High Times and Low Moments von Dave_Lepard (Die Eyes haben ein ziemlich Internes Prob ;)) ================================================================================ Kapitel 1: All in All is Just the Same -------------------------------------- Die Stunden vergingen immer weiter, aber es kam mir so vor als wäre es nicht der Fall das die Zeit sich überhaupt weiterdreht. Jeder Sekunde zog sich lang und länger bis ich irgendwann dachte die Zeit stünde still. Eigentlich hätte alles bestens sein können, aber ich hatte es selbst versaut. Wenn ich mein Versprechen damals gehalten hätte, wäre es nicht so weit gekommen. Jetzt hatte ich jedenfalls genügend Zeit darüber nachzudenken welche Fehler ich begannen hatte, aber ich schaffte es nicht. Eigentlich sah ich nicht mal meinen Fehler ein, sondern dachte eher dass die anderen einfach nicht verstehen konnten und nicht verstehen wollten. Die Wut darüber hielt mich wach und half mir schließlich auf die Beine. Als ich wackelig stand und mich gegen die Wand hinter mir lehnte, stellte ich erst fest dass Timo da war. Er saß ruhig auf dem Stuhl in der rechten Ecke, direkt neben der Tür. Die Beine hatte er locker übereinander geschlagen und sah mit einem Blick herüber der hart auf der Grenze zwischen einem totalen Ausraster und tiefster Gelassenheit lag. Ich sah ihn nur verschwommen, glaubte aber dies aus seinen Augen lesen zu können. "Hast mich wohl endlich bemerkt..." Merkte er knurrend an. Ich nickte. Es war so verflucht hell in diesem Zimmer, das ich es letztendlich aufgab mich weiter umzusehen, sondern weiter Timo ansah. Er hatte nicht viel geschlafen, das sah ich, vermutlich hatte er sich zusätzlich auch noch die ganze Nacht über voll getrunken, aber selbst wenn es so war, so konnte ich es nicht genau sehen oder riechen. "Vollidiot..." Unsere Blicke trafen sich. Der Vorwurf in seinen Augen und auch in seiner Stimme ließen mich den Blick wieder zu Boden gleiten lassen. Die weißen Fließen mit ihren cremigen Schlieren Mustern auf dem Boden brachten den anfänglichen Schwindel zurück und bewogen mich dazu die Augen zu schließen um wieder Festigkeit unter mir spüren zu können. Richtig kehrte diese jedoch erst in dem Augenblick zurück, an dem ich Timos kräftige Hand an meinem zittrigen Arm spürte, die mich fordernd dazu bewog mit zu kommen. Ich sah wieder auf den Boden und war erleichtert als die weißen Fließen schließlich durch einen dunkel blauen Teppich bedeckt wurden. An uns huschten einige Leute vorbei. Das meiste war personal von hier. Wo auch immer hier war. Timo wusste es, aber ich wollte ihn nicht fragen. Weder ihn noch die Leute die mir begegneten und an meinem Bett standen als ich zwischen diesem und Jenseitigem pendelte. So langsam erinnerte ich mich...Timo war auch da gewesen, aber was er gemacht hatte wusste ich nicht. Timo, irgend ein anderer Kerl und zwei Weibsbilder, das eine davon ein altes Weib das an meinem linken Arm herum fummelte, während mich an der rechten Hand die andere Frau hielt. Wer auch immer sie waren... Im Moment hielt ich mich lieber an Timo. Zwar fürchtete ich mich momentan vor ihm, war aber gleichermaßen froh das er da war. Trotz dem Ganzen...Vielleicht brachte er mich auch sonst wo hin nur um mir den Rest zu geben, ehe er verschwand und ich auf die endgültige Art und Weise ebenso. Nach einigen Schritten knickten mir leicht die Knie weg und ich griff nach Timos Arm um mich an ihm fest zu halten. Er reagierte ebenfalls und legte den Arm schließlich um meine Hüfte um mich besser halten zu können, was ich an seinem festeren Griff merkte. Schon bald hörte ich das reden irgendwelche Leute, nahm es aber nur im Unterbewusstsein wahr, weil sich bereits kühler Wind um meinen Körper legte. Leicht verzog ich das Gesicht und drückte mich enger an Timo um die Kälte etwas abschirmen zu können. Der geflieste Boden tauschte nun seinen Platz mit bräunlichen im Boden eingelassenen Platten, die vereinzelt bereits mit Gras umwachsen waren, auf welches wir schließlich unsere Füße setzten. Das Gras hatte eine dunkle Farbe die ich als drückend empfand sodass ich schließlich leicht den Kopf und Blick hob. Wir waren also in irgendeinem Garten. Die Sonne schien nicht, nur der kalte Wind trug etwas Laub in unserer Nähe spazieren und ich sah diesem nach. Wie es sich überschlug, umhertollte bis es schließlich verschwand oder in einer nassen Pfütze liegen blieb, vereinzelt leicht umher trieb oder sich überhaupt nicht mehr rührte. "Setz