schaute mit einem Blick unendlicher Entrüstung von seiner Lektüre auf und meinte bissig: „Kate. Und ich lese.“

„Das sehe ich, aber...“ Tony hielt inne. Sie hieß KATE? Das war dich sicher nur ein dummer Zufall oder? Ohne Probleme beugte er sich etwas vor und hatte freies Sichtfeld auf den Inhalt des Dossiers – es war Gibbs Dienstakte. Die Dokumente sahen schon etwas leicht mitgenommen aus, so als hätte sie sich jemand immer wieder angesehen.

„Woher hast du das?“

„Von Tante Ziva. Ich habe sie so lange beschwatzt, bis sie nachgegeben hat. Mein Daddy war nämlich auch bei den Marines!“

„So? Und wo ist ’Tante Ziva’ denn jetzt?“

Die Frage beantwortete sich von selbst, als die junge Israelin aus dem Fahrstuhl kam. Da die Kabine aus den unteren Stockwerken kam, war sie wahrscheinlich in der Pathologie gewesen.

„Tony, hast du Gibbs gesehen? Ich such’ ihn schon überall.“

„Der ist auf dem Weg zu einem Bekannten des Opfers. Aber was fällt dir eigentlich ein, deine Nichte hier zu lassen?“

„Sie ist nicht meine Nichte, sie ist unsere Zeugin. Seh ich vielleicht aus, als würde ich gleich meine ganze Familie aus Tel Aviv mitschleppen? Dr. Mallard sagte übrigens, ihr hättet herausgefunden, dass Colonel Smith eine kleine Tochter hatte. Hat Gibbs dich irgendwie über sie ausgefragt?“

Ziva war immer leiser geworden, bis sie zum Schluss nur noch flüsterte. Sie wollte nicht so direkt vor Kate reden, für den Fall, dass der Tote tatsächlich ihr Vater sein könnte. Aber wenn dem wirklich so wäre, wäre sie dann nicht als Erstes informiert worden?

DiNozzo schien den Wink zu verstehen und ging ebenfalls ins Flüstern über, sodass die Beiden aussahen wie zwei Verschwörer.

„Er hat nur nach ihrem Namen gefragt, aber als ich ihm sagte, sie hieße Dorothy hat er nicht weiter nachgehakt.“

„Hatte sie noch weitere Vornamen?“

„Ja einen, ich glaub...“ Weiter kam Tony nicht, denn seine Gesichtszüge entgleisten auf so übertriebene Art, dass man fast hätte denken können, er parodierte eine Comicfigur. Mit entartetem Blick sah er Kate an, als wäre sie soeben seinen schlimmsten Alpträumen entsprungen – fehlte nur noch, dass er die Finger zu einem „Weiche-von-mir-Dämon“-Kreuz geschlagen hätte.
 

Gibbs stieg aus dem nachtblauen Wagen und war nicht sonderlich überrascht, festzustellen, dass Col. Smith und Lt. Johnson in zwei verschiedenen Hälften eines lachsfarbenen Doppelhauses mit angrenzendem Kinderspielplatz wohnten. Konnte eine Freundschaft, die so tief wurzelte, wohl in Feindschaft umschlagen und zu einem Mord führen?

Gerade als auch Tim McGee den Wagen verließ, klingelte Jethro’s Handy... mit einer Melodie, die wohl nur die wenigsten als die Israelische Nationalhymne erkannt hätten, eine relativ leichte melodische und auch etwas melancholische Tonfolge. McGee sah seinen Vorgesetzten auch nur deswegen schräg an, weil er sich nicht entsinnen konnte, dass Gibbs je seinen Klingelton gewechselt hätte. Überhaupt veränderte er nur selten die Einstellungen seines Handys, da er den Umgang mit Technik nicht besonders mochte. Noch bevor er ’den Hörer abnahm’, wusste er schon, wer ihn da anrief, da er diese Melodie speziell für eine gewisse Person eingerichtet hatte.

„Gibbs.“

„Boss, ich habe schlechte Neuigkeiten.“ Zivas angenehme Stimme, wie zu erwarten. Allerdings klang sie ganz leicht beunruhigt.

„Gibt es Probleme mit unserer Zeugin?“

„Wie man es nimmt... ihr vollständiger Name lautet Dorothea Caitlin Smith. SIE ist die Tochter unseres Opfers... Nicht zu fassen, dass jemand den Colonel derart verstümmelt hat, dass nicht einmal seine eigene Tochter ihn wieder erkannt hat.“

„Soll das etwa heißen, Sie sind in der Zentrale und haben einen Blick auf die Leiche geworfen?“

„Ja, na und? Die Kleine macht mir mehr Stress als meine Arbeit. Abby ist gerade vorbei gekommen und hat sich ihrer angenommen, sie schien mit Freuden dafür sorgen zu wollen, dass sich Chip um sie kümmert, anstatt ihr ins Handwerk zu pfuschen. Dr. Mallard wollte mich daran hindern, einen Blick auf den Toten zu werfen, also musste ich mich mit den Obduktionsfotos begnügen. Nicht schön, aber selten, sage ich da nur... Wer ist eigentlich Chip?“

Jethro musste ein Seufzen unterdrücken. Die Frau war wirklich härter im Nehmen, als er erwartet hatte und der Gedanke, dass seine Sorge um sie vollkommen grundlos war kratzte böse an seinem Ego. Noch mehr aber störte ihn, dass er auf einmal seiner eigenen Intuition nicht mehr vertraute – er hätte weiter nachbohren müssen, ausgerechnet er, der es selbst gewohnt war, mit dem zweiten Vornamen angesprochen zu werden.

„Also, gut, gibt es sonst noch etwas Wichtiges?“

„Nun... ich habe Kate vorerst gesagt, dass ihr Vater im Urlaub ist und dass Sie ein paar ihrer Sachen von zu Hause abholen würden. Könnten Sie das bei Gelegenheit gleich tun, Boss?“

„Bin ich Ihr Laufbursche, Officer David?“

„Sind sie derjenige, der das Kind die nächsten Tage am Rockzipfel hat?“

Er legte auf, ohne darauf zu antworten, wusste aber, dass er bei diesem Argument gar keine andere Chance hatte als nachzugeben. Die Tatsache, dass Ziva immer öfter ihre kleinen Wortgefechte gewann, war auch ein Anzeichen, dass er nach ließ. Und das bestimmt nicht, weil er alt wurde. [Das hat er auch nicht zu werden *g*]

Gibbs steckte das Mobiltelefon wieder ein und schnauzte McGee zusammen, weil der die ganze Zeit nur sinnlos in der Gegend rum gestanden hatte, anstatt schon einmal vorzugehen und mit der Befragung zu beginnen.
 

Auf ihr Klingeln hin öffnete ihnen ein kleines schwarzes Lockenköpfchen, das Jethro sofort wieder an Ziva denken ließ, abgesehen davon, dass das Mädchen einen Kurzhaarschnitt und leuchtend grüne Augen hatte. Kam er denn nicht einmal von ihr los, wenn sie Mal nicht in seiner Nähe war? Es war zum schreien.

Theodora Johnson schien das genauso zu sehen, denn beim Anblick der Fremden rannte sie panisch kreischend wieder zurück ins Haus und knallte die ziegelrote Tür vor der Nase der beiden Ermittler zu.

„Nette Begrüßung“, bemerkte Gibbs und sehnte sich mehr denn je nach einem Kaffee.
 

~*+*~

„Verzeihen Sie bitte das Verhalten meiner Tochter, sie ist unheimlich schüchtern und etwas... eigen. Besonders seit ihre beste Freundin seit gestern nicht mehr aufgetaucht ist.“

„Haben Sie schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben?“, fragte McGee vorsichtig, da Gibbs sich bewusst zurückhielt. Auf den ersten Blick schien Lt. Johnson äußerst glaubwürdig, etwas zerstreut, aber das war nicht unüblich, wenn man jemand Nahe stehendes plötzlich verschwand. Gerade jetzt versuchte Jonas Johnson einige Kissen wieder ordentlich auf die Couch zu stellen – ein Tropfen auf den heißen Stein, anbetracht der Tatsache, dass man kaum treten konnte, weil der Boden mit Spielsachen übersäht war.

„Ich wollte ja, aber sie und ihr Vater sind noch keine 24 Stunden weg.“

„Lieutenant, ich muss Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass die Leiche von John Smith gestern Abend in einem Waldstück aufgefunden wurde.“

Johnson starrte Gibbs mit den gleichen grünen Augen wie seine Tochter an ohne ihn wirklich zu sehen und ließ das Kissen in seiner Hand unbeachtet fallen. Dann musste er sich langsam setzen, wobei er sichtlich nach Worten rang.

„Nein, das ist... das kann doch gar nicht... was ist mit Kate?“

Tim blickte unangenehm berührt bei dem Namen, da er auch in Zusammenhang mit dem Fall nicht wirklich etwas damit anfangen konnte. Seine Überraschung sollte jedoch noch weit größer werden, als Gibbs zu antworten begann: „Seine Tochter ist wohlauf und in den besten Händen, glauben Sie mir“, nun gut, wenigstens das mit dem wohlauf war nicht gelogen. Gibbs fuhr fort, sobald McGee ein Diktiergerät herausgeholt und auf den Tisch gestellt hatte. „Hat Col. Smith zufällig erwähnt, wo er mit seiner Tochter hin wollte?“

Der Lieutenant schüttelte den Kopf und starrte mit matten Augen auf den Couchtisch.

„Er fuhr mit seinem Auto los, ohne sich zu verabschieden, hatte es wohl ziemlich eilig. Das war so ungefähr gegen 14 Uhr, da hat Cathy noch ihr Mittagsschläfchen gehalten.“

„Aber laut unseren Akten heißt ihr Tochter doch Theodora?“, McGee blickte noch ein Stück verwirrter drein, sofern eine Steigerung überhaupt möglich war. Er hatte noch nicht durch die ganze Sache geblickt, was auch gar nicht so einfach war.

„Cathryn ist ihr zweiter Vorname und gleichzeitig ihr Rufname.“

„Was ist mit Beziehungen? Und kennen sie jemanden, der ihren Freund am liebsten tot gesehen hätte?“

„Sie werden lachen, Agent Gibbs: darüber haben wir nie miteinander gesprochen. Seine Welt drehte sich immer nur um Kate, Frauen waren da eher Nebensache. Deshalb war die Kleine auch das einzige Gesprächsthema, das er hatte. Ich hab da ja wenigstens noch meine Frau... Sie ist übrigens gerade zu einer Kur, daher die Unordnung.“

Die beiden Agents nickten verständnisvoll, trotzdem stellte Gibbs gnadenlos weiter Fragen.

„Was ist mit seiner Ex-Frau, der Mutter seiner Tochter? Können sie mir vielleicht ihren Namen geben oder irgendeine andere Auskunft über sie?“

„Tut mir Leid, ich bin ihr nie begegnet, das war noch, bevor John und ich Nachbarn wurden. Wir sind uns durch Zufall im Einkaufszentrum wieder begegnet, kurz vor den Geburten unserer Töchter und die einzige Auskunft, die er mir gab, war, dass seine Ehe gerade in die Brüche ging.“

Der Ältere überdachte alle Aussagen noch einmal, dann nickte er. „Gut, ich danke ihnen für ihre Kooperation, sollte ihnen noch etwas einfallen, rufen sie einfach an, mein Agent wird ihnen die Nummer geben. Eines noch: Wir haben am Tatort kein Fahrzeug gefunden, könnten sie uns vielleicht noch eine Beschreibung geben, wenn möglich sogar ein Foto?“

„Natürlich, wenn sie ein paar Minuten warten würden.“
 

~*+*~

„Ziva, würdest du endlich mal aufhören hier rum zu rennen wie Falschgeld? Das macht mich nervös und stört mich beim Nichtstun!“

Ziva blieb stehen, nachdem sie nun schon die vierte Runde um die Bürotische gerannt war, und das erst nachdem sie noch mal in der Kantine war um sich einen Mango-Milchshake zu holen. Davor hatte sie bereits acht Runden gedreht und auch der Rest der Angestellten wurde schon ganz kirre.

„Ich kann’s nun mal nicht ausstehen nichts zu tun. Und beim Laufen kann ich besser nachdenken.“

„Worüber denn? Wir haben noch immer keine Anhaltspunkte!“

„Ich geh noch mal zu Abby ins Labor! Mal sehen, was die Tatortfotos ergeben haben.“

Gesagt, getan! Anthony starrte der Israelin mit einem ungläubigen Blick nach. Wie konnte man denn nur freiwillig arbeiten wollen?
 

Das Erste, was Ziva in Abbys Labor erblickte, war ein psychisch total kaputter ’Chip’, der auf einem Drehstuhl in sich zusammen sackte, während er mit halbherziger Aufmerksamkeit Caitlin beobachtete, die eine regelrechte Obsession für dieses graue Plüsch-Nilpferd entwickelt hatte, das bei jedem Drücken furzähnliche Laute von sich gab. Sie schluckte hart, als sie entdeckte, dass dem Mädchen irgendjemand tiefschwarze Fingernägel lackiert hatte. Wer das gewesen war, war wohl offensichtlich.

/Wenn dein Vater noch leben würde, dann würde er uns wahrscheinlich wegen Kindesmisshandlung anzeigen.../, raste ihr durch den Kopf – es gab schon Leute, die wegen weniger klagten.

Abby zu finden, war auch nicht schwer. Ziva musste einfach an dem Computerbildschirm suchen, der in einer übertrieben hohen Lautstärke Nightwish durch das Labor schallen ließ – in Anwesenheit von Kindern schien die Gothic wohl auf etwas ’harmlosere’ Musik umzusteigen. Sofern man Zeilen wie ~Kill me, bring me home~ [Aus „Ghost Love Score“] als harmlos bezeichnen konnte.

„Abby? Haben Sie die Tatortfotos schon belichten lassen?“ Die Beiden Frauen siezten sich noch immer, da sie noch nicht ganz ’warm’ miteinander geworden waren. Zwar kam es zu keinen Hasstiraden von Abby mehr, es sei denn sie litt gerade unter massivem Stress oder – was noch schlimmer war – unter Koffeinentzug; aber beste Freundinnen waren sie auch nicht gerade.

Dummerweise war gerade das wieder einer der Stressmomente.

„Sehe ich vielleicht so aus, als hätte ich nichts besseres zu tun? Ich muss die DNA-Spuren von dem Holzstück noch analysieren, die Art des Holzes ermitteln und der Lack läuft gerade durch das Massenspektrometer und die Blutprobe braucht auch noch ihre Zeit.“

„Also... nicht?“

„Ich hab sie eingescannt. An dem Bildschirm da vorne!“
 

Ziva suchte die Dateien durch: Unterholz mit Blutspritzern, Blutlachen mit Holzsplittern, et ceterea, et cetera... dann das gefundene lackierte Holstück...

„Viel ist es ja nicht gerade.“, stellte sie enttäuscht fest und lehnte sich etwas zurück, legte hin und wieder den Kopf schief um eine neue Perspektive auf das Bild zu bekommen.

„Mehr kann man auch nicht erwarten. Diese Trampel von der Streifenpolizei haben einfach keinen Blick für Beweisstücke. Und bei der Feuchtigkeit im Wald läuft die Zersetzung auch schneller. Das heißt, besonders die DNA wird angegriffen.“

Trotzdem war es Ziva zu wenig. Da schien jemand professionelles am Werk gewesen zu sein. Aber warum hatte man die Leiche dann liegen lassen? Es sei denn, man wollte, dass sie gefunden wird. Aber ohne Beweise konnte man nichts genaueres sagen und die Langeweile kam zurück. Um sich die Zeit zu vertreiben, begann Ziva sich auf ihren Schul-Kunstunterricht zurück zu besinnen und die Bildkomposition zu loben.

Dann, ohne Vorwarnung, stand sie so abrupt auf, dass der Drehstuhl auf dem sie saß lauthals umkippte.

„Hey lassen Sie gefälligst meine Einrichtung ganz!“

„Die Blutspritzer sind nicht richtig!“

„Wie?“ Abby verließ ihren Warteplatz am Massenspektrometer und stellte sich hinter ihre Kollegin, um einen anständigen Blick auf die Bilder zu haben.

Ziva kreiste mit der Maus um einige auffällige Stellen.

„Die Blutspritzer treten zwar an einigen Rändern der Lachen auf, aber nur sehr kurz und in alle Richtungen verlaufend, außerdem werden die Ränder von den Blutlachen durchbrochen. Die kreisförmige Anordnung der Spritzer würde demnach bedeuten, dass die Einschüsse erst entstanden sind, als das Opfer bereits lag, sodass das austretende Blut die vorherigen Spuren überdeckte. Und selbst da schien jemand bedacht darauf, nicht eine der Hauptadern zu treffen, die würden auch sehr weitläufige Spritzer erzeugen.“

„So wie in ’Dracula – tot aber glücklich’,“ Abby grinste bei dem Gedanken an diese Horrorfilmparodie, „Da gibt es die Szene, wo Jonathan Harker versucht Lucy Westenra zu pfählen und dann kommt da eine riesige Fontäne aus...“

Die Gothic verstummte bei dem Blick, den Ziva ihr zuwarf. Irgendwie erinnerte es sie sehr stark an Gibbs – warum auch immer. Der Gedanke wurde unterbrochen von dem typischen Rattern eines arbeitenden Laserdruckers – die Ergebnisse des Spektrometers kamen gerade. Abby warf nur Sekunden einen Blick auf das Blatt, rannte dann zurück zu dem PC, an dem Ziva saß und tippte bei Google irgendeinen ellenlangen chemischen Formelnamen ein, zusammen mit den Wörtern „Lack“ und „Holz“.

„Bingo! Der Lack wird vor allem verwendet in der Herstellung von Pfeilen und zwar ausschließlich von der Firma ArrowDowns, die haben ein Patent dafür.“

„Wie Pfeile? So echte, zum Bogenschießen?“

„Nein, Goldene für die Engelchen da oben. Natürlich zum Bogenschießen! Sobald ich weiß, welche Holzsorte das ist, kann ich eine Liste der Käufer erstellen.“

„Aber Dr. Mallard hat doch gar keine Wunden gefunden, die von einem Pfeil stammen, oder?“

„Schon mal einen Stecknadeleinstich in einem Pfund Hackfleisch gesehen?“

Ziva schwieg dazu, weil sie zugeben musste, dass Abby recht hatte.
 

~*+*~

Das Interieur von Colonel Smith sah um einiges penibler und übertrieben gepflegter als das von Johnson aus. Dass er bei seiner Abreise in Eile gewesen war, erkannte man keineswegs. Sie hatten sich bereits zum ersten Stockwerk durchgearbeitet

„Hast du was gefunden, McGee?“

„Negativ, Boss. Keine Medikamente, bis auf ein paar Päckchen Aspirin, keine Hinweise, dass er bei jemandem Schulden hatte, keinerlei Bilder von Ex-Freundinnen oder Ex-Frauen, zumindest keine, auf denen der Colonel mit Frauen zu sehen ist. Aber in seinem Billardzimmer hängen Unmengen von Bildern mit irgendwelchen Misswahl-Teilnehmerinnen. Ich hab’ fotografiert, vielleicht werden sie ja noch mal wichtig. Direkt an der Wand gegenüber sind Auszeichnungen von ihm und seiner Tochter. Ansonsten... gar nichts. Nicht einmal eine Waffe, was für jemanden bei der Marine ziemlich unwahrscheinlich ist. Äh... Boss? Was tun Sie da?“

Tim sah ungläubig dabei zu, wie sein Vorgesetzter in einem Kinderzimmer, das unter der Last zahlreicher „Hello Kitty!“- und „Pucca“-Artikel fast zusammenbrach, einen Rucksack herausgeholt hatte und dort nun Kleidungsstücke und kleinere Spielsachen einpackte. War das nicht Diebstahl? Und überhaupt, was wollte Gibbs mit dem Zeug?

„Ich habe Ziva damit beauftragt, auf die Tochter von Smith aufzupassen und das Kind braucht Wechselsachen.“

„Oh.“

Der ältere Special Agent stoppte plötzlich beim Wühlen in dem Kinderkleiderschrank und zog zwischen einem rosafarbenen und einem weißen T-Shirt eine Pistole hervor.

„Hätten wir die Sache mit der Waffe also geklärt. Das ist eine Ruger, so wie es aussieht... aber warum versteckt er sie im Kinderzimmer?“

“Vielleicht weil es der Ort ist, wo er in einem Notfall sofort nachsieht,“ schlug McGee vor und sein Chef schien die Idee nicht einmal allzu dumm zu finden. Zumindest widersprach er nicht.
 

~*+*~

Sie waren kaum wieder in der Navy CIS-Zentrale angekommen, als Gibbs auch schon wieder runter in die Pathologie fuhr, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. Überraschenderweise lag die Leiche von Colonel Smith immer noch oder schon wieder auf dem Obduktionstisch. Mit jeder Stunde, die verstrich, sah der Körper unansehnlicher aus, besonders die Schnittwunden im Gesicht wirkten unangenehm und verstörend.

„Immer noch nicht fertig, Ducky?“

„Ich wollte unser Opfer gerade wegräumen, Jethro, da kam Miss David herein und machte mich auf etwas aufmerksam. So eine reizende Person, so nett und zuvorkommend. Und wissbegierig! Sie hat doch tatsächlich eine ganze halbe Stunde da gestanden und sich meine Erläuterungen mit Interesse angehört. Ich hätte nie gedacht, dass nach Kates Ableben je wieder ein solcher Sonnenstrahl unsere Hallen erhellt...“

Mit ehrlicher tief greifender Rührung sah der gesprächige Pathologe kurz von seiner Arbeit auf und starrte verträumt ins Leere. Gibbs hatte ihn dieses eine Mal ausreden lassen wollen, auch wenn er sich immer noch nicht ganz an den Gedanken gewöhnen wollte, dass es nie wieder so sein sollte wie vorher. Und ausgerechnet hier fand er die Bestätigung, dass er offensichtlich nicht der einzige war, der Ziva Davids Güte und Heiterkeit erkannt hatte.

„Also, was hast du herausgefunden?“

„Der Lebertemperatur nach zu folgen ist der Colonel gestern Nachmittag gestorben, so gegen 16 Uhr. Tod durch langsames verbluten.“

„Er ist nicht erschossen worden?“

„Nein, zumindest nicht, als er noch lebte. Wie bereits erwähnt, war Miss David hier, direkt nach dem sie die Tatortfotos untersucht hatte. Sie meinte, dass die Schuss- und Stichwunden zugefügt wurden, sobald das Opfer lag. Das würde auch die nur schwach ausgebildeten Totenflecken auf dem Rücken erklären. Außerdem bat sie mich, nach Treffern von Pfeilspitzen zu suchen.“

„Pfeilspitzen?“

„Offenbar stammt das abgebrochene Holzstück, das du gefunden hast, von einem. Jedenfalls bei genauerem hinsehen habe ich tatsächlich einen solchen Abdruck entdeckt.“ Ducky drehte die Leiche ein Stück zur Seite, sodass der Blick auf den Nacken des Toten frei wurde, in dem sich ein blauer Fleck gebildet hatte, der länger war als breit. „Auffällig dabei ist, dass die Haut an sich dabei nicht zerstört wurde, die Pfeilspitze war höchstwahrscheinlich stumpf gefeilt worden. Der Abdruck ist aber genau über dem Zwischenraum zweier Halswirbel, über einem Nervenzentrum. Ausreichender Druck, wie zum Beispiel durch diesen stumpfen Pfeil, würde eine zeitweilige Lähmung bewirken. Das erinnert mich daran, dass es einen Punkt im Nacken gibt, wenn man den mit etwas dünnen wie einer Nadel durchsticht, dann staut sich das Blut im Gehirn, bis...“

„DUCKY!!!“

Dr. Mallard zuckte kurz zusammen und fragte sich im Stillen, weshalb nicht ausnahmsweise Ziva noch einmal da sein konnte anstelle von Gibbs. Permanent wurde man unterbrochen und ignoriert und so was nannte sich dann ’Arbeitsklima’!

„Ja, ja, ist ja schon gut. Nach der Lähmung wurde das Opfer dann hingelegt und mit einer scharfen Klinge, mit ziemlicher Sicherheit ein Messer, an mehreren Stellen in die Gliedmaßen eingestochen, wobei die großen Blut tragenden Adern bewusst und mit fast chirurgischer Präzision unbeschadet blieben, um den Colonel so langsam sterben zu lassen, wie möglich. Dabei wurden dann auch die Gesichtszüge verstümmelt. Was mich stutzig macht, ist, dass man normalerweise vermuten würde, dass das dazu dienen sollte, eine Identifizierung unmöglich zu machen. Wenn dem aber so wäre...“

„Warum wurden Arme und Beine dann nicht abgetrennt?“, vervollständigte Gibbs nachdenklich den Satz. Immerhin wusste er, dass die übliche Verfahrensweise in so einem Fall die Identifizierung über Fingerabdrücke war. Gibbs nahm einen tiefen Schluck von seinem Kaffee und fragte dann nach dem Maschinengewehr.

„Die Einschläge der Kugeln lagen vor allem in den Bereichen, wo vorher Stichwunden zugefügt wurden, also den Gliedmaßen. Und das ganz ohne die Hände oder das Gesicht zu beschädigen. Das Opfer muss zu dem Zeitpunkt bereits ausgeblutet gewesen sein, da die Blutspritzer sonst weiter verteilt gewesen wären. Außerdem hat der Täter zu dem Zeitpunkt am Kopfende der Leiche gestanden, der Winkel der Einschusslöcher lässt darauf schließen. Der Einschlagwinkel des Pfeils war übrigens exakt 90°, ich hoffe, du weißt, was das heißt.“

Da Pfeile stets auf Augenhöhe abgeschossen wurden, war es offensichtlich, worauf der Pathologe hinaus wollte. „Der Täter war kleiner als Col. Smith, wenn man davon ausgeht, dass er vielleicht auf einer Baumwurzel gestanden sogar noch mehr, vielleicht einen Kopf Unterschied... Wahrscheinlich eine Frau.“

„Das lässt sich nicht so sagen.“

„Oh doch, Ducky, das tut es. Das war kein Mord – das war eine Hinrichtung. Zu solch berechnendem Hass ist man nicht fähig, wenn man das Opfer nur flüchtig kannte. Und der Colonel hatte nur engeren Kontakt zu seiner Tochter, seinem Nachbarn und einigen Liebschaften. Lt. Johnson war aber fast gleich groß, wenn nicht noch größer. Der Täter ist ganz sicher eine Frau. Und sie spielt mit uns. Es war Absicht, dass wir das Stück Holz gefunden haben, genauso wie die Hände erhalten blieben sollen.“

„Und der Täter hat uns eine Nachricht hinterlassen. In der Luftröhre des Opfers steckte ein Zettel, mit Computer geschrieben, wenn auch ziemlich aufgeweicht und verwischt. Abby ist gerade dabei...“

Ducky drehte sich um und musste feststellen, dass Gibbs schon wieder auf halbem Wege ins Labor war.
 

Das Labor ähnelte eher einem Kinosaal: sämtliche Special Agents starrten auf die weiße Wand, an die Abby per Beamer (den McGee innerhalb von Minuten angeschlossen hatte) das Abbild ihres Monitors projizierte. Sie hatte den Zettel eingescannt und versuchte nun mittels Programm, die Schrift heraus zu kontrastieren. Langsam kristallisierten sich erste Buchstaben heraus. Und genau das waren es auch: Buchstaben, nur weniges davon ergab einen Sinn.
 

„Jod WolframJodLL SchwefelHolmiumW YttriumOUran FluorEArgon Indium A HAStickDFluorUL SauerF DuranST
 

P.S.: e“

*****

So, wer den Code knackt, dem gebe ich eine Eins! XD Man merkt, dass ich nix zu tun habe, oder? Ich bin ja so ein Freak! War da nicht noch was namens ABI? *gulp*

Es ist vielleicht aufgefallen, dass Ziva nicht ganz so häufig in diesem Kapitel aufgetreten ist, das hat Storygründe, immerhin muss ich ja erst mal den Fall etwas verklickern und entwickeln lassen. Aber keine Angst: dafür wird sie später fast ganz allein mit Gibbs auftreten *g*

Fremdwörter

.:Kapitel 4 – Fremdwörter:.
 

Disclaimer: NCIS ist immer noch nicht meine, das gilt auch für Aspirin, und ich mach kein Geld mit der Sache hier.
 

„Blickt da noch jemand nicht durch?“, dachte Tony laut, worauf er prompt von Gibbs eine entsprechende Antwort bekam. „Als ob du je bei irgendetwas durchblickst. Was die Nachricht betrifft, das muss ein Code sein. Einer, den wir nicht kennen. Noch nicht. McGee, kümmer dich darum.“

Tim blickte etwas missmutig drein, vor allem, weil er so schon wieder von Abby weg musste, schnappte sich dann aber einen Notizzettel und verschwand, nachdem er den Code abgekritzelt hatte, wieder an seinen Computer.

„Also, Abby, was hast du außerdem für mich?“

„Das ist ’ne verdammt gute Frage, Gibbs!“, erwiderte die Ballistikerin und deutete mit beiden Zeigefingern auf ihren Vorgesetzten. Während sie erläuterte, unterstrich sie wie gewöhnlich das Gesagte mit sehr ausladenden Gesten, sodass Tony mehr auf ihre Hände als auf ihre Worte achtete. „Also, die DNA, die ich gefunden habe, stammt ganz eindeutig NUR von unserem Toten. Da war jemand ganz sauber, als er sein Gewissen beschmutzt hat. Im Blut des Toten war auch nichts auffälliges, kein Alkohol, keine Drogen. Das Einzige, was ich fand, war Acetylsalicylsäure, winzige Mengen Natrimhydrogencarbonat und ein Zitronensäure-Natriumcitratgemisch.“ Sie grinste triumphierend, auch wenn alle anderen Anwesenden etwas verständnislos drein sahen. Das hieß, fast alle.

Ziva fragte nur verdutzt: „Kein Vitamin C?“, womit sie diejenige war, die nun die Blicke auf sich zog. DiNozzo und Gibbs staunten nicht schlecht, als sich plötzlich ein richtiges Fachchinesisch-Duett zwischen den Beiden vollkommen unterschiedlichen Frauen aufspannte.

„Nein, kein Vitamin C.“

„Und Salicylsäure?“

„Nur in sehr geringen Mengen.“

„Also ist er gestorben, kurz nachdem es anfing zu wirken. Clever... ich meine, wie gemein. Wie viele Tabletten hat er sich eingeschmissen?“

„Vier.“

„Das ist aber nicht gut, auf der Packung steht...“

“HEY!“ Gibbs Aufschrei ließ die Beiden zusammenzucken. “Geht das vielleicht auch mal verständlich?” Ziva und Abby tauschten Blicke aus, und Abby meinte knapp: “Er hatte Kopfschmerzen.“

„WAS?“

„Acetylsalicylsäure, kurz ASS, ist der Hauptbestandteil von Aspirin, die restlichen Stoffe im Blut haben mir verraten, dass es eine Brausetablette gewesen sein muss. Als Brausetablette sind aber nur Aspirin Plus C und Aspirin Migräne erhältlich, also muss er Migräne gehabt haben, wenn wir kein Vitamin C gefunden haben. Außerdem wird ASS schnell zersetzt, in Salicylsäure, kurz SS, und einen Essigsäurerest [Der dann in die Zellatmung einfließt]. Der Wirkstoff war aber kaum zersetzt, also muss er kurz nach Einnahme des Medikaments gestorben sein. Wahrscheinlich hat der Täter geradezu darauf gewartet, dass Col. Smith die Tabletten nimmt.“

„Wie kommst du darauf?“

Diesmal war es Ziva, die antwortete: „Aspirin hat den Nebeneffekt, dass es nicht nur auf die Enzyme wirkt, die den Schmerz auslösen, sondern es wirkt auch noch viel stärker auf die Thrombozytenaggregation ein, deshalb wird Aspirin nicht selten auch zur Vorbeugung bei Schlaganfällen benutzt.“ Die Blicke von Gibbs und Tony wurden immer fragender. Es war schon schlimm genug, dass Abby ständig irgendetwas unverständliches faselte, aber auch noch Ziva! Die merkte, was los war und benahm sich wieder einigermaßen normal.

„Was ich sagen wollte, ist, das Blut wird verdünnt. Außerdem hat der Colonel ohnehin zu viel genommen. Bei Migräneattacken soll man nur zwei Tabletten auf einmal nehmen, unser Opfer hat aber vier genommen, das machen nur Leute, die Aspirin regelmäßig, aber in größeren Abständen nehmen, also Leute mit chronischen Schmerzen, die aber unregelmäßig auftauchen, so wie mein Vater, der hat auch ständig Migräne. Ich sage ihm immer, wenn er nicht damit aufhört Aspirin zu schlucken und mal angeschossen wird, dann wird er ausbluten wie ein angestochenes Kalb, aber...“

„Wenn Sie meine Tochter wären, würde ich auch chronische Migräne bekommen,“ kommentierte Gibbs das Ganze nur, den empörten Gesichtsausdruck der Israelin ignorierend, „Also zusammenfassend kann man annehmen, dass der Täter von der Sache mit dem Aspirin gewusst hat und es in seine Mordpläne integriert hat... vielleicht war es auch ein spontaner Einfall, aus der Situation heraus.“

„HA!“, rief Abby ohne Grund aus, hüpfte einmal kurz auf und lief dann wieder zu dem Laptop. Sie schloss das Programm, mit dem sie die Aufschrift des Zettels entziffert hatten und öffnete ein anderes Bild, das von einer mikroskopischen Aufzeichnung stammte. Einige Holzmaserungen wurden von dem Beamer an die Wand gestrahlt.

„Das ist der Beweis, dass das Aspirin Bestandteil des Plans war. Das Holz des Pfeilsplitters, den du am Tatort gefunden hast ist aus Purpurweide.“

„Ich habe noch nie eine purpurfarbene Weide gesehen...“, bemerkte Tony mit kritischem Blick auf das Bild – das ihm rein gar nichts sagte, „und überhaupt: was hat das mit dem Fall zu tun?“

Wieder war es Ziva, die darauf antwortete: „Der lateinische Name dieses Baumes ist Salix purpurea. In der Antike, besonders zu Zeiten des Arztes Hippokrates verwendete man einen speziellen Weidensud als Schmerzmittel, der denselben Stoff enthielt, wie heute das Aspirin. Von dem lateinischen Wort für Weide – Salix – leitete sich daher auch der Trivialname des Wirkstoffes ab: AcetylSALICYLsäure.“

„Wo lernt man eigentlich so was?“

„In der Schule, Tony. Da, wo du anscheinend nicht warst. Außerdem habe ich meine BELL zu dem Thema Aspirin geschrieben.“

„Was ist eine BELL?“

„Besondere Lernleistung. So eine Art Facharbeit.“

„Streber.“

Gibbs war mittlerweile hinter seine beiden Agents getreten und krempelte in aller Seelenruhe seine Ärmel hoch. Die Beiden Zankenden bekamen davon nur wenig mit und Abby grinste in freudiger Erwartung des Kommenden. Gibbs haute Beiden auf den Hinterkopf – Tony mit der rechten, Ziva mit der linken Hand, sodass natürlich der Schlag, den Ziva abbekam weit schwächer war.

„Wenn ihr Beiden dann fertig seid mit streiten, könntet ihr vielleicht auch mal arbeiten! Abby, hast du noch was, mit dem ich auch was anfangen lässt?“

„Na ja, Pfeile aus Purpurweide werden selten hergestellt, um genau zu sein sind es Spezialanfertigungen. Ich habe eine Liste mit allen Käufern der letzten Monate erstellt – hauptsächlich High-Society-Schützenvereine.“

„Ziva, Tony: überprüft jedes einzelne Mitglied, ob sie je Kontakt zu unserem Toten hatten und selbst wenn nicht, achtet auf andere Auffälligkeiten.“

Tony war schon los gerast, aber Ziva stand noch immer da, und zwirbelte ganz in Gedanken eine ihrer schwarzen Locken zwischen den Fingern. Gibbs kannte ihren Gesichtsausdruck, genau denselben hochkonzentrierten Blick hatte er auch immer, wenn seine Intuition ihm sagte, dass etwas nicht stimmte. Selbst wenn er zu dem Zeitpunkt noch nicht genau wusste, was das war.

„Ist irgendetwas, Agent David? Brauchen Sie vielleicht eine Einladung?“

„Ich habe mich nur gefragt ob... ach, nicht so wichtig. Vergessen Sie’s. Ich habe nur kein gutes Gefühl bei der Sache. Es ist viel zu einfach.“

„Wie meinen Sie das?“

„Es ist... wie ein Rätsel. Sobald man einen Ansatz hat, scheint einem die Lösung vollkommen klar zu sein. Ich meine, wir haben so wenig Anhaltspunkte, dennoch fliegt uns die Lösung förmlich zu.“

Gibbs nickte kaum merklich. Er wusste genau, was sie meinte. Fast hatte er das Gefühl, da spielte jemand mit ihnen, testete sie aus. Ari Haswari hätte wohl seine reine Freude daran gehabt.
 

~*+*~

So viel zum Thema ’der Fall sei zu einfach und die Antwort flöge ihnen zu’: Ziva saß jetzt schon eine geschlagene Stunde vor ihrem Rechner und überprüfte die Personalien irgendwelcher versnobter Clubmitglieder ohne Erfolg. Das Einzige, was ihr dabei ins Auge sprangen, waren die gelegentlichen Fehlermeldungen ihres Computers, dann hieß es erst mal den Zettel raus holen, den McGee ihr zusammen gestellt hatte und nachschauen, wie sie das hässliche graue Fenster wieder weg bekam.

Tim McGee selbst war auch schon einem Heulkrampf nahe. Keiner seiner Dechiffrierungscodes schlug bei dem Text an oder ergab auch nur einen halbwegs sinnvollen Satz. Ziva beschloss, ihre Arbeit stehen zu lassen und nachzusehen. Sie hatte Gibbs eigentlich sagen wollen, dass irgendetwas an dem Code auffällig war, jedenfalls juckte es sie schrecklich in den Fingern, wenn sie daran dachte. Da war etwas, das regelrecht danach schrie, entdeckt zu werden, etwas, das sie verspottete, weil sie die Lösung einfach nicht fand.

Kurzerhand nahm sie sich Zettel und Stift und ging zu dem Schreibtisch ihres Kollegen. Tony, der keine Lust hatte, überhaupt irgendwas zu machen, dachte sich wohl, dass das interessant werden könnte – und leistete den Beiden prompt Gesellschaft.

„Ziva, was wird das denn? Wenn Bambino das Ding nicht knackt, dann schafft es keiner. Erst recht nicht du.“

„Hat er mich gerade gelobt?“, fragte Erwähnter fassungslos, weil ihm der Gedanke irgendwie unheimlich war.

„Schon, aber nur, um mir eins reinwürgen zu können.“

„Oh, das klärt natürlich alles.“

Die ehemalige Mossad-Agentin fixierte die Zeilen noch einmal.

/Jod WolframJodLL SchwefelHolmiumW YttriumOUran FluorEArgon Indium A HAStickDFluorUL SauerF DuranST

P.S.: e/

Das letzte störte sie besonders. Es entsprach keineswegs dem restlichen Muster. War das vielleicht der ’Schlüssel’, den man für den Code brauchte?

/Gut… was hab ich hier? Wörter in Bruchstücken, in einer Sprache, die nicht meine Muttersprache ist. Aber es sind teilweise richtige Wörter… selbst wenn sie keinen Sinn ergeben. Ich muss abstrakt denken… abstrahieren…/

Sie begann, es abzuschreiben – so, dass sie es besser lesen konnte, in ihrer Sprache, zumindest das, was sie in ihre Sprache übersetzen konnte. Einzelne Buchstaben, die nicht mal Silben bildeten, blieben dabei stehen. DiNozzo hampelte wie verrückt hinter ihr rum, streckte sich, nur um einen besseren Blick, auf den Zettel zu haben. Nicht, dass er so klein gewesen wäre, er stand nur gerade in einem sehr ungünstigen Winkel, außerdem konnte er kein bisschen lesen.

„Ziva, wir verstehen schon so nichts, da wird es in kyrillisch auch nicht gerade besser.“

„Das ist Neuhebräisch, du Schmock. Und du vielleicht nicht, aber…“ Die Israelin stoppte, blickte dann noch einmal auf den Zettel und rannte dann, einer spontanen Eingebung folgend, weg, nicht ohne einmal laut in ihrer Muttersprache zu fluchen.

„Sie hat mich Schmock genannt...“, jammerte Tony wie ein kleines Kind.

„Wahrscheinlich ist sie einfach gereizt. Ich meine, sonst beleidigt sie dich ja auf einem höherem Niveau als deinem.“
 

Ziva rannte zu ihrem Spind, schloss ihn hektisch auf und griff nach einem kleinen Umschlag. Sie holte den Inhalt, eine Reihe von alten Fotos, heraus, schloss das Fach wieder ab und lief dann wieder zurück zu den Büroräumen, während sie die Bilder durchsah.

Babyfotos, Sie und ihre Schwestern zusammen beim baden, Schuleinführung, Chanukka in der Familie, Bat Mizwa, DA!

Kaum hatte sie das Foto gefunden, das sie gesucht hatte, rannte sie genau in jemanden hinein, der gerade aus der Richtung von Abbys Labor kam. Natürlich war es Gibbs – bei ihrem Glück, wer hätte es denn sonst sein sollen? – und der blickte seinen Agent auch gleich ziemlich schräg an. Unaufmerksamkeit, so etwas kannte er bei der Jüngeren nicht, schon gar nicht, dass sie geistig abwesend durch die Gegend lief und nicht auf ihre Umwelt achtete. Und das wegen einem kleinen Stapel Fotos der durch den Zusammenstoß zu Boden gesegelt war. Erneut fluchend (auch eine Sache, die bei Ziva nur sehr selten vor kam) sammelte sie die Erinnerungsstücke wieder ein, wobei sie das Gesuchte nach ganz oben legte. Dass eines direkt in den Schatten eines Schreibtisches gefallen war, blieb für die Israelin unbemerkt.

„Sie legen sich anscheinend gerne mit mir an, oder? Wenn sie schon freiwillig arbeiten wollen, dann verplempern sie meine Zeit nicht, indem Sie Familienfotos sortieren!“

Ziva wurde leicht rosa vor Scham um die Nasenspitze und machte, dass sie zurück an McGees Tisch kam, Gibbs ihr dicht auf den Fersen. Vielleicht konnte sie die Situation ja doch noch retten.

Sie nahm das Notizzettelchen und hielt es neben das Foto.

„McGee, können sie mir einen Gefallen tun? Kopieren sie den Text mal in ein neues Word-Dokument und tun sie dann genau, was ich sage.“

„O... okay.“ Der Agent blickte nervös zwischen Gibbs und Ziva hin und her, aber da sein Chef keinen anschnauzte, sondern nur abwartend da stand, ließ er sich recht schnell überreden. Wenn die Schwarzhaarige meinte, sie hätte einen Lösungsansatz, wäre das einen Versuch wert.

„Ersetzen Sie das Jod durch ein großes I. Das Wolfram... durch ein W. Schwefel durch S. Holmium durch Ho...“ Noch während ihre dunklen Augen ständig zwischen dem Foto und dem Zettel pendelte, wobei sie manchmal wirklich die Augen zusammen kneifen musste, um etwas von dem Bild erkennen zu können, spürte sie Gibbs Blick in ihrem Nacken und es löste eine Gänsehaut bei ihr aus. „...Yttrium durch Y, Uran durch... warten Sie, das kann ich nicht lesen.“

Ziva seufzte tief und massierte sich die Schläfen, dann legte sie das Foto beiseite und versuchte sich zu erinnern.

„Also, Uran war U... Fluor war F? Argon ist Ar, Indium ist In... Stickstoff ist N...“
 

Fünf Minuten später war das Ergebnis klar.
 

„Und an Duran kann ich mich nicht mehr erinnern, das ist aber wahrscheinlich D oder Du.“

„Bingo!“, rief McGee aus.

Die Nachricht sah plötzlich viel eindeutiger aus.

~I WILL SHoW YOU FEAr In A HANDFUL OF DuST~

“Was genau haben Sie gerade gemacht?“, fragte Gibbs zu Recht erstaunt und die Blicke von DiNozzo und McGee verrieten, dass es ihnen genauso ging.

„Sehen Sie die letzte Zeile? Da steht erst mal P.S., also Post Scriptum, was als Kürzel für Briefanhänge steht.“

“Das weiß ich auch.“

„...Aber als ich die Worte in Hebräisch gesehen habe, kamen sie mir auf einmal viel bekannter vor und dann fiel mir auf, dass wenn man die Satzzeichen weg lässt, da nichts weiter steht als PSE, und das ist die allgemeine Abkürzung für...“

„Das Periodensystem der Elemente...,“ ergänzte Tim erstaunt und fragte sich innerlich, warum er nicht darauf gekommen ist, „... man muss also nur die chemischen Stoffe durch ihre Elementsymbole ersetzten, die im PSE stehen, wobei bei Sauerstoff und Stickstoff die Endung entfernt wurde, damit es nicht so offensichtlich aussieht.“

Tony hatte schon wieder das Interesse an dem neuen Wunderkind des NCIS verloren und sich derweil das Foto geschnappt, dass sie so achtlos weg gelegt hatte und grinste.

„Meine Güte, Ziva, bist du das wirklich? Diese Freaks, die da neben dir stehen, sind doch nicht etwa deine Freunde?“

Die Israelin bemerkte erst jetzt, was ihr Kollege, da in der Hand hielt und versuchte, ihm Schläge anzudrohen, sollte er es nicht auf der Stelle zurück geben, befand es allerdings ihrer nicht würdig, tatsächlich danach zu springen oder deswegen zu zu schlagen. Der Italienisch-stämmige reizte die Situation sogar noch weiter aus, indem er ihr mit dem Bild immer wieder vor der Nase herum wedelte. Gibbs entriss ihm das Foto mit einer schnellen Handbewegung und verpasste Tony noch eine Kopfnuss – anscheinend wollte der Jüngere es nicht anders. Dann reichte er Ziva ihr Eigentum zurück.

„Keine Ahnung, was du hast, DiNozzo, sie hat sich nun wirklich nicht viel verändert,“ bemerkte ihr Vorgesetzter nur knapp und drehte sich förmlich auf den Absätzen um, als er zurück zu seinem Schreibtisch lief. „Und jetzt geht wieder an die Arbeit. McGee, finde heraus, was der Satz zu bedeuten hat.“

Ziva drückte ihr Foto an sich und musste fest stellen, das ihr Herz nicht nur eine beschleunigte Frequenz angenommen hatte, sondern die Wärme ihres Gesichtes verriet ihr auch noch, dass sie wohl rot geworden war. Einerseits war es ihr schon peinlich genug, dass Gibbs dieses Foto gesehen hatte, das aus der zehnten Klasse stammte. Die Bezeichnung ’Streber’ passte wahrscheinlich dazu wie die Faust aufs Auge: Zu der Zeit hatte die junge Frau noch ihre Brille tragen müssen, ihre Gesichtszüge waren noch weicher gewesen als jetzt, schon fast babyhaft niedlich und dafür hasste sie sich am meisten. Zudem stammte die Aufnahme von einem Chemie-Wettbewerb, weshalb sie und ihr Team auch T-Shirts mit der hebräischen Ausgabe des Periodensystems an hatten – der eigentliche Grund, warum sie das Foto gebraucht hatte – und ja, es war so einiges beim Experimentieren schief gegangen, was den Ruß auf ihrem Gesicht erklärte.

Aber das war nicht der einzige Grund für ihre heftige Reaktion. Gibbs hatte sich für sie eingesetzt und darüber hinaus... hatte er gelächelt.

Als er seine graublauen Augen auf das Foto gerichtet hatte, hatte sich tatsächlich ein zögerliches Lächeln auf seine Lippen gestohlen, so subtil, dass er es selbst vielleicht nicht einmal bemerkt hatte. Es war eine dieser Seiten an ihm, wegen der man ihn einfach lieben musste, aber nicht konnte, weil er sie fast nie zeigte. Ziva war nur glücklich, dass McGee so beschäftigt mit seiner Arbeit war, dass er nicht auf die Idee kam, einen Blick auf sie zu werfen und so bekam niemand etwas von ihrem auffälligen Verhalten mit. Dank jahrelangem autogenen Training schaffte die Agentin es, ihren Puls wieder zu normalisieren und sich gefasst an ihren Platz zu setzen, auch wenn die Tastatur ihr auf einmal vorkam, wie etwas Fremdes, das sie noch nie gesehen hatte, Die Worte auf ihrem Monitor waren schier unverständlich und wollten keinerlei Sinn ergeben. Wie konnte so ein kleines Lächeln sie nur so aus der Fassung reißen?

Tony hingegen war gar nicht erst bis zu seinen Platz gekommen, weil ihm ein zweites Foto auf dem Boden aufgefallen war. Was hatte er wohl gehofft zu finden? Einen weiteren Beleg aus Zivas Vergangenheit, den sie lieber vergessen würde? Wenn dem so war, dann fand er genau das, was er suchte, doch die Überraschung war eine äußerst negative.

Die einzigem Gedanken, die er klar fassen konnte, bewirkten, dass sich sein Magen fast umdrehte und er fühlte sich so verraten, wie noch nie. Er hätte nie gedacht, nie vermutet, dass...

Ziva.

Ziva und Ari.

*****

Fwahaha, bin ich gemein, an so einer Stelle aufzuhören. Das wird unschön, definitiv. Und ich plemper schon wieder viel zu lange rum. Das wird dauern, allerdings bemühe ich mich pfleglichst, endlich ein bisschen mehr Romance rein zu bringen. Natürlich geht das nicht so schnell, wenn man sich mal Gibbs und Zivas Charakter anguckt.

Kein Tag mit Schutzumschlag

~I wish I could touch you again

I wish I could still call you a friend

I’d give anything~ (Pink, “Who knew”)
 

„Ziva, könntest du die Güte haben, mir was zu erklären? Es gibt da etwas, das ich nicht ganz verstehe.“

Tonys Stimme hatte einen merkwürdig hohlen Klang, der Ziva bereits alarmierte, noch bevor sie wusste, warum. Dann fiel ihr auf, was ihr Kollege in den Händen hielt, sie konnte zwar nicht erkennen, was auf dem Foto abgebildet war, aber DiNozzos zitternde Hand, die es hielt, sprach Bände, auch, dass er die andere zur Faust ballte.

„Ich bilde mir ein, du hättest mal gesagt, du würdest die Ehrlichkeit schätzen, die wir dir entgegen bringen. Mich würde allerdings mal interessieren, wie es mit DEINER Ehrlichkeit UNS Gegenüber aussieht. Ich hoffe, du hast das hier nicht vermisst.“

Er hielt ihr das Foto jetzt direkt vor die Nase und bestätigte somit die schlimmsten Befürchtungen der Israelin. Es war das Bild, auf dem sie direkt vor ihrer Schule stand, einer jener „Privatschulen, die unter der Schirmherrschaft religiöser und internationaler Organisationen arbeiteten“, wie sie sich nur wenige leisten konnten und hielt stolz ihre Prüfungsergebnisse in die Kamera, die sie zur Oberstufe zulassen würden, in der man dann zwischen eine akademischen, technologischen, agrarwissenschaftlichen oder militärischen Fachrichtung wählen konnte. Direkt hinter ihrem 17-jährigen selbst stand die Person, die ihr immer mehr zu einer Art Ersatzvater geworden war – Ari.

Aber das letzte, was Tony wohl vermuten würde, war, dass es sich hier um ein Geschwisterpaar handelte.

„Tony, ich...“

„Wirst du uns wohl auch fallen lassen wie heiße Kartoffeln, wenn wir dir lästig werden?“

Plötzlich riss Gibbs Geduldsfaden. „DiNozzo, RAUS! SOFORT!“

„Boss, sie...“

„ICH SAGTE RAUS! DAS KLÄREN WIR SPÄTER!“

McGee sah total verschüchtert zu, wie ein stinkwütender Special Agent die Büroräume verließ, das Foto wütend auf Gibbs Schreibtisch knallend und die Tür hinter sich zu schmeißend. Der Ältere hingegen zuckte nicht mal mit der Wimper, oder warf einen Blick auf das Bild, als er zu Zivas Tisch lief.

„Boss, soll ich auch...“, hakte McGee ganz kleinlaut nach.

„Nein, Tony steht derzeit etwas neben sich und was auch immer er sagen würde, wären falsche Schlüsse. Du bleibst hier. Zu Ihnen, Ziva: Sie haben es ihm nicht gesagt?“

Die Angesprochene ließ schweigend den Kopf sinken und schüttelte selbigen nur ganz leicht. „Ich habe es niemandem gesagt. Ich wollte erst... Gras über die Sache wachsen lassen. Sie haben doch selbst gesehen, wie er reagiert hat und dabei ist IHR Tod schon einen Monat her. Mit ihm zu reden ist sinnlos, bei dem Schmerz, den Tony empfinden muss.“ Die Israelin hob den Blick und fixierte dabei ihren Vorgesetzten eindringlich, bevor sie so leise flüsterte, dass der Dritte im Bunde es nicht verstehen konnte: „Immerhin hat er die Liebe seines Lebens verloren.“

Gibbs war nach Kates Tod zu demselben Schluss gekommen, aber es noch einmal so konkret aus Zivas Mund zu hören war irgendwie grotesk. Sie, die noch immer etwas unbeholfen wie ein frisch geschlüpftes Küken hin und wieder aneckte, hatte eine Beziehung durchschaut, deren sie selbst nie Zeuge gewesen war.

„Hören Sie, Sie müssten heute ja eigentlich nicht hier sein, daher denke ich, dass es an der Zeit ist, die Arbeit für heute ruhen zu lassen. Schnappen Sie sich Dorothea und feiern Sie meinetwegen den Sabbat mit ihr, ich meine, den Davidstern an ihrem Hals tragen Sie ja bestimmt nicht nur wegen Ihrem Nachnamen. Die Sachen der Kleinen habe ich ihr schon gegeben, eine rote Sporttasche.“

Sie nickte verstehend und lief langsam zu Abbys Labor, um Kate abzuholen. Zwar war Ziva weder orthodox noch gehörte sie den Chassidim an, also nahm sie es mit den jüdischen Feiertagen nicht ganz so genau, aber sie verstand, was ihr Chef ihr sagen wollte: Selbst wenn er DiNozzo jetzt aufklärte, bestand nur geringe Hoffnung, dass er Ziva nicht doch an die Gurgel springen würde. Dummerweise hatte Gibbs sich aber auch selbst verraten: Er hatte die Tochter ihres Opfers nicht einmal mit ihrem Rufnamen erwähnt, sondern sich für ihren ersten Vornamen entschieden. Es musste weh tun, ein niedliches Kind um sich zu haben, das Agent Todd fast wie aus dem Gesicht geschnitten schien, sah man mal von der Augenfarbe ab. Sie hatte Fotos von Caitlin Todd gesehen, daher musste die Agentin feststellen, dass tatsächlich eine immense Ähnlichkeit zwischen den Beiden bestand. Die junge Frau blieb noch einmal stehen, um sich umzudrehen. Wahrscheinlich war es Selbstmord, ihn jetzt, danach zu fragen, aber...

„Boss? Ihnen ging es genauso, nicht wahr?“

Sie wartete nicht einmal die Antwort ab, sondern ging weiter und ließ zwei irritierte Special Agents mit der Frage allein. McGee fragte sich nur, was sich eigentlich genau gerade in diesem Raum abgespielt hatte.
 

~*+*~

Für einen Außenstehenden mochte es so aussehen, als sei ’wieder alles beim alten’, als Jethro Gibbs nachdem Ziva gegangen war, seine gesamte Mannschaft in der Pathologie um sich versammelt hatte. Vorausgesetzt man nahm an, dass Kate gerade beim Kaffee holen oder ähnlichem war.

Wenn schon sein Team davon erfahren musste, dann war es besser, wenn es alle auch von ihm hörten. Er wollte sich nicht einmal ihre Reaktion ausmalen; jeder von ihnen hatte Kate gemocht, aber Ziva hatte recht: keiner von ihnen hatte sie so geliebt wie er und Tony. Natürlich würde keiner der Beiden das wirklich zugeben, aber er hatte es so im Gefühl, dass sie nicht noch einmal danach fragen würde.

„Es gibt da etwas, was ihr wissen solltet, aber bevor ich auch nur ein Wort darüber verliere, möchte ich euch alle darum bitten, objektiv an die Sache heran zu gehen und mich vor allem ausreden zu lassen, weil sonst einige...“ – Gibbs warnender Blick richtete sich auf Tony – „... voreilige Schlüsse ziehen könnten. Die Einzigen, die bis jetzt ins Vertrauen gezogen wurden, waren ich und Director Shepard. Wie ihr alle wisst, war Ziva die dienstleitende Offizierin von Ari Haswari und ja, sie hat versucht, ihn vor unseren Ermittlungen zu schützen, aber ich möchte betonen, dass sie ihn unter keinen Umständen gedeckt hat. Sie handelte aus der Überzeugung heraus, dass er unschuldig war.“

Alles zuckte zusammen, als Tony plötzlich fest mit der Faust gegen eines der Metallfächer schlug, die die Leichen beherbergten. Er musste wirklich wahnsinnig sein, wenn er sich auf solch aggressive Art mit Gibbs anlegte. „Niemand, der diesen Bastard lange genug gekannt hat, hätte ihn für unschuldig halten können. Die Ausrede zählt nicht, erst recht nicht bei ihr.“

Zu dem großen Erstaunen des restlichen NCIS-Teams schnauzte Jethro seinen Agenten diesmal nicht zusammen sondern redete einfach in dem gleichen sachlichen Tonfall weiter, als sei nichts gewesen. „... diese Überzeugung rührt vor allem daher, dass die Beiden außer der beruflichen noch eine zwischenmenschliche Beziehung verband. Sie ist seine Halbschwester.“

„Krass,“ bemerkte Abby überrascht, allerdings nicht sonderlich schockiert. Auch die Entrüstung bei Ducky und McGee hielt sich in Grenzen. Dem Jüngeren schien auf einmal vieles etwas klarer zu sein und Dr. Mallard reagierte wohl genau so, wie Ziva es erhofft haben muss: ihm war es gleichgültig. Zwar war noch längst kein ’Gras über die Sache gewachsen’, wie sie es bezeichnet hatte, aber Ari war endlich tot und was konnte sie für ihre Blutbande?

Nur bei Tony hatte sich eine Bestürzung in die nächste umgewandelt.

„Und jetzt, da ihr das wisst, will ich, dass ihr das schnellstens wieder vergesst. Es sollte keine Rolle spielen, für keinen von uns. Man kann sich seine Familie nicht aussuchen und Ziva wird dadurch nicht zu einem besseren oder schlechteren Mensch, also behandelt sie weder wie eine Aussätzige, noch fasst sie mit Samthandschühchen an. Sie ist in erster Linie eure Arbeitskollegin und sie hat wie jeder von Euch mein vollstes Vertrauen. Wem das nicht passt, der soll das gefälligst mit mir klären. Hat damit irgendjemand ein Problem?“

DiNozzo offensichtlich. Denn selbst wenn er nichts erwiderte, so verließ der Agent doch ungefragt die Pathologie. Sein Blut brodelte heißer als die Lava des Vesuvs während eines Ausbruchs und er musste sich erst mal wieder abreagieren, am besten mit irgendeiner stumpfsinnigen Arbeit. Wie gut, dass an seinem Computer noch eine ellenlange Liste an Personalien war, die er durcharbeiten musste. Dann würde vielleicht auch die kleine Stimme in seinem Hinterkopf an Kraft gewinnen, die ihn immer wieder fragte, warum er all seinen Hass ausgerechnet auf Ziva gelenkt hatte. Sie hatte ihm nie etwas getan, er hatte sich immer mit ihr verstanden. War es ihm wirklich auf einmal so vollkommen egal, dass er seine Freundschaft mit ihr aufs Spiel setzte?

Aber an seinem Platz angekommen gab es etwas, das weit verlockender aussah, als ein Computer voll langweiliger Lebensläufe. Das Telefon. Tony schnappte sich den Hörer und wählte eine Nummer, die ihm schon seit längerer Zeit im Gedächtnis schwirrte, weil er fast jeden Tag auf den Zettel an seinem Kühlschrank starrte, wo sie aufgeschrieben war. Es war an der Zeit aufzuhören, mit sich selbst zu hadern.

Es tutete drei Mal, bis sich eine Frauenstimme meldete.

„Ja? Hier Cassidy.“
 

~*+*~

Kate hüpfte aus Langeweile in ihren Socken auf Zivas Bett herum, weil die jetzt schon seit einer halben Stunde mit einer gewissen ’Director Shepard’ sprach. Das Telefon hatte bereits geklingelt, als sie zur Tür rein gekommen waren. Endlich – als die Ordnung auf dem Bett längst dahin war – legte die Israelin auf und ließ sich ohne weitere Umschweife auf die Matratze knallen, wobei sie Caitlin beinahe umgerissen hätte. Ziva wirkte arg matt.

„Wer war denn das?“

„Eine Freundin.“

„Gibt es Ärger?“

„Nicht mit ihr. Familiensache.“

„Macht dein Daddy dir Ärger?“

Ziva stöhnte nur auf und vergrub ihr Gesicht in den Kissen. „Woher weißt du denn das?“

„Ich verkriech mich auch immer in meinem Bett, wenn ich wütend auf meinen Daddy bin. Einfach so ohne mich in den Urlaub zu fahren, wie gemein. Was ist denn mit deinem Daddy?“

„Warum fragst du mich?“

„Weil du dir alles aus der Nase ziehen lässt.“

Die Ältere blickte wieder auf und deutete drohend auf das Kind. „Hey, meine Nase und mein Privatleben gehen dich nen feuchten... die gehen dich gar nichts an, klar.“ Sie musste mit Redewendungen etwas haushalten, da sie nicht nur nicht vergessen durfte, dass sie immerhin ein Kind vor sich hatte, sondern auch besonders bei Redewendungen sich ziemlich schnell versprach. Caitlin schwieg und setzte sich schmollend auf die Bettkante.

„... Kate? Was tust du denn noch so, wenn du auf deinen Vater wütend bist?“

„Ich gehe zu Cathy. Sie wohnt gleich nebenan und dann spielen wir zusammen oder gucken uns Filme an.“

Das war klar. Sie suchte ihren Halt in anderen Menschen, die ihr wichtig waren. Aber Ziva musste feststellen, dass sie fast niemanden hatte. Ihre Arbeit füllte ihr Leben voll aus und hatte sich nie beschwert. Männer lernte sie kaum kennen, weil sie es auch nur halbherzig versuchte, denn tief in ihrem Herzen wollte sie auch keinen kennen lernen. Immerhin gab es da ja schon jemanden, ganz in ihrer Nähe... Und Freundinnen? Sie hatte außer Jenny Shepard keine einzige Bekannte in den Staaten.

Dann blieb nur eines. Es war vielleicht die dümmste und undurchdachteste Idee, die sie je gehabt hatte, aber es gab wirklich nur diesen einen Menschen, in dessen Nähe sie sich geborgen genug fühlte, um den Konflikt mit ihrem Vater vergessen zu können.
 

~*+*~

Gibbs wollte sich gerade wieder runter in seinen Bootskeller begeben, als es klingelte. Kaum war man mal ganze zehn Minuten wieder zu Hause, wurde man bedrängt! Besuch war etwas Lästiges. Andererseits war Besuch aber auch etwas, was Jethro Gibbs nie bekam, also wer störte ihn und vor allem: warum?

Sein Erstaunen war groß, als er die Tür öffnete und zwei fast vollkommen durchnässte Gestalten vor ihm standen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass es angefangen hatte zu regnen.

„Hi, Boss.“ Ziva grinste leicht nervös unter der kurzen Krempe ihres Stoffhuts – es war derselbe, den sie auch an dem Tag aufhatte, als sie zu spät gekommen war – hervor. Ihre Hände waren beladen mit einer dieser vollkommen nutzlosen braunen Papiertüten, die es in jedem amerikanischen Supermarkt gab. Entsprechend dem Wetter war sie natürlich durchweicht und konnte jeden Moment reißen oder in sich zusammen fallen.

Klein-Kate patschte mit knallgelben Gummistiefeln und einem Regenmantel in derselben Farbe gerade in einer Pfütze herum. Man hätte sie fast für eine überdimensionale Gummiente halte können.

„Ziva, was tun Sie hier?“

Ja, über die Frage hatte sie auch schon lange nachgedacht, weil sie eine passende Antwort dafür ausdenken musste. Letztendlich hatte sie den perfekten Vorwand gefunden.

„Tja, Kate wollte unbedingt Videos angucken, aber ich habe keinen Videorecorder und da ihre Adresse die einzige ist, die ich kenne, bin ich hierher gekommen.“

Er verkniff sich die Frage, woher sie wissen wollte, dass er ein solches Gerät besaß. Immerhin war sie bereits einmal bei ihm gewesen, wenn auch unter weit weniger erfreulichen Umständen und bei ihrem Erinnerungsvermögen hätte allein ein kurzer Blick auf sein Wohnzimmer genügt.

„Und was soll die Tüte?“

„Ich wollte nicht wie ein Schmarotzer dastehen, deshalb hab ich was zu Essen eingekauft. Ich dachte mir, während die Kleine fernsieht, kann ich ja was kochen, damit ich ihnen nicht auf den Wecker falle.“

„Sie wollen mich bestechen?“

„So kann man es auch nennen. Funktioniert es wenigstens? Ich mein’, ich wäre ja auch im Negligee gekommen, aber dafür war’s mir dann doch zu kalt.“

Gibbs drehte sich um und ging wieder rein, ließ aber die Tür offen. Zu einer wärmeren Willkommensgeste war er nicht imstande, aber er konnte sie ja auch schlecht draußen stehen lassen, oder?

„Ähm, Boss, das Letzte mit den Negligee war ein...“

„Scherz. Ich weiß. Allerdings sollten sie eine solche Aussage DiNozzo gegenüber vermeiden, der würde das glatt als Vorschlag ansehen.“

Die junge Frau trat ein, nicht ohne sich sorgfältigst die Schuhe abzuputzen und bat Kate, ihre mittlerweile Schmutzverkrusteten Stiefel noch vor der Türschwelle auszuziehen, vorausgesetzt natürlich, sie wolle ihren Kopf behalten, während sie ihren Hut absetzte und den Mantel auszog.

