Strömung zum Prallhang von Lucien_Leclerc ================================================================================ Tag 2 ----- Die Tür schlug erbärmlich quietschend auf. Jemand stöckelte auf Absatzschuhen durch das Zimmer. Riss Marek die Decke vom Leib, drückte ihm einen schmächtigen Kuss auf die Wange und meinte befehlend im Davongehen: "Schnapp dir den Besen und fege die Veranda aus!", ließ die Tür rücksichtslos wieder zuknallen. Marek rieb sich die Augen, setzte sich langsam auf und blinzelte verschlafen in Richtung Tür. "Guten Morgen Mama...", nuschelte er obwohl sie ihn ehe nicht mehr hören konnte. Als die notdürftige Morgentoilette abgeschlossen war, ging er zum Treppenabsatz und schielte hinunter in die Küche. Niemand war zu sehen oder zu hören. Nur der Wasserhahn tröpfelte sein Liedchen. Verwundert über diese Ruhe ging er hinunter. Die Küche sowie das Wohnzimmer dahinter waren leer. Um die Arbeit zu verrichten, die ihm seine Mutter am frühen Morgen so herzlich aufgetragen hatte, kramte er im großen Holzschrank unter der Treppe nach einem Besen. Als dieser endlich aus dem Gewirr von Wischmopp und Co entwunden war, ging er zur Vordertür hinaus, auf die Veranda. Die Pergola mit Weinbewuchs über ihm trieb ein Licht - und Schattenspiel auf dem morschen Parkettboden. Marek sah auf. Die Sonne stand schon hoch und gleißend am blauen Himmel. Zum provisorischem Frühstück pflückte er sich ein paar herabhängende Weintrauben und begann dann die Veranda von vertrockneten Weinblättern und Schmutz halbherzig frei zu fegen. Mit der Zeit wurde die Luft allmählich trocken und drückend. Obwohl er schon unter der Pergola im Schatten arbeitete, fing die Mittagshitze an ihm zu schaffen zu machen. Immerwieder musste er sich den Schweiß von der Stirn wischen und als die letzten Blätter mit dem Besen vom Parkett befördert wurden, war Marek's olivgrünes T-Shirt völlig durchgeschwitzt. Es klebte unbehaglich an der Haut, so dass Marek es nicht mehr länger aushielt. Er streifte es sich über den Kopf und legte es légér über einen Querbalken der Pergola. Eine leichte Windbrise brachte seinem entblößten Oberkörper willkommene Abkühlung. Er steckte sich und lehnte sich dann auf die Brüstung um den Schotterweg hinauf zu sehen. Er machte sich langsam ernsthafte Gedanken wo Onkel Louis und seine Mutter abgeblieben seien könnten. Nachdenklich griff er sich ins nussbraune Haar. Dann kam ihm die Idee ,dass sie vielleicht eine Nachricht hinterlassen hatten und ging ins Haus zurück. Tatsächlich lag auf dem Küchentisch ein kleiner Zettel. Hastig überflog er ihn. Wir sind auf den Wochenmarkt nach Die gefahren und kommen im laufe des Abends gegen 20 Uhr wieder zurück. Wie fast jeden Tag wird Monsieur Saré's Enkel gegen Mittag vorbeikommen. Sei so gut und lass Francois in den Hinterhof, damit er sich wie immer das Wasser vom Bach holen kann. Mach dir noch einen schönen Tag ! Onkel Louis "Oh man!", dachte sich Marek und schaute hoffend zur Küchenuhr über der Spüle auf. Es war schon gegen 13 Uhr. Sicherlich würde Francois gleich aufkreuzen. Marek kannte ihn schon von den Sommerferien zuvor. Er hatte allerdings immer riesige Probleme sich mit ihm zu verständigen, da Marek's Französisch jedesmal mehr als eingerostet war, wenn er es gegenüber einem Franzosen anwenden sollte. Gesetzt dem Fall, Francois sagte ihm etwas , verstand er meistens nur Bahnhof und kam sich immer so ziemlich hilflos und verblödet vor, wenn Francois versuchte sich verständlich zu machen, er nach dem dritten Versuch aber immer noch nichts verstand. Meist drosselte Francois sein Sprechtempo dann 5. dermaßen, dass er die Wörter schon halb buchstabierte. Marek gab es nicht gerne zu, aber obwohl sein Vater Franzose war, konnte er so gut wie kein Französisch und das war für ihn blamabel genug. In seiner Verzweiflung drehte er sich einmal um