dich" befahl Timo und drückte mich sofort auf irgendeinen kalten Untergrund. Ich drehte leicht den Kopf um nachzusehen wo ich gelandet war. Meine Hände und mein ganzer Körper zitterte. Timo setzte sich neben mich, fasste nach meinem Kinn um meinen Kopf anzuheben und zwang mich dadurch ihm in die Augen zu sehen. Jetzt erst sah ich wie schlecht er aussah. Blass, übermüdet, Augenringe und erschöpfte Augen, er war einfach fertig. Ich sah ihm weiter in die Augen, konnte nicht von ihnen ablassen, weil ich ihn vermisst hatte, gleichwohl ohne zu wissen wie lange schon. "Wieso hast du wieder angefangen? Du hast mir gesagt es wäre vorbei, endgültig. Um eine letzte Chance hast du gebettelt und ich habe dir geglaubt." Ich sah ihn weiter an. Verständnislos, was wollte er überhaupt? Er sollte weiter reden. Schnaufend drehte er zunächst den Kopf von mir, verbarg sein Gesicht kurz in seiner linken Hand ehe er sich wieder aufsetzte und zu mir herüber sah. "Ich kann dir nicht helfen. Ich konnte es schon wieder nicht und für dich ist der Zug abgefahren. Sieh dich doch mal an. Du bist total im Eimer, weißt wahrscheinlich nicht mal mehr wer du selbst bist, geschweige denn wo du bist und was los ist." Ich sah wieder weg. Er hatte recht. Mein Name, wer er war - Fadenriss. Kapitel 2: Don't you see? ------------------------- „Du gammelst hier jetzt seit zwei Tagen rum, bist heute erst mal wieder wach geworden und direkt wieder umgekippt als ich hier ankam. Nach fünf Stunden hast du dich dann wenigstens wieder aufgesetzt und nach zwei weiteren bist du geistig erst mal wieder hier gewesen. Du machst dich kaputt.“ Musste er es dauernd betonen? Kaputt, kaputt, ja meine Güte… Er stand auf, stellte sich vor mich und zog mich auf die Beine, so ruckartig und schnell das mir sofort wieder speiübel wurde. Dann drehte er mich auf der Stelle herum, griff grob in meinen Nacken und Zwang mich mit den Knien auf die Kante auf der ich zuvor saß und drückte mich tiefer herunter. Ich hatte auf der Kante eines kleinen Brunnens gesessen, dessen Wasser ziemlich hoch stand. Auf der Oberfläche trieben einige Blätter die ich vorsichtig weg schob um mich in der Wasseroberfläche spiegeln zu können. „Guck dich an!“ Das leicht schwappende Wasser kam allmählich zur Ruhe und ich sah auf die Oberfläche. Er hatte recht, ich hatte mich verändert, im ersten Moment war ich sogar leicht erschrocken, doch schon bald stellte sich wieder mein inneres Desinteresse ein, was ich versuchte vor Timo zu verbergen. Statt mich wieder auf die Beine zu ziehen hielt er mich noch einige Zeit lang so fest, bis er sah das ich mich genauer betrachtete. Die neu wirkenden Gesichtszüge mit dem Finger nachfuhr und auf die gleiche Stelle im Wasser tippte, nur um festzustellen das sich nichts an dem Bild geändert hatte als das Wasser still wurde. Meine Wangen waren leicht eingefallen, eine gesunde Hautfarbe konnte man es ebenfalls wohl kaum nennen, meine Lippen wirkten auch irgendwie leicht verfärbt, die Augen schwarz umrandet. Kurz gesagt, richtig mies. „Du machst nicht nur dich kaputt“ und er richtete mich wieder auf, sodass ich in sein Gesicht sehen konnte. In diesem Moment begriff durch all die Schleier der vergangenen Stunden oder Tage hindurch, das ich auch ihn kaputt machte. Ich begann wieder heftiger zu zittern als die Schuld in mein Bewusstsein trat. Timo deutete es als zittern aufgrund der Kälte und packte mich wieder an meinem Arm um mich wieder rein zu bringen. Ich weigerte mich und hob nur den Kopf um ihn anzusehen. Mein Mund war bereits ein Stück geöffnet, ein Atemzug genommen um ihm etwas zu sagen, nur was wusste ich nicht, sodass mir letztendlich nur ein leises Seufzen aus der Kehle floss. „Komm, es regnet“ merkte er trocken an. Ich hörte seine Verachtung deutlich. Vielleicht war es auch Enttäuschung. Egal was es war, ich hatte verloren… Erneut zog er an meinem Arm um mich zum weiter gehen zu bewegen, aber ich legte nur die Arme um mich und ging einen halb Schritt zurück, bis ich den kalten Stein in meinen Kniekehlen spürte und mich plump auf den Hintern zurück fallen ließ. „Zickst du jetzt auch noch?“ Ich schüttelte den Kopf. Was sollte ich ihm denn schon sagen? Eine Entschuldigung wäre unangebracht gewesen, ein Versprechen würde im leeren stehen, eine Lösung kannte ich nicht, nicht mal eine Alternative. Er saß sich seufzend neben mich, zog seine Zigaretten aus der Hosentasche und steckte sich eine an. Sein Blick glitt in den Himmel, welcher bereits leichten Regen fallen ließ den ich nur entfernt auf der Haut spüren konnte. „Was dann?