Gibbs’ Heim sah immer noch so akkurat sauber aus, wie bei ihrem ersten Besuch hier. Gut, eine Junggesellenbude hatte sie nun auch nicht erwartet bei einem Ex-Marine, aber woher nahm er sich nur die Zeit zum aufräumen? In der Küche sah es genauso reinlich aus. Was aber wahrscheinlich daran lag, dass sie fast nie benutzt wurde.

Ziva stellte die Tüte neben der Spüle ab und begann, auszupacken, wobei sie bei Gelegenheit auch gleich die Videokassetten, die sie aus der Bibliothek ausgeliehen hatte (Kate hatte einen entsprechenden Ausweis), an das kleine Mädchen weiter gab, die damit wie mit einem Weihnachtsgeschenk freudig zum Wohnzimmer rannte. Da man von Flur aus alle wichtigen Zimmer gut im Blick hatte, war es kein Problem, sich zurecht zu finden.

„Wann haben sie eigentlich das letzte Mal was Anständiges gegessen, Boss?“

„Das ist nicht wichtig.“

„Also wissen sie es nicht mehr. Auch gut.“

Wie schaffte es Ziva nur immer, hinter jede noch so kleine Aussage zu blicken? Im Beruf mochte ihr das unheimliche Vorteile bringen, aber Jethro ärgerte es, dass sie sich dabei selbst so in Schweigen hüllen konnte. Er wusste fast nichts über sie, aber fragen wollte er nun auch wieder nicht. Stolz konnte sehr schnell zu einer Bürde werden...

Deshalb ließ er sich es auch so einfach gefallen, wenn sie redete wie ein Wasserfall, auch wenn er dann jedes Mal so tun musste, als würde es ihn nicht interessieren. Es hatte ihn ja auch nicht zu interessieren, jedenfalls nicht während des Dienstes und sich mit ihr privat zu treffen, wäre... zu verräterisch.

Und jetzt stand sie vollkommen unerwartet in seiner Küche, holte Töpfe und Messer heraus, als hätte sie nie etwas anderes getan, als gehöre sie hierher... Gut, der Gedanke war wirklich lächerlich. Trotzdem war sie in seiner Nähe. Wirklich ’notgedrungen’ oder am Ende doch freiwillig?

„Ziva, könnten Sie mir einen Gefallen tun? Nennen sie mich nicht ’Boss’, wenn sie schon privat bei mir herum laufen.“

„Sie haben ein Privatleben? Das ist ja ganz was Neues. Ich dachte, ihre Arbeit ist ihr Leben.“ Das Erstaunen in ihrer Stimme war nicht einmal groß gespielt, als sie gerade eine Pfanne auf den elektrischen Herd stellte und etwas Speiseöl erhitzte. Sobald es ihr heiß genug war, schüttete sie eine Ladung Pilze auf das Teflon und ein angenehm würziger Geruch breitete sich aus und verdrängte langsam den frischen Duft von Regen, den die Beiden angekommenen hinterlassen hatten.

„Wirklich witzig. Genau deswegen hänge ich mein Privatleben auch nicht so an die große Glocke.“

„Was für einer Glocke? Hab’ ich etwas nicht mitbekommen?“ Jetzt war Zivas Blick wirklich so verdutzt, dass Gibbs schon wieder lachen musste. Das war jetzt schon das zweite Mal innerhalb von zwei Tagen. Vielleicht war Ziva wirklich ein Sonnenstrahl oder zumindest hatte sie das Licht und die Wärme ihres Landes mitgebracht. Offenbar war sie aber nicht so begeistert, dass er lachen musste. Die Israelin hatte schon wieder das Gefühl, etwas fürchterlich Dummes gesagt zu haben, ohne es zu wollen. Sie verfluchte ihre Wissenslücken bezüglich der englischen Sprache, wenn ihr das wenigstens in Tonys Gegenwart passiert wäre, aber nein, es musste ja unbedingt bei Gibbs passieren.

„Onkel Jethro?“ Kates Stimme riss Ziva wieder in die Realität zurück. Das Kind stand im Türrahmen und war den Tränen nahe. „Ich finde die Fernbedienung einfach nicht.“

„Ich hol’ sie, wenn du aufhörst, mich so zu nennen.“

„Wie soll ich dich denn dann nennen?“

„Gibbs, einfach nur Gibbs.“

„Wenn es sein muss...“

Ziva musste lächeln, als die beiden rüber ins Wohnzimmer gingen. Kates Begeisterung für Gibbs war ihr ein Rätsel, besonders, da auch er nicht viel mit dem Mädchen anfangen konnte, vielleicht noch weniger als sie... Er war eben einfach ein Frauenmagnet, wie auch immer er das anstellte. Und niemand litt darunter mehr als Ziva.

Jedes Mal, wenn seine merkwürdige ’Bekannte’ (oder wie Tony sie bezeichnete: die mysteriöse Rothaarige) auftauchte um ihn abzuholen oder aus dem fadenscheinigen Grund ihm seine Brille bringen zu wollen, die er bei ihr vergessen habe, versetzte das der Israelin einen Stich, zumal sie nicht einmal gewusst hatte, dass ihr Boss eine Brille brauchte.

Anfangs war es nur ein Unbehagen gewesen, bei dem sie sich einredete, sie mache sich nur Sorgen um Jenny Shepard. Dass die wiederum stockeifersüchtig und depressiv noch dazu wurde, sobald Jethros rothaariges Betthäschen (denn das war sie doch letzten Endes, oder nicht?) auftauchte, war nicht zu übersehen. Aber dann wurde es immer schlimmer; erst am vorigen Tag war ihr richtiggehend schlecht geworden. Zu gerne hätte sie es verdrängt, aber die Wahrheit trat immer stärker ins Licht: Sie hatte sich in Gibbs verliebt. Ausgerechnet in ihn, ihren Vorgesetzten, den Mann, der niemanden an sich heran ließ. Zivas Übelkeit wuchs bei dem Gedanken, was wohl geschah, wenn Director Shepard davon erfuhr.

Aber dieser Gedanke war eigentlich überflüssig, denn soweit würde es gar nicht erst kommen und selbst wenn, spielte die Israelin damit nur ihrem Vater in die Hände. Denn Jenny würde in diesem Fall dafür sorgen, dass Ziva von Gibbs weg versetzt würde und was sollte sie denn dann anderes tun als dem Drängen ihres Vaters nachgeben?

Und dann würde sie Jethro Gibbs nie wieder sehen.
 

Jethro hingegen hatte es nach Minuten schwerster Überlegungen endlich geschafft, den Videorecorder anzuschalten und den Videokanal seines Fernsehers zu finden. Warum er überhaupt so ein Gerät besaß, war ihm selbst schleierhaft, schließlich benutzte er es ja so gut wie nie. Wenn er überhaupt den Fernseher anschaltete, dann sah er nur CNN um auf dem Laufenden zu bleiben, für mehr fehlte ihm die Zeit.

Caitlin saß begeistert auf dem Sofa und himmelte den Älteren regelrecht an. Er versuchte, das Kind nicht zu sehr zu mögen, allerdings nahm er ihr die Wasserflecke auf seinem Teppich auch nicht gerade übel. Kurzum, er wusste nicht, was er von ihr halten sollte. Aber bei dem unwiderstehlichen Essensgeruch aus der Küche wanderten seine Gedanken automatisch wieder zurück zu der reizenden Agentin, die dort verweilte.

Warum war sie zu ihm gekommen? Gut, die Sache mit dem Kind klang einigermaßen plausibel, aber gab es da nicht noch andere Gründe? Oder wollte er einfach nur, dass es so war?

Gibbs beschloss, nach ihr zu sehen, da das Kind ja nicht mehr ansprechbar war, seit „The Wizard of OZ“ begonnen hatte.
 

Er hatte Ziva noch nie Tränen vergießen sehen, im Gegenteil: sie war stets die Stärke in Person gewesen. Sie jetzt schluchzen zu hören erschütterte ihn regelrecht. Sie weinte? Warum? Es musste schon einiges dazu gehören, sie so weit zu bringen und Gibbs hätte jetzt zu gerne den Verantwortlichen dafür gesehen, er hätte ihn ohne Umschweife erwürgt. Aber hier waren nun mal nur sie beide und seine Wut ging unter in dem Bedürfnis die junge Frau zu trösten. Er wollte nicht, dass sie so verletzlich war, sie sollte wieder sie selbst sein, couragiert, resolut, heiter... und vor allem an seiner Seite.

„Ziva? Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

Sie blickte zunächst erschrocken drein und lächelte, als sei nichts, als würden nicht gerade ihre Wangen von Tränen benetzt. Die Jüngere legte das Messer aus der Hand und wischte sie mit ihren Handgelenken weg und Gibbs erkannte auch warum: Sie war gerade dabei gewesen, Zwiebeln zu schneiden. Also nur falscher Alarm.

„Sicher. Ich muss schon sagen, diese Zwiebeln brennen ganz schön in den Augen.

„Sie müssen nur die Messerklinge etwas erhitzen.“

„Na ja, jetzt bin ich ja auch fertig damit“ – sie schmiss die Stückchen in die Pfanne zu den Pilzen – „aber danke für den Tipp.“ In Wahrheit wusste Ziva sehr wohl, wie man verhindern konnte, dass einem beim Zwiebelschneiden die Tränen kamen, aber sie wollte es einfach nicht. Tränen waren nichts anderes als gelöster Schmerz und das war die einzige Gelegenheit, in der sie solche Schwäche sich selbst gegenüber tolerieren konnte. Es war sozusagen ihr Ventil. Aber dass ER es auch noch gesehen hatte... Gott wollte ihr das letzte bisschen Würde anscheinend auch noch nehmen.

Apropos Würde verlieren...

„Da fällt mir ein, ich habe ja noch etwas für Sie, Bo... Gibbs.“ Raschelnd fiel sie wieder über die Tüte her und holte eine Pflanze im Blumentopf heraus, deren Laubblätter angeordnet waren wie die Blütenblätter eine Rose. Des weiteren besaß sie keinen sichtbaren Stängel und die dickeren, fleischigen Blätter waren überzogen von einer hellen bläulichen Wachsschicht. „Mir ist aufgefallen, dass sie gar keine Pflanzen in der Wohnung haben und dann habe ich die hier gesehen und musste spontan an Sie denken, weil sie so robust ist und auch längere Zeit ohne Wasser auskommt. Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber ich nenne sie in Gedanken immer Wüstenrose, weil sie einfach nach einer Rose aussieht und es ist eine Trockenpflanze, weshalb sie nicht so viel Arbeit macht und da Sie ja schon fast in der Zentrale wohnen... Gibbs?“

Ziva war etwas irritiert, weil der Angesprochene mittlerweile den Kopf auf die Handfläche gestützt hatte und sie die ganze Zeit kommentarlos anblickte. Sie wusste ja, dass sie die ganze Zeit Schrott daher laberte (Gibbs mit einer Pflanze zu vergleichen, allein die Idee war schon lächerlich!), aber normalerweise machte er in solchen Situationen ja dicht und ignorierte sie komplett.

Jethro raste gerade der Gedanke durch den Kopf, dass sie auch über Staubsauger hätte reden können, ohne dass es ihm langweilig wurde, solange sie es nur mit einer solchen Begeisterung tat. Jedes Mal wenn sie sprach, nahm er plötzlich den Rest des Raumes gar nicht mehr wahr.

Er musste einfach krank sein. Verrückt. Schizophren. Das war nicht mehr normal, was die Jüngere bei ihm auslöste. Besonders wenn sie ihn so fragend ansah, schien sie so vollkommen unschuldig, gleichzeitig konnte sie unendlich verführerisch wirken, besonders wenn sie versuchte, ihn zu provozieren, da sie dann meistens so nah bei ihm stand, als wüsste sie, was in ihm vorging und als verhöhnte sie dabei unwissentlich, dass er das nichtstuend hinnahm. Sein Verlangen, sie zu küssen stieg in solchen Momenten ins Unendliche.

Nicht zu fassen, dass sie so tödlich sein konnte, wenn sie es musste.

„Ziva, warum sind sie wirklich hier? Sie wollen sich doch nicht nur bei mir einkratzen, oder?“ Wieder sah sie ihn unverständlich an und Gibbs schwor sich, in Zukunft in ihrer Nähe so wenige Floskeln wie möglich zu verwenden, um sie nicht ständig so peinlich auflaufen zu lassen, was eigentlich nie seine Absicht war.

„Oh, Sie meinen einschmeicheln! Um ehrlich zu sein, ist das hier eine Entschuldigung, weil Sie heute so viel Stress meinetwegen hatten und gleichzeitig ist es auch eine Dankeschön, weil Sie sich so für mich eingesetzt haben.“

„Das ist mein Job, meine Agenten aus dem Dreck zu ziehen, in den sie sich befördert haben. Und Sie müssen sich gar keine Hoffnungen machen, Sie sind da noch meine geringste Sorge.“

/Zu schade.../, dachte die Jüngere bei sich, /aber es ist wohl wirklich zu viel verlangt, von ihm zu erwarten, dass er es nicht nur getan hat, weil es eine Verpflichtung war, sondern mir zuliebe. Ich meine, warum sollte ihm auch ausgerechnet an mir etwas liegen? Ich gehe ihm doch bestimmt den ganzen Tag lang entsetzlich auf die Nerven.../

„Ich... wie hat Tony darauf reagiert?“

„Den Umständen entsprechend. DiNozzo wird sich schon wieder einfangen, Sie kennen ihn ja. Und was die anderen betrifft...“

„MOMENT! Sie haben es dem Rest von Team AUCH erzählt?“ Zivas Gemütszustand wechselte explosionsartig von betreten zu schockiert und fassungslos bis hin zu wütend. Aber zu ihrem Unglück und Gibbs Glück kochte genau in dem Moment ein Topf mit Wasser über, sodass Zivas Wut sich mehr gegen das unschuldige Emaille-Produkt wandte als gegen ihren Vorgesetzten. „Gibbs, haben Sie auch nur die leiseste Vorstellung, was für Folgen das haben wird?“

„Ich habe es extra noch betont, dass das nichts an deren Verhalten Ihnen gegenüber verändern sollte.“

„TOLL! Das ist wie als würde der Lehrer vor der gesamten Klasse verkünden: ’Ach übrigens, die Eltern eurer Mitschülerin haben sich scheiden lassen, also macht euch nicht über sie lustig, aber heuchelt auch kein Mitleid.’ Ich bin so GELIEFERT.“

„Seit wann kümmert es Sie, was andere von Ihnen denken?“

Jetzt war sie regelrecht sprachlos. Ziva hatte immer gewusst, dass es ihr wichtig war, was Gibbs von ihr hielt, aber ihre anderen Kollegen? Die Arbeit im NCIS hatte sie mehr verändert, als sie gedacht hatte. Vielleicht... lag es ja daran, dass sie sie weniger als Arbeitskollegen sah, sondern eher als Familie...

Die Schwarzhaarige schaltete die Herdplatte, auf der der übergekochte Topf gestanden hatte, auf die niedrigste Stufe und stellte drei Reisbeutel in das Wasser, während sie versuchte, nicht daran zu denken, dass Gibbs direkt hinter ihr stand, jeden ihrer Schritte überwachte und eine Antwort von ihr erwartete. Es gab noch so viel, dass sie ihm sagen musste, aber nicht jetzt. Noch wollte sie ihr Glück, ihm überhaupt so nahe zu sein, nicht zerstören durch die Hiobsbotschaften, die ihr noch auf der Seele lagen.

Jethro ahnte, dass sie wohl keine Lust mehr hatte, dass noch weiter nachgebohrt wurde und das respektierte er. Was ihn störte, war jedoch sein Bauchgefühl, dass ihm sagte, dass irgendetwas nicht stimmte. Etwas, das mit der Pflanze zu tun hatte.

Er schätzte Ziva einfach nicht als den Typ ein, der wegen einer solchen Lappalie gleich mit einem Geschenk angerannt kam. Und sie hatte ihm mal gesagt, sie verstehe den Rummel um Halbjahrestage nicht, also war es auch kein kleines Präsent anlässlich der ersten sechs Wochen, die sie hier war (War es wirklich nur so wenig? Dem ehemaligen Marine kam es so viel mehr vor...).

Wahrscheinlich war es wirklich ein Spontankauf gewesen, aber warum hatte er dann so ein Gefühl als würde ein Abschied bevorstehen?

Es war ihre Besessenheit. Die Jüngere schien sich immer mehr in jeden Fall hineinzusteigern, wie um zu beweisen, dass sie wirklich unentbehrlich für das Team war. Als gäbe es da etwas oder jemanden, der ihr Druck machte.

*****

So, das ist Kapitel 5. Ich persönlich finde ja, dass es nicht so besonders war, das heißt ich fand die Idee zwar niedlich, denke aber, dass ich in der Umsetzung versagt habe.

Ich sehe auch seit kurzem auch immer regelmäßiger „Magnum, p.i.“ auf ’Das Vierte’ und wie zu erwarten ist die Serie auch von demselben Produzenten wie Navy CIS. Der Kerl macht für sich selbst Werbung!!! (Erinnert mich irgendwie an Stephen King...)

Das Positive daran

.:Kapitel 6 – Das Positive daran:.
 

~Und wenn du nicht vergeben kannst, vergibst du viel

Ist denn deine Weste rein?

Wenn du so weiter leben kannst

Erlebst du’s nie, dein eigenes Seelenheil~ (Xavier Naidoo, „Seelenheil“)
 

Ziva schreckte schweißgebadet aus den Schlaf hoch. Nur verschwommen nahm sie wahr, dass da noch ein kleines Wesen neben ihr lag, die Örtlichkeiten aber ihr vollkommen unbekannt waren. Oder?

Ein Digitalwecker in der Nähe verkündete in neongrünem Leuchten, dass es kurz nach halb zwei Uhr morgens war, was die junge Frau nicht im mindesten wunderte. Im Gegenteil, das war immerhin über eine halbe Stunde mehr Schlaf als sonst. Seit einem Monat hatte sie nun keine einzige Nacht mehr ganz durchgeschlafen und auch jetzt war sie so hell wach, dass sie genau das leichte Zittern ihrer Arme spüren konnte. Aber wo war sie?

Kate an ihrer Seite drehte sich einmal kurz um und schlief fest wie ein Murmeltier, ja, sie machte dem Sprichwort sogar alle Ehre und murmelte noch dabei. Zivas Augen währenddessen gewöhnten sich an die Dunkelheit und in dem unnatürlich grünem Licht des Weckers erkannte sie die Umrisse von Gibbs’ Wohnzimmer. Irgendwann zwischen „Phantom of the Opera“ und „Bride and Prejudice“ musste sie wohl eingeschlafen sein. Aber warum hatte Gibbs sie nicht einfach geweckt? Stattdessen hatte er die Schlafcouch bezogen und sie Beide schlafen da hinüber verfrachtet.

/Moment mal...das würde ja bedeuten..../ Er hatte sie tatsächlich in seinen Armen getragen, das wohl erste und einzige Mal in ihrem Leben und sie VERSCHLIEF es? Die Israelin verfluchte sich selbst, immerhin wachte sie sonst beim kleinsten Zucken in ihrer Nähe auf, das war Bestandteil ihrer Ausbildung gewesen. In Israel schlief man nun mal gefährlich. Aber Amerika schien sie regelrecht zu verweichlichen.

Ziva schälte sich so vorsichtig wie möglich aus den warmen Decken, um Caitlin nicht zu wecken und entdeckte dabei auf dem Tisch einen kleinen weißen Papierzettel, der auf einem Kleidungsstapel lag. Die Notiz lautete:
 

’Wollte das Kind nicht wecken. Das kleine Kind auch nicht.

Dachte mir, Sie könnten vielleicht was zum Wechseln gebrauchen.

Fühlen Sie sich frei zu duschen.
 

Gibbs
 

P.S.: Habe leider nichts passenderes gefunden.’
 

Dachte dieser Mann eigentlich an alles? Die fliederfarbene Bluse, die Ziva am vorigen Abend angehabt hatte, war durch das schlafen vollkommen zerknittert und gehörte nach ihren unangenehmen Träumen definitiv in die Wäsche. Deswegen kam ihr der Vorschlag mit dem Duschen auch mehr als recht. Aber dass Gibbs sie als Kind bezeichnet hatte... das würde wohl noch so einige Folgen haben. Die Schwarzhaarige würde es ihm bei der erstbesten Gelegenheit unter die Nase reiben, schon allein, um herauszufinden, ob er sie wirklich als Kind ansah.

Sie war sich dessen durchaus bewusst, dass er um einiges älter war als sie, aber es störte sie nicht im mindesten. Dass dadurch die Distanz zwischen ihnen aber auch noch größer wurde, war ebenso garantiert wie schmerzvoll.

Vorsichtig tapste die Israelin mit nackten Füßen durch das Haus, auf der Suche nach dem Bad und die fast ungebrochene Stille war noch unangenehmer als die Dunkelheit aber sie wollte nicht erst im Gang Licht machen (Krach noch weniger), immerhin war es für ’normale’ Menschen noch Schlafenszeit und sie wollte Gibbs nicht aufwecken oder auf sich aufmerksam machen im Falle, dass er wach war.
 

~*+*~

Das blütenweiße Hemd, das Gibbs ihr heraus gelegt hatte, war – wie zu erwarten – um einiges zu groß, es reichte Ziva locker bis zur Hälfte der Oberschenkel und ihre Hände verschwanden regelrecht in den Ärmel, sodass sie sie erst hoch krempeln musste. Ziva ließ ihre Jeans nach dem Duschen erst einmal im Bad, bei ihrem Glück hätte sie in den paar Stunden bis sie zur Arbeit müsste noch unzählige Gelegenheiten, sich voll zu kleckern. Ein sehr unerfreulicher Gedanke.

Da aber das Hemd ja lang genug war, um schon als Nachthemd durchzugehen, störte es sie nicht weiter, relativ freizügig herum zu laufen. Zumal ihr Boss anscheinend doch zu schlafen schien, denn aus dem Bootskeller waren keine Geräusche zu hören und auch sonst war es ziemlich still.

Auf dem Weg zur Küche steckte Ziva sich ihre Haare locker hoch, damit ihre Kleidung nicht nass wurde und schwor sich, sollte sie je wieder bei Gibbs Privatbesuche machen, sich ein paar Sachen zum Wechseln mitzunehmen.
 

Jethro saß schweigend in der Küche und trank seinen Kaffee so, wie er ihn am liebsten mochte. Schwarz, heiß und kräftig. Dabei versuchte er sich zu erklären, warum er sich so fühlte, wie im Moment: ruhig, heiter, schon fast glücklich. Kein bisschen der alten Verbitterung, keine Schuldgefühle aufgrund seiner Untätigkeit im Moment. Wie konnte das nur sein?

Der Grund dafür war Ziva, immer und immer wieder sie. Besonders ihr Anblick, wenn sie schlief, das Gefühl, als er ihre leichte Gestalt getragen hatte. Es hatte sogar einen Augenblick gegeben, kurz nachdem er sie angehoben hatte, in dem die junge Frau sich unbewusst in seinem T-Shirt festgekrallt hatte und im Schlaf nach ihm gerufen hatte.

Er blickte auf, als er Schritte auf den Gang hörte, Schritte, die ihm sehr bekannt vorkamen. Was er jedoch zu sehen bekam, als Ziva um die Ecke kam, war alles andere als sehr bekannt. Die Israelin mochte weiß Gott nicht die Erste sein, die nur mit einem seiner Hemden bekleidet seine Küche betrat, aber sie war dabei die Erste, mit der er nie geschlafen hatte (und tief in seinem Hinterkopf verhallte dabei ein leises ’Leider’). Und die noch dazu so überrascht aussah, ihn anzutreffen.

„Oh, Gibbs, ich hätte nicht gedacht, dass Sie wach sind. Ich habe Sie doch nicht geweckt, oder?“

„Nein, haben Sie nicht. Ich schlafe ohnehin nicht viel.“ Das lag zweifelsohne am Kaffee, aber Ziva sagte nichts dazu, also ergriff Gibbs wieder das Wort: „Aber warum sind Sie schon wach?“

„Tja, Napoleon sagte einst, dass ein Mensch nur drei Stunden Schlaf bräuchte, wer mehr braucht ist entweder eine Frau oder ein Idiot. Und ich habe meine vier Stunden Schlaf schon hinter mir.“ Wieder konnte sie sich der Frage nicht erwehren, was sie schon wieder für einen Unsinn erzählte. Aber so ging es ihr schon immer in der Gegenwart des Älteren, sobald sie unsicher wurde, überspielte sie das, indem sie schnell und flüssig redete. Die Tatsache, dass sie dabei auch noch recht spärlich bekleidet war, war auch nicht gerade sehr hilfreich.

„Also schlecht geschlafen“, bemerkte ihr Vorgesetzter knapp, als plötzlich sein Handy klingelte.

Ziva nutzte die Gesprächspause, um das Licht der Dunstabzugshaube über dem Herd anzumachen und nahm so erst richtig wahr, dass Gibbs auch privat in legerer Kleidung herum lief, sonst ließ er nur bei Tatortuntersuchungen den Anzug außen vor. Er trug eines dieser kurzärmeligen schlichten schwarzen T-Shirts zu einer dunkelblauen Jeans, aber das reichte der Schwarzhaarigen vollkommen aus, um sich gleich noch einmal in ihn zu verlieben. Nicht nur weil es ihn jünger, attraktiver und zugänglicher wirken ließ, sie war darüber hinaus in der Lage zu vergessen, dass sie Beide Welten trennten, dass er ihr Boss war und ja, es mochte dumm klingen, aber erst jetzt konnte sie so richtig glauben, dass auch er nur ein ganz normaler Mensch war.
 

„Agent Cassidy, was gibt mir die Ehre in so später Stunde?

...

Von wem haben Sie diese Informationen?

...

Gut, hören Sie, beruhigen Sie sich erst mal und dann kommen Sie morgen früh in aller Ruhe zu mir und berichten mir die Einzelheiten. Sie haben doch Zeit, oder?

...

Das werde ich dann entscheiden, schlafen Sie jetzt eine Runde. Bis morgen.“

Gibbs legte auf und seufzte leise. Dass die Leute ihn nicht einmal um diese Uhrzeit in Ruhe lassen konnten. Allerdings klang Paula Cassidy ziemlich aufgelöst, deshalb interessierte es ihn brennend, was genau DiNozzo ihr so alles über ihren aktuellen Fall erzählt hatte, denn eigentlich waren die Einzelheiten streng geheim. Aber wie er Tony kannte, waren ihm garantiert nur nebenbei Details rausgerutscht.

„Schalten Sie ihr Telefon eigentlich nie ab?“, fragte Ziva mit halbem Interesse. Sie lief an das Küchenfenster und blickte hinaus. Der Regen vom Abend hatte sich verzogen und die Wolkendecke war aufgerissen, sodass ein klarer Vollmond den Nachthimmel und einen kleinen Teil des Raumes erhellte.

„Die schlimmsten Notfälle schneien nun mal zu den unpassendsten Zeiten rein.“

Schweigen machte sich breit, da keiner der Beiden noch Worte fand, die der Situation angemessen schienen und der ältere Special Agent nahm wieder einen Schluck von seinem Kaffee, nicht ohne seine reizende Kollegin weiter aus den Augenwinkeln zu beobachten. Das Mondlicht drang mühelos durch das dünne Hemd, das sie trug und zeichnete auf dem hellen Stoff die Konturen ihres Körpers ab. Wusste sie eigentlich, wie attraktiv sie wirklich war? Jethro hoffte, dass nicht, denn wenn sie es erfuhr und bewusst ausnutzte, würde er bald enden wie die Motte im Feuer.

„Sie benutzen dasselbe Scheuermittel für ihren Boden wie der Mossad, wissen Sie das eigentlich? Ich kann es riechen.“

„Ach wirklich?“, war die kurz angebundene und wenig begeisterte Antwort, aber das banale Thema, das vollkommen fehl am Platze war, riss Gibbs wenigstens wieder aus seiner Trance, ansonsten hätte er wohl noch eine ganze Weile seine junge Agentin angestarrt, Anstand hin oder her.

„Ja, denn der Vorteil an dem Mittel ist, dass man damit Blutflecken ohne Probleme weg kriegt, sogar auf Zement, daher zweifle ich nicht, dass Ihr Bootskeller wieder blitzblank ist. Aber Sie sehen die Blutlache trotzdem noch, nicht wahr? Obwohl da gar nichts mehr ist.“

Ziva wusste, dass sie ungerecht Gibbs gegenüber war. Aber die Wahrheit war, dass sie damit lediglich ihre eigene Befindlichkeit und Verbitterung ausdrückte. Sie würde die Stelle, an der Ari zu Fall gegangen war, wahrscheinlich selbst noch in zwanzig Jahren wieder erkennen und sich dabei fragen, wie sie hatte so blind sein können, seine wahre Natur nicht zu erkennen. Als sie sich umdrehte, merkte sie, dass Gibbs unmittelbar hinter ihr stand, aber entgegen ihrer Vermutung wirkte er nicht wütend, sondern eher verwundert und vielleicht auch ein wenig... verletzt?

„Was bezwecken sie mit der Frage, Miss David?“

Ja, er war definitiv verletzt. Schon allein, weil er wieder zu ihrem Nachnamen übergegangen war. „Gar nichts. Das heißt... wieso haben sie es mir anvertraut, ihn zu töten? Was, wenn ich gezögert hätte oder von vornherein nie vorgehabt hätte, Ari zu töten?“

Also hatte sie ihm doch die finale Frage gestellt, warum ausgerechnet ihr diese Aufgabe zugefallen war. Jethro hatte diesen Moment erwartet, wenn er auch zugeben musste, dass er obwohl er damit gerechnet hatte und obwohl er sich selbst diese Fragen auch schon gestellt hatte, noch immer die Antworten darauf fürchtete, weil er nicht die Falschen geben wollte. Und dabei hatte sie ihn doch gefragt ohne Vorwurf in der Stimme.

„Ich weiß nicht. Ich bin einfach meiner Intuition gefolgt. Hätte ich gewusst, in welcher Verbindung Sie zu ihm standen, dann hätte ich vielleicht anders reagiert. Jedenfalls im Falle eines Zögerns könnte man Ihnen keinen Vorwurf machen. Es wäre die menschlichere Entscheidung gewesen.“

„Aber nicht die richtige.“

„In einer solchen Situation gibt es kein richtig oder falsch. Was sie getan haben, war ihre persönlichen Gefühle zum Wohl der Allgemeinheit zu ignorieren. Das war nicht richtig, es war weise.“

Ziva sah ihn mit großen Augen an. Irrte sie sich etwa oder legitimierte er gerade wirklich eine der größten Sünden ihrer Religion, den Brudermord?

/Es war kein Mord. Es war Affekt. Totschlag. Er hätte sonst Gibbs getötet. Und dann.../ Da war es wieder, das verhasste ’dann’. Jedes Mal, wenn sie versuchte, sich einzureden, dass sie Ari nicht aus Vorsatz getötet hatte, tauchte es wieder auf, und selbst wenn sie das nicht tat, verfolgte es sie in ihren Träumen.

„Wenn ich versagt hätte, dann hätte er nicht nur Sie getötet, nicht wahr? Ich wäre doch die nächste gewesen, schon allein, weil ich mich mit Ihnen eingelassen habe. Antworten Sie, Gibbs, Sie kannten ihn anscheinend besser als ich, sonst wäre es gar nicht erst so weit gekommen.“

„Ist das der Grund, warum Sie so schlecht schlafen, Ziva; weil Sie Schuldgefühle haben? Ari hat uns alle getäuscht, nicht nur Sie.“ Gibbs war ihr noch ein Stück näher gekommen und die Entfernung zwischen Ihnen war minimal. Ziva hätte sich zu gerne an seine Schulter angelehnt, aber selbst das kostete sie zu viel Überwindung. Genau, wie ihm zu sagen, warum sie eigentlich so besessen darauf war dieses Thema zu überwinden. In sich selbst fand sie die Antwort nicht. Denn jede Nacht musste sie mit ansehen, wie Gibbs durch die Hand ihres Halbbruders starb und dann erst wachte sie auf, manchmal sogar schreiend und die Gründe dafür waren gewiss keine Schuldgefühle. Die waren zweitrangig.

Aber die Israelin wollte ihn jetzt nicht unterbrechen. Sie hörte ihm gerne zu, wenn er nicht gerade mal herum schrie und gerade jetzt offenbarte er mehr von sich als im ganzen letzten Monat. Und dann kam der Satz, den Sie nie von Jethro Gibbs auch nur erträumt hätte: „Sie müssen das Positive daran sehen.“

„Das Positive? Ist Ihnen klar, was Sie da sagen? Sie haben einen Agent verloren, ich ein Familienmitglied. Beides wäre überflüssig gewesen.“

Zu ihrer größten Überraschung lächelte er und meinte: „Aber dann wären wir uns nie begegnet.“
 

~*+*~

„Boss, Boss, ich hab etwas gefunden.“ McGee rannte aufgeregt auf Gibbs zu, kaum hatte dieser die Büroräume betreten. Der Ältere Agent konnte sich nur wundern über dieses Engagement und das zum Sonntag morgen.

„Was denn genau?“

„Na ja, mir ist aufgefallen, dass alle Schützenvereine, die unsere gefragten Pfeile bestellt haben eine Datenbank mit den Kopien der Mitgliedsausweise besitzen und da die Ausweise nicht übertragbar sind, ist natürlich ein Foto auf dem Ausweis. Also habe ich die Fotos von diesen Schönheitsköniginnen, die das Opfer in der Wohnung hatte mit den Fotos von den Ausweisen vergleichen lassen.“

„Wie viele Übereinstimmungen?“, unterbrach Gibbs den nicht enden wollenden Erzählstrom seines Agenten. Der MIT-Absolvent hatte die Angewohnheit, jeden seiner Schritte gerechtfertigt wissen zu wollen und das konnte sehr zeitintensiv werden.

„Alle Vier. Emily DuNeuve, Brianna Paxton, Samantha O’Neill und Sharon Rowland. Alle vier sind in dem Club ’Flying Grace’. Aber das ist noch nicht alles. Die Vorsitzende des Clubs, Evelyn Brown, ist gleichzeitig noch...“

„... verantwortlich für die Organisation des ’Mrs. Navy Contest’ und das seit gut vier Jahren.“

Die beiden Agenten drehten sich herum und sahen die blonde Frau überrascht an, die McGees Satz vervollständigt hatte. Aber Paula Cassidy verschränkte nur die Arme und meinte zu Gibbs: „Ich will ihn sehen.“

„Agent Cassidy, das halte ich für eine sehr schlechte Idee.“

„Wieso? Hat es etwas mit der Art und Weise zu tun, wie er gestorben ist? Tony wollte partout nicht damit herausrücken.“

Bei McGee machte es plötzlich ’Klick’ im Kopf und er rief erstaunt aus: „Moment mal, Sie kennen das Opfer?“

Paula fühlte sich sichtlich unwohl bei der Frage und gab deshalb eine ausweichende Antwort. „Das kann man so nennen. Deshalb würde ich das NCIS gerne bei der Aufklärung des Falles unterstützen. Natürlich nur mit ihrem Einverständnis Agent Gibbs.“

Der Angesprochene schwieg und schien über das Angebot nachzudenken, dann nickte er schließlich. „Na schön, Kommen Sie mit, wir klären die Einzelheiten in der Pathologie. Außerdem benötige ich noch eine offizielle Identifizierung des Colonels von einem Familienmitglied und da er keine weitere hatte, müssen Sie das wohl übernehmen.“

Der ältere Special Agent war schon wieder auf dem Weg zum Fahrstuhl und die Blonde hatte leichte Schwierigkeiten mit ihm Schritt zu halten, aber kaum schlossen sich die Kabinentüren hinter ihr, begann sie Gibbs wieder zu löchern. „Was ist mit seiner kleinen Tochter?“

„Sie weiß das mit ihrem Vater noch nicht und ich hielt es auch nicht für angebracht, dass sie es von Fremden erfährt. Deshalb...“

„Schon gut, ich werde es versuchen ihr irgendwie beizubringen.“

„Sie ist derzeit irgendwo im Gebäude, unter der Obhut von Officer David.“ Apropos... er stellte gerade fest, dass Ziva noch immer nicht wieder aufgetaucht war. Sie waren natürlich zeitgleich angekommen (immerhin hatte Gibbs sie gleich her gefahren), aber Ziva hatte gemeint, sie müsse da noch etwas klären und war seitdem nicht aufzufinden. DiNozzo hingegen war wie schon am vorigen Tag zu spät dran und es war nicht unwahrscheinlich, dass er gar nicht zur Arbeit kommen würde, was angesichts der Ereignisse einigermaßen nachvollziehbar war – was nicht hieß, dass sein Ausbleiben geduldet wurde.
 

Die Fahrstuhltüren öffneten sich wieder und beide stiegen aus, zielstrebig in Richtung des Raumes, wo die Leichen aufgebahrt wurden. Dr. Mallard und sein Assistent Mr. Palmer beschäftigten sich gerade mit einer ganz anderen Leiche, die noch vollständig unbeschädigt schien.

„Ein weiteres Opfer, Ducky? Warum weiß ich davon nichts?“

Ducky wusste, dass sein alter Freund nichts mehr hasste, als wenn man ihm Informationen vorenthielt, daher versuchte er, Gibbs zu beruhigen. „Nein, der Tote ist nicht unser Metier, Jethro. Aber eine Kollegin von mir, Dr. Collien Brennaman, hat mich um ein zweites Gutachten gebeten, weil sie sich nicht sicher über die Todesursache war. Sowohl äußerlich als auch innerlich gibt es keine Verletzungen. Übrigens eine faszinierende Frau. Ich war mal mit ihr aus und wir haben uns den ganzen Abend ausgiebig über Thoraxdränagen unterhalten.“ Der Pathologe wäre wohl noch weiter ins Detail gegangen, hätte er nicht Paula erblickt. „Oh, Agent Cassidy, wie reizend, sie wieder zu sehen, Kindchen. Sind sie diesmal als Aushilfe oder als Verdächtige hier? Doch wohl hoffentlich ersteres, sonst hätte Jethro Sie wohl nicht mit hierher genommen.“

„Weder noch Ducky, sie ist eine Bekannte von Colonel Smith, allerdings will sie uns aushelfen. Würdest du seine Leiche noch einmal hervorholen?“

Munter wie immer, suchte Dr. Mallard nach dem richtigen Fach und zog dann die Metallplatte mit dem Toten darauf heraus. Agent Cassidy stöhnte gequält auf und schlug sich beide Hände vor den Mund, vollkommen geschockt. Sie brauchte einige Zeit, um sich zu sammeln und nach ein paar tiefen Atemzügen meinte sie leise: „Das ist er.“

„Woran erkennen sie das?“

Zitternd deutete sie mit ihrem Finger auf eine der Handflächen.

„Der Schnitt dort. Caitlin hat vor einer Woche mit einem der Küchenmesser gespielt und als er es ihr weg nehmen wollte, hat er sich an der Klinge verletzt. Sie hat daraufhin eine ganze Stunde geweint, weil sie ihrem Daddy weh getan hat. Sie... sie... Entschuldigung.“

Paula stürmte regelrecht aus dem Raum.
 

Gibbs gab seinem Pathologen noch kurz ein Zeichen, dass er die Leiche wieder weg räumen konnte, dann folgte er ihr. Sie war nicht weit geflüchtet, hatte sich auf dem Gang an die Wand gelehnt und vergoss nun stumme Tränen.

„Sie hatten eine Beziehung mit ihm, nicht wahr?“, schloss er aus ihrer heftigen Reaktion. Die Blonde nickte knapp, wischte die Tränen wieder fort und rang um Worte. „Ich habe ihn vor nicht ganz einem Monat gerade mal kennen gelernt und war ganz hin und weg, wie er mit seiner Tochter umging. Er... war sehr liebevoll ihr gegenüber.“ Sie ließ sich die Wand hinunterrutschen und Gibbs setzte sich neben ihr auf den Boden.

„Können sie mir irgendetwas über seine Ex-Frau oder die Mädchen von der Misswahl erzählen?“

„Frühere Beziehungen. Wissen Sie, John hat immer nach einer Frau gesucht, die auch mit Kate umgehen kann und dieser Wettbewerb kam ihm dabei ganz recht, weil die erste Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass man verheiratet sein oder es mindestens einmal gewesen sein muss. Inoffiziell ist es auch so eine Art Treffpunkt für Alleinerziehende. Und wer einmal teilgenommen hat, wird immer wieder eingeladen, daher werden sie die Mädchen dort wohl am ehesten antreffen. Der Contest müsste bald wieder stattfinden. Aber über seine Frau hat er nie ein Wort verloren, nicht einmal.“

„Ja, das hatte ich befürchtet.“ Er holte sein Handy heraus und gab McGee einige Instruktionen, sich näher über alles zu informieren, das mit dem Wettbewerb zu tun hatte.
 

~*+*~

Ziva rieb sich die Schläfen, als sie wieder aus Director Shepards Büro kam. Kate, die schon auf die Agentin gewartet hatte, sprang freudig auf, bemerkte dann aber den Gemütszustand ihrer Aufpasserin.

„Ging es schon wieder um deinen Daddy?“

„Nein.“

„Hat dein Daddy dir nicht beigebracht, dass man nicht lügen darf?“ Klein-Kate blickte empört mit in die Hüften gestemmten Armen nach oben und Ziva verkniff sich zu erzählen, dass es genau genommen ihr Vater war, der ihr beigebracht hatte, wie man richtig log, da Geheimdienstagenten nun mal dafür verantwortlich waren, dass Dinge geheim blieben.

„Na schön, es ging auch um ihn, aber das ist nicht der Grund, warum ich schlecht gelaunt bin.“

Das Problem bestand eher in Jenny Shepard selbst. Sie hatte es bemerkt, das konnte Ziva in ihren Augen lesen. Die ganze Zeit über, während die beiden Frauen geredet hatten, hatte Jenny der Mossad-Agentin verdächtige Blicke zugeworfen. Die Jüngere hätte schwören können, dass ihre Freundin eifersüchtig war und in dem Moment hatte sie gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, Gibbs’ Hemd anzubehalten. Natürlich hatte sie die Hemdsenden in ihre schwarze Jeans gesteckt, damit der Stoff etwas enger anlag und es nicht so auffällig war, wie lang das Kleidungsstück eigentlich war. Dennoch hatte ’Madam Director’ sofort festgestellt, wer der eigentliche Eigentümer war - kein Wunder bei ihrer und Gibbs’ Vorgeschichte – und natürlich dementsprechende Schlüsse gezogen. Wenn Ziva allerdings versucht hätte, die ganze Sache zu erklären, hätte sie das nur noch verdächtiger gemacht.

„Warum denn dann?“ Das Kind ließ einfach nicht locker.

„Weil mir der Film Casablanca gerade eben nicht aus dem Kopf geht. So, und während du jetzt darüber nachdenkst, kannst du dir dein Puzzle nehmen und dir ein Plätzchen im Büro suchen, wo du es zusammensetzt. Nur pass auf, dass du nicht gerade so sitzt, dass jeder über dich drüber fällt.“

Die kindliche Stirn tatsächlich mit tiefsten Denkerfalten verziert, tapste die Kleine los. Die junge Frau hingegen verweilte einen kurzen Moment an der Stelle. Casablanca war tatsächlich die erste Assoziation von ihr gewesen, als sie die Akten und Missionsberichte von Gibbs und Director Shepard gelesen hatte. Wenn man richtig zwischen den Zeilen las, bekam man schnell heraus, dass ihre Affäre in Paris begonnen haben musste und auch wenn das schon einige Jahre her war, schienen Jennys Gefühle nicht gerade schwächer geworden zu sein und Ziva fragte sich immer wieder, ob Gibbs die Beziehung beendet hatte und ob in dabei von einem der Beiden wohl der Satz „Uns bleibt immer noch Paris“ gefallen war – das wohl zweitberühmteste Zitat aus Casablanca (ein Film, der so alt war, dass selbst Gibbs ihn kennen dürfte).

Und nun stand die Israelin vor der unmöglichen Entscheidung entweder ihre Freundschaft für eine Beziehung zu riskieren, auf die sich ihr Vorgesetzter ohnehin kaum einlassen würde oder ihre Gefühle komplett zu unterdrücken und sich zumindest in der Sicherheit wiegen zu können, dass sie so in seiner Nähe bleiben konnte. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal so feige sein würde, die letztere Option zu wählen, aber da es noch weitere Faktoren gab, die dort hinein spielten...

Ziva bemerkte kaum, wie sie von der Seite her angerempelt wurde, aber als sie aufblickte, erkannte sie, dass es Tony gewesen war, der vorbei gerannt kam und sie nicht eines Blickes gewürdigt hatte. Sie erkannte, dass es Zeit war, selbst wieder an die Arbeit zu gehen, auch wenn sie noch keine Ahnung hatte, wie die aussehen sollte. Aber an ihrem Platz lagen schon vier Dossiers.

„Gibbs hat gesagt, du sollst die Akten nach Auffälligkeiten durchsuchen,“ meinte McGee, der ihr kurz einen Seitenblick zuwarf, sich dann aber wieder seinem Computer zuwandte. Der junge Agent schien nicht einmal zu bemerken, dass Caitlin sich genau vor seinem Schreibtisch nieder gelassen hatte. Tony währenddessen, der noch keine konkrete Aufgabe zugeteilt bekommen hatte, regte sich innerlich darüber auf, dass Ziva sich natürlich auch noch prompt in die Lebensläufe ihrer Verdächtigen vertiefte. Er hatte sich vorgenommen, sie zu ignorieren und jetzt ignorierte sie, dass er sie ignorierte! Dass konnte doch nicht angehen! Er hatte das Bedürfnis etwas zu sagen. Irgendetwas. Der Italienisch-stämmige war nicht gerade der Typ dazu, sich zu entschuldigen, auch wenn er gestern Abend nach einer eiskalten Dusche, als er wieder vernünftig denken konnte, hatte einsehen müssen, dass er sie tatsächlich vorschnell verurteilt hatte.

Nur wie brach man jetzt das Eis? Zumindest konnte er andeuten, dass er sie nicht hasste, indem er einfach auf irgendetwas belangloses ansprach.

„Nettes Outfit, Ziva. Erinnert irgendwie an Nicole Kidman in ’Projekt Peacemaker’.“

Die Angesprochene schaute verwundert auf, konnte sich ein kurzes Lächeln aber nicht verkneifen, als sie konterte: „Ach wirklich, habe ich gar nicht mitbekommen. Ich habe in dem Film weniger auf die Charaktere geachtet, als auf den Inhalt.“

„Wer’s glaubt, wird selig. Du hast doch garantiert nur auf George Clooney gestarrt.“

„Selbst wenn, dann nur aus dem Grund, dass reifere Männer nun mal interessanter sind. Deshalb lässt du mich auch so kalt.“

Kate lief zu McGee hinüber und zupfte verlegen an seinem Hemdsärmel.

„Warum streiten die denn jetzt?“

„Weil sie glücklich sind, sich wieder zu vertragen.“

„Klappe, McGee!“, tönte es von beiden Seiten.
 

~*+*~

Ehe Tony es sich versah, saß er wieder allein da und grübelte an seinem Sudoku-Computerspiel (die Zahlenrätsel waren schon auf der einfachsten Stufe und er hatte immer noch Probleme, weil er einfach nicht um die Ecke denken konnte). McGee war Gibbs suchen gegangen, weil er offenbar alle benötigten Infos beisammen hatte und Kate hatte Hunger bekommen, weshalb ein halbfertiges Puzzle vor Timothys Schreibtisch vereinsamte, da die beiden weiblichen Wesen sich in die Cafeteria aufgemacht hatten. Ziva wollte die Gelegenheit gleich nutzen, um das Mädchen etwas über die Freundinnen ihres Vaters auszufragen, um von vornherein festlegen zu können, wer als Verdächtige eher in Frage kam beziehungsweise wer ein stärkeres Motiv hatte.

Seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte, als er einen Tipp bekam.

„Die Fünf muss in da rein.“ Ein manikürter Finger deutete oben rechts auf ein Feld.

„Wieso?“

„Weil in dem Neuner-Feld darunter die Felder, in die eine Fünf kann, in einer Reihe liegen, das heißt in derselben Reihe kann auch in dem Feld darüber diese Zahl nicht stehen, sodass nur noch eine Möglichkeit übrig bleibt.“

Tony hatte zwar nicht ein Wort verstanden, gehorchte aber treu wie ein Hund. „Danke, Pau... PAULA? Was zur Hölle machst du denn hier?“ Der Special Agent drehte sich mit seinem Bürostuhl um, verschränkte die Hände vor der Brust, sodass er einmal mehr wirkte wie ein trotziges Kind, aber seine Lippen formten ein verspieltes Grinsen. Paula würde es ihm nie sagen, aber sie liebte dieses Grinsen. „Du hast mich vermisst, nicht wahr?“

„In deinen Träumen, DiNozzo!“, leugnete sie es vehement, was aber nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach. Sie war auch seinetwegen hergekommen, weil es selten war, dass er überhaupt anrief, noch dazu hätte sie nie erwartet, ihn so deprimiert und ehrlich zu... hören. Und dann erst hatte er John erwähnt, wahrsche8inlich nicht einmal bewusst. Das war der zweite Grund, warum man Anthony DiNozzos Nähe suchte: seine wohl liebenswerteste Eigenschaft (wobei es davon auch nicht gerade sehr viele gab) war, dass er nie den Humor zu verlieren schien und egal was man gerade hinter sich hatte, er schaffte es immer wieder, einen aufzuheitern. Manchmal war er dabei etwas taktlos, aber allein die Empörung darüber war Ablenkung genug.

„Wie geht es deinem Anwalt?“, fragte der Brünette, nicht ohne einen Hauch von Sarkasmus.

„Oh, den hab’ ich zum Mond geschossen. Er wurde mir dann etwas zu arrogant, schon fast wie du und als wir uns dann zerstritten haben, meinte er, unbedingt Gewalt anwenden zu müssen und da habe ich ihn auf Schmerzensgeld verklagt... und letztendlich DAS HIER bekommen.“

Paula holte ein kleines Foto, nicht größer als ein Personalausweis, aus ihrem Portemonnaie und schlagartig wurden Tonys Augen glasig. „Ein Ferrari 575M Maranello,“ stellte er ernüchternd fest, “Rot, mit V12-Frontmotor, 5749 Kubikzentimeter Hubraum, von Null auf Hundert in 4,2 Sekunden, maximale Geschwindigkeit 325 km/h...“

Er sank vor ihr auf die Knie, faltete die Hände ineinander und starrte die Agentin samt Foto vollkommen hingerissen an. „Heirate mich!“

*****

Bitte nicht wundern, das mit dem „Bride and Prejudice“ war KEIN Schreibfehler. Den Film gibt es wirklich, er heißt nur auf Deutsch „Liebe lieber Indisch“ und ist die Bollywood-Variante von „Stolz und Vorurteil“. Die Benett-Schwestern sind da einfach mal kurzerhand eine indische Familie... aber Darcy bleibt Darcy, Wickham bleibt Wickham... nur Mr. Bingley ist auch ein Inder, gespielt von Naveen Andrews (der den Sayid in ’Lost’ darstellt... man ist der heiß! *sabba*)

Ich fürchte, wir stecken fest...

~You came into my heart so tenderly

With the burning love that stings like a bee

And now, that I surrender so helplessly

You now wanna leave…you wanna leave me~ (the Pussycat Dolls, “Tainted Love”)
 

Paula hatte mit dieser Reaktion gerechnet – sah man mal von dem letzten Teil ab – und konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. Ja, DAS war Tony, so wie sie ihn kannte.

„Gib mir noch ein paar Tage, das Auto zu verkaufen, Tony, dann komm und frag noch mal und dann und nur dann werde ich es mir vielleicht noch mal überlegen.“

Tony wollte sehr empört eine Antwort geben, als plötzlich ein grelles Licht aufflammte, dazu ertönte das charakteristische Klicken einer Digitalkamera.

„Tony geht vor einer Frau auf die Knie... dass ich das noch erleben darf.“ Ziva, die gerade erst hinzugekommen war, fiel es schwer, beim Anblick des ungleichen Paares nicht urplötzlich in Lachen auszubrechen, aber da sie die blonde Frau nicht kannte, bestand die Möglichkeit, dass diese gekränkt reagieren konnte. Fast alle Frauen reagierten auf die harmlosesten Dinge gleich so, weshalb Ziva den Umgang mit ihnen auch möglichst vermied.

„Und Sie sind...?“ Paula stellte ihre halbfertige Frage in dem Raum, auch wenn sie schon so eine leise Ahnung hatte.

„Officer Ziva David.“

„Paula Cassidy.“, während die beiden Frauen sich zur Begrüßung die Hände schüttelten, spiegelte sich so etwas wie Wiedererkennen in Paulas Augen. „Entschuldigung, aber waren sie nicht die Mossadagentin, die geschickt wurde um im Fall von Caitlin Todds Tod zu ermitteln? Merkwürdig, Tony hat gar nichts davon erwähnt, dass sie auch Kates Nachfolgerin sind.“

Da war es wieder. Wie die verflixte Neunzehn schlich sich der Name Kates immer wieder in Zivas Leben, schien überall zu lauern. Sie versuchte sich nicht mit einer Toten zu messen, aber scheinbar schien das alle Welt von ihr zu erwarten. Trotzdem war sie dankbar, dass diese Frau (die gerade DiNozzo ein leichten Stoß mit ihrem Ellenbogen verpasste weil er nichts gesagt hatte, direkt nachdem er wieder auf beiden Beinen stand) das Wort ’Nachfolgerin’ verwendet hatte – und nicht ’Ersatz’. Äußerlich blieb Ziva aber so ruhig wie ein Gebirgssee, der von Bergen umrandet war, sodass der Wind die Oberfläche nicht zu berühren vermochte.

„Ja, ganz genau. Allerdings hatte ich nach dem Fall noch einiges in Israel zu erledigen, deshalb bin ich erst eine Woche später zurück gekehrt.“

„Das nennen Sie ’erst’? Ich könnte das nie, in einer Woche beschließen, meine Familie, meine Heimat zu verlassen und zu total neuen Ufern aufbrechen. Allerdings... die Woche, in der sie fort waren, war genau die Woche, in der ich hier aushelfen durfte.“ In dem letzten Wort war ein Hauch von Sarkasmus zu hören, sodass Ziva daraus schloss, dass Agent Cassidy ihren Dienst mit gemischten Gefühlen angetreten war. Kein Wunder, bei dem Team...

Eine Stille trat ein zwischen den beiden Frauen, eine Stille, in denen beider Blicke aufeinander trafen und sich ein tiefes Verständnis zwischen ihnen aufbaute. Sie spürten, dass sie ähnliches erlebt hatten, als sie her gekommen waren.

Dieser innige Moment wurde allerdings abrupt zerstört, als Tony, der unheimlich gefrustet war, weil er nun von beiden ignoriert wurde, anfing, hinter Paulas Hinterkopf mit Zeigefinger und Mittelfinger eine Geste zu machen , die wohl an Hasenohren erinnern sollte. Die Blonde reagierte darauf damit, dass sie sein Handgelenk packte, es auf seinen Rücken verdrehte und den Special Agent bäuchlings auf seinen Schreibtisch verfrachtete.

„Kannst du nicht einmal aufhören, dich wie ein Kleinkind zu benehmen?“, fauchte sie wütend, wurde aber abgelenkt, als eine Kinderstimme sie rief.

„Tante Paula!“

Freudig rannte Klein-Kate zu der Person, die ihr einer Stiefmutter noch am nächsten kam und fing natürlich auch munter an los zu plappern, während Ziva und Tony nur überrascht zusahen. Der Fall würde immer merkwürdiger, aber zumindest erklärte das, warum die Ältere Gibbs mitten in der Nacht angerufen hatte.

„Tante Paula, da bist du ja! Vielleicht kannst du mir ja sagen, wohin Daddy in den Urlaub gefahren ist. Onkel Gibbs will es mir einfach nicht sagen!“ (Ja, Das mit dem Onkel konnte sie sich einfach nicht abgewöhnen.)

Und bevor irgendjemand es verhindern konnte, platzte es auch schon aus DiNozzo heraus: „Was, ihr habt ihr nicht gesagt, dass ihr Dad über den Jordan gegangen ist?“ Das handelte dem italienisch-stämmigen natürlich zahlreiche böse Blicke ein, aber ihn schien das nicht groß zu kümmern.

„Was ist denn der Jordan?“

„Ein Fluss in Israel,“ Die Schwarzhaarige hatte beschlossen, die Situation noch einmal zu retten – vorläufig wenigstens. Aber mit jedem Mal, dass sie Kate anlügen musste, fühlte sie sich schuldiger...

„Kate... kommst du mal bitte mit? Wir müssen uns über deinen Daddy unterhalten.“ Agent Cassidy nahm das Kind an die Hand und führte sie mit einem letzten dankbaren Blick an Ziva hinaus. Tony hingegen kratzte sich nur am Hinterkopf. „Also, das versteh ich nicht. Warum macht ihr darum nur so einen Aufriss? Sie hat ein Recht, das zu erfahren!“

„Tony, sie ist ein KIND! Ihr Vater ist das Einzige, was sie hat.“

Sie hatte große Lust, ihrem Kollegen noch an den Kopf zu werfen, was für ein taktloser Arsch er war, aber da stürmte Gibbs wieder ins Büro. Nur anstatt seinen Untergebenen Anweisungen zu geben (tatsächlich schien er nicht mal zu bemerken, dass Tony doch noch zur Arbeit erschienen war), lief er an ihnen vorbei, direkt zum Fahrstuhl... aus dem just in diesem Moment (Wunder über Wunder) die ’mysteriöse Rothaarige’ ausstieg. Die beiden tauschten einen Wangenkuss und ein paar freundliche Worte aus, dann gab sie ihm einen kleinen weißen Umschlag uns – schwupps – war sie auch schon wieder in den Untiefen des Lifts verschwunden. Das übliche Ritual, innerhalb von wenigen Sekunden vom Tisch, dennoch reichte es aus, um Zivas Magen rebellieren zu lassen und ihre Luftröhre zu versiegeln. Was nur hielt ihn an dieser Frau? Sie war nicht besonders hübsch, sie war nicht herausragend und sie war ALT! Wieso also kam die Israelin nicht einmal annähernd an sie heran?

Der Ältere trat nun mit dem üblichen Lächeln, dass er stets nach dieser Art Begegnung aufwies, an seine Agents heran.

„Ziva? Haben Sie etwas in den Akten gefunden?“

Die Angesprochene wurde erst als Jethro direkt vor ihr stand so richtig gewahr, dass sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte. Sie entspannte sich wieder etwas beim Anblick seiner graublauen Augen. Sie hatten diesen Ausdruck inne, den sie über alles liebte, diese manische Suche nach dem fehlenden Indiz und eine Intensität, bei der man Glauben konnte, dass er direkt auf die eigene Seele blicken konnte, sei es zum guten oder zum schlechten. Wahrscheinlich war das der Grund für seinen Erfolg bei Verhören (und bei den Frauen, das nicht zu vergessen). Sie musste sich räuspern, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.

„Ich konnte eine zeitliche Abfolge der Beziehungen festlegen, aber jede von ihnen hielt maximal drei Monate, minimal vier Wochen. Keine Auffälligkeiten, keine Fälle von häuslicher Gewalt oder Ruhestörung. Keine Vorstrafen. Emily DuNeuve und Sharon Rowland stammen zudem aus Familien mit einer langen Marinetradition. Besonders Admiral Ezechiel Rowland, der Vater von Sharon Rowland, könnte uns dabei Probleme machen: es sind zwei tätliche Angriffe von ihm gegen NCIS Special Agents vermerkt, einmal weil seine Frau um eine Zeugenaussage gebeten wurde und einmal, weil er sich einem Durchsuchungsbeschluss widersetzt hat. Scheint, als wäre er ziemlich temperamentvoll.“

„Das bringt uns alles nicht viel weiter.“

„Schon, aber da gibt es noch etwas. Colonel Smith hat sich zwar mit den Frauen getroffen, scheint aber nie eine mit nach Hause gebacht zu haben. Ich habe Caitlin die Fotos gezeigt: sie hat die vier Frauen noch nie gesehen.“

Jehtro ging das Gesagte im Kopf noch mal durch, bevor er einen Schluss zog.

„Gut, wenn er sich mit ihnen getroffen hat, dann gab es garantiert Zeugen. DiNozzo, find heraus, in welchen Clubs, Bars oder Restaurants der Colonel bevorzugt war und dann frag die Inhaber der Läden, ob die irgendwelche Streits zwischen unserem Opfer und seinen Begleitungen mitbekommen haben. Ziva, Sie gehen zu Abby und lassen sich eine neue Identität von ihr geben. Ich habe da einen Undercoverauftrag für Sie.“

„Welcher Art?“

„Alle vier Verdächtigen werden bei der Wahl zur Mrs. Navy auftauchen, deshalb werden sie daran teil nehmen.“

„WAS?“ Zivas empörter Aufschrei wurde fast übertönt, als Tony in Gelächter ausbrach. Ziva als Schönheitskönigin – die Idee war geradezu absurd. Nicht, dass sie nicht hübsch genug gewesen wäre, ihr mangelte es nur an Pikiertheit und Dummheit dafür. Gibbs ließ sich von keinem der Beiden stören. „Teilnamebedingungen sind vor allem zwei Dinge: mindestens eine Ehe und eine Verbindung zur Navy natürlich. Das heißt, entweder gehört man selbst oder ein Familienmitglied der elterlichen Seite der Navy an ODER man ist bzw. war mit einem Vertreter der solchen verheiratet. Ersteres halte ich für ungünstig, das würde man ihnen nicht abnehmen, daher... gratuliere ich Ihnen, Ziva, zu ihrer ersten Ehe.“

Tonys Lachen wurde immer lauter, bis es aufgrund von Atemnot verebbte. Die frischgebackene Ehefrau hingegen hielt das Ganze keinesfalls für einen Scherz, trotzdem weigerte sie sich, es zu glauben. Das KONNTE gar nicht Gibbs’ Ernst sein! Sie griff sich an die Stirn, atmete einmal tief durch und meinte dann: „Das reicht. Ich kündige.“ Um Ernst und Ruhe bemüht lief sie zum Fahrstuhl, der nur auf sie gewartet zu haben schien: die Türen öffneten sich sofort, aber bevor sie sich wieder verschlossen und somit diesen Alptraum von Ziva abschotten konnten, war die Ursache davor auch schon mit hineingeschlüpft. Und Jethro Gibbs sah nicht gerade sehr erfreut aus. Noch bevor die Kabine sich so richtig in Bewegung gesetzt hatte, betätigte er auch schon den verbotenen Knopf, der sie zum stehen bleiben zwang. Die Lichter erloschen und der kleine Raum war in bläulich gedämpftes Licht getaucht. „Was soll das heißen, Sie kündigen?“

Mit bestimmter Miene drückte Ziva auf denselben Knopf, der Fahrstuhl fuhr weiter.

„Gibbs, ich weigere mich, mich unter eine Horde von Schicki-Micki Möchtegern-Models zu mischen und mich vor irgendeiner Jury halbnackt auszuziehen, dafür bin ich einfach nicht geschaffen. Erst recht nicht, wenn Sie mich als Tonys Frau dahinschicken, denn ich nehme an, so wird er das Recht haben ebenfalls dort verdeckt zu ermitteln. Unter diesen Umständen ist mir eine normale Arbeit nicht möglich, Tony würde ja ohnehin nur den Frauen hinterher schauen anstatt zu arbeiten und nach dem Fall letztens, als wir ein Ehepaar spielen mussten...“

Die Kabine hatte durch Gibbs Einfluss erneut gestoppt und der Agent drängte die Jüngere an die Wand, beide Arme gegen das Metall gestemmt. Ziva stand genau dazwischen, also konnte sie nicht weg. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und er bedachte sie erneut mit diesem durchdringenden Blick, wie er es stets tat, wenn er etwas mit äußerstem Nachdruck betonte.

„Jetzt hören Sie mir mal zu, Miss David, das Letzte, was ich zulassen würde, ist, dass Sie kündigen oder dass ich Sie feuern muss, also gebe ich Ihnen zwei gute Ratschläge: Erstens, Regel Nummer 53 besagt, der Fahrstuhl ist mein Hoheitsbereich, also lassen Sie die Finger von dem magischen Knopf. Beim ersten Mal habe ich das ja noch durchgehen lassen, aber jetzt nicht mehr. Zweitens, es ist mir vollkommen egal, ob Ihnen der Auftrag in dem Kram passt oder nicht, wenn ich entscheide, dass Sie dazu in der Lage sind, dann haben Sie ihn auch auszuführen. Und wenn ich sage, dass Sie sich ausziehen sollen, dann ziehen Sie sich gefälligst auch aus!“ Jethro hatte sich so in seine Rede hineingesteigert, dass ihm der genaue Wortlaut seines letzten Satzes erst jetzt auffiel. „Ähm... das war jetzt nicht so gemeint, dass...“

„Schon gut, Boss, ich weiß, was sie damit sagen wollten.“ Ziva grinste triumphierend, weil durch diesen winzigen Schnitzer der Effekt der ganzen Suada regelrecht verpufft war. Und als ob das noch nicht reichte, nutzte sie den Rest ihrer Bewegungsfreiheit, um doch den verbotenen Knopf zu drücken. Erneut flackerte das Licht hell auf und der Boden vibrierte, als die Fahrt nach unten weiter ging. Wenn auch nicht lange.

Gibbs hielt den Lift schon wieder an. „Ich war noch nicht fertig mit ihnen.“

/Das möchte ich aber auch hoffen.../, dachte die Israelin bei sich, denn langsam gefiel ihr dieses kleine Spielchen richtig gut. Wenn er nur gewusst hätte, dass sie seinem Blick so mühelos standhalten konnte, weil sie jede Sekunde genoss, in der er ihr so nahe war! Eine immer intensivere Spannung breitete sich oberhalb ihres Zwerchfells aus, die das Herz schneller rasen ließ und sich in winzigen, kribbelnden Stromstößen auf der Haut entlud, sodass sich jedes einzelne ihrer Haare am Körper aufrichtete. Irgendwie hatte Sie das Gefühl, dass wenn er ihr nur jetzt gehören könnte, genau in diesem Moment, dann würde sie sich für den Rest ihres Lebens damit zufrieden geben können. So aber blieb ihr Tag für Tag nichts weiter als die närrische Hoffnung, dass er erkannte, was sie fühlte...

„Und wer hat denn bitte gesagt, dass Sie DiNozzos Frau spielen sollen?“

Das riss Ziva nun doch aus dem Konzept. Seit sie beim NCIS angefangen hatte, hatte Gibbs sie fast jedes Mal angewiesen, mit Tony zu arbeiten. Was war dieses Mal anders?

