Solar Eclipse von Lucille ================================================================================ Kapitel 8: Verschwörung ----------------------- Merry Christmas. Diesmal mit Widmung an Ithiliana, zweite Kommentarschreiberin von Schmugglerware. A/N am Ende. Verschwörung Mokuba war schon lange in dem Alter, in dem er allein spielen konnte. Er war nicht dumm und während andere Kinder noch über den Innenhof jagten und fangen spielten, saß er in seinem Zimmer und malte. Nun war Mokuba noch nicht so alt, dass man behaupten könne, er sei ein Meister in seinem Fach, aber ein gewisses Talent ließ sich nicht verleugnen. Er hatte ein gutes Auge für Formen und Farben und auch wenn der Löwe, den er gerade zeichnete, nicht gerade wie, nun ja, ein Löwe aussah, sondern mehr wie eine übergroße Gassenkatze, so fand er genug Freude am Malen, dass er einen großen Teil seiner Zeit damit verbrachte. Groß genug, um seinen Vater in schlechte Laune zu versetzen. „Meister Mokuba, Ihr wisst doch, dass mir Ihre Majestät befohlen hat, Euch zum Lernen zu bewegen. Ihre Exzellenz sieht es gar nicht gerne, wenn Ihr Euch mit so unflätigen Dingen wie der Malerei beschäftigt“, murmelte Arthur nervös und seine Brille rutschte ihm die Nase herunter, so dass er sie wieder hochschieben musste. Damit sie wieder herunterrutschte. Und er sie wieder hochschob. Und so weiter eben. Mokuba hatte nie verstanden, warum er sich nicht eine neue anfertigen ließ. „Und du lässt es trotzdem zu“, antwortete der junge Lord lachend, während er den Pinsel beiseite legte und sich mit der Hand über das Gesicht fuhr. Seine Hose war voller Farbflecken und er dankte Arthur dafür, dass er ihn zu alter, abgenutzter Kleidung beim Malen überredet hatte, denn er wusste nicht, was Vivian getan hätte, wenn er seine teure Sonntagskleidung ruiniert hätte. Vermutlich hätte sie ihm den Kopf gewaschen. Oder noch Schlimmeres. Und er war nun wirklich zu alt, um den Kopf gewaschen zu bekommen. Immerhin war er schon vierzehn. Er seufzte tief und ließ sich auf den Boden fallen, Beine von sich gestreckt und die Haare wirr im Gesicht. „Ich hasse dieses Land“, murmelte er widerwillig und verschränkte die Arme. „Warum mussten wir hierher kommen?“ Arthur hatte damit begonnen, die Malutensilien um ihn herum aufzuheben und legte sie sorgfältig in die Holzkiste, die Mokuba überall hin mitnahm. „Ihr wisst, es war Meister Setos Wunsch. Er wollte warten, bis sich die Situation auf der Insel beruhigt hat.“ Mokuba beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, mittlerweile die Hände hinter dem Kopf verschränkt und die Beine im Schneidersitz. Er rümpfte die Nase, als er sah, dass Arthur es mal wieder schaffte, kein einzelnes Tröpfchen Farbe auf seine tiefschwarze Kleidung zu bringen. Dann runzelte er die Stirn und schnaubte. „Und wo ist er dann? Warum schickt er mich in diese gottverdammte Provinz und ist selber nirgends auszumachen?“ Arthur schürzte die Lippen und verschloss die Kiste mit dem starken Schloss, dessen Schlüssel Mokuba immer mit sich trug. Er richtete sich auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und richtete sich die Hemdsärmel. „Meister Mokuba, Ihr solltet nicht solche Worte benutzen, besonders keine, die den Namen des Herrn beschmutzen. Ihr wisst, ich komme in Teufels Küche, wenn Vivian Euch so hört. Sie denkt ohnehin, ich bringe Euch nur Unfug bei.“ Mokuba schnaubte belustigt und legte sich lang auf den Holzboden, alle Viere von sich gestreckt. „Dabei flucht sie selbst wie ein Seemann.“ Arthur unterdrückte ein Lachen und fuhr sich über den gepflegten Schnurrbart. „Nun ja, zumindest vermag sie es, sich klar auszudrücken.“ Er schob seine Brille – wieder einmal – hoch und sah seinen jungen Herrn dann stirnrunzelnd an. „Meister Mokuba, wenn Ihr mir die Frage gestattet, was habt Ihr eigentlich gegen Virginia? Mir wurde gesagt, es sei eine wunderschöne Kolonie. Die Landschaft muss wunderbar sein.“ Mokuba sandte ihm einen trockenen Blick. „Arthur, wenn du so redest, merkt man dir dein Alter an. Hier ist es einfach nur…“, er zuckte hilflos mit den Schultern, „…langweilig.