“ Hakte er nach und blies den Rauch aus der Nase gen Himmel. „Ich muss los…“ Langsam rückte ich enger neben ihn, legte einen Arm um seinen und lehnte den Kopf an seine Schulter. Er bewegte sich nicht weiter, tat so als wäre ich nicht da. Nach einiger Zeit traute ich mich schließlich zu sprechen. Zunächst gelang es mir nicht. Meine Stimme versagte, bis ich leise die Frage zwischen meinen Lippen her pressen konnte. „Kannst du mir helfen?“ Er schnaufte verächtlich. „Wie denn? Ich kann mir nicht mal mehr selber helfen, wie soll ich’s dann bei dir auch noch schaffen?“ Er war die fast zu ende gerauchte Zigarette in eine kleine Pfütze vor seinen Füßen. Ich überlegte eine Antwort, denn ich wusste das er eine erwartete. Nach einigen Minuten brach jemand in unsere Unterhaltung. „Es wird Zeit für Sie rein zu gehen. Ihre Medikamente warten.“ Timo stand ohne ein weiteres Wort auf, sah mich nicht mehr an. „Bis Morgen…“ Es war mehr ein leises Flüstern, ehe er mit schnellen Schritten verschwand. Ich für meinen Teil blieb sitzen und ignorierte die Person vor mir. Mit einem schweren Seufzer stand ich nach der erneuten Aufforderung auf und ging ruhig los. Timos Worte hämmerten mir schmerzlich im Kopf und seine trockene Verabschiedung ließ vom Inhalt der Worte her vermuten das er wieder kommen würde, aber ich glaubte nicht daran. Meine traurige Vermutung war, das ich ihn in nächster Zeit nicht wieder sehen würde. Weder ihn, noch sonst wen außer den Leuten die hier Beschäftigt waren. Wo auch immer hier war… Kapitel 3: Too much to Lose --------------------------- „Es wird Zeit, hopp hopp.“ Drängte die krächzende Stimme der Frau neben mir, welche mich daran gehindert hatte mit Timo wieder ins klare zu kommen. Trotz das ich mir recht sicher war das dies sowieso nicht funktioniert hätte, ging es mir bei dem Gedanken das diese Nebelkrähe neben mir Schuld trug. Mein zittern fing wieder an, der Schädel dröhnte mir und mir war wieder Speiübel. Die Schritte wurden immer unsicher und die Welt fing an sich langsam und immer schneller zu drehen. Der Krähe, wie ich sie fortan nannte, fiel es ebenso auf. Sie packte mich am Arm und zerrte mich die letzten paar Meter bis in den Raum, durch welchen ich mit Timo zuvor nach draußen getreten war. Ich taumelte ihr mehr hinter her ohne bewusst zu merken das ich mich überhaupt bewegte. Sie setzte mich auf ein Sofa und verschwand kurz ehe sie mit einer Spritze in der Hand zurück kam. Ich sah zu ihr herüber und rückte weg. „Kommen Sie…“ Ordnete sie an während sie die Nadel aufsetzte. „Sonst brechen Sie uns nur wieder zusammen und das wollen Sie doch wohl nicht.“ Die Ironie in ihrer Stimme regte mich auf. Ich wollte zu Timo und mich wie noch vor einiger Zeit einfach in seine Arme kuscheln. Unmöglich…Bis an den Rand des Sofas war ich gerutscht und zwang mich mit einem Ruck aufzustehen, was sich als Fehler erwies. Sofort war der Schwindel wieder da, die Übelkeit, und es wurde schließlich schwarz um mich herum. Irgendwann wachte ich wieder auf. Das Bett in dem ich lag war eines dieser typischen, abartigen, sterilen Krankenbetten. In meinem rechten Arm eine ätzende Infusion und neben meinem Bett die Krähe. Sie las in einem Buch. Als ich den Kopf gedreht hatte und sie bemerkt hatte legte sie das Buch zur Seite und sah sofort nach mir. Wie als ob sie wisse was sie tat, was ich persönlich bezweifelte, fuchtelte sie an der Infusion herum, an dem Beutel mit der Kochsalzlösung, leuchtete mit einem dieser grellen Lichter in meine Augen, richtete dann die Decke wieder und setzte sich zurück. „Sie befinden sich außerhalb von Helsinki und wurde vor einigen Tagen bei uns eingeliefert, weil sie beinahe an einer Überdosis Heroin gestorben wären. Um ihr Suchtgefühl zu mindern geben wir ihnen täglich drei kleine Rationen, welche in ihrer Dosis nach und nach abnehmen werden um sie wieder runter zu kriegen. Allerdings macht uns der hohe grad ihrer Unterernährung langsam Sorgen. Wenn sie sich weiterhin weigern zu essen müssen wir Sie nicht nur wie bisher künstlich Ernähren, sondern zwingend.