„Nicht, Boss?“

„Nein, natürlich nicht! Das wird ein einfacher Auftrag, Sie müssen nichts weiter tun, als unauffällig die Frauen auszufragen. Das können Sie auch alleine tun und ich sehe es nicht ein, DiNozzo noch eine zweite Identität mit Laufbahn bei der Marine zu verpassen, wenn er nicht anwesend sein wird.“

„Aber mit wem soll ich dann verheiratet sein? McGee war auch nie bei der Marine. Sie sind der Einzige, der...“ Der Rest des Satzes blieb der jungen Frau im Hals stecken. Sollte das wirklich möglich sein? Das Grinsen ihres Vorgesetzten war Antwort genug.

„Sie haben es erfasst. Und da das nun geklärt wäre... Versprechen Sie mir, nicht weg zu laufen, wenn dieser Fahrstuhl sein Ziel erreicht?“

Zu mehr als Nicken war Sie nicht imstande. Immer noch lächelnd drückte Gibbs das hoffentlich letzte Mal auf sein magisches Knöpfchen und die Kabine setzte sich mit aufflackerndem Deckenlicht in Bewegung um das letzte Stück der Reise nach unten zu bewältigen – und dann erstarben die Lampen endgültig, als den Lift ein starker Ruck erfüllte und dieser so abrupt stehen blieb, dass seine beiden Insassen aus dem Gleichgewicht gerieten. Jethro hatte das Glück, seines schnell wieder zu finden und Ziva hatte das unbestreitbare Glück, sich an ihm fest halten zu können.

„Was war DAS?“, fragte sie erstaunt, als die Turbulenzen beendet waren.

„Ich fürchte, wir stecken fest...“, bemerkte Gibbs trocken und handelte sich damit von ihr ein ’Als-ob-ich-das-nicht-selbst-wüsste’-Gesicht ein.
 

~*+*~

„Das kommt davon Boss, dass sie immer mit dem Fahrstuhl rum gespielt haben!“, meinte Ziva leicht patzig, als auch in den nächsten Minuten sich nichts tat. Sie lief mittlerweile auf dem engen Raum auf und ab, weil das den Geist beruhigte und einen klar denken ließ. Dann gab sie es jedoch auf und setzte sich gegenüber der Türen auf dem kalten Boden.

„Und was jetzt?“

Gibs nahm ruhig neben ihr Platz und spielte das Szenario im Geiste durch: „Nun, früher oder später wird schon irgendjemand bemerken, dass der Fahrstuhl nicht funktioniert, sooft, wie von ihm Gebrauch gemacht wird, und dann wenden sie sich an die Technikabteilung, den Hausmeister oder sie kommen auf die abstruse Idee, die Feuerwehr zu rufen. Das wird allerdings mindestens eine halbe Stunde dauern, bis dahin müssen wir die Zeit wohl mit irgendwas tot schlagen.“

Die Jüngere nickte verstehend, wenn auch geistesabwesend, fixierte weiterhin die Metallwände und fragte dann: „Wie wäre es mit Flaschendrehen?“
 

Tony merkte sofort, dass etwas nicht stimmen konnte, als er das Geschrei hörte, aber mit einem Angriff hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Kate rannte weinend auf ihn zu und ehe der Agent auch nur irgendwie reagieren konnte, stand sie schon neben seinem Bürostuhl und trat ihm mit voller Wucht ins Schienbein. Der Brünette jaulte auf vor Schmerz, ohne genau zu wissen, was die ganze Aktion sollte.

„Ihr habt mich angelogen, ihr habt mich alle angelogen. Das ist nicht fair!“

Die blauen Augen des Kindes schienen riesig durch die vielen Tränen und machten ihren vorwurfsvollen Blick noch unerträglicher, sogar noch schlimmer, als das bleierne Brennen in Tonys Bein. Paula kam zwar hinterher gehechtet, um die Kleine zu beruhigen, aber die schrie jetzt regelrecht.

„Sogar Tante Ziva und Onkel Gibbs! Wenn ich die erwische, dann...“

Unter anderen Umständen wäre ein Kind, das Morddrohungen gegenüber Gibbs ausstieß, recht amüsant gewesen, aber in diesem Fall wirkte es einfach nur traurig.

„Sie haben dich angelogen, um dir genau dieses Theater, das du gerade machst, zu ersparen. Weil du dann ihnen keine Antworten mehr hätten geben könntest und somit keine Hinweise, um den oder die Mörder deines Vaters zu fassen.“ Diese Worte, so ruhig und beherrscht Tony sie auch aussprach, wirkten wie eine Ohrfeige für Kate. Sie war schlagartig still. Aber die meisten Menschen brauchten ja auch eine kräftige Ohrfeige, um wieder zur Ruhe zu kommen, wenn sie auszurasten drohten.

„Sie... wollen den bestrafen, der Daddy das angetan hat?“ Eine leise Frage, die fast in der kindlichen Kehle erstarb. Ruhig setzte sie sich hin und fing an, laut zu denken. „Natürlich. Was bin ich auch so blöd zu denken, sie wöllten mir weh tun damit. Nicht Onkel Gibbs, nein, und erst recht nicht Tante Ziva. Sie hat mir immer zugehört, hat mich behandelt wie eine Erwachsene und auch so mit mir geredet... und sie beantwortet immer meine Fragen, egal wie sehr sie das auch nervt.“ Ein Lächeln bildete sich sogar auf ihren Lippen, als sie in das Land der Erinnerungen versank. „Erst gestern hat sie mir einen erzählt von wegen ’Gibbs hat dies gesagt’ und ’Gibbs hat das gemacht’ und dann musste sie lächeln und hat ganz rote Bäckchen gekriegt, ich glaub, das hat sie nicht mal gemerkt. Da denkt man sich doch, das ist wahre...“

„Okay, Kleine, das reicht nun wirklich. Jetzt gehst du mal wieder da rüber, machst dein Puzzle fertig und wenn Ziva und Gibbs zurück kommen, dann kannst du meinetwegen mit den beiden reden, oder uns unsere Arbeit machen lassen.“ Apropos Arbeit... Tony hatte vor sich auf seinem Schreibtisch eine Liste mit Restaurants und deren Standorten, die ihm Lt. Johnson per Telefon übermittelt hatte. Tröstlich, dass der Mann wenigstens wusste, wo sein bester Freund essen ging, wenn schon sonst so wenig aus ihm heraus zu holen war.

Nur dem Special Agent war gerade nicht sehr nach Recherche, weil ihm endlos schlecht war. Diese Aussage eben... so ähnlich hatte er sich zum letzten Mal gefühlt, als Fornell die Ermittlungen des NCIS gelobt hatte (und es auch noch erschreckend ernst gemeint hatte!). Selbst Paula hatte große Augen bekommen, sah stets zwischen ihrem Kollegen und dem kleinen Mädchen hin und her, dass sich gerade wieder erhob. Kaum war Kate außer Hörweite, flüsterte sie entsetzt: „Meinst du das bedeutet wirklich, dass...?“

DiNozzo nickte nur und schüttelte dann ungläubig den Kopf. „Ich fass es nicht...“

Paula tat Agent David plötzlich unglaublich leid. Sobald der Italienisch-stämmige sich von seiner Überraschung gelöst hatte, würde er der Israelin ihre Schwäche für Gibbs wohl ständig unter die Nase reiben. Sofern man es den noch Schwäche nennen konnte, nach der Schilderung des Mädchen klang das eher... nach etwas ernstem. Dann jedoch kam der Blonden ein Gedanke und sie konnte nicht anders als Grinsen. „Tja, Tony, jetzt darfst du dich wohl den Rest deines Lebens fragen, was er hat, dass du nicht hast. Außer Reife, natürlich.“

„Ha ha, wirklich witzig. Und ob du es glaubst oder nicht, Ziva hat mich in der Hinsicht nie sonderlich interessiert.“

„Nicht? Das ist ja mal was ganz Neues.“

„Paula? Versuchst du mich gerade auszuhorchen?“

/Ja, das ist eine gute Frage.../, dachte sie bei sich, denn sie stellte fest, dass sie die Antwort darauf nicht kannte.
 

„Flaschendrehen?“

„Ja, das ist so ein Spiel, da...“

„Ich weiß, wie das Spiel funktioniert,“ knurrte Gibbs ärgerlich, „immerhin hat McGee mich mal direkt in eine dieser lächerlichen Teenie-Pyjamapartys gelotst. Und das Spiel ist ebenso lächerlich, abgesehen davon haben wir keine Flasche.“

„Ich dachte ja eher daran, dass der eine immer eine Frage stellt und der andere sie wahrheitsgemäß beantworten muss, immer abwechselnd. Wer sich weigert, ist dem anderen dann später einen Gefallen schuldig. Zumindest muss ich mich dann nicht wieder mit mir selbst unterhalten und wir machen uns dann gegenseitig keine Panik, weil es uns ablenkt.“

Gibbs lenkte seufzend ein, weil er einsah, dass er keine Wahl hatte: „Ladys first.“

„Mal angenommen, sie hätten wirklich vorgehabt, noch ein weiteres Mal zu heiraten, wie hätte ihre Traumfrau ausgesehen?“

Der Ältere stutzte. Er hätte nicht gedacht, dass sie gleich die ganz harten Geschütze auffahrend würde, aber solange es im Bereich des theoretischen blieb, war das okay. Und niemand hatte gesagt, dass es verboten wäre, ausweichende Antworten zu geben, nicht?

„Ich zerbreche mir über so was ehrlich gesagt nicht den Kopf und ganz gewiss lege ich das nicht vorher fest. Wichtig ist, dass sie kein ausbeuterisches Miststück ist und dass man mit ihr Leben kann.“

/Wenn das seine Auffassung von Ehe ist, ist es kein Wunder, dass er drei mal geschieden ist....Das Dumme ist nur, dass ich ihm das locker abkaufe./

Vielleicht hätte Ziva hartnäckiger sein sollen, denn Gibbs hatte nur die halbe Wahrheit gesagt: fest stand, dass sich die Vorstellungen eines Menschen von seinem Traumpartner ständig änderten, je nachdem, was man für Erfahrungen machte und wen man kennen lernte. Und nach dem ’aktuellen Stand’ war tatsächlich Ziva diejenige, die diesem Bild am nächsten kam.

Weil sie diejenige war, durch die diese Vorstellung erst entstand.

Jetzt war es an ihm, zu fragen, aber erstaunlicherweise brauchte auch ihr Vorgesetzter nicht lange zum Nachdenken. „Bin ich ihrem Vater wirklich so ähnlich?“

Ari hatte diese Bemerkung fallen lassen, während er vor Gibbs die gesamte Geschichte seines Ach so bedauernswerten Lebens ausgebreitet hatte. Er hatte den Agent mit seinem verhassten Vater verglichen und das nicht gerade im freundlichen Sinne. Für einen Psychologen hätte das alles einen Sinn gemacht: er hat verzweifelt versucht, seinen Vater zu übertrumpfen und Gibbs zu töten wäre dem verdächtig nahe gekommen. [Darüber hätte sich vor allem Freud gefreut.] Aber das Überraschende war, dass Ziva den Kopf schüttelte.

„Oberflächlich mag das vielleicht so aussehen. Sicher, es gibt einige Parallelen, Ihre Zielstrebigkeit im Beruf, Ihre dreiste Taktlosigkeit manchmal – auch wenn ich glaube, dass Sie das absichtlich machen – aber schon allein wenn man sich die Fakten ansieht, gibt es da gravierende Unterschiede. Sie sind drei Jahre jünger als er, sowohl finanziell als auch vom Einflussbereich her weit niedriger gestellt, aber dadurch gehen Ihnen Verluste in Ihrem Team weit näher... und nicht zu vergessen, Sie sind kinderlos. Und wenn Sie lächeln, Boss, dann hat es nie den Hauch von Trauer, der meinen Vater eigen ist. Nein, Sie sind nicht wirklich wie mein Vater.“ Die junge Frau atmete schwer aus. Das alles hatte sie sich schon einmal durch den Kopf gehen lassen, als sie noch versucht hatte, ihre Zuneigung zu Gibbs von sich zu weisen und rationalere Gründe dafür zu finden. Aber der gute alte Elektra-Komplex konnte auch nicht als Entschuldigung dienen.

Fast hätte sie vergessen, dass sie wieder dran war, aber auch nur fast.

„Warum haben sie eigentlich keine Kinder, Gibbs? Sie können doch so gut mit ihnen umgehen.“

„Schlechtes Timing.“

„Geht es auch genauer?“

„Nein, das wäre dann schon Frage Nummer zwei. Von wem haben sie ihr erstes Honeydust geschenkt bekommen?“

Jetzt war es offenbar an Jethro, richtig dreist und unverschämt zu werden. (Dass sie welches bekommen haben musste, war offensichtlich: sie war damit scheinbar bestens vertraut und normalerweise war es der Mann, der einer Frau eine solch offenkundige Interessensbekundung machte). Er hatte die Frage nicht gestellt, weil die Antwort ihn interessierte, sondern weil er hoffte, dass sie ihm keine Antwort darauf gab. Dann war sie ihm einen Gefallen schuldig und bei dieser Frau konnte man weiß Gott nicht genug davon haben. Ziva haderte mit sich, das war zu sehen. Fast erwartete er, dass sie letzten Endes doch noch mit irgendwelchen vollkommen irrelevanten Details rausrückte, aber dann meinte sie beschämt: „Ich passe.“ Dann holte die Israelin tief Luft, bevor sie so richtig ausholte. „Okay, wenn Sie schon solch unfaire Fragen stellen, dann werde ich mal eine nehmen, die schon seit Jahren überfällig ist, auch auf das Risiko hin, dass sie mir den Kopf abschlagen oder mich sonst irgendwie misshandeln...“

„Sie ist eine Freundin.“, schnitt Gibbs ihr das Wort ab. Die Schwarzhaarige blickte etwas irritiert.

„Wie bitte?“

„Sie wollten nach der Rothaarigen fragen, nicht wahr? Das ist nämlich das Einzige wonach sich seit Jahren kein Mitglied meines Teams traut zu fragen. Sie ist die Schwester eines alten Freundes von mir. Ich kenne sie schon seit Sie hier in D.C. anfing Jura zu studieren. Und bevor Sie noch weiter löchern und ich Sie am Ende wirklich noch erwürgen muss, weil Sie mir mit all den Fragen auf die Nerven gehen: Nein, es ist wirklich keine große Sache und ja, es ist eigentlich vollkommen uninteressant, genau deswegen geht es ja auch keinen etwas an.“

Der Ältere war erstaunlicherweise kein bisschen wütend auf sie, stattdessen wurde er mit jeder Minute ruhiger. Aber bevor sich wieder einmal die verhängnisvolle Stille ausbreiten konnte, wurde sie wieder verdrängt von der einen Frage, die dieses Spiel beenden würde, ohne dass die Beiden es auch nur merkten: „Was ist in letzter Zeit mit Ihnen los? Fast jedes Mal, wenn ich Sie sehe, sind Sie in Gedanken, Sie lassen sich zu sentimentalen Anwandlungen hinreißen, die nicht zu Ihnen passen und mein Gefühl sagt mir, dass es noch tief greifendere Gründe gibt, warum Sie den Undercoverauftrag nicht annehmen wollten.“
 

Es war also soweit.

Eigentlich hätte Ziva sich keinen besseren Zeitpunkt für dieses Palaver wählen können: Sie waren allein, definitiv ungestört und die Zeit wurde langsam knapp. Außerdem war Gibbs ausnahmsweise mal nicht übellaunig, also, warum fing sie dann nicht einfach an?

Es fiel der Israelin immer noch schwer, die passenden Worte zu finden und sie wusste von vornherein, dass sie ihm dabei nicht würde in die Augen sehen können. Nein, diesmal nicht. Denn sollte sie es doch tun, würde sie ihm ALLES sagen, auch, was seine Nähe bei ihr auslöste. Aber dafür war es noch nicht an der Zeit, deshalb zog Ziva die Knie an ihren Körper, umschlang sie mit den Armen und senkte den Blick, als sie begann.

„Vorhin... habe ich so vehement reagiert, weil ich den Gedanken nicht ertragen konnte, dass mein vielleicht letzter Job hier beim NCIS eine solch unsinnige Sache sein sollte. Da erschien mir die Idee, lieber gleich zu kündigen, besser.“

„Was soll das heißen, ihr ’vielleicht letzter Job’?“

„Meine große Schwester liegt jetzt schon seit einer Woche im Krankenhaus. Sie ist beim tauchen versehentlich in einen Schwarm Giftquallen geraten. Ein blöder Unfall, wirklich und die Ärzte haben gesagt, es sei zwar knapp gewesen, aber in ein paar Tagen ist sie wieder auf den Beinen. Nur meinen Vater hat es trotzdem tief getroffen. Scheinbar musste er feststellen, dass er im Begriff ist, jedes einzelne seiner Kinder zu verlieren. Zwei tot, eines verletzt und eines außerhalb seines Einflussbereichs. Und nach Talys Tod war ich die Jüngste in der Familie, deshalb scheint er auch so versessen darauf, mich ’zurück zu kriegen’. Er besteht darauf, dass ich zurück nach Israel komme, zumindest für eine Weile. Und ich weiß nicht, wie lange ich mich diesen Forderungen noch erwehren kann.“

„Wenn Sie wirklich wollen, Ziva... ich glaube, für ein paar Wochen müsste sich eine Vertretung für Sie finden lassen.“

Die junge Frau war sich sicher, wenn sie ihrem Kopf auch nur ein wenig zur Seite neigen würde, so etwas wie Verständnis im Blick ihres Vorgesetzten finden zu können. Aber was nützte Verständnis, wenn er nicht wirklich verstand, was es im ganzen bedeutete?

„Boss, es wird nicht bei den Wochen bleiben. Mein Vater will sicher gehen, dass mir auch nichts passieren kann. Und das bedeutet, mich aus dem Spiel zu nehmen, dem GESAMTEN Spiel. Er wird mich erst wieder gehen lassen, wenn er einen hübsch konservativen, jüdischen Mann für mich gefunden hat, der in Amerika lebt, denn da ist es ja angeblich ungefährlicher und wenn man zu Hause sitzt und sich den ganzen Tag um eine Horde von Kindern kümmern muss, die im ganzen Haus herum wuseln, dann ist es aus mit Beruf und Karriere. Und diskutieren ist sinnlos, weil es für ihn irrelevant ist, dass ich in all den Jahren nie eine ernsthafte Verletzung abbekommen habe, denn es wird immer heißen, ’sieh nur, was mit Taly passiert ist’ und das ist nicht fair, das weiß er auch, aber ich kann ihm deswegen nicht böse sein. Schließlich macht er sich ja nur Sorgen. Und ich liebe meinen Vater, ganz egal, was er mir damit antut, aber ich glaube, irgendwann werde ich ausrasten und ihn dafür umbringen.“

„Aber es muss nicht so ablaufen.“

„Nein, aber mein Gefühl sagt mir, dass ich dieses Gebäude hier dann nie wieder betreten werde, wenn ich gehe. Ich will diesen Job nicht verlieren. Gott, was rede ich für einen Müll! Ich will dieses TEAM nicht verlieren. Ich weiß nicht warum, aber Sie, Tony, McGee und die anderen... zwischen ihnen herrscht eine Dynamik, die schon fast an Harmonie grenzt und ich schätze, dass hat mich einfach in den Bann gezogen. Ich will hier nicht mehr weg.“

Ziva knabberte an ihrer Unterlippe und spürte, dass wenn nicht gleich ein Wunder geschah, würde sie anfangen zu weinen. Und das Wunder geschah. Es war eine von Gibbs’ Kopfnüssen, die sie wieder aus ihrem Sumpf der Verzweiflung holte.

„Verdammt, Ziva, sagen Sie das doch gleich und reißen Sie sich mal zusammen! Erstens sind Sie erwachsen und niemand hat das Recht, sie zu irgendetwas zu zwingen, das Sie nicht wollen und zweitens, denken Sie doch nicht etwa im Ernst, ich lasse zu, dass man mir meine beste Agentin weg nimmt, nur weil ihr Vater eine Midlife Crisis hat?“

„Ich bin auch Ihre einzige Agentin, Gibbs!“, flüsterte die Jüngere mit einem matten Lächeln, die endlich wieder in der Lage war, seinen Blick zu erwidern.

„Das ändert nichts daran, dass ich Sie brauche.“

Mit einem Gefühl seliger Zufriedenheit legte sie ihren Kopf auf seine Schulter, was Gibbs kommentarlos duldete. Wenn ihr Vater wirklich wollte, dass Ziva sicher war, dann hätte er sie einfach nur in Ruhe lassen müssen, denn genau hier war der Platz, an dem sie sich am sichersten fühlte. Erst recht, nach Gibbs letztem Geständnis.

Er hatte gesagt, dass er SIE brauchen würde.

Sie. Nicht ihre Fähigkeiten, nicht für das Team, einfach nur Sie.

*****

Der Engel des M.D.P.D.

.:Kapitel 8 – Der Engel des M.D.P.D. :.
 

Hinweis: dies ist KEINE Crossover-Fanfiktion. Jedwede Namensgleichheit zu Personen anderer Fernsehserien sind durchaus beabsichtigt, dennoch wird keiner der Charaktere als agierende Figur auftreten.
 

~HAMLET. [...] Sei du ein Geist des Segens, sei ein Kobold,

Bring Himmelslüfte oder Dampf der Hölle,

Sei dein Beginnen boshaft oder liebreich,

Du kommst in so fragwürdiger Gestalt~ (William Sheakespeare, „Hamlet“)
 

Eine ganze Weile verharrten sie so, dann fiel Gibbs etwas ein. Er angelte aus seiner Jackett-Tasche einen Computerausdruck, der wie eine Broschüre gefaltet war und überreichte diesen Ziva.

„Hier, ich glaube, das sollte Ihnen etwas helfen, sich auf Ihren Auftrag vorzubereiten.“ Schweigend hob sie ihren Kopf wieder von seiner Schulter und nahm das Faltblatt entgegen. Nach kurzem Überfliegen meinte sie empört: “Hey, das ist ja unfair, da steht, dass Mütter Bonuspunkte bekommen.“

„Ziva, Sie sollen nicht teilnehmen um zu gewinnen, sondern um herauszufinden, ob eine der Verdächtigen auch die Mörderin ist!“

„Boss, denken Sie doch mal nach! Frauen sind immer etwas eigen, man kann sich innerhalb von Minuten mit ihnen anfreunden oder innerhalb von Jahren. Und selbst vor Freundinnen hat man gewisse Geheimnisse, zumindest, wenn man sie erst seit wenigen Tagen kennen. Was ich sagen will, ist, ich werde leider versuchen müssen, solange wie möglich im Rennen zu bleiben.“

„Nun, wenn wir noch neun Monate Zeit hätten, hätten wir die Bonuspunkte sicher einkassieren können, aber so...“

„WIR? Ich hoffe, das war ein Scherz. Wenn nicht, dann hätte ich jetzt aber ein Problem.“

Gibbs ließ das Lächeln sehen, dass er immer zeigte, wenn er gerade einem seiner Mitarbeiter verbal eins ausgewischt hatte. Dummerweise konnte Ziva gar nicht lachen und fragte nur leise: „Aber Boss... wenn ich alleine hinfahre, könnte dann mein Tarnung nicht auffliegen? Was mir Sorgen macht, ist, was passiert, wenn ich einer ihrer Ex-Frauen begegne. Die merken doch sofort, wenn ich nicht genügend ’Insiderwissen’ besitze!“

„Wenn meine Frauen mich je verstanden hätten, wäre ich dann drei Mal geschieden? Außerdem würden die da bestimmt nicht aufkreuzen, glauben Sie mir.“

Daraufhin konnte sie einfach nichts mehr erwidern, weil es in jenem Tonfall gehalten war, der signalisierte, dass die Diskussion hiermit beendet sei. Gibbs kramte erneut in seinem Jackett herum und holte diesmal den weißen Umschlag hervor, den ihm die ’mysteriöse Rothaarige’ überreicht hatte.

„Da wir gerade beim Thema Exfrauen sind... ich glaube, ich hätte da etwas, das Sie gebrauchen könnten. Geben Sie mal ihre Hand her.“ Sie tat, wie geheißen und ihr Vorgesetzter holte aus dem Kuvert einen schmalen Goldring, den er mit äußerster Behutsamkeit an ihren rechten Ringfinger gleiten ließ. Die Jüngere hingegen zog die Stirn kraus. „Er ist zu groß. Nicht viel, aber ein klein wenig... außerdem ist das Mattgold, also passt er nicht zu meiner Kette. Ein Ehemann würde auf so etwas achten! Zumindest wenn er seine Frau liebt.“

Jethro stöhnte genervt auf. Er wusste absolut nicht, was schlimmer war: dass sie so akkurat sein konnte und dass sie immer recht damit behielt oder dass genau das sie zu so einer guten Agentin machte und er diese Eigenschaft daher sowohl bewunderte als auch verachtete. Plötzlich klingelte sein Handy.

Mit einem vorwurfsvollen Blick aus ihren braunen Augen taxierte Ziva ihren Chef, dann ebbte das ab und sie fing an zu lachen. Daran hätten sie aber auch gleich denken können.

„Gibbs.“, meldete sich der Ältere zu Wort, nicht ohne seine schmunzelnde Kollegin mit einem bösen Blick zu strafen, „Horatio, was gibt’s? ... Nein, habe ich nicht ... So ziemlich jedes Mitglied meines Teams, warum? ... Kommt nicht in Frage, ich kann nicht noch jemand gebrauchen, der...“ Abrupt hielt er das Telefon von sich weg und beäugte es misstrauisch wie einen Fremdkörper. „Aufgelegt. Das wird noch ein Nachspiel haben.“

„Boss, wer war das?“

„Jemand, der mir nicht sagen wollte, was er von mir will, stattdessen schickt er uns ein Mitglied seines Teams.“ Gibbs wählte eine neue Nummer und während er das Mobiltelefon wieder an sein Ohr hielt und dem Freizeichen lauschte, versuchte er das Gespräch, dass er gerade geführt hatte, einzuordnen. Das M.D.P.D. schickte also seinen Engel höchstpersönlich. Für gewöhnlich keine besondere Sache, aber diesmal hatte man ihm keinen Grund genannt. Und das bedeutete, dass die Botschaft, die Horatio Caines Schützling bringen würde, nichts Gutes verhieß.

Eine Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung.

„DiNozzo, der verdammte Lift ist stecken geblieben, schick gefälligst jemanden, der sich darum kümmert. Und sei morgen früh gefälligst pünktlich, wir kriegen Besuch vom CSI in Miami.“
 

~*+*~

Eine Viertelstunde später funktionierte der Lift endlich wieder und Ziva musste Tony ausweichen, der schon die ganze Zeit neugierig vor den Türen gewartet hatte, nur um mit Agent Cassidy eine Diskussion zu führen, die sie die letzten Minuten mit Gibbs geführt hatte und bei der sie einfach zu keinem Ergebnis gekommen waren. Der Italienisch-stämmige fing derweil Gibbs ab.

„Besuch, Boss?“ Die unverhohlene Freude stand DiNozzo ins Gesicht geschrieben. Wenn jemand aus Miami zum NCIS kam, dann meistens wegen einem Fall, der beide Institutionen betraf und das hieß, wenn er Glück hatte durfte er nach Miami fliegen. Ins sonnige Florida, wo es Bikini-Schönheiten und Latinas en masse gab.

„Officer Luke Skywalker wird irgendwann morgen Vormittag hier eintreffen. Also kratz den letzten Rest Manieren zusammen, den deine Mutter dir beigebracht hat, ansonsten darfst du dich bald nach einem neun Job umsehen.“

Das Grinsen gefror auf dem Gesicht des Jüngeren, der den Namen nicht richtig einordnen konnte. „Luke Skywalker? Das ist doch ein Witz, oder?“

„Sehe ich so aus, als mache ich Witze, DiNozzo?“

„Nein, Boss.“ Tony war das Lachen vergangen. Sein Boss war offenbar alles andere als erfreut darüber, dass sich noch jemand einzumischen drohte oder zumindest die Fallklärung behinderte.

„Hast du noch etwas brauchbares, dass du mir mitteilen möchtest, oder bewunderst du gerne den Teppich?“

„Nein, Boss. Das heißt, ja, Boss. Das heißt...Ich habe die Hälfte der Restaurants gecheckt und offenbar ist unser Toter in keinem sonderlich aufgefallen, weil er irgendwelche Streits mit seinen Freundinnen provoziert hätte.“

„UND WARUM SITZT DU DANN NICHT AN DEINEM TISCH UM DIE ANDERE HÄLFTE ZU ÜBERPRÜFEN?!“

Der Brünette sah zu, dass er Land gewann. Gibbs hingegen wandte sich, seinen Agent noch mit einem Kopfschütteln bedenkend, den beiden Frauen zu. „Wie sieht es aus?“

Es war Paula, die antwortete: „Ich muss zugeben, es ist vielleicht wirklich ein Risiko für Miss David, Kate mitzunehmen, aber wenn sie keiner der Frauen je begegnet ist, stehen die Chancen gut, dass sie niemand wieder erkennt. John war nicht gerade der Typ, der vor jeder Frau mit dem Foto seiner Tochter rumgewedelt hat, wissen Sie. Die Sache ist die, wird müssen die Kleine ja nicht als ihr Kind ausgeben. Ich könnte mich genauso gut als freiwillige Helferin anmelden und Kate mitnehmen. So stehe ich Ihnen nicht ständig im Weg und sie haben jemand, der Ihren Agent unterstützt.“

„Na schön. Tun Sie mir gefälligst den Gefallen, das Kind zu fragen, ob sie da mitmachen will. Und Ziva, machen Sie sich endlich auf den Weg zu Abby.“

„Boss? Da gibt es noch etwas, das ich Sie fragen muss. Bezüglich der Tarnidentität.“

„Was denn noch?“

„Darf ich meinen Nachnamen behalten? Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ’Ziva Gibbs’ klingt... unstimmig. Es passt einfach nicht zueinander.“

Er stutzte erst. Über was Frauen sich Gedanken machen konnten... dann zuckte Jethro gleichgültig mit den Schultern. „Meinetwegen. Solange Sie nicht auf die alberne Idee kommen, mir Ihren Nachnamen aufzuzwängen.“

Mit einem knappen Nicken brach die Israelin auf, um sich ein neues Leben zuzulegen, während DiNozzo, der gerade darauf wartete, verbunden zu werden, laut dachte. „Leroy Jethro David... klingt gar nicht mal so blöd für jemanden, der unter dem Pantoffel steht.“

Die Antwort darauf war ein Klaps auf den Hinterkopf.

/Wenn das so weiter geht..../, dachte Gibbs bei sich, /wird mir in wenigen Tagen die Hand weh tun./

Und es würde so weiter gehen.

Wie er Luke kannte, würde es vielleicht sogar noch schlimmer werden.
 

Ziva betrat Abbys Labor und musste feststellen, dass die Forensikerin eine ziemlich kurze Geduldsspanne aufwies: Aus lauter Langweile hatte sie angefangen, ihrem Assistenten beizubringen, wie man sein eigenes Parfum kreiert.

„Yo, das wird aber auch Zeit, Lady! Lässt man in Israel die Leute auch so gerne warten?“

„Der Fahrstuhl hat mich aufgehalten.“

„Na schön, dann wollen wir mal...“ Die Gothic schmiss sich auf einen ihrer Stühle und begann, wie wild auf der Tastatur herum zu tippen. „Den Namen sollten wir beibehalten. Ich meine, ’Ziva Gibbs’, das klingt doch voll daneben, oder?“

Ziva lächelte säuerlich und erwiderte nur: „Ja, das haben wir auch schon festgestellt.“ Die Israelin rieb sich nervös den Ringfinger an der Stelle, wo der Ehering sich befunden hatte. Er befand sich wieder im Besitz ihres Vorgesetzten, aber das ungute Gefühl blieb. Der Ring passte nicht, die Namen passten nicht und obwohl Ziva nicht an Omen glaubte, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich die gesamte Welt gegen sie gestellt hatte und dass das ein Zeichen war, dass jegliche Beziehung zwischen ihr und Gibbs fürchterlich scheitern würde. Nein, das traf es nicht ganz... es war nicht ihre Beziehung, die unter einem schlechten Stern stand. Es war dieser Auftrag.
 

Als die Agentin aus Abbys Labor zurückkehrte, war sie noch immer Ziva David, allerdings von Beruf her Laborangestellte eines Pharmakonzerns (Spezialisierung auf die Produktion von Aspirin, wenn’s beliebt) und seit ungefähr einem Jahr in Amerika ansässig, seit anderthalb Monaten verheiratet mit einem gewissen ehemaligen Marine, mit dem sie die Flitterwochen in Paris verbracht hätte. Wo auch sonst, immerhin war es eine Stadt, die sowohl sie als auch Gibbs zur genüge kannten. Ein etwas überflüssiges Detail anhand der Tatsache, dass ihr geschätzter ’Ehemann’ nicht einmal mitkommen würde, aber sie würde von tratschenden Frauen umgeben sein. Und das hieß, es war absolut nichts ungewöhnliches, wenn sie die anderen Löcher in den Bauch fragte, solange es sich nur nicht wie ein Verhör anhörte und sie sich ebenfalls ausquetschen ließ. Aber genau da fingen die Probleme schon an, mit Fragen wie ’Wie lernt man als Angestellte eines Pharmakonzerns einen NCIS-Agent kennen?’. Sie würde sich den Rest der zwei Tage, die noch blieben, bis der ganze Spaß auch schon anfing, hinsetzten, sich alte Fälle ansehen und sich in irgendeinem als Augenzeugin einbauen, sich im Internet irgendwelche sinnlosen Tagebücher von Frauen, deren Männer in der Marine sind, durchlesen dürfen, nur um ein Gespür zu bekommen, wie man sich als stolze amerikanische Ehefrau zu fühlen habe.

Denn das machte ihr am meisten Sorgen: Dass es eine Art Vorauswahl gab. Einen Einstellungstest (es war Paula Cassidys Aufgabe die Inhalte heraus zu finden) und daraufhin eine Art ’Interview’ in dem laut Broschüre “die Einstellungen und Träume unserer geschätzten Teilnehmerinnen in Erfahrung zu bringen“.

Um ihr dabei zu helfen, hatte Tony ihr zusätzlich noch geraten, sich den Film “Miss Undercover“ anzusehen und sich letztendlich tierisch über seinen eigenen Vorschlag amüsiert mit Bemerkungen wie: „So ahmt das Leben die Kunst nach.“ Dann hatte der Brünette noch nebenbei die Anmerkung fallen lassen, dass er aus einer ziemlich sicheren Quelle wisse, dass McGee besagten Film als DVD besitze.

„McGee?“

Der Agent saß gerade wieder an seinem Computer und war am verzweifeln. „Ist das denn zu fassen? Das Einzige, was ich finde, wenn ich nach unserer verschlüsselten Botschaft suche, sind Gedichte und Sachen über Stephen King.“

„Ich weiß. McGee, darf ich heute Abend mit Kate bei Ihnen vorbeikommen und mir diesen Film, ’Miss Undercover’, bei ihnen ansehen?“

Zu ihrer Überraschung griff Tim in eine Schublade, holte den Film heraus und reichte die DVD der Jüngeren. „Sie können ihn auch jetzt gleich bei Abby über den Computer sehen, ihr ist ziemlich langweilig. Eigentlich wollte Tony den sich heute ansehen... Was meinten Sie damit, ’Sie wissen’?“

„Stephen King hat einen Gedichtkomplex von T.S. Eliot als Inspiration für seinen dritten Roman aus dem Zyklus des Dunklen Turm genommen. Die Zeile steht dort fast überall.“

McGee fielen vor Empörung fast die Augen raus. „Warum haben Sie denn nichts gesagt?“

„Ich wollte ihre Autorität nicht untergraben, außerdem bringt es uns kein Stück weiter. Und stellen Sie sich mal vor, was Gibbs Ihnen darauf geantwortet hätte.“

Eine von McGees interessanten Eigenarten war, dass er immer genau das machte, was man ihm sagte, deshalb wurde er bleich bei dem Gedanken, wie sein Vorgesetzter ihn aufgrund einer überaus unwichtigen Information durch den Reißwolf drehte. „Oh, stimmt. Aber was könnte es damit auf sich haben? Es klingt wie eine Drohung. Oder eine Ankündigung. Oder eine Herausforderung.“

„Das lässt sich erst sagen, wenn wir mehr über den Fall wissen, fürchte ich.“
 

~*+*~

Gelangweilt drehte Tony sich in seinem Bürostuhl hin und her, während er die Melodie zu „I don’t like Monday“ vor sich her pfiff. Normalerweise hätte er sich freuen können, denn ausnahmsweise kam Gibbs mal zu spät, an diesem denkwürdigen Montag Morgen. Director Shepard hatte zwar die Auskunft gegeben, er müsse Besorgungen bezüglich des Falles machen, jedoch hatte McGee geschworen, er habe den Senior Special Agent am heutigen morgen in einer Einkaufspassage gesehen.

Der Fall ging auch eher stockend voran. DiNozzo hatte Gibbs gestern nur noch so viel sagen können, dass Brianna Paxton, die als letzte eine Beziehung mit dem Toten gehabt hatte, mehrmals in einem der Restaurants mit dem Petty Officer Peter Whiley gesehen worden war. Dann hatten er und McGee noch aufbrechen müssen, um sich in den Nachbarschaften der verdächtigen Frauen umzuhören. Die wiederum konnten sich daran erinnern, dass es im Haus von Sharon Rowland zu einem sehr lauten Streit gekommen sein soll... aber das war nichts neues. Da wurde es immer laut, die Frau war offenbar genauso temperamentvoll wie ihr Vater, der Admiral.

„Acht Uhr morgens und noch nirgends eine Spur von diesem Typ Jedi-Typen... und Gibbs schnauzt UNS voll, wir sollen pünktlich sein.“, Tony seufzte, aber dadurch wurde es auch nicht gerade spannender.

„Du meinst, Officer Skywalker. Du solltest dir nicht gerade den Schnitzer leisten, ihn mit komischen Bemerklungen wegen seinem Namen auf den Keks zu gehen, Tony.“ Das kam von McGee. Der war auch nicht gerade der beste Gesprächspartner und Ziva war nicht da zum ärgern. Sie saß mit Klein-Katie in der Bibliothek und informierte sich über die Hintergründe und Geschichte der US Navy, für den Fall, dass das in diversen Einstellungstests abgefragt wurde.

„Wann lasse ich schon mal irgendwelche unangebrachten Kommentare fallen, hä? Bambino, geh mir einen Kaffee holen.“

„Wieso ich? Geh doch selber!“

„Weil ich der dienstälteste Agent hier bin und damit habe ich das Sagen, solange Gibbs nicht da ist.“

Murrend aber treu wie ein Hündchen trottete der Jüngere Richtung Cafeteria.

Keine zwei Minuten später war Tony eingedöst.
 

„Sir?“ Ein vorsichtiges Tippen an seiner Schulter weckte DiNozzo und er fiel fast vom Stuhl, als er sah, WER für die Störung verantwortlich war. Gewissermaßen geriet er von einem Traum in den nächsten.

Die junge Frau, die da an seinem Tisch stand, war vielleicht Mitte zwanzig, kaum merklich kleiner als Ziva. Was ihm jedoch als erstes auffiel, waren ihre großen... Augen. [^^] Vor ihm stand das wohl einzige weibliche und attraktive Wesen, bei dem er gar nicht anders konnte, als ihr auf Anhieb nur in die Augen zu sehen.

Der gebräunte Hautton, der so regelmäßig aussah, dass er ganz offensichtlich angeboren war, die mahagonifarbenen, gewellten vorderen Haarsträhnen, die das Gesicht bis zum Kinn umrahmten, dann gestuft länger wurden, eingebunden in einem Knoten am Hinterkopf und die Sommersprossen auf der Nase... all das bekam Tony nur am Rande mit, genau wie den NCIS-Besucherausweis, der an dem eng anliegenden ärmellosen Top prangte oder das silberne Kreuz um ihren Hals. Nein, sein Blick fiel allein auf ihre Augen.

Die meisten Menschen bezeichneten sie als zweifellos hübsch, wenn sie auch irritiert waren. Weil durch einen harmlosen Gendefekt ihre beiden Augen unterschiedliche Farben hatten: das Linke in einem kalten graublau, das Rechte in einem umso wärmeren goldbraun. Normalerweise dachte man bei solch einem Phänomen an Huskys, aber ihr Lächeln hatte mehr etwas katzenhaftes an sich, genauer gesagt erinnerte es an Raubkatzen. Das genügte um Tony in Flirtlaune zu bringen und nun endlich auch zu bemerken, dass ihre Statur nicht zu verachten war. Etwas zierlich und oben rum hätte es schon etwas mehr sein können, aber man nahm, was man kriegte.

„Sir?“, fragte sie noch einmal vorsichtig, „Ich würde gerne mit Special Agent Gibbs sprechen. Es ist wichtig.“

„Der ist gerade nicht da. Aber stattdessen können Sie mit mir reden. Ich bin praktisch sein Stellvertreter.“

Die Fremde beäugte den Agenten mit skeptischen aber nicht gerade abgeneigten Blick. „Tut mir Leid, aber es ist etwas Privates. Mein Name ist übrigens Alecia.“ Sie tippte nervös mit den Fingernägeln auf dem Plastikdeckel ihres Pappbechers herum. Scheinbar war sie vorher noch in der Cafeteria gewesen und hatte sich einen Kaffee geholt.

Tony grinste und ließ all seinen Charme versprühen, da er seine Chancen steigen sah. Sie hatte sich nur mit dem Vornamen vorgestellt, scheinbar war es ihr also Recht, wenn er sie auch nur mit selbigen ansprach. Alecia setzte sich ihm gegenüber auf Zivas Schreibtisch und stellte den Becher neben sich, während sie ihn neugierig beäugte. Dabei fiel dem Italienisch-stämmigen auf, dass sie am Fußknöchel eine Rosenranke eintätowiert hatte, mit burgunderfarbenen Blüten. Durch die weißen Flip Flops an ihren Füßen, die perfekt zum gleichfarbigen Minirock passten, war das Tatoo gut zu sehen. Er hatte das Gefühl, den Jackpot gerade zu gewinnen: denn Frauen mit Tätowierungen...

„Ist es den meisten Frauen nicht unangenehm, wenn Sie sie so ansehen?“

„Ich weiß nicht. Ist es Ihnen unangenehm?“

Alecia lächelte mysteriös und schwieg sich über die Antwort aus. „Könnten Sie mir vielleicht sagen, wann genau Agent Gibbs wieder kommt? Ich hatte einen anstrengenden Flug hinter mir.“

„Das hat er nicht gesagt...Woher kommen Sie denn, Alecia?“

„Miami.“

„Lassen Sie mich raten: Ihre Mutter ist eine Latina. Deshalb sind sie auch so schön braun.“

„Nicht ganz. Mein Vater war Inder. Halbinder, um genau zu sein.“ Tony fühlte sich etwas vor den Kopf gestoßen. Mit diesem kleinen Fehltritt hätte er sich alles versauen können... aber die junge Frau lächelte noch immer, wenn auch nicht mehr so neugierig. Das hieß, seine Chancen bei ihr waren noch nicht ganz verpufft. Und da war ja noch etwas mit Miami...

„Kennen Sie zufällig einen Luke Skywalker?“

„Soll das ein Witz sein? Wer kennt ihn nicht? Gut, ich mochte Obi-Wan immer viel lieber, aber...“

„Nein, nein, ich meinte einen Polizeibeamten.“

Alecia setzte zu einer Antwort an, als mit einem leisen ’Pling’ die Fahrstuhltür sich öffnete. Aber es war wider Erwarten nicht Gibbs, der ausstieg, sondern ein afroamerikanischer Zwei-Meter-Hüne, mit kurz geschorenen schwarzen Haaren, die um die Schläfen herum schon ein gutes Stück ergraut waren. Er trug eine Navy-Uniform, die ihn deutlich als Admiral E. Rowland auswies und seine wutverzerrte Miene kündigte großen Ärger an. Der sich vor allem gegen den einzigen anwesenden Special Agent richtete.

„SIE! Sind Sie der Idiot, der in den Akten meiner Tochter rumgeschnüffelt hat? Was soll, das, hä? Haben Sie noch nie was von Vertraulichkeit und Privatsphäre gehört?“ Brüllend bahnte der Koloss sich immer mehr den Weg durch den Raum, und DiNozzos klägliche Versuche, sich ihm in den Weg zu stellen, blieben erfolglos. Das war also anscheinend der Vater von Sharon Rowland... nur wie war er an die Information gekommen, dass der NCIS ihre Daten überprüft hatte?

„Hören Sie, Mister... das, ähm... ist ein Missverständnis. Bitte beruhigen Sie sich, Sie machen die Lady noch ganz nervös.“

Tatsächlich war Alicia alarmiert von Zivas Schreibtischplatte gerutscht und näherte sich den beiden Männern nun, entschlossen einzugreifen, sollte es von Nöten sein. Das musste Tony ihr lassen, mutig war sie. Vielleicht etwas lebensmüde, aber immerhin mutig.

„Ich soll mich beruhigen? Jetzt reicht es aber! Meine Tochter wird entführt und zwei Tage später kramen Sie in ihren Akten herum, was soll ich bitte davon halten? Und jetzt schreiben Sie mir auch noch vor, was ich zu tun habe!“

Der Brünette blickte ehrlich geschockt drein über die Information, dass die Verdächtige entführt worden sei, aber ihr Vater sah das wohl eher als Bestätigung seiner Worte. Und bevor auch nur ein klärendes Wort fall konnte, machte Tony auch schon Bekanntschaft mit der Faust des Admirals. Und schlagartig wurde es schwarz um ihn.
 

Als er wieder aufwachte, dachte für einen magischen Moment, er habe nur einen Traum im Traum gehabt... doch dann kam das Brennen in seinem linken Auge hinzu und gleichzeitig etwas Kühles, das darauf lag, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was. Als der Special Agent sich aufrichten wollte, wurde er sanft wieder auf den Boden gedrückt.

„Nicht. Bleiben sie liegen, das ist besser für ihren Kopf. Sie können von Glück sagen, dass meine Mutter ohnehin heute Abend grillen wollte, Agent DiNozzo.“ Alecia hatte ihm ein Steak auf das getroffene Auge gelegt, damit dort kein Veilchen entstand. Aber so wie die Sternchen um Tony herum schwirrten, würde das auch nicht helfen. Außerdem konnte er sich partout nicht daran erinnern, ihr seinen Namen genannt zu haben...

„Hat der Kerl Sie auch geschlagen?“ In der Hinsicht war er ein Gentleman: Er mochte es ganz und gar nicht, wenn man Frauen schlug oder tötete. Es war ein Kapitalverbrechen an der Schönheit. „Sie bluten,“ stellte er mit einiger Sorge fest. Die junge Frau blickte fragend auf ihn herunter, dann bemerkte sie selbst das Blut, dass ihr aus der Nase lief. Sie stoppte es provisorisch, indem sie ihren Handrücken davor hielt.

„Nein, schon gut, das passiert mir öfters. Ich habe den Admiral überreden können, sich erst mal in die Cafeteria zu setzen. Ihr Kollege, Agent McGee redet gerade mit ihm. Warten Sie hier, ich bin gleich wieder da.“

Sie lief davon, wahrscheinlich, um ihre Blutung zu stoppen. Auch gut. Der Schmerz in DiNozzos Auge klang langsam ab zu einem unangenehmen Druck, aber auch damit ließ sich auskommen.

Er sollte also warten. Blieb ihm etwas anderes übrig?

Ganz kurz trauerte er dem verlorenen Tag hinterher. Es hätte so schon werden können, kaum Arbeit, reichlich Möglichkeiten, McGee zu ärgern (verdammt, er hatte ihm doch noch die Sache mit Ziva erzählen wollen, das hätte Bambino sicher nicht gefallen. Tim hatte eine Schwäche für Ziva, vielleicht nicht so sehr, wie für Abby, doch das reichte schon) und nicht zu vergessen er hätte mit einer absoluten Spitzen-Frau flirten können... die ihn jetzt wohl ewig als den Kerl in Erinnerung behalten würde, der auf dem Boden befördert wurde, mit einem Steak auf dem Auge. Jetzt hatte sie garantiert Mitleid mit ihm. Toll, das zog vielleicht, wenn man sich eine Ehefrau angeln wollte, aber nicht, wenn man mit der Frau ins Bett wollte.

Konnte es noch schlimmer werden?

Und wie es das konnte.
 

„Macht es dir Spaß, auf dem Boden zu liegen und Lebensmittel zu verderben, DiNozzo?“ Gibbs hatte seine kleine Shoppingtour anscheinend beendet und war gar nicht mit dem zufrieden, was in den Büroräumen vor sich ging. Einer seiner Agenten faulenzte auf dem Boden rum und der andere war nirgends zu sehen. „Ich hoffe, dafür gibt es eine plausible Erklärung.“

„Boss, der Vater von einer unserer Verdächtigen ist hier. Er hat mich geschlagen.“

„Dann sollte ich ihm wohl ein Dankeskränzchen schicken, was?“

Tony sah drein wie ein Kind, den man gerade seinen Lutscher geklaut hatte und stand entgegen Alecias Rat auf, wobei er sich allerdings anstellte wie ein Invalide. Mit äußerster Vorsicht setzte er sich an seinen Schreibtisch und legte das Steak auf die Tischplatte. „Der Kerl meinte, seiner Tochter sei entführt worden.“

Gibbs blickte alarmiert drein. „Hat er etwas über die Umstände gesagt?“

„Danach muss ich wohl vergessen haben zu fragen, als ich bewusstlos war“, erwiderte der Jüngere gekränkt.

Ohne nach dem Eigentümer zu fragen, griff Jethro nach dem Pappbecher auf Zivas Tisch. Nach solchen Neuigkeiten hatte er erst mal einen Kaffee bitter nötig. Doch schon nach den ersten Schlucken spuckte er die Flüssigkeit wieder in den nächsten Papierkorb. Nach dem, was Tony gesehen hatte, war es eine klare, gelblichbraune Flüssigkeit und der Geruch nach Apfel breitete sich aus: Tee.

„Wer zur Hölle hat den dieses Gesöff...“ in den Augen des Älteren blitzte Erkennen, gemischt mit wachsendem Unmut auf und er brüllte einen Namen so laut auf, dass er wohl im ganzen Hauptquartier zu hören gewesen sein durfte.

„LUKE!“
 

Nur Sekunden darauf rannte Alecia an, in freudiger Erwartung. „Gibbs, was für eine Freude, deine angenehme Stimme zu hören...“, meinte sie vergnügt und schien gar nicht zu bemerken, dass ihr Gegenüber fast vorm explodieren war.

„Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst einen Biohazard-Aufkleber auf deine Getränke machen, wenn du sie schon achtlos stehen lässt.“

„Und wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht immer anderen Leuten ungefragt den Kaffee klauen. Das ist Mundraub. Nebenbei erwähnt ist das ganze Koffein ohnehin schlecht für dich.“

“Junge Dame, was schlecht für mich ist und was nicht, kann ich noch immer selbst entscheiden. Und bei Gott, zieh dir gefälligst was anständiges an, es existiert eine Kleiderordnung in diesem Gebäude.“ Alecia verdrehte die Augen wie ein Kind, holte dann hinter Zivas Schreibtisch einen roten Rucksack hervor, aus dem sie ein eng geschnittenes, nachtblaues kurzärmeliges T-Shirt fischte, dass sie sich prompt überzog. Auf dem Rücken stand in weißer Schrift „MDPD“ kurz darunter „Forensics“ und als sie sich wieder zu Tony umdrehte, erblickte er an der Vorderseite die Aufschrift „CSI“.

Er fühlte sich geschlagen, desorientiert, ignoriert und zutiefst verwirrt. Und das war ziemlich viel für jemanden wie ihn. Schon fast zu viel. Warum war dieses bildhübsche Mädchen von der Polizei, trug aber keine Dienstmarke? Welche Verbindung bestand da zwischen ihr und diesem Skywalker und vor allem woher nahm sie sich die Courage, so mit Gibbs zu reden?

„Jetzt zufrieden, Big Boss?“

„Nein. Warst du schon bei Ducky oder Abby?“

„Noch nicht. Aber keine Sorge, selbst wenn, hätte ich ihnen noch nichts gesagt. Du weißt doch, du stehst auf meiner Prioritätsliste ganz oben. Genau wie auf Mum’s. Apropos... taucht sie hier eigentlich immer noch jeden zweiten Tag auf?“

„SIE sind die Tochter der mysteriösen Rothaarigen?“, platzte es plötzlich aus Tony heraus. Alecias verschiedenfarbige Augen richteten sich schlagartig auf ihn.

„Oh. Sie hätte ich beinahe vergessen. Darf ich mich Ihnen erneut vorstellen, Tony? Ich bin Officer Alecia Lukretia Skywalker-Caine, vom Miami Dade Police Department.“ Sie hielt ihm freundlich die Hand hin. „Aber die meisten nennen mich Lecia oder Luke. Und, ja, die Person auf die Sie sich beziehen, ist meine Mutter, aber ich glaube, sie bevorzugt es, über ihre Arbeit beim Judge Advocat General definiert zu werden.“

Der Brünette schüttelte der jungen Frau ungläubig die Hand. Der Engel des M.D.P.D. war offensichtlich ganz unbemerkt gelandet.

*****

Muharrharr! Alecia ist Luke Skywalker! Wer außer mir hätte das gedacht? (Cookie, weil ich meine Klape net halten konnte)

Ich sehe in letzter Zeit auch immer regelmäßiger J.A.G. Wärt ihr nie drauf gekommen, ne, besonders nicht wegen der letzten Worte von Lecia/Luke.

KiNg coDeS

~Sie standen, bleiche Schemen, in der Runde,

Des Endes harrend, starrend unverwandt

Der Opfer jüngstes an. Im Flammenbrand

Sah und erkannt’ ich all’ in dieser Stunde~ (Robert Browning, “Herr Roland kam zum finstren Turm”, König Lear III 4)
 

Alecia Lukretia Skywalker-Caine, Nichte von Lt. Horatio Caine, hatte viele Spitznamen. Lecia und Luke waren noch die geläufigsten, doch bereits seit sie anfing beim CSI zu arbeiten, nannte man sie einen Engel. Nur wenige dachten dabei daran, dass dieser Begriff vielfältig war. Mal machte sie der allgemeinen Bedeutung dieses Titels alle Ehre, lächelte und sah aus wie die Unschuld in Person. Aber dabei fühlte sie sich nie wohl. Sie war ein Engel des Wissens, ein Engel der Liebe, ein Erzengel, der anderen Botschaften sandte, ein Racheengel. Welches gerade zutraf, hing ganz von der Situation ab. Und jene Mitglieder des NCIS, die davon nichts ahnten, würden es wohl bald lernen.
 

„Sie sind der Officer aus Miami?“; hakte Tony noch einmal nach, weil er es nicht so richtig glauben konnte (und wollte). Er weigerte sich auch irgendwie anzunehmen, dass Gibbs’ ach so vermeintliche Affäre so etwas wie Grips besitzen sollte und erst recht, dass sein Boss sich mit einer Frau einließ, die ein Kind hatte, das bereits erwachsen war. Luke jedoch nickte bestätigend. „Ganz richtig.“

„Was bedeutet, dass wir bald das FBI auf dem Hals haben,“ bemerkte Gibbs mit einiger Missbilligung, „Du weißt genau, dass Fornell dich auf dem Kieker hat. Und Fälle, die die Grenzen von Bundesstaaten überschreiten, fallen ohnehin in deren Aufgabenbereich.“

„Gibbs, bitte! Du weißt, mein Onkel würde sich lieber erschießen, als einen Fall abzutreten, besonders an das FBI. Offiziell bin ich nur wegen einer Benachrichtigung eines Angehörigen und der Überprüfung eines Alibis hier.“

„Wessen Alibi sollst du überprüfen?“

Als sie nicht sofort antwortete und stattdessen zögerlich an ihrer Unterlippe knabberte, ohne ihm auch nur in die Augen sehen zu können, war dem Älteren schon so einiges klar. In einem unbändigen Anfall der Wut schlug er mit der flachen Hand auf den nächstgelegenen Schreibtisch. „Ich hätte es wissen müssen! Deshalb hat Horatio mich am Telefon so gelöchert!“ Er seufzte aggressiv, dann fiel ihm ein, wer mittlerweile in Miami lebte. „Meine zweite Ex-Frau ist ermordet worden, nicht wahr?“

„Nicht nur sie. Nummer drei hat es auch erwischt.“
 

~*+*~

Alecia beschriftete mit Sorgfalt die braunen Postumschlage, in denen sich die Originalbänder der Überwachungskameras vom Hauptquartier befanden, die bewiesen, dass Gibbs zu beiden Tatzeiten auf Arbeit war. (Es war wirklich ein Segen, dass er so gerne Überstunden schob und von seinen Mitarbeitern schieben ließ...) Sie musste die Originale schicken, damit niemand behaupten konnte, man habe das Beweismaterial manipuliert. Kaum war sie damit fertig, kam der ’Verdächtige’ auch schon in den Videoraum und sagte: „Drei Mal darfst du raten, wer mich gerade angerufen hat.“

„Fornell“, antwortete die junge Frau, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, „da er selbst mit dem ersten Opfer verheiratet gewesen war, mussten wir ihn natürlich von ihrem Tod in Kenntnis setzten, allerdings wollte Onkel Horatio noch warten, bis er als Verdächtiger ausgeschlossen werden konnte. Und nachdem wir gestern die andere Leiche gefunden haben, hatte sich der Verdacht gelegt.“

„Er hat mir sein herzliches Beileid ausgesprochen, ist das zu fassen?“

„Du weißt, wie meine Meinung zu ihm ist, also erwähn ihn bitte nicht mehr als nötig.“

„Lecia, ich kenne dich, du bist doch nicht nur hier, um mich zu befragen, ich hätte dir die Videobänder auch so schicken können. Also, warum bist du hier?“

Die junge Frau legte ihren Stift beiseite, stemmte die Hände in die Hüften und sah Gibbs von unten her an – Gesten, die auch ihrem Onkel zu eigen waren. „Ich glaube, da steckt mehr dahinter. Und als ich vorhin unten in der Cafeteria auf McGee gestoßen bin und ihm meine Dienstmarke gezeigt habe, konnte ich ihn dazu überreden, mir von eurem Toten zu erzählen. Könnte ich mal eine Kopie von der Nachricht bekommen, die in der Leiche war; vor und nach der Decodierung? Ich glaube, sie könnte eine eventuell meine Fragen beantworten.“

„Wie kommst du darauf?“

„Gefühl. Intuition. Das, worauf du mich gelehrt hast zu hören, schon vergessen?“
 

Von klein auf, hatte es dieses Mädchen zu Kriminalfällen hingezogen. Nach dem Tode ihres Vaters hatte ihre Mutter nicht immer einen Babysitter für das Kind finden können und dafür hatte nicht selten Gibbs herhalten müssen. Und wenn Gibbs es nicht möglich gewesen war, dann eben Horatio. Das hieß, auch wenn Luke erst seit drei Monaten aktiv arbeitete, so war sie regelrecht an Tatorten groß geworden. Ihre Intuition war ebenso präzise wie die von Jethro. Und daher war es auch nichterstaunlich, dass sie nach einigem Überfliegen der Nachricht und dem Auswerten dessen, was bereits über Col. Smith in Erfahrung gebracht worden war, alle in Abbys Labor bat. Bis auf Paula, die nicht wirklich zum Team gehörte und Ziva, die erst ins HQ fahren musste, kamen alle der Aufforderung in wenigen Minuten nach.
 

„Beim ersten Opfer sah noch alles aus wie ein Selbstmord. Die Leiche lag oder eher saß in ihrem Auto, das verlassen mitten am Strand gefunden worden war, vor drei Tagen. Ein Surfer war in den frühen Morgenstunden darauf aufmerksam geworden. Der Alkoholspiegel war erhöht, allerdings gerade noch in einem zum Fahren tolerierten Bereich und in ihrem Blut befanden sich außerdem hohe Dosen eines Schlafmittels, der Zusammensetzung und der angerissenen Packung im Auto nach war es Seconal.“

„Das Tal der Puppen,“ war Abbys Randbemerkung dazu und Luke grinste daraufhin.

„Richtig. Nur unser Opfer war weiß Gott keine Berühmtheit und hatte keinen Brustkrebs. Aber zum Thema Bücher kommen wir später noch. Auf der Packung waren Fingerabdrücke, aber nur vom Opfer. Das Einzige, das überhaupt auf einen Tod durch Fremdeinwirkung schließen lief, war, dass ein Stück der Zunge fehlte und das Fehlen eines Abschiedsbriefes. Aber erst einmal zu dem zweiten Opfer: Erst gestern früh erhielten wir Meldung von einem Veterinär. Ein Alligator war tot an den Strand gespült worden, nur wenige Kilometer von dem Fundort des Autos entfernt und bei der Obduktion des Tieres fand man in seinem Magen die Überreste einer Frauenleiche. Die Obduktion von Alexx Woods, unserer Pathologin, ergab die Todesursache für Mensch und Tier: Zyankali in hohen Mengen. Bei der Verdauung wurde das Gift erneut frei gesetzt und gelangte auch in den Organismus des Alligators, daher wurde die Leiche erst so spät gefunden, denn vermutlich ist das Opfer am selben Tag gestorben wie das Erste. Trotzdem gab es keine wirkliche Verbindung zwischen den beiden Frauenleichen, außer der Tatsache, dass sie vergiftet worden waren und es keinerlei Zeichen für Gewalteinwirkung gab. Die Eine war schon vor Jahren nach Miami gezogen, die Andere war nur kurzfristig auf Besuch dort. Es hätte genauso gut ein Zufall sein können, dass ausgerechnet die Beiden so kurz hintereinander sterben, zumal die Selbstmordtheorie im ersten Fall ohnehin noch als die logischste schien. Aber wie Hans Magnus Enzensberger es so schön formulierte: ’Zufälle sind die Ausreden derer, die um Gründe verlegen sind.’ Und genau hier kommt unser Kronzeuge ins Spiel. Charles, wenn Sie so freundlich wären...“

Chip Sterling kam mit einem halbrunden geflochtenen Holzkorbchen an, dessen seitliche Runde Öffnung vergittert war. Normalerweise diente es dem Transport von Katzen, aber diesmal war der Inhalt definitiv kein kleines Kätzchen. „Hier, Ma’am,“ meinte er verlegen, dummerweise fand Luke keinerlei Geschmack an der höflich gemeinten Anrede und begegnete dem mit Missmut. „Ma’am? Seh’ ich vielleicht aus wie 50?“

„Nein, Ma’am, das wollte ich damit nicht sagen.“ Dass Chip denselben Fehler zwei Mal beging, nahm die junge Frau ihm erst Recht übel. In ihre Augen trat ein gefährliches Funkeln, dass den irritierenden Effekt, den sie durch ihre Zweifarbigkeit besaßen, noch verstärkte. Sie rückte dem hilflosen Laborassistenten bedrohlich nahe und flüsterte in einem eisigen Ton, der Gibbs alle Ehre gemacht hätte: „Sagen, Sie Charles, wussten sie, dass das Wort ’Char’ in der hohen Sprache ’Tod’ bedeutet? Wenn man davon ausgeht sind Sie also praktisch schon halb tot!“ In der Folge verließ Chip so schnell die Räumlichkeiten, dass der Begriff Flucht durchaus angebracht war. Mit einem ungläubigem Kopfschütteln blickte die Polizistin ihm hinterher, dann holte sie das Tier aus seinem tragbaren Käfig.

„Ein Frettchen?“; fragte Tony erstaunt, aber McGee widersprach ihm: „Das ist kein Frettchen, das ist ein Steinmarder, ein ganz junger.“ Der Brünette verpasste seinem jüngeren Kollegen einen giftigen Blick, sagte aber nichts weiter. Solange sie sich noch in Gibbs’ Armreichweite befanden, wäre das sehr unklug gewesen.

„Richtig. Er hatte sich im Auto des ersten Opfers eingenistet. Wir haben das Fahrzeug mitgenommen, um den Innenraum nach Spuren und etwaigen Manipulationen abzusuchen – erfolglos. Als ich die Motorhaube öffnete, krabbelte mir das klein Kerlchen entgegen, offenbar war es ihm nicht mehr warm genug in seinem Versteck. Alexx vermutete, dass er weit mehr angeknabbert haben musste als die Kabel und wir mussten dem Armen den Magen auspumpen. Darin fanden wir das halb verdaute, fehlende Stück Zunge“ – Tony musste sich zusammenreißen, um nicht zu würgen – „und eine Folie mit einer Botschaft darauf. Eine ebensolche Nachricht befand sich auch im Magen der zweiten Leiche.“ Sie legte zwei Folien auf einen Polylux und dämmte das Licht im Labor etwas. Der Inhalt der ersten Botschaft lautete simpel:

“j.
 

TULL”
 

Die zweite war komplexer, machte aber ebenso wenig Sinn wie die erste.

„IEEZHNN REHOASL MRITDTA BETVSTD LUTIEIB ESGEGDE ANIMSCE WGEREER NGMKVKR EIFLDRS DEMOEEI GBUOASI DNEERNH ETNRECE EIRNGDR NEDECHO RSDIAIE SIENHLE ETAGNEZ INNETUF RDSRGUE CEFUNEF IIJEEHI HNTNISN NEEINRG NIÜDSSE NZTCEEE ICRDIET
 

P.P.S.: d b/f“
 

“Das sind natürlich nur neu geschriebene Kopien, aber wir haben sämtliche Details beibehalten: Schriftgröße 10, Verdana. Meine Lieblingsschrift übrigens, wen es interessiert. Sie ist so schön sachlich, hat aber auch was gemütliches an sich, dadurch, dass die Buchstaben so kompakt sind...“

„LUKE!“

„’Tschuldigung, Big Boss. Ich habe mir die Nachricht von eurem Toten angesehen und sie mir auch noch mal auf Folie ausdrucken lassen und voilá! Sie passt genau in das Schema.“

„Aber ich sehe keinerlei Ähnlichkeit. Das sind doch ganz verschiedene Codes“, beschwerte sich Tim. Er fühlte sich noch immer von Alecia etwas ungerecht behandelt, da er sich um die Befragung des leicht cholerischen Admirals hatte kümmern müssen. Die grinste, legte die Nachricht von Col. Smith zwischen die Beiden anderen und fragte: „Was sagst du dazu, Gibbs?“ Man konnte sich bei ihren Ausführungen vorkommen wie in einem Klassenraum oder in einer Talkshow.