sich selbst und ging dann nochmal auf die Veranda. Wenn man vom Teufel spricht! Da kam er auch schon! Mit zwei klobigen Holzeimern in der Linken und Rechten lief er über den Schotter des Vorhofes auf Marek zu. Gestresst strich er sich mit beiden Händen durchs Haar und ließ sie dann im Nacken ruhen, blickte zu Boden um zu überlegen was er als Erstes sagen könnte, ohne gleich unhöflich zu wirken. ">BonjourSalutSalut< heraus. Daraufhin lächelte der schwarzhaarige Altersgenosse matt. "Euh..." Francois Blick wanderte unerwartet, langsam zu Marek's entblößten, schweißnassen Oberkörper herab. "Il fait chaud aujourd' huit, hein?", lächelte ihn dann wieder schief an. Den ersten Satz denn Marek verstanden hatte. Innerlich schlug er vor Freude Purzelbäume. Dabei dachte er sich: "Klar ist es heiß heute, ist dir etwa kalt?" Marek nickte zustimmend aber belustigt und nuschelte: "....Scherzkeks!" während er sich auf den Weg durch die Küche und Wohnstube zum Hinterhof hinaus machte. Francois stutze aber folgte ihm dann mit schnellem Schritt. Durch die Balkonschiebetür auf den Hinterhof gelangt, ging Francois an den Rosenbeeten vorbei. Marek wartete hinter dem Haus auf ihn, bis er das Wasser geholt hatte. Mit ernstem Blick sah er ihm hinterher. Sein schwarzer Schopf verschwand aus Marek's Sichtweite hinter einer der letzten, rosa Rosenhecken. Marek wusste ,dass Francois es nicht einfach hatte. Der Junge mit der gesunden Hautbräune und den stechend grünen Augen, musste innerlich krank vor Erschöpfung sein. Die Familien Saré und Mourit waren zerstritten und eigentlich durfte Francois sich gar nicht bei Marek aufhalten, zumindest von seinem griesgrämigen Großvater aus nicht. Man mag es nicht glauben, aber dieser war, was das Herumkommandieren anging, noch einen Zahn schärfer als Marek's Mutter. Laut Onkel Louis sei Francois einfach zu gutmütig und willensschwach um zu wiedersprechen. So fügte er sich jedes mal dem Alten und stellte seine eigenen Wünsche hinten an und das schien er immer noch zu tun. Was mit seinen Eltern geschehen war und weshalb er nun allein mit seinem Großvater zusammen lebte wusste niemand so genau. Fakt war, dass man von hier aus am Besten an den Bach heran kam ohne groß durch die Botanik wandern zu müssen. Er ging vor den Rosen in die Hocke und musterte sie von Stängel bis Blüte, seufzte einmal zufrieden und sah dann nochmals auf, um nach Francois zu sehen. Dieser kam soeben den schmalen Sandweg neben dem Rosenbeeten schwerfällig hinauf getrottet. Die Eimer waren randvoll mit Wasser gefüllt, das durch den unruhigen Gang über den Rand schwappte. Marek kam ihm sofort entgegen und nahm ihm einen Eimer ab. Francois lächelte erleichtert und Marek sackte von dem Gewicht des Eimers zusammen, grinste aber aufgesetzt zurück. "Tu es fou!", stieß er beiläufig aus. "Oui, isch weiss!", kam in gebrochenem Deutsch zurück. Marek hielt schlagartig inne und ließ sich zurückfallen, zog ungläubig beide Augenbrauen in die Höhe, schluckte und starrte Francois nach, der unbehelligt mit seinem Eimer weiterlief. In ein paar großen Schritten holte er in wieder ein. "Du .....", blickte ihn freudig erstaunt von der Seite an. "... du kannst deutsch sprechen?!" Francois quittiert das mit einem leicht verlegenen Lächeln. "Wiso weiss ich davon nicht's! Sommer für Sommer mache ich mir Gedanken wie ich mich mit dir unterhalten kann und du sagst mir das erst jetzt?! Formidable!" Francois kichert leise und 6. als sie am Haus angekommen waren, hielt er Marek die Balkon Schiebetür auf und ging mit ihm ins Wohnzimmer. Er stellte den schweren Wassereimer neben die Couch und ließ sich dann erleichtert seufzend in die Polster sinken. Marek gesellte sich dazu. "Wie schaffst du das jeden Tag die schweren Eimer zu dir nach Hause zu schleppen. Ich meine....." , kratzt sich am Kopf und dreht sich mit dem Oberkörper halb