“ Mein Kopf knickte zur Seite. Das war viel auf einmal. Aber nun wusste ich wenigstens wo ich war und was passiert war. Und vor allem was ich angerichtet hatte. Kapitel 4: Rückblick -------------------- Die Straßen waren dunkel und das wenige Licht welches auf sie schien, war nicht wirklich von großer Hilfe. Doch wer wollte schon gesehen werden, wenn man sich Nachts auf die Straße traute. Kopftuch, Sonnenbrille, weite Jacke in dessen Taschen er seine Hände verbarg, der Kragen etwas hoch gestellt. Manchmal hob er kurz den Kopf um sich flüchtig umzusehen, sobald Scheinwerferlicht vorbeifahrender Autos jedoch sein Gesicht streifte, senkte er diesen und wandte ihn an. Als er das Klackern hoher Absätze auf dem Asphalt hörte, blickte er auf. In einiger Entfernung sah er eine schlanke Frau die etwa seine Größe hatte und schulterlanges Haar. Mit einem leichten Ruck riss er sich von der Wand los und ging einige Schritte auf sie zu. Er hatte sie schon lange erkannt. So wie sie ging, ihre Statur und die Art wie sie ihre Tasche trug, war unverkennbar. „Hallo“ ihre ruhige Stimme drang an sein Ohr und ihr typisches Lächeln legte sich in sanften Linien um ihre Lippen. Er erwiderte ebenso ruhig eine Begrüßung ehe sie sich gegenseitig in die Arme schlossen. Sie ergriff seine Hand und beide gingen los. „Wie war dein Tag?“ Fragte sie nach einiger Zeit. „Ging so“ war die knappe Antwort. Während sie weiter die Straße entlang gingen sprachen sie nicht mehr miteinander. Er hatte Gründe für seine Wortkargheit und das wusste sie genau, ebenso das es besser war ihn jetzt nicht anzusprechen. „Gehen wir noch irgendwohin?“ „Nicht direkt, zuerst will ich mich beruhigen.“ Er log sich selber an. Anstatt sich zu beruhigen oder die Situation die er umgehen wollte, machte er alles nur noch schlimmer. Sie jedoch nickte nur und bog in eine Seitenstraße ein. Einige Minuten später gingen sie am Bahnhof vorbei in dessen Nähe sich ihre typische Unterkunft befand. Er hatte schon vorher gebucht und war ihr lediglich ein Stück entgegen gegangen als kleine Aufmerksamkeit und Anstand. Als sie das Hotel betreten hatten wurde der junge Mann an der Rezeption wieder aufmerksamer. Unauffällig schielte er von seinen Unterlagen hoch und sah den beiden nach ehe sie im Aufzug verschwanden. „Ich freue mich übrigens dich zu sehen“ leicht drückte sie seine Hand und lächelte ihn an bevor sie ihren Kopf an seine Schulter legte und zu ihm aufsah. Er nickte und zwang sich zu einem leichten Lächeln. „Schön zu hören wenn sich Leute noch über jemandes Anwesenheit freuen können“ erwiderte er. „Natürlich. Tu doch nicht so als würden das nicht alle anderen auch machen“ kicherte sie und piekte ihm leicht in die Seite. Außer einem leichten zusammen zucken entgegnete er nichts… Kapitel 5: One another ---------------------- Die Krähe gab mir einige Minuten Zeit ihre Äußerungen sacken zu lassen, ehe ihre Stimme wieder durch den Raum dröhnte. „Ich hoffe für Sie das Sie einer der Patienten sind die Begreifen und bereit sind sich helfen zu lassen.“ Ich für meinen Teil war nicht an ihr interessiert. Mir stachen andere Gedanken übel in die Seele. Die Krähe wusste aber anscheinend genau was in mir vorging und erhob sich um ein Glas Wasser holen zu gehen, welches sie mir nach kurzer Zeit auf den Tisch an meiner Seite stellte. Sie stellte es mit einer Strenge auf den Tisch das dass Wasser fast überschwappte und mich das Geräusch des Glases wie es auf den Tisch schlug, zurück in die Realität zerrte. Erst als ich sie ansah und einen Augenblick ihrem Blick standhalten konnte setzte sie sich wieder. Mit Mühe setzte ich mich auf, was sie nur mit einem kurzen aufblicken von ihrem Buch beachtete. Mein Blick richtete sich zu meiner rechten aus dem Fenster. Die Gegend war eine schöne. Draußen ragten hohe Tannen in die Luft und in weiter ferne konnte ich einige Felder erkennen. Nicht einmal ein Hauch von Großstadt war zu erkennen. Der Himmel war nur vereinzelt mit Wolken bedeckt die Regen auf die Erde entließen. Am hinteren Ende des Feldes legten sich die Züge eines Regenbogens in die Luft. „Darf ich bitte nach draußen gehen?“ Fragte ich vorsichtig ohne den Blick von dem Regenbogen zu lassen. „Heute nicht mehr. Draußen ist es kalt und es regnet.“ „Es regnet nicht stark und die Sonne scheint“ bemerkte ich kleinlaut. „Heute nicht mehr.“ Erwiderte sie ohne weitere Erklärungen und ich musste es hinnehmen. „Können Sie wenigstens das da aus meinem Arm ziehen?