„Zusammen sieht es aus wie ein Brief“, stellte der Angesprochene nüchtern fest. Der Polylux bildete in seinem weichen Licht ein eindeutiges Gesamtbild ab:
 

„j.
 

TULL

Jod WolframJodLL SchwefelHolmiumW YttriumOUran FluorEArgon Indium A HAStickDFluorUL SauerF DuranST
 

P.S.: e

IEEZHNN REHOASL MRITDTA BETVSTD LUTIEIB ESGEGDE ANIMSCE WGEREER NGMKVKR EIFLDRS DEMOEEI GBUOASI DNEERNH ETNRECE EIRNGDR NEDECHO RSDIAIE SIENHLE ETAGNEZ INNETUF RDSRGUE CEFUNEF IIJEEHI HNTNISN NEEINRG NIÜDSSE NZTCEEE ICRDIET
 

P.P.S.: d b/f”
 

~*+*~

„Ich habe festgestellt, dass man hier eine Staffelung in mehrerlei Hinsicht finden kann. Erstens: Die Anordnung der einzelnen Briefteile entspricht der Reihenfolge, in der die dazu gehörigen Opfer gefunden wurden. Zweitens: Die Schwierigkeitsstufe nimmt mit jeden weiteren Teil zu. Drittens: Je schwieriger der Code, umso tiefer muss man bohren und das nicht nur metaphorisch: umso tiefer steckte die Nachricht in der Leiche. Im ersten Opfer befand sie sich nur in der Mundhöhle, deshalb hat Ascot sie auch so leicht verschlucken können.“ Die junge Frau kraulte den Steinmarder liebevoll hinter dem braunen Ohr und das auf den Namen ’Ascot’ getaufte Tier knabberte dafür an ihrem Finger. Keiner im Raum wagte zu widersprechen, nur Gibbs hatte seine Zweifel an der Theorie von Luke: „Du meinst also, alle drei Fälle gehören zusammen, aber das Muster, dass du entwickelt hast, hättest du unmöglich nur aus deinen zwei Opfern schließen können, das heißt, es kann genauso gut sein, dass du da nur etwas hinein interpretierst. Außerdem befand sich die Nachricht unseres Toten in seiner Luftröhre und nicht im Verdauungssystem.“

„Jethro, das könnte genauso gut ein Versehen gewesen sein,“ räumte Dr. Mallard ein, „für einen Ungelernten ist es nicht so einfach zu unterscheiden. Das erinnert mich an einen jungen Assistenzarzt in Massachusetts, dem ein Fehler bei der Intubation unterlief, sodass der Schlauch in der Speiseröhre steckte. Der Ärmste verstarb nach...“

„Schon gut, Duck, Gibbs hat Recht. Ich glaube es ist Absicht gewesen, schon allein, weil eure Nachricht aus Papier war. Die hätte in der Speiseröhre nicht überlebt. Dennoch gibt es einen Zusammenhang und das ist viertens: die inhaltliche Steigerung.“

„Moment mal“, fiel Gibbs ihr erneut ins Wort, „du willst damit doch nicht etwa sagen, ihr habt diesen Buchstabensalat decodieren können.“

„Wieder etwa, was mein Fall mit eurem gemeinsam hat... in der letzten Zeile liegt der Schlüssel. D b Schrägstrich f. Mit anderen Worten, DB DF: die Fußnote bezieht sich auf Dan Browns Roman Digital Fortress.“ [dt. Titel: Diabolus]

„Damit wären wir wieder bei der Literatur angekommen“, meinte Abby grinsend. Lecia lief hinüber zu der Gothic und drückte ihr den Marder in die Hand, dann schnappte sie sich einen Folienstift. „In der allerersten Nachricht gibt es keine Fußnote, sie ist auch nicht wirklich verschlüsselt, also kommen wir gleich zum Buchstabensalat. Natürlich könnte DB DF alles mögliche heißen, es könnte nicht mal die richtige Deutung sein. Auffällig ist hier vor allem das hier.“ – Sie kringelte mit rot einen Buchstaben ein – „Das ist ein Ü. Beheimatet in der deutschen und in einigen skandinavischen Sprachen. Mangels anderer Sonderzeichen lehne ich mich also mal aus dem Fenster und sage, die Nachricht ist in Deutsch verfasst. Früher schrieb man statt einem Ü jedoch ein U und ein E, also warum zerlegt der Täter nicht einfach den Buchstaben in seine altertümliche Form sondern riskiert stattdessen, einen solch wichtigen Hinweis preis zu geben? Weil sonst der Code nicht funktionieren würde. Zählt man nach, so sind es genau 196 Buchstaben. Agent DiNozzo, wissen sie, was an dieser Zahl so besonders ist?“

Tony blickte erstaunt auf und hatte das Gefühl, die Reinkarnation seiner früheren Mathelehrerin vor sich zu sehen, die ihn auch immer vollkommen unvorbereitet dran genommen hatte. Also stand er mit offenem Mund da, es wollte aber nichts heraus kommen. Stattdessen meldete Abby sich mit kerzengerader erhobener Hand und auf und ab hüpfend, wie eine übereifrige Schülerin. „Abbs?“

„Es ist eine Quadratzahl!“

„Natürlich!“, rief der Pathologe plötzlich aus, „Cäsars Box. Ein perfektes Quadrat.“

„Würdest du bitte etwas konkreter werden, Ducky?“, fragte Gibbs ärgerlich, wie immer, wenn er nicht wusste, worüber die anderen gerade redeten.

„Wir haben es hier mit dem ältesten Code überhaupt zu tun. Julius Cäsar selbst entwickelte ihn, um während Schlachten Botschaften aussenden zu können, die der Feind nicht lesen konnte, selbst wenn er sie abfing.“ Luke nickte knapp, dann griff sie den Faden wieder auf. „Das Verfahren ist eigentlich ganz einfach und wird auch in Dan Browns Roman beschrieben. 196 ist das Quadrat von 14. Man schreibt also alles noch einmal auf, in Zeilen von je 14 Buchstaben und lässt einiges an Platz zwischen ihnen. So erhält man das Quadrat mit 14 Zeilen und 14 Spalten.“

Die Rotbrünette entfernte die oberen Folien wieder, sodass nur noch die Betreffende auf dem Polylux lag, dann schrieb sie mit dem Folienstift unter die Botschaft:
 

„I E E Z H N N R E H O A S L

M R I T D T A B E T V S T D

L U T I E I B E S G E G D E

A N I M S C E W G E R E E R

N G M K V K R E I F L D R S

D E M O E E I G B U O A S I

D N E E R N H E T N R E C E

E I R N G D R N E D E C H O

R S D I A I E S I E N H L E

E T A G N E Z I N N E T U F

R D S R G U E C E F U N E F

I I J E E H I H N T N I S N

N E E I N R G N I Ü D S S E

N Z T C E E E I C R D I E T”
 

“Alles, was man jetzt noch tun muss, ist die Spalten von oben nach unten zu lesen. Und natürlich zu übersetzten, wenn man kein Deutsch kann. Die Originalversion würde lauten: ’ Im Land der Erinnerungen ist die Zeit immer das Jetzt. Im Königreich des Vergangenen ticken die Uhren, aber ihre Zeiger bewegen sich nie Es gibt eine nichtgefundene Tür (o verlorene) und das Gedächtnis ist der Schlüssel, der sie öffnet.’“

„Originalversion?“, echote McGee verständnislos.

„Es ist ein Zitat,“ erklärte die Jüngere nachsichtig, „von einem Autor aus Maine. Womit wir bei eigentlichen Inhalt angelangt sind. Ich kann zwar nicht in den Kopf des Schreibers gucken und weiß daher nicht, welche Intention der Autor mit diesem Brief im gesamten inne hat, aber ich weiß, dass sich jede Botschaft auf einen bestimmten Band aus Stephen Kings Zyklus vom dunklen Turm bezieht. Tull ist ein Hauptschauplatz im ersten Band, der Inhalt der zweiten Nachricht ist eine Zeile von T.S. Eliots ’Burial of Dead’ aus dem Gedichtszyklus ’the Waste Land’, der zufällig fast denselben Titel wie der dritte Band trägt. Die spezielle Zeile steht für einen der Hauptcharaktere. Und die letzte Botschaft stammt direkt aus dem sechsten Band.

Wenn man jetzt bitte die Buchstaben der Fußnoten zählt, so wird man feststellen, dass ihre Anzahl genau der Nummer des Romanbandes entspricht.“
 

„Wie viele Bände hat dieser Zyklus“, fragte Gibbs sachlich nach einer Pause, in der jeder erst einmal das gesagte verarbeiten musste, aber direkt danach wurde es noch stiller, weil jedem klar wurde, was der Senior Special Agent gerade wirklich gefragt hatte: wie viele potentielle Opfer noch existierten.

„Sieben. Damit steht nur noch ein Toter aus. Der Einzige, der zählt.“

„Wieso der Einzige, der zählt?“

Es war Ziva, die Gibbs Frage beantwortete: „Weil nur im siebten Band die wahre Natur des dunklen Turms enthüllt wird. Die anderen Leichen sind nichts weiter als notwendige Opfer, die der Weg dahin gefordert hat.“ Alle Augenpaare richteten sich auf die Israelin, die entschuldigend drein blickte, „Tut mir Leid, dass ich zu spät dran bin, es ist gerade Rush Hour.“ Sie trat etwas näher in dem Raum und gesellte sich wie zufällig genau zu Gibbs, was Tony nicht ohne ein sadistisches Grinsen bemerkte. Trotzdem wandte sich die Aufmerksamkeit der breiten Allgemeinheit wieder Luke zu. „Schön, da Miss David ja jetzt anwesend ist, wird sie sicher so freundlich sein, mir zu sagen, welchen Eindruck sie von dem Mord an Colonel Smith hatte.“

Ziva war leicht irritiert und suchte Gibbs Blick, aber der nickte nur bestätigend. Trotzdem kam sie sich wie bei einem Verhör vor, schon allein, weil sie die junge Frau nicht kannte. Dementsprechend sachlich war auch ihre Antwort. „Nun, der Mord zeugte von unheimlich großem Sadismus und war mit einem enormen Aufwand und einiges an persönlichem Wissen über das Opfer verbunden. Daher lässt sich vermuten, dass das Motiv Rache oder Hass war.“

„Wenn man Ihnen nun sagen würde, derselbe Täter habe zuvor zwei Frauen in einem anderen Bundesstaat ermordet, indem er sie vergiftete, welche Schlüsse würden sie daher auf den Täter ziehen?“

„... dass der Mord an dem Colonel eine langfristig geplante Sache war. Immerhin hätte der Mörder nicht genügend Zeit gehabt, um alles vorzubereiten. Außerdem scheint er dem Colonel näher gestanden zu haben, da es persönlicher ist, jemanden auszubluten als ihn zu vergiften.“

„Miss David, welches Organsystem ist essentieller: das Atmungssystem oder das Verdauungssystem?“

Ziva kam nicht umhin, sich reichlich zu wundern, stellte aber keine Gegenfragen. „Es ist beides lebensnotwendig, allerdings kommt man länger ohne Nahrung aus als ohne Atemluft.“

„Welche besondere Bewandtnis hat es mit Papier im Zyklus vom dunklen Turm?“

„Es ist unheimlich kostbar, weil es so selten ist, ähnlich wie Zucker... Hören Sie, ich verstehe nicht ganz, was das mit dem Fall zu tun hat.“

„Eine Menge. Sie haben gute Gründe genannt, warum der Mörder wohl eher im persönlichen Umfeld von Colonel Smith anzutreffen sein wird und nicht der beiden anderen Opfer. Somit ist diese Mordermittlung nicht länger Fall des CSI. Es tut mir Leid, dass ich ausgerechnet Sie fragen musste, aber Sie scheinen die Einzige zu sein, die das Lebenswerk von Stephen King zu würdigen weiß und die keine von mir vorgefertigte Meinung zu den anderen beiden Mordfällen hatte.“
 

~*+*~

Die Meute hatte sich wieder zerstreut. Abby und Ducky waren damit beschäftigt, die medizinischen und forensischen Gutachten des CSI Miami zu überprüfen, die Luke Ihnen mitgebracht hatte und Tony suchte nach Überschneidungen in den Bekanntenkreisen der drei Opfer. McGee hatte Gibbs über die Einzelheiten seines Gesprächs mit Admiral Rowland aufgeklärt und bearbeitete jetzt diesen Fall, bei dem es keinerlei Aussagen von Augenzeugen und nicht mal Forderungen der Entführer gab.

Gibbs verließ gerade das Büro von Director Shepard, nachdem er ihr Bericht erstattet hatte. Sie hatte sich einverstanden erklärt, dass das NCIS offiziell den neuen Fall, der sich als Gesamtbild aus den drei Morden ergab, annehmen sollte – möglichst, ohne Hinzuziehung des FBI. Er war sich etwas unschlüssig, vor allem aber gelinde überrascht darüber, dass ihn die Sache mit seinen Exfrauen so kalt ließ. Er hatte damit gerechnet, dass er erleichtert sein würde, sie los zu werden, doch nichts dergleichen. Sie waren nun nichts weiter als Namen in seinem Fall, nicht von Belang. Vielleicht war es besser so...
 

Ziva trat vorsichtig an den Älteren heran, der ganz in Gedanken schien und schon seit einigen Sekunden regungslos an einem Fleck stand und auf den Fußboden starrte.

„Alles in Ordnung, Boss?“, fragte sie vorsichtig. Irgendwie mochte sie es nicht, wenn er nicht herum lief, sie alle durch die Gegend hetzte und anschrie. Gerade jetzt im Moment schien ihm jeglicher Elan zu fehlen und er wirkte ihn ihren Augen so ziellos, dass es ihr fast das Herz brach.

Gibbs sah der Israelin in die sanften braunen Augen und musste sich dazu zwingen, nicht unwillkürlich zu lächeln, weil sie so besorgt um ihn schien. Er war ein Mistkerl, das war er wirklich: ständig versetzte er die Menschen, die ihm wichtig waren, in Sorge. Dass ausgerechnet sie sich ständig den Kopf über ihn zerbrach, schmeichelte dem Special Agent nun doch.

„Es ist nichts, schon gut. Ich war nur etwas in Gedanken.“

„Wo waren Sie eigentlich heute früh, Gibbs?“

„Gut, dass Sie mich darauf ansprechen.“ Jethro holte aus seiner Hosentasche einen goldenen Ring, der in seiner Schlichtheit dem anderen Ring glich, den er ihr am Tag zuvor hatte geben wollen. Nur mit dem Unterschied, dass dieser von einem glänzenden Gold war, dessen Farbton perfekt zu Zivas Halskette passte. „Ich habe den Alten einschmelzen lassen, das war ohnehin längst überfällig. Jetzt müsste er Ihnen eigentlich passen.“ Er ließ das Schmuckstück in ihre Hand fallen und die Israelin sah es ungläubig an. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll...“

„Ziva, machen Sie gefälligst nicht so einen Zirkus daraus und probieren sie ihn an!“

„Aber das ist doch Ihr Job, oder nicht?“

Gibbs wirkte nicht unbedingt erfreut über diesen Extrawunsch, aber er war auch nicht wütend deswegen, deshalb ergriff er erneut ihre Hand, wie schon im Lift, und steckte der jüngeren den Ring an.

Er passte perfekt und für Ziva war dies das erste Zeichen der Zuversicht. Das Zweite war der Gedanke, dass der Fall, den sie bearbeiteten, deutlich an Komplexität zugenommen hatte und so die Chance bestand, dass sie nicht allein auf diese Mission gehen musste.

„Und?“, fragte sie mit einem provokativen Grinsen, „haben Sie nicht noch etwas vergessen?“

„Was sollte das sein?“

Mit kindsgleicher Unschuldsmiene sagte die Jüngere, so als sei es das selbstverständlichste auf der Welt: „Na, der Teil in dem es heißt: ’Sie dürfen die Braut jetzt küssen’!“

Gibbs’ Gesichtszüge versteinerten sich schlagartig. „Das ist nicht Ihr Ernst!“

„Wieso nicht, das gehört doch dazu. Außerdem ist es nur ein Kuss und schlimmer, als Tony zu küssen kann es ja wohl nicht sein. Also nicht, dass Sie das je getan hätten, weil das war ja auf mich bezogen. Und es soll auch nicht heißen, dass ich denke, Sie würden schlecht küssen, also... rede ich wieder Unsinn?“ Zum ersten Mal konnte sie einigermaßen verstehen, wie es sein musste, in McGees Haut zu stecken. Ziva hätte alles darum gegeben, im Moment irgendwo anders zu sein, weit, weit weg von ihrem Vorgesetzten, nur damit er nicht sehen konnte, wie sie drohte, rot zu werden, wie ihre Pulsfrequenz anstieg, als er näher rückte.

„Glauben Sie etwa, ich hätte Angst davor?“, flüsterte der Größere, als sie nur noch wenige Zentimeter trennten – bei Gibbs nicht unbedingt etwas ungewöhnliches, diese geringe Distanz wahrte er auch, wenn er anderen drohte. Dennoch wirkte sein Grinsen mehr als herausfordernd.

Flirtete er etwa gerade mit ihr?

Sie kam nicht umhin, sich diese Frage zu stellen und selbst wenn dem so sein sollte... konnte sie es dann wagen, das zu erwidern? Andererseits war ja sie diejenige gewesen, die damit angefangen hatte. Was also gab es zu verlieren?

„Ich weiß nicht...“, ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauchen, als sie sein Grinsen mit einem überlegenen Lächeln konterte, „haben Sie?“

Anstatt einer Antwort verringerte sich der Abstand erneut um einige Millimeter...

*****

So, ich hoffe, der Code ist einigermaßen lesbar... ihr ahnt ja nicht, wie schwer es ist, das alles untereinander zu kriegen... *seufz* Mal wieder voll der Cliffhänger, oder? Ich bin ja sooo gemein...

Von ehemaligen und neueren Verehrerinnen

@Schwesterherz: Tja, das sehe ich eigentlich genau so… aber Gibbs wäre nicht Gibbs, wenn er nicht sofort spüren würde, wenn sie jemand dabei erwischen würde... oder vielleicht auch nicht. *kicher*

Lies einfach selbst...
 

~And I know, it’s only in my mind

That I’m talking to myself an not to him

And although I know that he is blind

Still I say, there’s a way for us~

(“On my own”, aus dem Musical “Les Misérables”)
 

Die Tür von Director Shepards Büro flog auf und die beiden Special Agents rückten innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder voneinander weg, weil ihre Position derart unmissverständlich war, dass sie zu Missverständnissen geführt hätte.

Die Rothaarige stürmte regelrecht heraus, nur um festzustellen, dass die Person, die sie hatte suchen wollen, sich bereits direkt vor ihrer Nase befand.

„Agent Gibbs, warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass der vom CSI geschickte Officer ausgerechnet Lukretia Skywalker ist?“, fragte sie aufgebracht, ohne wirklich auf die perplexe Israelin zu achten, welche sich nun fragen musste, ob Jen Shepard nicht doch etwas bemerkt hatte. Um etwas Sicherheitsabstand zu gewinnen, gab sie ihrem Vorgesetzten zu bedeuten, dass sie lieber ginge und entfernte sich dann mit gleichmäßigen Schritten (darum bemüht, nicht so auszusehen, als habe sie es besonders eilig) wieder zu ihrem Schreibtisch. Gibbs wiederum hatte nun die Möglichkeit, sich ganz SEINER Vorgesetzten zuzuwenden.

„Ich wusste nicht, dass es eine Rolle spielt, wen wir als Verstärkung erhalten,“ erwiderte er ungerührt, nicht jedoch ohne einen gewissen Hauch von... was, Überheblichkeit? Provokation?

„Man hat uns ein bockiges Kind geschickt!“

„Falsch, das bockige Kind ist von ganz allein zu uns gekommen. Das heißt, sie will kooperieren.“

„Trotzdem wird sie uns Probleme machen.“

Jethro grinste: „DIR wird sie Probleme machen. An mir hat sie einen Narren gefressen.“ Dann ließ er den Director einfach stehen, etwas, dass sie unter normalen Umständen stets zur Weißglut brachte, jetzt sah Jenny ihm einfach nur fassungslos hinterher, fühlte sich jedoch nicht genötigt, ihn noch einmal zurück zu pfeifen. Natürlich war sie die einzige, auf die Luke nicht gut zu sprechen sein würde, nicht nachdem die Rothaarige sich mit deren Mutter angelegt hatte, was aber in diesem Fall nicht von Relevanz war. Die einzige Person, der Lukretia derzeit unterstand war Gibbs und gleichzeitig einer der wenigen Menschen, auf die sie auch hörte.

Auch noch mit der jüngeren Caine aneinander zu geraten würde Shepard ohnehin nur eine Ohrfeige einbringen... oder schlimmeres, wenn man den Gerüchten des FBI glauben konnte.
 

Seufzend zog sie sich wieder in ihr Büro zurück, während ihre Gedanken zurück wanderten zu dem Anblick, den ihre beiden besten Agenten geboten hatten, als sie dazwischen geplatzt war: wie zwei kleine Kinder, die dabei ertappt wurden, etwas verbotenes getan zu haben. Ganz besonders bei Jethro erwartete man derartiges nie, weil er nie daran zweifelte, dass jede seiner Handlungen vollkommen berechtigt war.

Dass es jetzt anders war, konnte nur bedeuten, dass er gegen eine seiner eigenen Regeln zu verstoßen gedachte... und wenn es um Ziva dabei ging, konnte es nur Regel Nummer zwölf sein. Jenny lehnte ihrem Rücken gegen die Tür und atmete schwer aus. Gut, damit hatte sie gerechnet, dass früher oder später der Moment kommen würde, an dem Gibbs ihr endgültig aus den Händen glitt aber trotzdem war es nicht so einfach zu verkraften.

Wenigstens konnte sie nachvollziehen, dass er ausgerechnet die Israelin auserwählt hatte. Die beiden waren sich irgendwie ähnlich...

[Schnüffz... schnief...HATSCHI! Verdammter Schnupfen aber auch, meine Nase fühlt sich an, als hätte ich Sand geschnupft. Wie? Ihr dachtet doch nicht etwa ich hätte Mirtleid mit Jen? *rofl*]
 

~*+*~

„So, das wär’s...“ zufrieden betrachtete Luke ihren gepackten Rucksack. Jetzt musste sie nur noch Ascot wieder finden, dann konnte sie zurück nach Miami fliegen.

„Und Sie wollen wirklich schon gehen?“, fragte Tony mit einigem Bedauern, „hier in D.C. gibt es einiges zu sehen. Ich könnte ihnen die Stadt zeigen und Sie buchen den ersten Flieger, der morgen abhebt, wie wäre das?“

„Ich bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen, Agent DiNozzo, ich kenne die Stadt. Außerdem bin ich mit dem Helikopter her geflogen.“

„Dann sagen Sie ihrem Piloten doch einfach, er soll sich eine schöne Zeit machen und ich zeige ihnen ein paar Nachtclubs, die erst vor kurzem aufgemacht haben.“ Er taxierte die Jüngere mit einem einladenden Blick, kombiniert mit seinem ganzen jugendlich-italienischen Charme und wollte partout nicht aufgeben. Schließlich lächelte Alecia wohlwollend, schlenderte zu dem Schreibtisch des Brünetten herüber und musterte ihn mit leicht geneigtem Kopf: „Dummerweise bin ICH der Pilot und ich lasse mein Eigentum nur zu gerne unbeaufsichtigt.“

„Aber genau das wirst du,“ beharrte Gibbs, der mal wieder wie aus dem Nichts hinter der Nichte seines besten Freundes auftauchte, „weil du nämlich hier bleiben wirst, solange der Fall nicht abgeschlossen ist. Das ist alles schon mit Horatio abgesprochen, er ist einverstanden. Also pass auf, dass DiNozzo keinen Mist baut, solange ich undercover gehe.“

„Du gehst undercover, Boss? Mit Ziva?“, hakte Tony etwas ungläubig und auch etwas überrascht nach, plapperte dann aber im allgemeingeschwätzigem Ton weiter, „wobei man es ja nicht wirklich als ’undercover’ bezeichnen kann, wenn man seinen Namen und seine Identität behält, eher als ’ausspionieren unter Angabe fälschlicher Absichten’.“

Jethro warf Alecia einen bedeutungsvollen Blick zu, woraufhin diese nur nickte und dem schwafelnden einen Klaps auf den Hinterkopf gab. Der wiederum starrte zurück, als habe sie ein Sakrileg begangen und meinte dann vorwurfsvoll zu seinem Boss: „Sie ist dein Klon! Du lässt deinen Klon hier, um uns zu babysitten!“

Gibbs ignorierte ihn natürlich komplett. „Wir haben es mit einem Serienkiller zu tun, ich kann Ziva nicht allein operieren lassen. Agent Cassidy wird spätestens morgen wieder zurück sein, damit wäre das Team komplett besetzt. Ich will, dass sie und McGee sich ausreichend um das Verschwinden von Sharon Rowland kümmern, während du und Lecia euch mit der Identität und dem Profil unserer Mörderin beschäftigt. Meldet euch nur, wenn es wirklich nötig ist, im Zweifel richtet ihr euch nach Director Shepard.“ [Sonst nicht... XD]

„Moment mal!“, unterbrach die derzeitige Henne im Korb den Alpha-Hahn ungehalten, „sagtest du gerade wirklich ’Director Shepard’? Doch nicht etwa Jenifer Shepard, oder? Was ist denn mit Morrow passiert?“ (Tony war sich nicht ganz sicher, ob das Verzweiflung war auf dem Gesicht der Jüngeren oder einfach nur schiere Entrüstung.)

„Der ist versetzt worden. Du musst Jen ja nicht adoptieren, versuch einfach nur, ihr nicht gerade an die Gurgel zu springen. Sollte die Versuchung zu groß sein... lass es an DiNozzo aus. Und noch etwas, junge Dame: Keine Nachtclubs und kein Alkohol für dich. Vergiss nicht, dass du noch keine 21 bist“ - Tony sah plötzlich aus, als hatte er sich verschluckt – „und melde dich zur medizinischen Untersuchung, in deiner Akte steht, du würdest dich schon seit Monaten darum drücken.“

„Darf ich Ducky fragen, ob er...“

„NEIN!“

„Aber ich hasse Ärzte,“ jammerte Lecia, „die sind mir unheimlich.“

„Dein Bruder ist einer.“

„Aber Jay ist nicht hier. Kann ich das nicht wenigstens auf einen anderen Tag verschieben?“

„Morgen früh, spätestens.“ Ohne ein Wort der Widerrede zu dulden, machte Gibbs sich weiter auf den Weg zu Abby, um sich zu vergewissern, dass das CSI auch anständige Arbeit verrichtet hatte – wovon man eigentlich ausgehen konnte.
 

„Ich hasse es, wenn er das tut“, stöhnte die junge Frau frustriert auf, da merkte sie, dass Tony wieder näher gerückt war. Mit einem Grinsen, das von unverhohlener Freude zeugte: „Haben Sie schon eine Bleibe?“

„Was sagt ihre Verlobte zu diesem Angebot?“

„Welche Verlobte?“

„Ziva meinte, Sie hätten gestern Agent Cassidy einen Heiratsantrag gemacht.“ Luke verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Älteren erwartend an, der sichtlich in Erklärungsnot geriet. „Sie erfindet öfters mal solche Geschichten. Letztens hat sie behauptet, sie sei schwanger von mir, als ich gerade dabei war, so eine richtig heiße FBI-Agentin aufzureißen... Verdammt, das hätte ich nicht erwähnen sollen. Ich weiß, das klingt jetzt lächerlich, aber...“

„Okay.“

„Wie?“

„Ich sagte ’okay’. Ich nehme das Angebot an. Unter drei Bedingungen: Ich koche nur wenn’s mir passt, ich putze nicht und ich schlafe sicher nicht mit Ihnen!“ Lukretias Augen gewannen einen bösartigen Glanz, als sie Tony einen leichten Klaps gegen die Wange verpasste. „Sie werden es bereuen, Agent DiNozzo.“
 

~*+*~

„Haben wir auch alles?“ Ziva blickte in den Kofferraum von Gibbs’ Wagen und wurde zusehends unruhiger. Die Koffer mit den Utensilien zur Sicherstellung von Beweismitteln waren ganz unten verstaut, damit sie nicht jeder sah und es herrschte eine für den NCIS ungewöhnliche Aufbruchstimmung an diesem regengrauen Montagmorgen. Besonders Gibbs hatte darunter zu leiden, da entweder Tony oder Luke ständig um ihn herum tänzelten und mit besorgten Ratschlägen zutexteten. Dass das irgendwie auf die Israelin überzuspringen schien, gefiel ihm gar nicht.

„Nervös?“, fragte er berechtigt, da seine Partnerin ihre Hände ständig aneinander rieb, dabei herrschten immer noch Temperaturen von zwanzig Grad draußen – es schienen sich wieder Sommergewitter zu nähern.

„Ich würde mich lediglich sicherer fühlen, wenn ich meine Waffe ständig tragen könnte. Und ich weiß immer noch nicht, was ich auf Frage 35 antworten soll: ’Wie ist ihre Position zu der U.S. Navy und den Marines?’ Was sind denn das für lächerliche Fragen? Und Tony hat gemeint, ich würde mit roten Haaren weit überzeugender aussehen.“

Die Schwarzhaarige schlug die Kofferraumtür zu und wollte gerade zum Beifahrersitz laufen, als etwas silbernes genau in ihre Richtung flog. Sie fing es auf und hielt den Autoschlüssel in ihren Händen. „Aber...“

„Was wäre überzeugender, als meine ’Frau’ fahren zu lassen? Abgesehen davon ist mir zu Ohren gekommen, Sie würden noch radikaler fahren als ich – das kann ich doch nicht einfach auf mir sitzen lassen.“, Gibbs lief um das Auto herum und während er auf dem Beifahrersitz verschwand, rief er ihr noch einmal zu: „Und fangen Sie endlich an, mich zu duzen, das hier wird kein Jane Austen-Roman, Sie dürfen mich beim Vornamen nennen. Keine Kose- oder Spitznamen, sonst muss ich sie erschießen.“

Ziva ließ sich hinters Steuer fallen und meinte mit gespielt-nachdenklichem Blick zu ihrem Ehemann für die nächsten Tage: „Zu schade, ich hatte da an ’mein kleiner Grummelbär’ gedacht...“

/Immer noch besser als ’mein kleiner Pelzarsch’.../, dachte der Ältere bei sich, bevor er sich vorsichtshalber anschnallte – eine Notwendigkeit, wenn sie nur halb so rasant fuhr, wie er. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, sie habe sich länger mit Alecia unterhalten, deren Lieblingsdrohung ihm gegenüber die Worte „Don’t cha dare, Papa Bear!“ waren. Warum nur verglich man ihn ständig mit einem Bären? [Weil er so vom Verhalten her so an einen apathischen Grizzly mit Migräne erinnert: besser nicht verärgern, aber knuddeln, solange er sich nicht wehren kann *g*]

„...das würde mich wenigstens davon ablenken, dass mich mein ungutes Gefühl schon den ganzen morgen lang ganz wuschelig gemacht hat.“

„Wuschig. Es heißt wuschig, wuschelig trifft eher auf das Fell eines Teddyhamsters zu.“

Ziva grinste: „Meinen Sie... meinst DU damit etwa McGee?“

~*+*~
 

„Deine Frauen werden auch immer jünger, Jethro.“

„Wer sagt dir denn, dass sie nicht reifer ist als du jemals warst, Evey? Nebenbei gesagt, die braunen Haare stehen dir nicht. Du solltest deinen Frisör verklagen.“, Gibbs bemühte sich, der Frau, die sich zu im gesellt hatte, so wenig Aufmerksamkeit zu geben, wie möglich, was schwierig genug war: Ziva hatte sich bereits für die Tests angemeldet und war eifrig am schreiben und die Tür, die sie von ihm trennte war auch nicht so spannend, dass man ständig darauf starren müsste. Zu allem Überfluss war der Kaffeebecher in seiner Hand noch fast voll, er konnte Evey also nicht einmal abschütteln, indem er sich neuen holte.

„Die korrekte Bezeichnung des Farbtons lautet Hellbraun Mocca, sollte es dich interessieren, was es natürlich nicht tut, aber du warst ja schon immer ignorant.“ [Wer gibt Farben eigentlich so grausame Namen?]

„Ignoranz ist nichts weiter als eine Beschränkung auf das Wesentliche.“

„Was mich aber noch mehr verwundert hat, ist, dass du dir ausgerechnet eine Jüdin geangelt hast. Normalerweise erschießt du all jene, die nicht dein Weltbild teilen.“

Gibbs war kurz darauf entweder einen bösen Kommentar abzugeben oder seine Gesprächspartnerin zu erwürgen, als die erste Teilnehmerin das Prüfungszimmer verließ. Natürlich war es Ziva.

„Beeindruckend, Mrs. David, sie haben nur zwei Drittel der Zeit gebraucht. Also entweder sind sie ein Genie oder haben einen Teil der Fragen nicht beantwortet.“

„Sie IST ein Genie,“ fuhr Gibbs dazwischen, „können wir gehen, Schatz? Man hat uns endlich unser Zimmer organisiert.“ Die Tatsache, dass er ein Wort wie Schatz gebrauchte reichte eigentlich schon aus, um den Nachdruck der Frage zu betonen und seine Partnerin wusste, dass sie dem nachkommen musste... jedoch nicht ohne im Gehen der Fremden einen abschätzigen Blick á la: ’versuchen Sie nie wieder, sich an meinen Mann heran zu machen’ zuzuwerfen, der wirklich perfekt authentisch aussah – zumindest aus Gibbs Sicht. Allerdings kamen ihm dabei nicht mal annähernd seine eigenen Worte in den Sinn: dass es immer noch der beste Bluff ist, wenn man nicht blufft.

„Wer ist dieses Individuum?“ bohrte die Israelin nach, sobald sie außer Hörweite waren.

„Sie ist...“
 

„...schrecklich nervtötend, Bambino, glaub mir, ich meine welcher andere Mensch besitzt schon 5 Wecker, die er in der gesamten Wohnung verteilt um dann früh am Morgen erst mal durch das Wohnzimmer rennen zu müssen, um alle auszuschalten?“

„Na ja... wenigstens ist sie dann wach.“, räumte McGee ein, der nicht verstand, weshalb Tony sich so aufregte. Normalerweise müsste es der Himmel auf Erden für ihn sein, eine Frau bei sich wohnen zu haben. Natürlich nur so lange, bis sie ihm Arbeit machte.

„Aber ich bin es dann auch! Und dann wühlt sie ständig in meinen Filmen herum und versucht, sie alphabetisch zu ordnen, wie soll ich denn so jemals etwas wieder finden? Gott, und dieser Marder erst, der zerfrisst mir meine ganze Tapete. Ich bin sogar genötigt, auf meinem Sofa zu schlafen...sie kann von Glück sagen, dass sie der XXL T-Shirt -Typ ist.“

„Der WAS?“

„Es gibt zwei Arten von Frauen: Die Nachthemd- und Schlafanzugfrauen und die, die in T-Shirts oder Hemden schlafen. Ein Sonderfall bilden natürlich noch die Puristinnen, die nur in Unterwäsche schlafen, manche sogar nackt, aber davon gibt es leider zu wenige, zumindest zu wenig Attraktive. Aber, Gott, ich steh auf Frauen, die in T-Shirt schlafen, das erinnert mich so an meine Zeit an der Ohio State.“ Ein verträumter Gesichtsausdruck machte sich auf dem Gesicht des Älteren breit, dessen Gedanken unzweifelhaft mal wieder zum Spring Break [mangelhafte deutsche Übersetzung der TV-Serie: den Frühlingsferien] abschweiften. Tim fragte sich nur, warum er ausgerechnet jedes Mal derjenige sein musste, dem Tony sich ’anvertraute’. Der wiederum bekam davon gar nichts mit und sinnierte weiter: „Zu dumm nur, dass sie Snoopy-Unterwäsche trägt, das zerstört die ganze erotische Atmosphäre, die da zwischen uns herrscht...“

„Träumen Sie weiter, DiNozzo. Und wenn ich noch einmal erlebe, wie Sie in meiner Unterwäsche herumwühlen, dann breche ich Ihnen irgendetwas!“

Die beiden Agenten zuckten zusammen und drehten sich schlagartig um, wobei Tony fast von der Kante von McGees Schreibtisch fiel, auf der er es sich so gemütlich gemacht hatte. Lukretia schüttelte darüber nur den Kopf und setzte sich auf Gibbs Platz, den sie zu ihrem Domizil ernannt hatte, bis der Boss wieder da war.

„Sie kann sich sogar genauso wie er anschleichen... meinst du, das mit ihrem indischen Vater war ’ne Lüge um zu vertuschen, dass sie Gibbs’ Tochter ist?“, flüsterte der Italienisch-stämmige verschwörerisch, aber Bambino zuckte nur mit den Schultern. „Das würde zwar die Sache mit Gibbs und der Rothaarigen klären, aber ist sie nicht ein bisschen zu braun dafür?“

„Noch nie im Solarium gewesen, Bambino?“

„Na also ich weiß nicht...“

„Ich kann euch hören, Jungs!“, rief Alecia hinüber, obwohl das Gespräch der beiden eigentlich in einer Lautstärke stattgefunden hatte, die kein Mensch auf die Distanz hätte verstehen können, es sei denn sein Name lautete Leroy Jethro Gibbs. Mit etwas, das man durchaus Angst nennen konnte, begegneten sich Tim und Tonys Blicke.

„...und bevor ich es vergesse,“ fügte die vermeintliche Mini-Gibbs (numero duo) hinzu, „sollten wir nicht langsam mal anfangen an diesem Entführungsfall zu arbeiten? Wieso wurde die Wohnung noch nicht durchsucht?“

Tim, der den Zwang zu besitzen schien, sich für alles rechtfertigen zu müssen, gab darauf nur vorsichtig zurück: „Ihr Vater weigert sich aus irgendeinem Grund, die Wohnung zur Untersuchung frei zu geben, deshalb warten wir noch immer auf den Durchsuchungsbeschluss. Ich habe Commander Coleman schon gemailt, aber...“

„...da können Sie lange warten, Harm... ich meine Commander Rabb sagte mir kürzlich, Sie sei im Urlaub auf Hawaii.“

„Und kann Ihr toller Commander Rabb uns nicht den Beschluss besorgen?“, hakte Tony mit leicht provokanter Betonung der Worte ’Ihr’ und ’Commander’ nach. Er hatte die starke Vermutung, dass es da wohl eine gewisse persönliche Beziehung zwischen den Beiden geben musste, wenn Lecia es schon so gewohnt war, Harmon Rabb beim Vornamen zu nennen. Die wiederum reagierte mehr als bissig.

„Nein, kann er nicht, er hat wichtigere Fälle. Allerdings war Major Sarah McKenzie so freundlich...“

Das Faxgerät sprang wie auf ein Stichwort hin an.
 

„Es wäre reizend gewesen, so etwas vorher zu erfahren!“ Ziva verschränkte sichtbar beunruhigt die Arme vor der Brust. Diese ganze Mission entpuppte sich gerade als ihr Alptraumszenario schlechthin – vom privaten als auch beruflichen Standpunkt.

„Es ist irrelevant.“

„Nein, das ist es ganz sicher nicht. Sie hatten eine Affäre mit ihr, also wird Sie ja wohl die erste sein, die vermutet, dass Ihr Aufenthalt hier alles andere als der rührselige Wunsch ist, der eigenen ’Frau’ bei einem Wettbewerb beizustehen. Das bedeutet, unser Auftrag droht schon vom ersten Tag an aufzufliegen.“

„Sie gehört nicht zum Kreis der Verdächtigen und selbst wenn sie etwas vermuten sollte, dann wäre es in ihrem Interesse, dass ihre Teilnehmerinnen nicht zu Schaden kommen.“ Gibbs’ ohnehin schon angesäuerter Gemütszustand näherte sich langsam nahm einen drastischen pH-Wert von 0 an, aber das ließ sein Gegenüber völlig kalt, denn sie hatte weit mehr mit ihren Launen zu kämpfen als mit den seinen. „Sie decken sie“, gab sie in angriffslustigem Ton zurück, der nicht ganz frei von Eifersucht warm, „Sie riskieren alles wegen einer Verflüchtigten!“

Der folgende Moment glich in seinem stillen Ablauf schon fast einer Zeitlupe, als Jethros Gesichtsausdruck sich von überrascht-verwirrt über erstarrt bis hin zu amüsiert wandelte, als er schließlich das Lachen nicht zurückhalten konnte. Das ließ zwar die eisige Stimmung im Raum verdampfen wie die Hitze des Vormonsuns, doch wie jeder wusste, vermochte das nachfolgende Wetterphänomen die Menschen im Regen stehen zu lassen und genau das war es, was Ziva nun traf, sie wurde beinahe fortgerissen von dem Gefuhl der Hilflosigkeit, dass sie ihn nicht verstand. „Was? Was bitteschön war daran so witzig?“

“Verflossene. Es heißt Verflossene und nicht Verflüchtigte.”

„Und darüber machen Sie sich jetzt Gedanken? Wäre es nicht wichtiger...“

„Das wichtigste ist jetzt vor allem, ruhig zu bleiben und uns nichts anmerken zu lassen. Vor allem, weil ich mich daran erinnern kann, dass wir heute schon mal beim ’du’ waren, was ist passiert? – Angst, mich beim Vornamen zu nennen?“

Die Israelin war versucht, sich auf die Unterlippe zu beißen, tat es letztlich dann aber doch nicht. Diese kleine Geste hätte den wachsamen Augen des Marines nicht standhalten können.

„Du hättest lieber Direktor Shepard zu diesem Auftrag mitnehmen sollen!“, bemerkte sie und drehte sich um, doch kaum machte sie auch nur einen Schritt auf die Tür zu, wurde sie an der Schulter gepackt, wieder herum gewirbelt und von ihrem vermeintlichen Ehemann gegen die Wand gedrängt.

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Heiteres Assoziationsspielchen: Welchem Tier ähneln unsere NCIS-Boys am meisten? Schickt mir eure persönliche Meinung! (Meine bezüglich Gibbs und Bambino kennt ihr ja jetzt) Ich stell dann eine Liste aus denen zusammen, die mir am besten gefallen haben. Ari würde ich zum Beispiel als Liger charakterisieren... Nein, das ist kein Tippfehler, des Vieh heißt so...

Wiedersehen und Abschied

.:Kapitel 11 – Wiedersehen und Abschied:.
 

~Oh, tonight

You killed me with your smile

So beautiful and wild

So beautiful tonight~ (Reamonn, “Tonight”)
 

Müde blinzelnd erwachte sie. Die ersten Schuldgefühle, die sich aufdrängten, weil der Tag schon so weit fortgeschritten war, verflogen sofort beim Anblick der schlafenden Gestalt neben ihr.

Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Ja, es war alles ganz anders gekommen als erwartet. Sie strich ihre dunklen Haare, zurück damit sie ihren Geliebten nicht kitzeln und eventuell wecken konnten, wenn sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab, bevor sie aufstand.
 

Frühstücken am Nachmittag war ein Luxus, den nur wenige sich leisten konnten, aber sie zählte zumindest im Moment dazu. Sie band sich ihren Morgenmantel um und begann, den Ofen vorzuheizen, bevor die Tiefkühlbrötchen aus ihrem kalten, dunklen Gefängnis befreit wurden. Wer hätte denn dabei auch das winzige Aluschälchen bemerkt, das versteckt unter einem Backblech im Herd lauerte? Und selbst wenn man es bemerkt hätte, wer wäre schon beunruhigt gewesen von dem Salz, das es beherbergte?

Salz, das in der sich steigernden Wärme feine Dämpfe entwickelte.

Eine leise, heitere Melodie vor sich her summend, verteilte sie die kalten Brötchen auf einem anderen Blech und schob es in den Ofen.

Einer der wenigen Tage der nur ihr und ihm gehörten. Vielleicht sogar der letzte (Und wenn sie gewusste hätte, wie recht sie damit behielt).

Er würde bald aufwachen, also begann Sie, Kaffee zu kochen, so, wie er ihn liebte, schwarz und stark. Das kochende Wasser der Maschine rann in schwarzen, großen Tropfen in die Kanne, so wie die weißen Dämpfe sich um die Backbleche schlängelten, sich an der oberen Ofenwand absetzten und von dort aus langsam auf die aufbackenden Brötchen tropfte, die ihren unwiderstehlichen Duft ausbreiteten. Etwas anderes roch sie nicht. Der appetitliche Geruch veranlasste, in kindlicher Vorfreude, nach den Backwaren zu sehen. Doch es gab noch eine weit stärkere Kraft als Vorfreude: die Neugier. Zum Beispiel die Neugier, die man empfand, wenn man feststellte, dass es im Ofen tropfte und dem unbedingt auf den Grund gehen wollte.

Nicht nur Hitze schlug ihr ins Gesicht, als sie die Tür öffnete, sondern gleichzeitig ein erschlagend starker Duft von Knoblauch, der nicht hätte sein sollen, bei den wenigsten aber Verdacht erregt hätte. Dennoch sagte ihr Instinkt ihr beim ersten Atemzug, dass sie verloren hatte. Die nächsten drei Züge brauchte sie, um den Ofen auszuschalten.

Beim fünften war sie tot.
 

„Bambino, tank den Wagen auf.“, Tony warf die Schlüssel über den halben Raum hinweg seinem Arbeitskollegen zu, der bei dem Versuch, das fliegende Metall zu fangen, beinahe die Blondine umgestoßen hätte, die den Raum betreten hatte.

„Nicht so stürmisch McGee. Wo soll es denn hingehen?“

DiNozzos Gesichtszüge erhellten sich sofort beim Anblick von Paula Cassidy, wegen derer Anwesenheit er kurzzeitig nicht ganz ansprechbar war, also antwortete Timothy für ihn: „Wir wollten gerade die Wohnung einer der Verdächtigen untersuchen, die seit einer Weile vermisst wird.“

„Sharon Rowland. Na dann komme ich ja gerade noch rechtzeitig.”, Paulas Blick fiel auf Lecia, „Und Sie sind...“

„Officer Skywalker-Caine, vom CSI Miami. Sie sind doch die Agentin, die nach dem Tod von Agent Todd hier ausgeholfen hat und dabei gleich von einem Vergewaltiger und Massenmörder gekidnappt wurde, nicht wahr?“

Paula zeigte ein etwas zerknirschtes Lächeln, da dieses Ereignis nicht gerade zu den Dingen zählte, an die man gern erinnert wurde, besonders nicht von einer ziemlich direkten Fremden.

An Gibbs’ Schreibtisch klingelte das Telefon und bevor irgendjemand es verhindern konnte, ging Tony ans Telefon.

„Woher wissen Sie denn von der Entführung?“

„Oh, Agent DiNozzo besitzt Kopien dieser halb freizügigen Fotos, die dieser Triebtäter von Ihnen gemacht hat.“

Tony ließ den Hörer auf die Telefonstation knallen und rief noch schnell: „Wir haben einen zweiten Fall, Luke, geh den Truck auftanken!“, bevor er mit der Entschuldigung, Ducky noch schnell Bescheid zu geben vor der grenzenlosen Wut von Agent Cassidy flüchtete. Er beschloss, zu dem Tatort doch lieber Luke mitzunehmen, da es bei ihm und Paula im Moment wohl Essig war mit der trauten Zweisamkeit.

Lukretia verdrehte die Augen und meinte zu McGee: „Na dann, Timothy... spendieren wir den Vehikeln ihren Drink.“ Der Angesprochene jedoch rührte sich zunächst nicht im geringsten und sah aus, als würde er etwas suchen, hätte nur vergessen, was.

„Paula, wo ist eigentlich die kleine Kate?“
 

„Du tust mir weh.“, flüsterte Ziva, obwohl Gibbs’ Griff durchaus im erträglichen Bereich war, aber eigentlich wollte sie nur etwas Abstand. Es war verrückt, aber trotz der Tatsache, dass seine heftige Reaktion wohl hieß, dass sie ihn mit ihrem Worten extrem verärgert haben musste, war das Einzige, woran die Israelin denken konnte, dass sie noch verrückt werden würde: Ihre Körper berührten sich beinahe und wenn er nicht langsam von ihr abließ, konnte sie bald ihre Selbstbeherrschung verlieren, sobald er losließ einfach die Arme um seinen Hals schließen, und...

Aber bereits kurz nachdem sie es ausgesprochen hatte, ließ er von ihr ab.

„Sollte das mit Director Shepard eben eine Unterstellung gewesen sein?“

„Gibt es denn da etwas zu unterstellen?“

Jethro wurde klar, dass die Frage absolut überflüssig war, da Ziva ganz offensichtlich von seiner ehemaligen Beziehung mit Jenny wusste, nur war ihm schleierhaft, woher. Von seinem Team wusste niemand davon, Luke würde es ihr auch nicht gerade beim ersten Treffen unter die Nase gerieben haben und Jen war stets peinlich diskret – eine der Eigenschaften, die ihr zweifellos ihren Job als Direktorin eingebracht haben. Er würde die Quelle wohl kaum erfahren: es war sinnlos, eine Spionin ausspionieren zu wollen. Das Problem dabei war aber eher das Unbehagen, dass der Gedanke auslöste, dass sie einfach zu viel über seine früheren Beziehungen wusste. Gibbs war nie der Mensch gewesen, den es großartig kümmerte, was andere von seinem Charakter hielten, weil das nur zu viele Probleme bereitet hätte. Probleme, die ihn jetzt einholten, denn Ziva schien das alles über den Haufen zu werfen.

„Nein, da gibt es nichts. Gar nichts. Du solltest dich jedoch besser unter Kontrolle kriegen.“

„Entschuldigung, aber wer hat den hier wen besprungen?“, gab Ziva empört zurück.

„Angesprungen, nicht besprungen.“

„Wo ist denn da der Unterschied?“

Jethro bekam plötzlich Erklärungsnöte und ein Klopfen an der Tür kam ihm da gerade recht. Trotzdem beschlich ihn manchmal das Gefühl, dass nicht alle ihre zweideutigen Versprecher ein Versehen waren...

Er machte ein paar Schritte rückwärts, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen, dann erst öffnete er, mit der gleichen Eleganz, mit der er im Hauptquartier durch die Räume zu preschen pflegte. Die Person vor der Tür, eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, die offensichtlich zum Personal gehörte, war schon von der ersten Sekunde an vollkommen eingeschüchtert. „Mr. und Mrs. Gibbs?”

“Mrs. DAVID,“ fügte Ziva mit Nachdruck an, woraufhin die Angestellte noch etwas nervöser auf ihre Unterlagen sah. „Ach ja, richtig. Wie peinlich, ich bitte vielmals um Entschuldigung, ich...“

„Was wollen Sie hier?“, unterbrach Gibbs sie ungehalten, da ihm das ganze zu lange dauerte. „Nun, ihre Frau soll zu dem persönlichen Gespräch mit der Veranstalterin, in 10 Minuten. Ihr Büro ist direkt neben dem Empfang, die blaue Tür.“

Die Israelin verschränkte die Arme unauffällig vor der Brust und fühlte sich gar nicht motiviert genug, jetzt zu diesem dämlichen Interview zu gehen. Besonders nicht, da sie nun wusste, wie ihr ’Mann’ zu Evelyn Denton stand. Aber wenn sie sich weigerte, konnten sie gleich wieder die Koffer packen. Das Mädchen stand noch immer in der Tür, schweigend, da sie wahrscheinlich etwas sagen wollte, sich jedoch nicht traute. Da eine Begegnung mit Gibbs nicht selten diese Wirkung auf Menschen hatte, fragte Ziva vorsichtig nach: „Gibt es da noch etwas anderes, von dem Sie uns in Kenntnis setzen sollen, Miss...?“

„...Josy. Wenn Sie etwas brauchen, dann können Sie sich an mich wenden. Allerdings gibt es da noch ein kleines organisatorisches Problem dieses Jahr bei uns. Wie Sie sicher in unserem Prospekt gelesen haben, bieten wir unseren Teilnehmerinnen an, auf ihre Kinder aufzupassen, während der Wettbewerb stattfindet. Nun, dummerweise hat die Nanny, die wir dafür angeheuert haben, sich vor kurzem das Bein gebrochen und wir konnten auf die Schnelle keinen Ersatz auftreiben. Deshalb wollten wir zunächst bei den Frauen nachfragen, die in Begleitung erschienen sind, ob der Partner nicht, na ja...“, sie warf noch einen kurzen Blick auf Gibbs und meinte dann schnell, „aber wenn Sie nicht wollen, dann kann Sie natürlich keiner zwingen.“

Ziva stellte sich lächelnd neben ihren Partner und sagte dann: „Oh, nicht doch, mein Mann liebt Kinder.“ – Miss Josy machjte eine Miene, die eindeutig zeigte, dass sie das nicht glauben konnte - „Ich bin sicher er hat nichts dagegen, nicht wahr?“ Es lag etwas in Zivas Blick, dass andeutete, dass das notwendig sei, aber Jethro zögerte noch.

„Sie können sich ja natürlich auch erst mal die Kinder ansehen und sich mit ihnen unterhalten oder beschäftigen und sich dann entscheiden. Es ist nur so, dass auch einige unserer Angestellten hier ihre Töchter und Söhne hier gelassen haben, deshalb, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Eltern für ihre eigenen Kinder sorgen.“

Und ganz plötzlich fiel Gibbs Klein-Kate wieder ein, wie sie eingewilligt hatte, bei dieser Mission zu helfen. Und ihm blieb nichts anderes übrig als zuzusagen.
 

~*+*~

„Du Ärmste hast gewiss einen schrecklichen Tod hinter dir...“ Ducky kniete neben der Leiche und versuchte das neue Opfer mit der größten Sorgfalt zu untersuchen, was gar nicht so einfach war, wenn Tony das Bedürfnis hatte, Gibbs in Sachen Ungeduld zu schlagen.

„Also, Duck, wann ist sie gestorben?“ „Anthony, wir haben uns doch gerade erst kennen gelernt und bei so einer hübschen, jungen Dame wäre es eine Schande gleich so forsch und drängend zu werden.“ „Ich will nicht wissen, wie der Boss darauf reagiert, wenn er erfährt, dass unsere Top vier der potentiellen schwarzen Witwen um ein Mitglied dezimiert wurde. ’Forsch’ wäre da noch ein Wunschtraum.“

Der Pathologe zog das Leberthermometer aus dem leblosen Körper, rechnete kurz hoch und meinte dann: „Sie starb vor zwei bis drei Stunden. Keine Zeichen auf äußere Gewalt, nichts deutet darauf hin, dass die Leiche bewegt wurde.“ „Ihr Lebensgefährte hat also die Wahrheit gesagt... zumindest, was das betrifft. Aber wieso läuft sie dann am Nachmittag im Morgenmantel herum?“ „Vielleicht haben Sie und ihr Freund beschlossen, sich den ganzen Tag nur von wenig Luft und ganz viel Liebe zu ernähren.“, schlug Luke vor, die gerade dabei war Photos zu schießen. „Das ist mir ja schon klar, aber ich verstehe nicht, warum ausgerechnet mit diesem Kerl. Hast du dir diesen Schwächling eigentlich mal angesehen... sein Atem klingt wie der von Darth Vader... A propos, ihr seid nicht zufällig verwandt, oder?“

„Wirklich witzig, DiNozzo. Aber bemühen Sie sich nicht, ich kenne so ziemlich jedes Wortspiel auf meinen Namen, es gibt wirklich nichts Neues, was Sie dazu zu sagen könnten.“

„Ähm... Luke, was TUST du da?“

Tony war gerade erst aufgefallen, dass seine Kollegin gerade dabei war, auf die Küchenspüle zu klettern, wo Sie sich auch prompt umdrehte, um einen genauen Blick auf die Leiche zu bekommen.

„Sie liegt genau vor dem Herd. Ist das nicht merkwürdig? Wieso liegt sie da?“ „Hey, das ist jetzt nur so eine Vermutung, aber vielleicht liegt es ja daran, dass sie dort starb?“ „Das war mein Ernst gewesen!“

„Meiner doch auch,“ verteidigte sich Tony mit unschuldiger Miene, „wenn es keine äußerlichen Verletzungen gibt, dann ist anzunehmen, dass Sie vergiftet wurde. Wir sollten das Essen einpacken.“

Alecia erkannte seine Bemerkung offenbar nicht als Anwendung und öffnete stattdessen das Küchenfenster. „Das ist abwegig. Hier liegt eine vereinzelte angerissene Packung von Tiefkühlbrötchen, der gesamte Inhalt befindet sich im Ofen und keines ist angebissen. Auch sonst liegt hier keine weitere Nahrung herum.“ „Dann war es vielleicht Selbstmord.“

„Welcher Mensch bringt sich schon in der Küche um, direkt nach dem Brötchen backen? Sie hat immerhin den Ofen ausgemacht und... natürlich. Der Ofen!“ Alecia hüpfte wieder von der Spüle herunter, zog die Herdklappe auf und leuchtete mit einer Taschenlampe hinein, wobei sie sich immer mehr bücken müsste. „Da haben wie ja den Übeltäter.“ Sie schoss ein paar Fotos und zog dann vorsichtig etwas von dem unteren Backblech ab. Es war ein kleines Näpfchen, die Miniaturausgabe einer Asiette. „Was auch immer da drin war, ist in der Hitze des Ofens wahrscheinlich verdampft, aber die Brötchen haben vielleicht etwas davon aufgesogen. Und ich habe da schon so eine dumpfe Ahnung, was da drin war... es war sicher kein Selbstmord.“ „Und was macht dich da so sicher?“

Vielleicht empfand Alecia Tonys Frage als Zweifel an ihren Fähigkeiten, vielleicht störte sie auch nur die Dreistigkeit seines Tonfalls, jedenfalls sah sie ihn feindlich an, während sie das Schälchen eintütete und gab dann zurück: „Mein Gott, Tony, sehen Sie sie sich doch mal an! Kein Selbstmörder würde seinen Tod betrauern, und ich habe jetzt noch das Gefühl, dieser Frau müssten jede Sekunde Tränen über die Wangen rinnen.“ Sie wandte sich von dem Tatort ab und lief zurück, um einen Stift zur Beschriftung der Indizien und weitere Tüten zu holen. Der Braunhaarige sah ihr sprachlos hinterher. „Ducky, hast du das gehört?“ „Natürlich. Sie hat Recht, für einen Selbstmörder wäre der Tod eine Befreiung.“ „Das meinte ich doch nicht. Sie hat mich zum ersten Mal Tony genannt!“
 

~*+*~

Es gibt da einen Abschnitt der speziellen Relativitätstheorie nach Einstein, den man die Zeitdilatation nennt. Demnach vergeht die Zeit langsamer, wenn man sich in einem bewegten Bezugssystem, wie z.B. einem Flugzeug bewegte. Dieses verstärkt sich umso mehr, je näher die Geschwindigkeit an der des Lichtes liegt.

Das Schöne daran war: man musste es nicht begreifen, man musste es nur glauben. Aber natürlich fiel dem Menschen genau das zu schwer, den diesen Effekt konnte man nur als Außenstehender wahrnehmen, der sich in Ruhe befand. Und wer hatte denn schon Lust über seine eigene Welt hinaus zu blicken?

Nun, es gibt wohl selten jene, die sich noch mehr als Außenstehende empfanden als Wartende. Für einen Wartenden scheint die Zeit still zu stehen, umso mehr, je weniger Ablenkung er erhielt. Die einzige Ablenkung, die Ziva im Moment hatte, war der Gedanke, dass gemäß der Relativitätstheorie sich der Flur, in dem sie saß, annähernd die Lichtgeschwindigkeit besitzen musste. Dummerweise war das einer der Witze, die nur Physiker lustig finden können.

„Wie lange sind Sie schon verheiratet?“

Die Israelin schreckte aus ihrem geistigen Dämmerzustand hoch und nahm zum ersten Mal wahr, dass da noch jemand neben ihr saß. Sie hatte die Frau nicht kommen hören, was bedeutete, dass sie wohl etwas nachlässig geworden war. Deshalb, und um sich auch über die Korrektheit der Frage zu vergewissern, hakte sie noch einmal nach. „Wie bitte?“

„Ihr Ring. Sie drehen schon die ganze Zeit daran, während Sie hier sitzen. Sie sind es wohl nicht gewöhnt einen zu tragen, daher dachte ich, dass Sie noch nicht verheiratet sein können.“ Das Lächeln der Fremden war zwar offenherzig, aber ebenso gespielt wie Zivas Interesse an Tony, denn in ihren Augen lag ein Glitzern, dass Ziva nur zu gut von sich selbst kannte: Versessenheit. Manie. Sie war nicht von dieser Person angesprochen worden, weil diese Konversation machen wollte, sondern weil sie einfach nicht anders konnte. Die Israelin war für ihr Gegenüber nichts weiter als ein Subjekt, das es zu analysieren galt. Denn diese schöne, aschblonde Frau mit berechnend kalten Augen war ehemals bei den Marines gewesen, und hatte dort als MP sich zum Profiler ausbilden lassen. Jetzt arbeitete sie als solcher beim Morddezernat von Bethesda.

Emily DuNeuve, Tochter eines kanadischen Anwalts und einer amerikanischen Kabarettistin, war auf einen Menschen gestoßen, der seinerseits nur zu bereit war, sie zu analysieren. Ziva kribbelte es regelrecht in den Fingern, um heraus zu finden, ob ihre Spionagefähigkeiten es mit dem psychologischen Geschick ihrer Verdächtigen aufnehmen konnten. Und sie hatte einen entscheidenden Vorteil: Emily hatte das Gespräch begonnen, Ziva war nur der reagierende Teilnehmer. Sie erwiderte das Lächeln und antwortete, darauf wartend, dass Mrs. DuNeuve sich selbst verriet.
 

~*+*~

Tony schluckte, als er den Telefonhörer wieder ablegte. Admiral Rowland war außer sich gewesen, als er ihm mitgeteilt hatte, dass man die Leiche seiner Tochter aufgefunden hatte, umso mehr, da sie nicht entführt worden war, sondern einfach nur mit ihrem Freund hatte durchbrennen wollten, so wie es aussah. Laut Aussage von McGee (denn Paula redete ja nicht mehr mit ihm) war die Wohnung des Opfers fein säuberlich aufgeräumt gewesen. Also konnte eine Hals-über-Kopf-Flucht ausgeschlossen werden. Allerdings war auch ein Selbstmord nicht mehr auszuschließen, nachdem sich auf dem Bett von Sharon Rowland ein Abschiedsbrief befunden hatte, adressiert an ihren Vater. Abby machte gerade einen Schriftvergleich und Luke... tja, was machte sie gerade? Und der Rest des Teams?

Tony beschloss, den verhängnisvollen Anruf bei Gibbs noch etwas hinauszuzögern, bis er mehr Informationen besaß, der Forensikerin ein ’Caf-Pow!’ zu besorgen und sicher zu gehen, dass ’sein’ Team auch arbeitete.

Fünf Minuten später, um ein paar Dollar erleichtert und um diverse Koffeinbomben bereichert, sprang Tony dem Tod durch Herzinfarkt nur knapp von der Schippe. Er bog gerade um die Ecke des Labors, als es einen lauten Knall gab und einige der Utensilien über den Fußboden schlitterten. Der Italienisch-stämmige hatte gerade noch Zeit, sich mit der freien Hand an einem Tisch festzukrallen, sonst wäre er wohl auf dem Hintern gelandet.

„Verdammt, was wird das hier? Und was stinkt hier eigentlich so erbärmlich?“ Die miese Laune des dienstältesten Agents schien weder Luke zu kümmern, noch Abby. Letztere kam freudig angelaufen: „Nichts weiter, wir haben nur Rowlands Magen samt nicht vorhandenem Inhalt ausgekocht und ein paar Tests damit gemacht – hast du was dabei für mich?“

„Das kommt ganz darauf an, ob du es dir verdient hast, Abbs.“

„Ich habe einige toxikologische Tests, sowohl mit dem Mageninhalt, als auch mit den Brötchen gemacht, bis jetzt alles negativ. An dem Aluminiumschälchen habe ich Spuren von Kaliumhydroxid gefunden, einer starken Base, außerdem noch Aluminiumpulver.“

„Aluminiumpulver in einer Aluminiumschale?“

„Luke sagt, der Täter wollte auf Nummer sicher gehen. Es gibt noch ganz wenige Spuren von Rauschgelb. Deshalb macht sie noch die Marsh’sche Probe.“

„Die was? Und seit wann hat Luke hier das Sagen? Ist sie überhaupt qualifiziert dafür?“ Er gab Abby das ’Caf Pow!’.

„Darum würde ich mir keine Gedanken machen, Tony, sie hat einen Bachelor in Chemie an der Universität von Miami,“ bemerkte Ducky, der mit weiteren Gewebeproben zu ihnen kam, „Bestandteil des Studiums ist unter anderem ein ausgiebiges Praktikum. Außerdem ist ihre Theorie derart ungewöhnlich, dass...“

„Welche Theorie denn? Hier wird zwar ständig davon geredet, aber worum es genau geht...“

Ein weiterer Knall, diesmal etwas leiser, ertönte. Einige Reagenzgläser erzitterten klirrend. Lukretia trat von dem Labortisch weg, auf dem eine lustige kleine Anordnung stand, nahm ihre Schutzbrille ab und meinte: Der Mageninhalt wies keinerlei Spuren von Arsen auf. Ducky, hast du das Lungengewebe für mich?“

„Aber sicher doch.“

Die junge Frau grinste wie ein Kind am Weihnachtsmorgen und machte sich auf, um die neuen Proben zu untersuchen.

„Sie glaubt, die Tote wurde durch Arsen vergiftet? Aber wir haben keinerlei Hinweise gefunden, dass sie überhaupt etwas gegessen hat.“

Abby schlürfte noch einmal lauthals von ihrer Koffein-Soda, während sie den Kopf schüttelte: „Nicht Arsen. Arsan. Arsenwasserstoffgas, wenn man so will.“

„Kann man das nachweisen?“

Abbs zuckte mit den Schultern. „Bislang hat es noch keiner versucht.“

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An dieser Stelle möchte ich Professor M. Ruck der TU Dresden danken, dass er meinen Fragen zum Thema Arsan so geduldig beantwortet hat... auch wenn sie ihm Angst gemacht haben *g*

Barbies, Babys und Blamage

.:Kapitel 12 – Barbies, Babys und Blamage:.
 

~ Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen

erkanntes Leben jäher Sinn,

die Sonne steht, die Sphären schweigen,

und alles ballt sich zu ihm hin.~

(Gottfried Benn, „Ein Wort“, erschienen 1941)
 

Belastung ist relativ. Langeweile ist Belastung. Langeweile ist universell und alles andere als relativ. Und schrecklich ermüdend und auslaugend dazu.