zu ihm. "...Du dürftest doch eigentlich keine Hände mehr haben. Ich wundere mich ,dass die noch nicht abgefallen sind." Francois nickte zustimmend und lächelte leidig. Seine Hände ruhten auf den Knien. Er drehte langsam die Handinnenflächen nach außen, die zerschunden und mit roten Blasen übersäht waren. "Oh-Mein-Gott!", kam es von Marek her, der sich verklemmt den Nacken rieb. Dann war es still. Eine geschockte Stille. Er betrachtete noch einen Moment Francois Hände, stand dann auf und ging in die Küche. "Warte. Ich komme gleich wieder.", meinte er ermahnend während er die Treppe hinaufstieg. Francois blinzelte gespannt hinterher. Mann hörte deutlich Marek's dumpfe Schritte auf dem Boden. Nach ein paar Minuten kam er mit Verbandszeug und einem circa zwei Meter langen Stock, mit der Stärke eines Armes zurück. Den Knüppel lehnte er gegen den Türrahmen zwischen Küche und Wohnzimmer. Er ging mit der Binde in der Hand zu Francois, kniete sich vor ihm hin und wickelte schon mal ein langes Stück aus der weißen Rolle. "Non!", drang es unerwartet von Francois her,der die Hände schützend in die Achseln vergrub. Marek sah verblüfft auf. Mit störrischem Blick fixierte Francois die halb ausgewickelte Binde in Marek's Händen. Marek starrte ihn nun mit strengem Blick an. "Was- >Non!<" Daraufhin schüttelte Francois den Kopf. "Ich will dir die Hände verbinden also her damit!", er wollte nach Francois Arm greifen, doch der zog ihn energisch von Marek weg: "Nür über meine Leische!", keifte er zurück. "Wenn das mein Opa sieht weis er wo isch war!" Marek schnaufte wutunterdrückend. "Das kann doch wohl nicht ......!", Marek schnappte nach Luft, stand auf und stemmte die Arme in die Seiten. "Hör auf dem Alten immer alles Recht zu machen! Du siehst doch was dabei raus kommt!" Er deutete auf Francois Hände. Francois schaute betreten zu Boden. "Mais...Il es mon grand-pére..." "Das kann gut sein, das er dein Großvater ist." Er seufzte und ging wieder in die Hocke um Francois in die Augen zu sehen. Er wurde wieder ruhiger. "Aber Gutes tut er dir damit nicht.....Hab ich Recht?" Francois fehlten die Worte und versuchte Marek's fordernden Augen aus dem Weg zu gehen in dem er mit dem Blick am Boden festhielt. "Na,.... was ist?", stocherte Marek behutsam nach. Letztendlich verdrehte Francois die Augen zur Decke empor und streckte Marek die Hände entgegen, um sie sich verbinden zu lassen. "Faire que tu veux!", grübelte er mit einer mitschwingenden Trotzigkeit. Als Francois Hände ambulant versorgt waren, benutzte Marek den Stock um ihm das Tragen der klobigen Holzeimer zu erleichtern. Im Vorhof hängte er jeden Eimer an einen Ende des Stockes und die gesamte Chose hievte er dann auf Francois Schultern. "So.." Er putzte sich triumphierend die Hände an seiner Hose ab. "Na, das ist doch schon viel besser, oder?" Er entgegnete ein freundliches Nicken. Marek schlug ihm kumpelhaft auf den Rücken: "Na dann..... a bientôt!" "Salut, et Merci! " , meinte Francois und stapfte den Sandweg hinunter ins Tal. " Keine Ursache!" rief er ihm noch hinter her, als er um die nächste Biegung hinter den Bäumen verschwand. Marek war glücklich. Er schlenderte auf die weinverhangene Veranda und setzte sich in einen der Korbstühle um den Sonnenuntergang zu genießen. Entspannt ließ er sich von den letzten Sonnenstrahlen wärmen. Er hatte einen Freund gewonnen und gelernt,dass auch ein Franzose seinen Nationalstolz überwinden kann, um einfach und schlicht zu kommunizieren, auch wenn der Franzose selbst das für unmöglich hält. Dennoch musste Marek sich beipflichten, das deutsch sprechende Franzosen einfach 7. putzig waren. ">Nür über meine Leische....