“ Fragte ich sie mit einem Blick auf meinen Arm. Sie klappte ihr Buch erneut zu, legte es zur Seite und ging um das Bett herum. Nachdem sie meinen Puls gemessen hatte nickte sie leicht und zog mir die Nadel aus dem Arm. „Ihr Kreislauf hat sich etwas stabilisiert, aber übertreiben Sie es nicht gleich wieder“ mahnte sie mich und ging zur Tür. „Wagen Sie es sich und gehen nach draußen“ und sie verließ den Raum. Seufzend hing ich die Beine aus dem Bett und setzte mich an die Bettkante. Aber im Laufe des Tages schaffte ich nicht mehr als einmal zum Fenster zu gehen und einmal durch das Zimmer ehe die Krähe wieder kam und mich zurück ins Bett scheuchte. Somit lag ich wieder im Bett und schaffte es auch nach einigen Minuten schlaf zu finden. Aber keinen besonders ruhigen und lang anhaltenden… Irgendwann mitten in der Nacht wurde ich wach. Draußen war es stock dunkel, lediglich der halber Mond der über den Feldern hing grinste frech zu mir herunter. Über den Tannen und den Feldern schwebte Nebel der sich meines Ermessens nach rasch fortbewegte. Nachdem ich mich aufgesetzt hatte und zum Fenster gegangen war um mir das Ganze genauer zu betrachten ergriff mich wieder ein Schauer. Es war kalt. Dunkel. Ich war allein und das Zittern fing wieder an. Hinter mir hörte ich Schritte, doch als ich mich umdrehte war niemand zu sehen. Auch als mein Blick wieder aus dem Fenster schweifte dachte ich einen Schatten von dem Fenster verschwinden zu sehen. Mit unsicheren Schritten ging ich mehr in die Mitte des Zimmers und drückte mich, nachdem ich wieder hinter mir jemanden vermutet hatte, eng an die Wand. Das Zimmer wurde kleiner. Die Fratze des Mondes kam näher, hing fast direkt vor dem Fenster und schickte seine Schatten zu mir. Raus. Ich musste hier raus und rückte langsam an der Wand entlang in Richtung der Tür. Zuerst war noch alles ruhig, schien sich zu normalisieren, dann tauchten jedoch diese Schatten wieder auf und rückten nach. Plötzlich war es hell im Zimmer und sie manifestierten sich. Es waren keine Schatten. Perttu…“Perttu was willst du?“ Fragte ich zittrig ohne eine Antwort. Ich starrte ihn an. Der kalte Schweiß perlte auf meiner Stirn. „Dauernd kommst du.“ Mein Blick glitt zu dem anderen Schatten der nun keiner mehr war. „Guck dir unser Kind an“ sagte sie, kam näher. Ich schüttelte den Kopf „das geht nicht…“ die Tränen stiegen mir in die Augen und ich versuchte von ihr weg zu gehen. „Unser Kind ist nicht am Leben“ wimmerte ich, bat sie weg zu gehen, aber sie kam näher. Dann spürte ich plötzlich einen Griff an meinem Arm und sah zu meiner rechten. Mit einem heftigen Ruck und einem erstickenden Aufschrei entriss ich mich und drängte mich wieder mehr zur linken Seite hin wo bereits wieder der Mond wartete. „Komm schon. Ich hab ihn umgebracht, ich hab es umgebracht und du, du hast uns alle miteinander umgebracht, besonders mich. Komm, du bist dran.“ Grinste er gehässig und griff wieder nach meinem Arm. Es war Timo. Ich wehrte mich. Zappelte wild und schlug um mich, tastete ob ich nicht irgendetwas finden konnte und hatte irgendwann eine Vase in der Hand die ich ihm über den Kopf zog. Er brach sofort zusammen und ich sprang schnell über ihn und rannte aus dem Zimmer ehe Perttu und Rebecca mit dem toten Kind auf dem Arm bei mir waren. Die Tür knallte ich hinter mir zu. Endlich war das Grinsen des Mondes weg. Auf dem Flur war es taghell aber ich war alleine. Wie ein Verbrecher schlich ich noch einige Meter weiter ehe ich mich in eine Ecke hinter einem Sofa drängte und zu Boden ließ. Es war eine zu stickige Luft, mir war warm und kalt, das Zittern nahm kein Ende und mir war klar das mir etwas fehlte. Aber wo sollte ich es her kriegen? Zuerst kämpfte ich darum wieder Luft zu kriegen. Kämpfte dann darum wieder auf die Beine zu kommen und musste fest stellen das es nicht ging. Ich kroch wieder aus der Ecke, kauerte mich schließlich nach kurzer Zeit wieder zusammen. „Da ist er!“ Es dämmerte von weit her zu mir rüber und dröhnte und hallte in meinem Kopf nach. Mein Atem hatte sich rapide beschleunigt und ich schaffte es fast nicht mehr normal die Luft zu atmen. Mit einem schmerzlichen Stöhnen schob ich einen Arm über meine Ohren und meinen Kopf. Kurze Zeit später riss man an mir herum, drehte mich auf den Rücken. Das Licht an der Decke war zu hell, sodass ich die Augen schloss. Wieder versuchte ich mich zu wehren, aber schaffte es nicht. Die Tränen rannen mir über die Wangen und vermischten sich mit dem kalten Schweiß meiner Stirn. „Bleiben Sie ruhig.“ Redete man beruhigend auf mich ein. Doch alles wurde nur noch schlimmer. Es wollte nicht aufhören, auch das zittern nicht. „Holt schnell etwas!