Noch nie hatte Ziva sich so sehr einen Terroristen gewünscht, den es zu jagen galt, denn dieser Auftrag hier brachte sie wirklich nervlich an die Grenzen. Bis jetzt war sie nur wandelnden, seelenlosen Püppchen begegnet, Edelbarbies mit ihrem ewig währenden, falschen Lächeln. Die Israelin hatte ernsthaft Angst, dass der Umgang ihre Gehirnzellen dauerhaft schädigen konnte. So weit, dass sie diese künstlichen Wesen irgendwann als Menschen ansehen konnte und das wirkliche innere Bedürfnis hatte, sich mit ihnen anzufreunden. Bei dem Gedanken lief ihr ein Schauer über den Rücken.

Nein, das Gespräch eben hatte ihr schon gereicht. Diese Veranstaltung war eine Farce und hatte absolut nichts mit der Navy oder den Marines zu tun. Vielmehr diente sie dazu, die Frauen ruhig zu stellen, die merkten, dass nur ein Leben als Mutter und Hausfrau nicht wirklich befriedigend war. Tatsache war: hier fand sich keine einzige verheiratete Militärangehörige, die NICHT gerade im Mutterschaftsurlaub war oder Blagen besaß, weil genau diese Art von Frauen noch genügend Grips besaß, fern zu bleiben.

Je näher Ziva der Kinderspielecke kam, umso deutlicher und zahlreicher wurden die Gespräche über Biobrei, die Frage, wann man sein Kind abstillen sollte und natürlich die beliebten Milchpulver/Muttermilch-Kontroversen, abgerundet über die Diskussion, ob man lieber Baumwoll- oder Wegwerfwindeln benutzen sollte.

Das einzige politische Thema, was aufkam, war wie lange und wo die jeweiligen Ehegatten stationiert waren. Keiner hinterfragte den Sinn des Ganzen. Keine Diskussion der Motive des Irakkriegs. Hirnloser Patriotismus. Willkommen in Amerika!

Zivas bittere Gedanken fanden ihr abruptes Ende, kaum als sie an dem kleinen, kunterbunten Raum angekommen war. Unter den richtigen Bedingungen konnte der Anblick spielender Kinder Zucker für die Seele sein.

In diesem Fall beinhalteten die richtigen Bedingungen vor allem eine Komponente: den Gibbs-Faktor. Gibbs war wohl der einzige Mensch, der ganz ohne autoritäre Maßnahmen eine Horde Kinder in Schach halten konnte und an dessen Autorität man trotzdem nie zweifelte. Zumal er ohne dieses ganze peinliche ’Was bist du denn für ein Niedlicher’ – Getue auskam. Gibbs und Kinder – für jedes Herz eine schrecklich gefährliche und zweischneidige Kombination. Ziva stand dem Thema Ehe durchaus kritisch gegenüber aber... Sie hätte Gibbs in dieser Sekunde vom Fleck weg geheiratet. Ohne Bedenken. Ohne Gedanken an die Folgen.

„Ist das Ihr Mann?“ ein ehrfürchtiges Flüstern von der Seite, der Stimme nach handelte es sich wahrscheinlich um eine junge Frau in ihren Zwanzigern. Die Israelin war zu gebannt von dem Anblick ihres Scheingatten, als dass sie mehr als ein Nicken heraus gebracht hätte.

„Meine Güte, ich beneide Sie. Ist eines dieser niedlichen Kinderchen Ihres?“

„Nein, wir haben noch keine Kinder, wir wurden nur gebeten, Aufpasser zu spielen für...“ Ziva wurde alarmiert von ihren eigenen Worten. Hatte Sie wirklich gerade gesagt ‚NOCH keine Kinder’? Bis zu diesem Moment war sie sich noch nicht mal bewusst gewesen, dass sie überhaupt je welche wollte. Ein berechtigter Gedanke, wenn man einem Land angehörte, in dem brennende Krankenwagen nichts ungewöhnliches waren. Abgesehen von diesem plötzlichen Wandel ihrer Zukunftspläne kam sie nicht umhin, sich zu fragen, seit wann sie eigentlich so gesprächig war. Oder ob sie gerade in eine psychologische Falle getappt war. Die Schwarzhaarige wandte des Kopf etwas nach rechts, um sich ihre Gesprächspartnerin etwas näher anzusehen.

Lange, rotblonde Wellen, zu einem geflochtenem Zopf zusammen gefasst. Zierliches Gesichtsprofil, etwas blass. Das alles kam Ziva stark bekannt vor. Alles, bis auf den enormen Kullerbauch, den die weite Umstandskleidung kaum zu verbergen mochte.

Brianna Paxton, Verdächtige Nummer drei, war hochschwanger.

Was sich durchaus zum Zeitpunkt mit ihrer Beziehung zum Opfer vereinbaren ließ.

Was ihr oder einem jetzigen Partner ein Motiv verschaffte.
 

Ein Schluchzen drang an Zivas Ohr. Ein weinendes Kind. Eines, das sie kannte. Kate lehnte an einer Ecke und schniefte, während sie verzweifelt versuchte, die Teddy-Motive auf dem Teppich des Zimmers zu treten.

„Was ist denn los, Kleines?“ Bemüht, wie eine Fremde zu klingen, die nur nett sein wollte.

Kate jedoch rannte sofort auf die Größere zu, krallte sich an deren Bein fest und starrte wütend mit tränendurchnässten Augen auf Gibbs und seine Anhängerschaft.

„Sie hat mich weggeschubst.“

„Wer?“

„Dieser arrogante kleine Gnom namens Valentina Treschi. Ich glaub, sie will Onkel Gibbs für sich allein haben.“

Es war nicht schwer, das Mädchen ausfindig zu machen. Die meisten Kinder, die aus Italien stammen sind klein, zierlich und besitzen riesige Augen. Außerdem war laut Dossier Alessandro Treschi der ehemalige Ex-Mann von Emily DuNeuve. Ehemalig, da DuNeuve sich entschlossen hatte, ihn noch einmal zu heiraten. So viel also zum Thema: ’der Mensch macht nicht zweimal denselben Fehler’.

Also abgesehen davon, dass Valentinas Gesicht aufs Haar dem von Betty Boop glich, hatte sie auch noch dieselben stechenden grauen Augen ihrer Mutter. Und den dazugehörenden Blick. Verzogene Mütter brachten verzogene Kinder auf die Welt.
 

„Jethro?“

Gibbs hatte das Gefühl, als würde sein Herz aussetzen. Nicht nur, dass er Ziva nicht bemerkt hatte, weil die Kinder ihn abgelenkt hatten und ihr plötzliches Auftauchen hinter ihm ihn tatsächlich fast erschreckt hatte; nein, sie hatte ihm zum ersten Mal beim Vornamen genannt. Das an sich wäre nichts besonderes gewesen, wenn sie es nicht auf ihre Art getan hätte: in einer Mischung aus Anfrage und Forderung, bedingt durch die hebräische Endbetonung. Nicht zu vergessen, die weiche, melodische Aussprache, die nur Israelis zustande brachten – wem je das Wort ’Jeruschalajim’ zu Ohren kam, weiß das. Sie sprach seinen Namen mit einem beweglichen Schwa aus, keinem e.

Und auf eine Art und Weise, wie man sie am liebsten in tiefdunkler Nacht hörte. Gibbs verfluchte sich dafür, ein Mann zu sein. Männer sind leid geplagte Wesen, viel zu empfänglich für unbeabsichtigte Annäherungen des weiblichen Geschlechts. Und er war sich absolut sicher, dass auch das keine Absicht von Ziva gewesen war.

„Was?“ Er dankte Gott dafür, dass er sich nicht noch räuspern musste, um seine Stimme wieder zu finden.

„Hast du dich entschieden, oder soll ich später noch mal wieder kommen?“

/Entschieden? Ach ja... die Kinder. Kate./ „Eigentlich...“

„Bitte frag mich jetzt nicht mit Teddyblick, ob wir sie nicht alle nehmen können.“

„Es heißt Hundeblick. Außerdem wollte ich eigentlich dich entscheiden lassen.“

„Du hast aber nicht besonders viel mit einem Hund gemein.“

Die wohl unvermeidbare ’Soll das heißen, ich seh’ aus wie ein Teddy?’- Frage, wurde nicht gestellt, da etwas an Gibbs’ Hosenbein zupfte. Jenes sympathische Etwas, dass Ziva am liebsten getreten hätte.

„Kann ich denn nicht bei dir bleiben?“, fragte die Treschi-Göre.

„Ganz sicher nicht!“, gab die Israelin schärfer von sich, als gut, war, weil dadurch so ziemlich jeder Elternteil empört wurde, „ich mag keine kleinen Kinder, die andere Kinder schubsen.“

„Aber ich habe doch gar keinen geschubst.“ Valentina warf Kate einen eisigen Blick zu, weil die gepetzt hatte, woraufhin die Brünette ein ängstliches Quieken von sich gab und sich hinter Zivas Beinen versteckte. Die wiederum gab DuNeuves Tochter auf italienisch zu verstehen, dass sollte die Kleinere je wieder lügen, ihre Nase eine dementsprechende Verlängerung erfahren würde – wozu gab es denn sonst Kühlschranktüren aus massivem Metall? Dann wandte sie sich wieder ihrem Mann zu: „Also? Wie lautet deine Entscheidung?“
 

~*+*~

Bei zwei Drittel der angewandten Marsh’schen Proben gibt es einen mehr oder minder lauten Knall aufgrund des nascierenden Wasserstoffs, der bekanntlich in Verbindung mit Luft ein Knallgasgemisch ergibt. Nur Alecia Skywalker-Caine, die aus Studienzeiten schon mehr den Namen Luke gewohnt war, war einer Ausnahme. Sie beherrschtre das Experiment so perfekt, dass es jedes Mal knallte, und zwar mit voller Absicht.

Jedes Mal dieselbe Prozedur... (Allerdings nur unter einem geschlossenen Abzug, versteht sich!)
 

Die Analysenlösung, z.B. das verkochte Lungengewebe wird in ein Reagenzglas geführt, das an der Seite eine „Olive“ besitzt, eine Art kleines Seitenrohr, an dem ein Gummischlauch entlang lief, an dessen Ende sich wiederum ein Glasröhrchen befand, ähnlich dem Gasprüfer nach Scholander. In die zu analysierende Flüssigkeit gibt man ein bis zwei Zinkgranalien, eine halbe bis ganze Pipette konzentrierte Schwefelsäure und verschließt den oberen Reagenzglasrand mit einem Stopfen.

In der Flüssigkeit ist die Hölle los. An den Zinkklümpchen entsteht reaktiver Wasserstoff, der wiederum die eventuell enthaltenen Arsenate zu Arsangas reagieren lässt. Dem giftigen Gas bleibt zwecks Stopfen nur ein Weg, sich auszubreiten. Es durchströmt den Schlauch, das Glasrohr, an dessen Ende bereits zwei weißbekittelte Wissenschaftlerinnen mit ihren orangefarbenen Schutzbrillen warten.

Ein Feuerzeug wird am Ende des Rohres angezündet.

Ein Knall.

Das Gas fängt Feuer und verbrennt. Baue Lumineszenz.

Es zersetzt sich in der Flamme und wird wieder in seine elementare, metallische Form umgewandelt und durch den Gasdruck direkt gegen den weißen Porzellantiegel geschleudert, den die zweite Wissenschaftlerin in Flammennähe hält.

Kollision. Metallspiegel im Tiegel.

Die Flamme erlischt. Alles Gas ist verbraucht. Dennoch sehen die zwei Frauen einander bedeutungsvoll in die Augen.

Verständnis.
 

Sie verharrten still ebenso wie ihre unwissenden Beobachter. Die einzigen Laute im Labor sind System Of A Down, die in ihrem Song „Question“ gerade süße Beeren besangen. Dann, ohne Warnung, fingen beide triumphierend aufzuschreien.

„Ähm... Abbs... Luke... seid ihr jetzt fertig?” Tony hatte eigentlich fragen wollen, ob er die Psychiatrie anrufen solle, aber damit hätte er nur den Zorn der beiden Verrückten auf sch gezogen. „Sharon Rowland wurde ganz sicher mit Arsangas vergiftet,“ verkündete Abby stolz, „Sowohl die Apparatur, die wir fanden, als auch die Tatsache, dass die Arsenhaltige Verbindung sich nur im Lungengewebe nachweisen ließ, deutet eindeutig darauf hin.“

Zwei Special Agents und ein Pathologe nahmen die Aussage kommentarlos hin. Erstaunlicherweise war es Tony, der zweifelte: „Aber wieso ist dann der Freund des Opfers nicht tot? Es sei denn... Mel Gibson.“

„Was?“ Echo aus sämtlichen Ecken des Labors.

„Mel Gibson in ’Signs’! Ein eher mittelmäßiger Film, wie ich finde, aber da gibt es diese eine Szene, wo ein Alien seinen Sohn greift und ihn mit Gift aus den langen Krallenfingern vergast. Aber der Junge überlebt, weil seine Bronchien verstopfter sind als der Timesquare zu Silvester. Und Rowlands Lover leidet ebenfalls an Asthma, deshalb konnte er die Substanz nicht einatmen und...“

Abby stoppte DiNozzos Redeschwall mit einer ihrer typischen, kaum beschreibbaren Gesten und argumentierte dann weiter: „Nette Theorie, Cowboy, aber das war nicht einmal nötig. Okay, fangen wir von vorn an. Also, Arsan herzustellen, ist ganz einfach. So ziemlich jede Nachweisreaktion von Arsen beginnt mit der Herstellung dieses Gases. In diesem Fall hat der Täter die Fleitmann’sche Probe zur Vorlage genommen. Die findet im alkalischen statt, wobei der Vorteil ist, dass die verwendete Base, Kaliumhydroxid, in kleinen, festen Plätzchen erhältlich ist, sodass man mit einer sehr geringen Menge an Flüssigkeit auskommt und die ganze Sache sich leichter erwärmen lässt. Der Täter nimmt also ein Arsensalz, wahrscheinlich Arsenoxid, gibt es zusammen mit den Plätzchen und ein paar Tropfen Wasser in das Schälchen, gibt noch etwas Aluminiumpulver hinzu, um die Reaktionsgeschwindigkeit zu beschleunigen.“

„Das Aluminium erfüllt dabei denselben Zweck wie bei der Marsh’schen Probe das Zink,“ ergänzte Alecia, die die Schutzbrille abnahm und sich lässig gegen den Tisch lehnte, „aber der wichtigste Vorteil ist, dass die Stoffe nicht spontan reagieren können.“

„Der Ofen,“ schloss Paula daraus. Lecia nickte.

„Man muss die ganze Chose erhitzen und die Temperaturen im Ofen waren geradezu paradiesisch dazu. Vorteil Nummer drei, und der Segen unseres Asthmakranken: Das Gas ist nur innerhalb des Ofens hoch konzentriert genug, um einen Menschen zu töten.“

Abby übernahm wieder. „Also: unser Opfer will seinem Herzblatt was Gutes tun und plant schnulziges Frühstück mit Brötchen und allem. Und während das Zeug aufbäckt, wird unsere Zeitgasbombe aktiviert. Das Mädel will nach den Brötchen sehen, macht den Ofen auf und kriegt die volle Dröhnung ab, stirbt. Aber das Gas breitet sich um gesamten Raum aus“ – weit ausholender Kreis mit den Armen – „und die Konzentration nimmt dadurch ab. Geht man von der Größe der Schale aus, so kann unmöglich genügend Ausgangsmaterial vorhanden gewesen sein, um eine letale Dosis für das gesamte Ferienhaus erzeugen.“

„Was heißt, wir haben einen erneuten gut geplanten Mord.“ McGees Resümee brachte alle zum Schweigen. Nur System Of A Down waren mittlerweile zu „Chop Suey“ übergegangen. Sie verhießen zu weinen, sollten die Engel es verdienen zu sterben.

Welch besseren Zeitpunkt gab es dafür, wenn nicht jetzt?
 

~*+*~

Natürlich war Gibbs’ Entscheidung auf Kate gefallen, mit einer kleinen Bemerkung von wegen, dass sie ja auch so an Ziva hängen würde. Welch faszinierendes Stegreiftheater. Die Vorbereitungen auf den zweiten Akt sollten folgen und Dank des Zimmerservices musste auch niemand bei der kommenden Lagebesprechung hungern. Na ja, nicht ganz...
 

Ziva machte sich lieber, mit der fadenscheinigen Begründung, sie habe keinen Hunger, an das Umsortieren des Kühlschranks (ja, er war tatsächlich schon für die Teilnehmer gefüllt, vor allem mit Nahrungsmitteln von Firmen, die die Truppenverpflegung der Navy unterstützten – jene Firmen aufzulisten war ebenfalls Bestandteil des Aufnahmetests gewesen.); Milchprodukte in das oberste Fach, Fleisch in das größere darunter und die meisten Wurstsorten in das unterste. Kaum war sie mit dieser etwas fragwürdigen Tätigkeit fertig, räumte sie ihre Koffer aus – und irgendwie hatte Jethro keine Lust, zu essen, solange sie nicht am Tisch saß. Also durfte sich Kate zuerst allein über die Spaghetti Mailänder Art her machen (auch Spaghetti á la Chef genannt: unter dem riesigen Nudelberg verbarg sich noch ein deftiges Schnitzel) her machen, während ihr derzeitiger Ersatzdaddy die Räumlichkeiten nach Wanzen absuchte, nur blieb die Suche nicht nur erfolglos, sie dauerte auch nicht einmal halb so lange wie der Ordnungswahn der Israelin, also setzte er sich zu Kate. Wofür brauchte Ziva eigentlich so lange? Erst jetzt fiel Gibbs auf, dass seine Partnerin schon eine kleine Weile nur noch vor dem Koffer stand, sichtlich zögernd. „Gibt’s da irgendwas spannendes?“, fragte er scheinheilig nach, woraufhin Ziva ihn mit dem Blick eines aufgescheuchten Rehs ansah. „Nein. Ich... hab nur noch dein Hemd. Ich hab es natürlich gewaschen und alles, aber ich habe es hier, also wenn du...“ „Du kannst es behalten.“, fuhr er ungehalten dazwischen.

„Wirklich?“

„Nein, das ist mein Lieblingshemd, gleich nach dem Quietschbunten mit den Teddys drauf und ich kann ohne dieses Kleidungsstück nicht leben.“ Der ungehaltene aber trockene Sarkasmus des Älteren ließ keinen Zweifel daran, wie belanglos diese kleine Situation war, Ziva – und darüber wunderte sie sich selbst – freute sich jedoch innerlich diesen erbeuteten persönlichen Gegenstand, immerhin besaß sie sonst nichts von ihm.

„Und jetzt setz’ dich endlich und iss.“ Noch ungehaltener.

Mossad-Regel Nr. 1: befolge immer die Anweisungen deines Bosses. Auch wenn sie das Essen nicht anrührte, so nahm sie doch wenigstens auf dem Stuhl platz. Caitlin sah die Größere kurz an, dann auf ihren Teller und dann verdutzt zu Gibbs. „Darf sie das denn überhaupt?“

„Kate, lass gut sein,“ die Israelin schüttelte kurz den Kopf, aber es war schon zu spät, denn ihr Boss verlangsamte erst sein Esstempo, dann, den Blick auf einen leeren Punkt am Tisch fixiert, legte er die Gabel weg. „Das Schnitzel ist aus Schweinefleisch. Verdammt!“ Er langte nach dem Telefonhörer, aber so weit ließ Ziva es nicht kommen. Mit einer blitzschnellen Handbewegung, legte die Israelin ihre Hand auf die seine und drückte sie auf den Tisch. „Ich sagte bereits, ich habe keinen Hunger. Heute ist gemäß des jüdischen Kalenders der neunte Tag des Monats Aw, ein Fastentag. Es ist nicht nötig, noch etwas zu bestellen!“ Den letzten Satz sprach sie mit diamantenscharfer Präzision und Betonung auf jedem einzelnen Wort aus. Dann erst ließ sie seine Hand wieder los, die Gibbs langsam wieder zu seinem Körper zog. Mit einem kurzen Nicken gab er zu verstehen, dass er es akzeptierte und musste dann mit ansehen, wie aus einer kleinen PET-Flasche mit stillem Mineralwasser trank, während er sich wie ein Idiot fühlte. Natürlich hätte er an ihre Konfession denken sollen und umso bemerkenswerter war es, das sie ihn offensichtlich nicht hatte bloßstellen wollen. Und als ob man sie für diese Eigenschaft nicht noch genügend bewundern konnte, war Ziva David zudem der einzige Mensch, der selbst bei so einer banalen Sache wie Mineralwasser trinken noch ungeheuer elegant aussehen konnte. Um die Situation aufzulockern, begann sie mit ihrer Einschätzung: „Ich glaube, was den Fall betrifft, ist Emily DuNeuve eine sehr gute Kandidatin.“ „Wieso?“ „Abgesehen von ihren psychologischen Fertigkeiten, ist sie unheimlich kontrolliert, extrem zielfixiert und emotional praktisch eiskalt.“ „Du magst sie nicht.“ „Ja. Aber das ist es nicht, eher so ein allgemeines Gefühl, dass man ihr nicht trauen kann. Mein Instinkt sagt mir, dass sie durchaus in der Lage wäre, einen Mord zu begehen. Ich bin sicher, selbst wenn ihr Gewissen streiken würde, würde sie die nötigen Kniffe kennen, das zu umgehen. Außerdem war sie zur gefragten Tatzeit in den Flitterwochen – in West Palm Beach. Mit der Autobahn ist man in wenigen Stunden in Miami, und innerhalb eines Tages in Richmond.“ „Hotel?“ „Schon, aber ich konnte den Namen nicht in Erfahrung bringen... Kate, hast du nicht Lust, etwas fern zu sehen?“

Das kleine Mädchen hatte gerade ihren Teller geleert, in einem phänomenalen Tempo, das wohl nur Kinder zustande brachten und war umso begeisterter über diesen Vorschlag. Einer, der nicht ohne Hintergedanken gemacht wurde. Kaum war der Wunderkasten an, und das mit nicht unerheblicher Lautstärke, führte die Israelin fort: „Was Brianna Paxton betrifft, ich halte sie für unschuldig.“ Es war klüger, wenn Kate das nicht mit anhörte. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, ihr mitzuteilen, dass sie vielleicht bald ein kleines Halbgeschwisterchen bekam.

„Wieso? Weil sie schwanger ist? Das schließt sie nicht aus.”

„Sie ist nicht schwanger, sie ist HOCHschwanger, Gibbs! Und das ist eine ziemliche Belastung für den Körper, erst Recht, wenn man einige Morde begeht. Abgesehen davon, kann der Stress dazu führen, dass man das Baby verliert.“

„Die Morde schienen mir nicht, als hätte der Täter sehr unter Stress gestanden, im Gegenteil. Wessen Kind ist es?“

Die junge Agentin zuckte mit den Schultern: „Ich hatte nicht wirklich Zeit mit ihr zu reden, aber bedenkt man den Fortschritt der Schwangerschaft, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit von unserem Opfer.“ „Wenn sie Smith deswegen umgebracht hätte, dann hätte sie einen früheren Zeitpunkt gewählt, einen, an dem sie körperlich noch nicht so eingeschränkt war. Nehmen wir mal an, sie wurde wegen dem Kind von ihrem Lover abserviert, dann wäre es nur in ihrem Interesse, dass sie zur Absicherung jemand findet, der sie und den Filius durchfüttert.“ „Und der, der das Kuckuckskind untergeschoben bekommt, hat allen Grund, sauer zu sein. Aber das bedeutet vielleicht auch, dass sie selbst in Gefahr ist.“

Gibbs’ Handy klingelte.

*****

ata wa´ani

~No life can escape being blown about

By the winds of change and chance

And though you never know all the steps

You must learn to join the dance~

(“Through Heaven’s Eyes”, of the ’The Prince of Egypt’ O.S.T.)
 

„Gibbs.“ Ernst und eisern. Ein Tonfall, den man nicht selten erwarten konnte, wenn man den Senior Special Agent anrief. Ziva hätte sich nie träumen lassen, dass es noch eine Steigerung dieser Ernsthaftigkeit gab. Aber spätestens als sich die Gesichtszüge ihres Vorgesetzten zu einer vollkommen emotionslosen Maske versteinerten, war klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie kannte diesen Ausdruck und er verhieß nur eines: Entweder schwebte gerade jemand in entsetzlicher Lebensgefahr oder es gab einen neuen Toten. In beiden Fällen bedeutete das einen Rückschlag für die Ermittlungen. Jethro deutete mit seinem Kopf in Richtung Bad. In dem kleinen, beige gekachelten Raum, war fast eine kleine Kommandozentrale einrichtet worden: Das Laptop mit integriertem Satellitentelefon thronte auf dem Badschrank und wurde auch sofort eingeschaltet. Gibbs drehte außerdem den Wasserhahn etwas hoch; zwar hatte er sorgfältig nach Wanzen gesucht, aber sicher war nun mal sicher. Kurz darauf zeigte der Monitor Abbys Labor. Neben der Forensikerin war ein Tony ohne sein patentiertes Grinsen zu sehen – Zivas Magen schnürte sich in dunkler Vorahnung zusammen.

„Die Fakten, DiNozzo und zwar die Kurzfassung.“

„Wir haben einen Abschiedsbrief in Samantha Rowlands Wohnung gefunden, Boss, allerdings nicht in dem Ferienhaus, wo sie starb. Der Freund hat den Tod gemeldet.“

„Der Brief stammt eindeutig von dem Opfer?“

„Hundertprozentig!“, schaltete Abby sich ein, „ich hab die Schrift mit anderen Dokumenten verglichen, es gibt infinitesimale Abweichungen, aber das ist normal. Allerdings steht im Brief selbst nichts konkretes, nur dieses ganze Emotionsgewäsch, von wegen, was für einen Fehler sie gemacht hat, ohne auf Details einzugehen.“ „Unsere Nachforschungen lassen den Schluss zu, dass das lediglich eine Entschuldigung an ihren Vater ist, weil sie heimlich durchgebrannt ist und nach dem Zustand der Wohnung zu schließen gar nicht mal so spontan. Du müsstest die Bilder jetzt sehen können, Boss.“

Abby sandte einige Fotos herüber. Das Appartement war spartanisch eingerichtet und alles mit militärischer Präzision aufgeräumt worden. Dann die Bilder von dem Opfer. Tränenspuren auf den Wangen. Keine Verletzungen, keine Leichenblässe durch die dunkle Hautfarbe. Man konnte annehmen sie schliefe nur, allerdings musste ihr Traum wirklich voller Verzweiflung sein.

„Luke und Abby haben nachgewiesen, dass Rowland vergiftet wurde, mit Arsengas...“

„ARSAN!“, die Schwarzhaarige sah nicht gerade glücklich aus, dass Tony den chemischen Teil der Beweisführung auch noch übernahm, immerhin war das ihr Metier, „Für die Freisetzung des Giftes wurde Aluminiumgries benutzt, kein Aluminiumpulver, was um ein vielfaches reaktiver wäre. Der Gries wird eher von den Chemiefakultäten der Unis benutzt, um die jüngeren Semester damit experimentieren zu lassen. Unser Täter besitzt also mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eine Verbindung zur Uni oder hat mal Naturwissenschaften studiert, weil die die Hauptkäufer von dem Zeug sind und es im freien Markt nicht erhältlich ist..“

Gibbs war nicht wirklich zufrieden mit dem Verlauf , wie denn auch, die Pathologie war jetzt noch ausgebuchter. „Das reicht nicht Abbs. Gibt es mittlerweile schon eine Verbindung zwischen den anderen Opfern?“

Tony wurde sichtlich nervös. „Bis jetzt noch nicht, aber wir arbeiten dran.“ „Dann arbeitet schneller! Ich will außerdem, dass ihr die Sekretärin von Emily DuNeuve ausquetscht. Die Verdächtige war zur Tatzeit in den Flitterwochen in der Nähe von zwei Tatorten und hätte problemlos an den dritten gelangen können, also verfolgt jede ihrer Spuren zurück, ich will wissen, wann sie wo war und für wie lange.“ „Kompletter Bericht, Boss?“ „Wann sie sich mit ihrem Mann vergnügt hat, musst du nicht genauer eingehen, aber der Rest, JA! Und findet heraus, ob Brianna Paxton einen neuen Lebensgefährten hat, der Junge ist wahrscheinlich verdächtig. Sucht nach Unterlagen über Vaterschaftstests findet, die sie vielleicht gemacht hat und gleicht die männliche Probe mit der DNS von Smith ab.“

„Sie erwartet ein Baby vom Opfer? Mann, da fällt mir grad ein, dass ich Peter Whiley recherchiert habe, der Typ, mit dem Paxton sich in einem Lokal getroffen hat. Er scheint ihr Ex-Freund zu sein, die beiden waren zusammen auf der Highschool und wohnen immer noch ziemlich nah beieinander. Der Kerl hat erst sein Medizinstudium abgebrochen, dann hat er es mit Lebensmittelchemie versucht, aber das hat er auch nicht gepackt.“

„Das heißt, er könnte durchaus zum Hauptverdächtigen werden,“ bemerkte Ziva, die etwas näher an den Monitor rückte, „im Grundstudium kommt man leicht an Aluminiumgries ran, weil im ersten Semester vorwiegend Anorganik behandelt wird [1]. Unter anderem auch der Arsennachweis durch Arsanproduktion.“

„Er hat also ein Motiv für den Mord an Smith und die Mittel für den an Rowland. Gute Arbeit, macht da weiter, aber geht nicht unbedingt davon aus, dass das neue Opfer mit unseren bisherigen zusammenhängt, noch haben wir keine Nachricht von Täter dazu.“ Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden kappte Gibbs die Verbindung.
 

„Habe ich gerade wirklich gehört, was ich gehört habe?“ Tony sah fassungslos auf den ’Schnee’-bedeckten Bildschirm, „Seit wann lobt er unsere Arbeit?“

Abby blickte halb entsetzt, halb besorgt drein: „Du glaubst doch nicht, dass wieder was Schlimmes passiert ist, oder? Ich meine, er wird doch nicht wirklich wieder nett werden?“

„Vielleicht wird er einfach nur weich.“

„Er ist GIBBS!“

„Okay, da hast du auch recht. Aber wer weiß, was Ziva da mit ihm anstellt.“ Ein versautes Grinsen stahl sich auf DiNozzos Lippen, auch weil er daran denken musste, wie Ziva dieses Männerhemd an gehabt hatte. Die Größe hatte ungefähr der von dem Boss entsprochen. Abby verpasste ihm eine Kopfnuss dafür.

„Autsch! Was sollte das?“

„Wie kannst du nur so etwas annehmen?“

„Hey, die beiden müssen so tun, als wären sie verheiratet, also wäre die Verrichtung diverser ehelicher Pflichten...“ Der dienstälteste Agent verstummte bei dem Killerblick, den die Gothic ihm zuwarf. „Ähm... der Boss erwähnte einen Zettel. Ich seh mal nach, ob Ducky schon fertig mit der Autopsie ist und ob er noch eine Botschaft gefunden hat.“

„Das macht Cassidy doch gerade.“

/Eben drum.../ fügte Tony in Gedanken an und verließ dann schleunigst das heilige Gebiet der Forensikerin. Sicher war sicher.
 

Jethro blätterte auf dem Laptop die Bilder durch, um ein Gefühl für den Tatort zu bekommen. Sein Magen veranstaltete eine kleine Revolte ob der Überflüssigkeit und Kaltschnäuzigkeit des Verbrechens, aber seine Intuition blieb stumm. Hinzu kam eine für ihn untypische Nervösität: das Bad war nicht gerade groß, und Ziva wollte auch einen optimalen Blick auf den Monitor haben. Ihr Atem an seinem Ohr. Kribbeln im Nacken.

Dann ein Bild von pfirsichfarbenem Papier. Es schien noch irgendeinen Aufdruck zu geben, irgenwelche minzgrünen Ornamente, aber die verschwammen ebenso vor den Augen des Ex-Marine wie die schwarze Schrift.

„’Daddy, es tut mir Leid, dass es so weit gekommen ist, aber ich kann so nicht weiter machen.’“, las Ziva laut vor, die Schwäche ihres Bosses nur zu gut kennend. Sie rückte noch ein Stück weiter heran.

Schwarze Locken, die seine Wange berührten. „’Mein Leben scheint mich zu erdrücken und das ist der einzige Weg, mich selbst zu finden. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich dich nicht dafür verantwortlich mache; ich hätte etwas sagen müssen, anstatt den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Eines noch... ich hab’ dich lieb und nichts wird das je ändern.’”

Gibbs unterdrückte einen Schauer bei ihren letzten Worten. Sie hatte ein unglaubliches Gefühl dafür, die Stimmung dieses Briefes hervor zu bringen.

„Darin steht nicht direkt, dass sie sich umbringen will. Klingt eher, wie die Entschuldigung einer Ausreißerin.“

„Ach ja, Ziva? Und woher willst du das wissen?“ Wie immer, wenn er seine Emotionen unterdrücken wollte, floh Gibbs sich in Gereiztheit.

„Töchter, die mit militärischer Disziplin aufgezogen wurden, haben meist ein Problem damit, mit ihren Eltern über Gefühle offen zu reden, weil sie glauben, dass Emotionen ein Zeichen von Schwäche sind. Sie weinen nie, sie umarmen ihre Väter nicht. Haben Probleme, Nähe zuzulassen. Außerdem hätte sie im Falle eines geplanten Suizids sich auch an ihren Freund gewandt. Tony hat nichts von einem zweiten Abschiedsbrief gesagt... Der Brief den ich bei meiner Abreise aus Israel hinterließ war nur halb so gefühlsduselig.“
 

Mit wenigen Worten hatte Ziva erneut mehr von sich preis gegeben, als beabsichtigt gewesen war. Wie sie die Auffassungsgabe ihres Vorgesetzten einschätzte hatte er natürlich sofort begriffen und irgendwie wollte sie die Reaktion darauf nicht wirklich wissen. Wobei kein Kommentar noch schlimmer war, weil man sich dann nie sicher sein konnte, was er dachte. Er blickte nicht einmal auf.

/Schön, dann eben nicht./ Der beste Weg, aus dieser Situation zu kommen, war immer noch zu gehen. Die Hand der Israelin ruhte schon auf der Badzimmerklinke, als er dann doch noch etwas bemerkte. Neutral, in mittlerer Lautstärke, als wäre es etwas ganz alltägliches: „Du bist nicht mehr zu Hause, Ziva. Er kann dich hier nicht weinen sehen.“

Hastig war sie einen Blick zurück über die Schulter. Keine Veränderung in seinem Gesicht. Und das, obwohl er sie gerade dazu ermuntert hatte, ihre Gefühle offener zu zeigen.

/Er vielleicht nicht... aber du. Und so lange du diesen Rat nicht selbst befolgst, wie könnte ich da?/
 

~*+*~

Gibbs hätte schwören können, nicht länger als zehn Minuten im Bad mit rasieren zugebracht zu haben, dennoch überkam ihn eine angenehme Überraschung, als er es verließ.

„’Eine gewichtige Rolle in Moses’ ereignisreichem Leben spielte der kluge Jethro, der Moabiter, sein späterer Schwiegervater. Eigentlich war er die graue Eminenz hinter Moses. Jethro machte ihn zum Beispiel darauf aufmerksam, welchen Pöbel er aus Ägypten mitgeschleppt hatte. »Warum musst du ganz allein da sitzen, und alles Volk steht um dich herum vom Morgen bis zum Abend?« fragte er Moses besorgt. »Du machst dich zu müde, dazu auch das Volk, du kannst es allein nicht ausrichten. Vertritt das Volk vor Gott.« Die Idee war brillant, denn ein so hartnäckiges Volk kann wirklich nur von einem Gott geführt werden. Moses war so dankbar für den guten Rat, daß er daraufhin Jethros Tochter Zipora [2] heiratete, die zwar keine Jüdin, aber eine schwarze Schönheit war. Gott selbst hatte zwar keine Einwände gegen diese Mischehe, aber Moses’ eifersüchtige Schwester Mirjam hetzte solange gegen sie, bis Gott sich schließlich doch einmischte und Mirjam mit Lepra zum Schweigen brachte.’“

Kate lachte etwas schläfrig und krabbelte noch tiefer unter die Decke des Ehebetts. Gibbs schüttelte nur den Kopf: „Satiren sind nicht gerade die besten Einschlafgeschichten.“ Die Angesprochene schlug des Buch ihres Landsgenossen zu, Ephraim Kishons ’Ein Apfel ist an allem Schuld – Gebrauchsanweisung für die Zehn Gebote.’ (Nur Original mit dem Geständnis des Apfelwurms an der Polizeistation Himmelspforte im Jahre 3013 n. Chr.). Sie lag auf der anderen Seite des Bettes, in einem Top aus roter Seide, das schräg über eine eng anliegende dreiviertel Jeans fiel. Einer ihrer Knöchel wurde verziert von einem filigran goldenem Fußkettchen. Warum dieser Aufzug? Und wie hatte sie das nur innerhalb der kurzen Zeit geschafft, sich zurecht zu machen? Immerhin bedurften die meisten Frauen weit länger für so etwas. „In ein paar Minuten findet der Begrüßungscocktail für all jene statt, die die Prüfung und das Interview bestanden haben.“ Die Israelin flüsterte fast, um der Kleinen nicht das Einschlafen zu erschweren.

„Also verlief das Gespräch gut?“

„Den Umständen entsprechend. Als ich auf die Frage, was mein Herzenswunsch sei, die Vernichtung jeglichen Terrorismus erwähnte, war sie nicht so begeistert, aber daraufhin habe ich dann gesagt, ich würde es für den ersten Schritt zum Weltfrieden halten und das schien meine Antwort zu legitimieren.“

„Und sonst?“

„Verabscheut diese Frau mich.“, die Antwort kam kurz, hastig und beiläufig: ein Zeichen schlechten Gewissens. Kein Wunder also, dass Ziva aufstand, um zu ’flüchten’.

„Was hast du gesagt?“

„Gar nichts, ich...“

Antrainierte Mossad-Verschwiegenheit brach unter dem ’Wahrheit per Drohgebärde’-Blick.

„... na ja, gut, ich habe etwas gesagt, dass ich besser hätte bleiben lassen sollen, aber sie hat mich provoziert.“

„Was hast du gesagt?“ Dieselbe Frage, diesmal mit mehr Nachdruck.
 

---Rückblick---

„Warum haben Sie geheiratet?“

„Aus dem einzigen Grund, aus dem man heiraten sollte, nehme ich an.“

„Steuervorteile“?

Ziva biss sich auf die Lippe, um den Drang zu bekämpfen, Evelyn Denton sämtliche Knochen zu brechen. Für was hielt sich dieses linke Biest eigentlich, dass sie solche Fragen stellte? „Es gibt Steuervorteile? In Israel müssen Ehepaare höhere Steuern zahlen, wenn Mann und Frau arbeiten, um der orientalischen Lebensauffassung genüge zu tun, die besagt, dass keine Frau arbeiten sollte. Zumindest nicht gegen Entlohnung.“ Eine Erwiderung boshaftesten Sarkasmus’. [Und hoffentlich veraltet: erste Auflage meiner Quelle stammt aus 1964]

„Sie bestehen also auf Liebesheirat. Warum haben sie dann noch keine Kinder?“

Die Geduld der Israelin näherte sich ihrem kritischen Punkt, was mit dem steigenden Bedürfnis einherging, eine Antwort zu finden, die ihr Gegenüber kränkte. „Das Timing hat noch nicht gepasst.“

„War das seine Aussage oder ihre?“

„Meine. Ich glaube, er brauch noch etwas Zeit, um diesen Schritt zu gehen. Ich glaube, er hat Bindungsängste, weil er in der Vergangenheit immer an die falschen Frauen geraten ist. Er hat gesagt, dass er irgendwie immer an die Psychopathinnen gerät.“

Denton’s Gesichtszüge versteinerten und der Kugelschreiber fiel ihr aus der Hand.

---Rückblick Ende---
 

Ein letzter Seitenblick zu Kate, um sich zu vergewissern, dass sie auch schlief, dann: „Ich habe gesagt, dass du bisher nur Beziehungen mit... na ja, sagen wir mal Freaks zu tun hattest, weil nach dem, was mir Ducky und Tony erzählt haben, hatte jede von denen entweder einen Mord auf dem Konto oder ging früher oder später auf dich los, daher... und da das auch sie betraf, war sie wohl weniger begeistert.“

Seine Reaktion war relativ harmlos. Ziva hatte damit gerechnet, dass er wütend wird, aber Gibbs hob nur fragend eine Augenbraue. Kein Wunder, immerhin hatte sie damit mehr oder minder bewusst ihre beste Freundin beleidigt. Falls man Jen so nennen konnte. „Nicht alle.“

„Ja, richtig, die Direktorin mal ausgenommen.“ Ein scharfer Tonfall. Tadelnd. Es ließ erahnen, dass gleich ein Vortrag über Arbeitsklima kommen würde. Und dass sie Regel Nummer 12 gegen ihn verwenden würde. Es brachte nichts, es noch zu leugnen.

„Das Verhältnis zwischen mir und der Direktorin ist nur noch rein freundschaftlicher Natur. Das hat keinerlei Einfluss auf unsere Arbeit.“

„Sag das nicht mir sondern ihr. Denn so wie es aussieht, weiß sie nichts davon.“

„Selbst wenn, warum interessiert dich das so?“

„Weil sie meine Freundin ist, Jethro!“ Diesmal hatte sein Name aus ihrem Munde keinen melodischen Klang, es war vielmehr Drohung und Anklage in einem. „Und weil du ihr vielleicht damit weh tust.“

/Und verdammt noch mal, du tust MIR damit weh!/ Um ein Haar hätte die Israelin ihren letzten Gedanken laut ausgesprochen. Stattdessen zwang sie sich, etwas ruhiger zu werden und wechselte das Thema: „Ich sollte langsam zu diesem Empfang. Da stand zwar was davon, dass die Teilnehmerinnen ihre Männer mit bringen könnten, aber du hasst ja solche Veranstaltungen, deshalb...gehe ich wohl alleine. Es kann spät werden, also warte nicht auf mich.“

Welch Ironie. Das von der einzigen Frau zu hören, auf die es sich zu warten lohnte. Aber Ziva war tabu für ihn. Und dennoch...

Seit sie ihm gestanden hatte, dass ihr Vater auf ihre Rückkehr bestand, hatte er jedes Mal Angst, sie nicht wieder zu sehen, wenn sie den Raum verließ. Er konnte und wollte nicht schon wieder einen geliebten Menschen verlieren. Und erst recht nicht wollte er mit ihr im Streit auseinandergehen.

„Ziva, warte.“

Tatsächlich blieb sie kurz vor der Tür noch einmal stehen, blickte ihren Boss erwartend an. Allerdings verbot sein Stolz es ihm, sich zu entschuldigen.

„Sie ist nicht halb so zerbrechlich und überkorrekt, wie du glauben magst.“ Seine Erinnerung trug ihn zurück zu dem Moment, als er mit Jenny im Auto gesessen hatte, um auf Ari zu warten. Wie er sagte, dass Ziva sie nur ausnutzen würde. Die Erwiderung, dass sie es nicht anders machen würde. Mittlerweile wusste Jethro, dass er sich darin in der Israelin getäuscht hatte. Dass sie Freunden gegenüber mehr als nur fair war. Aber Jen hätte es besser wissen müssen. Hätte zu ihr stehen müssen.

Ein sanftes, melancholisches Lächeln der jüngeren. Und dazu eine Stimme, feiner als ein Windhauch. „Nein, sie vielleicht nicht. Sie nicht.“

Ohne eine weitere Erklärung ließ sie die Tür hinter sich zu fallen.

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[1] Ach ja, Herbst und Winter 2006/07, als wir lernten, wie man den Ausgang seiner Analyse in der Ursubstanz liest. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich Arsen drinne hatte, lag bei, sagen wir mal 90 %.

[2] Zipor: hebr. Vogel.
 

Ata wa´ani heißt übrigens „Du und ich“ auf hebräisch... eine sehr hübsche, wenngleich schwere Sprache, die zu lernen ich in der letzten Zeit sehr vernachlässigt habe. Verfluchtes Praktikum. Verfluchtes Kolloquium. Verfluchtes Bedürfnis, Harry Potter 5 noch mal zu lesen, bevor der Film in die Kinos kommt...

Sieh an, eine Wendung!

.:Kapitel 14 – Sieh an, eine Wendung!:.
 

~ein neuer lauf beginnt, wohin ist mir nicht klar

die zeichen stehen auf sturm und die ferne ist zum greifen nah

der letzte atemzug ist viel zu lange her

und was mich unten hält will ich nicht mehr~

(Juli, “Ein neuer Tag”)
 

Als Tony sich hinunter in die Autopsieräume schlich, stand Paula außerhalb der Türen und blickte nur durch die schmalen Glasfenster auf den Leichnam von Sharon Rowland. Die Haut der jungen Toten hatte einen noch blasseren Teint angenommen. Die Blonde konnte einen Schauder nicht unterdrücken. Anthony versuchte, sich vorsichtig neben seine Kollegin zu stellen, nah genug, damit sie sich an ihn anlehnen konnte, wenn sie wollte und weit genug weg, falls sie ihn schlagen wollte. Gründe dazu gab es ja genug.

Aber sie regte sich kaum und schüttelte nur fassungslos den Kopf. „Wie kann man nur so etwas Krankes tun?“

„Die Menschheit ist grausam, Paula, du solltest lang genug beim NCIS sein, um das zu wissen. Immerhin bist du Gibbs begegnet.“

Ein böser Seitenblick, um zu zeigen, dass der Ältere sich im Ton vergriffen hatte. Tony erkannte seinen Fehler und versuchte es halt auf die etwas ’einfühlsamere’ Tour: „Hör zu, solltest du dich irgendwie durch mich gekränkt fühlen, dann tut mir das aufrichtig leid. Wirklich, hätte ich gewusst, dass dir das mit den Fotos so nahe geht... ich meine, andere hätten sich geschmeichelt gefühlt. Und Victoria’s Secrets ist nun wirklich nichts, wofür man sich schämen müsste.“ Agent Cassidy, die den Vorfall mit ihren Entführungsfotos schon wieder vergessen hatte und nun wieder daran erinnert wurde, lächelte erst nur süßlich, als sie ihren Oberkörper etwas zur Seite drehte, um den Italienisch-stämmigen besser im Blick zu haben. Ein gut platzierter Tritt zwischen die Beine und Tony krümmte sich auf dem Boden.

„Nur damit du ein kleines Gefühl von der Demütigung hast. Soll ich noch etwas recherchieren?“

Es dauerte etwas, bis der Ältere seine Sprachfähigkeit wieder gewonnen hatte. Und auch dann kamen die Worte nur stoßweise. „Flitterwochenbericht... von DuNeuve. Und McGee soll... Vaterschaftstest von Paxton’s Baby.“

„Wird gemacht, ’Boss’.“ Mit einer Mischung aus Spott und Genugtuung ließ Paula ihn links liegen und so blieb Tony nichts anderes übrig, als allein wieder auf die Beine zu kommen. Drei Minuten später humpelte er in den Autopsieraum.
 

„Und, hat die Tote schon was ausgespuckt?“

„Nun, Anthony, wenn diese geistreiche Bemerkung die Frage sein sollte, ob ich noch einen Zettel fand, so muss ich dich leider enttäuschen. Aber dafür habe ich etwas anderes interessantes, wenngleich deprimierendes heraus gefunden. In Miss Rowlands Gebärmutter befand sich eine abnorme Wucherung. [1] Mr. Palmer, bringen Sie bitte den Probenbehälter.“

Jimmy wirkte nervös, als er das kleine, verschlossene Plastikgläschen brachte, und zwar auf andere Weise nervös, als der anhaltende Zustand von Anfängernervosität, in dem er sich sonst befand. In dem Probenbehälter klebte ein blutrotes Bläschen, nicht sehr groß. Es hatte eine etwas merkwürdige Form und in dem Fleisch war ein dunklerer Punkt sichtbar.

„Ist es das, was ich denke, dass es ist?“

„Abby ist mit den Bluttests noch nicht ganz fertig“, fuhr der Pathologe fort, „doch ich bin sicher, sie wird einen erhöhten Spiegel an Östrogen und Progesteron vorfinden, sowie Choriongonadotropin.“

„Im wievielten Monat war sie?“

„Der Größe des Embryos nach zu urteilen, zweiter bis dritter.“

Tony machte nicht gerade ein erfreutes Gesicht. Das wären somit schon zwei schwangere Verdächtige. Und einen kleinen Blick auf die Zeittafel, de Ziva aufgestellt hatte, verriet ihm, dass in beiden Fällen Smith als Vater in Frage kam. Selbst wer an Zufälle glaubte, dem würde die Intuition jetzt sagen, dass das einfach keiner sein konnte. Aber da sie den Embryo hatten, konnten sie den Vaterschaftstest gleich hier im Labor machen. Umso besser, denn der dienstälteste Agent hatte keine Lust, noch mal so eine Schmierenkomödie in einer der Kliniken abziehen zu müssen, wie damals mit Kate.

Kate...

„Anthony?“ Duckys Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken. „Würdest du das bitte gleich mit zu Abby nehmen?“

„Sicher.“
 

~*+*~

„Nein, auf keinen Fall. Ich habe noch viel zu viel zu tun. Ich muss noch die Blutproben des neuen Opfers machen, dann sind da noch die Sachen des Freundes, die ich auf Spuren von arsenhaltigen Verbindungen untersuchen muss, von denen ich genau weiß dass da keine sein werden, weil er als Verdächtiger ja nicht in Frage kommt, aber ich muss es trotzdem prüfen, weil Gibbs uns sonst die Hölle heiß machen wird.“

„Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass das hier helfen würde“, DiNozzo wedelte mit einem Caf-Pow-Becher vor dem Gesicht der Forensikerin herum, „aber irgendwie klingt es ganz so, als hättest du schon ein paar zuviel davon gehabt.“

„Davon kann man doch nie genug haben.“ Mit einem katzengleichen Grinsen schnappte Abby sich ihre Koffeinsoda und schlürfte genüsslich daran.

„Kannst du die anderen Sachen nicht von deinem Assistenten machen lassen?“

„Chip hat sich krank gemeldet. [2] Ich könnte deine Proben jedoch an ein DNS-Labor schicken, aber da es kein Dringlichkeitsfall ist, dauert es mindestens 48 Stunden, bis ich Antwort bekomme, die Zeit, die der Paketdienst braucht, nicht mit eingerechnet.“

„Und wie lange dauert es, wenn du es selber machst?“

Die Antwort kam aus einer anderen Ecke des Labors: „Drei Stunden für die PCR und dann noch einmal anderthalbe Stunde für die Gelelektrophorese, vorausgesetzt, man hat die Acrylnitrilgele und den Mastermix bereits vorbereitet.“

„Luke, ich kann mich nicht daran erinnern, dich zu Abbys Assistentin gemacht zu haben. Und benutz bitte normale Wörter.“

Die Jüngere verdrehte gerade mal, die Augen, zeigte sich aber sonst unbeeindruckt. Während sie sprach, blickte sie nicht einmal von dem Buch in ihrem Schoß auf. „Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass Gibbs dich zum Boss gemacht hat, nur weil er außer Haus ist. Außerdem sind Gentests mit der Technik heutzutage so simpel, dass sie jeder ausführen könnte, solange man es unter den Augen einer Forensikerin tut. Ich habe dabei zugesehen, da war ich noch 12. Um Abby zu entlasten, kannst du mich also praktisch gleich hier lassen.“

Engelsgleiches Lächeln mit viel Wimperngeklimper. Und Tony musste sich eingestehen, dass er wirklich nicht wusste, wie er sie weiter beschäftigen sollte. „Ist das wirklich so einfach?“

„Bei der PCR, der Polymerasekettenreaktion also, versetzt man die Probe lediglich mit Enzymen, um die benötigten DNS-Stränge zu erhalten und zu vervielfältigen, das alles kommt dann in die Zentrifuge und den Thermocycler und der macht den Rest. Die Stränge werden dann mit einem Puffer versetzt, in eine Einkerbung in einem Gelkissen gebracht, das man dann eine Stunde lang bei 138 Volt unter Spannung setzt. Die einzelnen DNS-Abschnitte wandern dabei unterschiedlich weit. Man färbt das ganze ein, vergleicht die Werte des Babys mit denen von Mommy und Daddy und das war’s auch schon.“

„Und worauf wartest du dann noch? Schnapp dir ’nen Kittel, ich will in 4 Stunden eine Antwort haben.“

„Aber es ist doch schon fast Feierabend.“

„Nicht, solange der Fall nicht abgeschlossen ist.“ Souverän, und noch mehr bestrebt, wie Gibbs zu klingen, verließ Tony das Labor.

„Und das heißt jetzt?“, fragte Luke etwas nervös. Abby grinste nur: „Pyjamaparty mit Captain Vergleichsmikroskop und Major Massenspektrometer. Ich hol schon mal den Futon raus.“
 

~*+*~

„Ich sagte es doch bereits, ich kenne keine Sharon Rowland! Ich habe die Frau auf dem Foto noch nie zuvor gesehen!“ Braune, etwas stumpfe und zerzauste Haare, haselnussbraune Augen, die müde drein blickten. Die ersten Augenringe. Unterhemd und eine Schlafanzughose mit Schottenkaros. Man konnte Peter Whiley ansehen, dass er mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt worden war, aber abgesehen von den körperlichen Merkmalen, die die Müdigkeit und die Desorientierung ihm verliehen, konnte man erkennen, dass er durchaus attraktiv war. Er wirkte nicht wie ein typischer Student oder Langzeitversager und da lag eine gewisse Klugheit in seinem Blick. Die Argumentation war ruhig und aufrichtig, er reagierte auf die Anschuldigungen überraschenderweise nicht mit Verzweiflung oder Panik. Kurzum, man konnte sich nicht ganz vorstellen, dass er durch zwei Studiengänge gefallen war. Hinzu kam, dass er nicht verzweifelt versuchte, sich zu verteidigen oder eiskalt zu wirken.

Tony wusste, dass spätestens in diesem Moment das Verhör keinen großartigen Sinn mehr hatte, weil er dem Mann glaubte. Nichts desto trotz war er kleiner als Colonel Smith und selbst wenn er Sharon Rowland nicht ermordet hatte, hieß das noch lange nicht, dass er nicht den ersten Mord hätte begehen können.

„Das ist wirklich erstaunlich, immerhin musste ihre Freundin ihr schon mehr als einmal begegnet sein.“

Whileys Körpersprache veränderte sich. Er spannte sich mehr an und man konnte dem Jungen ansehen, dass er damit nicht gerechnet hatte. Ade, liebes Pokerface.

„Was hat Bree mit der ganzen Sache zu tun?“

„Das ist eine gute Frage. Ich hoffe, Sie haben eine Antwort darauf, die mir gefällt.“

„Hören Sie, ich weiß nicht, ob Bree diese Frau kannte oder nicht, jedenfalls hat sie sie mir nie vorgestellt. Ich kenne nicht ihren gesamten Freundeskreis.“

„Aber sie kennen Miss Paxton doch schon ziemlich lange.“

„Wir haben uns im letzten Jahr nicht sonderlich gut verstanden. Sie war da zusammen mit diesem Kerl, Smith hieß er, ich fand er sei nicht der Richtige für sie.“

„Dachten Sie er wäre zu alt?“

Whileys Augen sahen jetzt aus wie die eines Rehs, das ein herannahendes Auto bemerkte. Spätestens jetzt wurde ihm klar, in welchem Ausmaß man in seinem Privatleben herumgestöbert hatte. Seine aufkeimende Unsicherheit bewegte ihn dazu, mit nahezu unmenschlicher Intensität auf die Tischplatte zu starren, so als wollte er ein Loch hinein brennen. Glücklicherweise war er nicht Superman, sodass der Tisch verschont wurde. „Es hatte eher indirekt mit seinem Alter zu tun. Er war beim Militär gewesen, hatte alle möglichen Erfahrungen gesammelt; er lebte ziemlich zurück gezogen und Bree ist so... naiv und offenherzig. Es waren zwei vollkommen verschiedene Welten, aber wenn sie überhaupt mit mir sprach, dann nur um zu erzählen, wie großartig ’John’ sie behandelte“ – deutliche Zeichen von Hohn schwangen in Whileys Stimme mit – „dass er sie respektieren würde und nicht mit ihr redete, als wäre Sie ein Kind. Aber die Sache ist die, man muss Bree vor sich selbst beschützen, sie ist einfach zu behütet aufgewachsen und weiß nicht, wie sehr ihre Handlungen ihr schadeten.“

„Sie müssen ganz schön sauer gewesen sein, dass er ihre Naivität so ausgenutzt hat. Und noch mehr, als er mit ihr Schluss gemacht hat.“

„Wovon reden Sie da? Es war Bree, die die ganze Sache beendet hat.“
 

~*+*~

Sie schlich sich zurück. Es war schon spät, also galt es, besser niemanden zu wecken. Doch kaum war die Tür offen, merkte sie, dass das unnötig gewesen war. „Sagte ich nicht, du sollst nicht auf mich warten?“

Gibbs blickte von einem Sessel auf, Missionsberichte in seinem Schoß, die Brille auf der Nase und eine Kaffeetasse in der Hand. „Hey, ich warte nur auf die Neuigkeiten.“

„Elender Lügner“, meinte Ziva mit einem Schmunzeln, ließ sich in den Sessel neben ihm fallen und griff dann nach seiner Tasse. „Das ist gar nicht gut für dich, so zerstörst du dir deinen Schlafrhythmus.“

„Welcher Rhythmus? Welcher Schlaf?“

Sie nahm einen tiefen Schluck von dem schwarzen, noch heißen Gebräu und verzog sofort das Gesicht: „Wie kannst du das nur trinken? Das brennt einem doch sofort ein Loch in den Magen. Meine Güte, mein Herz fängt an zu rasen, ich glaub, es explodiert gleich.“

„Jetzt hab dich nicht so. Was für Kaffee bist du denn gewohnt?“

„Es gibt da dieses Café in Tel Aviv im obersten Stock eines renovierten Gebäudes. Das Dach ist offen und mit Pflanzen gesäumt und überall stehen quiekbunte Sofas herum, an den Wänden sind riesige ausgestopfte Tierköpfe, sehr bizarr das ganze, aber lustig und irgendwie gemütlich. Und all der Aufwand nur um von dem dünnen Kaffee abzulenken. Außerdem haben wir die Teehauskultur Europas in en Nahen Osten gebracht.“

Er machte sich nicht die Mühe, das ’quiekbunt’ zu korrigieren, es klang einfach zu reizend aus ihrem Mund. „Wenn das so ist, musst du mich unbedingt mal dahin mitnehmen. --- Ist alles in Ordnung mit dir?“, hakte Jethro nach, als die Israeli nicht mal auf seinen Vorschlag weiter einging. Das war nicht ihre Art, erst recht nicht, wenn sie dabei einen Punkt auf dem Fußboden anstarrte.

„Ich habe mich mit Brianna Paxton unterhalten. Ich habe mit den üblichen Glückwünschen begonnen, wegen dem Baby und so und dann habe ich sie gefragt, ob sie und ihr Mann schon Namen haben und ob sie wissen, was es wird.“

Das Schweigen sprach für sich. Die Antwort würde ihm sicher ebenso wenig gefallen wie ihr.
 

~*+*~

„Tony, Tony, Tony!“ Abby rannte noch aufgeregter und hibbeliger wie gewohnt in das Zimmer, von dem aus man durch den Einwegspiegel den Verhörraum überblicken konnte. McGee blickte ungläubig auf ihren Verdächtigen. Zumindest war er das noch vor wenigen Minuten gewesen.

„McGee, wo ist Tony, ich muss ihn unbedingt sprechen?“ Zittrige Finger, wahrscheinlich von einer Koffeinüberdosis. Abby hatte zwischendurch wohl nicht geschlafen und würde es den Rest der Nacht auch nicht tun. Bis ihr Körper das Aufputschmittel verbraucht hatte, würde es sicherlich sechs Uhr morgens sein. „Er ist gerade fertig sein, müsste jede Sekunde rein kommen.“

Der MIT-Absolvent behielt recht, die Tür ging ein weiteres Mal auf, aber an DiNozzos Fersen klebte nun auch noch Palmer. „...es ist wirklich so was von erstaunlich, das muss man gesehen haben!“ Der Assistent von Dr.Mallard war so aufgeregt, dass er nicht zu bemerken schien, dass er noch immer eine Schwarzlichtlampe in der Hand hielt.

„Ich war zuerst da, Jimmy“, protestierte Abby sofort.

„Ja, aber was ich gefunden habe ist noch viel erstaunlicher. Also... nicht, dass deine Erkenntnisse langweilig werden, aber das hier ist...“

„Lass der Lady den Vortritt, Palmer!“ Der Ton des dienstältesten Agenten ließ keinen Widerspruch zu.

„Okay, also an den Sachen des Freundes war nichts, nicht die geringste Spur von Arsen, und das Blut der Toten hat die typischen Schwangerschaftshormone aufgewiesen.“ --- „Aber wissen wir das nicht schon?“, unterbrach MgGee, worauf die Gothic ihm eine Kopfnuss verpasste und fortfuhr: „Und ihr Baby ist definitiv...“

„Nicht von Smith.“, ergänzte Tony; nicht schlussfolgernd, sondern wie etwas, das er schon längst wusste.

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[1] Na, aus welcher Serie ist dieser Querverweis?

[2] Bereitet wahrscheinlich grad seinen Schlag gegen Tony vor, der Bastard!

Ich entschuldige mich herzlichst für en Titel, aber mir ist nichts besseres eingefallen.

Ich hoffe, ihr wisst dieses Kapitel zu schätzen! Denn wenn ich es hoch lade, sind es nur noch wenige Stunden bis zu meiner Klausur in physikalischer Chemie.(dieser Absatz wurde verfasst am Di, 24.07.07, 09:48 Uhr)

Charyou-Baum

Aufgrund der bahnbrechendes Nachfrage *hüstel* geht es also weiter. Unzensiert und unkorrigiert, alse wer Fehler findet, darf sie behalten. *g*

In diesem Kapitel versuchte ich mich mal an einem Switch. Also jedes Mal, wenn dieses Symbol erscheint: °°, wechselt die Szene von Tony und den Anderen zu Gibbs und Ziva und umgekehrt. Das soll darstellen, dass die letzte Aussage vor dem Switch an beiden Orten gemacht wird. Die Fragen werden jeweils von Gibbs oder Tony kommen, während Ziva und Luke antworten.

Ganz haut es nicht hin, aber ich werde euch zur Hilfestellung hin und wieder den Namen angeben.

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~Wo sind wir? - Die Zeit hat uns bezwungen

Wo sind wir? – Was haben wir gerungen

Um uns’re Zärtlichkeit, Zweisamkeit

Wer will schon, dass er einsam bleibt?~

(Sebastian Hämer, „Nur mit dir“)
 

Natürlich war Abby gekränkt. Nicht nur, dass Tony ihr die große Überraschung versaut hatte, irgendwie schien er herausgefunden zu haben, wie Gibbs ihre Ergebnisse schon vorher wusste. Es war nicht das erste Mal, dass sie auf versteckte Mikros in ihrem Labor tippte. Vielleicht sollte sie ihre Anlage unten in Zukunft noch lauter aufdrehen?

DiNozzo hatte im Moment aber ganz andere Sorgen, als Abbys Launen. Freunden gegenüber konnte sie nie lange böse sein. Er holte sein Handy raus.

„Ähm, haben Sie vor Agent Gibbs anzurufen?“, hakte Palmer vorsichtig nach, „Es gibt da vorher noch etwas, das er unbedingt erfahren sollte.“
 

~*+*~

„Na dann, legen Sie mal los, Palmer! Und wehe, Sie hauen uns nicht vom Hocker!“

Alle bis auf Abby und Ducky hatten sich um die Leiche von Sharon Rowland versammelt. Abby war nicht da, weil sie schmollte, Ducky hingegen war seiner Mutter zuliebe zu Hause. Jimmy Palmer, immer noch mit der Lampe in der Hand, schaltete erst das Licht aus, dann schaltete er das Schwarzlicht in seiner Hand an.

Alle machten gleichzeitig ihrer Verwunderung Luft und so klang es, als würde der Raum selbst aufstöhnen. Sogar als die Lichter wieder angeschaltet wurden., blieb der Eindruck erhalten. Tony rief sofort Gibbs von der Autopsie aus an, wobei Luke die Freisprechanlage aktivierte. Da der Boss sein Handy nie ausschaltete, war es nicht verwunderlich, dass er nach kurzer Zeit abnahm: „Was gibt’s?“

„Boss, wir haben Neuigkeiten. Rowland war nicht von Smith schwanger - “

„Aber Brianna Paxton ist es.“

„... ähm, ja. Ihr Freund weiß es und er behauptet, es wäre ihm egal, dass das Kind nicht von ihm ist. Er sagt auch, Paxton hätte mit Smith Schluss gemacht, weil - “

„Weil sie wusste, dass Smith zu sehr auf seine Tochter fixiert war, um sich auf eine Familiengründung einzulassen.“

„Okay, Boss, jetzt wird es aber gruselig.“

„Ziva hat mit ihr gesprochen.“

„Dann hoffe ich, dass Paxton noch lebt.“

„Handys haben auch Freisprechanlagen, Tony!“, war Zivas wütende Stimme im Hintergrund zu hören. Der Brünette hatte die ungute Befürchtung, dass er für diese Worte bezahlen würde. „Ich hoffe, das ist nicht das Einzige, weshalb du angerufen hast.“

„Nein, Boss. Die Tote hat Farbe an den Händen, die nur bei Schwarzlicht sichtbar wird, es gibt da einige Bars und Nachtclubs, die das anbieten. Nur normalerweise schmieren Frauen sich das auf das T-Shirt oder auf’s Dekolleté, nur hier sieht es etwas ungewöhnlich aus.“

„Was heißt ungewöhnlich?“

Und als ob ihm an diesem Abend nicht oft genug das Wort abgeschnitten worden war, übernahm Luke plötzlich den Part des Boten: „Es sieht ganz nach Charyou-Baum aus.“

Und ohne eine weitere Erklärung legte die Polizistin auf.
 

°°

„Was bitteschön ist Charyou Baum?“ Gibbs wirkte ernsthaft verwirrt.