“ Der Diener lachte leise und schüttelte den Kopf. „Und Ihr seid ganz sicher, dass es nicht wegen Eures Bruders ist?“ Der junge Lord rollte sich herum, so dass er von Arthur wegsah und starrte stur die Wand an. Er verschränkte die Arme wieder und zog die Augenbrauen zusammen, dass sich Arthur daran erinnert sah, dass zwar Meister Seto viel zu erwachsen für sein Alter war und das auch schon immer gewesen war, sein kleiner Bruder aber jede Sekunde seiner vierzehn Jahre war. Er musste ein Lachen unterdrücken. „Nun, Meister Mokuba, ich bin mir sicher, dass Euch Meister Seto bald schreiben wird. Ihr solltet Euch nicht so viele Gedanken machen, Euer Bruder hat bestimmt seine Gründe.“ Der Diener holte seine verschrammte Uhr heraus und runzelte die Stirn. „Außerdem ist es Zeit für Euren Unterricht. Nun macht Euch schon auf.“ Mokuba stöhnte gequält auf und rollte sich noch einmal auf dem Boden, alle Viere von sich gestreckt und den Blick zur Decke gerichtet. Seto, wo bist du? Warum schreibst du nicht? Er blinzelte ein paar Mal und rieb sich über die Augen. Komm zurück, großer Bruder. Dann setzte er sich auf, schlüpfte aus seinem alten, mit Flecken übersäten Hemd und nahm sein feinstes Sonntagshemd entgegen. Er fuhr sich einmal durch die Haare, erfolglos, und wusch sich die Hände. Dann seufzte er. „Bis dann, Arthur. Ich gehe dann mal besser.“ Er sandte dem alten Butler ein breites Grinsen zum Abschied, das aber nicht ganz seine Augen erreichte. Dann verließ er das Zimmer. Arthur sah ihm hinterher und das Lächeln verschwand von seinem Gesicht. Beeilt Euch, Meister Seto. Euer Bruder braucht Euch. -- Mokuba knöpfte sein Hemd im Laufen zu, während er auf seine Taschenuhr schaute. Es ist schon viel zu spät! Shimon wird mir den Kopf abreißen! Arthurs Uhr muss falsch gehen. Er sollte das alte Ding endlich mach eintauschen. Er fluchte unterdrückt und wusste, dass Seto ihm den Kopf waschen würde, würde er es hören. Er runzelte die Stirn. Tut er aber nicht. Er ist nämlich nicht da. Seine Augen wurden weicher und er wurde ein wenig langsamer, bis er schließlich stehen blieb und den Boden anstarrte. Hoffentlich geht es ihm gut. Er holte ein goldenes Amulett unter seinem Hemd hervor und ließ es aufschnappen. Er sah es lange sentimental an, fuhr mit seinen Augen das Portrait seines Bruders nach. Das Bild hatte ihre Mutter gemalt, damals, als Mokuba noch zu jung war, um zu verstehen oder zu erinnern. Seto hatte es ihm erzählt. Er hatte ihm von ihr erzählt, wie sie ausgesehen hatte, wie sie gewesen war. Mokuba war erst ein paar Monate alt gewesen, als sie gestorben war. Er wusste, dass Seto nicht gerne über ihre Vergangenheit redete, aber wenn sein kleiner Bruder fragte, dann tat er es. Ihm zur Liebe. Mokuba zog die Nase hoch und fuhr sich über die Augen. Dann atmete er tief durch und schloss den Anhänger entschlossen. Ihm geht es gut. Ich weiß es. Er schaute aus dem Fenster, als ihm plötzlich auffiel, wo er war. Oder besser, wo er sein sollte. „Oh, verdammt!“, meinte er lauter als beabsichtigt und begann wieder zu rennen. Er war fast im Westflügel angekommen, als er Stimmen aus dem Zimmer hörte, das er gerade passierte. Mokuba war von Natur aus ein neugieriger Junge. Er konnte schließlich auch nichts dafür. Und die Leute mussten die Türen ja nicht einen Spalt offen lassen. Er blieb stehen und ging leise auf die Tür zu, bewusst darauf achtend, kein Geräusch zu machen. Den Atem anhaltend lehnte er sich an den Türrahmen und riskierte einen Blick hinein, aber die Sicht wurde ihm durch ein Bücherregal versperrt. Die alte Bibliothek. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er hier war. Er war so lange nicht mehr hier gewesen. „Ihr seid Euch sicher?“, fragte eine auffällige Männerstimme, die Mokuba sofort erkannte. Pegasus J. Crawford. Was machte er hier? Er war auf Jamaika gewesen, Mokuba war sich sicher! War er ihnen gefolgt? Warum sollte er das tun? Hatte sein Stiefvater ihn geschickt, um auf ihn aufzupassen? Er brauchte keinen Aufpasser, er war vierzehn! „Natürlich. Sehe ich aus, als würde ich lügen? Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen!“, antwortete eine zweite, unbekannte Stimme vehement. „Er jage diesen Piraten, habe ich gehört.