“ Irgendwann erreichte mich dieser Satz und im gleichen Augenblick spürte ich bereits die Erlösung in meinen Venen. Mein Atem wurde ruhiger und auch mein Körper entspannte sich langsam. Wieder stöhnte ich schmerzlich auf als ich den Versuch unternehmen wollte mich aufzusetzen, jedoch vergeblich. Das Licht wurde dunkler, die Stimmen leiser und irgendwann verebbten alle Bilder, Geräusche und letztlich auch Gedanken, das Heroin hatte mich wieder betäubt… Kapitel 6: Rückblick II ----------------------- Als sie ihr Zimmer bezogen, setzte er sich zunächst an die Bettkante. Sie hingegen stellte ihre Tasche auf einem Stuhl an der Wand ab, wühlte kurz darin herum, ehe sie ihre Jacke auszog und kurz ins Bad verschwand. Sein Blick folgte ihren Bewegungen, jedoch ohne Gefühl und ohne jeden Gedanken. Als sie weg war trat er an das Fenster. Er zog den Vorhang zur Seite und sah sich flüchtig um. Hier sah es immer gleich aus. Jedes mal wenn er aus dem Fenster sah oder über die Straße ging. Alltags-Monotonie die ihm zu Hause jedoch nie auffiel. Alltags-Monotonie die er erst jetzt bemerkte. Er senkte den Blick. Sah auf den Bürgersteig irgendwo weit unter sich und wie die Regentropfen darauf prallten. Was ein Unsinn das Regen vom Asphalt zerschlagen wird, dachte er bei sich ehe er sanfte Arme spürte die sich langsam um seine Hüfte legten. „Komm zu mir...“ hauchte sie in sein Ohr und führte ihn bereits leicht zurück zum Bett. Er setzte sich und sie nahm auf seinem Schoß platz, spielte an einer seiner Haarsträhnen. „Wir müssen mehr aufpassen...und ich brauche mehr. Die Pillen reichen nicht mehr.“ Sofort unterbrach sie ihr Spiel. „Besser aufpassen? Bisher hat doch auch niemand was gemerkt. Hast du jemandem was gesagt? Weiß jemand wo du bist?“ Sie war sichtlich nervös und unruhig, auch das Flattern in ihrer Stimme wuchs von Frage zu Frage. Er schüttelte nur leicht den Kopf und blieb weiterhin ruhig, im Gegensatz zu dem Blut in seinen Adern. Es begann wieder zu schmerzen...“Nein, keiner weiß was genaues. Timo meinte nur plötzlich ein Auge auf mich werfen zu müssen und nachzufragen wohin ich dauernd abhaue.“ Direkt als der Name fiel, verzog sie das Gesicht. „Dieser Penner wieder...“ „Hör auf so über ihn zu reden, du weißt wie lange ich ihn kenne und das ich ihn leiden kann...“ Sie nahm bereits Luft um dagegen zu halten, er jedoch hob nur knapp die Hand und schüttelte den Kopf ehe er fortfuhr, „nein, ich weiß ebenso wie sehr er dich damit verletzt hat und kann deine Wut verstehen.“ Es trat Schweigen ein. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, spielte wieder mit den Haarsträhnen und wurde sanft von seinen Armen gehalten. „Die Pillen reichen nicht...ich will was anderes...was besseres. Die machen mich alle wahnsinnig. Dauernd nörgelt einer von ihnen rum, ständig steht irgend jemand bei mir auf der Matte und will wieder irgendwas von mir, anstatt das sie mich einfach mal in Ruhe lassen“ murrte er. Sofort erntete er Verständnisvolles Nicken. ‚Niemand außer ihr versteht mich wirklich...’ dachte er und verkannte dabei hinter welchen Schleier er immer mehr verschwand. Ein Schleier welchen nur ihn bedeckte und die Welt um ihn herum verteufelte, böse machte und Engel zu Dämonen, gar Teufeln machte. Doch sie, sie befand sich mit unter diesem Schleier, hatte ihn mit hinunter gezogen und behielt ihn bei sich. „Ich hab da was...“ sie stand auf und wühlte in ihrer Tasche herum. Er setzte sich auf, rutschte ans Bettende, lehnte sich gegen das Holz hinter sich und wartete. Er beugte sich erst vor als sie etwas vor ihn schmiss. „Überlegs dir gut...“ Sie fing wieder an zu rauchen, schritt nun ihrerseits ans Fenster und sah heraus. Vorsichtig nahm er zuerst das kleine Tütchen in die Hand, spielte damit zwischen seinen Fingern ehe er den Löffel ansah, schließlich Nadel und den Rest in die Hand nahm, ebenso damit spielte und dann nickte. „Ich wills versuchen...“ Kapitel 7: Shit repeats ----------------------- Am Morgen wachte ich mit einem Pochen in den Schläfen auf, das ich dachte mir würde der Kopf zerspringen. Der Versuch kurz an meinen Kopf zu fassen, blieb zu meinem erstaunen erfolglos. Zunächst vermutete ich das ich lediglich noch nicht ganz wach war, doch als ich es mit etwas mehr Nachdruck versuchte, spürte ich wie etwas an meinem Handgelenk stand hielt und mich nicht weiter kommen ließ. Das selbe galt auch für meine linke Hand. „Sie haben dich fest gebunden.