„Feuerrot bemalte Hände, womöglich sieht sie Zeichnung sogar tatsächlich aus wie Flammen.“

„Aber was soll das bedeuten?“
 

°°

„Das stammt auch aus Stephen Kings Chronik, wie die Querverweise aus den Briefen auch. Dort war das ein Erntedankbrauch, wenn ich mich recht erinnere.“

„Und was hat das mit unserem Fall zu tun?“
 

°°

„Diese Hände wurden Strohpuppen aufgemalt, die man dann auf einem Scheiterhaufen verbrannte.“

„Gehe ich recht in der Annahme...“
 

°°

„...dass man das in dem Buch auch mit lebenden Menschen gemacht hat?“ (Tony)

“Das war der Ursprung dieses Brauchs. Wie ich ’Chip’ schon einmal sagte, Char bedeutet in der hohen Sprache Tod. In Band 4, “Glas”, fiel dem aber noch eine weitere Person zum Opfer. Nein, um genau zu sein waren es zwei.”
 

°°

„Susan Delgado, die Geliebte des Revolvermanns und ihrer beider ungeborenes Kind. Luke und ich hatten und hingesetzt und die Theorie entwickelt, dass der Revolvermann eine Metapher für Smith sein könnte, da aber Roland Deschain im dritten Band nicht starb, machte das keinen Sinn, bis jetzt.“

„Und inwiefern ändert dieses Char – Dings alles?“
 

°°

“Es ist genau anders herum! Smith ist eine Metapher für dem Revolvermann, der wiederum für das finale Opfer steht, das unser Mörder sich ausgewählt hat, weil Roland im siebten Band den dunklen Turm erreicht, der die ganze Zeit als seine Besessenheit, sein Fluch bezeichnet wird.“

„Das verstehe ich nicht.“
 

°°

„Zusammengefasst kann man sagen, dass der Mord an Smith eine Ersatzhandlung war. Wer immer ihn getötet hat, muss genügend Parallelen zwischen Smith und dem eigentlichen Opfer gesehen haben. Diese Parallelen liegen aber wahrscheinlich im Aussehen, Lebenslauf, Verhalten...“

„Aber Rowlands Baby ist nicht von Smith.“
 

°°

„Ich weiß. Aber der Täter vielleicht nicht. Wahrscheinlich hat er nur erfahren, dass eine von Smith’ ehemaligen Affären ein Kind erwartet und die Falsche erwischt.“ (Alecia)

„Das ist eine ziemlich gewagte Annahme.“
 

°°

“Es ist das Einzige, was wir haben. Zumindest ist es das Einzige, was auch nur im entferntesten Sinn macht.“ Ziva senkte den Blick. Aber war es denn wirklich eine Verwechselung? Der Name von Gibbs erster Frau lautete ebenfalls Sharon und sie war mit ihrer Tochter umgekommen. Die Israeli glaubte nicht an Zufälle aber da der Täter ein anderer war... (durch das Dossier kannte sie den Verdächtigen, und war sich ziemlich sicher, dass er ganz sicher nicht ins Täterprofil passte. Hätte sie weiter recherchiert, wäre sie irgendwann auch die Umstände seines Todes gestoßen und hätte dementsprechende Schlüsse gezogen.)

Es war zu weit daher geholt. Egal, wie oft sie dachte, dass Gibbs eine großartige Hautfigur in der Buchverfilmung abgegeben hätte. Und sie wollte ihn nicht auf Sharon ansprechen. Er war nicht wirklich darüber hinweg, bei solchen Verlusten war man das nie. Ziva glaubte das in seinen Augen gelesen zu haben, als er sie in Aris Todesnacht gefragt hatte, ob sie von seiner Frau und seiner Tochter gewusst hatte. Der Blick, den er ihr dabei zugeworfen hatte, war der Auslöser gewesen, soviel konnte sie rückblickend sagen. Dieser Blick war der Grund, warum sie an diesem Tag genau an diesem Ort stand.

„Da ist doch noch etwas, das dich bedrückt.“

Das Dossier... Ziva dachte gerade darüber nach, was für einen Ärger und Kummer dieses Dokument ihr gebracht hatte und dennoch konnte sie es nicht hergeben. Dann fiel ihr eine Zeile daraus wieder ein. „Ich habe deinen Geburtstag vergessen.“

Gibbs hätte am liebsten gelacht, dass sie das so entsetzte, aber das hätte seine Partnerin wohl nur gekränkt. „So was verlange ich von meinem Team auch nicht.“

Sie hörte ihn nicht mal und fluchte regelrecht gegen sich selbst: „Ich fasse es einfach nicht. Wie konnte mir so was nur passieren, bei meinem Gedächtnis?“

„Ziva, es ist nicht mir wichtig.“

„Das sollte es aber sein,“ erwiderte sie leise, fast behutsam. „Ich weiß: morgen früh ist der Backwettbewerb, Kate ist schon ganz wild drauf, weil sie mir mit den Zutaten helfen darf und morgen Mittag der Schwimmwettbewerb, das heißt, ich habe den Nachmittag frei, dann können wir das Nachfeiern, wir treiben einfach ein paar Kerzen auf. Du magst doch Zupfkuchen, oder? Im Backen bin ich nicht so gut wie im Kochen, daher musste ich ein einfacheres Rezept versuchen, ansonsten...“

„Zupfkuchen ist okay. Du musst das nicht tun.“

„Den Kuchen backe ich morgen sowieso. Und was das Feiern an sich betrifft, da könnten wir bowlen gehen. Hier auf dem Komplex ist sogar eine Bahn.“

Gibbs seufzte resignierend, als er merkte, dass es sinnlos war, ihr widersprechen zu wollen. Sie war jetzt so aufgebracht mit der Idee, dass sie wohl noch die ganze Nacht Pläne geschmiedet hätte. „Wenn du unbedingt feiern willst, warum nicht jetzt gleich?“

„Ist das dein Ernst?“

“Unten, gleich beim Foyer ist ein Billardtisch und da es nicht so aussieht, als würde einer von uns heute Nacht noch schlafen, können wir uns auch die Zeit mit was anderem vertreiben. Und du erzählst mir dann endlich die Kurzfassung von diesem verdammten Buch, ich werde sonst noch wahnsinnig, wenn ihr euch da ständig drauf beruft.“

„Na schön, aber ich muss dich warnen, das ist ganz schön viel Stoff und ich bin nicht zum Geschichten erzählen geboren.“

„Und ich nicht dazu, mir welche anzuhören!“
 

~*+*~

Er hatte zu bald den Anschluss verloren. Sie konnte sich wirklich noch an so viel erinnern, die Namen der Städte, spezifische Details einiger Charaktere, ja sogar einige Metaphern und Gleichnisse. Schon in den Schilderungen zum zweiten Band hatte er Verständnisschwierigkeiten, die ganze Geschichte mit dem eindringen in fremder Leute Bewusstsein, das ’Ziehen’ von Gefährten. Und als Ziva dann von der schizophrenen Frau erzählte, deren Persönlichkeiten zu einer verschmolzen und das nur mithilfe eines Spiegels, da war es endgültig aus. Sicher hatte das einen tieferen psychologischen Sinn und das Buch schien ziemlich suggestiv und spannend zu sein, wenn man genug Interesse zeigte, um über den ersten Band hinauszulesen, aber es war einfach nicht seine Welt. Jethro blendete die Inhalte aus und begnügte sich damit, jede der noch so kleinen Gesten der Israeli dabei zu analysieren, angefangen beim kleinsten Stirnrunzeln, bis hin zu dem raubtierartigen Blick, wenn sie um den Billardtisch herum schlich und die Kugeln anvisierte. Alles, was sie tat schien berechnend und doch sprach es von Leidenschaft und Engagement.

Es war dem Ex-Marine sogar schon fast egal, dass seine junge hübsche Kollegin ihn unter den Tisch spielte, weil sie angefangen hatte und er fast nie zum Zug kam. Aber ihm kam diese Passivität durchaus gelegen.

Zumindest bis zum Scheitelpunkt, jenem Moment, der die Situation ganz zum Kippen brachte. Die weiße Kugel lag nah am Rand und Ziva lehnte sich mit dem Rücken zum Tisch, die Hände auf dem Filz und den Queue hinter dem Rückgrad, sodass sie zum anvisieren über die Schulter sehen musste, der ganze Körper angestrengt.

Sie winkelte einen ihrer Füße an, stützte ihn gegen das Tischbein; dass sie das Gleichgewicht überhaupt noch halten konnte, war ein Wunder.

Er hatte ihre gesamte Silhouette im Blick und selten hatte ihre ganze Haltung einladender gewirkt als jetzt, nicht einmal, als sie kaum bekleidet in seiner Küche gestanden hatte. Die nächsten Sekunden nahm er als eine Abfolge von Bildern wahr, mit immer stärkeren Zoom. Bis er merkte, dass er sich überhaupt von der Stelle bewegt hatte, stand Gibbs schon vor ihr. Ziva war ebenso überrascht von dieser Entwicklung: ihr Queue rutschte ab und die weiße Kugel hüpfte kurz, stupste dabei ungewollt die Schwarze an, die natürlich in das nächste Loch rollte. Sie hatte das Spiel verloren.

„Mich abzulenken ist unfair“, beschwerte sie sich, mit diesem herrlich angedeuteten Schmollmund. Dann setzte ihr Herz kurz aus, als er die magischen drei Worte sagte.
 


 

„Tut mir Leid.“ [1]

„Ich dachte, das wäre ein Zeichen von Schwäche.“

War es sein mysteriöses Lächeln oder die Art, wie sein Unterarm den ihren streifte, als Gibbs sich mit den Händen am Tisch abstützte: was war es, dass sie so unter Spannung setzte, dass sie Gänsehaut bekam? Er musste nichts sagen, sie kannte seine Antwort schon. Und wie sehr wünschte sie sich, sie könnte sich einfach gehen lassen, damit das geschah, worauf sie beide schon so lange unbewusst hingearbeitet hatten. Er hatte nicht die Kugel gemeint, sondern das, was er vorhatte.

„Ich kann nicht.“ Ein Flüstern wie ein Windhauch, sie wandte den Blick ab, „was ist mit Regel Nummer 12 passiert?“

„Du bist nicht meine Agentin.“

„Falsche Antwort, Jethro.“

Sie entwand sich ihm. Gibbs hatte es vermasselt, seine vielleicht einzige Chance. „Welche hast du denn erwartet? Was soll ich deiner Meinung nach sagen, wenn du dich mir nie offenbarst und diesmal benutz ausnahmsweise nicht Jenny als Ausrede.“

Ziva wollte nicht darüber nachdenken. Die Strapazen, die daraus entstehen würden, jede Handlung, jeden Blick kontrollieren zu müssen, denn wenn sie wusste, dass er sich darauf einlassen würde, dann wäre all ihre Selbstbeherrschung hin und wenn diese eiserne Mauer erst mal fiel, war ihre Hemmschwelle ziemlich gering.

„Ich war nicht eifersüchtig.“ Die Offizierin wusste, dass ihre Worte zu hohl klangen, als dass er sie glauben würde. Sie konnte nicht mal sich selbst damit belügen, also was sollte das?

„Dessen habe ich dich auch nie beschuldigt.“ Gibbs grinste. Er wusste, dass er gewonnen hatte. Sie hatte es praktisch schon fast selbst zugegeben. Ziva wollte sich am liebsten selbst dafür schlagen., stattdessen knallte sie ihm eine, nur damit er aufhörte zu grinsen. Ja, sie wusste, dass er gewonnen hatte, aber wohin würde das führen? Sie wollte und wollte gleichzeitig nicht. Und sie hasste sich dafür, sodass sie so dumm war und dass sie ihm weh getan hatte, noch mehr, dass er es ohne mit der Wimper zu zucken ertragen hatte. „Wenn du wirklich glaubst, ich lasse mich von dir dazu hinreißen, nur weil du es bist, dann...“ Die Israeli packte ihren Vorgesetzten am Kragen und zog ihn wütend zu sich ran. „Ich lasse mich nicht von dir zu einer Affäre reduzieren. Und ich bin ums Verrecken nicht an einer Romanze interessiert.“

Ziva ließ ihn heftig atmend los und sah aus, als wäre gerade etwas in ihr zerbrochen, während Jethro die Welt nicht mehr verstand. Er wollte nicht mit ansehen, wie sie ging und deshalb starrte er den Billardtisch an. Aber der grüne Filzbezug wusste auch keine Antwort. Was genau hatte er falsch gemacht? Hatte er ihre Signale falsch gedeutet? Er wusste, dass sie eine komplizierte Frau war, aber genau das hatte ihn ja so fasziniert. War er zu aufdringlich gewesen?
 

Ziva hasste Amerika. Dieses Land war so sorglos, so naiv. Es hatte eine Blauäugigkeit an sich, die sie schon seit ihrem dreizehnten Lebensjahr verloren hatte. Beziehungen hatten nie Priorität in ihrem Leben gehabt und sie war realistisch genug zu wissen, dass man nicht auf die große Liebe für die Ewigkeit hoffen konnte. Sie war ein wahres Kind Tel-Avivs; lebte bewusst von einem Moment zum nächsten, als gäbe es kein Morgen. Und nun kehrte sie dem, einzigen Menschen den Rücken zu, der ihr ein komplett anderes Leben bieten könnte.

Sie hatte Angst vor diesem unschuldigen Unterton, der in dieser Beziehung lag, diesem tiefen Vertrauen und dem Wissen, dass er in ihr lesen konnte, wie ein Buch, wenn er wollte.

Und jetzt, wo sie genauer darüber nachdachte... was war eigentlich verkehrt daran?

Die Israeli tat etwas, was sie sonst stets vermied: sie blickte zurück. Er hatte sich nicht gerührt. Und sie hatte ihn noch nie so betrübt gesehen.
 

Gibbs zuckte zusammen, als er fühlte, wie sich zwei Arme von hinten um sein Brustkorb schlangen. Ein Lockenkopf legte sich auf seine Schulter und er fühlte, wie sich Ziva Davids weicher Körper an seinen Rücken schmiegte.

„Du müsstest verrückt sein, wenn du dich auf mehr einlässt,“ seufzte sie Gedankenverloren, „Ich bin nicht der besitzergreifende Typ, aber wenn ich dich nicht ganz und gar kriege, dann werde ich noch wahnsinnig.“

„Dann gründen wir halt unser eigenes Irrenhaus.“ Da war es wieder: die zweite magische Eigenschaft des Gibbs-Faktors: all ihre Bedenken und Zweifel mit wenigen Worten, mit einem Scherz hinweg wischen zu kommen. Er war der einzige Mensch, der ihre Gefühle innerhalb von Sekunden zum Umschlagen brachte, ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte.

„Es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe. Ich war mit der Situation überfordert.“

„Keine Sorge, ich habe eine Schwäche für temperamentvolle Frauen, oder was glaubst du hat mir die drei Exfrauen eingebracht? Aber erinnere mich daran, dir nie einen Baseballschläger zu geben.“ Er konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie sie schmunzelnd den Kopf hob und dann fühlte er ihre weichen Lippen an seiner Wange.

„Keine Sorge. Ich verspreche dir sogar, dich nicht zu heiraten.“

„Elende Lügnerin.“

Ihre Blicke trafen sich.

Sie waren vielleicht nicht das gewöhnlichste Paar, das hübscheste oder das passendste. Aber sie würden füreinander töten, wenn es sein musste. Und zumindest einer von ihnen hatte das bereits getan.

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[1] Hey... ihr habt doch nicht etwa gedacht, dass er jetzt „Ich liebe dich“ sagen würde? Veraaaaarscht....
 

Die ursprüngliche Version dieses Kapitels würde gelöscht. Warum? Es endete mit Sex auf dem Billardtisch. Meinetwegen könnt ihr euch das ja noch dazudenken (oder bei fanfiktion.net die FF von Insulanerin dazu lesen. Es passiert zwar nicht auf dem Tisch, aber dafür im Fahrstuhl *g*), aber ich hab mir versprochen, die Beziehung der Beiden zu was besonderem zu machen und wie Ziva bereits Tony gegenüber in „Drei Kugeln“ erwähnte: Sex hat es schon eine Menge gegeben.

Heißes Naschwerk, Kalte Gefahr

~Close every door to me

Hide those I love from me

Children of Israel

I’m never alone~
 

(“Close every door” aus them Musical “Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat”)
 

Gibbs lächelte. Er hätte nie gedacht, dass er eine Frau je so faszinierend finden könnte, dass er sogar eine halbe Stunde damit verbringen konnte, mit ihren Locken zu spielen. Zumindest war ihm das nicht mehr seit seiner ersten Frau passiert.

„Wirst du mir je von ihnen erzählen?“

Sie lagen zusammen auf dem Bett neben Caitlin, die immer noch seelenruhig schlief. Es ging schon auf vier Uhr morgen zu, aber keiner der Beiden verspürte Müdigkeit. Sie hatten die ganze Zeit nur mit Reden und mit harmlosen Streicheleinheiten verbracht, es gab eine schweigende Übereinkunft der Beiden, diese erste unschuldige Phase so gut wie möglich auszukosten. Denn wenn sie erst einmal wieder im Büro waren, hatten sie dazu wohl kaum noch eine Chance, weil sie sich dann bedeckt halten mussten. Im Moment jedoch war das alles wie eine andere Welt.

„Von wem?“

„Von Shannon und Kelly.“

Sie sprach den Namen seiner Frau eher mit einem a aus, und die hebräische Betonung erzeugte die Illusion, dass es eine andere war, von der sie sprach, sodass er nicht sofort auswich. Außerdem hätte das bedeutet, dass er aufhören musste, über ihren Rücken zu streichen und auf das Vergnügen wollte er nun wirklich nicht verzichten.

„Du kennst doch die Akte darüber.“

„Das ist nicht dasselbe, Jethro.“ Ziva schmollte, das konnte er selbst im Halbdunkel erkennen. Gott, er liebte diesen Ausdruck in ihrem Gesicht. „Und das weißt du auch. Es sagt nichts darüber aus, wie sie waren.“

Er seufzte: „Warum willst du dich unbedingt so quälen? Was wäre, wenn ich sagen würde, sie waren beides Engel, bildhübsch und absolut selbstlos. Ganz anders als du.“

Ziva schmollte noch mehr, sie zwickte ihn in den Arm. „Hättest du dir den letzten Teil gespart, wäre ich noch damit klar gekommen.“

„Das kriegst du zurück.“ Jethro begann, sie durchzukitzeln und sie versuchte, ihn sich vom Hals zu halten, indem sie mit dem Kissen nach ihm schlug.

Eine halbe Minute später landeten sie auf dem Boden und die ersten weißen Federn hatten sich in den dunklen Locken der Israeli verfangen.
 

~*+*~

„Sollen wir sie nicht wecken? Oder soll sie noch etwas schlafen? Soll ich Frühstück machen? Und wenn ja, für wie viele?“ Man sah Kate an, dass sie aufgeregt war, weil sie jetzt auch etwas für diese beiden Menschen tun konnte, die sie so sorglos ’Onkel’ und ’Tante’ nannte, und weil es wahrscheinlich das erste mal war, dass sie beim Backen helfen durfte. Wenn ihr Vater auch nur annähernd etwas mit Gibbs gemein hatte, dann war er sicher kein Held am Herd und die Wohnung der Smith’ hatte auch deutlich gezeigt, dass der einzige Zweck, den der Backofen zu erfüllen hatte, ein logistischer war. Er war angefüllt mit Kekspackungen und Fertigwarengebäck gewesen, hatte aber auch dezent nach der letzten Pizza gerochen, die darin aufgewärmt worden war.

Er strich geistesabwesend über das braune Haar und murmelte halblaut: „Gib ihr noch ein paar Minuten. Ich werde sie gleich wecken.“ Das Mädchen rannte strahlend zurück in die Küche. In Wirklichkeit wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie nicht wecken zu müssen. Sie lag auf dem Rücken, das Gesicht leicht zur Seite geneigt und ihm zugewandt, die Bettdecke war bis zu ihren Knien herabgerutscht und gab den Blick frei auf zwei schlanke Beine, die zu ihrer kaum verhüllten Hüfte führten. Das T-Shirt, das Ziva sich zum Schlafen übergezogen hatte, reichte gerade bis zu den Oberschenkeln und war durch das Schlafen auf der einen Seite noch hoch bis zur Taille gerutscht. Es offenbarte einen schlichten schwarzen Slip und Jethro fragte sich, wie viele Männer ihr Leben für diesen Anblick geben würden und wie er es nur schaffte, sich zusammenzureißen. Tatsächlich jedoch zog ihr Gesicht den überwiegenden Teil seiner Aufmerksamkeit auf sich. Im Gegensatz zu der Nacht, in der sie in seinem Haus eingeschlafen war, wirken ihre Gesichtszüge nicht zerbrechlich, nicht einmal entspannt. Man konnte es eher als Ausdruck des Verharrens definieren; selbst im Schlaf zeugte ihre ganze Haltung noch von Ernsthaftigkeit und Selbstbewusstsein, das war auch ein Teil ihres natürlichen Charmes, der sie für ihn so begehrenswert machte.

Er nahm die Bettdecke und zog sie weiter nach oben um seine Partnerin zu zu decken, jedoch nicht ohne mit der Hand teilweise ihre Beine zu streifen.

Jeden anderen hätte diese simple Geste das Leben gekostet, denn durch jahrelanges Training war Ziva es ebenso gewöhnt wie er aufzuwachen, ohne dass ein Mantel aus halbem Schlummer und Schläfrigkeit ihre Sinne oder motorischen Fähigkeiten beeinträchtigte; sie hätte dem aufdringlichen Stümper, der sie anzurühren versuchte sofort die Mündung ihrer Waffe ans Gesicht gedrückt – ihre 22.er Beretta, bevorzugte Waffe vom Mossadmitgliedern, verbarg sich auch jetzt unter ihrem Kopfkissen.

Aber sie wusste, um wen es sich handelte, deshalb schlug sie einfach nur die Augen auf und genoss es, in ein bekanntes, liebevolles Gesicht zu sehen.

Musste sie wirklich aufstehen, wo das Bett doch nach ihnen beiden zu rufen schien?
 

Das Aufstehen war eine leidige Notwendigkeit, selbst das Frühstück konnte das nicht so recht wett machen, auch wenn Kate sich alle Mühe gegeben hatte. Und die Stunde des Backwettbewerbes rückte viel zu schnell näher. Auch bei dieser Disziplin stellte sich heraus, dass das Kind eine gewisse Begabung dafür besaß und die nötige Portion Humor um Zivas fahrige Art zu ertragen, die sich auf etwas ungewohntem Boden befand und darüber hinaus noch im Kopf bei der Person war, die sie telefonierend am Frühstückstisch zurück gelassen hatten. Ständig dieses elende Handy, was gab es eigentlich, das Jethro schon so früh am morgen telefonieren musste?

Andererseits sah er so nicht, wie sie sich hier blamierte und der Kuchen sollte gewissermaßen ja auch eine Überraschung sein. Die Vorschriften sahen vor, dass man aus der Kuchenmasse zwei Kuchen machen sollte, einen Kleinen, der als Geschmacksprobe für die Jury abgegeben wurde und das „Hauptwerk“, bei dem auch Optik, Symmetrie und Originalität in die Bewertung mit eingingen. Die Masse für die Flecken hatten sie ausgerollt und mit einem Holzspatel eine Vogelsilhouette gezogen (der überstehende Rand wurde für die Flecken des Verkostungsexemplars benutzt), noch einige Details hinzugefügt, damit es wie ein Adler aussah und auf die Käsequarkmasse gegeben und als Endergebnis eine recht passable Torte bekommen. Am Rand hatte die Deckschicht einige Risse bekommen durch die rasche thermische Ausdehnung aber das war nicht ungewöhnlich. Nachdem der Kuchen fertig war, wurde die Kopfform des „Wappentiers“ noch etwas mit weißem Zuckerguss verziert und Schnabel und Krallen mit gelber Zuckerschrift umrandet – Ziva hatte die Hoffnung, mit einem Weißkopfseeadler, der das Wahrzeichen der Vereinigten Staaten war, den Sinn für Patriotismus in der Jury anzusprechen, außerdem war dieses Tier auch auf den Ausweisen von Bundesagenten geprägt und da Gibbs’ Arbeit den größten Teil seines Lebens ausmachte und sein Team praktisch seine Familie war, war das nur angemessen für seinen Geburtstag, egal, um wie viel Tage sie ihn schon verpasst hatte.

Weniger angemessen war ihrer beider Kleidung. „Wir sehen aus, wie zwei Wühlmäuse, die sich in einer Mühle verlaufen haben,“ bemerkte Ziva, nachdem sie die Kuchen zur Verwahrung abgegeben hatten und stellte mal wieder fest, wie unangenehm Mehl sich auf der Haut anfühlte, halb so unangenehm, wie die Maisstärke in den Einweghandschuhen, die am Tatort verwendet wurden, aber unangenehm genug. Kate war auch ganz besudelt, die Kleidung voller weißer Flecken und ihre brünetten Haare schimmerten kaum noch im Sonnenlicht, dabei puderte man doch nur weiße Perücken. Jetzt verstand Ziva, warum der Schwimmwettbewerb genau im Anschluss war. Sie bedeutete der kleinen Caitlin, im Spielzimmer zu warten, während sie frische, mehlfreie Sachen organisierte. Sie würden dann gleich die Duscheinrichtungen am Pool nutzen können.

Also marschierte die junge Frau schnurstracks zu ihrem Hotelzimmer zurück Sie erwartete das Zimmer leer – wieso sollte Gibbs auch untätig herumsitzen wollen? – aber er war noch da, mit der Brille auf der Nase und dem Laptop auf dem Tisch, starrte er auf den Monitor und sah alles andere als glücklich aus. Selbst Regenwolken wären vor dem Gewittersturm geflüchtet, der hinter seinen Augen aufzog. Synchronisierend dazu spielte der Media Player das Requiem aeternam von Webber, das gerade in das Kyrie überging, zu erkennen am Einsatz von Placido Domingo. Ziva hatte ihn nicht für einen Klassikliebhaber gehalten.

„Fallunterlagen?“, fragte sie beiläufig, Anziehsachen zusammen suchend.

„FBI-Datenbank. Tony hat gerade angerufen und gesagt, Fornell und sein Team mischen sich in den Fall ein. Sie haben Luke fest genommen.“ Das Kyrie endet mit einem lauten Paukenschlag, der Ziva zusammen zucken ließ. Sie war sich nicht ganz sicher, ob das darauffolgende Gewirr an leisen Stimmen ihre kreisenden Gedanken waren oder aus den Lautsprechern stammte.

„Wieso DAS denn?“

„Verdunkelung, steht hier. Die Einzelheiten sind mir nicht ganz klar, Tony wollte am Telefon nicht näher darauf eingehen, aber er sagte, sie wolle Zeit schinden.“

„Geht das gut? Sie hat mir mal erzählt, Fornell wäre nicht gut auf sie zu sprechen. Wenn er merkt, was sie vorhat, dann wird er erst recht...“

„Tobias kommt nicht mit ihr klar, weil sie ihn hasst und keine Gelegenheit auslässt, ihn zu provozieren und wenn sie es durch halblegale Ermittlungsmethoden auslässt.“

„Letzteres klingt sehr nach dir.“

Jethro ignorierte die Spitze, „Ich bezweifle, dass er ihr die Hölle heiß macht, schon allein, weil ihre Mutter dann kein Wort mehr mit ihm wechseln würde, ich habe sie gerade informiert, sie holt sie mit all ihrem Anwalts-Voodoo da raus. Außerdem hat Luke gute Gründe ihn zu verabscheuen und das lässt ihn nicht gerade kalt. Worüber wir uns mehr Sorgen machen müssen, ist dass man uns den Fall entziehen könnte.“ Ein weiterer Paukenschlag, diesmal, um das Dies irae einzuleiten, dass allerdings bei diesem Werk sehr unangenehm klang, daher schaltete Gibbs den Player aus. Dass er nicht näher auf den Zwischenfall einging, der sich zwischen dem FBI-Agenten und der jungen Polizistin in Ausbildung ereignet hatte ließ darauf schließen, dass es etwas persönliches war, das Alecia von sich aus erzählen sollte.

Ziva stopfte den Kleidungsstapel in ihrer Hand in einen Plastikbeutel und diesen wiederum in ihren Rucksack, in dem bereits Handtücher verstaut waren. Dann klappte sie den Deckel des Laptops herunter und zwang ihn, sie anzusehen.

„Ärger dich nicht deswegen. Fornell wird uns sicherlich weiter undercover arbeiten lassen, weil er gar nicht die Zeit hat, eigene Leute einzuschleusen, also übertreib es nicht mit der Schreibtischarbeit. Das ist nicht gut für dich.“

„Du riechst nach Vanillezucker.“

Sie lächelte und nahm ihm die Brille von der Nase, strich mit ihrem Daumen über seine Wange. „Ich weiß. Wenn du mich im Badeanzug sehen willst, ich bin am Pool. Und vergiss nicht, du hast heute Nachmittag noch etwas vor, halb drei an der Bowlingbahn.“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Mundwinkel, der Stelle, wo sich immer die kleinen Fältchen bildeten, wenn er lächelte. Falls er denn mal lächelte.

„Ich habe auch jetzt etwas vor.“

Eigentlich wollte sie nicht weiter gehen, aber als er sie näher zu sich zog, die Hände in ihren dunklen Haaren vergrub, da verschwand dieser Vorsatz auch schon wieder. Und ehe sie es sich versah, saß sie auf seinem Schoß, während er ihren Hals liebkoste. Ihre Finger fuhren unter sein Hemd, sie krallte sich regelrecht in seinem Rücken fest und hinterließ dort Striemen, Zeichen ihres Besitztums, ohne ihm dabei weh zu tun.
 

Sein Handy klingelte.

Zivas Stirn sackte auf seine Schulter und sie murmelte etwas, das verdächtig nach „Das glaub ich jetzt nicht...“ klang. Mit einem widerwilligen Knurren rutschte sie von seinem Schoß, während er das Gespräch annahm .

„Was gibt’s Jen?“

Die Romantik war spätestens in dem Moment, in dem der Name der Direktorin fiel, vorübergehend hinüber und um zu vermeiden, dass sie noch einmal dieser Ablenkung erlagen, legte Ziva zum Abschied die Hand auf seine Schulter und ging mit den Rucksack, bevor sein Telefonat beendet war. Hätte er gewusst, dass das vorerst das letzte Mal war, dass er den kalten Eisblock in seinem Magen ignorieren konnte, der von unguten Vorahnungen zeugte, hätte Jethro sie um jeden Preis aufgehalten.

Oder wäre im entscheidenden Augenblick da gewesen.
 

~*+*~

Auch wenn Ziva wusste, dass sie mit dieser Disziplin sich einen entscheidenden Vorteil erschwommen hatte, freuen konnte sie sich nicht. Nicht nach all den Nachfragen, wo denn ihr Mann abgeblieben sei. Genau das würde sie ihn jetzt auch fragen, klitschnass wie sie war. Sie zog das weiße Hemd, das sie von ihm hatte über den schwarzen Badeanzug, denselben, den sie bei ihrem ersten Aufenthalt in D.C. getragen hatte, mit den weißem Saum. Der Hemdsstoff sog sich sofort mit der Restfeuchtigkeit voll, die auch nach dem Abtrocknen noch bestand und bot daher nicht viel Abschirmung gegen die beißende Frische des Windes.

Sie beschleunigte ihre Schritte.

Die Mossadoffizierin hatte auch ehrlich vor gehabt, ihm so schnell wie möglich eine Rüge zu verpassen, wäre sie unterwegs auf dem Flur nicht in eine dunkelrote Lache getreten. Auf dem burgunderfarbenen Teppich hätte es natürlich jede Flüssigkeit sein können, aber der metallische Geruch... sie hob den nackten Fuß an. An ihrer Ferse klebte zweifellos Blut.

Sie hätte sofort Bericht erstatten sollen, aber ihre Wut auf Gibbs mischte sich mit purer Neugier und so machte sie sich auf die Suche nach der Ursache. Und während sie ihre Schritte zählte, dachte sie über mögliche Ursachen nach. Es könnte Theaterblut sein, Eisen(III)-Rhodanid, das roch genauso. Immerhin war es der Eisenanteil im Hämoglobin, der den typischen Blut-Geruch erzeugte, wenn es an der Luft oxidierte. Vielleicht war es Tierblut, den Grundrissen des Komplexes auf der Broschüre konnte man entnehmen, dass es vom Lager bis zur Küche eine weite Strecke war. Das Lager war im Untergeschoss, also fing sie dort an.

Kälte schlug ihr auf den unteren Gängen entgegen. Eine große metallene Tür stand offen, die in einen weiß gekachelten Raum führte. Auf der Schwelle klebte auch Blut, aber feuchteres. Die Temperatur des Kühllagers hatte die Oxidation verlangsamt. Von einer Wand zur gegenüberliegenden zogen sich Querstreben aus Metall, an denen Haken aus demselben Material hingen. Einige waren leer, andere beherbergten ziemlich gewaltige Fleischberge, deren Zukunft es war, als Spanferkel auf dem Grill zu landen. Ziva verzog das Gesicht.

/Also viel Lärm um nichts,/ fügte sie in Gedanken an, bevor etwas ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Waren das Blutspritzer da hinten, am Ende des Raums? Spritzer an sich waren nicht ungewöhnlich, wenn sie das Aussehen der Gerätschaften richtig deutete, war dort eine Schlachtbank, aber die Größe der Flecken an den Fliesen war ungewöhnlich.

Gänsehaut kroch hinauf bis in ihren Nacken, als sie die Füße auf die erbarmungslos kalten Fliesen setzte und auch das eine ganz normale Reaktion ihres Körpers war, bereitete sie sich innerlich auf alles mögliche vor, begradigte ihren Rücken noch mehr. Dabei pickte ihr Bewusstsein aus dem akkuraten Gedächtnis ein sehr passendes Buchzitat.
 

»Was zum Teufel hatten Sie denn geplant?«, fragte Charbonneau.

»Ich hatte nichts geplant. Ich habe rein instinktiv gehandelt.«

»Sie waren unbewaffnet.«

»Ich war bewaffnet mit gerechtem Zorn.«
 

Ziva lachte auf, wie sie es getan hatte, als sie das Buch gelesen hatte. Es war eines der ersten gewesen, dass sie sich in den USA gekauft hatte. Aber die Empörung von Monsieur Charbonneau ließ sie sich fragen, wie Gibbs wohl reagierte, wenn er erfuhr, was sie hier trieb. Und welch ungewöhnlichen Anblick sie jetzt wohl bieten musste, kaum bekleidet, halb durchnässt und barfüßig inmitten von toten Fleischbergen und sie lachte auch noch.

Das Lachen blieb ihr allerdings im Hals stecken, als sie bemerkte, was es mit den Spritzern auf sich hatte.

DAMIT hatte sie nun nicht gerechnet.

Sie hörte, wie die massive Tür hinter ihr zufiel und ein elektronisches Summen, gefolgt von einem Klicken signalisierte, dass sie verschlossen war.

Ziva David saß in einer eisigen Falle.

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Cliffhänger...

Muharrharr *geistesgestörtes Bösewichtlachen erklingen lass*

Es ist nicht sehr nett von mir, aber wenigstens weiß ich so, dass ihr mir treu bleibt, wenn ihr unbedingt wissen wollt, wie es weiter geht.

Das Zitat ist übrigens aus „Lasst Knochen sprechen“ (Deadly Décisions) von Kathy Reichs, gute Autorin und wahrscheinlich auch gute forensische Anthropologin.

Neuland

~ What if I wanted to break, laugh it all off in your face

What would you do?

What if I fell to the floor, couldn't take this anymore

What would you do, do, do?
 

Come

Break me down

Bury me, bury me

I am finished with you~

(30 Seconds to Mars, “The Kill”)
 

Wie wütend Gibbs sein würde, war jetzt Zivas geringstes Problem. Ihre Finger waren rot und wund und einer ihrer Fingernägel war abgebrochen in ihrem verzweifelten Versuch, die Tür aufzubekommen. Sie hatte gegen den massiven Stahl gehämmert bis sie ihre Handkanten nicht mehr spürte und hatte vor Wut und Frustration geschrieen. Jetzt konnte sie das Blut in ihren Ohren pulsieren hören und fühlen, wie ihr Hals brannte, als hätte sie zwanzig Wodka gekippt.

In ihrem Zustand dauerte es nicht lange, bis sich in den äußersten Extremitäten die erste Taubheit einstellte. Ihr Körper gab automatisch Wärme ab, um die Feuchtigkeit auf ihrer Haut verdunsten zu lassen, deshalb spürte sie auch die Kälte so stark

Sie brauchte etwas zur Isolation, aber in diesem Raum stand dazu höchstens noch Klarsichtfolie zur Verfügung, die Art die man zum Einpacken von Obst benutzte oder die den Kellnerinnen eines gewissen Nachtclubs in Miami als einzige Bekleidung diente. Sie zog das Hemd enger an ihren Körper und kauerte sich zusammen, um weniger Oberfläche zu haben, an der die Körperwärme entweichen könnte. Nie hatte Ziva ihre fette Tante Marsha so sehr beneidet – die würde sicherlich nicht so schnell an Unterkühlung sterben! Immerhin besaß sie so viel Fett, dass es schon aus dem Zwischenraum zwischen Armlehne und Sitzfläche ihres Schaukelstuhls hervor quoll. Wenn sie wenigstens dreizehn Kinder geboren hätte, die das rechtfertigten, aber nein, sie hatte nur einen Sohn und er war wahrscheinlich das einzige, was sie je richtig gemacht hatte.

/Was für eine beschissene Art zu sterben.../, dachte sie bei sich, /ohne die Chance, sich zu wehren. Und die einzigen Zeugen sind die größte Ansammlung unkoscherer Fleischstücke, die ich gesehen habe./ Sie hatte damit gerechnet, jung zu sterben, aber mit Würde. Im Kugelhagel, im Kampf für ihr Vaterland oder durch eine Explosion.

Rosa Nebel.

Sie hoffte, sie betete, dass man sie rechtzeitig fand.

„Jethro...“ flüsterte sie kraftlos, die Stimme rau vom Schreien. Jetzt wusste sie, warum das Schreien nicht nur ein Zeichen von Schwäche sondern auch eine Dummheit war, wenn niemand es würde hören können. Gibbs hätte sicher dasselbe gesagt. Sie hielt ihn sich immer wieder vor Augen, die Kopfnüsse, die er ihr verpasst hatte und zählte dann seine Regeln auf, um nicht einzunicken. Als sie durch war, sagte sie das Shma Jißra´el auf und fing mit der Prozedur von vorne an. Zwar war es unwahrscheinlich, dass Gott ihr die Tür aufmachte, aber beten beruhigte und...

Ganz so kampflos gab sie nicht auf!
 

~*+*~

Man hätte es für einen ganz normalen Tag beim NCIS gehalten:

Die Fahrstuhlkabine öffnete sich.

Die mysteriöse Rothaarige betrat mit unterkühltem Lächeln das Büro.

Skeptischer Blick der Direktorin.

Der Teamleiter stritt sich gerade lauthals mit Fornell.

Nur war es nicht Gibbs, sondern Tony. Diese Anomalie verzerrte das Gesamtbild und rückte es in ein surreales Licht, als hätte jemand einen Persönlichkeitstausch zwischen dem Senior Special Agent und seinem dienstältesten Agenten durchgeführt. Aber da dies keine Szene aus einem Roman von Anne Rice war, musste man sich mit der Absurdität des Ganzen abfinden.

Fornell war regelrecht in Rage, seinem Lieblingszustand innerhalb der vier Wände dieses Büros.

„Wollen Sie mir etwa weis machen, Sie haben nichts von der Verbindung zwischen den Fällen gewusst?“

„Nun, ich kann nur für mich und den Rest des Teams sprechen und Officer Skywalker hat uns weder in einem Gespräch noch auf elektronischem Wege mitgeteilt, dass es Parallelen zwischen den Ereignissen in Miami und unserem Fall gab.“ Tony sah das nicht einmal als Lüge an. Die Art, wie Luke ihnen die Informationen gegeben hatte, kam einer Präsentation gleich. Gespräch konnte man das nicht nennen.

„Ach, es ist also Zufall, dass sie hier beim NCIS blieb?“

„Sie hat Agent Gibbs dazu überredet, hier bleiben zu dürfen. Welche Argumente oder Ausreden sie dafür benutzt hat, kann ich nicht sagen, ich war nicht dabei und Agent Gibbs sah sich offensichtlich nicht gezwungen, uns über seine oder ihre Beweggründe aufzuklären.“ Seine erste Lüge. Der Brünette bemühte sich daher, so regungslos wie möglich zu geben – er hatte sich diese Argumente schon zurecht gelegt, seit dem Tag, als Alecia aufgetaucht war und die aggressive Förmlichkeit, mit der er sie vorbrachte, war nichts ungewöhnliches im Umgang mit dem FBI. Denn selbst wenn man ihn des Lügens bezichtigen würde, gab es keinerlei Beweise dafür. Nicht, solange die junge Skywalker weiterhin die Schuld auf ihre Kappe nahm. Fornell wusste das.

„Ich will sie verhören, sofort.“

„Sie hat ein Anrecht auf einen Anwalt, Tobias“, mischte sich nun die mysteriöse Rothaarige ein, die Aufmerksamkeit der beiden Männer auf sich zog. Sofort hellte sich Tonys Miene auf: aus der Nähe betrachtet, stand wohl außer Zweifel, warum Gibbs sich so gerne mit ihre umgab: Die feinen Fältchen in ihrem Gesicht verliehen ihr den Eindruck von Seriosität und wenn einen erst mal der durchdringende Blick ihrer Augen getroffen hatte, würde man sie weit jünger einschätzen, als sie sein musste. Der dunkelblaue Hosenanzug, der zu ihren Augen passte, zeigte, dass sie eine äußerst gute Figur für eine ca. vierzigjährige besaß. Die gelockten Haare (obwohl sie stark nach dem Werk eines Lockenstabs aussahen), fielen in einem kräftigen Rotton bis auf ihre Schultern. Mit anderen Worten, DiNozzo war hin und weg, obwohl er Frauen über dreißig unter normalen Umständen nicht einmal beachten würde.

Sie hielt ihm die Hand hin und stellte sich vor: „Lieutenant Colonel Elea Skywalker-Caine.“

„Special Agent Anthony DiNozzo. Angenehm, Sie kennen zu lernen Ma’am.“

Ein kurzes, kräftiges Händeschütteln, bei dem ihre ernste Miene sich nur geringfügig lockerte. In dieser Erscheinung war es leichter, sie sich als Anwältin vorzustellen, Tonys Gedanken wanderten dahin, wie sie wohl in dieser sexy weißen Uniform aussehen würde... es war wirklich ein Jammer, aber da Luke keine Verbindung zur Navy oder den Marines hatte, war sie kein J.A.G.-Fall und Elea konnte sie nur verteidigen, weil sie ein Familienmitglied war – das hieß, kein Uniformzwang.

Im gleichen Maße, in dem Tony von der Älteren angetan war, schien ihre Anwesenheit Fornell unangenehm zu sein.

„Du hättest nicht extra auftauchen müssen, Lea. Es ist ja nicht so, dass ich sie den Wölfen zum Fraß vorwerfen würde.“

Die dunkelblauen Augen fixierten mit Eiseskälte den FBI-Agenten. Er hatte keine Chance, denn er sah sich nicht nur mit dem Bluteifer einer Anwältin konfrontiert, sondern auch mit dem Beschützerinstinkt einer Mutter. Griff beides ineinander über, war es eine gefährliche Mischung. „Würdest du das auch sagen, wenn es um deine Tochter ginge?“

„Emily ist sechs! Ich glaube nicht, dass man sie schon fest nehmen würde.“

„Du weißt, was ich meine.“

„Das ist nichts persönliches. Verdunkelung ist eine ernst zu nehmende Anschuldigung....“

„Was exakt der Grund ist, warum ich hier bin, Tobias. Wenn du mich also entschuldigen würdest: ich bin im Verhörraum. Bei meiner Mandantin.“ Das letzte Wort entbehrte nicht gerade an Nachdruck. Die Betonung jedoch zeigte sehr deutlich Col. Caines eigene sarkastische Meinung zum Thema ’es sei nichts persönliches’. Offensichtlich war hier irgendeine Familienkiste im Spiel und die waren für gewöhnlich immer persönlich. Aber abgesehen von diesen Erkenntnissen, gab es eine andere Erwähnung, die Tony weit stutziger machte.

„Sie haben eine Tochter?“ Fornell sah nicht gerade aus und wirkte auch nicht wie der väterliche Typ Mensch. Sogar noch weniger als Gibbs, als Tony anfing für ihn zu arbeiten. Aber wenn er sich schon bei seinem Boss darin geirrt hatte...

„Ist nicht fallrelevant,“ winkte der in DiNozzos Augen frisch gebackene Vater ab. „Ich schätze, es ist auch in Ihrem Interesse und in dem Interesse des NCIS wenn Sie mich bei meinen Ermittlungen unterstützen.“

„Ich fürchte dieses großzügige Angebot muss ich aufgrund persönlicher Befangenheit ablehnen. Da ihre Angeklagte für die Dauer ihres Aufenthalts in D.C. in meinem Appartement nächtigt, sehe ich mich wohl gezwungen, mich aus dem Verhör herauszuhalten. Aber machen Sie sich mal keine Gedanken Fornell, sie sind ja ein großer Junge und schaffen das schon alleine.“ Tony klopfte dem Agenten pseudo-brüderlich auf die Schulter und erinnerte mit seinem vorlauten Benehmen daran, dass das FBI (und er insbesondere) sich in dieser Einrichtung nicht gerade viele Freunde gemacht hatte.

Natürlich brachen die richtigen Feindseligkeiten erst im Verhörraum hervor.
 

~*+*~

Fliesen und Fugenmasse verschwammen vor ihren Augen zu einem Kollektiv, Konturen verwischten, verwirbelten, wie graue und weiße Gehirnsubstanz. Sie nahm es in einem Zustand jenseits von Gefühlen wahr, nicht einmal Angst konnte sie noch empfinden, Angst, die sie hätte empfinden sollen, weil ihr nicht kalt war, obwohl ihre Haut bereits auf die äußeren Umstande mit einem zarten Rosaton reagierte.

Weder kalt noch warm, aber die Behaglichkeit innerer Wärme fehlte.

Wenn Sie nur die Augen schlösse, wäre alles wieder gut, dann würde sie die nötige Ruhe finden, um...

Nein. Ziva wusste noch geradeso genug, dass diese Hautverfärbung alarmierend war, um nicht abzudriften der einzuschlafen. Die allgemeine Erschöpfung nach dem Schwimmen bescheunigte diesen Prozess noch, auch wenn ’beschleunigen’ ein ziemlich großes Wort war für einen Raum, in dem die Zeit zu einem trägen, viskösen Sirup karamellisiert worden war, während sie außen wahrscheinlich nur so dahinrieselte, winzige Zuckerkristalle, denen andere, normale Menschen nachtrauerten.

Aber sie war hier, klebte im Sirup, ein hilfloses Insekt – sagen wir mal, eine Libelle - , fremd und eigenartig in dieser sterilen Region. Und sie wurde von Sekunde zu Sekunde pinker.

Eine pinkfarbene Libelle zwischen toten rosa Schweinchen.

Wie geschmacklos.

Sicher würde Tony einen passenden Regisseur nennen können, der diesen Moment am besten wieder geben könnte (und wäre Tony da gewesen, er hätte Quentin Tarantino empfohlen) und in entsprechenden Filmen käme an dieser Stelle sicher irgendeine kranke Halluzination.

Konnte Unterkühlung eigentlich Menschen zum Halluzinieren bringen?

Wenn ja, würde Ziva in den nächsten Momenten mit Caitlin Todd sprechen können.
 

~*+*~

„Ich schätze, dir ist klar, warum man dich angeklagt hat...“

„Nein,“ unterbrach Luke, zutiefst von der Wahrheit ihrer Worte überzeugt, aber ohne einen auf unschuldiges Lamm zu machen. Vielmehr begegnete sie ihm mit dem Trotz und Zorn jener Propheten, deren Wahrheiten falsch gedeutet und benutzt wurden.

„Nein? Du hast gestanden, die der Situation entsprechend erforderliche Institution nicht in Kenntnis gesetzt und somit Informationen zurückgehalten zu haben.“

„Eigentlich gestand ich, dass FBI nicht informiert zu haben. Inwiefern kann man mir das zur Last legen? Dazu müssten sie schon von der recht gewagten Annahme ausgehen, die entsprechenden Einzelfälle würden in Zusammenhang stehen, damit der Fall in ihre Zuständigkeit fiele. Und so Leid es mir tut – diesen Zusammenhang sehe ich nicht.“

„In allen drei Fällen wurden Briefe in den Opfern gefunden.“

„Gibt es einen eindeutigen Beweis, dass alle vom selben Täter stammen?“, hakte Col. Lea Caine nach, die wahrscheinlich nur eingriff, damit es nicht so aussah, als habe ihre Tochter sich diese Argumente schon seit dem Moment ausgedacht, an dem ihr Flugzeug in Washington gelandet war. Sie kramte bedächtig in ihren Unterlagen nach, wobei das Papier leise raschelte; eines der wenigen Geräusche, dass in diesem Raum nicht aggressiv klang. „Sofern meine Informationen korrekt sind, wurden in den zwei Morden in Florida bedruckte Folie verwendet, der Tote in Maryland beinhaltete eine Nachricht aus Papier, die zudem in einem anderen Teil seines Körpers steckte.“

„Der Inhalt der Nachrichten wird sicher zeigen, dass...“

„’Sicher’? Soll das heißen, du weißt es nicht genau?“

„Wie könnte ich? Aus irgendwelchen Gründen weigert sich der Lieutenant, der die Tagesschicht des CSI in Miami leitet,“ – Fornells säuerlicher Gesichtsausdruck und sein langsam hörbares Zähneknirschen legten nahe, dass er es sich verkneifen musste, ’dein Bruder’ zu sagen – „mir die entsprechenden Beweismittel oder Kopien davon auszuhändigen.“

Das war eigentlich das typische Caine-Verhalten. Die Abneigung für das Federal Bureau of Investigation schien ihnen im Blut zu liegen (ebenso wie die Vergabe merkwürdiger Vornamen). Oder sie legten sich einfach gern mit anderen an. Es war ein Segen, das Elea sich nie sonderlich für Jethro interessiert hat, denn allein der Gedanke, dass ihre grundsätzlichen Abneigungen sich mit der Gibbs’schen Arroganz vermischten... nicht auszudenken, was für Kinder aus dieser Verbindung entstehen würden.

„Alles, was man uns gab, war die Inventarliste mit einer groben Beschreibung. Aus der geht jedoch hervor, dass alle Botschaften in Verdana Größe zehn verfasst wurden.“

„’Der Verdana-Mörder’... ja, ich verstehe. Das lässt ja keinen Zweifel offen,“ warf Lukretia sarkastisch ein.

„Das ist nicht witzig.“

„Nein, das ist absurd,“ konterte ihre Anwältin nun, „und ich bin sicher, jeder Richter würde mir da Recht geben. Von deinen Vorgesetzten ganz zu schweigen. Die Schriftgröße hätte jeder beliebige Nachahmungstäter hinbekommen, soweit ich weiß gibt es immer noch ein Leck im MDPD. Die Sachlage ist die: meine Mandantin hatte keinerlei Anlass, das FBI zu informieren, da ihr nie auch nur die Vermutung kam, dass die von grund auf verschiedenen Fälle, an denen sie mitwirkte vom selben Täter begangen wurden. Zumindest nicht bis zum heutigen Tag. Hätte ein solcher Verdacht bestanden, hätte sie wohl zunächst Agent Gibbs als ihren derzeitigen Vorgesetzten in Kenntnis gesetzt und dann hätte der NCIS in diese Richtung ermittelt, um Gewissheit zu erlangen.“

„Und hat der NCIS solche Ermittlungen durchgeführt?“ unterstrich Lukretia die Aussagen ihrer Mutter. Die beiden arbeiteten ohnehin zusammen, als wären sie eine Person. Oder Zwillinge. In FBI-Kreisen nannte man sie daher auch die Skywalker –Twins. Und sich mit „Leia und Luke“ anzulegen war nicht gerade ein Vergnügen, wie Fornell nun fest stellte. Er hatte sonst stets das Glück gehabt, nur eine von ihnen gegen sich aufzubringen, meistens die Tochter.

„Nein,“ gab der ältere Agent nun ehrlich zu. Was hatte er noch zu verlieren, außer seiner Würde? Und die verflog in dem Maße, indem sich sein Gesicht verdunkelte. „Aber es steht noch die Frage aus, warum Officer Skywalker von ihren laufenden Ermittlungen in Miami abgezogen wurde, normalerweise wird ein solcher Schritt nur unternommen, wenn sie sich etwas hat zuschulden kommen lassen, oder...“

„Ich habe nichts angestellt, ich bin einfach nicht wichtig genug. Ich bin kein vollwertiges Mitglied des Miami Dade Police Departements, wie könnte ich, mit einen Crash-Kurs auf der Polizeischule? Mein Job besteht daraus, Beweise zu beschriften und zu sortieren, bestenfalls noch im Labor auszuhelfen. So habe ich mir etwas für das Studium hinzuverdient und weil das nicht gerade spannend ist, nutze ich nunmal jede Gelegenheit, um mich in den Semesterferien in andere Städte versetzen zu lassen, wie New York oder letztes Jahr Las Vegas und auch dort entsprach mein Aufgabenbereich vor allem dem einer Laborassistentin, wie sie sicher mit einigen wenigen Anrufen werden feststellen können. Die größte Ehre, die mir dabei zuteil wurde, war dem „Magier der Beweisführung“ [1] höchstpersönlich bei der Pürierung einiger Maden auszuhelfen..“

Tobias hatte eher mit halben Ohr hin gehört und mehr auf den Tonfall als auf die Worte geachtet... der nicht nur anstieg (sie kam endlich zur Pointe des ganzen, dem Äquivalenzpunkt dieses instabil gekünstelten Zustands, GOTT SEI DANK!) sondern auch emotionaler wurde. Enttäuschung und Kränkung klang heraus.

„Ich hoffte, wenigstens in Washington D.C. etwas mehr von meinen Talenten nutzen zu können, da Agent Gibbs bekannt dafür ist, eher nach seinem Instinkt zu handeln als nach den Vorschriften.“

Mit anderen Worten, sie war in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ersetzbar, also lohnte es sich nicht sie zu belangen. Inoffiziell hingegen – und absolut irrelevant für diesen Fall – war sie die Quelle aller Quellen, wenn es um Beziehungen am Arbeitsplatz ging. Nicht zuletzt, weil sie fast die Hälfte davon in Gang gesetzt hatte. Kaum zu glauben, dass jemand, dem so daran lag, Armor zu spielen, so eiskalt anderen gegenüber sein konnte. Aber Fornell kannte diese zwei Gesichter von ihr, nur waren ihm vorerst die Hände gebunden, etwas daran zu ändern.

„Na schön... ich ziehe die vorläufige Anklage zurück. Trotzdem verlange ich Einsicht in alle Fälle, an denen sie innerhalb des letzten Monats mitgewirkt hat.“

„Das musst du mit ihren Vorgesetzten ausmachen.“
 

Luke schien es gar nicht erwarten zu können, von Fornell wegzukommen, so schnell stürmte sie aus dem Verhörraum. Ihre Ma hingegen nahm sich bewusst provokant Zeit, um die kaum durchgeblätterten Akten zu verstauen.

„Leah...“

„Spar dir das Tobias!“

„Es ist wirklich nichts persönliches. Du tust ihr keinen Gefallen, wenn du sie aus jeder Klemme heraus holst.“

„Aber du tust ihr einen, wenn du sie hinein verfrachtest, oder wie?“ Kurzes, erbarmungsloses Schweigen. Der Aktenkoffer schnappte geräuschvoll zu.

Sie blickte auf, aber es war schwer, in ihrem Pokerface zu lesen. Und in ganz geschäftsmäßigem Ton fügte die mysteriöse Rothaarige noch an: „Tobias Christian Fornell, ich schätze, wir müssen nicht erst darüber diskutieren, warum du diese Nacht auf dem Sofa verbringen wirst.“

---

=^.^=

Der Satz brannte mir schon lang in den Fingern.

Außerdem habe ich jetzt die Gelegenheit, eine Zusammenfassung des Falls zu geben, um die mich Cookie gebeten hat. (*Namensschwesterherz knuddel*)

Ich hoffe, mein sehr zwiespältiges Verhältnis zu Fornell hat nicht allzu viel kaputt gemacht. Was habe ich ihn gehasst! Wie er ständig Gibbs ins Handwerk gepfuscht hat, aber das änderte sich schlagartig, als ich merkte, dass er eine Tochter hat, die er genauso innig liebt, wie Gibbs Kelly geliebt hat. Solche Väter dürfen halt alles.

Zu Fornells Namen. Ich weiß, er heißt Tobias C. Fornell, keine Ahnung wie der zweite Vorname lautet, aber er sieht aus wie ein Christian, so und damit basta!
 

[1] Jaja, der Magier der Beweisführung, Gil Grissom. Welche Konfession hat er nun?

Sarah Side meinte letztenbs, er sei katholisch, trotzdem bekam er einen Zettel vom Entomologenkongress, azuf dem sie ihn auf sein Schabbatjahr ansprachen. (Also tippe ich mal seine Ma war Jüdin und sein Dad Katholik. „Gil“ heißt immerhin Freude auf hebräisch. Oder er wurde nach der Geldwährung in Final Fantasy benannt *lol*)

Sympathy for the Devil

~ Mother nature, Sister fear.

A place called Hell is close to here.

Put my trust in God that day,

not the man that('s) taught his way.

I was alive, but now I'm singin'

Silent night for the rest of my life.~

(Billy Talent, “Devil in a midnight mass”)
 

Trotz der Dunkelheit im „Raum hinter dem Spiegel“, auf der anderen Seite des Verhörsals also, war Tonys Grinsen zuerkennen; es stach hervor wie das Licht eines Leuchtturms auf der pechschwarzen Meeresoberfläche. Allerdings war es in lästiges Leuchten, egal welchen Grund der Bundesagent dafür haben mochte: Die Anerkennung dafür, dass Fornell so eine attraktive Freundin hatte – wenn man den Begriff in seinem Alter überhaupt noch anwenden konnte – oder die Schadenfreude darüber, dass genau diese Freundin ihn so herunter geputzt hatte.

Das war unwichtig.

Und irritierend.

Erstaunlicherweise ritt DiNozzo entgegen seiner Art nicht großartig auf dem Inhalt des Verhörs herum, sondern ging gleich zum Kern der Sache über: „Sie hasst Sie doch nicht nur, weil Sie mit ihrer Mutter ins Bett gehen, oder? Das schiene mir nämlich etwas übertrieben.“

“Sie hasst mich, weil ich atme. Was geht das sie etwas an, Agent DiNozzo?“

„Na ja, abgesehen davon, dass all meine Überzeugungen bezüglich reifen Frauen und Männern in den Mitte-Zwanzigern jetzt den Bach runter gehen, bin ich stellvertretender Teamleiter, wenn es also Differenzen gibt, die die aufgezwungene Zusammenarbeit mit dem FBI erschweren, sollte ich das wissen. Und ich habe keine Lust, dass sie mich aus meiner Wohnung aussperrt, nur weil ich sie danach gefragt habe. Frauen haben so einen merkwürdigen Fimmel was ihre Privatsphäre betrifft, wissen Sie?“

„Bekomme ich dafür eine Fall-Zusammenfassung?“

„Wenn Sie es so aussehen lassen, als würden sie mir das aufgeschwatzt haben, ja. Hatte ich schon erwähnt, dass Luke einen Marder hat? Verdammt, kann das Vieh zubeißen!“
 

Tobias seufzte, als stünde eine große Anstrengung bevor. Er sah aus, wie ein Mann, den man zwang sich mit seinem Gewissen auseinander zu setzen. Ein Ausdruck, den man bei vielen älteren Agenten fand, das wissen, dass es etwas zu beichten gab, aber der richtige Priester war nie da.

Die Beichte sollte mit einer Frage beginnen.
 

„Was wissen Sie über Alecias Vater?“
 

~*+*~

Eine neue Wohnung, ein neues Leben. Eines ohne Freunde, die man verlieren konnte, so hatte es werden sollen. Die Wünsche einer Person waren verdrängt worden von dem einen Bedürfnis, das jede Tochter hat: der Gewissheit, dass ihr Vater stolz auf sie war.

Ziva hatte ihre Entscheidung diesbezüglich jahrelang nie angezweifelt.

Erst im Jahr 2004, als sie beim Koffer packen über alte Kisten mit Unterrichtsaufzeichnungen gestolpert war. In dem Wissen, dass ihre Familie solch überflüssigen Ballast nicht duldete, begann sie, die Hefter durchzublättern und weg zu schmeißen, was ihr nichts mehr brachte. Mitschriften auf den einen Stapel, Arbeiten, Tests und alles, was ihren Namen oder die Unterschriften ihres Vaters enthielt auf den anderen, damit sie geschreddert würden. Sie hatte die Blätter immer auf den Küchentisch hinterlassen und ein bis zwei Tage später war wie durch Magie der rote Schriftzug auf ihnen erschienen, der einzige Beweis, dass sie überhaupt einen Vater hatte, denn nichts im Haus kündete je von seiner Ankunft oder seinem Gehen.
 

„Ich dachte, du solltest dich ausruhen, Schwesterchen, du bist noch ganz lädiert von deinem letzten Einsatz.“

„Das ist halb so schlimm,“ erwiderte sie trotzig, fuhr mit dem Daumen über die blauen Flecke an ihrer Wange. So viel also zum Thema friedfertige Engländer, diese Inselmenschen konnten ganz schön austeilen. Ihr Rücken fing an zu Schmerzen dadurch, dass sie auf dem Boden saß und so streckte die Mossadoffizierin ihre Arme aus, während sie ihren großen Bruder von unter fixierte.“

„Du musst gerade reden, Arje, was willst du schon wieder in Washington D.C., du bist doch gerade erst hier angekommen?“

„Der Terror macht keine Teepause, Ziva,“ verteidigte sich des Mossads liebster Maulwurf und sein Gesicht verzog sich dabei zu einer säuerlichen Grimasse, was aber nicht an der Erwähnung seiner Arbeit lag, für die er viel zu oft viel zu viel Begeisterung zeigte, sondern weil sie ihn Arje genannt hatte. Es bedeutete „Löwe“ und Ari war eigentlich nur ein Spitzname, aber Haswari fasste das stets als eine Kränkung auf, so als hätte ihm sein Vater das Recht auf einen Namen mit Würde verwehrt. Dass die Namensgebung auf Liebe beruhte, war für ihn undenkbar. Aber seine Schwester durfte davon nichts mitbekommen, also besann er sich auf ein Thema, dass sie mehr reizte und griff sich den obersten Zettel des Mitschriftenstapels, las die klaren Schriftzüge halblaut vor: „’Gibbs, Josiah Willard, 11. 2. 1839 bis 28. 4.1903, arbeitete auf dem Gebiet der Thermodynamik und der statistischen Mechanik, gilt als einer der ersten amerikanischen Physikochemiker...’ Hast du das aus dem Lehrbuch abgeschrieben? Das war doch kein Lehrstoff.“

„Nicht jeder lernt nur das, was die Lehrer wissen wollen. Ich brauchte einfach ein Gesicht und einen Namen zu all den Gleichungen, der Atkins [1] ist förmlich voll davon. Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung, Die Gibbs-Duhem-Gleichung, die freie Enthalpie alias Gibbs-Energie, die Gibbs’sche Phasengleichung, deren Herleitung ich verstand aber den Sinn bezweifelte und natürlich die Gibbs Isotherme. Gibbs, Gibbs, Gibbs, hatte dieser Mann denn nichts anderes zu tun, als mir auf die Nerven zu gehen?“ Sie wedelte aggressiv mit dem Blatt vor deiner Nase herum, aber wie Ari seine Schwester kannte, würde sie es sich doch noch anders überlegen und die Biographiedaten aufheben.

„Das mit dem Nerven scheint wohl in der Familie zu liegen.“

„Wie?“

„Ich hatte das Vergnügen, einem Nachfahren von ihm zu begegnen.“

„Woher willst du denn wissen, dass es sein Nachfahre war,“ fragte Ziva lächelnd, während sie das Blatt neben die beiden ersten Stapel legte, dorthin, wo sich bald ein dritter auftürmen würde, „Er hat sich dir ja wohl kaum mit Stammbaum vorgestellt, oder?“

„Nein, aber man sah es an seinen Augen. Wenn es etwas gibt, dass Forscher und Ermittler gemeinsam haben, dann ist es die Besessenheit in ihren Augen. Aber wenn du möchtest, kannst du selbst nachforschen. Ich brauche sein Profil, ebenso von seinem Team...er wird mir nicht zum letzten Mal begegnet sein.“

„Aber die Profilliste hat Schmuel dir doch schon beim letzten Auftrag zusammen gestellt,“ stellte Ziva erstaunt fest. Es war selten, dass Ari darauf bestand, sie in eine Mission einzubeziehen, am liebsten und besten arbeitete er alleine, die Bedingungen akzeptierend, die der Mossad ihm vorgab. Er nahm neben ihr Platz, richte ihr eine Liste mit Namen. Gibbs, L.J. stand ganz obenauf.

„Das war etwas anderes. Ich bin da kurz vor einem Durchbruch und kann mir keine Fehler oder Störungen durch amerikanische Behörden leisten. Die Profile waren nicht detailliert genug und deine Sicherheitsstufe ist eine der höchsten. Also, was sagst du, Schwesterchen: bist du dabei, oder bleibst du hier lieber auf dem Fußboden sitzen inmitten deines überflüssigen Schulkrams?“

„Soll das heißen, Vater hat zugestimmt, dass ich deine Führungsoffizierin bei diesem Auftrag bin? Mal wieder?“ Auf dem Gesicht der Jüngeren bildete sich das Grinsen kindlicher Verschwörer. Ziva wusste ebenso gut, dass ihr Vater es nicht gern sah, wenn sie zuviel Kontakt zu seinem unehelichen Sohn hatte, wie er wusste, dass sie und Ari einfach ein unschlagbares Team waren. Eine tödliche Mischung, so wie Aceton und Schwefelsäure. Nein, halt, zu instabil.

Acetylen und Silberionen. Ja, das traf es.
 

Nie hätte sie sich erträumt, dass er es war, der sich gegen ihre Familie verschwor und dass er sie auserwählt hatte, weil sie sich am leichtesten von ihm manipulieren ließ.
 