<", zitierte er Francois belustigt. Er schlug mit der Handfläche gegen die Stirn und schrie ein lautes Lachen aus. "Was wird wohl werden wenn Francois sich an >Archäologe< ausprobiert?", spinnte er weiter. Allerdings wurde er in seinen Ausführungen über französische Sprachgewohnheiten unterbrochen, als sich mit lautem Knirschen und Ächzen der Renault Clio ankündigte, welcher gerade in den Vorhof einbog. Onkel Luis stieg als Erster aus und öffnete anschließend den Kofferraum. Seine Mutter gesellte sich ebenfalls zu ihm. Der Onkel fing an etliche Kleidungsstücke auf Sylvie's Armen zu stapeln, bis diese kaum noch den Weg vor ihren Füßen sehen konnte. An Marek vorbei, jonglierte sie die Wahre wortlos ins Haus. Quittierend schüttelte Marek seufzend den Kopf. Bei dieser Frau war Hopfen und Malz verloren. Plötzlich vernahm er Onkel Louis Stimme: "Eh Marek!", er kam geradewegs auf ihn zu, "Was hast du denn mit Francois angestellt?" Marek antwortete mit einer Frage: "Wart ihr schoppen?" er war stinksauer aber versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Onkel Louis stutze. "C'est grave?", wollte er unsicher wissen, wenn man Glück hatte konnte man sogar kleine Schweißperlen auf seiner Stirn erkennen. Mark wurde aufbrausend und konnte sich nicht mehr zurück halten: "Natürlich ist das schlimm!", fauchte ihn Marek an, darauf hin zuckte sein Onkel zusammen. "Hättet ihr nicht.....", in verzweifelter Rage stand er aus dem Korbstuhl auf . "........vernünftige Schuhe kaufen können? Das währe was gewesen, was sie gebraucht hätte!" Er ging hinein und traf seine Mutter in der Küche an, die gerade fröhlich, die Preisschilder von den frisch gekauften Kleidungsstücken entfernte. Sie schaute sich freudestrahlend nach ihrem Sohn um, der den Berg an Fummel, welcher quer über den Tisch verteilt war grimmig betrachtete. Ihre Mine verfinsterte sich als Marek's Finger verurteilend auf sie deutete. "Deine Koffer kannst du in Zukunft alleine schleppen! Dass das klar ist!" Mit schnellem Schritt und ohne seine Mutter weiterer Blicke zu würdigen, polterte er die Treppe hinauf. Im selben Moment kam auch Onkel Louis herein und schaute dem Jungen ratlos hinterher. "Ich wusste gar nicht das Marek so aus der Haut fahren kann." "Ja, er hatte schon immer ein sehr kräftiges Organ.", pflichtete Marek's Mutter bei, schien nicht weiter beeindruckt und friemelte weiter an den Etiketten herum. "Aber er hat Recht!", Onkel Louis lehnte sich nachdenklich gegen die Tischplatte. Sylvie wurde hellhörig. Die Etiketten glitten ihr aus den Fingern. "Wiso? Mit was denn?" Einen Herzschlag lang schauten sich beide stumm an. "Wir hätten dir lieber ein paar Sandalen kaufen sollen. Das wäre sinnvoller -" Sylvie sprang vom Stuhl auf und viel ihm mit lautstarker Hysterie ins Wort: "Fängt das jetzt schon wieder an!?" Mit beschwichtigender Gestik brachte er sie wieder dazu sich zu setzen und ruhiger zu werden. "Also Ich bin zufrieden so wie es ist!" "Ja, ja. Das mag ja sein." Louis ging langsam die Treppe hinauf. " Aber glaub mir, spätestens wenn du mit deinen Absatzschuhen zwischen den Steinen im Flussbett stecken bleibst, ist das Ganze nicht mehr so angenehm.", predigte Louis von oben herab. Sylvie ließ ein leises Grummeln vernehmen und schaute bockig auf die Kleider nieder. Inzwischen hämmerte Marek wie ein Irrer, wutentbrannt und ohne jegliche Anbindung an ein System auf dem Klavier herum. Den Desonanten der schiefen Töne, konnte man noch in der Küche lauschen. Sie sollten davor ausdrücklich warnen sein Zimmer zu betreten, oder auch nur anzuklopfen. Louis tat Beides. Marek ließ die Finger haltlos auf die Tasten fallen, setzte so der Höllensonate ein Ende und begrüßte ihn mit einem stranguliert ausgeschriehenden: "WAS!" Marek griff sich an den Hals. "Toll!", dachte er. Genau jetzt musste ihm der Stimmenbruch dem wirklich überzeugenden Wirken einen Strich durch die Rechnung machen. Ein aufbrausender Marek war nun mal wesentlich furchteinflößender als das Quietschen eines halb zerquetschten Würmchens. Er hüstelte, konnte den unerwünschten Wurm im Hals aber nicht wirklich vertreiben. 