“ Allein diese Stimme ließ mich meine Gedanken ordnen und meinen Blick neben mich huschen. Er war da. Er war wirklich wieder gekommen. Wie aus Reflex wollte ich mich aufsetzen, die Arme nach ihm ausstrecken, aber meine Fesseln hielten mich davon ab, was ich bereits nach einigen Zentimetern spüren musste. Timo rührte sich nicht. Er sah auf mich herab, aber diesmal wandelte sich seine Verachtung bereits nach einigen Sekunden in Mitleid, sodass er aufstand und zu mir herüber kam. Auf der Bettkante nahm er platz und legte seine Hand in meine, welche ich sofort mit den Fingern umschloss. Er erwiderte diese Geste, meinen Blick jedoch nicht. Diesem konnte er nicht standhalten. Timos Blick ruhte auf einem wahllosen Punkt im Nichts, irgendwo Richtung Boden, weit weg von mir, woraufhin ich annahm er sei nicht ganz bei der Sache und nur gezwungenermaßen hier. Es wäre unverschämt gewesen ihn darauf aufmerksam zu machen und ich wollte ihm auch nichts zum Vorwurf machen, dazu war ich viel zu froh das er überhaupt gekommen war. Zu reden traute ich mich hingegen auch nicht und zu meinem Erstaunen war es schließlich er welcher das Wort ergriff. „Ich habe nachgedacht“, er schluckte schwer, als ob es ihm viel Überwindung kostete die passenden Worte zu finden. „Seit wir uns aufeinander eingelassen haben geht alles schief. Das nicht alles deine Schuld ist weiß ich. Ich hab genau so viel Mist gebaut wie du und bin vielleicht sogar an mehr Dingen schuld als ich mir eingestehen will. Gestern hab ich mir noch mal alles durch den Kopf gehen lassen. Bisher konnten wir alles so weit noch verkraften und halbwegs in Ordnung bringen, aber das hier…ich halte das nicht mehr aus. Schon als das anfing konnte ich nicht mehr, aber dieser Rückfall. Dein scheiß Rückfall!“ Er schnappte zornig nach Luft und drückte meine Hand fester. Mit seiner Ruhe war es vorbei. „Du hast es mir versprochen! Zweimal! Und jetzt guck wo du gelandet bist! Du weißt ja nicht mal mehr was du tust!“ Er riss sich los, sprang auf und vergrub die Hände in den Haaren während er im Zimmer auf und ab ging. Ruhig sah ich ihm dabei zu und schwieg. Es traf mich nicht…Es war mir nahezu egal…Ich konnte genau sehen und erkennen das er wirklich am Ende war. Diese Tatsache tat mir Leid. Zumindest sagte ich mir das es mir Leid tun müsste, aber ich empfand nichts dabei. Das Schweigen auf beiden Seiten wurde davon unterbrochen das er begann im Zimmer auf und ab zu gehen. „Ich gebe dir hiermit die letzte Frist. Wenn ich schon her komme um mit dir zu reden und du mich nur anschweigst, ist es auch nicht nötig dich weiterhin zu besuchen.“ So weckte er mich aus meinem Schweigen. Mit großen Augen sah ich ihn an, doch er ignorierte mich und sah weiter aus dem Fenster. „Ignoranz ist schon ätzend, was? Wenn du hier raus bist, sehen wir uns wieder bei der Arbeit. Tschüß“ und ohne einen letzten Blick oder ein letztes Wort verließ er das Zimmer. Verließ er mich. Ich weiß bis heute nicht in welcher Ohnmacht ich lag, das ich einfach nicht mit ihm sprach. Vielleicht war es Schock gewesen oder unbewusste Unfähigkeit. Irgendwo hatte ich mir vielleicht sogar eingeredet das mir alles egal war und mittlerweile weiß ich sogar das es mir zunächst egal war. Es ist schwer einen Drogenabhängigen nachzuvollziehen ohne jemals selbst in der Situation gewesen zu sein oder auch nur eine Droge positiv erlebt zu haben. Keine Droge ist positiv, aber oft lässt sie uns das glauben, insbesondere dieser chemische Dreck den ich mir seit einiger Zeit wohl in die Venen spritzte. Ich dachte immer nur wieder an Perttu. Er war mein bester Freund gewesen und er ging schließlich an diesem Dreck zugrunde. Damals konnte ich nur zusehen und nichts dagegen ausrichten. Natürlich blieb nichts unversucht und auf mein flehen hin hatte er sich damals sogar in eine Entzugsklinik einweisen lassen, doch direkt nachdem er draußen war fing er wieder zu fixen an. Perttu hatte mir solche Sorgen und solchen Kummer bereitet, das ich irgendwann mitten bei der Arbeit einfach zusammenbrach. Ich trat nicht sofort weg, vielmehr hatte ich mich verkrümmt, in mich geschlossen und weinte bittere Tränen. Die Proben waren damit beendet und meine anderen vier Freunde stürmten zu mir, ließen sich neben mir nieder und versuchten in Erfahrung zu bringen was los war. Nach mehreren Minuten gestand ich es ihnen, schwer schluchzend, während mir der Kajal wie schwarze Tränen die Augen hinab rann, was los war und sie beschlossen im Geheimen sich um Perttu zu kümmern. Zunächst schien sich die Lage zu bessern, doch eines Tages wurde unsere Probe erneut unterbrochen. Wir hatte gerade Pause als mein Handy klingelte. Sofort ging