Sie hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, herauszufinden ob es eine Verbindung gab zwischen Gibbs dem Physikochemiker und Gibbs dem Bundesagenten, und jetzt war es dieser Gedanke, der sie zum letzten Mal aufwachen ließ.

Er war nicht da, warum war er nicht da? Wie könnte er ihr in so einer Situation die Antwort verwehren. Überhaupt, wieso war niemand hier, der Zeuge ihre Zustands war, es musste doch jemand geben, denn wenn niemand ihr Verschwinden sah, wie sollte man es dann bemerken?

Ihr Bewusstsein sackte wieder ab, rutschte ins dunkle Vergessen in dem kaum noch Worte bestand hatten, außer denen, die sie von kleinauf gelehrt bekam.

„Shm’a Jiß’rael, Elohejnu, Echad

Barukh schem kawod, malkhuto le’Olam va’Ed...“
 

~*+*~

„Und sie bekommt keine Probleme? ... Gut, dann lassen wir es vorläufig dabei. Ich melde mich wieder... Ja, ich passe auf sie auf, keine Sorge, Lea.“ Mit einem Seufzen, dass fast schon in ein Stöhnen überging, klappte Gibbs sein Handy zusammen und schaltete den Laptop aus. Er hatte nun schon so lange auf den Bildschirm gestarrt, dass seine Augen mit dem scharfen Schmerz der Übermüdung protestierten, da half auf die Brille nicht mehr. Er nahm die Sehhilfe ab und rieb sich die Augen. Wie lange hatte er jetzt schon vor dem Gerät gesessen und die Falldaten zusammengetragen? Natürlich ohne irgendein Indiz zu finden, dass sie etwas übersehen hätten.
 

Schon deutlich nach Vierzehn Uhr, also knapp zwei Stunden seit Ziva den Raum verlassen hatte. Und ca. zwanzig Minuten vor seiner Verabredung mit ihr und Kate und er musste noch heraus finden, wo die Bowlingbahn in diesem Komplex lag. Nicht auszumalen, was Ziva ihm antun würde, wenn er zu spät kam.

Kaum aus dem Sitz erhoben, klopfte es auch schon an der Tür.
 

Die kleine Caitlin sah noch verlorener aus als an dem Tag, als man sie neben dem Tatort fand, die Augen betrübt und die brauen Haare hingen schlaff herunter; sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu kämmen, nachdem sie sich abgeduscht und umgezogen hatte. Ihre Kinderhand zerknautschte krampfhaft den Schwimmrucksack, den sie die ganze Zeit hinter sich her geschleppt hatte.

„Sie hat mich vergessen!“

„Wieso?“, hakte Gibbs nach, denn nach dem wer musste er nicht fragen.

„Tante Ziva hat gesagt, sie will nur mit dir schimpfen und sich etwas trockenes anziehen, dann gehen wir den Kuchen wieder abholen, die Bewertung ist schon seit einer ganzen Stunde um und was ist wenn unser Kuchen trocken wird oder sie sich erkältet und ich hab’ erst mal Tante Sam gefragt, ob sie den Kuchen für uns holt, weil ich so etwas schweres noch nicht allein tragen kann, war das richtig?“

„Ganz ruhig, Tante Ziva hat sich bestimmt nur verlaufen oder ist zu beschäftigt gewesen, dass sie es einfach vergessen hat,“ versuchte der Agent die Kleine zu beschwichtigen wohl er keiner dieser Theorien Glauben schenkte. Sie hatte den Plan der Anlage im Kopf und wenn irgendetwas vorgefallen wäre, hätte sie ihn informiert. Aber eine Ziva David konnte auf sich selbst aufpassen und blieb sie fern hatte das sicher triftige Gründe. „Wer ist eigentlich Tante Sam?“

„Na, die andere Tante von den Photos, die Tante Ziva mir gezeigt hatte. Sie ist echt lieb und voll klug, du hättest ihre Torte sehen sollen, sie...“

Wenn Kate noch schneller sprach, würde sie an Sauerstoffmangel sterben, aber offenbar war das die Art des Kindes, ihre Nervosität zu verarbeiten und den Schock. Man sah ihr an, dass sie geweint hatte und trotzdem vergaß sie darüber ihre Aufgabe nicht: sie hatte mit Samantha O’Neill gesprochen, der einzig verbliebenen Verdächtigen, hatte einen Kontakt aufgebaut, dem er nur zu folgen brauchte und dabei konnte er mühelos Kates Schritte rekonstruieren und vielleicht gab das ja Aufschluss über Zivas Verbleib.
 

Sein Instinkt muckte nicht auf.

Dazu floss zu wenig Kaffee durch Gibbs’ Organismus.

---

[1] Yeah, der Atkins. Das nette, „handtaschenfreundliche“ und kompakte Nachschlagewerk

für alle, dessen bester Witz ist: „Eine Phase ist ja letztlich auch nur ein Stück Volumen.“ Mindestens 2 Kilo geballtes Wissen... das einzige, was noch schwerer ist als ein Atkins, ist Don Murmel (die Katze von meinem Kommilitonen)

Wunden

@Meinen kleinen Knuddelkeks: ja, schon gut, ihr werdet erlöst von der Qual des Wartens. Aber irgendwas sagt mir, dass du einen Teil dieses Kapitels sehr amüsant finden wirst.
 

~There’s a curse between us, between you and me

(What have you done now?)

Would you mind if I kill you?

Would you mind if I tried to, ‘cause you have

Turned into my worst enemy~
 

(Within Temptation, “What have you done?”)
 

Die Art, wie Fornell auf Alecias Vater hinwies klang, als wäre dies Thema eines verbotenen Buches, von allen Literaturlisten auf der Welt gebannt. Oder eine Sache nationaler Sicherheit, die das FBI geradeso vor ihrer größten Konkurrentin, der CIA verbergen konnte.

Dabei ging es doch um eine simple Familiensache, oder?

Eine Familie, über die Lecia nie sprach. Deshalb dauerte es auch nicht lange, zu rekonstruieren, was sie jemals an Informationen über ihn preis gegeben hatte.

„Sie hat nur erwähnt, dass er Halbinder ist.“

„Halb Inder und Halb Pakistani.“

„Und das ist schlimm, weil...?“

„Er war ein Schläfer von Abu Sayyaf.“

„Wie der Rest der Pakistanis ja auch,“ kommentierte Tony sarkastisch und mit gleichzeitig anzweifelnder Miene. Es erklärte zwar, warum Luke nicht darüber redete, aber sie wirkte viel zu sehr wie ein Mädchen mit behüteter Kindheit, als dass er die Theorie glauben konnte. Außerdem hießen Schläfer nicht mit Nachnamen „Skywalker“, das wäre nun wirklich zu utopisch.

„So hat sie auch reagiert, nach seinem Tod. Sie weigerte sich, es zu glauben und gab dem FBI alle Schuld. Was nicht verwunderlich ist, immerhin haben wir bis heute noch keine triftigen Beweise dafür, fest steht zumindest, dass sein Vater ein Terrorist war. Er sollte lediglich befragt werden, um festzustellen, ob er auch Kontakt zu der Zelle hat. Es war eine Standardprozedur, man schickte nur zwei Agenten, die höflich an der Tür klopfen und ihn aushorchen sollten.“

Hier machte Fornell eine kleine Pause, denn nachdem er alles erzählt hatte, was zweifellos auch in dem Missionsbericht stand, ging er nun zu den pikanteren und wichtigeren Details über.

Aber DiNozzo hatte schon so eine gewisse Ahnung, in welche Richtung die Geschichte gehen würde.

„Sie waren einer der Agenten, nicht wahr?“

„Ich war derjenige, der ihn erschoss.“
 

~*+*~

Samantha O’Neill war leicht zu finden, sie stand in der Lobby und telefonierte über das dortige Münztelefon. Und das nicht gerade unauffällig, denn obwohl ihre Stimme gesenkt war, konnte man ihrer Gestik doch entnehmen, dass sie beunruhigt war.

„Aber Sir, das... Entschuldige – JACK – das geht nicht so einfach. Ich kann und will hier noch nicht weg. ... Warum fragst du nicht McCay, er wird es sich nicht entgehen lassen an etwas arbeiten zu können, bei dem er seine Intelligenz mit meiner messen kann. Schick ihm einfach die Informationen und ... Was soll das heißen, die Kommunikation zu Atla -- , zum Außenposten ist abgebrochen? ... Ich seh’, was ich tun kann.“

Sie hatte den gleichen „Verdammt, meine Arbeit holt mich selbst hier ein“-Gesichtsausdruck wie Gibbs noch Minuten zuvor an sich, als sie auflegte. Das war schlecht, denn wenn die einzige verbliebene Verdächtige so mir nichts, dir nichts verschwand während man nichts in der Hand hatte, um sie zu verhören, hatte man die Ermittlungen endgültig in den Sand gesetzt.

„Col. O’Neill?“ [1]

Die Frau mit den kurz geschnittenen blonden Haaren und dem wachen Gemüt bemerkte erst jetzt die direkte Anwesenheit des Bundesagenten und des kleinen Mädchens in seinem Schlepptau.

„Agent... Gibbs, richtig? Sieht aus, als hätten sie ihre Kleine endlich vermisst, passen sie das nächste Mal besser auf.“

„Bitte nur Gibbs, ich bin schließlich nicht im Dienst. Ich wollte mich nur bei ihnen bedanken, dass sie sich um Kate gekümmert haben, eigentlich war meine Frau ja bei ihr, aber sie scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein.“

Was war wohl merkwürdiger: Höflichkeit gegenüber einer Verdächtigen zu heucheln oder sich über den Verbleib der eigenen Frau mit der man nie verheiratet war über Gerüchte informieren zu müssen? Denn nichts anderes waren Augenzeugenaussagen: so ungenau wie Gerüchte.

„Tja, was ihre Frau betrifft, da kann ich ihnen auch nicht helfen, ich habe sie zwar ins Gebäude rein gehen sehen, aber raus gekommen ist sie nicht wieder.“

„Hm...“

Der Agent dachte darüber nach, während ihm Josy das Zimmermädchen auffiel, das ihnen auch das Zimmer zugeteilt hatte. Sie schrubbte verzweifelt auf einem Teppichfleck herum, ihre Hände waren schon ganz rot und wund vom Spülmittel. Dann fiel Gibbs auf, dass die Farbe nicht von einer Hautreizung herrührte – es sah aus wie Blut.

„Entschuldigen Sie mich...“, sagte er, bemüht neutral zu klingen, bevor er sich die Stelle näher ansah. Es gab noch mehr dieser Flecke auf dem Teppich.

„Was ist denn hier passiert?“

Das Zimmermädchen wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken von der Stirn, wobei ein zartroter Streifen verdünnten Blutes zurück blieb. „Oh, nicht schlimmes, wir haben nur vor einigen Stunden eine Ladung frisches Schweinefleisch für das Barbecue heute Abend bekommen, aber einer der Transportbehälter war wohl undicht, da muss noch etwas blutiges Wasser heraus getropft sein, die Flecken ziehen sich von hier bis runter in den Kühlraum... Sir?“

Aber Gibbs war bereits wie vom Erdboden verschwunden.
 

Hastete den Gang entlang dabei immer den Flecken folgend. Es erschien auf einmal alles so sicher, dabei wusste er noch immer nichts. Aber er wusste, was er getan hätte, wenn er Blutflecken auf dem Boden gefunden hätte. Ziva hatte auf dem Weg zurück in ihr Zimmer zwangsläufig die Lobby durchquert. Dass sie nicht zurückgekehrt war, hieß, ihr war etwas Schlimmeres zugestoßen.

Zurück blieb nur die Hoffnung, dass sie nicht tot sein konnte, immerhin hätte er es gespürt... oder nicht?
 

Auf der Spur der Blutsflecken zeigten sich keine Spuren eines Kampfes, nichts, dass darauf deutete, dass seine Agentin angegriffen wurde. Sicher, sie war darauf trainiert worden keine Spuren zu hinterlassen aber das war nur möglich, wenn sie einen klaren Vorteil hatte. Und angenommen, jemand hätte sie überwältigt, dann hätte sie irgendwie dafür gesorgt, dass er davon erfuhr. Aber nicht die kleinste Unauffälligkeit und die massive Stahltür des Kühlraums bremste seine Zuversicht. Die Flecken reichten bis über die Schwelle, das allein war Grund genug, auch drinnen nach zu sehen, aber die Tür war verschlossen.

„Sir?“ Josy war ihm offensichtlich spontan gefolgt – in ihrer rechten Hand hielt sie noch immer den vollgesogenen Lappen, der unablässig auf den Boden tropfte.

„Die Tür aufmachen, sofort. Und ziehen sie sich dazu Handschuhe an.“

„Aber die Fernbedienung ist im Büro der Veranstalterin.“

„DANN HOLEN SIE SIE!“

Das blondierte Zimmermädchen rannte los. Und während Gibbs gezwungen war zu warten, untersuchte er die Umgebung genauer. Die Wände waren karg und länger nicht mehr gestrichen worden, es gab scheinbar keine Heizungen und keine Videokameras in den Gängen hier – der Bereich schien also nur vom Personal genutzt zu werden, obwohl Gästen der Zutritt nicht verweigert wurde.
 

Als Josy zurückkehrte hatte den Platz des Putzlappens ein kleiner grauer Plaste Quader eingenommen und es war ihr großes Glück, dass sie sich schon Gummihandschuhe übergezogen hatte. Sie drückte auf den Infrarotsender und ein Summen, sich gefolgt von einem metallischen Schnappen ertönte, die Tür schwang ziemlich rasch für ihr Gewicht automatisch auf.
 

Jethro hatte das Gefühl, ihm würde Kühlflüssigkeit durch das Rückenmark gejagt, so schnell, wie sich die Kälte in seinen Knochen ausbreitete und das hatte absolut nichts mit der Außentemperatur in dieser weiß gekachelten Hölle zu tun.

„ZIVA!“

Das Gesicht der Israeli war blutleer [2] und so weiß der Boden, ihre Lippen tiefviolett. Man hätte das für Schminke halten können... wenn man irgendein Anzeichen von Atmung gesehen hätte. Unfähig, noch irgendeinen Laut von sich zu geben, warf der Ex-Marine sich vor seiner Agentin auf die Knie.

Er brauchte irgendetwas metallisches, er musste Gewissheit haben, aber wo... seine Uhr. Er schob den Hemdsärmel zurück und hielt sein linkes Handgelenk unter Ziva Nase.

Es beschlug.

Sie lebte noch.

Aber sie musste raus aus der Kälte, ihr Herz würde sonst stehen bleiben...
 

Seine bewusstlose Frau aufzuheben fühlte sich an, wie eine Tote davon zu tragen, so kalt war sie. Er hatte keine Augen für das Drumherum, für die Blutkritzelei an der Wand gegenüber oder für Josy, deren blass gewordenes Gesicht immer noch gesund aussah im Vergleich zum Hautton der Frau, die er liebte, deren Rettung sein einziges Ziel geworden war.

„Wir brauchen einen Arzt. Und sagen sie ihrer Chefin, dass der Raum abgesichert wird, das ist ein Tatort. MEIN Tatort.“, betonte Gibbs mit gefährlicher Zurückhaltung in der Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

Jemand hatte Ziva in Gefahr gebracht.

Jemand würde dafür bluten.
 

~*+*~

„Habe ich was verpasst? Wie kommt man von ’Hey, wir wollten nur mal fragen’ zu ’hoppla, er ist tot’?! Gefiel ihnen seine Krawatte nicht?“

Fornell kommentierte den kläglichen Witz mit einem bösartigem Blick, bevor er fortfuhr: „Wenn man bei jemandem anklopft und sich als FBI-Agent vorstellt, rennen ungefähr neunzig Prozent weg, ganz egal, ob sie schuldig sind oder nicht, weil sie glauben, wir wüssten von den Pornos auf ihrem PC oder dem Marihuana in ihrer Sockenschublade. Gerade als Traeger und ich in das Haus kamen, war Skywalker mit seiner dreizehnjährigen Tochter allein zu Haus, seine Frau war gerade auf dem Campus der Johns-Hopkins um den älteren Sohn, der noch keinen Führerschein hatte, von seinem Medizinstudium abzuholen. Es war ein Samstag kurz vor dem Spring Break und Daddy und seine kleine Prinzessin machten Mango-Lassi. Er ließ uns sogar bis in seine Küche, antwortete mit höflichen Floskeln auf unsere Fragen und schnitt dabei ganz lässig weiter Mangostreifen in Stückchen. [3] Zumindest, bis unsere Fragen in einen unangenehmen Bereich rutschten. Dann ging alles ziemlich schnell.“

„Er hat Sie angegriffen?“

„Nein, er hat sein kleines Mädchen zu sich gezogen, ihr das Messer gegen die Kehle gedrückt und gesagt, sie würde sterben, wenn wir nicht augenblicklich verschwinden und nie wieder kommen würden. Die Kleine wusste gar nicht, was eigentlich los war. Nach einigen Minuten gegenseitigem Drohen und unseren Versicherungen, er würde heil aus der Situation wieder raus kommen, wenn er denn nur sein Kind gehen lasse, eskalierte die Situation vollkommen. Ich musste ihn erschießen, um ihr Leben zu retten.

...

Ist Ihre grenzenlose Missachtung der Privatsphäre Anderer endlich gestillt, oder gibt es noch etwas, das Sie wissen müssen?“

„Nur eines: Was ist Lassi?“
 

Kurz bevor Tobias seine Waffe ziehen und Tony erschießen konnte, klingelte dessen Handy.

„Boss, was gibt’s? ... Also sofort im Sinne von SOFORT?! Aber was wird denn dann aus den Undercoverermittlungen?“ Leroy Jethro Gibbs’ Antwort war gerade laut genug, dass Fornell ihn über das Handy brüllen hören konnte, ohne die Worte zu verstehen. Der dienstälteste Agent zuckte nur zusammen und wurde daraufhin ganz kleinlaut. „Sind schon unterwegs, Gibbs!“

„Kann ich mitkommen?“, fragte Fornell, sofort die Situation nutzend.

„So wie Gibbs im Moment gelaunt ist, ist das FBI wohl das letzte, was er braucht.“

Tony verließ den Vorraum des Verhörzimmers und steuerte eiligen Schrittes die Schreibtische seiner Teammitglieder an, wobei ihm der kleinere FBI-Agent nicht von der Seite wich.

„Luke, Bambino, packt eure Sachen, wir fahren zum Boss, offenbar gibt es da einen Tatort für uns. Paula, sei so nett und greif dir ein paar Buntstifte um für unsere Freunde mit den drei Buchstaben eine Mind Map des Falls zu malen.“

„Wieso ich?“, protestierte Cassidy sofort, „warum kann das nicht Skywalker machen, sie war doch diejenige, die verhört worden ist?“

„Weil du schon dort warst. Offiziell bist du für die Leute da noch immer Klein-Kates Mutter ohne irgendeine Verbindung zum Boss, das wäre etwas verdächtig, wenn du plötzlich als Bundesagentin in seinem Team auftauchst. Der Rest von euch, hopp, hopp, wir haben nicht den ganzen Nachmittag Zeit.“

DiNozzo wandte seinen Blick um zu Fornell, beäugte ihn misstrauisch wie eine Schwiegermutter den zukünftigen Schwiegersohn. „Wenn ich Sie hier allein lasse, kann ich mich drauf verlassen, dass Sie nichts anfassen? Die Büroartikel sind abgezählt, da gibt’s nichts zu klauen.“
 

~*+*~

Innerhalb weniger Minuten war er zu einem Unberührbaren geworden. Das Leid, dass Ziva widerfahren war und sein Schmerz darüber waren das Kainsmal, dass die Leute in seiner Umgebung dazu brachte, Abstand zu halten. Dabei nahm er sie kaum wahr, denn sie waren Jethro vollkommen egal. Seine Welt hatte sich auf die ekelhaft OP-Kittelgrüne Tür vor seiner Nase und die Bank, auf der er saß reduziert. Caitlin krallte sich noch immer an seinem Arm fest, schweigend und bedrückt. Nach einigen Minuten hatte sie aufgehört weiter nach Ziva zu fragen, als sie merkte, dass sie keine Antwort von Gibbs bekommen würde.

Gott, er hasste Ärzte. [4]

Man war ihnen völlig ausgeliefert, sie konnten einen nach Strich und Faden belügen ohne dass man es merkte und all ihre Anweisungen waren Gesetz. Und nebenbei teilten sie einem ach so rücksichtsvoll mit, dass es sein könnte, dass sie seine Frau aufschneiden und ihr Herz mit lauwarmer Kochsalzlösung umspülen müssten falls es nicht schnell genug schlägt und dafür seine Unterschrift benötigten.

Und warum? Damit sie ihren „Halbgott in Weiß“-Hintern retten konnten, wenn ein Patient unter ihren Händen wegstarb.

„Mr. Gibbs?“

Ein junger bekittelter Arzt trat aus dem Behandlungsraum, der Mundschutz klemmte noch unter seinem Kinn. „Wir konnten die Körpertemperatur ihrer Frau wieder normalisieren und ihr Herzschlag ist stabil. Sie hat ihr Bewusstsein noch nicht wieder erlangt, aber wenn Sie sie sehen möchten...“

„Nein. Nein, ich kann nicht. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn sich ihr Zustand ändert, ich habe zu tun.“

Ohne auf die Miene des irritierten Arztes zu achten, verließ Gibbs diesen Teil des Gebäudekomplexes und machte sich auf den Weg zu seinem Team. Er konnte für Ziva nichts tun, als das Schwein, das dafür verantwortlich war zu kriegen und das würde er nicht, wenn er dort sinnlos herum saß.

Er war es seiner Agentin schuldig und er würde ihr nicht eher unter die Augen treten können, bis er etwas handfestes hatte.

---

2. Januar 2008!!! (Ja, sorry, das ich das Kapitel erst so spät on stelle) Ich sitze an einem leeren Schreibtisch und meine Gesellschaft besteht aus zwei lärmenden Mäusen und einem Haufen Umzugskartons. Na ja, zum Glück kann ich diese FanFiction „bald“ abschließen, ich tingle langsam auf die Lösung des Falls zu. Nett übrigens, dass keiner mich auf den Fehler in Kapitel 15 hinwies. Dass Gibbs’ Frau Shannon hieß und nicht Sharon. In einem anderen Kapitel war mir der Fehler noch aufgefallen und ich habe ihn korrigiert., bevor das alles ins Internet kam, nur das andere... wo habe ich nur meinen Kopf?

P.S.: Umzug verschob sich auf den 15. Februar... und dreimal dürft ihr raten, wer da eine Prüfung in Instrumenteller Analytik schrieb.
 

[1] Ja, ja, Stargate gehört mir auch nicht, ebenso wenig wie die darin vorkommenden Charaktere und die haben alle ein Visum um in dieser FF aufzutauchen *eyes roll*

[2] Ja, ich weiß, ich schrieb, dass Zivas Haut schon anfing rosa zu werden durch die Kälte... die Sache ist aber die, ich bin mir ziemlich sicher, dass diese durch Hautreizung bedingt Verfärbung wieder verschwindet, wenn die Person längere Zeit in der Kälte liegt, weil dann das Herz langsamer schlägt und das Gewebe schlechter durchblutet wird. Pasta!

[3] Hier merkt man schon, dass da sich was anbahnt. Mangos und schneiden, dass ich nicht lache, das Messer gleitet von allein durch das weiche Zeug!

[4] Dieser Satz wird noch wichtig werden für „Unlucky Thirteen“ – Meine nächste FF. Dauert aber noch eine kleine Weile, bis ihr die zu lesen bekommt... bis die vierte Staffel House läuft. (Für die, die es nicht sehen: Momentan sind die bei Folge 3x16)

Dritter Tatort, Erstes Lagerfeuer

~ Memories consume

Like opening the wound

I'm picking me apart again

You all assume

I'm safe here in my room

(Unless I try to start again)~
 

(Linkin Park, “Breaking the habit”)
 

„Dürfte ich erfahren, was das alles zu bedeuten hat? Jethro, du kannst nicht einfach eine Handvoll Bundesagenten hier alles auf den Kopf stellen lassen, das kann ich doch meinen Gästen nicht zumuten. Das mit deiner Frau tut mir zwar Leid, aber das war sicher ein Unfall, jemand könnte die Tür vom Kühlraum offen gelassen haben und dann...“

„Und wie kommt DAS dann an die Wand?“, schnauzte Gibbs seine Ex-Affäre an, die ganz weiß im Gesicht wurde, weniger aufgrund seines Tonfalls als durch die blutige Schrift, auf die er deutete. Tony machte gerade Tatortfotos und Luke tütete danach sorgfältig alles ein, während McGee sich um die Skizzen kümmerte, trotzdem lagen die Augen der drei fast ausschließlich auf den beiden Streitenden.

Evelyn Denton schlug sich verdammt hartnäckig gegen den Senior Special Agent, wenn man bedachte, dass sie nur einen Minirock trug und bei den 5 Grad Celsius im Kühlraum schrecklich freiren musste. „Das könnte nur ein Scherz gewesen sein.“

„Ein Scherz, der einem Menschen beinahe getötet hätte. Wenn das schon keine Ermittlungen mehr wert ist, was dann?“

„Dann sorg wenigstens dafür, dass deine Ermittlungen niemanden belästigen!“ Die Organisatorin zog eine wütend-hochnäsige Grimasse und rauschte dann auf ihren Pfennigabsätzen davon. Gibbs wünschte sich, mindestens eines der Dinger würde abbrechen und sie zum fallen bringen.

„DINOZZO! Du sollst den TATORT fotografieren und nicht Luke!“, brüllte er über den halben Tatort hinweg, dann brummte er mehr zu sich selbst, dass er einen Kaffee brauchte und ging ebenso, nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle ihre Arbeit richtig machten. Lukretia, die noch die Nachwirkungen des Blitzlichts hinfort blinzelte, meinte leise: „Meine Güte, da ist aber jemand auf hundertachzig!“

„Ach nein, glaubst du?“, warf Tony mit einem Augenverdrehen ein und meinte dann altklug (als wäre es ihm nicht eben selbst passiert), „konzentrier dich lieber auf die Arbeit, dann lässt

er dich mit seiner schlechten Laune in Ruhe. Also, was soll das bedeuten?“

Die Hände in die Seiten gestemmt und gemächlich den Blick anhebend – eine Angewohnheit, die sie sich von ihrem Onkel abgeguckt hatte – fixierte Luke die besudelten Kacheln. „Da steht ’ROSA’, das ist die deutsche Bezeichnung für pink...“ [1]

„Ich bin mir nichts sicher, ob du mich verstanden hast, aber... Was. Soll. Das. Bedeuten?“

„Tony seh’ ich vielleicht aus wie ein Profiler? Vielleicht bedeutet es alles, vielleicht nichts. Wir sollten uns auf die Beweise konzentrieren.“

„Hey, Bambino, weißt du, woran mich das erinnert?“ Tony schnippte mit den Fingern, um McGees Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, der auch prompt von seinem Zeichenblock aufblickte und leicht entnervt erwiderte: „Einen deiner Filme“.

„Stephen Kings ’Es’“, antwortete Alecia noch bevor ihr Nebenmann auch nur zum Luft holen kam, „Eine der Hauptcharaktere schneidet sich zum Anfang des Buches die Pulsadern in der Badewanne auf und schreibt mit seinem eigenen Blut das Wort ’Es’ an die Wand. Wie auch immer...“ Sie nahm eine Hand von ihrer Hüfte und holte damit die Sonnenbrille aus ihrer NCIS-Jacke und setzte sie schon fast in Zeitlupe auf. „... an die Arbeit, Männer. Kaufen wir uns das Schwein, das hierfür verantwortlich ist.“ [2]

„Ähm Luke, dir ist aber schon klar, dass wir hier drinnen keine Sonnenbrillen brauchen?“

„Das ist gegen das grelle Neonlicht hier drinnen, davon bekomme ich immer Kopfschmerzen und von Kopfschmerzen bekomme ich immer...“

“Nasenbluten?“ , hakte DiNozzo nach und reichte der Jüngeren ein Taschentuch, „Verschwinde lieber, bevor Gibbs dich erwischt, wie du den Tatort kontaminierst.“
 

~*+*~

Der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee erfüllte in kürzester Zeit das Zimmer, das ihm und Ziva zugewiesen wurde und während als seine Lieblingsdroge schwarz und kräftig in die gläserne Kanne tropfte, ließ Gibbs sich in den Sessel fallen.

Sekunden verharrte er regungs- und Ausdruckslos, wie schon auf der Bank vor dem provisorischen OP. Nur einen Lidschlag später rammte er seine Faust auf die Sessellehne.
 

Der physische Schmerz war ein willkommener Gast, denn irgendein Teil von Gibbs glaubte, wenn er selber litt, könne er besser bereuen, was geschehen war. Es war seine Schuld, dass seine Agentin, seine Ziva das hatte durchmachen müssen. Warum nur hatte sein Bauchgefühl ihm nicht gesagt, dass auch sie in Gefahr war? Vielleicht weil all die Marienkäfer in seinem Bauch (ein Sprichwort, dass eben seine Ziva geprägt hatte) die unguten Vorahnungen verdrängten. Also war es wahr: Liebe macht blind. Das war wieder einer dieser Momente, in denen er zweifelte, ob er persönliches Glück verdient hatte, denn seine Berufswahl schien es ihm unmöglich zu machen.

Er musste sich auf den Fall konzentrieren.

Auf die Fakten.

Erstens: Da war Blut am Tatort, aber kein Opfer, jedenfalls keines mit sichtbaren Verletzungen. Bedeutete das es gab noch eine Leiche irgendwo? Oder war es „nur“ eine Drohung?

Zweitens: Wenn es eine Drohung war, war Zivas Überleben dann beabsichtigt? Der Mörder ging über Leichen, aber hatte er sie vielleicht verschont, weil sie nichts mit der Sache zu tun hatte? Oder war sie nur über etwas gestolpert, etwas unvollendetes?

Drittens: Davon ausgehend, dass sie bewusst als Ziel gewählt worden war, war ihre Tarnung dann aufgeflogen? War dieses Undercover-Ding nur noch eine Farce, weil der Täter bereits wusste, was gespielt wurde?
 

Bei letzterem war Gibbs sich nicht ganz so sicher. Nach seiner Erfahrung – denn seinem Instinkt konnte er ja nicht trauen – verhielt es sich mit solch psychopathischen Tätern so: wer in der Lage war, so bewusst sadistisch seine Opfer umzubringen, hätte eine klarere Botschaft an die Ermittler gesandt, die ihnen auf den Fersen waren. Entweder ein „Haltet euch da raus oder ihr werdet es bereuen“ oder das altbekannte „Ich bin euch überlegen, ihr seid mein Werkzeug“. Was auch immer der Fall war – der Täter hätte sich bewusster an sie gewandt, wenn Ziva aufgeflogen wäre, in Form eines Briefes. Die Schrift an der Wand passte wirklich mehr zu einem weiteren Opfer der Mordserie.

’ROSA’ war also ein Teil des Puzzles.
 

~*+*~

Die Ermittlungen und die Auswertungen dauerten vorerst nur bis in den späten Abend hinein. Evelyn Denton hatte dem Team verboten nach 18 Uhr noch Befragungen anzustellen und somit hatten die Agenten sich wieder ins Hauptquartier zurückgezogen. Gibbs hatte Cassidy noch angerufen, um Kate undercover abzuholen, damit das Mädchen nicht alleine war. Mittlerweile lag Klein-Caitlin in einem Schlafsack in Abbys Labor, während Luke ihr Gute-Nacht-Geschichten vorlas. Normalerweise Ducky Aufgabe, aber die neue Pflegerin seiner Mutter hatte überraschend einen Nervenzusammenbruch bekommen und so war Dr. Mallard verhindert. Nicht, dass es Lukretia gestört hätte – das letzte, was sie jetzt wollte war mit Fornell in einem Raum zusammen zu sein.

Tony, McGee, Gibbs, Fornell und Abby saßen stattdessen in einem Kreis, während Paula mit ihrer “MindMap” anfing. Dazu hatte sie an eine weiße Metallwand Bilder der Opfer (außer Gibbs Exfrauen, die ja offiziell nichts mit dem Fall zu tun hatten) und Verdächtigen mit Magneten befestigt und mit verschiedenfarbigen Eddingsorten ein Diagramm erstellt. Die Direktorin stand ein wenig abseits des ganzen und musterte die Zusammenstellung mit kritischem Blick. Es war selten, dass man sie auch ins Bild setzte, aber schließlich war dann sie wieder diejenige, die den anderen Agencys in den Hintern treten sollte.

Abgesehen von diesen Personen war das Gebäude leer. Ausgestorben sozusagen.

In die allgemeine bedrückte Stille hinein stelle Tony plötzlich ganz unvermittelt fest: „Eigentlich ist es gar nicht mal so unangenehm, wie wir alle so zusammensitzen. Es ist fast wie das Geschichtenerzählen am Lagerfeuer dieser Feriencamps, findet ihr nicht?“

Der Agent erntete kritische Blicke, merkte sich die Lagerfeuer-Idee trotzdem vor. Nur für den Fall, dass er mal ein eigenes Team bekam.
 

„Opfer Nummer eins: Colonel John Smith, 48, geschieden. Vater von Dorothea Caitlin Smith, Mutter des Kindes unbekannt. Ein Einzelgänger, lebte nur für seine Tochter, aber hatte mehrere kurzfristige Beziehungen. Klagte öfter über Migräne, und nahm Aspirin dagegen.“

„Inwiefern ist das relevant?“, hakte Fornell nach.

„Das Opfer wurde ausgeblutet. Da Aspirin das Blut verdünnt, kann man annehmen, dass das kein Zufall ist, außerdem hat der Täter sich scheinbar mit John verabredet und er nahm seine Tochter mit, ließ sie aber ganz in der Nähe auf einem Spielplatz, was ebenfalls dafür spricht, dass Täter und Opfer sich gut kannten. Die Art des Mordes oder eher der Hinrichtung sprechen auch für eine persönliche Beziehung. Am Tatort fanden sich Holzsplitter von einem Pfeil aus Purpurweide –“

„Und Aspirin wird aus einer Substanz gemacht, die auch Bestandteil von Weidenrinde ist!“, fügte Abby noch an, um die Wichtigkeit des Fakts zu unterstreichen.

„- und im Nacken des Opfers war der Abdruck einer Pfeilspitze, der Treffer muss zu einer Lähmung geführt haben. Die Blutspritzer am Tatort deuten zumindest darauf, dass das Opfer lag, bevor ihm mehrere Schnitt- und Stichwunden zugefügt wurden, ohne dabei die wichtigsten bluttragenden Gefäße zu verletzen, erst dann, nachdem er weitgehend ausgeblutet war, wurde auf ihn geschossen.“

Die Stimme der Blonden zitterte leicht und Tony zweifelte nun daran, dass es so eine gute Idee gewesen war, Paula diese Aufgabe zu übertragen, bei der Verbindung, die sie selbst zu dem Opfer hatte. Aber sie war nun mal Bundesagentin und wusste selbst, dass das ihre Aufgabe war. Also atmete sie kurz und tief durch, dann fuhr sie fort.

„Der Wagen des Opfers ist noch immer verschwunden und der einzige Anhaltspunkt des Mörders außer dem Pfeil, war ein Zettel mit einer codierten Nachricht, die nach Entschlüsselung auf ein Buch von Stephen King hinwies. Die Schnittwunden im Gesicht des Opfers lassen auf ein Verbrechen aus Leidenschaft schließen, daher ist der Mörder aller Wahrscheinlichkeit nach eine Frau. Durch Nachforschungen über die wenigen persönlichen Kontakte des Opfers ließen sich vier Ex-Freundinnen ausmachen, die er allesamt bei einer Veranstaltung zur Wahl der „Mrs. Navy“ kennen gelernt hat. Sie bieten dort auch einen Wettbewerb im Bogenschießen an und die Firma, die die Pfeile herstellt ist dieselbe, von der der Pfeil am Tatort stammt. Die erste Verdächtige – Emily DuNeuve, 34 – befand sich zum Zeitpunkt des Mordes in den Flitterwochen, die Hotelrezeption hat bestätigt, dass sie nie sonderlich lange außerhalb der Räumlichkeiten war, deshalb hat sie ein Alibi. Verdächtige Nummer zwei, Sharon Rowland, 28, entpuppte sich als vermisst. Bis man sie tot auffand, in einem Ferienbungalow zusammen mit ihrem Freund. Sie starb an einer Arsanwasserstoff-Vergiftung, aber ihr Lebensgefährte überlebte den Anschlag. Die Menge an Gas hätte nicht ausgereicht, um beide zu töten, aber Rowland bekam die volle Dosis ab, wir gehen von einem gezielten Mord aus. Das Gas wurde im Lungengewebe nachgewiesen, außerdem zeigte die Obduktion, dass sie schwanger war. Außerdem fanden sich Fluoreszierende Farben an ihren Händen, in Flammenform. Officer David meinte, es gäbe da einen symbolischen Zusammenhang mit dieser Zeichnung und der Schwangerschaft, die auf dasselbe Buch hinzielt, das auch bei dem ersten Opfer eine Rolle spielt, aber für genaueres müssten sie schon Officer Skywalker fragen.“

Das war an Fornell gerichtet. Der FBI-Agent wurde von Moment zu Moment stutziger.

„Jedenfalls bedeutet es, dass der Mörder in beiden Fällen dieselbe Person ist. Wir können nicht genau sagen, wann die Farbe auf Rowlands Körper gekommen ist und wieso, aber am wahrscheinlichsten ist die Theorie, dass Rowland mit ihrem Mörder vertraut war. Ganz in der Nähe der Ferienresidenz war ein Nachtclub, ich habe ihren Freund noch einmal angerufen und er sagte, sie sei am Abend vor ihrem Tod kurz allein losgezogen, um zu feiern. Das erklärt, warum es am Tatort keine Farbspuren gab, übrigens auch keine DNS oder Fingerabdrücke. Verdächtige Nummer drei: Brianna Paxton gerade mal 26 und im achten Monat schwanger, von Opfer Nummer eins. Ihr Umstand gibt ihr zwar ein Motiv, lässt sie aber auch als Verdächtige ausscheiden, deshalb konzentrierten wir uns auf ihren derzeitigen Freund Peter Whiley, ebenfalls 26, der als ehemaliger Chemiestudent die Möglichkeit hatte, an die nötigen Chemikalien für den zweiten Mord zu gelangen. Er behauptete jedoch, das zweite Opfer nicht zu kennen. Er steht noch unter polizeilicher Obhut, aber eigentlich nur noch, um sicher zu gehen, dass er nicht mit Paxton telefoniert und Officer David auffliegen lässt. Nach dem Anschlag auf sie, an dem er nicht beteiligt war, fällt auch Whiley als Täter weg.“

Paula war dankbar darüber, sich endlich wieder setzen zu können, denn was danach kam, war nicht mehr ihre Aufgabe gewesen.

„Bleibt also nur noch eine Verdächtige übrig!“, schloss Tobias, aber diese jähe Hoffnung wurde genauso schnell zerstört, wie sie gekommen war, denn Gibbs widersprach ihm. „Colonel Samantha Carter war zum Zeitpunkt des ersten Mordes auf einem Stützpunkt der Airforce. Sie ist Astrophysikerin oder so und arbeitet an irgendeinem geheimen Regierungsprojekt. Sie hat ihren Boss kontaktiert und der wiederum hat uns eine offizielle Bestätigung gesandt, dass sie bis kurz vor dem Wettbewerb Tag und Nacht auf dem Stützpunkt war.“

Für einen kurzen Moment sagte keiner etwas.

Dann fasste die Direktorin enttäuscht zusammen: „Wir haben also gar nichts.“

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[1] engl. “PINK“ = Rosa

engl. “HOT PINK“ = Pink

An der Wand steht „Rosa“, das Wort hat im englischen also keine Bedeutung, daher hab ich das so formuliert, damit es jedem klar ist.
 

[2] Der verzweifelte Versuch, durch die Imitation von Horatios Gesten seine unglaubliche Coolness auszustrahlen... Tja, es kann nur einen geben. Und es gibt nur eine coolere Sau als Horatio Cane, äh Caine.

(Rätsel: Unter studivz.-lern auch unter dem Namen McCaney bekannt, wer ist das? Tipp: einfach „Cane“ im Wörterbuch nachschlagen und den Spitznamen [also nicht den Charakter selbst] mit Greys Anatomy in Verbindung bringen)

Geheime Pläne und eine Naschorgie

~You only waited up for hours

Just to spend a little time alone with me

And I can say I've never bought you flowers

I can't work out what they mean
 

I never thought that I'd love someone

That was someone else's dream~

(James Morrison, “You give me something”)
 

„Also ’nichts’ würde ich nicht sagen!“, warf Abby in die Runde, die sah, dass nun ihre Zeit gekommen war. „Wir haben zumindest den Anhaltspunkt, dass nicht noch irgendeine Leiche irgendwo herum liegt.“

Ohne vom Stuhl aufzustehen, stieß sie sich mit den Zehen ab und ließ sich näher zu dem Monitor rollen, den sie normalerweise für solche Fälle benutzten. Die Forensikerin schnappte sich die Fernbedienung und schaltete das erste Bild ein. Es war der Schriftzug an der Wand. „Genau wie die Flecken auf dem Fußboden ist das kein menschliches Blut, sondern Schweineblut. Leider hat die Täterin wohl auch dabei Handschuhe getragen, es gab nicht einmal einen verwischten Teilabdruck. Und zuviel Küchenpersonal, als dass wir die Möglichkeit hätten, sämtliche Gummihandschuhe aus dem Müll zu untersuchen, schon weil wir gar nicht wissen, ob sie überhaupt auf dem Gelände entsorgt wurden.“

„Das klingt nicht gerade sehr optimistisch, Abbs!“, bemerkte Gibbs.

„Ich weiß, aber jetzt kommt noch das Beste!“

Ein kurzes Klicken, dann entstand ein weiteres Bild. Die Fernbedienung für die Kühlraumtür, sowie ein weißerer Hintergrund auf dem auffällig geformte schwarze Bögen zu sehen waren: Fingerabdrücke. Diese nahmen zwei verschiedene Farben an und wurden dann auf unterschiedliche Hintergründe verteilt. „Auf dem Türöffner waren nur zwei verschiedene Daumenabdrücke, der eine ist vom Hausmeister, der andere von der Veranstalterin. Mit der Tür selbst haben wir noch mehr Glück, da sind ganze Handabdrücke zu finden allerdings von so vielen unterschiedlichen Personen, dass es eine Weile dauern wird, bis wir das alles bearbeitet haben. Dafür klemmte ein glattes brünett gefärbtes Haar zwischen dem Gehäuse der Druckfernbedienung und da war sogar noch eine Wurzel dran. Ich habe sie vorsichtig analysiert, das Erbgut war so gut wie unversehrt also muss das Haar relativ frisch sein. Weiblich, kein Treffer in der Militärdatenbank, aber es gab eine Übereinstimmung mit einer DNS, die ich selbst zusammengestellt habe.“

„Was meinen Sie mit ’selbst zusammengestellt’?“, fragte die Direktorin höflich, weil diese Ausdrucksweise nur schlecht auf etwas hinaus laufen konnte, das im legalen Bereich lief.

„Ich hatte vor ein paar Tagen zwei DNS-Sätze miteinander verglichen, um herauszufinden, ob Person A der Vater von Person C ist. Dann habe ich all die Allele, die mit den väterlichen übereinstimmten vom Computer subtrahieren lassen und die restlichen Informationen über das Erbgut separat gespeichert. Die dort vorhandenen Allele stimmen zu 99,99 Prozent mit der DNS in dem Haar überein. Ladies und Gentlemen... Dieses Haar stammt von der Mutter von Dorothea Caitlin Smith.“
 

~*+*~

Maria Santangelo war in den etlichen Jahren ihrer Dienstzeit als Krankenschwester zu verschiedenen Schlüssen gekommen. A) Dieser Job wurde einfach zu mies bezahlt um all das wieder gut zu machen, was man auf sich nehmen musste. Denn B) gab es nur zwei Arten von Patienten: die zuvorkommenden, mit denen man sich nett unterhalten konnte, die sich an ärztliche Anweisungen hielten und nichts ausgeflipptes anstellen. Und dann gab es noch die zweite Art Patient, die ihre Pfleger hassten und sich ständig ungerecht behandelt fühlten, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Zu dieser zweiten Gruppe zählten die Hypochonder, die Hysteriker, die Phobiker, die „Ich will einfach nur nach Hause“-Menschen und auch jene, denen man ganz unvermittelt gesagt hatte, dass sie sterben würden. Schwester Santangelo wusste auch, dass Menschen, die dem Tod von der Schippe gesprungen waren, eher zu der ersten Gruppe gehörten.
 

Aber noch nie war ihr ein Patient wie Ziva David untergekommen. Es war nahezu ein Wunder, dass diese Frau um eine OP herum gekommen war und nur mit leichtem Fieber davon kam. Man brauchte schon einen mörderischen Überlebenswillen dazu und es schien, dass sie von diesem Willen immer noch nicht los ließ.
 

Ziva David sprach nicht und sie aß nicht.

Seit sie das Bewusstsein wieder erlangt hatte, hatte sie sich lediglich so weit aufgerichtet, dass sie nun gerade in ihrem Bett saß (sogar die mobile Rückenlehne ihres Bettes war darauf ausgerichtet worden) und unerbittlich die Fensterscheibe anstarrte. Hätte diese Scheibe Gefühle, hätte sie schon längst Selbstmord begangen, denn niemand hielt einem solchem Blick länger stand.

Niemand traute sich wirklich in ihre Nähe, obwohl die Patientin sich nicht wehrte, wenn man ihr Blut abnahm, oder die Infusion austauschte. Sie bekam keine Kochsalzlösung mehr, sondern Nährstofflösung, weil sie das Essen, was man ihr brachte, nicht anrührte.

Mit anderen Worten, sie war eine lebende Leiche, aufgerichtet von inneren Groll.

Deshalb fragte Maria Santangelo sich auch, warum sie noch Mitleid mit dieser Person empfinden konnte, die so umgänglich wie ein Mensch im Wachkoma war. Sie hatte schon versucht Unterhaltungen anzufangen und nur einmal traf sie dabei der Blick ihrer Patientin. Der Ausdruck in den schwarzen Augen hatte ihr einen solchen Schreck eingejagt, dass Maria es seitdem gelassen hatte.

Vielleicht hätte ja jemand der dieser Frau nahe stand, etwas daran ändern können, aber es gab keinen Besuch bis jetzt, weder ihr Mann noch das kleine Mädchen, das so sehnsüchtig an ihrem Bett gewacht hatte, bis sie von ihrer Mutter abgeholt worden war.
 

Was Schwester Santangelo nicht erwartet hatte war, dass die Veränderungen noch in ihrer Schicht eintreten würden, und das mit einem Auslöser, den wohl niemand außer Mrs. David selbst verstand.
 

Sie war wütend auf sich selbst, nun, da es überstanden war. Wütend auf ihre eigene Dummheit. Wütend darauf, dass sie den letzten Hinweis nicht ganz zu entschlüsseln vermochte. Sie wusste, dass sie wusste, was es mit „ROSA“ auf sich hatte, aber sie konnte sich nicht daran erinnern. Wahrscheinlich weil sie sich ständig an andere Dinge erinnerte, die aber scheinbar bedeutungslos waren... Oder nicht?

Joshua..

Ari und sie als das explosive Duo.

Und dann noch dieser eine Satz...
 

Ziva hatte in ihrem ganzen Leben stets vermieden, sich zu viele Freundinnen zu machen. Denn Vertrauen war etwas, das sie sich nicht leisten konnte.

Aber eine Frau hatte sich trotzdem einfach in Zivas Leben gedrängt oder eher war gedrängt worden, mit den Worten ’Sie gehört ja jetzt zur Familie’. „Koala“ war nervig, redete eine Menge und war viel zu arglos um nicht schutzlos zu sein, aber ihre chaotischen Wesenszüge machten sie ungeheuer sympathisch. Und sie war zu durchschnittlich, um Ärger auf sich zu ziehen. Sie war es auch, die den Spruch pflegte: „Wenn irgendwas schief geht, gibt es nur eine Sache, auf die man sich verlassen kann: Zucker. Lass dir von der Süßstofflobby“ – deren Existenz mehr als fragwürdig war – „nichts anderes einreden. Nur Zucker ist das wahre!“ Und wenn der wahrscheinlich einzige Mensch, der 100g puren Kakao essen konnte ohne an einer Theobromin-Überdosis zu sterben [1] so etwas sagte, dann musste es auch stimmen.

Beim Gedanken daran musste Ziva schmunzeln, zum ersten Mal seit Stunden. Sie rief die Schwester. Wechselte ein paar Worte mit der offenkundig überraschten Frau. Und fünf Minuten später ließ man sie allein, das Krankentablett vollgestellt mit jeder Art von Nachtisch, die sie gerade vorrätig hatten. Und während die Verbindungsagentin anfing, das Keks-Eis von Ben und Jerry’s zu genießen, zückte sie ihr das Krankenhaustelefon und wählte die Vorwahl von Israel, dann die von Tel Aviv und letztlich die Nummer, die in ihrem Mobiltelefon mit dem Icon eines Koalabären abgespeichert war.

Tausende Kilometer und einen Ozean entfernt klingelte es.
 

„Ja, hallo? Hier ßukar.“ [2]

Eine männliche Stimme meldete sich auf englisch (wegen der amerikanischen Vorwahl ihres Telefons), mit starkem hebräischen Akzent. Im Hintergrund konnte man deutlich hören, wie „Big Girls“ von Mika mit beträchtlicher Lautstärke abgespielt wurde und die Israeli fragte sich ernsthaft, was wohl die konservativen Nachbarn von der Musik dieses aus dem Libanon stammenden Sängers halten mochten.

„Joshua? Ich bin’s Ziva.“

„Hallo, Cousine. Sieht aus, als hättest du die Nase noch nicht voll von den Amerikanern.“

„Nein, wohl offensichtlich nicht. Wärst du so nett, mir deine Frau an den Apparat zu geben?“

Joshua schien etwas gekränkt, gab aber widerstandslos nach. Kurz darauf meldete sich eine Frau, das Englisch weitgehend klar, leichter deutscher Akzent.

„Und, wie schmeckt die Karamell Panna Cotta?“

Ziva sah den weißen Sahnepudding an, in dem ihr Löffel gerade erst versunken war. Verdammt, was Nachtisch anging, schien diese Frau wirklich ein Esper zu sein.

„Bin noch nicht zum kosten gekommen. Hör zu, es gibt da etwas, was ich dringend brauche. Wie schnell kannst du liefern?“

„Sag mir, was du willst und wo du bist und ich finde den dir nächsten Anbieter. Ich lass die Rechnung dem Institut zukommen.“

Die Mossad-Offizierin lächelte und ihr Blick entsprach dem eines Scharfschützen, der sein Zielobjekt erfasst hatte. Auf „Koala“ konnte man sich eben verlassen.
 

~*+*~

Sieben Uhr morgens. Er hatte die Nacht kaum ein Auge zu gemacht auch ohne Kaffee – den er übrigens seit dem vorigen Abend nicht einmal anrühren wollte – und saß nun hinter dem Steuer, auf dem Weg zu dem Ort, der alles kaputt gemacht hatte. Egal, wie sehr Gibbs sich einredete, dass es ihm gut ging und dass sein abwesender Zustand im Moment kein Gefahr für den Straßenverkehr war (sein Reaktionsvermögen hatte ihn an diesem Morgen schon vor drei Unfällen bewahrt), die Fragen, die er sich gestern gestellt hatte fraßen ihn regelrecht von innen auf. Und zu ihnen gesellte sich noch das, was er von Abby erfahren hatte.

Es machte zwar irgendwie Sinn, dass Kates Mutter verantwortlich für die vielen Leichen in seiner Autopsiehalle war, schließlich würde sie definitiv die Gewohnheiten von Col. Smith kennen, aber welches Motiv hätte diese Frau?

Es ging sicherlich nicht um Kate, schließlich hat sie auf ihr Sorgerecht verzichtet UND darauf bestanden, nicht in der Geburtsurkunde des Mädchens verzeichnet zu werden. Was für eine Art Mutter wies die eigene Tochter von sich und brachte deren Vater um, sowie seine schwangere Ex-Freundin? Das klang verdächtig nach Eifersucht, aber dazu war das Vorgehen zu methodisch.

Rache?

Das schien das wohl einzig logische.
 

Das Problem an ihren Ermittlungen war, dass es keine Ermittlungen mehr gab. Keine neuen Ansätze. Sie konnten nur noch die einzelnen Hinweise durchgehen, die sie schon gesammelt hatten.

Das war nicht Gibbs’ Aufgabe und so sah er sich einer Herausforderung gegenüber, vor der er sich schon zu lange gedrückt hatte.
 

Es musste schon einiges passieren, damit Leroy Jethro Gibbs verunsichert war und dieser Moment war einer von denen. Er hatte keine Ahnung, was er ihr sagen sollte, geschweige denn, was sie als Antwort akzeptieren würde. Ziva war nicht unbedingt eine einfache Person, wenn sie auch nicht anspruchsvoll war. Aber er hatte keine Ahnung, wie er ihr erklären sollte, dass er seine Gründe dafür hatte, sie nicht besucht zu haben. Oder ob sie einer Erklärung überhaupt zuhören würde. Frauen waren da manchmal sehr eigen. Blieb nur die geringe Hoffnung, dass keine Erklärung vonnöten war. Immerhin waren sie beide Profis, wer könnte besser verstehen als sie, dass er erst der Arbeit den vorrang geben würde?

Schwaches Argument, wirklich schwach.

Manchmal hasste er sein Pflichtbewusstsein. Manchmal hasste er seinen Job. Der einzige Vorteil war, dass seine Dienstmarke ihm mühelosen Eintritt in das Krankenzimmer gewährte, egal, ob Besuchszeit war oder nicht.
 

Männer mochten es vorbereitet zu sein. Und besonders Jethro hasste Überraschungen. Deshalb hatte er in dem Moment, in dem er die Tür zu Zivas Zimmer öffnete auch schon einige Antworten im Kopf für die Fragen, die ihn erwarten mochten.

Anstatt Fragen empfing ihn ein kühler Luftzug.

Das Fenster stand weit offen, das Krankenzimmer schien verlassen, bis auf einige leere Packungen und Schüsseln mit Süßkram. Ziva war eindeutig eine Frau, die einen unangenehme Überraschungen bereitete, ob man nun wollte oder nicht. Gibbs unterdrückte das Bedürfnis zu fluchen, und zückte schon fast unbewusst sein Handy, wählte über den Kurzwahlspeicher Zivas Nummer.

Freizeichen. Gut, das bedeutete, sie hatte ihr Handy nicht aus...
 

“~Can you feel it?

Coming over us now.

‘Cause I can breathe it

And it’s tutrning everything around…~”
 

Was zum...

Gibbs kannte den Song nicht – wie auch? Stammte er doch von einer deutschen Band, die sich in Israel größter Beliebtheit erfreute, eine Liebe, die von den Söhnen Mannheims erwidert wurde – aber die Qualität der Wiedergabe ließ auf einen Klingelton schließen. Und er war überrascht von dem Musikgeschmack der Israeli.

Die Quelle war unter der Decke des Krankenbetts, wo das Handydisplay weiß aufleuchtete und erst wieder erstarb als er auflegte. Die Aufschrift verkündigte ’Missed Call: Jethro’.

Missing Person wäre wohl treffender gewesen.

Sie war weg. Einfach so.

Sie würde nie während einer laufenden (in diesem Falle eher kreuchenden) Ermittlung einfach das Weite suchen...

Dann erst hörte er das Geräusch der Dusche. Ein beliebtes Ablenkungsmanöver um zu flüchten, aber Gibbs musste einfach sicher gehen. Hoffte insgeheim, sich nicht in ihr getäuscht zu haben. Ein tief dunkelbraunes Augenpaar fixierte ihn halb interessiert, so wie er die Badtür aufgerissen hatte.

„Was. Zum Teufel. Tust du. Da!“ Der Special Agent brachte seine Worte nur stoßweise heraus, bei dem merkwürdigen Anblick, der sich ihm bot. Ziva saß in der Bodenwanne der Dusche, komplett bekleidet und nass bis auf die Knochen.

„Ich denke nach.“

„Hier?“ Seine Stimme zeugte von halbem Entsetzen, dabei verlor er so gut wie nie die Beherrschung.

„Es ist der einzige Ort, an dem es nicht so steril riecht. Ich habe versucht, das Fenster auf zu machen, aber das hat auch nichts geholfen.“

„Du holst dir noch den Tod!“

„Siehst du, genau das verstehe ich nicht. Müsste es nicht heißen, ’dich holt noch der Tod’? Bei all den Märchen über den Sensenmann ist es doch unwahrscheinlich, dass man selbst zu ihm geht und ihn mitnimmt.“

Er konnte es nicht fassen. Nach allem, was passiert war, das sie durchmachen musste, hatte sie nichts besseres zu tun, als sich mit ihm über GRAMMATIK zu streiten? Gibbs hatte große Lust, ihr genau das an den Kopf zu schleudern, aber ihr plötzliches Lächeln hielt ihn ab. Sie lehnte sich zurück, ließ die zu einem sanften Prasseln gedrosselten Wassermengen auf sich herab rieseln.

„Man hat fast das Gefühl, als würde es regnen. Ich mochte den Regen schon immer, seit ich klein war. Er hinterließ die Luft immer so ungewohnt frisch, fast als wäre einem eine ganz neue Welt geschenkt worden. Der Geruch von Regen ist der Geruch von Veränderung.“

Ohne noch einmal drüber nach zu denken, legte er seine Uhr und sein Handy ab, auf den Rand des Waschbecken, schlüpfte aus seinen Schuhen und setzte sich neben Sie. Sie hatte Recht. Es beruhigte ungemein, wenn man einmal die erste Unbehaglichkeit wegen der Nässe überwunden hatte.

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“

Nachsichtig strich der Ältere ihr eine Strähne aus der Stirn, die dort hartnäckig klebte.

„Ich weiß. Das war nicht meine Absicht, glaub mir. Ich musste an dich denken... da drin.“

Ihm fiel auf, dass die Israeli die Worte ’es tut mir Leid’ zu vermeiden versuchte. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass sie das nur tat, wegen dem was er ständig predigte und nicht weil sie es auch so meinte. Deshalb war er es, der die Worte zuerst benutzte.

„Es tut mir Leid. Ich hätte es früher bemerken sollen.“

Das war schon die zweite Entschuldigung von ihm innerhalb von 36 Stunden und Ziva begann sich langsam zu fragen, womit Sie das verdient hatte, dass er ihr so vertraute und offen seine Schwäche zeigte. Es ehrte sie, aber es war auch ungewohnt. Beschämt von dieser Ehre, winkte die Israeli ab: „Nein, das war mein Fehler. Ich hätte dir Bescheid sagen sollen, dass ich etwas verdächtiges gefunden hatte, sobald ich die Spuren auf dem Fußboden sah. Das war unprofessionell.“ Jetzt erst hörte man die Frustration und die Wut auf sich selbst heraus, die sie schon die ganze Zeit beschäftigte.

„Du musstest sicher gehen. Ziva, du hast absolut richtig gehandelt, dir kann man keinen Vorwurf machen.“

Sie blickte ihren Boss wenig überzeugt an. Durch die Nässe war sein Haar wieder dunkler und ließ ungefähr den Farbton erahnen, den es gehabt haben mochte, bevor er zum NCIS ging. Trotzdem wirkte er kaum jünger, aber das war Ziva egal. Sein Alter stand ihm. Umso härter war es, dass sie ihn angelogen hatte, ihn, der normalerweise jede Lüge durchschaute und Schuld auf einer Entfernung von zehn Meilen riechen konnte. Ihr war regelrecht schlecht deswegen... was wohl auch an dem Sprint über das gesamte Gelände und um zwei Häuserblocks mit vollem Magen und einer gehörigen Menge Zucker im Blut lag, ganz zu schweigen von dem Wiedereinstieg durch das offene Fenster, das für das Erdgeschoss ziemlich hoch hing. Den Blutzucker hatte sie weitgehend durch das Rennen abgebaut und das Wasser auf ihrer Haut beruhigte und dämpfte die Übelkeit.

Wenigstens hatte sie jetzt das Päckchen.

Vielleicht würde sie es nicht brauchen, aber für den Fall, dass doch...
 

„Jethro?“

„Hm.“

„Lass uns durchbrennen.“

Er dachte, er hatte sich verhört. Aber ihre bittenden Augen ließen keinen Zweifel an der Bedeutung der Worte. Sie bat nie um etwas, außer, wenn sie mit zuckersüßer Miene McGee für ihre Zwecke einspannen wollte. Das hier war etwas anderes. Es war ihr ernst.

„Du meinst mit Vegas und allem?“

Er war sich nicht ganz sicher, ob er schon eine fünfte Ehe riskieren wollte, selbst mit ihr. Andererseits, die Ringe hatten Sie ja schon.

„Vegas? Was willst du denn im Casino? Ich spreche davon, die Undercover-Sache abzubrechen. Wahrscheinlich bin ich ohnehin schon aufgeflogen, also lass und weg hier und Urlaub einlegen. Die Toskana soll in dieser Jahreszeit sehr schön sein.“

/Klar. Sie hat nicht im geringsten ans heiraten gedacht. So wie es aussieht, weiß sie nicht mal, dass Las Vegas für seine Drive-In- Ehen bekannt ist./, schalt der Agent sich selbst.
 

„Sicher. Ich hatte auch schon daran gedacht, dich von der Sache abzuziehen. Ich werde Evelyn in unsere bisherige Ermittlung einweihen, dann wird sie vielleicht etwas kooperativer.“

Gibbs wollte schon aufstehen, wurde aber von seiner Agentin zurück gehalten.

„Und wie wirst du ihr erklären, warum du pitschnass bist? Du solltest wenigsten deine Sachen vorher trocknen lassen.“

„Ich habe noch Wechselsachen in unserem Zimmer.“

Ziva rollte mit den Augen, als er aufstand und das Wasser ausmachte. Männer. Konnten einfach nicht zwischen den Zeilen lesen.
 

Wenige Minuten und etliche nasse Fußspuren auf dem Gang später schlichen sie sich in ebendiese Räumlichkeiten. Natürlich hatte Ziva noch einen Zettel hinterlassen, auf dem sie mit höflichen Worten Gründe für ihre Selbstentlassung aus ärztlicher Obhut aufzählte, wenn sie dabei auch ein missmutiges Gesicht gemacht hatte, obwohl Jethro die Gründe für ihren Missmut nicht verstanden hatte. Und natürlich wich sie aus, wenn man sie danach fragte. Frauen!

Und hinzu kam, dass sie völlig unerklärlicherweise hinter ihnen abschloss und dabei fragte: „Meinst du, die haben hier noch genügend warmes Wasser?“

„Warum? Du kommst doch gerade erst aus der Dusche.“

Die Israeli hob bedeutungsvoll eine Augenbraue.

Und plötzlich dämmerte es ihm.
 

Gibbs erwiderte das verschwörerische Grinsen, blickte in Richtung Bad: „Wir müssen ohnehin dringend aus den nassen Klamotten.“

„Ganz dringend!“, pflichtete Ziva ihm bei.
 

Die nächste halbe Stunde würde keiner von ihnen ans Handy gehen.

---

[1] Theobromin ist das Coffein des Kakaos... und das, was man als „Tein“ (Das Coffein des Tees...) bezeichnet ist übrigens Theophyllin, das in geringen Mengen in den Blättern von schwarzem und grünem Tee vorkommt. Ich sage das, weil so was kein Mensch wissen kann, das aber notwendig ist, wenn man z.B. Antibiotika nimmt. Also passt auf, bei den Nebenwirkungen mit anderen chemischen Substanzen, kann da schon mal Theophyllin stehen, da alle drei Alkaloide aber eine ähnliche Wirkung besitzen, würde ich auch die Finger von Kaffee, Cola und Kakao lassen.

[2] Nachname. Leider gibt es keinen Großbuchstaben von ß. ßukar = Zucker *g*

Der Revolvermann (übersehen)

~ aliene geisteskrank

insane

elnebajos vansinnig fou

atamagoakashii gek dolzinnig

hullu

gila

meschugge nebun

dement~

(Das Wort irrsinnig in 14 verschiedenen Sprachen, aus „Puls“ von Stephen King)
 

Ihre Haare waren noch nass, als Gibbs sich schon wieder auf den Weg gemacht hatte, um Evelyn Denton mitzuteilen, wie lange der NCIS schon in ihren Kreisen ermittelte und welche Gründe es dafür gab, in der wagen Hoffnung, die Veranstalterin könne ihnen weitere Auskünfte geben, zum Beispiel ob es noch andere Exfreundinnen von Smith gab, von denen sie nichts wussten. Ziva bezweifelte es irgendwie und solange sie nichts weiter tun konnte als auf die Rückkehr ihres Schein-Ehemanns zu warten (und den darauffolgenden Urlaub, den er versprochen hatte) ging sie die Informationen durch, die man in den Stunden als sie eingesperrt war gefunden hatte. McGee hatte ihr freundlicherweise die ’Tatortfotos’ gemailt.

Der Anblick dieses Raumes, der Kacheln auf denen sie gelegen hatte, ihrer Fingerabdrücke auf der Innenseite der massiven Stahltür... es ließ die Israeli nicht ganz kalt, aber sie konnte sich von ihrer Irritation nicht stören lassen.

Worauf sie vor allem ihre Gedanken konzentrierte, war dieses eine Bild, das mit dem blutigen Schriftzug.
 

ROSA.
 

Gedankenverloren ließ sie eine kleine Glasphiole zwischen ihren Fingern kreisen, sie war nur eine von zweien; der Inhalt des Pakets, das sie abgeholt hatte.

Es vergingen Minuten, bis das Spiel mit der Viole abrupt aufhörte und Ziva hätte den kostbaren Besitz fast fallen gelassen, als sie sich erinnerte.
 

~*+*~

„j.
 

TULL
 

I WILL SHoW YOU FEAr In A HANDFUL OF DuST
 

P.S.: e
 

’ Im Land der Erinnerungen ist die Zeit immer das Jetzt. Im Königreich des Vergangenen ticken die Uhren, aber ihre Zeiger bewegen sich nie Es gibt eine nichtgefundene Tür (o verlorene) und das Gedächtnis ist der Schlüssel, der sie öffnet.’
 

P.P.S: d b/f”
 

Es war perfekt. Die drei Briefe waren eine optimale Einheit, jeder von ihnen korrekt entschlüsselt und mehr noch: die Symbole auf der Leiche der schwangeren Sharon Rowland bestätigten die Bezüge zu Stephen Kings Chronik...