“ „Perfekt!“ Pegasus’ Stimme hörte sich zufrieden an. „Der Idiot schafft sich selbst aus dem Weg. Wenn Ihre Majestät das hört, wird er zufrieden sein. Sein Stiefsohn war ihm schon lange ein Dorn im Auge.“ Mokubas Augen weiteten sich entsetzt. Die redeten über seinen Bruder, über Seto! Was ging hier vor? Was meinten die beiden, mit ‚aus dem Weg schaffen’? War Seto in Gefahr? Was wurde hier gespielt? „Ihr wisst, was ich will. Ich hoffe, Ihr haltet Eure Versprechen.“ Die Stimme des Fremden klang ungehalten. „Natürlich. Sobald der Prinz tot ist, wird Euer Wunsch erfüllt werden. Aber Ihr müsst Euren Teil auch erfüllen.“ Der Fremde antwortete noch etwas, aber das hörte Mokuba schon nicht mehr. Er keuchte entsetzt, ein Rauschen machte ihn taub, sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Die wollen Seto umbringen! Umbringen! Er stolperte einen Schritt zurück und Tränen stiegen ihm in die Augen. Sein Blick verschleierte sich und er hörte nur noch, wie die Stimmen lauter wurden. Irgendetwas sagte ihm, dass sie ihn entdeckt haben mussten, aber sein Körper wollte sich nicht bewegen. Immer wieder hörte er Pegasus in seinem Kopf, diese schrecklichen Worte. Ich muss Seto warnen! Aber wie? Wie sollte er das machen? Was sollte er machen? Tränen der Angst stahlen sich seine Wangen hinunter. Dann, als hätte man ihn geschlagen, wurde ihm klar, dass er hier weg musste. Er musste hier weg. Diese Männer durften ihn nicht sehen. Er stieß sich von der Wand ab und lief blind weg, weg von der Tür, weg von den Männern, weg von dem grausamen Gespräch. Er schaute nicht auf den Weg, konnte es nicht, sah nichts mehr. Seine Gedanken rasten, sein Atem kam kurz. Was soll ich nur tun? Seto, wo bist du? Seto! SETO! Plötzlich rannte er in etwas und taumelte überrascht einen Schritt zurück. Er war zu geschockt, um etwas zu tun, blieb stehen, bewegte sich nicht. „Hey, Junge, bist du in Ordnung?“ Die Stimme klang freundlich und sanft. Eine Hand wurde auf seine zitternde Schulter gelegt. Beruhigend. Er blinzelte und sah auf, in blaue Augen, warme blaue Augen. Er begann zu schluchzen und klammerte sich an den Mann. Vielleicht konnte er ihm helfen! Er konnte ihm helfen! Er musste! „Bitte… Bitte…“, schluchzte er und vergrub das Gesicht im Hemd des Mannes, die Hände verzweifelt in den weichen Stoff gekrallt. „Na, na, komm, hör auf zu weinen.“ Aber er konnte nicht. Er hatte Angst. Wahnsinnige Angst. Seto! Seto! Bittebittebitte, Seto! Er schreckte zusammen und riss die Augen auf, als er plötzlich Pegasus’ Stimme hinter sich hörte, sein Herz wanderte seinen Rachen hinauf. „Hey, du bist zu spät, kannst du ni- wer ist das?!“ Nein. Nein. Neinneinneinneinneinnein. Bitte, nein. NEIN! Mokuba sah auf, die Augen tränenverschleiert und gerötet und schluchzte. „Bitte…“ Der Mann mit den blauen Augen sah ihn undefinierbar an, seine Hände auf den Schultern des Jungen verkrampften sich, seine Augen, seine blauen Augen (wie Setos Augen, wie Setos Augen, wie Setos Augen!) wurde plötzlich eiskalt, der Zug um seinen Mund hart. „Verdammt, was macht das kleine Blag hier?“, hörte er die Stimme des ersten Fremden hinter sich, aber er nahm es nicht wirklich wahr. Er starrte nur in die Augen des Fremden, der vor ihm stand, und ihm wurde kalt. So kalt. Entsetzten zerrte an seinem Verstand. Dann packte ihm der Mann mit Setos Augen am Kragen und schleuderte ihn von sich. Schmerz explodierte in seinem Kopf, wurde unerträglich. Sterne tanzten vor seinen Augen. Seto… Dann wurde es schwarz um ihn. A/N: Arthur ist nicht Arthur Hopkins. Und all die unbeantworteten Fragen werden sich auflösen. Vivian ist übrigens Vivian Wong. Zum Kapitel: Die Handlung kommt ins Rollen. Mokuba hat seinen ersten Auftritt zusammen mit zwei Fremden - zwei Schlüsselfiguren. Und für alle die es nicht wissen: I don't do OCs. Naja, Arthur ist vielleicht eine Ausnahme. Nur damit keiner denkt, ich baue irgendwelche abstrusen Gary Stus ein. In eigener Sache: Mein Weihnachtswunsch: Zu jedem Kapitel einen Kommentar, damit ich weiß, was ihr gut fandet. ^^ Drink up, me 'earties, yoho! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)