ich rann und nach wenigen Sätzen meines Gegenübers erhob ich mich und begann durch den Raum zu spazieren. Irgendwann legte ich auf, legte stumm das Handy auf den Tisch und ging in den Nebenraum. Ohne irgendein Wort stützte ich meine Handy auf die Fensterbank ehe ich jenes öffnete und heraus sah, dann erst, nachdem ich das Rauschen des Meeres hörte und einige Vögel singen hörte, dann erst verstand ich. Wie in absoluter Tobsucht fing ich an zu schreien und packte alles was zu fassen war um es gegen die Wand zu schmeißen, aus dem Fenster, gegen die Tür, auf den Boden. Bald schon kamen die anderen, trauten sich jedoch nicht näher an mich heran. Im Laufe der Aktion gingen Stühle zu Bruch und auch das Glas eingerahmter Schallplatten und Fotos splitterte. Eine perfekte Metapher für ein zerstörtes Leben… Mit den Fäusten schlug ich ebenfalls gläserne Rahmen von alten Fotos ein, schlug gegen die wand und zerstörte mit bloßen Händen eine der Scheiben ehe ich in Rage einen Überrest des Stuhls packte und ihn gegen die Wand hinter mir schmiss. Ich verfehlte das Ziel und stampfte rüber, schlug also mit bloßen Händen, schreiend und von Tränen überschüttet, auf das Glas ein welches ein Bild von Perttu und mir schützte. Mittlerweile ging es mit meiner Kraft zu Ende. Die Fäuste waren blutig geschlagen, auch im Gesicht waren einige Schnittwunden zu sehen, ebenso befanden sich Splitter von Glas und Holz in meiner Kleidung. Ein letztes Mal schrie ich bitterlich auf und schlug meine Faust in das Bild, welches nun wegen der Wucht meines Schlags leicht an seinem Nagel hin und her schaukelte. Ich sank auf die Knie, direkt in die Splitter und schlug meine Hände vor das Gesicht. Bald rannen Tränen zwischen dem Blut meiner Hände hervor und tropften auf die Scherben unter mir. Noch immer traute sich niemand an mich heran. Lediglich Archzie traute sich näher an mich heran und sogar die gut gemeinte Geste seinerseits mir die Hand auf die Schulter zu legen wurde von mir nur Aggressiv in empfang genommen indem ich ihn anbrüllte mich in Frieden zu lassen und zu verschwinden. Sofort trat er von mir zurück und auch die anderen traten einen weiteren Schritt zurück, ohne zu wissen was überhaupt los war. Timo traute sich lediglich schließlich doch an mich heran. Von hinten legte er beide Arme fest um mich, schloss somit meine Arme so ein das ich nicht nach ihm schlagen konnte. Zu Beginn wehrte ich mich, schrie ihn an und zappelte, versuchte die Arme los zu kriegen um ihn zu schlagen, versuchte sogar ihn zu beißen und zu treten als ich mich und ihn fast ganz zu Boden gerissen hatte. Er sprach nur immer wieder leise davon das ich mich beruhigen müsse, doch ich schrie ihn immer nur wieder an das alles vorbei wäre und das er mich los lassen solle. Darauf reagierte er nicht sondern festigte seinen Griff nur noch stärker bis ich irgendwann in seinen Armen zusammen sackte, mich ihm zuwandte, die Arme um ihn schlang und mich an ihn presste. Es war das erste Mal das mich alle vier so bitterlich Weinen sahen. Erstickend schluchzte ich gegen Timos Hals und griff immer wieder neu in sein Hemd um den Halt nicht zu verlieren, doch er wog mich nur weiterhin still und geduldig in seinen Armen. Irgendwann wurde ich ruhiger und flüsterte nur „ich muss zu ihm“. Daraufhin ließ Timo mich los und ich stand auf, sah in die fragenden Gesichter meiner anderen Bandkollegen und Kameraden. Mit gesenktem Kopf stand ich vor ihnen. „Perttu…er…“ mir stiegen erneut die Tränen in die Augen, ich begann zu zittern und Schauer liefen durch meinen gesamten Körper. „Er…er ist…“ schon war das beben wieder in meiner Stimme, „er ist…Überdosis…er ist tot…“ die Tränen flossen wieder in kleinen Bächen meine Wange herab. Einige Schritte ging ich weiter, griff zitternd nach meiner Jacke. Sie wussten das es falsch wäre auch nur irgendetwas im Sinne einer Beileidszusprechung zu erwähnen und so schwiegen sie lieber und sahen zu. Es war klar das die Proben für heute beendet waren, dafür bedurfte es keiner weiteren Worte. Ich packte also meine Jacke, zog sie über, ging noch einige Schritte, doch dann war es vorerst vorbei. Noch einmal flüsterte ich zu mir selbst „Perttu ist tot…“ ehe meine Knie nachgaben und der Rest meines Körpers folgte. Ich brach zusammen. Es war wie ein Schutzmechanismus um nicht weiter ertragen zu müssen das dass schmerzlichste meines bisherigen Lebens passiert war. Mein bester Freund war tot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)