„Passt, wackelt und hat Luft“, wie ihr Dad zu sagen gepflegt hat, auch wenn die Erinnerung an in, nun, da Fornell ihr ständig nahe war, besonders schmerzte. Tobias Fornell, Mörder und Petze. Tony hatte mehrmals versucht, mit ihr darüber zu reden, dass Fornells Absichten ihr gegenüber durchaus keine bösartigen waren, was nur eines bedeuten konnte: DiNozzo wusste von ihrem Vater.

Wenn Luke die Direktorin des NCIS schon nicht ausstehen konnte, der Hass, den sie auf Fornell hatte stellte das noch in den Schatten. Umso eifriger war Lukretia, was ihren Job betraf, allein die Genugtuung, raffinierter zu sein als das FBI war Inspiration genug.
 

Wie also passte ROSA ins Bild?
 

Luke wusste, sie war die einzige, die wohl ebensoviel Trivialliteratur las wie die Mörderin, die sie suchten, aber die Aufgabe, die man ihr gestellt hatte, war schlichtweg unmöglich. Die Bedeutung eines einzigen Wortes zu entziffern – das war eine Arbeit, die nur der Verstand eines Menschen bewältigen konnte, aber wie sollte man das realisieren, wenn das Gehirn nicht die Speicherkapazität eines Computers besaß? Selbst wenn sie es auf die Chronik des dunklen Turms beschränkte, so konnte sie nicht jedes einzelne Wort des siebenteiligen Bücherzyklus rekapitulieren... Es war ohnehin eine Weile her, dass sie sie gelesen hatte.

/Fangen wir also von vorne an... Die drei Botschaften bilden einen perfekten Brief, mit Anrede, Nachwort, dem Nachwort des Nachworts. Die Anzahl der Buchstaben in den Nachwortzeilen gibt den Buchband an, auf den man sich bezieht, die Buchstaben selbst liefern einen Hinweis auf die Lösung des Codes. TULL war der Name der Stadt, die der Revolvermann im ersten Band gnadenlos auslöschte, der Name steht direkt unter der Anrede, zusammen mit dem Rachemotiv...Kann es sein?/

Der jungen Polizistin mit dem auffälligen Namen und dem noch auffälligerem Augenpaar wurde plötzlich klar, dass die Botschaften, die sie vor sich hatte, nicht an die Obrigkeit gerichtet waren, sondern an das letzte Opfer selbst. Wurden dem Revolvermann etwa seine Taten vorgeworfen? Ein ganzes Jahr war vergangen seit dem Zeitpunkt an dem Alecia Skywalker-Caine sich durch den gewöhnungsbedürftigen ersten Band gekämpft hatte [1] und das einzige, was in ihrem Hirn noch hängen geblieben war, waren die langsamen Mutanten, die Opferung des Jungen und nicht zu vergessen einige der durchgenalltesten Bewohner Tulls. Ein Aufschrei der Verzweiflung war geboren.

/Warum kann mein Hirn nicht Google sein?/

Luke guckte skeptisch zu ihrem Computer. Es würde sie nur ein paar Sekunden ihrer mit Grübeln verschwendeten Zeit kosten, also was machte es schon? Sie rief Google auf, tippte Tull ein und wartete.

Es war erstaunlich, was dabei heraus kam. Man hätte es für einen Zufall halten können, aber sobald sie es sah, erinnerte sie sich auch wieder: dieser letzte Hinweis, er war nicht im ersten Band erwähnt, sondern im sechsten Band, auf den der letzte Zettel sich bezog. Die Briefteile bildeten einen Zyklus, so wie das Buch selbst.
 

Luke kannte das Opfer, die Identität des Revolvermanns. Hatte sie schon die ganze Zeit gewusst und die Frage nach dem „Warum er!“ verblasste vollends unter der Schwere dieser Wahrheit.
 

Die erste Seite, die Google gefunden hatte, enthielt Informationen über eine wohl bekannte Rockband.

Sie trug den Namen Jethro Tull.
 

~*+*~

Kaum dass sich ihre Idee gesetzt hatte, wollte Ziva sie schon verwerfen. Bis ihr Handy piepte.

Die Nachricht, die Luke ihr gesendet hatte, lautete simpel:
 

„j. tull = jethro tull.“
 

Im ersten Moment sagte ihr die Botschaft gar nichts. Sie öffnete am Laptop die Bilddateien der eingescannten Zettel, die man in den ersten drei Opfern gefunden hatte. Das J stand im Briefkopf, der Anrede.

Ihr fiel wieder ihre und Lukes Theorie dazu ein, dass der Mord Smith nur eine Ersatzhandlung für den Mord an dem Revolvermann war. Und wie sie bei der Autofahrt zum Tatort Gibbs mit Roland Deschain verglichen hatte:
 

„Roland Deschain ist ein Revolvermann, einer der letzten übrigens, der ihnen übrigens gar nicht mal so unähnlich sehen muss. Groß, übertrieben ernst und akkurat, aber tödlich. Auf wen er schießt, der stirbt auch. Bereits etwas älter, mit ergrauenden Haaren und eiskalten blauen Augen von der Farbe verwaschener Jeans, der auf seiner Suche nach den Turm praktisch alles aufgeben würde, was ihm lieb und teuer ist, bis auf die letzten Menschen, die ihm noch nahe stehen...“
 

Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, wie recht sie damit hatte. Und es ergänzte perfekt, was sie über ROSA wusste. Im Nachhinein betrachtet machte alles Sinn.

Es waren Gibbs’ Exfrauen gewesen, die zuerst gestorben waren. Er war derjenige, der diesen Fall bearbeitete. Smith hatte fast dasselbe Alter, entsprach vom Typus her ungefähr Gibbs: lebte zurückgezogen, hatte kaum Freunde und wäre für seine Tochter gestorben.

Sie hätten von vorn herein im Umfeld ihres Bosses nach der Mörderin suchen müssen.
 

~*+*~

„Was meinst du damit, dass die beiden zurück kommen müssen? Sie sind auf einer Undercover-Mission, wir können sie nicht einfach abziehen, außerdem bin nicht ich der Boss hier, wenn du das mal nicht vergisst!“

Alecia drehte fast durch. Nicht nur, dass Tony sich stur weigerte ihr zuzuhören, es ärgerte sie immer noch, dass sie die erste Botschaft nicht vollständig entschlüsselt hatte.

„Aber ich weiß, wer das letzte Opfer ist. Es ist...“

Noch in dem Moment, als sie diese Worte sprach, redete sie sich innerlich ein, dass sie die Verbindung gar nicht hätte heraus finden können, „Jethro Tull“, das war einfach nicht ihre Zeit gewesen, sie war eher ein Kind der Generation von...

„Harry Potter!“, rief sie plötzlich aus, einem gewaltigen Gedankensprung folgend.

Jeder im Raum starrte sie an.

„Das letzte Opfer ist Harry Potter?“, wiederholte Tony ungläubig.

“Nein, Stephen King hat im Fünften Band des Zyklus eine Waffe namens „Schnaatz“, Modell Harry Potter eingeführt, so als Insiderwitz. Die Schnaatze sind Waffen der Wölfe der Calla und in eben dieser Calla trifft der Revolvermann auf Rosa. ROSA ist eine Person, in der Logik der Killerin entspricht sie Ziva.“

Es stellte sich heraus, dass die Ungläubigkeit des Teams noch Steigerungsformen besaß.
 

Ihr Handy piepte.

Sie hatte eine SMS als Antwort erhalten, die aus ebenso wenig Worten bestand:

„rosa = rosalita munoz“

Langsam hob Alecia den Blick vom Display.

„Sie weiß es schon.“
 

~*+*~

Es gab Momente im Leben, die einfach zu absurd waren. Die Rolle, die die kranke Logik der Mörderin ihr zugewiesen hatte, entsprach viel mehr dem tatsächlichen Verhältnis zwischen ihr und Gibbs als die Täterin wohl selbst geahnt hätte.

Denn Rosalita Munoz war die letzte Lebensgefährtin des Revolvermanns gewesen, kaum mehr als eine Affäre zwar, aber von demselben Kaliber.

Und das würde eine ganz bestimmte Frau bald zu spüren bekommen. Die Israeli rannte bereits, das Handy an ihren Ohren. Nach langem Klingeln nahm die Mailbox ab, dabei hatte sie doch nur Minuten zuvor noch mit Gibbs gesprochen. Sie kam endlich an dem Ort an, wo sie ihn vermutete.

Die Tür war abgeschlossen.

Ziva hielt die erste Phiole in die Luft, betrachtete das farblose Gelee darin (viel war es ja nicht) und zertrümmerte das Glas vorsichtig zwischen Türzarge und Tür, auf der Höhe des Schlosses. Die zweite Phiole enthielt die dunkelblaue Flüssigkeit und wurde einige Zentimeter höher zerbrochen. Der Inhalt floss hinunter und entfärbte sich, sobald er in Kontakt mit dem gallertartigen Material kam, Salz kristallisierte aus, das noch an seinem Entstehungsort kleben blieb, während die restliche Flüssigkeit weiter nach unten floss.. Ansonsten passierte nichts.

Blieb nur noch zu warten, so lange, bis die trockene Altweibersommerluft das Salz ausreichend getrocknet haben würde. Innerlich wurde sie fast wahnsinnig vor Ungewissheit, aber nach außen hin blieb sie eiskalt.

Nach wenigen Minuten fruchtlosen Wartens, beschloss Ziva, dass es nun genug sein müsse und trat so viele Schritte zurück, wie sie nur konnte und zog ihre Waffe, die sie geistesgegenwärtig mitgenommen hatte. Sie zielte auf die Stelle, wo die beiden Reagenzien aufeinander getroffen waren.
 

~*+*~

Gibbs war noch immer etwas benommen. Man hatte ihn grundlos angeschossen. Der Durchschuss in seinem Bein schmerzte zwar höllisch und blutete dementsprechend, aber selbst das war noch harmlos angesichts all der sinnlosen Anschuldigungen, mit denen er plötzlich konfrontiert wurde. Er war zu Boden gesunken an dem Regal gegenüber der Tür. Genau jetzt befand der Special Agent sich auf Augenhöhe mit Tot. Schwarz. Drei. Glas. Wolfsmond. Susannah. Aber das Buch, was ihm am nächsten war, war ironischerweise „Der Turm.“
 

(Sie standen, bleiche Schemen, in der Runde,

Des Endes harrend, starrend unverwandt

Der Opfer jüngstes an. Im Flammenbrand

Sah und erkannt’ ich all’ in dieser Stunde,

Doch keck führt ich mein Hifthorn hin zum Munde

Und blies: »Zum finstern Turm kam Herr Roland!«)
 

Machte eigenartigerweise gerade genug Sinn, um einem eine Gänsehaut zu verpassen. Und das war sicherlich nicht ungewöhnlicher als Evelyn Denton mit einem Revolver in der Hand.

„Evey, leg bitte die Waffe weg. Das hat doch keinen Sinn. Lass uns einfach drüber reden...“

„Reden? Wozu, du hörst mir doch ohnehin nicht zu. Du hörst NIE zu, Jethro, aber dieses eine Mal wird dir wohl keine Wahl bleiben.“

Das entsprach fast genau dem, was ihm Exfrau #2 und #3 vorgeworfen hatten, kurz bevor er eines mit dem Golf- bzw. Baseballschläger übergezogen bekommen hatte. Das konnte ja noch ein toller Tag werden!

Der Türknauf rüttelte, aber Denton bemerkte es nicht, dabei stand sie genau zwischen der Tür und ihrem massiven Schreibtisch, von dem Gibbs hoffte, er würde die Kugel abfangen. Sie hatte sich geistig ausgeklinkt, war in ihrem eigenen Universum aber ihre Hände hatten nach dem ersten Schuss ziemlich zu zittern angefangen. Ihre Augen sprachen von Fanatismus. Und er bereute zutiefst, dass es ausgerechnet seine Idee gewesen war, dass sie das Büro abschloss, damit sie ungestört reden konnten. Und als wäre das nicht genug, hatte er seine Waffe vergessen, dabei vergaß er die nie. Er wägte die Chancen ab, sich mit seinem Messer zu verteidigen, aber ein Agieren seinerseits würde nur dafür sorgen, dass diese Irre anfing zu schießen. Deshalb hatte er nicht mal nach seinem Handy langen können als es klingelte, obwohl er seiner Exfreundin versichert hatte, dass es viel verdächtiger war, wenn er nicht abnahm. Es war ihr egal, scheinbar scherte sie sich nicht darum, welche Strafen ihre Taten zur Folge hatten. Ihr eigenes Leben schien ihr wohl nicht mehr wichtig zu sein. Und genau das war der gefährlichste Zustand von allen.
 

„Weißt du, John war genauso. Das letzte warum er sich gekümmert hatte, war ich, alles war ihm wichtiger gewesen, seine Arbeit, seine Zukunftspläne. Selbst diesem widerlichen schreienden kleinen Bündel schenkte er mehr Aufmerksamkeit als mir. Aber ich habe es ein für allemal satt gehab, auf eure Gnade angewiesen zu sein. Und jetzt, auf einmal... verhält es sich genau anders herum, nicht wahr?

Ihr habt geglaubt, ihr könntet mich einfach ersetzen, durch diese jungen Dinger, aber auch dem habe ich ein Ende gemacht. Du wirst deine kleine Rosa nie wieder sehen. Sag der Welt Lebewohl, Revolvermann.“
 

Gibbs hörte weder das erste, noch das zweite Klirren von draußen und das Geräusch des Schusses würde übertönt von dem Knall der Explosion, die darauf folgte. Die Wärme, die dadurch frei gesetzt wurde, drang kaum bis zu ihm vor, aber die Wucht reichte aus, um Evelyn gegen den Schreibtisch zu schleudern. Ein Schuss löste sich aus dem Revolver bevor er neben Gibbs zu Boden fiel. Die Kugel würde wenige Stunden später aus dem Boden gepult werden.

Als Denton sich kurz darauf aufrappeln wollte, blickte sie in den Lauf einer 22.er Beretta, die von einer äußerst unerfreuten Israeli gehalten wurde.

„Wenn ich du wäre, würde ich lieber liegen bleiben!“
 

~*+*~

Dank Alecias schnellem eingreifen, war der NCIS etwas mehr als eine dreiviertel Stunde [2] später vor Ort, wo man eine mit Paketband an ihren Schreibtisch gefesselte Veranstalterin in Zivas und den eigenen Boss lauthals protestierend in ärztlicher Obhut vorfand. Evelyn Denton wurde frei geschnitten und abgeführt, ihr Büro als letzter Tatort abgesichert. Natürlich hätte Ziva ihr auch nur Handschellen anlegen können, aber das hätte nicht so viel Spaß gemacht.

Und auch wenn Gibbs Oberschenkel nun ein beachtlicher Verband zierte, ließ er sich nicht die Würde nehmen, seinem Team weitere Anweisungen zu geben.
 

„Du musst ja wirklich einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen haben, wenn sie dich all die Jahre lang so gehasst hat.“, bemerkte Ziva in einem ruhigeren Moment.

„Irgendwie habe ich diese Wirkung auf Frauen.“

„Und ich musste dir schon wieder das Leben retten.“

„Nicht, dass das noch zur Gewohnheit wird.“

Beide grinsten. Und genau diesen Moment suchte Tony sich aus, um sich nach dem Zustand seines Bosses zu erkundigen. Welcher, so wie es aussah, die nächsten Wochen wohl an Krücken laufen würde, das hieß: Keine Außeneinsätze. Und ein Eintrag in die Krankenakte mehr.

„Abby hat an dem explodierten Türschloss Rückstande gefunden von Glassplittern, Ace... Acetü...“

„Acetylen, gebunden in Kieselgur. Wird in größeren Mengen zum Schweißen verwendet. Außerdem noch Reste von Tetraaminokupfer(I)-chlorid, nicht wahr?“, ergänzte Ziva - ohne auf die Aufzeichnungen zu blicken, wohlgemerkt – die Worte, die vorzulesen Tony nicht imstande war. „Ja, woher weißt du das?“

Die Schwarzhaarige hielt stolz ihre Handfläche hoch, an der einige Schnitte zu sehen waren. Die Wunden hatte man schon gereinigt, der Verband würde gleich noch folgen. „Die Zersetzung von Ethin oder auch Acetylen genannt wird durch Kupfer- oder Silberionen beschleunigt, bei Kontakt entstehen instabile Schwermetallacetylide, die bei einer Temperatur von über 140° Celsius oder durch Druck explodieren.[3] Es erschien mir der einfachste Weg, schnell eine verschlossene Tür aufzubekommen.“

„Ich frage lieber nicht, wie du an das Zeug herangekommen bist...“

„Ja, das erscheint mir klug, Tony.“

„Aber wie bist du ausgerechnet auf Denton gekommen?“

„Nachdem Luke mir die Nachricht geschickt hat, dass Gibbs das letzte Opfer sein sollte, fiel mir wieder ein, dass ich all die Bücher, auf die sich die Nachrichten der Mörderin bezogen, in Evelyn Dentons Büro gesehen hatte, bei dem Einführungsgespräch zu dieser Veranstaltung. Und da es jemand ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht für nötig gehalten hat, zu erwähnen, dass er mal eine Affäre mit eben dieser Person hatte...“ Ziva ließ den Satz als Kritik unbeendet im Raum stehen, fixierte dabei aber eindeutig Gibbs.

Und wie DiNozzo feststellte, beschwerte der Boss sich nicht mal über dieses Stochern in seiner Privatsphäre... dabei war das nicht einmal das einzig merkwürdige.

„Sagt Mal, habt ihr etwa zusammen geduscht?“, platzte die Frage aus dem dienstältesten Agent raus, dem die noch feuchten Haare seines Vorgesetzten und seiner Partnerin auffielen, besonders, da sich Holzsplitter von der explodierten Tür darin fest gesetzt hatten.

Beide erstarrten.
 

~*+*~

Normalität hatte eine ungeheure Macht. Sie stellte sich schneller wieder ein, als man es erwartete, sofern man sie nicht erzwang. Durch die Einbeziehung der Morde an Gibbs Exfrauen im schönen Staate Florida wurde das alles doch noch zum FBI-Fall, sodass Fornell trotz gewonnenem Machtkampf als Verlierer mit einem Riesenstapel Akten zurück nach Langley fahren durfte, wobei er überraschenderweise von Luke begleitet wurde. Nicht, dass sich etwas an ihrer Einstellung ihm gegenüber geändert hatte, aber ihre Mom war gerade dabei, Fornells Besuchsrecht für Emily vor Gericht zu erweitern. Da Emilys Mutter das erste Opfer dieser Mordreihe gewesen war, stand Tobias nun das alleinige Sorgerecht zu.

Alecia hatte sich bereit erklärt, für die Dauer des Prozesses auf das kleine blonde Mädchen aufzupassen. Denn im Gegensatz zu deren Vater war sie ganz verrückt nach Emily. Schließlich träumte jedes Mädchen von einer kleinen Schwester. Und Paula wollte noch ein wenig mit Kate in den Urlaub fahren, bevor sie das Kind wohl oder übel der Jugendfürsorge überlassen müsste.

Das Schlachtfeld war geräumt, die Wogen vorerst geglättet.
 

„Und, hast du die Direktorin schon um Urlaub gebeten?“, hakte Ziva nach, als Gibbs am nächsten Morgen aus Director Shepards Büro gehumpelt kam. Seine momentane Kondition hatte den unleugbaren Vorteil, dass er sich nicht mehr von hinten anschleichen konnte, was Tony und McGee wiederum für eine epochale Schnipsgummischlacht nutzten, kein Wunder also, dass Ziva die Büroräume vorerst mied.

„Nein, noch nicht. Aber du siehst auch nicht gerade aus, wie jemand, der in Urlaubsstimmung ist. Was ist los?“

„Mein Cousin hat angerufen. Sein Sohn Ismael feiert nächste Woche seinen ersten Geburtstag und er möchte gern, dass ich dabei bin. Ich hatte das ganz vergessen.“

„Du willst nach Israel? Obwohl du glaubst, dass dein Vater dich dann nicht wieder zurück lässt?“

„Er wird davon gar nichts erfahren. Er ist ohnehin zu beschäftigt, um selbst zu erscheinen, er hat es ja nicht mal zu meinen Geburtstagen geschafft. Und ich kann nicht absagen, ich war schon zu seiner Beschneidung nicht dabei. Ismaels Mutter rief an meinte zwar, sie würde das verstehen, fing dann aber urplötzlich an zu weinen. Du hast keine Ahnung, wie unwohl mir war, als ich aufgelegt habe.“

Er seufzte. Manchmal vergaß er einfach, dass es Menschen gab, die noch ein Leben und vor allem Familie außerhalb der Arbeit hatten. Ganz im Gegensatz zu ihm. Gibbs wusste, wie es war, einsam zu sein und wünschte es niemandem, dieses Gefühl kennen zu lernen. Deshalb konnte er nicht nein sagen.

„In Ordnung, aber beeil dich, damit wir den Urlaub nachholen können, sobald ich wieder gut zu Fuß bin.“

Sie dankte ihm mit einem Lächeln und einem Kuss.

„Es sind ja nur sechs Tage.“
 

Sechs Tage, die wie in Zeitraffer vergingen, ohne jede Art von Kommunikation.

Und ohne Rückkehr.
 

Der Mossad verteidigte sich, ihre Offizierin sei nie bei ihnen aufgetaucht und weigerte sich, die persönlichen Daten ihrer Verwandten preis zu geben.

Die Fluggesellschaft hatte ihren Namen auf keiner der Listen finden können. Selbst wenn sie unter falschen Namen geflogen war, gab es quasi keine Möglichkeit herauszufinden, wo sie war. Ihr Handy war ausgeschaltet, also bestand weder die Option der Kommunikation noch die Aufspürung per GPS.
 

Und was die Mails betraf, ihr Mailaccount schien gelöscht worden zu sein.

„Return to Sender“.
 

Als hätte sie nie existiert.
 

~This is the way you left me

I’m not pretending

No hope, no love, no glory

No happy ending
 

This is the way that we love

Like it’s forever

Then live the rest of our lives

But not together~

(Mika, “Happy Ending”)
 

~*End of Investigation. File closed*~
 

Tja, das ist es. Das Ende des Falls... ohne Happy End. Wie, ihr seid damit nicht einverstanden? Was soll das heißen, „Das kann es doch nicht gewesen sein“?

Nun, einer von euch hatte ich bereits mitgeteilt, dass das letzte Kapitel bereits seit einem halben Jahr fertig ist und ganz spontan entstand. Dieses Kapitel hier ist nicht spontan, sondern durchdacht. Ich schätze, es ist klar, worauf das hinausläuft...

Es ist noch nicht zu Ende, bis es heißt „THE END!“ Also freut euch auf Verrat, überraschende Wendungen und einen kleinen Auftritt meinerseits im letzten bahnbrechenden Kapitel und einem Epilog, der auch schon fast so lang ist wie ein Kapitel.
 

[1] Mein Deutschlehrer scheiterte am ersten Band. Er ist zwar auch ein großer King-Fan, aber das mochte er gar nicht.

[2] Oder wie lang man auch immer von D.C. bis in die Nähe von Maryland braucht...

[3] Als trockene Salze. In Lösung sind sie stabil. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob der Kupferkomplex für die Reaktion geeignet ist... aber in jedem Fall gilt: DO NOT TRY THIS AT HOME!!! Finger weg von Schwermetallacetyliden oder – aziden, sonst Finger weg DURCH Schwermetallacetylide/-azide.

Von Schlangen und Spionen

Disclaimer: Veritas existiert nicht, es ist mein eigenes Gedankenkonstrukt. Allerdings entspricht es der Wahrheit, dass Russland führend in der Herstellung künstlicher Diamanten ist, auch die Speznaz gab oder gibt es.

Sämtliche Namen von real existierenden Personen wurden aus Datenschutzgründen abgekürzt und die Erwähnung erfolgt mit dem Einverständnis der Betreffenden.

NCIS ist nicht mein Eigentum, ich mache kein Geld mit dieser Geschichte.

+++
 

Dresden, drei Wochen später. Namhafte Vertreter von noch namhafteren Chemiekonzernen zwängten sich in ihre förmlichsten Outfits, führten Gespräche, die kein Außenstehender verstand und warteten mit Spannung auf die Präsentationen diverser Errungenschaften, die im letzten Jahr gemacht wurden. Es war ein Festbankett, um sich zu informieren, neue Arbeitspartner oder Investoren zu finden und schamlos vor der Konkurrenz anzugeben.

Die Technische Universität hatte den Forschern den gesamten Chemie-Neubau und das Hörsaalzentrum zur Verfügung gestellt. Die Präsentationen würden im Audimax-Hörsaal erfolgen, dort, wo die meiste Zeit in der Woche mehr oder weniger ambitionierte deutsche BWL-Studenten zu Hunderten saßen.

Polizeibeamte hatten die Gegend abgesperrt und blickten hin und wieder sehr nervös drein. Immerhin war dieser Einsatz nichts, was sie gewohnt waren, es waren keine Ausschreitungen zu erwarten, wie während der Bunten Republik Neustadt oder dem G8-Gipfel, gleichzeitig schien dieses Treffen nicht von politisch wertvollem Ausmaß und daher befanden sich auch keine geschulten Trupps zur Terrorabwehr dort. Deshalb war es wohl auch nicht weiter verwunderlich, dass schon seit mehreren Stunden unbeachtet der Softeiswagen geschlossen dastand, direkt neben der Fußgängerbrücke. Selbst wenn Eis verkauft wurde, der Wagen hatte seinen angestammten Platz auf der anderen Straßenseite, direkt neben der Neuen Mensa [1]. Studenten wäre das aufgefallen.

Die einzigen Personen, die sonst noch davon wussten, waren die beiden amerikanischen Bundesagenten in dem kleinen Wägelchen. Tony dankte gerade innerlich Gott dafür, dass er nicht an Klaustrophobie litt. Es war schon so eng genug, zu zweit in dem Gefährt, aber nachdem sie (soll heißen: McGee und Abby) die ganze Abhörtechnik und die Kameras installiert hatten, konnte man kaum mehr atmen, aus Angst, sonst bald an einer Kohlenstoffdioxidvergiftung zu sterben. Der einzige Vorteil war, dass man eine triftige Ausrede hatte, wenn die Hände irgendwohin wanderten, wo sie nicht sein sollten.

„Verdammt, DiNozzo, jetzt reicht’s aber!“ Alecias Blick machte klar, dass sie nicht nur mehr als gereizt war, sondern auch jederzeit Tony an die Gurgel fallen könnte – Platzmangel hin, Platzmangel her.

„Sorry, bin nur etwas nervös. Infrarot funktioniert.“

„Kamerabewegung optimal...“ – auf dem Bildschirm vor der jungen Frau konnte man gestochen scharf die dunkelrote Steinfassade des Chemie Neubaus sehen, der Ort, an dem die ganzen Exponate aufbewahrt und verschlossen waren. Man würde sie sich nach den Vorträgen und dem Buffet ansehen, deshalb war das Gebäude im Moment leer, bis auf einige autorisierte Kunststudentinnen, die für die Dekorationen zuständig waren und einige Konzernmitarbeiter, die die Ausstellungsstücke in Szene setzten. Sie scrollte etwas an den Fenstern entlang, um nach der Zielperson zu suchen, als Tony plötzlich ’Halt’ rief. „Ist das da etwa ein Poster von George Clooney im ersten Stock?“, fragte er, halb entsetzt, halb belustigt.

„Du kannst ja rein gehen und fragen, ob du es haben kannst.“ – Luke rollte entsetzlich genervt mit den Augen. „Was bin ich froh, wenn ich wieder studieren kann.“

„Du studierst noch weiter?“ Diesmal war DiNozzo wirklich überrascht. Er hatte gewusst, dass ihr Aushilfsdienst beim NCIS nach diesem Auftrag ablief, doch hatte er damit gerechnet, dass sie wieder zur Miami Dade Police zurückkehren würde. „Im Moment habe ich nur einen Bachelor in Chemie, das reicht nicht, um zur CSI-Abteilung zu wechseln. Ich habe schon eine Zusage von der Universität von Las Vegas für das Forensikstudium erhalten.“

„Na da wird sich Curtis aber freuen.“

Die junge Polizistin erstarrte. „Fass-noch-ein-Mal-mein-Handy-an-und-du-bist-tot. Was fällt dir eigentlich ein?“

„Ich hab’ dein Handy nicht angerührt, ehrlich. Nur deinen E-Mail Account. Wenn du mich fragst, dieser Curtis ist ein Schleimscheißer. Kein Mann kann derart einfühlsam sein.“

„Das geht dich ja wohl einen Sch...“

Der Streit der Beiden wurde jäh unterbrochen von einer gereizten, funkverzerrten Stimme. „Seid ihr jetzt fertig? Wir haben eine Killerin zu finden!“

„Sorry, Boss“, kam die Antwort unisono.
 

Wir kennen die Umgebung, den Plot.

Wir kennen die Hauptakteure, zumindest eine Seite davon.

Aber warum müssen einige namhafte amerikanische Bundesagenten an einem deutschen Universitätskomplex lauern? Die Antwort auf diese Frage schritt gerade in einem eleganten, wasserblauen Cocktailkleid an dem tansanitfarbenen Mercedes vorbei, der direkt vor dem Neubau stand (Tja, wohl niemand anderes als Professor M. Ruck selbst, von einigen seiner Studenten liebevoll „Dagobert Ruck – der reichste Prof. der Welt“ genannt, würde es wagen, sein geliebtes Auto auf dem Bordstein zu parken. Aber wenn man mit einem solchen Tempo die Auffahrt des Fritz-Förster-Baus hochfahren konnte, ohne Rücksicht auf Studentenverluste und sich selbst als verwöhnten Wessi betitelte, war auch das nicht weiter verwunderlich.)

Der NCIS jagte nun schon seit einer Woche scheinbar ein Phantom, seit auf dem Stützpunkt der russischen Marine eingebrochen worden war. Zu diesem Zeitpunkt waren auch einige Navy SEALS dort stationiert worden... sie hatten ihr Zusammentreffen mit dem Dieb einiger Top-Secret-Dokumente nicht überlebt. Eben jene Pläne erhielten legale Informationen über den Safe, in dem sich nun eine ganze Ansammlung von Diamanten befand und weniger legal beschaffte Informationen über VERITAS. Beides wies auf diese Ausstellung hin.

Die Russen hatten ihr Verfahren zur Herstellung künstlicher Diamanten perfektioniert. Selbst wahre Kenner konnten sie kaum noch von Echten unterscheiden und dementsprechend hoch war ihr Wert. Die Steine waren natürlich nicht das einzige bedeutende Exponat, was die russischen Chemiekonzerne heute Abend vorweisen konnten, aber es war scheinbar das, worauf „Die Viper“ aus war, jene bis vor kurzem unbekannte, äußerst talentierte Diebin. Aber offensichtlich schien sie nicht nur das Materielle im Auge zu haben. VERITAS, ihr zweites Ziel, war der Traum eines jeden Geheimdienstes, Terroristen und Diktators. In Auftrag gegeben vom Shin Bet, Israels Inlandsgeheimdienst, war eine neue Droge entwickelt worden, die Verhöre bald überflüssig machen könnte. Natürlich waren schon seit Jahren „Wahrheitsdrogen“ verwendet worden, um Informationen von Gefangenen zu beschaffen, aber entweder waren sie zu teuer oder zu ineffizient um die Folter zu ersetzen. VERITAS hingegen war ein Traum, es genügten wenige Tropfen, löste keine unerwünschten Nebeneffekte aus und wurde vom Körper schnell und sauber abgebaut. (Leider konnte man es aufgrund rechtlicher Grundlagen nicht „Veritaserum“ nennen) Es durfte nur unter strengen Richtlinien verwendet werden, aber die Israelis liebten es, weil es ihr Ansehen in der Welt verbessern würde. Und sie würden einen Prototyp samt Formel heute Nacht verkaufen. Sofern “die Viper“ ihnen nicht in die Quere kam.
 

„Bist du sicher, dass sie unser Zielobjekt ist? Sie sieht gerade mal aus wie Mitte zwanzig,“ flüsterte DiNozzo angespannt, wenn auch nicht leise genug, weil es wieder Gibbs war, der antwortete: „Das wird wohl auch der Grund sein, warum sie sich als Studentin ausgeben konnte.“

Natalja S., begabteste Nahkämpferin der Speznaz-Spezialtruppe des russischen CIA-Äquivalents. Ihre Fertigkeiten hatte sie zum Teil auch ihrem grazilen, schmalen Knochenbau und der geringen Größe von einem Meter sechsundfünfzig zu verdanken. Dann ihr unerklärliches Verschwinden vor knapp fünf Jahren. Wieder aufgetaucht war sie unter dem ’falschen’ Namen „Natalie“ und hatte begonnen, an der TU Dresden zu studieren (Tatsächlich gab es kaum eine bessere Tarnung, als seinen realen Namen der Sprache des Landes anzupassen, in das man floh.).
 

Mit gemischten Gefühlen sahen die beiden Insassen des Eiswagens zu, wie ihr Zielobjekt in den Gebäudekomplex ging. Tony schaltete kurz die Funkübertragung aus, damit Gibbs nicht mithören konnte, was er gleich zu sagen hatte.

„Das alles gefällt mir nicht. Wir wissen nicht mal, ob wir unserer Quelle vertrauen können.“

„Unsere Quelle oder die Quelle unserer Quelle? Weil so, wie sich Direktor Shepard ausgedrückt hat...“

„Ist das wichtig, wir kennen keine von beiden! Und hast du das Gesicht vom Boss gesehen, als er die Neuigkeiten erfahren hat? Wir können ihn nicht lein da rein schicken.“

„Stimmt, er hasst solche Feierlichkeiten...“, erwiderte Luke mit humorvollem Unterton, aber sie wusste genau, was ihr Partner meinte. Man hatte das Streitgespräch zwischen Gibbs und der Direktorin fast bis zur Eingangshalle hören können. Er hatte vergeblich gegen eine Neubesetzung von Zivas Stelle protestiert. Die Agentin, die stattdessen zum Team gehören sollte, hatte bereits seit Wochen undercover gegen „Die Viper“ ermittelt und konnte somit auch nicht von dieser Mission ausgeschlossen werden, außerdem war sie diejenige, die den Kontakt zwischen NCIS und der Informationsquelle – einer ehemaligen Kommilitonin von ’Natalie S.’ vermittelt hatte. Aber Leroy Jethro Gibbs wollte nichts mit dieser Agentin zu tun haben und so kannten weder er noch der Rest des Teams die Identität ihrer neuen Mitstreiterin.

Er hatte es nicht akzeptieren wollen, dass Ziva nicht zurückkehren würde, akzeptierte es noch immer nicht. Er war verbittert, gereizt, wurde dazu genötigt, einen unheimlich eleganten grauen Anzug mit passender mattsilberner Krawatte zu tragen und musste sich zwischen Menschen bewegen, von deren Fachchinesisch er kein Wort verstand. Mit anderen Worten, nach Ansicht von Tony und Luke war Gibbs unmöglich in der Verfassung, es mit einer russischen Nahkämpferin aufzunehmen. Eigentlich war es sinnvoll zu hoffen, dass man ihnen falsche Informationen gegeben hatte.

Sie stellten den Funk wieder an. Fixierten die Videokameras auf ihre Zielperson. Natalja wurde bereits in der Einganshalle des Chemie-Neubaus aufgehalten, als sie einer Person über den Weg lief, die gerade die Laborräume verlassen hatte. Die beiden Frauen lächelten einander an, grüßten und verstrickten sich dann in ein Gespräch. Gibbs nutzte den Moment, um sich mit unauffälligen Schritten zum Ausgang des Hörsaalgebäudes durchzuwuseln.

Das Mikro in der Empfangshalle – installiert von der neuen unbekannten Mitarbeiterin, die Direktor Shepard die Empfangsfrequenz des Senders mitgeteilt hatte – übermittelte das Gespräch einigermaßen verständlich.

„Sie unterhalten sich auf Deutsch“, meinte Luke, „das übliche Geplänkel. Unsere falsche Schlange fragt, wie es so dem Mann und dem Baby geht. Moment mal... ihr Gegenüber hat sie gerade „Natterli“ genannt.“

„Und was ist daran so lustig, dass du grinsen musst?“

„Weißt du, Natterli heißt übersetzt ungefähr... na ja, es ist halt eine Bezeichnung für eine Schlange, nur verniedlich Und es reimt sich auf den Namen...“

„Also eine alte Freundin?“

„Oh bitte, Tony, das sieht man doch! Woher wusste sie den sonst, dass unser Ziel deutsch spricht und außerdem siehst du nicht, dass beide dieselbe Haarspange drin haben?“

„Bitte?“

„Na ja, dort, diese rotbraune Liliespange... außerdem haben beide einer dieser All-day-Hochsteckfrisuren, die ganz ohne Haarspray auskommen. Das ist typisch für jemanden, der es gewohnt ist, ständig im Labor zu stehen.“

Tony sah Luke entrückt an. „Du bist verrückt.“ [2] Sie entgegnete mit einem giftigen Blick.

Bei genauerer Betrachtung waren die Haarspange und die kleine Größe so ziemlich das einzige, was die beiden Frauen gemeinsam hatten (das Gegenüber der „Viper“ war stolze 1.59 m groß, hatte sich aber auf ihrem Personalausweis auf 1.60 hochgemogelt). Die zweite Frau, die Tony gerade per Gesichtsscan als Martine K. identifiziert hatte – ebenfalls ehemalige Studentin der Technischen Universität, Bachelor Chemie - , sah nicht nur genauso jung aus wie ihre Freundin, sie war es auch. Zwei Jahre jünger sogar, um präzise zu sein. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch das runde, lächelnde Gesicht, sowie der nahezu komplette Verzicht auf Schminke und zum Teil sehr comichafte Mimik. Der maßgeschneiderte schwarze Hosenanzug kaschierte die leicht untersetzte Statur. Ihr Pieper ging los. „Mein Mann.“, meinte die kaum Größere entschuldigend, „der Kleine hat die Windeln voll.“

„Und warum lässt du das deinen Göttergatten nicht erledigen?“

„Du weißt doch, dass die Wickelstationen im Hörsaalzentrum in der Damentoilette sind.“ [3]
 

„Sie verabschieden sich... Zielobjekt betritt jetzt das Treppenhaus. Verfolge sie weiter per Infrarot.“ Alecias Worte waren Gibbs Stichwort. Er verließ das HSZ und ging hinüber zum Chemie-Neubau, bemüht, nicht zu eilig dabei auszusehen, als Martine ihm entgegenkam. Er stellte fest, dass diese Frau zu beunruhigt und schuldbewusst aussah, um nur schmutzige Windeln zu wechseln. Dann fiel ihm ein, dass er in dem anderen Gebäude kein Baby gesehen hatte. Also ein Vorwand, aber warum?

Sie stieß fast gegen ihn und meinte im Vorbeigehen in akzentfreiem Englisch: „Sie sollten vorsichtig sein.“ Jethro gab vor, nichts mitbekommen zu haben und blickte sich nicht um, er beschleunigte nur seine Schritte.

Die beiden im Eiswagen waren sichtlich überrascht. „Meinst du, sie ist der Neuzugang?“, fragte DiNozzo schon fast entsetzt bei dem Gedanken, „Wenn sie undercover ermittelt hat, dann wäre ihre Akte hier nur ein Fake.“ „Nein, ich glaube, sie ist, was sie gesagt hat. Ich glaube, sie ist nicht der Typ Mensch, der unbemerkt lügen kann. Und schon gar nicht gegenüber jemand so ausgebildetem. Das käme einem Selbstmord gleich.“

„Aber woher wusste sie dann...“

„Kannst du dir das nicht denken DiNozzo?“, die Bemerkung kam von Gibbs, der nun die Glastüren des Gebäudes erreicht hatte, „Sie ist die Informantin. Der Kontakt unseres Kontakts. Ich gehe rein.“

„Boss, Sie ist in die Labors im zweitobersten Stock eingedrungen. Im Moment sind keine Passanten in der Nähe, nur im Stockwerk genau über ihr kniet noch jemand auf dem Boden und... malt? Zumindest wenn das da die Arme sind, die...“

„TONY!“

„Sorry, Boss. Beenden den Funkverkehr vorerst.“
 

Die Infrarot-Silhouette des Senior Special Agents hastete mit einem Tempo die Stufen hoch, die man seinem Alter normalerweise nicht zutraute, nur zum Ende der Treppe wurde er etwas langsamer, zwecks anschleichen. Die Diebin schien nichts gemerkt zu haben. Natalja war ganz damit beschäftigt, das Laseralarmsystem, das VERITAS umgab, auszuschalten (sie brauchte 30 Sekunden) und dann den Safe mit den Diamanten zu knacken (15 Sekunden). Das Serum in seiner 20ml Glasphiole, die sehr an einen Parfumflakon erinnerte und das kleine Säckchen mit Diamanten verschwanden unbemerkt in der Damenhandtasche. Natalja amüsierte sich ernsthaft über den Leichtsinn der Israelis. Gerade von ihnen hatte sie mehr Sicherheitsbedürfnis erwartet, da das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel erneut einen unangenehmen Beigeschmack bekommen würde, dabei waren die alten Wunden, die beim Massaker von München 1972 entstanden noch nicht ganz verdaut.
 

Es war 18.04 Uhr als Die Viper das Labor verließ und in die Mündung der Waffe eines Bundesagenten starrte.

18.04 Uhr und es fing an zu regnen.
 

Gibbs kam nicht weit. Er hatte es noch nicht einmal vollständig geschafft, den Namen seiner Behörde zu erwähnen, wie es Vorschrift war, da duckte sich die Diebin auch schon unter der Mündung und seinem Arm hinweg und versetzte ihm dabei einen schmerzhaften Stoß in die Rippen. Für wenige Sekunden hatte sie nun einen Fluchtweg bekommen und auch genutzt. Sie flüchtete ins Treppenhaus.

„Boss, sie flüchtet nach oben. Sollen wir dir helfen?“

„Negativ, bleibt auf eurem Posten. Oben kann sie mir nicht entkommen.“ Zum Entsetzen seiner beiden Teammitglieder warf er das Ohrmikro und die Wanze aus seinem Ärmel fort.

„Das ist doch wohl nicht sein Ernst? Er will das doch nicht allein durchziehen, nur weil sie ihn gekränkt hat?“ Aber Tony wusste, dass er selbst der Einzige war, der schon seit einiger Zeit den Gekränkten spielte, weil sein Boss sich immer mehr von ihnen distanziert hatte. Und jetzt wollt er schon diese Mission im Alleingang machen. Der Brünette wollte um jeden Preis aufstehen, aber Luke hielt ihm am Ärmel fest. „Du hast ihn gehört. Das muss er allein schaffen, sonst wird er nie davon loskommen. Hast du nicht gemerkt, was für eine Wut er in letzter Zeit mit sich herum getragen hat?“

„Es geht hier nicht um seinen Zustand, er rennt in den Tod. Was glaubst du wohl, warum diese falsche Schlange Richtung Dach flüchtet und nicht zum Ausgang?“

„Nach unten hin hat das Treppenhaus zu viele Windungen, sie bietet da leichteres Ziel. Und auf dem Dach hat sie freies Sichtfeld und kann Gibbs besser umlegen.“

„Und warum zur Hölle hältst du mich dann fest?“

Luke tippte auf dem Bildschirm mit der Videokamera. Sie hatte den Zoom auf ein Fenster in einem bestimmten Stockwerk gerichtet. Tony setzte sich wieder: „Das fass’ ich nicht.“
 

Sobald Gibbs die Tür zum Dachgeschoss aufgestoßen hatte umfing ihn ein angenehm kühler Nieselregen. Alles, was er erkennen konnte, war grau zugezogener Himmel.

Sie musste schräg hinter ihm sein.

Jethro wirbelte herum, die Schusswaffe im Anschlag. Ein brauner Haarschopf verschwamm vor seinen Augen und dann war da nur noch der Schmerz, der in deiner Nase explodierte. Der Handkantenschlag ließ ihn fast in die Knie gehen und während diesem Moment der Schwäche entrang Natalja ihm die Pistole.

„Ich konnte die Dinger noch nie leiden.“ Sie warf die Waffe über ihre Schulter hinweg vom Dach des Hauses. Jetzt zählten nur noch die körperlichen Fähigkeiten. Der NCIS-Agent wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Nase und stürmte auf die Frau zu, riss sie zu Boden. Die Handtasche wurde wenige Zentimeter weg geschleudert und der Inhalt klirrte bedrohlich. Eine Pfütze breitete sich aus. VERITAS war passé. Irgendetwas sagte ihm, dass das unangenehme Folgen haben würde - und es wurde auch klar warum, als ihre Fingernägel sich in Gibbs Gesicht krallten, um ihn abzuwehren. Sie verpasste ihm einen heftigen Kratzer auf der Wange, aber er ignorierte es. Wenn es ihm gelänge, sie bäuchlings festzunageln, hätte er das Gerangel mühelos gewonnen, aber Natalja wand und trat um sich; sie längerfristig festzuhalten erwies sich genauso schwer, wie eine Schlange fest zu halten. Sie machte ihrem Codenamen wirklich alle Ehre.

Ihre Faust traf ihn am Hals und Jethro hatte das Gefühl, als hätte man ihm alle Atemwege plötzlich versiegelt. Er bekam keine Luft. Und die Viper entwand sich ihm. Mit stillem Abscheu in den braunen Augen starrte sie auf ihn herab, gleichfarbige gewellte Strähnen hatten sich aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst.

Ein Tritt in die Magengrube.

Das Gewicht einer Fußballens auf seinem Handgelenk, um ihn dort zu behalten, wo sie ihn haben wollte, während ihre Hand zu ihren Haaren fuhr, um dort eine ziemlich spitze Haarnadel hervor zu ziehen.
 

Sein Körper hatte des Schmerz längst ausgeblendet, da war nur noch das leise Kribbeln während Blut sanft über seine Wange floss und ein Gefühl der Kälte, das bis in die Knochen kroch. Es hatte aufgehört zu nieseln, aber wann?

Als die Wolken aufrissen und ihre Strahlen den Rücken seiner Widersacherin erhellten, die ihm ohne Zweifel die Augen ausstechen würde (wenn sie diese Nadel nicht noch tiefer hinein bekam, das wäre dann endgültig sein Ende) und in diesem Moment wirkte die Russin wie eine dunkle Justizia.

Ein stiller Windhauch und ein schwarzer Schatten erfüllten die Luft, der auf sie zusauste, wie ein kleiner Vogel und sie mitten ins Herz traf. Die Haarnadel fiel hell klirrend zu Boden. Natalja starrte ungläubig auf den schwarzen Griff, der aus ihrer Brust ragte und den blauen Stoff ihres Kleides, der sich unheimlich schnell mit ihrem Blut voll sog. Dann klappte sie seitlich weg und ihr lebloser Körper fiel über die Kante des Daches, wo die Erdanziehung sich seiner annahm, ihre Gewichtskraft um ein Vielfaches steigerte.

Die Alarmsirene des Mercedes sprang nutzloserweise an, als sie auf dem Dach aufkam, es durchbog und die Scheiben zerbersten ließ.
 

Gibbs versuchte, sich soweit aufzusetzen, um den Menschen erkennen zu können, der ihm gerade das Leben gerettet hatte.

Sie war seine Erlösung gewesen, die Retterin, auf die sein Unterbewusstsein die ganze Zeit gehofft hatte. Die ungestümen dunkelbraunen Locken mit einem weißen Haarband in Zaum gehalten, der schlanke Körper in einer ausgeblichenen Jeans und schwarzen T-Shirt, die beide mit bunten Klecksen verunreinigt waren. Ein blauer Strich auf ihrem Handrücken und ihrer Wange, gelbe Sprenkel an der Nase, ja sogar in ihren Haaren. Die perfekte Inkarnation einer Kunststudentin.

Sie lächelte, trotz seiner etwas zerschlissenen Erscheinung.

„Hallo, Jethro.“
 

Sie roch dezent nach Ölfarbe und ihre Lippen waren so süß wie eh und je. Und sie gehörte wieder ganz ihm, holte ihn zurück auf die Füße und versorgte seine Wunden, sowohl die physischen als auch die seelischen.

Gab es für Jethro ein Land, in dem Milch und Honig flossen, so war Ziva David der Honig.
 

~I’ve been running through the promises to you

That I made and could not keep

Ah but a man never got his woman right back

Not by begging on his knees

Or I’d crawl to you baby and I’ll fall at your feet

And I’d howl at your beauty like a dog in heat

And I’ll glaw at your heart and I’d tear at your sheet

I’d say please, please

I’m your man~
 

[1] Mensa Bergstraße... also nicht die neue Alte Mensa *g*

[2] Sagt Toni auch ständig zu mir. Und dass ich eine schmutzige alte Frau sei. Zum letzten Mal, ich bin nicht alt!

[3] Eigentlich sind die Wickelstationen separat, aber dann würde diese Ausrede keinen Sinn mehr machen.

Epilog

„Was... tust du hier?“, fragte Jethro, wie als würden nur ihre Worte bestätigen können, dass das hier kein Traum ist.

„Ich arbeite. Du hast doch nicht etwa gedacht, dass du mich los wirst, oder? Ich warne dich, ich bin eine echte Kette!“

„Klette. Es heißt Klette,“ er lächelte. Sie war es wirklich, musste es sein. Das hier war real. Ebenso wie die glitzernde Lache auf dem Betonboden. „Die Droge. Sie ist hinüber.“ Gibbs versuchte aufzustehen und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Sie drängte ihn, sitzen zu bleiben. „Du solltest dir darum keine Sorgen machen. Das Original hab ich schon vor Stunden entwendet, oder denkst du etwa wirklich, meine Regierung ist so nachlässig wie die Sicherheitsvorkehrungen hier?“

Ziva betrachtete ihn kurz von oben bis unten und angesichts der Verletzungen verschwand das spielerische Lächeln von ihren Lippen: „Es tut mir Leid... Ich hätte früher reagieren müssen.“

„Ich lebe doch noch, oder?“

Sie schwieg. Man konnte ihr ansehen, dass ihr noch etwas anderes auf dem Herzen lag.

„Ich wollte dir schreiben. Dir Bescheid sagen, all die Zeit, aber ich konnte meine Tarnung nicht auffliegen lassen.“

Der Agent atmete schwer aus, dann fing er an zu lachen, zuckte dabei aber zusammen, weil seine Rippen ihn dabei schmerzten.

„Was ist daran bitte so witzig.“

„Nichts, ich dachte nur daran, als ich dich zum ersten Mal sah, hielt ich dich wirklich für eine Studentin. ...Ziva?“

„Ja?“

„Ich werde dich das sicherlich nur einmal fragen und auch nur dich: würdest du...

mich bitte stützen?“
 

~*+*~

Der Rest des Teams hatte Bauklötze gestaunt, aber die ’Neue’ mit Begeisterung aufgenommen. Selbst Abby hatte sich dazu hinreißen lassen, die Israeli zu umarmen. Innerhalb eines Wochenendes hatte sich die Normalität beim NCIS erneut wieder eingestellt, bis auf die Tatsache, dass das Telefon auf Zivas Schreibtisch mindestens einmal am Tag klingelte und sie den Anrufer mit einigen der schlimmsten hebräischen Drohungen abwimmeln musste, zumindest klang es für Tonys und McGees Ohren so.
 

Montag morgen, sieben Uhr fand das Ritual erneut statt und diesmal hielt Tony die Ungewissheit nicht mehr aus.

„Wer ruft dich da eigentlich ständig an? Bei der Hartnäckigkeit könnte man denken, du hättest jemanden vor’m Altar stehen lassen.“

„Ja, so in der Art... Mein Vater wollte mich möglichen Verlobten vorstellen und musste feststellen, dass ich noch verheiratet bin. Irgendjemand muss wohl vergessen haben, die Scheinehe zu annullieren. Und nun, da ich wieder in D.C. bin und die Formalitäten geregelt sind, versucht er verzweifelt, mich zum zurückkommen zu überreden.“

„Ich denke, da wird er beim Boss wohl auf Granit beißen. “

„Ich denke, du solltet arbeiten und nicht denken.“ – Gibbs war mal wieder unvermittelt aufgetaucht, woraufhin der Brünette überrascht zusammenzuckte. Und zu allem Überdruss noch einen sehr rot angestrichenen Missionsbericht in die Arme gedrückt bekam.

„Deine Rechtschreibung war auch schon mal besser, DiNozzo.“

„Aber das ist doch schon meine dritte Korrektur!“

„Hast du ein Problem damit?“, Gibbs Tonfall zeigte Tony, dass er sich nah am Abgrund befand.

„Nicht doch, Boss.“ Beide Agenten setzten sich wieder an ihren Schreibtisch und er vertiefte sich auf die Korrektur des Berichtes. Er war so in Gedanken, dass er nicht mal richtig mitbekam, wie Luke aus Abbys Labor kam, etwas zerknittert, geradeso als hätte die Forensikerin sie halb tot umarmt, weil sie ihre Freundin nicht gehen lassen wollte. Es war Lukretias letzter Tag.

„Wolltest du nicht schon längst los?“, Gibbs Tonfall war der eines Vaters, der sich Sorgen machte, ob seine Tochter zu spät zu ihrer Ballettaufführung kam.

„Curtis wollte mich eigentlich abholen. Ist mittlerweile schon überfällig.“

Tony wurde hellhörig.

Und dann öffneten sich auch schon die Türen des Fahrstuhls... und eine Blondine verließ die silberne Kabine. Zwar hatte DiNozzo erhofft, endlich Curtis zu erblicken, um sich über Lukes Freund lustig zu machen, aber die Möglichkeit, die sich ihm jetzt bot, war noch verlockender.

Sollte der wohl unwahrscheinlichste Fall von allen eintreten und Ziva David und Stanley Burly würden heiraten und Kinder zeugen, dann wäre diese Frau das Ergebnis. Markante blaue Augen, ein leicht kantiges Gesicht und dominantes, fast schon maskulines Auftreten, wodurch ihre weiblichen Reize jedoch nicht verblassten. Aus dem Halbprofil hätten ihre Gesichtszüge wirklich wie die von Ziva ausgesehen, aber der Winkel, der diese Illusion erzeugte war nur schwer zu finden, denn abgesehen davon hatten die beiden Frauen nicht wirklich viel gemein, nur noch diesen selbstbewussten Ausdruck, der von Erfahrung zeugte und derselbe sinnliche Schmollmund. Die Fremde hatte auch eine schmächtigere Statur, was aber gut zu der hellblauen Bluse passte, die sie trug. Selbst die dunkelblond gefärbten, glatten Haare mit dem leichten braunen Ansatz wirkten nicht störend. Sie machte den Eindruck einer bodenständigen Frau, die hart arbeitete, denn da waren leichte Schatten unter ihren wachen Augen.

Ein Polizeiabzeichen lugte zwischen Hemd und T-Shirt hervor.

Dummerweise war Luke schneller als Tony, sie begrüßte die Blondine, eine flüchtige Umarmung. Das Gepäck wurde aufgeteilt. Die Polizistin bedachte Gibbs mit einem anerkennenden Nicken, das erwidert wurde, während Lukretia allen zum Abschied zuwinkte. Die beiden Frauen verließen das Büro.

Einem gewissen Italienisch-Stämmigen kam das ziemlich spanisch vor. „Aber... wollte sie nicht auf Curtis warten?“

Die beiden anderen grinsten nur. McGee, der gerade hinzu kam, hatte nur den letzten Gesprächsfetzen mitbekommen und stimmte in das allgemeine Grinsen mit ein, als er fragte: „Du weißt es also nicht?“

„Was soll ich wissen?“

„Das eben,“ erläuterte die Israeli mit geduldigem Ton, so als würde sie einen Kind eine Nachricht übermitteln, die nur schwer zu verdauen war, „war Detective Sofia Curtis, abkommandiert in der CSI-Abteilung von Las Vegas.“

„Detective CURTIS? Aber die Beiden sind doch nicht etwa... und selbst der Bambino wusste es.“

„Hey, ich habe nur am Rande mitbekommen, wie Luke zu Abby meinte, dass es ein Jammer wäre, dass sie derzeit eine Freundin hätte, weil sie sonst sofort mit Ziva ausgegangen wäre,“ versuchte McGee sich zu verteidigen, aber das machte alles nur noch schlimmer.

„Das heißt, ich habe all die Zeit meine Wohnung mit einer waschechten Lesbe geteilt? Verdammt, und ich habe es nicht gewusst!“ Man musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass Tony daraufhin an einen flotten Dreier dachte... oder zumindest das Recht, beiden Mädels zuzusehen. McGee verpasste ihm eine Kopfnuss.

Tony verpasste ihm dafür zwei.

„Meine Quelle meinte, die beiden hätten sich während eines Vortrages über FTIR-Spektroskopie hier in D.C. kennen gelernt, bei dem sie selbst war.“

„Dieselbe Quelle, die uns in dem VERITAS-Fall geholfen hat? Woher weiß die das eigentlich? Und woher wusste sie, wie der Boss aussieht?“

„Sie ist die Frau von meinem Cousin, in Deutschland geboren und hat dort studiert, deshalb kannte sie auch „Die Viper“, ihre Vorlesungen haben sich überschnitten, arbeitet jetzt aber in der chemisch-forensischen Abteilung des Schin Bet. [hätt ich wohl gerne...] Wir tauschen ziemlich oft Informationen untereinander aus, sofern unsere Sicherheitsstufe das zulässt. Und ich hab ihr Fotos von meiner Arbeit hier gezeigt.“
 

„Seid ihr jetzt endlich fertig mit eurem Kaffeeklatsch?“ Gibbs wirkte sehr gereizt, weil er gerade seinen Schreibtisch durchsucht hatte, aber offenbar das gewünschte nicht fand, „Wo verflucht ist meine Brille?“

Dann geschah das merkwürdige: Ziva holte das Etui aus ihrem Schreibtisch und reichte es dann über die Plastikwand zwischen den beiden Schreibtischen herüber. „Du hast sie im Auto liegen lassen.“, sagte sie und das in einem Ton, wo das „Schatz“ am Ende des Satzes sich förmlich anbot.

Ja richtig.

Da war ja noch was.

Alle rätselten darüber, was das für merkwürdige Schwingungen waren, die zwischen den beiden herrschten, aber es traute sich natürlich keiner zu fragen. Wie bei einer gewissen Rothaarigen, die nun nicht mehr auftauchte.

Sie wurde wohl durch eine nicht minder mysteriöse Schwarzhaarige ersetzt.
 

THE END...
 


 

Für jene House-Fans unter euch Lesern...
 

Eine kleine Überleitung zu meiner neuen Fanfiction... all jene, die mir einen Kommentar schreiben, bekommen eine Benachrichtigung, wenn ich sie in ca. einem Jahr on stelle.
 

.:Post Scriptum – Die andere mysteriöse Rothaarige:.
 

Die Nachmittagssonne hob den Rotton ihrer bräunlichen Haare besonders hervor, als sie dem Traumwandeln nahe auf das Haus zuschritt, dass sie zum Anfang ihres Studiums vor Jahren verlassen und seitdem selten wieder besucht hatte.

Sie atmete tief aus, weil sie sich wirklich nicht sicher war, wie er auf diesen Besuch reagieren würde. Aber sie hatten eine Abmachung.
 

„Kommst du hoch? Essen ist fertig.“ Ziva setzte sich auf die oberste Stufe des Bootskellers und beobachtete mit einem sanften Lächeln, wie Gibbs an seinem Boot werkelte. Er legte dabei dieselbe Hingabe an den Tag, die er auch für seine Arbeit aufbrachte.

„Nur noch fünf Minuten.“

Die sollte er haben, denn es klingelte an der Tür, einmal lang zweimal kurz.

„Ich geh schon.“ Und mit diesen Worten machte sich die Schwarzhaarige auch schon wieder auf die Strümpfe. Verzeihung, Socken.

Sie öffnete die Tür und erlebte ein perfektes Déja Vu als sie einer gleichaltrigen rothaarigen Frau gegenüberstand.
 

Jethro hielt mitten im Hobeln inne. Das Klingeln eben...

Ein mal kurz, zwei Mal lang, das kam ihm verdächtig bekannt vor. Konnte es sein, dass... ? Ein kurzer Aufschrei von oben, der eindeutig nicht von Ziva stammte sagte ihm, dass er richtig lag. Gibbs rannte die Treppen regelrecht hinauf beim Gedanken daran, wie sein Besuch auf seine anderen Exfrauen reagiert hatte. Das konnte hässlich werden.

Seine Freundin warf ihm einen für ihre Verhältnisse hilflosen Blick zu, als sie fast erdrückt wurde von der Umarmung der jungen Rothaarigen. Obwohl, im Verhältnis zu Ziva war sie genauso alt.

Nun verstand er die Welt erst recht nicht mehr, er hatte mit Blut und Intrigen gerechnet.
 

Sie ließ die Israeli wieder los, strich sich eine rote Strähne hinter die Ohren und meinte lächelnd: „Warum hast du mich nicht angerufen und Bescheid gesagt, dass du in den USA bist, du treulose Tomate?“

„Na ja, ich hatte viel zu tun. Und ich wusste nicht, ob deine Telefonnummer noch dieselbe ist.“

„Süße, du arbeitest für einen Geheimdienst. Du hättest meine neue Nummer problemlos heraus finden konnten, du hast es nur einfach vergessen. Aber sag Mal, was tust du eigentlich hier? In diesem Haus?“

„Das gleiche wollte ich dich gerade Fragen...“
 

Die Augen der beiden Frauen wanderten automatisch zu Gibbs, eine Erklärung fordernd.



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Kommentare zu dieser Fanfic (43)
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Von:  jozu
2008-06-28T18:58:45+00:00 28.06.2008 20:58
Schöner Schluss ^-^
Einfach eine Super FF :)
Eigentlich schon schade, das sie zu ende ist :(

nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-28T18:48:35+00:00 28.06.2008 20:48
ich hab gerade gesehen, das ich die kaps noch gar nicht gelesen habe -.-
Naja, jetzt aber ^o^
Das war wieder ein schönes kap :)
Und ich bin froh, das Ziva wieder da ist =D
<.< gibbs so selbstmörderisch, wie eh und je xD
Von: abgemeldet
2008-06-08T00:02:34+00:00 08.06.2008 02:02
YEAH für Sofia Curtis, ich wusste doch das sie es ist^^

Aber hey McGee gibt Tony Kopfnüsse? Gibbs darf das aber nicht der Bambino, richtig dass Tony ihm zwei gegeben hat (man merkt gar nicht für wen ich Sympathie ergreifeXD)

Was den Doktor angeht...ich hab letztens eine Folge gesehen, lass dich überraschen ob es mehr werden^^

Schöner Schluss für die FF!

*Knutsch*
Dein Keks
Von: abgemeldet
2008-06-07T23:53:15+00:00 08.06.2008 01:53
Ha von gewissen Dingen in diesem Kapitel hab ich schon gehört^^
Aber Martine K. ...da gibt es zwei in DresdenXD Aber ich hab bei meiner Größe nicht gemogelt.
Wäre ehrlich mal interessant so viel Aktion in unserer Provinzstadt.
Und du hast deinen Bachelor schon? Ich dachte nächstes Jahr.
So geh noch den Epilog lesen und dann ins Bett.
Dein Keks
Von: abgemeldet
2008-06-07T23:42:35+00:00 08.06.2008 01:42
Ja Tony und die Aussprache von Chemikalien ist schon lustig^^
Aber Luke soll sich ned so haben, ich find Fornell ganz cool, ich meine er ist wie der Gibbs des FBI deswegen verstehen die sich doch so gut
Das Tommy G. an einem Buch verzweifelt hätte ich übrigens nciht gedacht.
Dein keks
Von: abgemeldet
2008-06-07T22:54:36+00:00 08.06.2008 00:54
Ich weiß ned was in meinem Kopf abgeht, aber ich bin mir 100%ig sicher das Kapitel schon gelesen zu haben, aber irgendwie ist mein Kommentar dazu...ausgeblieben. Also ich kann nudellsuppenfreak (cooler Name übrigens^^) nur zustimmen, klasse Kapitel.
ich wusste auch worauf Ziva am Ende hinauswollte, das Gibbs so lange gebraucht hat...tststsxD
ALso ich geh weiter lesen bis zum Schluss
Dein keks
Von:  jozu
2008-05-05T14:12:46+00:00 05.05.2008 16:12
coooles Kap *___*
und schade, das es bald vorbei ist :(
ich frag mich was jetzt mit Ziva passiert ist...
Naja, ich werds hoffentlich im nächsten Kap lesen =)
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-04-28T15:24:09+00:00 28.04.2008 17:24
war mal wieder ein klasse Kap^^
und desto mehr mögliche verdächtige auftauchen, desto mehr verwirrt mich der fall -.-''''
hoffe die lösung ist bald soweit xD
obwohl nein! Dann ist ja die ff zu ende -.-
^^' kann also noch etwas dauern^^
(wirklich voll doof, das ryan geflogen ist *sich auf keks' letzten kommi bezieh*)
freu mich aufjedenfall aufs neue kap
nuddelsuppenfreak
Von: abgemeldet
2008-04-18T22:54:25+00:00 19.04.2008 00:54
Danke danke danke für die Fall Zusammenfassung.
Jetzt ist wieder alles einfach und verständlich^^
Auch wenn ich mich Jenny anschließen muss, wir haben nichts.
Lukes Versuche Horatio zu imitieren waren genial, auch wenn ich den Ltd. C. Gerne auf den Mond schießen würde (Wieso hat der Ryan einfach gehen lassen in der letzetn Folge? Sonst legt der sich doch auch immer für sien Team ins Zeug und Ryan hat ja nichts verbotenes gemacht, hatte halt Spielschulden, das beeinflusst doch seine Arbeit nicht...aber das gehört nciht her).
Und ich guck Grey's Anatomy und kann mit dem Rätsel trotzdem nichts anfangen...also klär mich auf Schwesterherz^^
Dein Keks in der Hoffnung bald Kapitel 21 zu lesen
Von:  jozu
2008-04-07T17:20:52+00:00 07.04.2008 19:20
hey^^
war mal wieder ein super kapitel, auch wenn ich immer noch keine ahnung habe wer der Täter sein könnte.
Alle, wo ich gedacht habe sie könnten es gewesen sein, wurden eben im letzten part des Kaps ausgeschlossen. Oder gibt es noch eine Person, die es sein könnte? *nachdenk*
najaa^^' und mit deinem rätsel kann ich nichts anfangen, da ich nicht grey's anathomy gucke^^'
auf jedenfall freu ich misch schon aud das nächste Kapitel ^.~
glg nuddelsuppenfreak^^b


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