8. Louis lächelte unmissverständlich auf und lehnte sich légére gegen den hölzernen Türrahmen. Marek traute sich nicht mehr zu sprechen. Er könnte das Quietschen seiner Stimme nicht ertragen. Es währe zu entwürdigend, als dass er sich jetzt darüber aufregen könnte, dass Louis entgegen seine akustischen Warnung, es dennoch wagte sein Zimmer zu betreten. Imaginär pinnte er seinen Onkel schon argwöhnisch mit Wurfmessern an der Tür fest. Würde er nun etwas falsches sagen , zweifellos würde ihn das Nächste dann direkt treffen. Nun aber sagte er etwas total Unverständliches und lächelte dabei gleichermaßen liebevoll wie auch zuvor: "Soll ich es dir beibringen?", Onkel Louis nickte zum Klavier hin. Marek's fantasierte Messer prasselten von Onkel Louis Kragen und der Tür zu Boden. Auf soviel Herzlichkeit war er nicht vorbereitet. Zögerlich schüttelte er den Kopf. "Schade.", entgegnete Onkel Louis und Tat der Freundlichkeit keinen Abbruch. "Das hatte dein Vater auch gemeint. Letztendlich spielte er jeden Tag mit Begeisterung darauf." Louis musterte Marek kurz. Sein Lächeln wurde breiter. Sah ihm dann wieder in die Augen. "Sag mal,... ist das nicht kalt, so oben ohne?" Marek schaute an sich hinab. Innerlich schrie er auf, selbst als Francois zu Besuch war, musste er halb nackt herumgerannt sein. Sicherlich,...einer von Francois ersten Sätzen galt seinem entblößten Oberkörper. Aber war es ihm peinlich gewesen? Irgendwie nicht. Das T-Shirt baumelte noch auf der Veranda über einen Balken der Pergola. Marek nahm es herunter und verbannte es in den Wäschekorb, der im Schlafzimmer hinter einem Vorhang stand. Das große Fenster lid ein hinaus auf die Rosenfelder zu schauen, die den gesamten Hinterhof ausfüllten. Mit den Blütenblättern seiner Rosen belieferte sein Onkel große Parfümhersteller und verdiente damit nicht schlecht. Einige Firmen prügelten sich sogar regelrecht darum. Die Sonne hatte sich bis über den Horizont gesenkt und beschien mit ihrem warmen Licht die vielen Rosen, machte sie noch roter und brachte sie fast zum brennen. Ein einziges Flammenmeer. Plötzlich drang es von der Küche her: "À la table !" Es gab Abendbrot. Marek ließ die Rosen Rosen sein, lief schnell in die Küche und setzte sich an den Esstisch. Seine Mutter hatte sich dazu bequemt das Abendbrot zu kochen. Marek lehnte sich interessiert nach vorn und schaute hungrig in den Topf in der Tischmitte. Nudeln mit Meeresfrüchten dampften darin vor sich hin. Er blickte fragend zu seiner Mutter auf, die das Besteck verteilte: "Hast du Tintenfisch mit reingemacht?" "Ja. Mehr als alles andere. Austern hatten sie auf dem Markt nicht im Angebot." Marek schwieg enttäuscht. Gerade die Muscheln mochte er am liebsten. "Außerdem isst Onkel Louis den Tintenfisch doch so gerne." Ein beängstigen des Lächeln war auf die Lippen seiner Mutter gezaubert worden. So glücklich sah man sie selten. "Hab ich irgendwas verpasst?" Doch sie antwortete nicht und lächelte continuierlich, mit einer nie zuvor gesehenen Ausdauer weiter. Während des gesamten Essens ließ er seine Mutter nicht aus den Augen. Onkel Louis hielt bei Tisch einen Vortrag über die morgige Flusswanderung. Marek stocherte nur im Essen herum und fischte sich ab und zu eine Nudel vom Teller. Der Hunger musste sich gedulden. Hier lag etwas viel interessanteres vor. Onkel Louis verhielt sich ganz normal...loyal und freundlich wie immer in seiner grässlichgrünen Gartenschürtze. Bei seiner Mutter sah das schon etwas anders aus. Es war eine Art Anhimmeln was sie praktizierte. Die ganze Zeit lang schaute sie Louis an, lächelte verspielt wenn er zu ihr sah und stocherte genauso im Essen herum wie Marek selbst. Hier war etwas im Busch! Marek wusste nur noch nicht was. 9. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)